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Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Neubau der Anlage für afrikanische Menschenaffen

4 Lagepan der Wilhelma, rot gekennzeichnet: das neue Haus für afrikanische Menschenaffen

5 Wilhelma Zoologisch-Botanischer Garten Stuttgart Neubau der Anlage für afrikanische Menschenaffen Inhalt

7 Ein neues Menschenaffenhaus für die Wilhelma 27 Menschenaffenhaltung der Wilhelma Ministerialdirigent Thomas Knödler im Wandel der Zeit Prof. Dr. Dieter Jauch 13 Die ideelle und finanzielle Unterstützung Direktor der Staatlichen Anlagen und Gärten der Freunde und Förderer der Wilhelma Prof. Georg Fundel 35 Der Bergrücken – Entwurfsgedanken Vorsitzender des Vereins der Freunde und zur neuen Menschenaffenanlage Förderer der Wilhelma Prof. Sebastian Jehle Hascher Jehle Architektur 15 Vom Wettbewerb zum Gebäude – Planungsprozesse beim Bauen für eine 41 Projektdaten maßgeschneiderte Unterkunft Leitende Baudirektorin Ilse Lange-Tiedje 42 Planungsbeteiligte Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Stuttgart 44 Ausführende Firmen

48 Impressum

3 4 5 Ein neues Menschenaffenhaus für die Wilhelma

Die Wilhelma ist um eine Besucherattraktion reicher. und unter anderem mit einem 40 Meter Im Frühjahr 2013 haben die Bonobos und Gorillas ihr langen Wassergraben angelegt. Das Außengehege neues Heim, die Anlage für afrikanische Menschenaf- der Bonobos ist mit Sicherheitsglas umgeben und fen bezogen. von einem 3.500 Quadratmeter großen Edelstahlnetz überspannt. Die Stahlnetzkonstruktion dient der Ab- Allein die Aufgabe, eine maßgeschneiderte Unter- trennung des Geheges und ist zugleich bekletterbar, kunft für Menschenaffen zu planen und zu bauen, ist was eine dreidimensionale Nutzung des gesamten bereits eine Besonderheit und eine nicht alltägliche Geheges ermöglicht. Herausforderung für alle Beteiligten. Die Umsetzung ist beeindruckend. Zum einen ist die neue Anlage Auch der Besucher wird auf seinem Weg durch die Ausdruck der rund 55-jährigen Tradition der weltweit Innen- und Außengehege vollkommen neue Ein- und bekannten und anerkannten Menschenaffenhaltung Ausblicke sowie differenzierte Eindrücke erfahren. der Wilhelma, zum anderen ist eindrucksvolle Archi- So wurden die Innengehege mit einer Kombination tektur entstanden. von Sichtscheiben und Gitterdächern so konstruiert, dass die Besucher die Tiere nicht nur sehen, son- Die Projektdaten sind beachtlich: Rund einen Hektar dern auch hören und riechen können. Ein Allein- Fläche bedeckt die neue Anlage, die im oberen stellungsmerkmal dieser Anlage ist der Bereich, der Parkteil der Wilhelma liegt. Davon entfallen 2.000 zwischen Gorilla und Besucher lediglich durch einen Quadratmeter auf das Gebäude, das somit zu den Wassergraben – ganz ohne Panzerglas oder störende größten Bauten in der Wilhelma zählt. Bei einer Gitterstäbe – getrennt ist. innenliegenden Gehegefläche von 800 Quadrat- metern mit bis zu 7 Metern Höhe wurden knapp Die Anlage passt sich trotz seiner enormen Ausmaße 15.000 Kubikmeter Raum umbaut. Die terrassierten hervorragend in die Topografie des bestehenden Ge- Innengehege und der Besucherbereich wurden mit ländes ein. Der Rosensteinpark scheint über den Bau millimetergenau gesetzten Panzerglasscheiben, die hinweg in das Gelände der Wilhelma überzugehen. bis zu 4 Zentimeter stark und 72 Quadratmeter Dies wird durch sanfte Übergänge vom natürlichen groß sind, voneinander abgetrennt. Zudem wurden Gelände in die begrünten und teilweise als Gehege rund 3.200 Quadratmeter Außengehege für Gorillas nutzbaren Dächer des Gebäudes erreicht.

6 7 Seit Anfang der 1960er-Jahre hat das Land rund 100 te er 1837 den Architekten Karl Ludwig von Zanth ten weitergeführt. Mit dem Ende der Monarchie in später folgte am Standort des zerstörten Maurischen Millionen Euro für die bauliche Entwicklung der Wil- (1796-1857) mit der Planung. Deutschland wurden die Parkanlagen endgültig für Festsaals der Bau des Aquarien- und Terrarienhauses. helma bereitgestellt und auch in der Vergangenheit die Stuttgarter Bevölkerung geöffnet. Viele weitere Gehege und Anlagen der Wilhelma herausragende Neubauten hervorgebracht. Das neue Mit den Bauarbeiten des Badhaus-Gewächshaus- stammen ebenfalls aus den 1960er- und 70er-Jahren. Menschenaffenhaus ist ein weiterer Meilenstein in Komplexes wurde erst im Jahr 1842 begonnen. Im Jahr 1944 wurden große Teile der Wilhelma Das erste große Neubauvorhaben im Erweiterungsteil der langen und bewegten Geschichte der Wilhelma. Gleichzeitig wurde der Entwurf für die Gartenanlage durch Bombenangriffe stark zerstört. Lediglich die entlang der Pragstraße wurde 1968 mit den Raubtier- umgesetzt. Am 30. September 1846 wurde die Wil- Damaszener Halle blieb unversehrt. Die Wilhelma und Dickhäuterhäusern verwirklicht. Auch die Häuser Die Wilhelma war ursprünglich ein als Privatgarten helma anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Karl wurde nach einigen Jahren Gemüseanbau für die für Menschenaffen und niedere Affen, einfach gestal- angelegter Park mit Gebäuden im maurischen Stil, mit der Zarentochter Olga Nikolajewna eingeweiht. Stuttgarter Krankenhäuser in der Nachkriegszeit im tete Stahlbetonbauten, wurden 1973 fertig gestellt. der Wohn- und zugleich Repräsentationsort von Jahr 1949 mit einer Azaleen-Ausstellung für Besucher König Wilhelm I. von Württemberg (1781 – 1864) Der weitere Ausbau ging schleppend voran. Der wieder geöffnet. In den folgenden Jahren wurde mit In den 1980er- und 90er-Jahren wurden der Ausbau werden sollte. Nicht zuletzt dank der historischen Maurische Festsaal wurde im Jahr 1851 fertig gestellt. dem Beginn der Tierhaltung der Weg des Ausbaus der Wilhelma sowie die Sanierung der historischen Gebäude und später auch modernen Gehege vollzog Der Kernbereich der Wilhelma wurde im Jahr 1853 der Wilhelma zum einzigen zoologisch-botanischen Substanz weiter vorangetrieben. So konnte beispiels- der Park eine Wandlung vom privaten Rückzugsort mit dem Galeriegebäude und dem Wintergarten Garten Deutschlands bereitet. weise im Jahr 1982 das Jungtieraufzuchthaus in Betrieb eines Königs zum Besuchermagneten Wilhelma der nach den Zanth'schen Planungen fertig gestellt. Als genommen werden. Durch die Fertigung des einge- Landeshauptstadt Stuttgart mit heute über 2,1 Millio- letztes gestalterisch wirksames Gebäude entstand im Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung schossigen Gebäudes aus Leichtbeton konnten die nen Besuchern jährlich. Jahr 1864 nach dem Tode von Zanth die Damaszener erarbeitete im Jahr 1959 Sanierungsvorschläge für den damaligen Forderungen des Wärmeschutzes ebenso Halle mit Fasanerie nach den Plänen des Architekten historischen Bereich der Wilhelma und untersuchte wie die der Tierhaltung erfüllt werden. Als heraus- Im Jahr 1829 wurden im Park des soeben fertig ge- Wilhelm Bäumer. Damit war der Ausbau der histo- Erweiterungsmöglichkeiten für den zoologisch- ragender Neubau wurde im Jahr 1991 die Anlage für stellten Schlosses Rosenstein Mineralquellen gefun- rischen Wilhelma abgeschlossen. König Wilhelm I. botanischen Garten im Rosensteinpark. Das Sanie- Bären und Klettertiere mit einem großen Fest eröffnet. den. Mit dieser Entdeckung reifte bei König Wilhelm I. von Württemberg starb im gleichen Jahr. rungskonzept sah vor, auf Grundlage der historischen Der Bau wurde mit Hilfe des Vereins der Freunde und der Wunsch nach einem eigenen Badhaus im Struktur und Freiraumgliederung die vorhandene Förderer der Wilhelma ermög-licht. Am Südlichen Schlosspark. Im Laufe der Überlegungen entwickelte Das Lustwandeln in der Anlage war zu Lebzeiten Bausubstanz zu restaurieren oder unter Berücksichti- Pavillon und am Wandelgang im Maurischen Garten sich aus der ursprünglichen Badhausidee ein Pro- König Wilhelms I. ausschließlich der königlichen gung der neuen Nutzung sinnvoll zu ergänzen. wurden im Jahr 1986 die durch Kriegseinwirkung not- gramm, das schließlich Theater, Badhaus, Orangerie Familie und ihren Gäste vorbehalten. Erst ab 1880 wendig gewordenen Instandsetzungen durchgeführt. und Gewächshaus umfasste. König Wilhelm I. konnte jedermann gegen eine Berechtigungskarte Eine der ersten Maßnahmen des Sanierungskonzeptes Im Jahr 1992 wurde die Damaszener Halle, die sich wünschte sich die Architektur der Gebäude „im die Wilhelma besuchen. Im Jahr 1919 wurde die war im Jahr 1962 der Wiederaufbau des Maurischen durch mehrere Umbauten und altersbedingt in einem gotischen oder lieber maurischen Stil“. So beauftrag- Wilhelma Staatsbesitz und als botanischer Schaugar- Landhauses als Tier- und Pflanzenhaus. Ein Jahr schlechten baulichen Zustand befand, instand gesetzt.

8 9 Im Jahr 2000 durchbrach die Wilhelma erstmals die Die Wilhelma gehört zum großen kulturellen Erbe Schallmauer von über 2 Millionen Besuchern. Auch des Landes Baden-Württemberg. Die Erhaltung aus baulicher Sicht begann das 21. Jahrhundert für ihres historischen Bereichs und ihre stetige Weiter- die Wilhelma wegweisend mit der Fertigstellung des entwicklung als moderner zoologisch-botanischer Albert-Schöchle-Amazonienhauses, das ebenfalls Garten liegen in der Verantwortung des Landes maßgeblich vom Verein der Freunde und Förderer Baden-Württemberg. Dieser in seiner Art einzigartige der Wilhelma unterstützt wurde. In den folgenden zoologisch-botanische Garten mit seinen Bauaufga- Jahren konnten weitere bedeutende Bauwerke wie ben stellt die Staatliche Vermögens- und Hochbauver- beispielsweise das Insektarium mit Schmetterlings- waltung immer wieder vor große Herausforderungen, halle und die sanierten Gewächshäuser am Mau- die in der Vergangenheit mit oftmals beispielhafter rischen Landhaus im Jahr 2002 eröffnet werden. Die Architektur gemeistert wurden. Auch in Zukunft neue Krokodilhalle wurde im Jahr 2006 wieder in wird die Staatliche Vermögens- und Hochbauver- Betrieb genommen. Und um dem Besucherandrang waltung alle anstehenden Bauaufgaben mit großem auch künftig gerecht zu werden, wurde der Hauptein- Engagement angehen, um gemeinsam mit der Wil- gang der Wilhelma besucherfreundlich umgestaltet helma und dem Verein der Freunde und Förderer der und mit dem neuen Wilhelma-Shop im Jahr 2009 Wilhelma den guten Ruf des zoologisch-botanischen eröffnet. Gartens Stuttgart zu erhalten und weiter auszubauen.

Mit dem Bau der Anlage für afrikanische Menschen- Die Fertigstellung der Anlage für afrikanische Men- affen wurde schließlich im Jahr 2010 begonnen – und schenaffen möchte ich zum Anlass nehmen, all jenen mit ihrer Fertigstellung im Frühjahr 2013 schließt sich zu danken, die sich in der Vergangenheit für die In- zunächst der Kreis. Hier ist nicht nur ein besonderes standsetzung des historischen Bereichs sowie für die Gebäude, sondern eine einzigartige Gesamtanlage Erweiterung und Weiterentwicklung der Wilhelma gelungen. Naturnah und in die Parklandschaft ein- eingesetzt haben. gebettet soll sie den Anforderungen an artgerechte Haltung entsprechen; sie überzeugt aus architekto- nischer Sicht und lädt die Besucher zu einer reiz- vollen Entdeckungsreise ein. Ministerialdirigent Thomas Knödler

10 11 Die ideelle und finanzielle Unterstützung der Freunde und Förderer der Wilhelma

Durch Umfrageergebnisse bei Wilhelma-Besuchern ist nach heutigen Maßstäben nicht mehr zeitgemäß. war bekannt, dass trotz der Zuchterfolge die Anlage Eine Neuaufnahme von Tieren in diese zu kleine der Menschenaffen bei den Besuchern besonders Anlage ist nicht möglich. Da der Elefant sowohl das schlecht abschneidet. Die in die Jahre gekommene Wappentier der Wilhelma als auch das Wappentier Architektur sowie die nicht mehr zeitgemäße Präsen- des Vereins ist, haben wir bereits begonnen, für eine tation von Tieren in Räumen mit Waschküchencha- Elefantenanlage Geld anzusammeln. Die finanzielle rakter waren für den Verein der Freunde und Förde- Herausforderung wird hier noch höher als beim rer der Wilhelma Anstoß, sich für einen Neubau für Affenhaus sein, da die benötigte Fläche und Infra- die afrikanischen Menschenaffen zu engagieren. struktur für die Elefanten entsprechend größer ist. Als Verein werden wir alles tun, um die Realisierung Mit 9,5 Mio. Euro fördert der Verein allein für die zügig voranzubringen. Sobald der Umzug der Affen Affenanlage mehr, als in der 50-jährigen Vereinsge- abgeschlossen ist und die personellen Kapazitäten in schichte insgesamt an Fördergeldern in die Wilhelma der Wilhelma wieder frei sind, soll der Wettbewerb geflossen sind. Dass der Verein in der Lage ist, einen für die Elefantenanlage – den der Verein vorfinanziert derartig hohen Geldbetrag aufzubringen, ist seinem – durchgeführt werden, um zusammen mit dem Ro- aktiven Vereinsleben, aber vor allem seiner großen sensteintunnel diese in der Wilhelma zu realisieren. Mitgliederschar, die inzwischen auf 27.582 Mitglieder angewachsen ist, zu verdanken und ist ein großartiges Dem Vereinsziel, die Attraktivität der Wilhelma zu Beispiel von bürgerlichem Engagement. fördern, sind wir mit der Einweihung der Anlage für afrikanische Menschenaffen ein großes Stück näher Der Neubau der Anlage für afrikanischen Menschen- gekommen. Zum Rasten bleibt aber keine Zeit. affen strahlt wie ein Stern. Der Neubau zeigt aber umso mehr, dass die dieses Gebäude umgebenden Anlagen in die Jahre gekommen sind. Um die Umgebung aufzuwerten, hat sich der Verein erneut engagiert und die Umgestaltung der Erdmännchen- Prof. Georg Fundel und Zebraanlage mit 250.000 Euro gefördert. Aber Vorsitzender des Vereins das ist noch nicht alles. Die Anlage der Elefanten der Freunde und Förderer der Wilhelma

12 13 Vom Wettbewerb zum Gebäude – Planungsprozesse beim Bauen für eine maßgeschneiderte Unterkunft

Leitende Baudirektorin Ilse Lange-Tiedje Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart

Die afrikanischen Menschenaffenarten in der Wil- brauch für die neue Anlage musste unter anderem helma sollten einen Neubau erhalten – das war im auch deshalb auf das notwendige Maß beschränkt Jahr 2005 das Ansinnen der Wilhelma, des Vereins werden. Die Belange des Denkmalschutzes und die der Freunde und Förderer in Übereinstimmung Sichtbeziehungen vom und in den Park mit seinen mit dem damaligen Finanzministerium des Landes typischen, bis zu 150 Jahre alten Bäumen gebührend Baden-Württemberg. Das vorhandene Affenhaus aus zu berücksichtigen, war eine Grundlage für Planung den 1970er-Jahren war für die darin untergebrachten und Entwurf. vier Menschenaffenarten zu klein geworden und entsprach zudem nicht mehr den Richtlinien der Eine zweite Besonderheit stellen die künftigen geltenden Erhaltungszuchtprogramme. Der Neubau Nutzer des neuen Gebäudes dar, die afrikanischen der Anlage sollte eine artgerechte Haltung zweier Menschenaffen. Den nächsten Verwandten des Men- afrikanischer Menschenaffenarten, der Bonobos und schen eine würdige und möglichst optimale Umge- der Gorillas, gewährleisten. bung zu schaffen, dies bestimmt die ethische Haltung der Planer und ihre Vorgehensweise. Sie wollen die Drei Besonderheiten und eine Konstante prägten in Lebensbedingungen der Tiere deutlich verbessern. der Folge die Arbeit des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart, das den Das bedeutet unter anderem, mehr Platz und Bauherrn, das Land Baden-Württemberg, vertritt. naturnahe Außengehege vorzusehen. Die Tierhal- tungsrichtlinien ändern sich, die Architektur kann Da ist zum einen die Besonderheit des Ortes. Das entscheidend dazu beitragen, im mehr als ihre 10.800 Quadratmeter große Baugrundstück befindet Einhaltung zu gewährleisten und die bestmögliche sich in unmittelbarer Nähe des Rosensteinparks, Umgebung für die afrikanischen Menschenaffen zu der als größter englischer Landschaftspark Südwest- schaffen. deutschlands gilt. Die historischen Parkteile, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter König Die dritte Besonderheit der Planung liegt in der Ein- Wilhelm I. von Württemberg angelegt wurden, zigartigkeit der Aufgabe selbst. Die Errichtung einer stehen in ihrer Gesamtheit als wertvolles, eingetra- Menschenaffenanlage gehört nicht zu den üblichen genes Kulturdenkmal unter Schutz. Der Flächenver- Aufgaben der Bauverwaltung. Es ging nicht um einen

14 15 Verwaltungsbau, für dessen Planungsgrundlage Richt- Flächen sind dabei Maßstab, ebenso wie ästhetische werte für Flächen und Kosten vorliegen. Es waren Fragen, etwa die Verwendung von Kunstfels oder der keine Grundlagen und Bedarfswerte vorhanden, mit symbolische Nachbau von Terrassen. deren Hilfe geplant werden konnte. Sie mussten zunächst empirisch erarbeitet werden. Fehlende Querschnittswerte bei der Kostenrechnung erschwerten zudem die Arbeit an den Wettbewerbs- Diese drei Merkmale prägen die Baumaßnahme von grundlagen. Studien aus den Jahren 2003-2005 für der Auslobung über die Planung bis zum Bauprozess. eine Gesamtnutzfläche von insgesamt etwa 5.450 Wettbewerbsmodell 2006 Präsentationsplan 2010 Die Konstante war der permanente und intensive Quadratmetern klärten solche Fragen. Wir transfe- fachliche Austausch mit den Experten der Wilhelma. rierten die Ergebnisse des Pflichtenheftes in den Aus- Dies war unerlässlich und hat sich als sehr fruchtbar lobungstext. Unabdingbar war während des gesamten erwiesen. Planungsprozesses der Abgleich mit den Fachleuten der Wilhelma in allen Punkten der Nutzungsan- Im Vorfeld des Architektenwettbewerbs im Jahr forderungen. Gemeinsame Besuche anderer 2006 erstellten wir ein Pflichtenheft. Haltungsricht- innerhalb Europas und Deutschland hatten ergeben, linien, Flächenbedarf, Sicherheitsanforderungen und dass es in keinem Zoo die gleichen und damit ver- Nutzungsanforderungen wurden für die Haltung der gleichbare Bedingungen gab. Umso wichtiger war die beiden Affenarten aufgestellt. Dazu gehören Flächen empirische Arbeit an allen Planungsgrundlagen. und Höhen von Innen- und Außenbereichen, Anfor- derungen an das Klima innen und außen, Spielgerät Den einstufigen, begrenzt offenen Realisierungs- als Naturadaption und Möglichkeiten der Futtersuche. wettbewerb mit 25 Teilnehmern gewann die Ar- Die Anforderungen der Tierpfleger, Zoologen und beitsgemeinschaft Hascher Jehle Architektur, Berlin Tiermediziner mussten berücksichtigt werden. Für und Böhm Benfer Zahiri Landschaft und Städtebau, jede Tierart wurde als Basis für den Wettbewerb ein Berlin. Die Qualität des Entwurfs wurde vom dama- Anforderungspaket aufgestellt. Die Frage, was man ligen Preisgericht erkannt, das im Preisgerichtspro- den Besuchern bieten möchte, bestimmte außerdem tokoll niederlegte: „Der Bergrücken und der Wald, die Wettbewerbsanforderungen. Die durchschnittliche ein klaffendes Gelände und kein Haus, das dieses Anzahl der Besucher und die für sie benötigten Stück Landschaft in der Wilhelma dominieren will; Weiterentwicklung Entwurfsplanung Baustelle 2011 2007

16 17 Ltd. Baudirektorin Ilse Lange-Tiedje Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Stuttgart

all das führt zu einem starken Entwurfskonzept; keine Anlage für afrikanische Menschenaffen ein Prototyp Architektur soll hier ausgestellt werden, sondern die ist. Sehr vieles, was gebaut wurde, musste eigens ent- Menschenaffen stehen im Mittelpunkt des Gesche- wickelt und angefertigt werden. Das Wissen der Wil- hens. Einzig das Gitternetz des Außengeheges der helma-Experten über die Bonobos und die Gorillas Bonobos ragt auf, aber die Stützen imitieren die Bäu- bestimmte die Auswahl aller Materialien. Denn die me und Pflanzen des Parks, alle baulichen Anlagen Ausstattung muss den Tieren standhalten und zudem wollen verschwinden, den Besuchern wird viel Raum einfach zu reinigen und zu pflegen sein. Deshalb ver- gegeben.“ zichtete man übereinstimmend im Innenbereich auf künstliche Felsen und entschied sich für Beton. Das Die anschließende Planungsphase bis zum Baube- spezielle Holz der Kletterbalken aus Kambala und ginn im Juni 2010 war gekennzeichnet durch die der Schlafplätze gehört ebenso zur affengerechten drei Besonderheiten der Maßnahme: Alle Festset- Ausstattung wie die sich fugenlos präsentierenden zungen des prämierten und überarbeiteten Entwurfs Beton- und Glasflächen und die Bepflanzung. mussten bezüglich der speziellen Erfordernisse des Ortes, der künftigen Bewohner der Anlage und der Die Mitglieder des Fördervereins der Wilhelma empirisch erhobenen Anforderungen an das Projekt bekamen im Jahr 2012 die Gelegenheit zu einer auf den Prüfstand. Schwächen wurden analysiert und Baustellenbesichtigung. Die währenddessen sehr beseitigt, rechtliche Voraussetzungen zum Beispiel häufig geäußerte Feststellung „Affe müsste man sein“ der Haltungsrichtlinien neuerlich überprüft. Der verstanden die Planer als Lob ihrer Arbeit. Planungsablauf war – und hier zeigt sich wieder die Konstante des Projekts – anders als bei herkömm- Mit der neuen Anlage für afrikanische Menschen- lichen Bauaufgaben. affen wurde ein Anziehungspunkt in der Wilhelma geschaffen, der dem besonderen Ort Rechnung trägt, Unabdingbar war, dass neben zahlreichen Fachleu- den Bedürfnissen der darin lebenden Tiere nach- ten die Tiermediziner, Zoologen und Tierpfleger kommt und die Besucher erfreut. der Wilhelma in unseren Besprechungen bei jedem Detail ihr Wissen mit einbrachten. Den Bauprozess bis zum April 2013 prägte die Tatsache, dass die neue

18 19 Grundriss Erdgeschoss 5 10 25 GrundrissBesucherebene E01_M 1:1000

20 21

5 10 25 Grundriss E01_M 1:1000 5 10 25 SchnittRegelschnitt durch -Innengehege II_M 1:750

5 10 25 Regelschnitt II_M 1:750

5 10 25 RegelschnittSchnitt durch I_M Gorilla-Innengehege 1:750

5 10 25 Regelschnitt I_M 1:750

22 23 24 25 Menschenaffenhaltung der Wilhelma im Wandel der Zeit

Prof. Dr. Dieter Jauch Direktor der Staatlichen Anlagen und Gärten

Die Wilhelma ist ein „junger“ Zoo. Erst nach dem Die Gehege waren für die damalige Zeit geräumig Zweiten Weltkrieg, ab 1949, schuf der damalige Di- und vor allem sehr zweckmäßig eingerichtet: Geflieste rektor Albert Schöchle aus den Ruinen des kriegszer- Wände und kunstharzbeschichtete Böden sorgten für die störten Parks einen zoologisch-botanischen Garten. notwendige Sauberkeit. Die Menschenaffen jener Zeit im Zoo waren ja noch Wildfänge mit einer oft beträcht- Schon wenige Jahre danach erhielt die Wilhelma die lichen Parasitenbürde und die Veterinärmedizin war ersten Menschenaffen: 1958 kamen Schimpansen, noch längst nicht auf dem Wissensstand von heute. Auch 1962 Orang-Utans und 1965 die ersten Gorillas. Diese die Panzerglasscheiben, die nicht nur eine gute Sicht auf Tiere waren, im Vergleich mit anderen Zoos der Zeit, die Tiere und große Nähe ermöglichten, sondern den sehr einfach untergebracht. Die Wilhelma befand sich Lebensraum der Affen gegen die Besucher hin abschlos- damals ja noch in ihrer „Sturm-und-Drang-Zeit“. sen, sorgten zusammen mit der leicht zu reinigenden Innenausgestaltung dafür, dass die Tiere hygienisch 1973 wurde dann das erste Menschenaffenhaus der einwandfrei gehalten wurden und gesund blieben. Wilhelma eröffnet. Damit war die Menschenaffen- pflege in der Wilhelma auf einem modernen Stand Auch wenn uns diese Gehegegestaltung heute angekommen. Als das Affenhaus noch vor der Eröff- befremdet und wir sie abschätzig als „Badezimmerar- nung im Fernsehen vorgestellt wurde, erfuhr davon chitektur“ bezeichnen, war damit der Schlüssel für ein belgisches Arztehepaar, das eine Gruppe junger eine erfolgreiche Menschenaffenpflege gefunden. Die Bonobos nach Belgien mitgebracht hatte und für Haltungserfolge geben den Tiergärtnern Recht. diese Tiere eine neue Heimat suchte. Das Ehepaar war so begeistert, dass es der Wilhelma spontan seine Die überaus zweckmäßige „Möblierung“ der Gehege Tiere 1973 anbot. So kam es, dass das neue Haus, das mit verschiedenen Ebenen, Kletter- und Sitzbal- ja eigentlich nur für drei Menschenaffenarten geplant ken, die später noch durch Feuerwehrschläuche als war, von Anfang an alle vier, Gorillas, Schimpansen, Klettergerät und Hängematten ergänzt wurde, Be- Bonobos und Orang-Utans, beherbergte. Dank der wegungs- und Spielmöglichkeit durch ein Karussell, fürsorglichen Pflege durch die Wilhelma-Mitarbeiter ein Badebecken und Duschen bot zusammen mit wurde die Menschenaffenhaltung der Wilhelma bald entsprechender Beschäftigung durch Futtersuche etc. eine der erfolgreichsten weltweit. den Tieren viele Anregungen, sich zu entfalten.

26 27 Da die Menschenaffen in den zoologischen Gärten je- affenarten würden halten können. Wir entschieden ner Zeit unter dramatischen Umständen nach Europa deshalb, die Schimpansen abzugeben und uns auf gekommen waren und eine natürliche Fürsorge durch Bonobos und Gorillas zu konzentrieren. An der Stelle ihre Mütter nicht erfahren hatten, waren sie auch des alten Menschenaffenhauses soll in Zukunft eine nicht imstande, selbst Jungtiere aufzuziehen. Daher neue Heimat für unsere Orang-Utans, die Haubenlan- nahmen der ehemalige Menschenaffenpfleger Heinz guren und unsere Weißhand- entstehen. Scharpf und seine Frau Gundi Scharpf die Affenbabys zur Handaufzucht mit nach Hause. Die dort gemach- In der Planung haben wir das, was sich bei uns ten Erfahrungen flossen später in den Bau des 1982 bewährt hat, übernommen, wie z.B. die nüchterne, eingeweihten Jungtieraufzuchthauses ein, das in der leicht zu säubernde Gehegegestaltung und die „Mö- Zwischenzeit zentrale Aufzuchtstation für Gorillas im blierung“ der Innengehege. Der kunststoffbeschich- europäischen Erhaltungszuchtprogramm geworden ist. tete Gehegeboden ist allerdings über weite Teile mit Das bedeutet, dass aus allen europäischen Zoos Af- sogenanntem Biofloor, Rindenschrot, bedeckt, der fenbabys, die von ihren Müttern nicht angenommen den Eindruck auflockert und das Raumklima positiv werden, in der Wilhelma aufgezogen werden. beeinflusst.

Seit der Eröffnung des ersten Menschenaffenhauses Vor allem aber hat sich die Dimension der Gehege der Wilhelma sind 40 Jahre vergangen. Heute wissen geändert – ein echter Quantensprung: Die Innen- wir erheblich mehr über die Bedürfnisse der Tiere, gehege des neuen Hauses sind rund fünfmal so die Veterinärmedizin hat enorme Fortschritte ge- groß wie die bisherigen. Pflanzen finden sich in den macht und auch die Erwartungen unserer Besucher Innengehegen keine. Sie hätten bei den kräftigen an den Zoo haben sich gewandelt. Die Wilhelma hat Tieren auch keine Überlebenschance. Um das Haus dieser Entwicklung mit dem Bau der neuen Anlage aber dennoch „grün“ zu machen, schaffen afrikanische für Bonobos und Gorillas Rechnung getragen. Pflanzen außerhalb der Gehege stellenweise einen grünen Vorhang zwischen Mensch und Tier. Rund 1 Hektar Gelände stand uns für die neue Anlage zur Verfügung. Trotzdem war uns rasch klar, Die Grundfläche der Bonobo-Außengehege ist ca. dass wir dort nicht alle drei afrikanischen Menschen- 17 Mal so groß wie bisher und, netzüberdacht, bis

28 29 12 Meter hoch. Die Gorilla-Außengehege umfassen Jungen keinen unmittelbaren Kontakt mit der Famili- eine Grundfläche, die 30 Mal größer ist als diejenige engruppe hatten. Dazu mussten die Gorillakinder erst des alten Menschenaffenhauses. Was sich bei beiden umständlich ins Menschenaffenhaus gebracht werden. Arten gegenüber dem Vorgängerbau ändert, ist die Im neuen Haus ist das anders: Die Jungtiere in der naturnahe Gestaltung der Außengehege. Für beide Aufzuchtstation haben ständigen Blickkontakt zur Arten haben wir Naturboden mit einer Pflanzende- Gorilla-Familiengruppe. Zwei Verbindungsschieber cke aus Gräsern und Kräutern, die die Affen gerne sind dazu da, ihnen zusätzlich auch Körperkontakt zu verzehren, daneben wachsen Sträucher und Bäume verschaffen und ihnen so rasch wie möglich Zugang in den Gehegen und Kletterpflanzen. Trotz eines zu den großen Gorillas zu ermöglichen. Damit soll starken „Drucks“ durch die Gehegebewohner ist das ihre spätere Integration in eine neue Gruppe leichter wegen der Dimensionen möglich. Bei den Gorillas gemacht werden. sind die großen alten Parkbäume Teil der Gehege- gestaltung und Schattenspender für die Affen gewor- Das Konzept der neuen Menschenaffenanlage den. Es gibt Wasserläufe, Planschbecken, Sumpfzonen spiegelt das gesamte derzeitige Wissen über diese und bei den Gorillas einen Wassergraben, der so faszinierenden Wesen wider. Alles, was internationa- konstruiert ist, dass die Tiere ihn nicht überwinden len Experten für die Pflege von Bonobo und Gorilla können und vor möglichem Ertrinken geschützt sind. wichtig erschien, wurde berücksichtigt. Damit ist Dass naturnahe Gehege heute überhaupt möglich auch gewährleistet, dass die neue Anlage möglichst sind, verdanken wir einmal der Tatsache, dass unsere lange modern bleibt. Affen zum überwiegenden Teil zoogeboren und weitgehend parasitenfrei sind, und außerdem den heutigen Fortschritten der Veterinärmedizin.

Die Gehege sind auch sonst reich strukturiert. Die Bonobos haben viele Klettermöglichkeiten, die das ganze Gehege durchziehen, und auch bei den Goril- las gibt es Klettermöglichkeiten und „Ausgucke“. Nachteilig bei der alten Aufzuchtstation war, dass die

30 31 32 33 Der Bergrücken – Entwurfsgedanken zur neuen Menschenaffenanlage

Prof. Sebastian Jehle Hascher Jehle Architektur

Die Parklandschaft von einer Höhe von 7,5 Meter kontinuierlich fließend Die Wilhelma, der zoologisch-botanische Garten in den angrenzenden Landschaftspark übergehen. Stuttgarts, ist Teil des Rosensteinparks, der im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts (1824-1840) unter Entlang der S-förmigen artifiziellen, topografischen König Wilhelm I. als englischer Landschaftsgarten Bruchkante, die auf der einen Seite nach Norden und angelegt wurde. Entlang der für den Stuttgarter auf der anderen Seite nach Südwesten orientiert ist, Raum typischen Topografie mit Talkessel und steil befindet sich der Besucherweg, der sich über raum- ansteigenden Hängen entstanden im weitläufigen hohe Verglasungen zu der angrenzenden Landschaft Rosensteinpark durch gezielte Baumpflanzungen öffnet, sodass sowohl die Besucher als auch die Tiere inszenierte Sichtachsen und Landschaftsräume. Im einen direkten Bezug zum Außenraum haben. Entwurfskonzept für das neue Affenhaus wurden die bestehende Eichengruppe und markante Einzel- Im Bergrücken sind die Innengehege angeordnet. bäume erhalten und der Neubau in die Landschaft Während die Gorillas in drei getrennten Innenge- harmonisch eingebettet, um den parkartigen Charak- hegen für die Silberrücken, die Familien und die Jung- ter der Zooanlage zu betonen. tiere in dem nördlichen Bergrücken untergebracht sind, befinden sich die kleineren Bonobos in dem südlichen Bergrücken. Drei voneinander separierte Der „Bergrücken“ Gehege trennen die in „sozialen Einheiten“ organisier- Auf dem topografischen Hochpunkt des Landschafts- ten Bonobos. parks gelegen, bildet das neue Gehege der afrika- nischen Menschenaffen einen artifiziellen Bergrücken Die Außengehege grenzen im Norden bzw. im aus. Der neue Baukörper schiebt sich entlang einer S- Süden an den Baukörper und bilden eine natürliche förmigen Linie um den erhaltenswerten Baumbestand Fortsetzung der begrünten Dachlandschaft. Durch die und verschwindet an den gebogenen Enden schein- Überlagerung von Topografie und Baukörper entsteht bar unter dem Erdreich. Dieser Effekt wird durch eine gebaute Landschaft, die sich harmonisch in die die Ausbildung zweier begrünter und schalenartig Umgebung einfügt und die Wilhelma auch als bota- gegeneinander gebogener Dachflächen erzielt, die nischen Garten und Teil des Rosensteinparks stärkt.

34 35 Der „Wald“ Die südlichen Außengehege der Bonobos werden Die Außengehege verstehen sich als Inszenierungen von einer bis zu 12 Meter hohen filigranen Stahlnetz- der natürlichen Lebensräume der Menschenaffen – konstruktion überspannt, damit die baumlebenden Wald und Lichtung. Die vorhandene Eichengruppe Affen ihrer Art entsprechend auch die Höhen nutzen in dem Gorilla-Außengehege bietet mit ihrem hohen und den Blick in den Rosensteinpark schweifen Baumdach das perfekte Grundgerüst hierfür. Auf lassen können. Getragen wird die leichte Netzkon- Waldbodenebene sind es neue Strauchpflanzungen, struktion von einem „Stützenwald“ aus unregelmä- Wasser und Gras, die den natürlichen, großzügig ßigen, schräggestellten Stahlstützen. Dieser artifizielle bemessenen Lebensraum der Tiere strukturieren. Wald dient den Bonobos zusätzlich als Klettermög- Komplettiert wird dieses Bild durch notwendige lichkeit und Ruhestätte. Zu diesem Zweck sind die Raumkanten aus geschlossenen Elementen wie „Stahlbäume“ mit künstlichen Lianen, Hängematten Travertin-Felsformationen und Mauern mit Stahl- und Schlafnestern ausgestattet. Die Terrassierung des Eichenholz-Modulen sowie offene Bereiche als Außengeländes, der Bachlauf, neue Pflanzungen so- Nahbegegnungszonen, wo Mensch und Tier nur durch wie Holzklettergerüste vervollständigen die Bonobo- Panzerglasscheiben voneinander getrennt sind. Eine Gehege. Besonderheit am Panorama stellt der Wassergraben dar, an dem die Begegnung „Auge in Auge“ – lediglich Der Wald bietet mit seinem Blätterdach den Affen getrennt durch eine sieben Meter breite Wasserfläche einerseits Schutz vor der Sonne, andererseits lässt das – möglich ist. Der schilfbewachsene Wassergraben, der natürliche Sonnenlicht, das sich im Tagesverlauf verän- für die wasserscheuen Nichtschwimmer unüberwindbar dert, in der Menschenaffenlichtung fortwährend neue ist, und die künstlichen Felslandschaften mit Überhän- Bilder entstehen. Bilder, die es für die afrikanischen gen übernehmen dabei gleichzeitig die notwendigen Menschenaffen der Wilhelma so noch nie gab. Grenzfunktionen.

Auch wenn die Jungtiere der Handaufzucht von den Der Besucherrundgang Familien und männlichen Gorillas räumlich getrennt Der Besucherbereich des Affenhauses erstreckt sich – sind, können die Tiere zukünftig in den neuen Gehe- dem Bergrücken folgend – entlang der Innengehege gen wertvolle Sichtbeziehungen zueinander aufbauen. von Südwesten nach Nordosten und verbindet als

36 37 Teil des Zoorundgangs die Außenwege miteinander. Im Südwesten wird der Besucher über einen kleinen Vorplatz zu den Bonobos geführt. Raumhohe Panzer- verglasungen trennen den Besucher von den Affen und treten gleichzeitig durch ihre schräge Anordnung in der Wahrnehmung zurück. Begrünungen in Pflanzinseln und Pflanztrögen oberhalb der Panzergläser rahmen die Fenster zu den Gehegen. Geräusche, Laute und Gerü- che der Tiere sind so auch im Besucherbereich erleb- bar. Die Illusion eines direkten Gegenübers von Affen und Besuchern wird so unterstützt. Der Besucherweg ist in höhengestaffelten Terrassen gegliedert, die mit Bänken, Informationssystemen und einem Medienraum ausgestattet sind, sodass die Tiere umfassend studiert werden können. Rampen und Treppen verbinden die Terrassen und überwinden innerhalb des Gebäudes eine Höhe von 2,7 Meter.

Durch die geschwungene Form des Weges sowie die differenziert gestaltete Lichtregie – raumhohe Vergla- sungen, geschlossene Wandflächen und großflächige Oberlichter lenken das Tageslicht aus unterschied- lichen Richtungen in den Innenraum – entsteht ein abwechslungsreicher Besucherweg mit differenzierten Ein- und Ausblicken.

38 39 Projektdaten

Chronologie Wettbewerb: März-September 2006 Genehmigung Bauunterlage: Oktober 2008 Baugenehmigung: September 2009 Baubeginn: Juni 2010 Einweihung: Mai 2013

Gebäudedaten Nutzfläche innen: 2.024 2m darin enthaltene Gehegefläche: 800 2m Gehegefläche außen: 3.400 2m Grundstücksfläche Baufeld: 10.800 2m Umbauter Raum: 14.776 m3

Kosten Gesamtbaukosten: 20,0 Mio Euro Ausstattung: 2,0 Mio Euro

Kostenzuschuss des Fördervereins Baukosten und Netzanlage für Bonobo- und Aufzuchtgehege: 9,5 Mio Euro

40 41 Planungsbeteiligte

Bauherr Außenanlagen Baugrund Schieberanlage Land Baden-Württemberg Möhrle + Partner Smoltczyk & Partner GmbH Hochmuth+ Beyer GmbH & Co. KG vertreten durch Freie Landschaftsarchitekten Untere Wandplätze 14 Färbergasse 7 Vermögen und Bau Mörikestraße 21 70569 Stuttgart 76275 Ettlingen Baden-Württemberg, 70178 Stuttgart Amt Stuttgart Bauphysik Infosystem Tragwerk GN Bauphysik Ranger Design Nutzer Weischede, Herrmann & Partner GmbH Ingenieurgesellschaft mbH Wiener Straße 104 Wilhelma Curiestraße 2 Bahnhofstraße 27 70469 Stuttgart Zoologisch-Botanischer Garten 70563 Stuttgart 70372 Stuttgart Stuttgart Medientechnik Tragwerk Netzanlage Lichtplanung 2av – GmbH Planung/Projektleitung officium design engineering GmbH IFT- Institut für Tageslichttechnik Keltergasse 3 Vermögen und Bau Rotebühlplatz 15 Osterbronnstraße 30 89073 Ulm Baden-Württemberg, 70178 Stuttgart 70565 Stuttgart Amt Stuttgart E-Draht-Anlage Haustechnik Vermessung Ingenieurbüro J. Döhler Architekt Rentschler & Riedesser Intermetric GmbH Ferdinand-Rhode-Straße 20 Hascher Jehle Architektur Ingenieurgesellschaft mbH Industriestraße 24 04107 Leipzig Planungsgesellschaft mbH Filderbahnstraße 12 70565 Stuttgart Kantstraße 17 70794 Filderstadt 10623 Berlin SiGEKo Elektroplanung Architekturbüro H. Deutschle Bauleitung Klett Ingenieur GmbH Industriestraße 25 Guggenberger und Ott Auberlenstraße 13 70565 Stuttgart Architekten GmbH 70736 Meisenweg 37 70771 Leinfelden-Echterdingen

42 43 Ausführende Firmen

Gerüstbauarbeiten Kunstfels Fassadenarbeiten Schlosserarbeiten WC-Trennwände Kletterskulpturen Gerüstbau Uhle GmbH Seuß Holztechnik GmbH MBM Konstruktionen GmbH Schlosserei Hein GmbH KEMMLIT-Bauelemente GmbH Projekt Spielart Heinrich Hofmann Hauptstraße 30 Orter Straße 17 Alte Stadt 4 Oppelner Straße 5 Maltschachstraße 37 Krainstraße 49b 74382 Neckarwestheim 95233 Wüstenselbitz 74219 Möckmühl 70372 Bad Cannstadt 72144 Dusslingen 83026 Rosenheim

Abbrucharbeiten Dachabdichtung Panzerglasanlage Absturzsicherung Baureinigung Verfugungsarbeiten Gebr. Vybiralik GmbH REFA Dachbau GmbH Radeburger Fensterbau GmbH Hans Zanger SCO Gebäudereinigungs GmbH Firma Bal Reustadt 41/2 Planckstraße 10 Weinböhlaer Straße 5 Heckenackerweg 4 Fabrikstraße 26 Duisburger Straße 5 73110 Hattenhofen 71691 Freiberg a. N. 01471 Radeburg 74523 Schwäbisch Hall 73207 Plochingen 70376 Stuttgart

Rohbauarbeiten Fliesenarbeiten Stahltüren Pflanztröge Tischler- und Metallbauarbeiten Mittelspannungsanschluss Ed. Züblin AG Harsch Fliese + Stein GmbH Held Metallwaren GmbH & Co. KG Gienger Metallbau Info-Systeme EnBW Bereich Stuttgart Kanalstraße 50 Zum Gallfenster 3 Ulrich-Gminder-Straße 12/2 Arthur Jaschek GmbH & Co KG Regionalzentrum Stuttgart AG Postfach 801083 73061 Ebersbach 57629 Kirburg/Westerwald 72654 Neckartenzlingen Teckstraße 20 Hackstraße 31 70510 Stuttgart 73734 Esslingen-Berkheim 70190 Stuttgart Estricharbeiten Metallgitter Malerarbeiten Bauunternehmung Kutsch R. & S. KU GmbH Neusser Stahl- und Leichtmetallbau GmbH Seeger der Maler & Stuckateur Medientechnik E-Zaunanlage Wilhelm Keller GmbH & Co. KG Lütticher Straße 35 Schwarzer-Hau-Weg 11 Nachtigallenweg 27 heddier electronic GmbH Weidezaunprofi e. K. Sudetenstraße 17 52064 Aachen 72135 Dettenhausen 71334 Waiblingen Pascherhook 34 Industriestraße 31 73770 Denkendorf 48653 Coesfeld 89423 Gundelfingen Holztüren Gehegetrennwände, -einrichtungen Malerwerkstätten Heinrich Schmid Kampfmittelbeseitigung Single Innenausbau GmbH Ernst Pfeffer GmbH Pfeffinger Straße 164 Videoüberwachung Sanitärarbeiten Kampfmittelbeseitigungsdienst Nürtinger Straße 15 Siemensstraße 6-8 72461 Albstadt Bosch Sicherheitssysteme GmbH Gas- & Wasserleitungs-Geschäft Baden-Württemberg 72636 Frickenhausen 72184 Eutingen Postfach 30 11 68 GmbH Stuttgart Pfaffenwaldring 1 Trockenbau- u. Wärmedämmarbeiten 70451 Stuttgart Beim Herzogenberg 25 70569 Stuttgart Hans Scholl GmbH 70327 Stuttgart Postfach 54 74375 Gemmrigheim

44 45 Heizungsarbeiten Dämmarbeiten Gebrüder Benzinger GmbH an technischen Anlagen Wormser Straße 26 HAWA GmbH Isolierteam 70499 Stuttgart Wilhelm-Stähle-Straße 11 70736 Fellbach Lüftungsanlagen Kratschmayer GmbH MSR-Anlage Kälte, Klima und Lüftungstechnik Nonnengässer Elektro-Schalttechnik Dreifelderstraße 31 GmbH Reutlingen 70599 Stuttgart-Plieningen Täleswiesenstraße 2 72770 Reutlingen Elektroarbeiten Speidel GmbH Co. KG Baumschutzarbeiten Am Autohof 1-11 Jörg Seidenspinner GmbH 73037 Göppingen Garten- und Landschaftsbau Dornröschenweg 113 Netzersatzanlage 70567 Stuttgart Reschke GmbH Hertrichstraße 31/3 Landschaftsbauarbeiten 71229 Leonberg Schick Gartengestaltung Oberer Espach 2 Schieberanlage 88480 Bronnen E. Roleff GmbH & Co. KG In den Kieswiesen 6-8 Netzanlage 73776 Altbach E. Roleff GmbH & Co. KG In den Kieswiesen 6-8 73776 Altbach

46 47 Impressum

Herausgeber Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Neues Schloss, Schlossplatz 4 70173 Stuttgart www.mfw.baden-wuerttemberg.de

Redaktion und Konzeption Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Stuttgart

Gestaltung Staatsanzeiger für Baden-Württemberg GmbH, Stuttgart

Druck Ungeheuer + Ulmer KG GmbH + Co., Ludwigsburg

Fotonachweis Brigida González Luftbild: Arnim Kilgus

Auflage 3.000 Stück © April 2013

Die Broschüre steht unter www.mfw.baden-wuerttemberg.de im Informationsservice zum Download zur Verfügung.

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