INTERNATIONALE REGIERUNGSKOMMISSION ALPENRHEIN

Gesunde Fliessgewässer durch Revitalisierung

1997

1998

1999

Anleitung zu Revitalisierungsmassnahmen an Alpenrheinzuflüssen und Bächen im Rheintal Impressum Mitglieder der Arbeitsgruppe: Amt für Umweltschutz, Fürstentum Liechtenstein, FL; T. Kindle, St. Hassler Jagd- und Fischereiinspektorat, Kt.Graubünden, CH; G. Ackermann Amt für Jagd und Fischerei des Kt. St. Gallen, CH; C. Ruhlé, Planungsamt Kt. St. Gallen, Abt. Natur- u. Landschaftsschutz; A. Brülisauer Amt der Vorarlberger Landesregierung, A; B. Wagner Landeswasserbauhof , A; M. Weiss Autoren und Layout: P. Rey, J. Ortlepp, Büro HYDRA, Konstanz, D Ergänzende Unterlagen lieferten: Universität für Bodenkultur Wien, A: J. Eberstaller, E. Schager Fotonachweis: G.Ackermann; A. Brülisauer; St. Hassler; T.Kindle; P.Pitsch; P.Rey; O.Sohm; H.Wildhaber; AfU FL; H.Jenny; Planungsamt SG. Fischzeichnungen: B. Gysin ”Die Fische und Krebse der Schweiz” Bezugsquelle: Die Broschüre ist bei den zuständigen Ämtern (Adressen im Anhang) gegen eine Schutzgebühr von CHF 10.- (ATS 90.-) zu beziehen

© Internationale Regierungskommission Alpenrhein März 2000

Titelbild: Revitalisierung des Koblacher Kanals (Vorarlberg, Österreich). 2 INTERNATIONALE REGIERUNGSKOMMISSION ALPENRHEIN

Gesunde Fliessgewässer durch Revitalisierung

Anleitung zu Revitalisierungsmassnahmen an Alpenrheinzuflüssen und Bächen im Rheintal

Das Alpenrheintal vor 180 Jahren - romantische Erinnerung oder Referenz für zukünftige Revitalisierungsmass- nahmen?

3 Information

Inhalt

Impressum ...... 2 Vorwort ...... 5 Information Fliessgewässer - Lebensadern der Landschaft ...... 6 Ursachen und Folgen der Gewässerregulierung ...... 7 Die Situation in der Alpenrheinregion ...... 8 Aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen ...... 9 Fliessgewässer brauchen Platz ...... 10 Mehr Raum für Hochwasser ...... 12 Was bedeutet Revitalisierung? ...... 14 Anleitung Leitbild und Entwicklungsplan ...... 16 Ziele von Revitalisierungen ...... 17 Planung von Revitalisierungsmassnahmen ...... 18 Planungsschritte bei Revitalisierungsmassnahmen . . . . 19 Wann soll revitalisiert werden? ...... 20 Karte der Einzugsgebiete Alpenrhein und Bodensee . . 21 Beispiele aus der Region ...... 22 Die Bevölkerung macht mit! ...... 24 Weiterführende Literatur ...... 25 Anhang Finanzierungsmöglichkeiten ...... 26 Gesetzliche Grundlagen ...... 28 Adressen ...... 29

4 Fliessgewässer - Lebensadern der Landschaft Vorwort

Bedingt durch verschiedenste Nutzungsinteressen wur- den zahlreiche Fliessgewässer der Alpenrheinregion in den letzten 150 Jahren reguliert und gezähmt. Ein grosser Teil der ursprünglichen Tier- und Pflanzenarten hat dabei seinen Lebensraum verloren. Hundert Jahre nach der “Rheinregulierung” erkennen wir, dass Landnutzung und natürliche Lebensräume sich nicht gegenseitig ausschlies- sen, dass unverbaute Bäche oft mehr zum Hochwasser- schutz beitragen als Entwässerungskanäle und dass Sied- lungsräume nicht nur Platz für regulierte, sondern auch für lebendige Bäche bieten. Im 1997 verfassten “Gewässer- und Fischökologischen Konzept Alpenrhein” wurden strukturelle und biologische Defizite des Alpenrheins aufgezeigt und Sanierungsmass- nahmen gefordert. Bald fanden diese Forderungen Ein- gang in konkrete Massnahmenplanung (Kooperationsver- einbarung der Anliegerländer und -kantone, Aktionspro- gramm “Alpenrhein 2000+”). Mit der vorliegenden Broschüre wird ein weiteres Kapitel in diesem Prozess aufgeschlagen. Nicht nur der Rhein selbst, sondern in besonderem Masse auch seine Zuflüsse und die Bäche der gesamten Alpenrheinregion müssen umfassend revitalisiert werden, damit sie sich wieder zu einem System miteinander vernetzter, gesunder Lebens- räume zusammenfügen. Ein entsprechendes Programm muss international und interdisziplinär koordiniert werden und baut damit auf der guten Zusammenarbeit im Rahmen anderer Projekte auf. Jeder noch so kleine Bach in der Region hat seine beson- dere Bedeutung für das Gesamtsystem; damit sind auch räumlich begrenzte Revitalisierungsmassnahmen von Bedeutung. Entscheidungsträger von Gemeinden, Kanto- nen und Ländern sind aufgerufen, nachhaltige Land- schaftsentwicklung mitzutragen und auch gemeindeüber- greifende Projekte in Angriff zu nehmen. Die Revitalisierung von Fliessgewässersystemen gewinnt zunehmend an Bedeutung in der europäischen Umwelt- politik. Je früher wir diesem Prozess des Umdenkens kon- Landammann Dr. Walter Kägi, Vorsitzender der Internationalen krete Massnahmen folgen lassen, desto besser sind unse- Regierungskommission re Chancen, die Alpenrheinregion für ihre Natur und ihre Alpenrhein Nutzer im positiven Sinne nachhaltig zu entwickeln. St.Gallen, den 1.Dez. 1999

5 Information

Fliessgewässer - Lebensadern der Landschaft Eine naturbelassene Landschaft funktioniert wie ein ge- sunder Organismus. Fliessgewässer wirken darin wie Le- bensadern, verbinden die einzelnen Organe wie , Moor, Wald und Fels miteinander. Sie führen diesen Land- schaftselementen Wasser und Nährstoffe zu, sorgen für gute Wasserqualität und stabilisieren den Grundwasser- haushalt, transportieren Geschiebe und Holz und vernet- zen die Lebensräume der hier lebenden Tiere und Pflan- zen. Im Alpenrheingebiet sind den Fliessgewässern durch Re- gulierung, Entwässerung und Wasserkraftnutzung viele atürlicher Hochgebirgsbach in Graubünden dieser Funktionen verlorengegangen. Am Rhein und an den ihn begleitenden Kanälen zeigen sich strukturelle De- fizite am deutlichsten. Ähnliches gilt auch für viele Zuflüs- se zum Alpenrhein. Ihr biologischer Zustand ist aber ent- scheidend für die Regenerationsfähigkeit des Organis- menbestands im Rhein, ihre Wasserqualität beeinflusst die des Hauptflusses und die Höhe und der Verlauf ihrer Abflüsse ist wesentlich für die Hochwasserereignisse im Rheintal. Daher muss sich der strukturelle Zustand der Zu- flüsse deutlich verbessern, damit das Fliessgewässernetz der Region wieder seine Funktion als zusammenhängen- des Landschaftsorgan erfüllen kann. Natürlicher Bach im Alpenrheintal Die vorliegende Broschüre richtet sich an die Gemeinden im Alpenrheingebiet und an interessierte Personenkreise in der Bevölkerung: G sie informiert, in welchem Masse die natürlichen Funk- tionen der Fliessgewässer im Einzugsgebiet des Al- penrheins verlorengegangen sind und warum richtig durchgeführte Revitalisierungen die Gewässer “wie- derbeleben” können; G sie zeigt, warum Revitalisierungsmassnahmen sowohl dem Hochwasserschutz dienen als auch die Lebens- qualität der Bevölkerung steigern; G sie gibt Anleitung zur Planung und Durchführung von Revitalisierungsprojekten; Ausgangspunkt dieser Broschüre sind das Aktionspro- gramm der Internationalen Regierungskommission Alpen- rhein “Alpenrhein 2000+” sowie das “Gewässer- und Fischökologische Konzept Alpenrhein” (1997) .

Degradierter Binnenkanal im Alpenrheintal

6 Ursachen und Folgen der Gewässerregulierung

Im Zuge der Zersiedlung und landwirtschaftlichen Nutzung Wer sich dem Fluss von Landschaftsflächen näherte sich der Mensch in den näherte, riskierte letzten 150 Jahren immer mehr den Gewässern. Gerade seinen Besitz und im Gebiet des Alpenrheins und seiner Zuflüsse, wo auf sein Leben Schneeschmelze und lokale Regenfälle oft unberechenba- re Hochwasserereignisse folgen, riskierten all jene ihr Leben, die sich mit ihren Häusern und Feldern zu an die Flüsse und Bäche wagten. Alljährlich ertranken Men- ...“Möge mit Gottes Hilfe das Werk schen und Vieh in den Wassermassen, die hygienische der Internationalen Rheinregulie- Situation war katastrophal und bis zur Mitte des 19. Jahr- rung Österreich-Schweiz auch in hunderts wütete im Rheintal bis in die Bergregionen hinauf Zukunft seinen Zweck erfüllen, das gar das Wechselfieber (Malaria). Als die Pioniere des Tal auf beiden Seiten des Rheines, Wasserbaus mit der Rheinregulierung einen Weg aus die- seine Bewohner und ihr Hab und sen Gefahren fanden, war für viele Menschen die Not vor- Gut vor den entfesselten Gewalten des Rheines zu schützen”...* bei. Riesige Nutzflächen entstanden, sichere Verkehrs- wege wurden gebaut und der Wohlstand der Bevölkerung * aus dem Geleitwort zur Festschrift anläss- lich des hundertsten Jahrestags der Interna- wuchs. Aber zu welchem Preis? tionalen Rheinregulierung 1892-1992. Heute wissen wir, dass Gewässerregulierung oft neue Probleme schafft. Wird ein Fliessgewässer in einem Ab- schnitt verbaut, dann wird mit dem Hochwasser auch die Eigendynamik des Verantwortung für die Folgen flussabwärts weitergegeben. Schutzwasserbaus Die dortigen Anlieger müssen vergleichbare wasserbauli- che Massnahmen wiederholen, um ihre Nutzflächen vor Hochwasser zu schützen. Auf diese Weise führten an einem Ort begonnene Gewässerregulierungen stets zur Verbauung ganzer Flusssysteme.

Sevelen Sevelen 1855 1999

Triesen Triesen Wartau Wartau

Balzers Balzers

Sargans Sargans

Mels Mels

Fläsch Fläsch Vilters Vilters

Ragaz Maienfeld Ragaz Maienfeld

Das neue Bild des Alpenrheintals. Alpenrheinregulierung im Raum Sargans. Quelle der historischen Zeichnung: Top. Karte der Schweiz von G.H. Dufour (1855)

7 Information

Die Situation in der Alpenrheinregion

Aufgrund massiver wasserbaulicher Eingriffe sind heute Die Natur musste ein Grossteil der Gewässer in ihrer ökologischen Funk- weichen tionsfähigkeit stark beeinträchtigt. Fliessgewässer im Al- penrheintal wie auch im ganzen Einzugsgebiet haben ihre strukturelle Vielfalt grösstenteils verloren und damit ihre Eignung als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzen- gesellschaften. Viele an Gewässer und Feuchtgebiete ge- bundene Arten sind akut vom Aussterben bedroht. Der Schmutz Fehlende Struktur bedeutet aber auch den Verlust der bleibt im Wasser Selbstreinigungskraft der Gewässer. Schmutz und Schad- stoffe werden nicht mehr ausgefiltert.

100 % strukturreich strukturiert 80 strukturarm

60 Nur rund 20% der Gewässer- strecken im Talraum des Alpen- rheins können als strukturell 40 noch zufriedenstellend beurteilt unstrukturiert werden. Aber auch hier fehlen z.T. die Gewässerrandflächen, 20 aum gefährdet, weil anpassungsfähig, aber die für funktionierende Ökosys-

teme unverzichtbar sind*. Anteil der Gewässerlänge in % cht heimisch - die Regenbogenforelle 0

Im Alpenrheintal zeigt sich die Strukturverarmung vor al- lem an der Fischfauna. Nahezu alle ursprünglichen Fisch- fährdet, weil sie strukturreiche Gewässer arten sind gefährdet, besonders diejenigen, deren Lebens- aucht - die Bachforelle zyklus auf vielfältige Gewässerstrukturen angewiesen ist. Befischte Arten wie Bachforelle und Äsche müssen durch massiven Besatz gestützt werden. Allein die aus Nord- amerika eingebürgerte Regenbogenforelle zeigt stabilere Bestände und starke Anpassungsfähigkeit. ark gefährdet - die Seeforelle. Ihr bleiben mer noch viele Wanderwege verschlossen

potentiell gefährdet

nicht heimisch usgestorben, weil er auf Auengewässer gefährdet gewiesen ist - der Bitterling ausgestorben

Alpenrheintal dienen Fische als Der überwiegende Teil der 33 chtige Indikatoren für Strukturgüte im Alpenrheingebiet nachge- vom Aussterben wiesenen Fischarten sind heu- bedroht te zumindest potentiell gefähr- det*. stark gefährdet

8 * Daten aus “Gewässer- und Fischökologisches Konzept Alpenrhein” Aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen

Infolge der immer augenfälligeren Übernutzung und Zer- störung unserer Natur- und Kulturlandschaft entstand in den letzten Jahren ein gesteigertes ökologisches Bewusst- sein bei der Bevölkerung und auch in der Politik. Nach- haltigkeit in der Nutzung und Gestaltung der Landschaft und damit auch der ökologisch orientierte Gewässerschutz sind heute wichtige umweltpolitische Ziele. Fliessgewässer müssen jedoch weiterhin den Erfordernissen des Hoch- wasserschutzes und der Entwässerung entsprechen. Auch Selbstreinigungskraft gewährleistet sauberes können einmal dem Gewässer abgerungene Flächen dem Wasser Nutzer nicht ersatzlos wieder entzogen werden. Bislang werden vor allem landwirtschaftlichen Betrieben Anreize geboten, Gewässerrandflächen nur noch extensiv oder gar Extensive Landwirtschaft nicht mehr zu nutzen. Beispiel dafür ist die Förderung der wird gefördert “Integrierten Produktion” in der Schweiz und im Fürsten- tum Liechtenstein.

Naturnahe Fliessgewässer tragen zur Gewässerreinhal- Gesunde Gewässer besit- tung (Selbstreinigungskraft) und zur Sicherung bzw. zen Selbstreinigungs- Verbesserung der Grundwasserverhältnisse bei, darüber- kraft, sind Lebens- und hinaus gewinnen sie als Erholungs- und Freizeiträume Erholungsräume zunehmend an Attraktivität. Gewässer, denen ihre natürli- che Dynamik teilweise oder ganz zurückgegeben wird, die also “revitalisiert” * werden, wirken sich somit nicht nur po- sitiv auf die Gewässerökologie und die Ästhetik des Land- schaftsbilds aus, sondern besitzen auch hohen Erlebnis- wert für die Bevölkerung.

Besonders nachhaltig und zielführend sind Gewässerent- Nachhaltigkeit durch wicklungspläne, welche die Revitalisierung ganzer Fliess- Gewässerentwicklungs- gewässersysteme mit einschliessen. Bei dem im gesam- planung ten Gewässersystem des Alpenrheins bestehenden Hand- lungsbedarf ist es jedoch wichtig, auch kleinräumigere (kommunale, regionale) Initiativen voranzutreiben und zu fördern. Eine Gemeinde oder mehrere Gemeinden zusam- Einzelinitiativen haben men, die ihre Gewässer und Landschaftsflächen nach- wichtige Vorbildfunktion haltig pflegen und ökologisch aufwerten, haben Vorbild- und motivieren funktion weit über ihre Grenzen hinaus.

Die Alpenrheinregion hat viele Lebensräume verloren. Zu- Rückgewinnung von mindest einige davon zurückzugewinnen ist unsere histori- Lebensräumen als sche Pflicht und gesetzliche Aufgabe! historische Pflicht

* (lat: “wiederbeleben”) 9 Information

Fliessgewässer brauchen Platz

Ein in die Landschaft eingebundenes, natürliches Fluss- oder Bachtal besteht aus einem Mosaik verschiedener Strukturen. Nur das Hauptgerinne wird ständig von Wasser durchflossen. Ufer, Sand- und Kiesbänke stehen nur zeit- weise unter Wasser. In Vertiefungen am Uferrand bilden sich Tümpel. Überschwemmungen prägen die Entwicklung der Vegetation, es entstehen Pionierpflanzen-Gesellschaf- ten und Auen. Landschaftsgestalt, Gefälle, Beschaffenheit des Unter- grundes, Wasserführung und Abflussdynamik bestimmen den Raumbedarf eines Fliessgewässers. Danach sind ver- schiedene Bach- und Flusstypen zu unterscheiden. Aber auch innerhalb eines Flussverlaufs lassen sich einzelne Flussabschnitte voneinander abgrenzen. Generell kann man davon ausgehen, dass ein Fliessgewässer einen An gesunden Ufern - umso breiteren Talraum beansprucht (auch als Überflu- Prachtlibelle und Grasfroschlaich tungsfläche), je geringer sein Gefälle ist. Bei der Revitalisierung degradierter Gewässer ist der für Je geringer das Gefälle, die Massnahme zur Verfügung stehende Raum oft durch desto breiter ist der vom Nutzungsinteressen eingeschränkt. Zur Ausbildung der Fliessgewässer bean- typischen Bach- oder Flusslandschaft benötigt ein Fliess- spruchte Talraum gewässer aber als Gestaltungsraum ein Mehrfaches der Breite seines Hauptgerinnes. Erst dann kann es seine na-

Talraum unterschiedlicher Abschnitte eines Fliessgewässers

schluchtartiger Furkationen und Fluss- Talmäander mit Alt- Oberlauf inseln im Mittellauf wässern im Unterlauf

10 türliche Dynamik wieder entfalten, eine Eigenstrukturie- Die planbare Aufweitung rung in Gang setzen und die Entwicklung unterschiedli- des Gerinneprofils ist ein cher Lebensräume ermöglichen. Zudem werden damit Kompromiss zwischen wichtige Rückhalteflächen für Hochwasser geschaffen. natürlicherweise bean- spruchter und durch m die für nachhaltige Revitalisierungsmassnahmen be- U Nutzungsinteressen nötigte Aufweitung des Gerinneprofils (Pendelband) zu begrenzter Fläche bemessen, müssen folgende Faktoren berücksichtigt wer- den: G ursprünglicher Gewässertyp; G Gewässerabschnitt (charakterisiert durch Hydrologie, Topographie, Gefälle und Untergrund); G Raumangebot unter Berücksichtigung von Nutzungsinteressen und Hochwasserschutz. Beobachtungen zeigen, dass die typischen Eigenstruktu- Breite des benötigten rierungen bei einem Fliessgewässer erst dann wieder ein- Pendelbandes = setzen, wenn das Pendelband die fünf- bis sechsfache fünf bis sechsfache Breite des Hauptgerinnes* erreicht. Ein fünf Meter breiter Breite des Hauptgerinnes Bach braucht demnach eine freie Gerinnebreite von ca. 30 Metern. Ein zehn Meter breiter Fluss sollte über einen Kor- ridor von 50-60 Metern verfügen**. Für die Entwicklung Auenentwicklung setzt standortgerechter Auen ist meist ein entsprechend grösse- grosszügige res Raumangebot nötig. Raumplanung voraus

Hauptgerinne

Natürliche Fliessgewässer brauchen Platz zur Eigenstrukturierung. Pendelband Pendelband eines natürlichen Gebirgsbaches

* bei Mittelwasserstand **HEEB UND SCHÖNBORN (1997) 11 Information

Mehr Raum für Hochwasser

Die Eigendynamik des sogenannten Schutzwasserbaus hat dazu geführt, dass bei Schneeschmelze und Starkre- genfällen die Wassermengen vieler Fliessgewässer fast zeitgleich an wenigen Punkten zusammenfliessen. Die Folge: Hochwasserfluten steigen sprunghaft an und ent- wickeln Kräfte, denen auch starke Dämme zuweilen nicht standhalten können. Um diese ungewollte Entwicklung im Fliessgewässer müssen Sinne des Hochwasserschutzes zu entschärfen, müssen sich wieder ausbreiten sich Fliessgewässer abschnittsweise wieder ausbreiten können und damit langsamer abfliessen können. Auf diese Weise erreichen die Spitzenabflüsse verschiedener Bäche wieder zu unterschiedlichen Zeiten den Hauptfluss. Zunächst müssen die überschwemmbaren Auen erhalten, Auenschutz und geschützt und durch geeignete Massnahmen erweitert Erhöhung der werden. An den einzelnen Fliessgewässern müssen Ge- Wasserrückhaltefähigkeit rinneränder aufgeweitet und Ufer abgeflacht werden, um dem Wasser eine längere Verweildauer zu ermöglichen. Für das Alpenrheingebiet gilt demnach die Devise: die Wasserrückhaltefähigkeit muss parallel zu einer ökologi- schen Aufwertung der Fluss- und Bachtäler verbessert werden. Grosszügige Uferaufweitungen, die der Eigenstrukturie- Nutzungsverzicht und rung des Gewässers, der ökologischen Vielfalt und, wie wir Landaufkauf als Basis gesehen haben, auch dem Hochwasserschutz zugute für nachhaltige kommen, sind nicht möglich, wenn dem Träger der Mass- Sicherungsmassnahmen nahme nicht die dazu nötige Landfläche gehört. Daher auch der Apell an Gemeinden, Länder und Kantone:

Dasselbe Hochwasser im Bereich grosszügiger Uferaufweitungen (linkes Bild) und zwischen kanalisierten Ufern (rechtes Bild). Durch die Reaktivierung solcher Rückhalteräume können Hochwasserschäden im Unterlauf verringert werden (Verzögerung der Spitzenabflüsse).

12 Das Ausscheiden und/oder der Aufkauf von Gewässer- randflächen zu Revitalisierungszwecken ist der erste Schritt und eine Garantie dafür, nachhaltige Revitalisie- rungsmassnahmen umsetzen zu können. Solche vorbereitenden Schritte können heute schon ohne Leitbilder und Entwicklungspläne durchgeführt werden.

Der für Hochwasserereignisse (und damit auch der vom Raumbedarf der Fliessgewässer als System) benötigte Raum ist in der Gewässer ist gesetzlich Schweiz (z.B. im Artikel 21 der neuen Wasserbauverord- verankert (CH, FL) nung von 1998) und im Fürstentum Liechtenstein nun auch gesetzlich verankert. Danach muss jeweils der minimale Raumbedarf des Gewässers - für den Hochwasserschutz und zur Sicherstellung aller Gewässerfunktionen (ökolo- gisch und als Erholungsraum) - festgelegt und bei jeder Nutzungsplanung und raumwirksamen Tätigkeit be- rücksichtigt werden.

Sonderfall Siedlungsraum Aus der Sicht des Hochwasserschutzes ist in Siedlungs- In Siedlungsräumen gebieten besondere Sorgfalt bei der Planung und Umset- behält der zung von Revitalisierungsmassnahmen geboten. Flüsse, Hochwasserschutz Bäche und Gräben müssen hier auch in Zukunft Hochwas- Priorität gegenüber allen ser schadlos und damit meist auch schnell ableiten kön- anderen Interessen nen. Bei Revitalisierungsprojekten in Gebieten mit nam- haftem Schadenspotentiel behalten daher die Anliegen des Hochwasserschutzes immer Priorität gegenüber an- deren Forderungen.

Bei Revitalisierungsmassnahmen in Siedlungsräumen hat der Hochwasserschutz erste Priorität. Dennoch sind deutliche strukturelle Verbes- serungen auch bei sehr geringem Platzangebot möglich. Die Uferränder müssen jedoch speziell gesichert werden. Hochwasserschäden sind bei fachgerechter Ausführung nicht zu erwarten.

13 Information

Was bedeutet Revitalisierung ?

Revitalisierungen sind Als Revitalisierung werden alle Massnahmen angespro- Massnahmen, welche chen, welche die Wiederherstellung natürlicher Gewässer- die Wiederherstellung funktionen fördern, auch wenn dadurch das Ziel einer Re- der natürlichen Gewäs- naturierung (Wiederherstellen eines naturnahen Zustan- serfunktion fördern des) noch nicht erreicht wird oder nicht mehr erreicht wer- den kann. Im Zuge der hierzu nötigen Massnahmen ge- winnt das Gewässer mehr und mehr seiner ursprünglichen "Lebensfunktionen" zurück. Das Spektrum der Revitalisie- rungsmassnahmen beginnt danach beim qualitativen Ge- wässerschutz und der Gewässerpflege und endet mit um- fangreichen, technisch aufwendigen Wasserbaumassnah- men. Generell muss sich die Qualität und der Umfang der Verschiedene Revita- Massnahme am Zustand des Gewässers orientieren. lisierungsmassnahmen G Unterschiedlich degradierte Fliessgewässer erfordern bei unterschiedlich unterschiedliche “Massnahmenpakete” degradiertem Gewässerzustand G Aufwendige Massnahmen sollten stets Inhalte und Ziele weniger aufwendiger Massnahmen enthalten

Naturnahe Reaktivierung Instand- Wasserbauliche Gewässerpflege* der Uferrandflächen haltungssarbeiten Neugestaltung Massnahmen: Massnahmen: Massnahmen: Massnahmen: Einfache Eingriffe, die das Extensivierung oder Been- Über einfache Gewässerpfle- Meist aufwendige, wasser- Wachstum und die Entwick- digung der Bewirtschaftung ge und Ausscheidung hin- bautechnische Eingriffe zur lung von standorttypischen (Ausscheiden / Landaufkauf) ausgehende, teilweise tech- naturnahen und gewässer- Floren- und Faunenelemen- von Uferrandflächen. nische Eingriffe zum Erhalt typischen Umgestaltung von ten begünstigen. Vermei- Passive Massnahme zur Auf- und zur Verbesserung bes- degradierten Fliessstrecken. dung nicht zwingender Pfle- wertung des Lebensraums timmter natürlicher Funktio- gemassnahmen und be- Fliessgewässer, mit oder ohne nen des Fliessgewässers. Ziele (Auswahl): wirtschaftungsähnlicher weitere Revitalisierungsmass- Strukturierung von Fliessge- G Vegetationsschnitte. nahmen. Ermöglichen einer ge- wässern ohne aufwendige wässertypischen Eigen- Ziele (Auswahl): Ziele (Auswahl): wasserbauliche Neugestal- strukturierung. tung. G G Erhaltung und Förde- G Qualitative und quantitative Rückgewinnung der Le- rung der bestehenden Le- Verbesserung des Lebens- bensraumfunktion und der Ziele (Auswahl): bensraumvielfalt. raums. ökologischen Vielfalt. G Einbringen zusätzlicher G G Förderung der Vernet- G Schaffung von Über- Durchgängigkeit und Gewässer- / Uferstruktur. zungsstrukturen Gerinne- gangsbiotopen zwischen Vernetzung im Längsverlauf Ufer. Fliessgewässer und Um- G Verzahnung zwischen des Fliessgewässers. Gerinne und Ufer. G G Ableitung der Hoch- land. Verzahnung zwischen wässer. G Gewinnung von Hoch- G Wiederbewässerung von Gerinne und Ufer. trockengefallenen Abschnit- G G Erhaltung der Vorflut. wasserrückhaltevolumen. Entschärfung der Rest- ten. Erhöhung der Restwas- wasserproblematik. serdotierung.

14 * vgl. Broschüre “Vielfalt durch naturnahe Gewässerpflege” der Internationalen Regierungskommission Alpenrhein, 1999 Naturnahe Gewässerpflege: z.B. Pflanzungen standorttypischer Ufergehölze; Neubestockung zur Ufersicherung; Förderung des natürlichen Aufkommens von Pionierpflanzen und Artensukzession.

Reaktivierung der Uferrandflächen: Passive Massnahme, z.B. Ausscheiden von Gewässerrand- flächen; belassen der Pionierpflanzenbesiedlung nach Uferabflachung oder Hochwasserschäden.

Instandhaltungsarbeiten: z.B. Einbringen von Totholz in kanalisierte Fliessgewässer; Ufersicherung in Bereichen mit hohem Schadenspotential bei Hochwasser.

Wasserbauliche Neugestaltung: z.B. Umgestaltung des gesamten Gewässerabschnittes, Gerinneaufweitung und Vorlandabsenkung. 15 Anleitung

Leitbild und Entwicklungsplan

Massnahmen für eine nachhaltige Verbesserung des Ge- natürlicher wässerzustands müssen sich an einem Zustand orientie- Zustand ren, der den ursprünglichen gewässertypischen Verhält- nissen entspricht. Dieser Zustand wird als Leitbild formu- liert. Das Leitbild ist wesentlicher Bestandteil eines zielge- richteten, umfassenden Entwicklungsplans. Es ist Voraus- setzung zur Durchführung einer Defizitanalyse, welche die Rahmen- Leitbild Abweichung eines degradierten Fliessgewässers von sei- bedingungen nem ursprünglichen Zustand abschätzt. Leitbilder werden von Expertengremien der zuständigen Länder, Kantone oder Regierungskommissionen erstellt. Das durch das Leitbild festgelegte ökologische Gewäs- Gewässer- serentwicklungsziel steht nicht selten im Widerspruch zu Entwicklungsplan den unterschiedlichsten Nutzungsinteressen. Im Entwick- lungsplan werden auch diese Nutzungsinteressen und die Durchführbarkeit der erforderlichen Massnahmen (Finan- zierung, technische Probleme) berücksichtigt. Revitalisierungs- Massnahmen Entwicklungspläne für Fliessgewässer der Alpenrheinre- gion müssen folgende Zielvorstellungen und Rahmenbe- dingungen beinhalten, wie sie in der Kooperationsverein- barung im Grundsatz aufgeführt sind:

Das Leitbild orientiert sich am ursprünglichen Die Fliessgewässer der Alpenrheinregion sollen in Gewässerzustand ein ökologisch vitales System zurückgeführt werden. Gewässertypische Strukturen und Lebensräume sol- len zurückgewonnen werden. Zu berücksichtigen sind dabei die Qualität des fliessenden Wassers, die öko- Der Entwicklungsplan logische Funktionsfähigkeit der Gerinne, der Uferzo- orientiert sich am Leit- nen und der Auen, die Durchgängigkeit und Vernet- bild, berücksichtigt aber zung der Gewässersysteme sowie die Besonderhei- zusätzlich Nutzungs- ten des Abfluss- und Geschieberegimes. interessen Der in Entwicklungsplänen angestrebte funktionsfähi- ge Zustand der einzelnen Gewässer oder Gewässer- systeme darf durch anthropogene und witterungsbe- dingte Einflüsse (z.B. Hochwasser) nicht mehr gefähr- det werden. Gesichert werden hierbei weiterhin die Belange des Hochwasserschutzes und der Trinkwas- sergewinnung sowie die nachhaltige Nutzung durch Siedlung, Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Fischerei und Freizeitaktivitäten. Diese Nutzungen werden auf- einander abgestimmt und mit den ökologischen Zielen in einen Gesamtzusammenhang gestellt.

16 Ziele von Revitalisierungen

Im Unterschied zur Gewässerregulierung strebt eine Revi- talisierungsmassnahme keinen statischen Zustand des Ermöglichen von Fliessgewässers an, sondern sie soll die gewässertypi- natürlichen Abläufen sche Dynamik reaktivieren, also Geschiebetrieb, Sohlen- strukturierung und Substratsortierung wieder zulassen und Strömungsvielfalt schaffen. Ziel ist, dass das Fliessgewäs- ser wieder als Ökosystem funktioniert und sich innerhalb Selbststrukturierung der ihm zugestandenen Grenzen und entsprechend sei- des Gewässers nem Charakter wieder entfalten und entwickeln kann. Nur Revitalisierungsmassnahmen, welche die Gewässer- dynamik berücksichtigen, können zu nachhaltigen Verbes- serungen führen. Wird dagegen die natürliche Dynamik Nur die richtigen des Gewässers in die Planung nicht miteinbezogen, so Massnahmen verbessern läuft man Gefahr, ein künstliches Ökosystem zu konstru- den Zustand des ieren, das trotz grossen Aufwands und hoher Kosten insta- Gewässers nachhaltig bil ist und nur eine vorübergehende kosmetische Wirkung hat.

Was ist bei Fliessgewässerrevitalisierungen zu berücksichtigen? G Für beinahe jedes degradierte Fliessgewässer gibt es geeignete Revitalisierungs- massnahmen. G Die Revitalisierungsmassnahme muss den ursprünglichen morphologischen und biologischen Charakter des Fliessgewässers berücksichtigen. (z.B. keine grossen Blöcke in Tieflandbäche; standorttypische Fischarten, Pflanzen) G Stabile künstliche Strukturen sollten nur eingebracht werden, wenn sie eine gewässertypische Dynamik unterstützen oder für die Anforderungen des Hochwasserschutzes oder des Geschiebehaushalts notwendig sind. (z.B. Sohlschwellen, rauhe Rampen) G Es sollten bevorzugt Revitalisierungsmassnahmen durchgeführt werden, die posi- tive Auswirkungen auf das gesamte Gewässersystem und die umliegenden Landschaftselemente haben. (Durchgängigkeit,Vernetzung mit anderen funktionsfähigen Biotopen, Gerinne-Ufer-Verzahnung) G Revitalisierungen von Fliessgewässern ist das nötige Raumangebot zur Verfügung zu stellen. (Zumindest Uferrandflächen immer mit einbeziehen oder schaffen) G Planung und Durchführung von Revitalisierungen sollten von nachweislich erfah- renen Fachleuten begleitet werden. (Gewässer- und Umweltschutzämter, Fachbüros) G Umfangreiche Revitalisierungsmassnahmen müssen stets die Eigendynamik des Fliessgewässers fördern. (“Reifung” - mittel- und langfristige Entwicklungspläne und Ziele)

G Keine Revitalisierungsmassnahme ohne Erfolgskontrollen. (z.B. Fische als Indikatoren)

17 Anleitung

Planung von Revitalisierungsmassnahmen

Möglichkeiten zur Revitalisierungsmassnahmen sind auf jeder Verwaltungs- Revitalisierung von ebene möglich (Gemeinde, Kanton, Land, internationale Fliessgewässern gibt Institutionen), und auch bei stark einschränkenden Rah- es immer menbedingungen gibt es Möglichkeiten zumindest klein- räumiger struktureller und ökologischer Sanierung von Fliessgewässern. Jedes diesbezügliche Vorhaben erfor- Zuständige Ämter wer- dert jedoch eine Zusammenarbeit verschiedener Verwal- den mit einbezogen tungsebenen, so dass bei der Planung von Revitalisie- rungsprojekten die zuständigen Ämter stets rechtzeitig mit einbezogen werden müssen. Revitalisierungsmassnahmen bauen idealerweise auf Ge- Massnahmen sollten wässerentwicklungsplänen auf. Massnahmen, die sich auf sich grossräumig das gesamte Gewässersystem auswirken, besitzen be- auswirken sonders hohen Stellenwert, müssen jedoch auch koordi- niert werden (mehrere Gemeinden, Kantone, Länder). Zu- mindest bei allen kleineren Vorhaben kann der Träger nach den Zielvorstellungen des jeweiligen Leitbildes sofort mit der Massnahmenplanung beginnen. Ist ein Leitbild für Kleinere Projekte auch das System noch nicht formuliert, können kleinere Re- ohne Entwicklungs- vitalisierungsprojekte dennoch durchgeführt werden, wenn konzept die wichtigsten Planungsprämissen und Planungsinhalte (S.16, S.17, S.19) berücksichtigt werden. Der “Gewässer- systembezogene Ansatz” soll aber immer geprüft werden.

Die Öffentlichkeit In jedem Stadium der Planung und Durchführung ist es muss informiert sein! wichtig, die Öffentlichkeit durch geeignete Medien zu infor- mieren und ihr die Zielsetzung der Massnahme verständ- lich zu machen.

Feldkirch N

Bangs

Schellenberg Büchel Ruggell Revitalisierungsmass- Rüthi nahmen ganzer Gewäs- Alpenrhein sersysteme erfordern oft Gamprin grenzübergreifende Zusammenarbeit. Beispiel: System Mühlebach- Spirsbach im Dreiländer- eck Österreich-Schweiz- Liechtenstein. Gewässersystem Mühlebach - Spirsbach Staatsgrenzen

18 Planungsschritte bei Revitalisierungsmassnahmen

Leitbild Definieren des gewässertypischen Zielzustands (Historie) (von Fachstelle erarbeitet)

Aufnahme des “Istzustandes” (Experten): G Biologische, morphologische Erhebungen G Abklärung der Nutzungsansprüche erster Schritt: G Hochwasserschutz, Grundwasserverhältnisse Aufnahme des G Defizitanalyse: welche Beeinträchtigungen bestehen? Gewässerzustands G Welcher Handlungsbedarf besteht? Defizitanalyse 1 zuständiges Amt kontaktieren: G Welche Auflagen müssen erfüllt werden? G Gibt es bereits Rahmenpläne, Leitbilder, generelle Entwässerungsprojekte, Finanzierungshilfen? G Welche Fachleute sind zu empfehlen?

Gewässerentwicklungsplan und Massnahmenkonzept: G Welche Massnahmen sind nötig / möglich? zweiter Schritt: Planung der Massnahmen: Planung der G Wie wird die Massnahme umgesetzt? Revitalisierung G Verhandlungen mit Nutzern und Betreibern, ev. Landkauf 2 G Projektorganisation, Verträge, Finanzierung G Einbeziehen der zuständigen Ämter G Öffentlichkeitsarbeit

Massnahme (von Experten begleitet): G Durchführung in geeignetem Zeitraum G Funktionierende Bauleitung (ggf. Improvisation) dritter Schritt: G Einbeziehen der zuständigen Ämter Durchführung der G Öffentlichkeitsarbeit Revitalisierung Identifikation: 3 G Pädagogische Massnahmen (z.B. Schulprojekte, Anlage eines Naturlehrpfades) G Ökologisch verträgliche Nutzung; Naherholungsraum

Monitoring (Experten): G Welche Veränderungen sind eingetreten? vierter Schritt: G Wie entwickelt sich das Gewässer? G Einbeziehen der zuständigen Ämter Erfolgskontrolle, G Öffentlichkeitsarbeit weitere Entwicklung, Pflege Pflege: 4 G Schul- und Öffentlichkeitsprojekte (Betreuung eines Naturlehrpfades), Gewässerpatenschaften G Pflegemassnahmen durch Gemeinden, Kantone, Länder

19 Anleitung

Wann soll revitalisiert werden?

G Bei Gewässerverschmutzung Landwirtschaftliche Nutzungen bis unmittelbar zum Ge- wässerrand führen ebenso wie Abwassereinleitungen zu einer erhöhten Nähr- und Schadstoffkonzentration in den Gewässern. Fliessgewässer brauchen ausreichend be- messene Uferrandflächen und Selbstreinigungskapazität. Nährstoffeintrag bei Gewässerrandnutzung G Bei monotoner Regulierung Viele Fliessgewässer sind in ein zu enges und geradliniges Profil gezwängt. Gewässerbett und Ufer bietet kaum mehr Raum für Gewässerlebewesen. Standorte, Laichplätze so- wie Jungfischhabitate gehen verloren. Die scharfe Abgren- zung zwischen Gewässer und Umland führt zum Verlust der ökologisch wichtigen Übergangszonen zwischen Was- ser und Land. Der standorttypische Auwald verschwindet. Solche Fliessgewässer müssen neu strukturiert oder völlig neu gestaltet werden. Naturfremder Entwässerungskanal G Bei Unterbrechung der Durchgängigkeit Schwellen und andere Sohlbauwerke sind meist unpas- sierbare Barrieren für die aquatische Fauna. Niveauglei- che Mündungsbereiche fehlen zumeist. Die Laichwande- rungen der Fische sind damit nicht bzw. nur noch sehr ein- geschränkt möglich. Aufstiegshindernisse müssen besei- tigt oder durch passierbare Gefällestrecken ersetzt wer- den. Sohlschwelle als Fischaufstiegshindernis G Bei Absinken des Grundwassers Das Absinken des Grundwasserspiegels im Alpenrheintal hatte zur Folge, dass viele Gewässer der Talebene trocken fielen und somit als Lebensraum für die aquatische Fauna und Flora verloren gingen. Verlangsamung des Gebiets- wasserabflusses durch grosszügige Gerinneaufweitung, Verlängerung von Fliessstrecken und Hebung der Rhein- sohle können dieser Tendenz entgegenwirken. Ausgetrocknetes Bachbett (Giessen) G Bei wasserwirtschaftlicher Nutzung Kraftwerksbetrieb, Trockenfallen von Ausleitungsstrecken (Restwasserproblematik), Schwallbetrieb, Unterbrechung der Durchgängigkeit und Stauraumspülungen haben oft negative ökologische Folgen, indem sie Auenvegetation, Bodenfauna, Fische und vor allem deren Reproduktion vielfach gravierend schädigen. Im Konsens mit der Ener- giewirtschaft können ökologisch sinnvolle Kompromisse geschlossen werden, die in den meisten Fällen eine Ver- besserung des derzeitigen Zustandes ermöglichen. Restwassergerinne unterhalb Staumauer 20 Karte der Einzugsgebiete Alpenrhein und Bodensee Baden- 1 Alpenrhein 2 Württemberg 52 3 4 Rein da 5 Rein da Sumvidg 51 6 Ferrera 7 Tschar Bach 49 8 Schmuer 53 50 48 9 Valser Rhein Konstanz 10 54 Friedrichshafen

11 47 12 Flems 46 13 Ragn da Ferrera 14 15 Julia Thurgau 45 16 55 Bayern 17 Flüelabach 41 18 Bregenz 19 Sertigbach 40 42 20 Ava da Tuors 35 1 43 56 21 St. Gallen 39 44 22 23 57 37 38 24 Liechtensteiner Binnenkanal Einzugsgebiete 36 25 Esche Bodensee Appenzell 27 26 Werdenberger Binnenkanal 40 27 Rheintaler Binnenkanal SG Alpenrhein (AR, AI) 28 Spirsbach Vorarlberg

29 34 30 Samina Staatsgrenze 28 40 31 Meng 26 32 Kantons- / 25 32 Lutz 30 33 Alfenz Ländergrenze 24 29 34 35 Alter Rhein 31 33 36 Alter Rhein / Hohenemser Kurve 37 Koblacher Kanal / Rheintal-Binnenkanal Vaduz Liechtenstein 38 Dornbirnerach 39 Schwarzach 40 Bregenzerach 41 St. Gallen 29 42 Weissach 43 Bolgenach 22 44 Subersach 1 45 23 46 47 Obere Argen 12 48 49 Rotach 21 50 Seefelder Ach 4 51 Nussbach 8 3 6 17 52 Stockacher Ach 53 Radolfzeller Ach 18 7 11 54 Hochrhein 19 55 Aach 14 56 Steinach 16 57 Goldach 2 5 10 14 9 Graubünden 20 4

15 3 13 Karte des Einzugsgebietes Alpenrhein- Bodensee mit Grenzen und Namen der Tessin Fliessgewässer Italien

21 Anleitung

Beispiele aus der Region

1997 1998 1999

Koblacher Kanal bei (V): Der Bach, der bei Hohenems in den Vorarlberger Rheintal-Binnenkanal übergeht, wurde 1998 im Bereich Diesenäuele von einem weitgehend degradierten Kanal in einen standorttypischen Giessenbach zurückverwandelt. Es konnte sich eine artenreiche bachbegleitende Vegetation entwickeln; der Bestand der Bachforelle stieg um mehr als das Doppelte, wobei wieder umfangreiche Naturverlaichung festgestellt werden konnte. Revitalisierungsmassnahmen: Ausscheiden einer bis 7m breiten Gewässerrandfläche links; Umgestaltung der Linienführung; Dy- namisierung der Strömung durch geeignete Störstrukturen (Rundhölzer, eingegrabene Sohlbretter, Störsteine, Gerinneverengun- gen) Uferstabilisierung durch Weiden- und Erlenfaschinen (gleichzeitig Bestockung). Weitere Bestockungsmassnahmen als Schul- projekt. Besonderheiten: Der Giessenbach zeigt eine natürlicherweise nur geringe Geschiebedynamik (Abfluss, Gefälle) und damit nur wenig Energie zur Eigenstrukturierung. Um diese durch geeignete Strömungsdynamisierung zu erhöhen, mussten entsprechende Störstrukturen künstlich eingebaut werden. Das hierzu z.T. benötigte nicht standorttypische Material wurde zumeist abgedeckt und bleibt unsichtbar. Stabilität bleibt auch während der seltenen stärkeren Abflüsse des Baches gewährleistet.

1994 1996

Alpenrhein bei Felsberg / Chur (GR): Der Alpenrhein wurde in diesem Abschnitt v.a. auf der rechten Seite aufgeweitet, die Ufersicherung wurde beseitigt und soll sukzessive erodieren. Ziel ist, dass sich - neben einer Stabilisierung der Sohle (in diesem Bereich fanden umfangreiche Erosionen statt) - zusätzliche Gerinne- und Uferstrukturen bilden und damit der gesamte Abschnitt ökologisch aufgewertet wird. Revitalisierungsmassnahmen: Beseitigung der Ufersicherung rechts; leichte Uferaufweitung links; Ausscheiden möglicher Ero- sionsflächen; Zurücksetzen der Uferlinie; Teile des ursprünglichen Terrains (Überhöhungen der alten Uferlinie) wurden als Inseln belassen. Besonderheiten: Erste grossräumige Revitalisierungsmassnahme am Alpenrhein. 1,5- bis 2-fache Gerinnebreite wurde dem Rhein zur beschränkten Eigenstrukturierung überlassen, nachdem ein seitliches Vorzugsgerinne künstlich strukturiert wurden. Die Massnahme führte zu einer zwar sichtbar vorgeformten, aber durch die Grösse des Alpenrheins dennoch entscheidenden struktu- rellen Verbesserung sowie zu einer deutlichen ökologischen Aufwertung der lokalen Lebensgemeinschaften. Finanzierung z. T. durch Kiesentnahme. 22 1994 1999

Böschach im Ortsgebiet Widnau (SG): Der Graben wurde im Rahmen der Rheinkorrektion angelegt, um Sickerwasser aufzuneh- men. Als Entwässerungskanal hatte er von Beginn an ein geradliniges Trapezprofil mit stark verschlammter und verkrauteter Sohle. Im Rahmen einer umfangreichen Revitalisierungsmassnahme konnte er 1995 auf einer Länge vom 1040 m in einen lebendigen Bach umgewandelt werden, der ohne zusätzlichen Platzbedarf eine bedeutende Aufwertung des Ortsbildes darstellt. Revitalisierungsmassnahmen: Umgestaltung der Linienführung; Dynamisierung der Strömung durch Verengung der Sohlen- breite. Einbringung von - teilweise leider untypischen - Störstrukturen (v.a. grosse Blöcke); Anlegen von Flachwasserzonen, Kiesbänken und Steilwänden mit Brutröhren für Eisvögel. Starke Bepflanzung der Uferbereiche und Böschungen. Sitzgelegenhei- ten (Erholungswert!). Besonderheiten: Das Beispiel Böschach zeigt, dass es unter landschaftsplanerischen und ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll und machbar ist, auch künstliche Nutzgewässer (Entwässerungskanäle, Werkskanäle) zu beleben. Der Erlebniswert für die Bevölkerung ist vor allem innerhalb von Siedlungsräumen ein wichtiger Aspekt. Stabilität und Hochwassersicherheit sind ebenfalls kalkulierbar.

1996 1999

Alter Bach zwischen Triesen und Balzers (Fürstentum Liechtenstein): Der Bach fiel als Folge des Absinkens des Grundwas- serspiegels im Rhein trocken. Nach Wiederbewässerung entstand ein naturnaher Auwaldbach mit typischen aquatischen Lebens- räumen und -formen. Sukzessive stellt sich eine artenreiche bachbegleitende Vegetation ein. Revitalisierungsmassnahmen: Anschluss an das Gewässernetz Alpenrhein; Wasserbeschickung über Düker (unterquert Liech- tensteiner Binnenkanal). Extensive Pflegemassnahmen zur Verhinderung von Verklausungen und Erhaltung der Vorflut. Teilweise wird Totholz im Bach belassen. Besonderheiten: Am schon seit langer Zeit trockengefallenen Bachbett fanden nie wasserbauliche Regulierungen statt. Allein die Wiederbewässerung reichte aus, um aus einem Trockenbett ein nahezu natürliches Fliessgewässer der Talebene wiederentstehen zu lassen. Durch die Zuführung von Wassermengen, die durch den Querschnitt des Dükers begrenzt sind, können Hochwasser- schäden am Gewässer und im Umland weitestgehend ausgeschlossen werden; allerdings fehlt damit die natürliche Hochwas- serdynamik.

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Die Bevölkerung macht mit!

Wird ein Fliessgewässer revitalisiert, so verändert diese Massnahme stets die erlebte Umwelt der ansässigen Be- völkerung. Nur wenn diese in Planungen und Entschei- dungsprozesse mit einbezogen wird, kann sie sich letzt- endlich mit solchen Massnahmen identifizieren.

Erfolgreiche Revitalisierungsmassnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Akzeptanz und Unterstützung in der Bevölkerung finden. Das Umdenken im Gewässer- Initiativen von Angelsportvereinen schutz findet seine Umsetzung auch auf pädagogischer Ebene. In Schulprojekten können sich die Schüler aktiv an der Umgestaltung und Untersuchung von Fliessgewässern beteiligen.

Öffentlichkeitsarbeit wird auf hohem Niveau im gesamten Alpenrheingebiet betrieben. So lockte die 1992 durchge- führte Ausstellung “Rhein-Schauen” über 106’000 Besu- cher und viele Sponsoren. Auf der Dornbirner Frühjahrs- messe 1999 bestaunten 81’000 Besucher in der Sonder- schau “Im Reich der Fische” ein modellhaft nachgebautes Fliesswasserökosystem des Alpenrheintales.

hulklassen helfen bei der Bepflanzung des revitalisierten Koblacher Kanals (V) Revitalisierungsmassnahmen sollten stets ihren Platz in den lokalen und überregionalen Medien einnehmen. Diese sind rechtzeitig über das Projekt zu informieren und immer auf dem Laufenden zu halten.

Eine informierte, Ein im Alpenraumgebiet noch wenig praktizierter Ansatz motivierte und aktiv ist die Einführung von Bachpatenschaften für Revitalisie- beteiligte Bevölkerung rungsprojekte. Durch sie können kleinere Projekte z.B. von ist die Basis für Schulklassen oder Naturschutzgruppen betreut, gegebe- erfolgreiche Revitali- nenfalls aber auch von Firmen gesponsert werden, die mit sierungsmassnahmen ihrem Umweltengagement werben. Eine über die zustän- digen Ämter geregelte Vorgehensweise (wie z.B. in der BRD) wäre wünschenswert.

Eine weitere Möglichkeit, der Bevölkerung ein wieder ar- tenreiches und funktionierendes Ökosystem nahezubrin- gen, ist die Einrichtung eines Naturlehrpfades mit ausge- wiesenen, als Erholungsraum nutzbaren Bereichen (Grill- plätze, Badestellen). Ein solches Konzept muss allerdings sehr früh in die Planung miteinbezogen werden, damit einerseits eine interessante Wegeführung möglich ist und andererseits das System durch diese Form der Nutzung nicht beeinträchtigt wird.

24 Weiterführende Literatur

ACKERMANN, G., M.F. BROGGI, R. STAUB und P. WEIDMANN 1996. Ökologische Bewertung der Fliessgewässer im Talboden des Sarganserlandes. Grundlage für ein Sanierungs- und Schutzkonzept. Untersuchung im Auftrag der Sargan- serländischen Talgemeinschaft;Schaan. BUHMANN, D. & G. HUTTER 1996: Fliessgewässer in Vorarlberg; Gewässer- strukturen Erfassen-Bewerten-Darstellen. Schriftenreihe Lebensraum Vorarlberg, Bregenz. Band 33; 57 S. BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (BUWAL) 1998: Methoden zur Untersuchung und Beurteilung von Fliessgewässern: Ökomorphologie Stufe F. Mitteilungen zum Gewässerschutz Nr. 27. Bern; 49 S. DIV. AUTOREN 1996: Wiederbelebungsprogramm für die Fliessgewässer des Kantons Zürich. Gas, Wasser, Abwasser, Heft 7/96; S. 537-579 EBERSTALLER,J. & G. HAIDVOGEL 1997: Gewässer- und Fischökologisches Kon- zept Alpenrhein. Grundlagen zur Revitalisierung mit Schwerpunkt Fisch- ökologie, Teil 1-3. Studie zuhanden der Internationalen Regierungskommis- sion Alpenrhein, Wien. FORSCHUNGSGRUPPE FLIESSGEWÄSSER 1993: Fliessgewässertypologie. Ecomed Landsberg am Lech; 226 S. GRABHERR, G. (Red) 1993: Fliessgewässerinventur Vorarlberg; Pilotprojekt Dornbirnerach; Gewässerstrukturen Erfassen-Bewerten-Darstellen. Schriften- reihe Lebensraum Vorarlberg, Bregenz. Band 5; 416 S. GUNKEL, G. 1996: Renaturierung kleiner Fliessgewässer. Gustav Fischer Ver- lag, Jena u. Stuttgart. HUTTER, C.-P. 1996: Quellen, Bäche, Flüsse und andere Fliessgewässer: Bio- tope erkennen, bestimmen, schützen. Weitbrecht, Stuttgart; 152 S. INTERNATIONALE RHEINREGULIERUNG (RED) 1992: Der Alpenrhein und seine Regulierung. BuchsDruck und Verlag, Buchs; 462 S. JUNGWIRTH, M. 1981/1984: Auswirkungen von Fliessgewässerregulierungen auf Fischbestände. Wasserwirtschaft, Wasservorsorge BMLF, Wien LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BAD.-WÜRTT. 1993: Handbuch Wasser 2; Naturnahe Umgestaltung von Fliessgewässern; Teil III: Dokumentation der Entwicklung ausgewählter Pilotvorhaben. LfU Karlsruhe; 129 S. LANGE, G. & K. LECHER 1989: Gewässerregelung, Gewässerpflege. Naturna- her Ausbau und Unterhaltung von Fliessgewässern. 2.Auflage, Paul Parey Verlag, Hamburg und Berlin, 301 S. MINISTERIUM FÜR UMWELT BAD.-WÜRTT. 1993: Handbuch Wasserbau, Heft 2; Naturnahe Umgestaltung von Fliessgewässern; Teil I: Leitfaden; Teil II: Doku- mentation ausgeführter Projekte. MfU Stuttgart; 228 S. MINISTERIUM FÜR UMWELT BAD.-WÜRTT. 1993: Handbuch Wasserbau; Naturge- mässe Bauweisen, Heft 5: Ufer- und Böschungssicherungen. LfU Karlsruhe; 101 S. MUHAR, S. et al 1996: Ausweisung flusstypspezifisch erhaltener Fliessgewäs- serabschnitte in Österreich. Wasserwirtschaftskataster Wien. 167 S. PRO NATURA 1998: Mehr Raum für unsere Fliessgewässer; Beiträge zum Na- turschutz in der Schweiz, Nr.19. Basel, 49 S. ISSN 1421-5527. REY, P. & J. ORTLEPP 1998: Der neue Lebensraum der Thurfische: Fischökolo- gische Situation nach Beendigung des Thurrichtprojekts. Konstanz; 48 S. VGL (SCHWEIZ. VEREINIGUNG F. GEWÄSSERSCHUTZ UND LUFTHYGIENE) 1995: Ge- wässer revitalisieren; Flächenbedarf und Landbeschaffung. VGL-Umweltinfor- mation 4/95. ZUMBROICH et al. 1999: Strukturgüte von Fliessgewässern: Grundlagen und Kartierung. Springer Verlag; 283 S.

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Finanzierungsmöglichkeiten

Um die bestmögliche Ausschöpfung aller finanziellen Un- terstützungen zu erlangen, ist die Beratung mit den jewei- ligen Fachdienststellen der effizienteste Weg.

Schweiz Wird eine Revitalisierung im Rahmen eines Hochwas- serschutzprojektes realisiert, sind Staats- und Bundes- as Ochsenauge (Maniola jurtina) - typischer Schmetterling natürlicher, kräuterreicher beiträge unter dem Titel Wasserbau möglich. Anlaufstelle Bachufer und Viehweiden im Bergland ist das für Wasserbau zuständige kantonaler Amt. Rein ökologisch bedingte Revitalisierungen können aus Staats- und Bundesmitteln für fischereiliche Verbesserungen so- wie für Projekte im Interesse des Natur- und Landschafts- schutzes subventioniert werden. Anträge sind an die kan- tonale Jagd- und Fischereiverwaltung bzw. an die kanto- nale Fachstelle für Natur- und Landschaftsschutz zu rich- ten." Für eine Mitfinanzierung des Bundes sind folgende Vor- aussetzungen entscheidend: r Grasfrosch ist oft als erster an revitalisier- Ufern anzutreffen - auch im Siedlungsraum G Die Massnahmen ist im öffentlichen Interesse notwen- dig, beruht auf einer zweckmässigen Planung und ist- wirtschaftlich; G Die Massnahmen dient der Verbesserung der Lebens- bedingungen der Wassertiere sowie zur lokalen Wie- derherstellung zerstörter Lebensräume dienen; G Es sind Biotope von nationaler Bedeutung betroffen; G Die Massnahme steht im Zusammenhang mit wasser- baulichen Massnahmen (z.B. Hochwasserschutz). Eintagsfliegenlarven (hier: Ecdyonurus) bewohnen strukturierte, strömungsreiche Rheinzuflüsse. Sie profitieren vor allem von einer Vernetzung des Gewässersystems Fürstentum Liechtenstein Bei den Revitalisierungen von Oberflächengewässern in Gemeindebesitz übernimmt das Land als zweckgebunde- ne Förderung 50 % der Kosten.

Das Landesbauamt hat einen speziellen Budgetposten für den Unterhalt der Landesgewässer (Binnenkanal, Esche, Scheidgraben). Daraus können Revitalisierungskosten z.T. vollständig für diese Gewässer untergebracht werden. Das Landwirtschaftsamt fördert das Anlegen von Gewässer- randflächen über Direktzahlungen.

26 Österreich Förderung von Revitalisierungsmassnahmen sind seitens der Europäischen Union (EU) im Rahmen von "LIFE"- Projekten in "Natura-2000"-Gebieten möglich. Grenzüberschreitende Revitalisierungsprojekte können im Rahmen des Interreg-II-Programmes "Alpenrhein-Bo- densee-Hochrhein" gefördert werden. Die Bestände der Bachforelle werden im Alpenrheingebiet immer kleiner. Ein erster örderung durch Bundes- und Landesgelder ist gene- Schritt zur Erholung ist die Beseitigung von F Aufstiegshindernissen. rell möglich im Rahmen von: G Wasserbauprojekten G reinen Revitalisierungsprojekten G Instandhaltungsarbeiten G Budgets aus Naturschutzfond G Budgets der Agrarbezirksbehörde

Eine Zusammenstellung der möglichen Finanzhilfen bei Revitalisierungsprojekten im Rahmen der jeweils gelten- den Gesetzgebung wurde von der Internationalen Regie- rungskommission Alpenrhein durchgeführt. Sie ist der Stu- die “Rechtliche Grundlagen für den Erhalt und die Wieder- herstellung von Fliessgewässern als Lebensräume im Einzugsgebiet des Alpenrheins “ zu entnehmen.

Zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten Kiesverkauf bei Aufweitungen Verkauf des bei Aufweitungen anfallenden Kieses. Diese In natürlich strukturierten Gebirgsbächen leben oft grosse Mengen von Köcherfliegen (hier auf Variante wurde bereits bei der Alpenrheinaufweitung in Totholz). Sie bilden auch die Nahrungsgrund- Felsberg (GR) angewendet. lage für gesunde und robuste Bachforellen. Kiesgroschen, -rappen Für jeden Kubikmeter geförderten Kieses ist ein für Revi- talisierungen zweckgebundener Betrag bereitzustellen (Ähnliche Massnahmen gibt es z.B. bereits in Niederöster- reich) Sponsoring Ein Sponsoring von Revitalisierungsmassnahmen eröffnet für interessierte Firmen neue Möglichkeiten der Werbung im Bereich Umweltengagement. Im selben Rahmen kön- nen auch Bachpatenschaften unterstützt oder übernom- men werden.

27 Anhang

Gesetzliche Grundlagen

Die Forderung nach Erhaltung und Wiederherstellung der ökologischen Funktionsfähigkeit ist in allen Anliegerstaa- ten des Alpenrheingebiets gesetzlich verankert. Es fällt jedoch auf, dass es nicht spezifische Gesetze sind, die die- sen Anspruch regeln, sondern dass die gesamte Gesetz- gebung in ihrer jeweils neuesten Fassung immer mehr davon durchdrungen wird. Von der Internationalen Regie- rungskommission Alpenrhein wurde eine Zusammenstel- lung der entsprechenden Gesetzesstellen der jeweiligen Anliegerländer vorgenommen*. n Gewässer nur extensiv bewirtschaftet en, bleibt ihre ökologische Funktion erhal- Wenngleich dieser gesetzliche Auftrag in den unter- schiedlichen Anliegerländern des Alpenrheingebiets unter- schiedlichen Wortlaut besitzt, so lassen sich dennoch gemeinsame Pflichten für die Erhaltung natürlicher Fliess- gewässerfunktionen daraus ableiten:

J Fliessgewässer dürfen nur wasserbaulich verän- dert werden, wenn die Massnahme nicht ihre öko- logische Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. J Die nachhaltige Nutzung der Fliessgewässer im Sinne einer natürlichen Funktionsfähigkeit muss sichergestellt werden. J Es muss eine Einbindung des Landschaftselemen- tes Fliessgewässer in benachbarte Landschafts- elemente gewährleistet sein. J Massnahmen sind so durchzuführen, dass sie auf die Lebensraumqualität der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt positive Auswirkungen haben.

J Massnahmen im Sinne einer ökologischen Sanie- rung sind immer so durchzuführen, dass sie den jeweiligen Hochwasserschutzansprüchen Rech- nung tragen und umgekehrt.

28 * “Rechtliche Grundlagen für den Erhalt und die Wiederherstellung von Fliessgewäs- sern als Lebensräume im Einzugsgebietz des Alpenrheins” Adressen

Schweizerische Bundesbehörden: Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) Ländtestrasse 20 CH-2501 Biel Tel: +41 (0)32 328 87 11; E-mail: [email protected] Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) Sektion Gewässerschutz und Fischerei Worblentalstr. 32 CH-3003 Bern Web: www.admin.ch/buwal E-mail: [email protected]

EAWAG (Eidg. Anstalt für Wasservers., Abwasserreinigung und Gewässerschutz) Überlandstr. 133 CH-8600 Dübendorf und Seestrasse CH-6047 Kastanienbaum E-mail: [email protected]

Graubünden: Jagd- und Fischereiinspektorat Loëstr. 14 CH-7001 Chur Tel: +41 (0) 81 257 38 94; E-mail: [email protected] Tiefbauamt (Abt. Fluss- und Wildbachverbauung) Grabenstr. 30 CH-7001 Chur Tel: +41 (0) 81 257 38 47; E-mail: [email protected] Amt für Umwelt GR Gürtelstr. 89 CH-7001 Chur Tel: +41 (0) 81 257 29 46; E-mail: [email protected] Amt für Natur und Landschaft Rohanstr. 5 CH-7001 Chur Tel: +41 (0) 81 257 29 33; E-mail: [email protected]

St.Gallen: Planungsamt (Abt. Natur- und Landschaftsschutz) Lämmlisbrunnenstr. 54 CH-9001 St.Gallen Tel: +41 (0) 71 229 31 51; E-mail: [email protected]

29 Anhang

St.Gallen: Tiefbauamt, Abt. Gewässerbau und -unterhalt Lämmlisbrunnenstr. 54 CH-9001 St.Gallen Tel: +41 (0) 71 229 21 35; E-mail: [email protected] Amt für Jagd und Fischerei Davidstr. 35 CH-9001 St.Gallen Tel: +41 (0) 71 229 39 53; E-mail: [email protected]

Fürstentum Liechtenstein: Amt für Umweltschutz Postfach FL-9490 Vaduz Tel: +423 (0) 236 61 91; E-mail: [email protected] Tiefbauamt Städtle 38 FL-9490 Vaduz Tel: +423 (0) 236 68 56; E-mail: [email protected]

Österreichische Bundesbehörden: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Stubenring 1 A-1012 Wien Tel: +43 (0) 1 71100 2790; Web: www.bmlf.gv.at Vorarlberg: Landeswasserbauamt Jahnstr. 13 A-6901 Bregenz Tel: +43 (0) 5574 511-4305; E-mail: [email protected] Landesflussbauhof Höchster Str. 19 A-6890 Lustenau Tel: +43 (0) 5574 511 25113; E-mail: [email protected] Umweltinstitut des Landes Vorarlberg Montfortstr. 4 A-6901 Bregenz Tel: +43 (0) 5574 511 42099; E-mail: [email protected] Amt der Vorarlberger Landesregierung Abt. VIId Wasserwirtschaft Römerstr. 15 A-6900 Bregenz Tel: +43 (0) 5574 511 27405; E-mail: [email protected]

30 Das Alpenrheintal heute - eine nach den Nutzungsinteressen des Menschen geformte Landschaft. Wo Fliessgewäs- ser nicht gänzlich kanalisiert sind, wur- den sie auf ein schmales Uferband zurückgedrängt.

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