Künstler: Hofnarren der Politik? Seite 35 , € Juli/ August 4 

Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Julia Franck Monika Grütters Kulturgutschutzgesetz Urhebervertragsrecht TTIP – Schiedsgerichte Restaurierung Heinrich Schafmeister Beharrlichkeit zahlt sich aus: Pro oder Kontra: Wie fällt die Investor–Staat–Schieds- Gesicht geben und Gesicht Christian Tomuschat Nach einem Jahr voller Debatten Reaktion der Künstlerverbände gerichte: Wie funktioniert die zeigen: Was leisten Restaura- kommt das Kulturgutschutz- zum aktuellen Regierungs- Schiedsgerichtliche Erledigung torinnen und Restauratoren gesetz zu einem guten Ende. kompromiss aus? von Investitionsstreitigkeiten? und was brauchen sie? und viele andere Seite  Seite  Seite  Seiten  und  Symbiose Vergesellschaftung von Individu- en zweier unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist, wird normalerweise als Symbiose be- zeichnet. Im Kulturbereich gebrau- chen wir den Begriff »symbiotisches Verhältnis«, wenn wir die besondere Nähe zwischen Künstlern und der Kulturwirtschaft beschreiben wol- len. Ohne Künstler kein Kunsthandel, ohne Autoren keine Verlage, ohne Musiker keine Phonoindustrie. Ohne Galerien schaff en es nur sehr wenige Künstler in den Olymp der Kunst- welt, ohne Verlage fi nden nur wenige Schriftsteller ihre Leser. Ohne die Labels ist der Weg der Musiker noch steiniger. Beide Seiten brauchen ei- nander also. Weil dem so ist, haben sich im Kulturbereich über Jahrzehnte un- gewöhnliche Symbiosen ausgebil- det. Komponisten und Musikverlage bilden den Kern der GEMA, Schrift- Alles super? steller und Verleger arbeiten in der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) zusammen, Künstler und die Frauen in Kultur und Medien. Seiten ,  bis  Vermarkter ihrer Werke finanzie- ren zusammen rund  Prozent der

Künstlersozialkasse. ALLIANCE PICTURE FOTO: Und auch im Deutschen Kul- turrat arbeiten seit fast  Jahren Künstlerverbände und Verbände der Kulturwirtschaft partnerschaftlich zusammen, zum gegenseitigen Vorteil. Diese besondere Form der Kooperation verlangt ein stetiges Wo bleibt die Avantgarde? miteinander Ringen um den rich- Auch im Kunst- und Kulturbetrieb ist die Chancengleichheit von Frauen und Männern noch eine Zukunftsaufgabe: tigen Weg. Jetzt bringt ein Urteil gegen die Politik und Kultureinrichtungen sind gleichermaßen gefragt VG Wort dieses symbiotische Ver- hältnis in schweres Fahrwasser. Der MONIKA GRÜTTERS Männern inszeniert, obwohl  Prozent der Absolven- derung: Sie könnten beispielsweise mehr als bisher Bundesgerichtshof hat die gemein- tinnen und Absolventen im Fach Regie Frauen sind. dafür sorgen, dass familiäre Fürsorgeaufgaben der same Rechtewahrnehmung von Au- ultur als Speerspitze des gleichstellungs-  Prozent der in Kulturorchestern Beschäftigten sind Entfaltung von Talenten nicht im Weg stehen. Nicht toren und Verlegern in der Verwer- politischen Fortschritts: Mit diesem Fazit männlich, obwohl , Prozent der Absolventinnen zuletzt kommt es auch darauf an, erfolgreiche Frau- tungsgesellschaft für illegal erklärt, hätte die neue, von meinem Haus fi nan- und Absolventen im Fach Orchestermusik Frauen en und ihr Können stärker sichtbar zu machen – als da die rechtlichen Voraussetzungen K zierte Studie »Frauen in Kultur und Medi- sind. An künstlerischen Hochschulen liegt der An- Vorbilder für andere Frauen und um voremanzipatori- fehlen. Den Verlegern stünden, so en« des Deutschen Kulturrates sicherlich weit über die teil der Professorinnen bei nur , Prozent, obwohl schen Zeiten entstammenden Geschlechterklischees, die Begründung des Gerichtes, kei- Branche hinaus für Aufsehen gesorgt. Doch Fakt ist: über  Prozent der Studierenden weiblich sind. Und die die Leistungen von Männern bis heute in hellerem ne eigenen Rechte oder Ansprüche Im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen spartenübergreifend gilt: Frauen verdienen deutlich Licht erstrahlen lassen, überzeugende Beispiele weib- nach dem Urheberrechtsgesetz zu, und Männern machen Kunst und Kultur ihrem Ruf weniger als Männer und sind seltener in Führungs- licher Schaff enskraft entgegenzusetzen. die von der VG Wort wahrgenommen und ihrem Selbstverständnis als gesellschaftliche und Leitungspositionen vertreten. Mit Genugtuung dürfen wir Frauen in diesem Zu- werden könnten. Avantgarde leider bis heute keine Ehre. Kein Wun- Die Reihe der Beispiele aus der Studie ließe sich sammenhang durchaus auch darauf verweisen, dass Juristisch ist die Sache im Fall der – denn ungleiche Chancen haben auch hier eine weiter fortsetzen, der Befund bleibt derselbe: Von die Werke so mancher einst hoch geschätzter und gut der VG Wort jetzt klar, eine Symbio- lange Geschichte. So wurden Frauen künstlerische Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern, bezahlter Künstler heute in den Depots verstauben, se gibt es nicht. Konkret heißt das: Fähigkeiten über Jahrhunderte schlicht abgesprochen; wie sie in Artikel  unseres Grundgesetzes festge- während damals unter Wert gehandelte Künstlerin- An Verlage dürfen in der Zukunft kei- von der künstlerischen Ausbildung waren sie lange schrieben ist, kann auch in der Kultur keine Rede nen heute berühmt sind und hohe Preise erzielen. ne Ausschüttungen mehr geleistet ausgeschlossen. Wo es ihnen dennoch gelang zu reüs- sein. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Schwierig- Anton von Werner beispielsweise verweigerte  werden und die Ausschüttungen der sieren, bremsten gesellschaftliche Konventionen die keiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Berliner Akademiedirektor  Künstlerinnen den letzten Jahre müssen zurückgeholt weibliche Schaff enskraft. So stellte der Kunsthistori- gehören genauso dazu wie Rollenstereotype, die vor Zugang zum Studium – überzeugt davon, dass Frauen und an die Autoren verteilt werden. ker Wilhelm Lübke  mit Befriedigung fest: »Sie allem Männern relevante Qualitäten wie Kreativität, nicht malen können. Eine dieser Frauen war Käthe Die VG Wort hat im letzten Jahr haben über Pinsel und Palette nicht die Sorge für die Schaff enskraft, Durchhaltevermögen und Leiden- Kollwitz. Sie stellt einen Anton von Werner heute ihre Erlöse auf gut  Millionen Kinder und den Mann, über den Farbtöpfen nicht die schaft zuschreiben. Deshalb gibt es nicht die eine nicht nur in der Kunstgeschichte, sondern auch auf Euro mehr als verdoppelt. Diesen Kochtöpfe […] vergessen […]. Solange sie so treffl iche Stellschraube, an der man nur drehen muss, um Un- dem Kunstmarkt in den Schatten: Ein kleines Aquarell sprunghaften Anstieg verdanken die Töchter, Gattinnen und Mütter sind, mögen wir, dünkt gerechtigkeiten zu beseitigen – zumal in der Kunst vor von ihr kostet mittlerweile zehnmal so viel wie ein Autoren hauptsächlich einer dicken mich, es leichter ertragen, wenn sie keine Raff aels und allem ästhetische und damit rational wenig fassbare großformatiges Ölbild von ihm. Nachzahlung der Geräteindustrie Michelangelos werden«. Zwar gab es zum Glück zu Kriterien und Urteile zählen. Umso wichtiger ist es, Solche Fälle später Gerechtigkeit für zunächst un- für die sogenannte Kopierabgabe allen Zeiten Frauen, die sich nicht damit begnügten, überall dort hartnäckig zu bleiben, wo sich im Sinne terschätzte Künstlerinnen bleiben vermutlich eher die auf Drucker. »treffl iche Töchter, Gattinnen und Mütter« zu sein – fairer Chancen für Frauen und Männer schrittweise Ausnahme. Sie zeigen aber, was einer Gesellschaft, in Doch glaubt eigentlich irgend- und die auch noch den Mut hatten, ihren eigenen Stil etwas verändern lässt. der Frauen weniger Chancen haben als Männer, an jemand ernsthaft, dass die VG Wort zu fi nden, statt Raff aels oder Michelangelos sein zu Das gilt zunächst einmal für die Politik: Der Re- künstlerischer und kultureller Vielfalt verloren geht. diesen großen Erfolg gegen die wollen. Doch das enge Rollenkorsett, das die Entfal- gierungsentwurf des neuen Filmförderungsgesetzes Vor diesem Hintergrund stünde es Deutschland gut zu mächtigen Unternehmen wie Hew- tung und die Anerkennung ihrer Talente behinderte, beispielsweise sieht vor, den Frauenanteil in den Gre- Gesicht, wenn Kunst und Kultur sich auch in Sachen lett Packard, Canon, Epson, Brother wurden sie trotzdem nicht los. mien der Filmförderungsanstalt zu erhöhen. Künftig Gleichberechtigung als gesellschaftliche Avantgarde oder Samsung ohne ihre symbio- Dass Anerkennung und Chancen auch im Kunst- sollen mindestens zwei Frauen an jeder Förderent- präsentierten – frei nach Kurt Tucholsky: Es gibt für tische Stärke hätte erringen kön- betrieb des . Jahrhunderts noch sehr ungleich scheidung beteiligt sein. Auf diese Weise werden eine Kulturnation keinen Erfolg ohne Frauen. nen? Das Wesen der zwischen den Geschlechtern verteilt sind, ist eines sich hoff entlich mehr von Frauen geprägte Projekte Symbiose ist, dass al- der Ergebnisse der Studie »Frauen in Kultur und durchsetzen können. Ich bin jedenfalls nicht bereit, Monika Grütters MdB ist Staatsministerin bei der le stärker werden. Medien«. So stammt gerade mal ein Viertel der in zu akzeptieren, dass zwar unser höchstdotierter Film- Bundeskanzlerin Galerien ausgestellten Werke aus dem Œuvre einer preis – die LOLA – einen Frauennamen trägt, unsere Olaf Zimmermann Künstlerin. In deutschen Kunstmuseen liegt dieser hochdekorierten Filmemacher in aller Regel jedoch Nr. / ist Herausgeber Anteil sogar nur bei geschätzten zehn bis  Prozent. nicht. Gefragt sind aber auch die Kultureinrichtungen ISSN - 4:V;n4:l;p von Politik & Kultur  Prozent der Kino- und Fernsehfi lme werden von und die Einrichtungen der individuellen Künstlerför- B   02 SEITE  www.politikundkultur.net

EDITORIAL

Symbiose »Kultur macht stark« geht weiter – Geldwäsche, Drogenhandel und Am Ende zählt nur das Ergebnis Kinder, Gitarre, Kulturpolitik Olaf Zimmermann 01 aber wie? Antikenschmuggel Barbara Haack im Gespräch mit Ulrich Schneider im Porträt - Andreas Kolb 33 Theresa Brüheim 08 Markus Hilgert 16 Ilona Schmiel 24 Reformationsjubiläum: LEITARTIKEL Kulturelle Bildung: Kontra Frauenquote: »Was hätte Im Osten erfunden, im Osten Wie geht das »neue Wir«? MEDIEN eine Frau werden können außer vergessen? Wo bleibt die Avantgarde? Kirsten Witt und Kerstin Hübner 09 ›Seherin‹?« Andrea Wenger 33 Monika Grütters 01 Kulturberichterstattung als Regine Möbius 25 Wertedebatte: Wir müssen Querschnittsaufgabe Das wichtigste Erbe der miteinander anstatt übereinander 5 Fragen an Manfred Krupp 17 Rechtliche Regulierung: Reformation SEITE 2 reden Freiheitsräume eröff nen Dietmar Schwarz 34 Theresa Brüheim 10 Ratings Agentour 17 Ruth Sandforth und Friederike Wapler 26 Zukunftssicherung Die andere Revolution der Künstlersozialversicherung Staatsräson: Geschlechtergerechtigkeit Lutherzeit Gabriele Schulz 02 Was gehört dazu? DIE ROTE LISTE ist erreichbar Dieter B. Herrmann 34 Ginge es auch ohne? Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 27 Kulturmensch Ines Pohl 02 Ein Kommentar von Armin Conrad 10 Die Rote Liste Gefährdete Kulturinstitutionen 18 Ist Frauenförderung in der Kultur REAKTIONEN Wertedebatte: heute noch nötig? AKTUELLES Das »House of One« : Wir Künstler sind oft Gregor Hohberg 11 FRAUEN IN KULTUR Gleichstellung vorantreiben 28 politikunfähig Kulturgutschutzgesetz: UND MEDIEN Heinrich Schafmeister und Beharrlichkeit zahlt sich aus Der Plan vom Planen, Bauen Martin Dörmann: Olaf Zimmermann im Gespräch 35 Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 und Betreiben Patriarchale Strukturen im Grundlage für Gleichberechtigung 28 Oliver Scheytt und Lisa Höhne 12 Kulturbereich, gibt’s die noch? Olaf Zimmermann 19 Sigrid Hupach: DAS LETZTE LANDESKULTURPOLITIK Freiwilligen-Survey 2014: Es gibt immer noch eine gläserne Decke 28 Ein Scherbenhaufen Zahlen –Daten – Fakten: Kurz-Schluss: Sachsen: Solidarische Roland Roth 12 Ausgewählte Ergebnisse zu Frauen : Theo Geißler 36 Kulturfi nanzierung in Kultur und Medien Setzt sich Qualität wirklich durch? 28 Sven Scherz-Schade 04 Millionen für Kunst Gabriele Schulz 20 Karikatur 36 Theresa Brüheim im Gespräch : Die Tücken des mit Rüdiger Kruse 13 Gleichstellung an Hochschulen: KULTURELLES LEBEN Kurzachrichten 36 Leuchtturms Von Normalität noch weit Peter Grabowski 05 Bildung als gemeinsame entfernt 10 Jahre Kulturprojekte Impressum 36 Anstrengung Theresa Brüheim 21 GmbH: Wir machen das Gabriele Schulz 14 Moritz van Dülmen 29 Offi zielle Stellungnahmen des Deut- INLAND Forschung zu Frauen: schen Kulturrates sind als solche ge- Same same, but diff erent Gesichter des Kulturerbes kennzeichnet. Alle anderen Texte geben Rechtewahrnehmung: Eine INTERNATIONALES Carolin Ries 21 Jan Raue 30 nicht unbedingt die Meinung des Deut- unverzichtbare Errungenschaft schen Kulturrates wieder. Robert Staats 06 Investor–Staat– Schieds- Frauen werden anders Ästhetische und historische Werte verfahren: Neutralität wahrgenommen eines Denkmals bewahren und Urhebervertragsrecht: Manna und Ausgewogenheit Barbara Haack im Gespräch mit der erschließen DER AUSBLICK 5  versprochen, Graubrot gegeben wahren Schriftstellerin Julia Franck 22 Olaf Schwieger 31 Gabriele Schulz 07 Christian Tomuschat 15 Die nächste Politik & Kultur Sensibilität im Umgang mit Kompetenzzentrum Kultur- und erscheint am . September . Kultur bildet: Mehr für Alle Projektionsfl äche Künstlern Kreativwirtschaft: Keine Angst Im Fokus der nächsten Ausgabe oder Früher war gestern Erdoğan Barbara Haack im Gespräch mit der vor Experimenten steht das Thema »Kulturbauten des Carolin Ries 08 Reinhard Baumgarten 16 Galeristin Philomene Magers 23 Brigitte Zypries 32 Bundes«.a

Kulturmensch Zukunftssicherung Ines Pohl Künstlersozialversicherung Hervorragende Journalistin mit kla- pondentin für die Mediengruppe ren Prinzipien, einem Hang zu den Ippen nach Berlin. Bereits ein Jahr Ergebnisse der aktuellen der korrekten Abführung der Künst- des Bundeszuschusses in der nächsten USA und einem gelegentlich umstrit- später wurde sie Chefredakteurin der Zukunftskonferenz lersozialabgabe zu einer Routine für Legislaturperiode für möglich hält. tenen Führungsstil – so könnte man taz – erst allein und dann ab  die Deutsche Rentenversicherung und Neben diesen Erfolgsmeldungen Ines Pohl in Kürze beschreiben. Doch gemeinsam mit Andreas Rüttenauer GABRIELE SCHULZ auch für die abgabepfl ichtigen Unter- spielte bei der Zukunftskonferenz über die Ausnahmejournalistin gibt in einer Doppelspitze. In ihre Zeit nehmen. Die Künstlersozialkasse, die Künstlersozialversicherung die Ab- es noch viel mehr zu berichten: Ines bei der taz fi elen die Neugestaltung m . Juni  führte das Bun- seit  wieder ein eigenes Prüfrecht grenzung abhängiger Beschäftigung Pohl begann neben dem Studium der Wochenendausgabe und der desministerium für Arbeit und hat – das vorherige wurde  abge- und freiberuflicher Tätigkeit eine der Germanistik und Skandinavis- Start eines freiwilligen Online- A Soziales die Zukunftskonfe- schaff t – kann sich in ihren Prüfungen wichtige Rolle. Viele Versicherte sind tik in Göttingen mit dem Schreiben. Bezahl modells. Im Juli  wurde renz Künstlersozialversicherung durch. auf einzelne Wirtschaftszweige und mal angestellt, mal freiberufl ich tätig. Im Anschluss absolvierte sie ein bekannt, dass Pohl von der taz zur Ausgangspunkt dieser Konferenz war Unternehmenstypen konzentrieren. Wie dieser Veränderung der Beschäfti- Volontariat bei der Hessischen/Nie- Deutschen Welle wechselt. Aktu- die Überlegung zu einem Zeitpunkt, an Sie ist näher am Geschehen des Kul- gungsformen Rechnung getragen wer- dersächsischen Allgemeinen. Der ell berichtet sie aus dem Studio in dem die Künstlersozialversicherung tur- und Medienbereiches und kann den kann, ist ebenso eine Zukunftsfra- Regionalzeitung blieb sie zehn Jahre Washington über die US-Präsident- nicht in Gefahr steht, sich Gedanken insbesondere mit Blick auf neue Ver- ge wie die nach dem Strukturwandel lang treu – mit einer Unterbrechung: schaftswahl. über die Zukunft zu machen und vor wertungsstrukturen wichtige Arbeit in Teilen des Kultur- und Medienberei- / rief die US-amerikanische Ab März  übernimmt Pohl die allem auszuloten, welchen Verbesse- leisten. ches aufgrund der Digitalisierung. Das »Ivy League«-Universität Harvard, an Chefredaktion des deutschen Aus- rungsbedarf es gibt. Bundessozialministerin Nahles Bundesministerium für Arbeit und So- der Pohl ein Jahr als Stipendiatin der landssenders. Man darf sehr gespannt Bundesarbeitsministerin Andrea antwortete während der Zukunfts- ziales will die Zukunftskonferenz nut- »Nieman Foundation for Journalism« sein, was dann Hervorra gendes folgen Nahles, MdB verkündete in ihrer Rede konferenz Künstlersozialversiche- zen, um möglichen Handlungsbedarf verbrachte.  ging sie als Korres- wird. gleich einen Erfolg: Das Anfang die- rung unmittelbar Olaf Zimmermann, für die nächste Wahlperiode ( bis ser Legislaturperiode verabschiedete Geschäftsführer des Deutschen Kul- ) zu identifi zieren. Auch der Deut- Künstlersozialversicherungsstabili- turrates, der anmerkte, dass die Kul- sche Kulturrat wird die Ergebnisse dis- sierungsgesetz wirkt. Die Prüfungen turberufe sich gerade fundamental kutieren und hieraus möglicherweise der Deutschen Rentenversicherung bei veränderten. Immer mehr Mitglieder Forderungen entwickeln. Eine erste den Unternehmen führten zu einem der Künstlersozialversicherung ar- Debatte fand im Fachausschuss Arbeit starken Anstieg in der Zahl der abga- beiten im digitalen Kulturmarkt und und Soziales des Deutschen Kulturra- bepfl ichtigen Unternehmen und zu verkaufen ihre Produkte und Dienst- tes direkt am . Juni  statt. erheblichen Nachforderungen. Diese leistungen direkt, ohne Einschaltung Nachforderungen und die Verbreite- eines Vermittlers, an den Endkun- Gabriele Schulz ist Stellvertretende rung der Basis an abgabepfl ichtigen den. Damit verringert sich die Zahl Ge schäftsführerin des Deutschen Unternehmen führen dazu, dass der der abgabepfl ichtigen Unternehmen, Kulturrates Künstlersozialabgabesatz ab dem . Ja- die  Prozent der Gesamtkosten nuar  von derzeit , Prozent auf der Künstlersozialkasse stemmen. In dann , Prozent gesenkt werden kann. der Zukunft muss der Bund deshalb Hier zeigt sich, dass Abgabegerech- nach Ansicht von Zimmermann den tigkeit vor allem den Unternehmen Zuschuss erhöhen, um die Finanzie-

FOTO: DEUTSCHE WELLE DW WELLE DEUTSCHE FOTO: nutzt. Nach den Aufregungen im Jahr rungslücke zu schließen. Andrea Nah-  wird die regelmäßige Prüfung les kündigte an, dass sie eine Erhöhung Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  AKTUELLES 03

Beharrlichkeit zahlt sich aus Kulturgutschutzgesetz im Deutschen verabschiedet

OLAF ZIMMERMANN UND als eine Ausnahme. Grütters sieht die Redebeitrags, dass der Gemeinwohlge- zen also Regierungs- und Oppositions- Schreckgespenst der Enteignung von GABRIELE SCHULZ Chancen des neuen Kulturgutschutzge- danke handlungsleitend für ihn im ge- fraktionen die neuen Vorschriften sehr Sammlern an die Wand gemalt und vor setzes darin, dass der Begriff des nati- samten Beratungsprozess war. Es geht unterschiedlich ein. Heveling betonte, Belastungen des Kunsthandels gewarnt. eharrlich waren alle Mitspieler onal wertvollen Kulturgutes präzisiert gerade beim Kulturgutschutz nicht um dass die Anliegen des Handels und von Die Praxis zeigte, dass von Enteignun- bei der Novellierung des Kul- wurde, was insbesondere für Sammler Partikularinteressen, sondern um das Sammlern im Gesetzgebungsprozess gen nicht die Rede sein konnte, sondern turgutschutzgesetzes: Kul- bedeutsam ist. Die Sachverständigen- Gemeinwohl. aufgenommen wurden. Hierzu gehören das Instrument der Unterschutzstel- B turstaatsministerin Monika ausschüsse, welche beurteilen, ob ein Ulle Schauws, MdB (Bündnis /Die die Möglichkeit, einen Negativattest lung sehr sorgsam angewandt wurde. Grütters, MdB (CDU) und die Mitarbei- Werk als Kulturgut vor Abwanderung Grünen) betonte in der Bundestagsde- einholen zu können, und die Regelun- Auch der Kunsthandel konnte sich in ter ihres Hauses, die am Ziel festhiel- in das Ausland geschützt werden soll, batte, dass der Schutz der kulturellen gen zum Laissez-passer. Deutschland entwickeln. In diesem ten, ein neues Kulturgutschutzgesetz werden gestärkt und ihre Arbeit wird Vielfalt ein zentrales kulturpolitisches , MdB (SPD) ging in Sinne ist ihres Erachtens das neue zu schaff en, das die Ein- und Ausfuhr transparenter. In diesen Ausschüssen Ziel ist. Dazu gehören ihres Erachtens ihrem Redebeitrag auf den illegalen Kulturgutschutzgesetz vor allem eine von Kulturgut umfassend regelt und arbeiten Vertreter beispielsweise aus erforderliche Schutzmaßnahmen im Handel mit Kulturgut ein und schildert, Weiterentwicklung und Anpassung dabei unzählige Gespräche führten und Museen, der Wissenschaft und dem Rahmen der TTIP-Verhandlungen dass davon keineswegs nur die Staaten bestehender Vorschriften an aktuelle Überzeugungsarbeit leisteten; die Geg- Handel zusammen. Private Leihgeber genauso wie der Schutz des Kultur- Erfordernisse. ner des neuen Kulturgutschutzgesetzes von Kunstwerken an Museen können gutes bei Ein- und Ausfuhr. Schauws Martin Dörmann, MdB (SPD), der fuhren immer wieder neue Geschütze von der Unterschutzstellung von Kul- bedauerte, dass Ängste und Sorgen im letzte Redner in dieser Debatte, knüpfte auf und versuchten, insbesondere die turgut in Museen, wenn sie es wol- Verlauf des Diskussionsprozesses nicht Ein positives Beispiel an die Eingangsrede von Kulturstaats- Öff entlichkeit für ihre Anliegen zu ge- len, profi tieren und hätten bei einem ganz ausgeräumt wurden, was sie auf von Demokratie, die ministerin Grütters an und unterstrich winnen; die Vertreter von Museen und möglichen Verlust einen für  Jahre ein schlechtes Krisenmanagement der beharrlich für das ebenfalls, dass Kulturgüter einen Dop- Forschungseinrichtungen, die für einen geltenden Rückgabeanspruch. Der Regierung zurückführt. So hätte auch pelcharakter haben. Sie sind Ware und umfassenden Kulturgutschutz warben; Leihverkehr unter Museen wird durch sie sich einen institutionalisierten Gemeinwohl eintritt haben zugleich einen immateriellen die Politiker, die nachfragten, sich in- eine allgemeine für fünf Jahre geltende Verständigungsprozess zum Begriff Wert. Diesem Doppelcharakter muss- formierten und immer wieder neu das Genehmigung erleichtert, was wieder- des national wertvollen Kulturgutes te man bei der Reform gerecht werden. Gespräch suchten. um die Verwaltung der Länder entlastet. gewünscht. Jetzt kommt den Sachver- im Mittleren und Nahen Osten betrof- Dörmann hob die Ankaufsoption des Auch der Deutsche Kulturrat hat Ob diese Entlastung tatsächlich zutriff t, ständigenausschüssen eine besondere fen sind, sondern ebenso lateiname- Staates bei national wertvollem, iden- sich umfänglich in die Diskussion ein- soll, so Grütters, nach einigen Jahren Bedeutung zu. Ausdrücklich gelobt rikanische Staaten. Der organisierten titätsstiftendem Kulturgut hervor, bei gebracht. Er hat drei Stellungnahmen evaluiert werden. wurde von Schauws die Ausweitung Kriminalität im Handel mit Kulturgut der allerdings die steuerrechtlichen vorgelegt und seine Expertise bei den Sigrid Hupach, MdB (Die Linke) un- der Sorgfaltspfl ichten beim Inverkehr- muss das Handwerk gelegt werden. Es Vorteile bei der Pfl ege von Kulturgut öff entlichen Anhörungen zum Gesetz terstrich in der Debatte im Deutschen bringen von Kulturgut. Als besonders gilt, den seriösen Handel zu stärken berücksichtigt werden müssen. im Deutschen Bundestag und im Land- Bundestag, dass Die Linke das Vorhaben wichtig erachtet sie das Unterbinden und den Käufern Rechtssicherheit zu Die Bundestagsdebatte zeigte, dass tag Nordrhein-Westfalen eingebracht. unterstützt, sich aber in den Beratun- des illegalen Handels mit Kulturgut. geben. Damit der illegale Handel wirk- sich die Abgeordneten im vergangenen Außerdem legte der Deutsche Kultur- gen mehr Respekt vor der Opposition Deutschland darf, so Schauws, kein sam unterbunden wird, muss es neben Jahr intensiv mit dem Kulturgutschutz rat das Buch »Altes Zeug – Beiträge gewünscht hätte. So erreichten die um- Umschlagplatz für Antiken sein. gesetzlichen Vorgaben auch darum auseinandergesetzt und die Diskussion zur Diskussion zum nachhaltigen Kul- fänglichen Änderungsvorschläge die , MdB (CDU) un- gehen, das Bundeskriminalamt und mit den verschiedenen Akteuren ge- turgutschutz« vor, das die Diskussion Abgeordneten der Opposition erst am terstrich, dass es sich beim Schutz von den Zoll in die Lage zu versetzen die sucht und geführt haben. Ein besonders zum Kulturgutschutzgesetz in einen Abend vor der Beratung im Kulturaus- Kulturgut nicht um einen deutschen Einfuhrkontrollen eff ektiv und sachge- positives Beispiel von Demokratie, die größeren Rahmen einordnet. schuss, sodass eine intensive Auseinan- Alleingang handelt, sondern um ein recht durchzuführen. Hierfür sind un- eben auch von beharrlichem Eintreten Diese Beharrlichkeit hat sich gelohnt. dersetzung mit den Änderungen kaum Anliegen, dass von  Staaten verfolgt ter anderem Investitionen in Aus- und für das Gemeinwohl lebt. Schon der offi zielle Referentenentwurf möglich war. Auch hätte sie einen inter- wird, die Gesetze zum Abwanderungs- Weiterbildung vonnöten. unterschied sich deutlich vom nicht au- fraktionellen Entwurf für wünschens- schutz haben. Dazu gehört auch, dass , MdB (CSU) Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer torisierten ersten Entwurf, der im letz- wert gehalten, da letztlich alle Frakti- im Kulturgutschutzgesetz seines Er- zog eine Parallele zu den Beratungen des Deutschen Kulturrates. Gabriele ten Sommer die Gemüter erhitzte. Der onen im Deutschen Bundestag hinter achtens erstmals national wertvolles zum Kulturgutschutzgesetz aus dem Schulz ist Stellvertretende Geschäfts- Referentenentwurf wurde schließlich diesem Vorhaben stehen. Hupach lobt, Kulturgut defi niert wird. Hier schät- Jahr . Auch seinerzeit wurde das führerin des Deutschen Kulturrates zum Regierungsentwurf weiterentwi- die Klarstellungen zum paläontologi- ckelt, in dem viele der vorgetragenen schen Kulturgut. Ebenso unterstützt Bedenken und Sorgen aufgenommen sie den Vorschlag einer Ankaufsopti- waren. Im Deutschen Bundestag stand on von national wertvollem Kultur- schließlich am . Juni  die Be- gut, das ins Ausland verkauft werden schlussempfehlung des Ausschusses soll. Wenngleich ihres Erachtens im für Kultur und Medien zur Abstimmung, nächsten Schritt die erforderlichen die ihrerseits auf  Seiten eine Vielzahl Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt von Änderungen zum Regierungsent- werden müssen. Die Vorschriften zum wurf enthält. Herausgekommen ist ein NS-verfolgungsbedingt entzogenen gelungenes Gesetz! Kulturgut sind ihrer Meinung nach besonders wichtig und richtig. Lobend wird von Hupach die Wertgrenze von null Euro beim Inverkehrbringen von Kultur hat zwar archäologischem Kulturgut hervorge- hoben. Insgesamt hätte sie es für richtig ihren Preis, hat erachtet, dass in Deutschland die we- aber ebenso auch sentlich strengeren EU-Wertgrenzen ihren Wert für Kulturgut umgesetzt würden, um eine Angleichung in der EU zu errei- chen. Vertan wurde ihres Erachtens die Chance einer öff entlichen Debatte zum Beharrlich wurde also an einem neuen Begriff des national wertvollen, identi- Kulturgutschutzgesetz gearbeitet und tätsstiftenden Kulturgutes. jetzt ist nur noch die letzte Hürde, der Siegmund Ehrmann, MdB (SPD) Bundesrat, zu nehmen. erinnerte in der Debatte eingangs an In der Beratung im Deutschen Walter Benjamin, der die Einzigartigkeit Bundestag beschrieb Kulturstaats- von Kunstwerken in den Zusammen- ministerin Monika Grütters den Weg hang von Traditionen eingebettet sah, zum neuen Kulturgutschutzgesetz als die erst hierdurch Authentizität erlangt zwar steil und steinig, aber zu einem haben. Weiter griff er den Gedanken- guten Ende führend. Die Novellierung gang Wolfgang Thierses auf, dass es ge- des Kulturgutschutzes hatten sich die rade heute besonders wichtig ist, sich Regierungsparteien im Koalitionsver- über Gemeinsamkeiten zu verständi- trag vorgenommen und nun umge- gen und dass hierzu auch die Ausein- setzt. Handlungsleitend war dabei für andersetzung mit der künstlerischen sie, dass Kultur zwar ihren Preis, aber Hinterlassenschaft vergangener Gene- ebenso auch ihren Wert hat. Daraus rationen gehört, die identitätsstiftend folgt, so Grütters, der Respekt vor dem sein kann. Auch Ehrmann betonte, wie Kulturgut und der kulturellen Identität wichtig es ist, die Einfuhr von Kulturgut ZEIT FÜR anderer Staaten, deren Kulturgut nicht klarer zu regeln. Viele Gespräche mit ohne ausdrückliche Genehmigung nach Botschaftern aus südamerikanischen, Deutschland eingeführt werden kann, asiatischen und arabischen Staaten HÖRSPIELE aber auch, dass Deutschland genauso haben ihn bestärkt, wie bedeutsam verpfl ichtet ist, sein eigenes national durchsetzungsstarke Einfuhrregeln bedeutendes und identitätsstiftendes sind. In gleichem Maße wie das Kul- WDR 3 IST KULTUR Kulturgut vor der Abwanderung in das turgut anderer Staaten durch strenge UND HÖRSPIELKULTUR HAT EINEN FESTEN TERMIN: Ausland zu schützen. In  Staaten Einfuhrregeln geschützt werden muss, gibt es Gesetze zum Schutz von Kul- darf auch das eigene nationale bedeut- 19.05 UHR IST HÖRSPIELZEIT turgut. Dieser Schutz des Kulturgutes same Kulturgut nicht abwandern. Ehr- ist eher eine Selbstverständlichkeit mann unterstrich zum Schluss seines 04 LANDESKULTURPOLITIK www.politikundkultur.net

Solidarische Kulturfinanzierung Sachsen: Kulturpolitik und es das Problem etwa im Kinder- und Ju- gearbeitet, ähnlich ist die Situation bei SACHSEN deren Zukunft gendtheaterbereich. Da bestehen tolle der Sächsischen Bläserphilharmonie Angebote. Aber niemand fi nanziert den Bad Lausick. Die Gegenwarts- und Zu- Bus, der die Kinder vom Land dort hin- kunftsfrage für Sodann heißt schlicht- Landeshauptstadt: Dresden SVEN SCHERZSCHADE bringen würde.« Wie sich sowas kultur- weg: Wie schaff en es Leute im Kultur- politisch konkret regeln lässt, überlegt bereich, von ihrer Arbeit zu leben? Es Gründung: 3. Oktober 1990 er Zwinger, das Gewandhaus, sich Aline Fiedler. Wirklich spruchrei- geht nicht um sozialromantisch ver- die Semperoper … Ohne fe Lösungen gibt es noch nicht, was – klärte »Hungerkünstler« oder »Bohe- Einwohner: 4,07 Millionen Zweifel ist Sachsen Kultur- nachgefragt nach Herausforderungen miens«, sondern um die ganz normale D staat! Dass Kultur Staatsziel der Zukunft – vollauf ok ist. Sie und die bürgerliche Existenz. Betroff en sind Fläche: 18.420,15 km² ist, steht in der Landesverfassung des CDU-Fraktion arbeiten sich momentan etwa Mitarbeiter im soziokulturellen Freistaates. Und dass man eine »Kul- an der Diskussion ab, ob das Thema Bereich oder sämtliche Lehrkräfte an Bevölkerungsdichte: 221 Einwohner pro km² tur der Weltoff enheit, Pluralität und kulturelle Bildung ins Kulturraumge- den Musikschulen und Museumspäda- Toleranz« als Voraussetzung für eine setz mit aufgenommen werden soll. In gogen. Mitunter sind die Menschen mit Regierungschef: (CDU) lebendige Kulturpolitik schaff t, steht im den letzten Jahren wurde viel über die freiberufl icher künstlerischer Haupttä- sogenannten Kultur-Kompass. Diesen weitreichende Bedeutung der kulturel- tigkeit gar nicht klar zu fassen. Von de- Regierende Parteien: CDU und SPD Wegweiser für die Kulturentwicklung len Bildung debattiert und ohne be- nen, die aus ökonomischen Gründen zur in Sachsen hatte das Staatsministeri- sondere gesetzliche Reglementierung nebenberufl ichen Tätigkeit gezwungen Nächste Wahl: Sommer 2019 um für Wissenschaft und Kunst  haben auch viele Kulturinstitutionen sind ganz zu schweigen. Da bilden die herausgegeben, damals auf Anregung oder Gruppierungen bereits von sich Mitarbeiter an Theatern und Orches- Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst: der Bundestags-Enquete-Kommission aus Angebote dazu ins Leben gerufen. tern eine regelrecht homogene und gut Eva-Maria Stange (SPD) »Kultur in Deutschland«. Ohne Zweifel Fiedler: »Wir haben in der Fraktion defi nierte Gruppe. ist Sachsen aber vor allem ein Kultur- noch keine abschließende Meinung »Wir müssen raus aus den Hausta- Öff entliche Ausgaben für Kultur: , Millionen Euro/Jahr staat, der neben seinen beispielsweise dazu. Ich persönlich hätte eine große rifverträgen«, sagt Sodann. »Allein um eingangs genannten Leuchttürmen Sympathie dafür, so eine Formulierung die Theater und Orchester in den länd- Kulturausgaben je Einwohner: , Euro/Jahr eben auch die Fläche im Blick hat. für die kulturelle Bildung im Kultur- lichen Räumen aus den Haustarifverträ- »Wir sind ja gesegnet mit dem Kul- raumgesetz mit aufzunehmen.« gen herauszubekommen, bräuchte es Kommunalisierungsgrad: 47,8 % turraumgesetz«, stellt Franz Sodann, Bei der Linksfraktion sieht Franz So- einen Aufwuchs von mindestens neun kulturpolitischer Sprecher der Links- dann mit gewisser Sorge in die Zukunft. bis zwölf Millionen Euro.« Dann könn- fraktion im Sächsischen Landtag, Für ihn besteht dringender Handlungs- ten Schauspieler, Tänzer und Musiker die Kulturräume alles Mögliche rein- fi nanziell »gerettet« ist. Aber als Bedin- grundsätzlich fest. Das Kulturraum- bedarf. Status Quo und Realität der wieder nach Tarif bezahlt werden. Die gefrachtet worden, was zu kulturellen gung muss nun jenes Heimatmuseum gesetz stellt sicher, dass der Freistaat kulturellen Infrastruktur im Freistaat von Sodann genannte Summe ist im Verzerrungen führt. »In den städtischen irgendwie inhaltlich erweitert werden, auch die »ländlichen Kulturräume« mit bewertet er zum Großteil mit Blick auf Kulturbereich viel Geld. Bezogen auf Kulturräumen wirkt sich das nicht so um zur regionalen Bedeutsamkeit zu Kulturförderung versorgt und tatsäch- den Arbeitsmarkt Kultur. Sodann: »Ja, den Gesamthaushalt ist sie allerdings sehr aus. Die Millionen kommen dort gelangen. Umgekehrt wollen natürlich lich konnte nach der Wende durch das die Kulturraummittel wurden unlängst ein Klacks. Die derzeitigen Kulturraum- an, verschwinden im Stadthaushalt viele kleine Kultureinrichtungen, um Kulturraumgesetz vieles erhalten und erhöht. Davor gab es aber jahrelang mittel machen , Prozent des sächsi- und werden im Kulturetat wieder aus- zu »überleben«, gerne ran an die KRG- gerettet werden. Seit  ist das Ge- nichts! Das bleibt alles hinter den allge- schen Haushalts aus. geschüttet.« Anders sei es hingegen in Mittel und jene vermeintliche »regi- setz nun landespolitisch entfristet. Es meinen Tarifsteigerungen weit zurück«. Doch neben den quantitativen Kri- den ländlichen Regionen. Die Vertei- onale Bedeutsamkeit« – was und wie gilt sozusagen »für alle Zukunft« und Sodann argumentiert wie ein gewerk- tikpunkten am lieben Geld, sieht der in lung der KRG-Gelder verläuft wie folgt: weitreichend auch immer das sein mag wenn man von kulturpolitischen Her- – erlangen. Kurzum: Sodann sieht die ausforderungen im Freistaat Sachsen Gefahr, dass die Kulturräume überlas- sprechen will, dreht sich früher oder tet werden: »Man fi nanziert nicht nur später eigentlich alles um dieses soli- Theater und Orchester über diese Mit- darische Prinzip der Kulturraumfi nan- tel, sondern auch Museen, Bibliotheken, zierung. Franz Sodann hat beim Blick in soziokulturelle Zentren, Musikschulen die Zukunft berechtigte, weitblickende und zum Teil auch zoologische Gärten. Sorge, was das Kulturraumgesetz, kurz Dafür ist das Geld wirklich zu wenig.« KRG, anbelangt. Doch fairerweise muss Darüber hinaus wirkt das Kulturraum- man sich zunächst einmal die Vorzüge gesetz langfristig deregulierend, denn vergegenwärtigen, die mit dem kul- wie gesagt, die Kulturräume sind in der turpolitischen Kurs der Kulturräume Entscheidung, was sie mit dem Geld an- einhergehen. stellen, autark. Damit sind sie aber auch Weil nichts auf ewig hält, wurde alleine, wenn nicht gar allein gelassen. beim Kulturraumgesetz eine verpfl ich- Sodann: »Ein Landesentwicklungskon- tende Evaluierung festgeschrieben, die zept Kultur wird nicht gewollt. Jedoch im Turnus von sieben Jahren zu erfol- sehen wir großen Bedarf an einer lan- gen hat. Eine solche Evaluierung ist vor desweiten kulturpolitischen Diskussi- Kurzem erst abgeschlossen worden und on über die Zukunft der sächsischen in den Fraktionen werden derzeit die Kunst und Kultur.« Denn trotz »Staats- Ergebnisse dieser Bewertung disku- ziel Kultur« in der Verfassung gibt die tiert. Mehr Geld… das zumindest er- Landespolitik durch das Solidarmodell scheint parteiübergreifend einhellig. vermehrt direkte Kulturfördermöglich- »Im Koalitionsvertrag haben wir dazu keiten ab. Sachsens kulturpolitische schon Aussagen gemacht. Die Summe Herausforderung bleibt auch in Zukunft muss erhöht werden«, sagt Aline Fied- etwas komplizierter. ler, Sprecherin für Wissenschaft, Kul- tur und Medien der CDU-Fraktion im Sven Scherz-Schade ist freier Landtag. Derzeit stehen , Millionen Journalist in Karlsruhe und arbeitet Euro zur Verfügung. Davon bekommen unter anderem zu den Themen Kultur etwas mehr als die Hälfte die urba- und Kulturpolitik für den Hörfunk nen Zentren, also Leipzig, Chemnitz SWR  und Dresden, die andere Hälfte wird auf die fünf ländlichen Kulturräume ausgeschüttet. Dies sind Vogtland- Zwickau, Erzgebirge-Mittelsachsen, LANDESKULTUR Leipziger Raum, Meißen-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Oberlausitz- POLITIK Niederschlesien. Die letzte Erhöhung

der KRG-Mittel fand im Doppelhaushalt KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: Diese Reihe beleuchtet die aktu- / statt, damals um fünf Millio- elle Landeskulturpolitik. In acht nen Euro. Und Aline Fiedler verweist schaftlicher Verfechter des Mottos: Eine die Kulturpolitik gewechselte Schau- Der ländliche Kulturraum, der aus je Ausgaben nehmen wir jeweils die stolz darauf, dass nun abermals weitere zukunftsfähige Kulturlandschaft muss spieler Franz Sodann bei allen Vor- zwei Landkreisen besteht, erhält seine Kulturpolitik zweier Länder genau- drei Millionen Euro anvisiert seien. So auch faire Arbeitsverhältnisse, faire teilen des Kulturraumgesetzes auch Landeszuweisung über die KRG-Mittel. er unter die Lupe. Die angegebenen gesehen: Die Zeichen stehen gut. Aber Löhne und Honorare bieten. »Die Tarife qualitative Mängel. Das wiederum ist Jeder Landkreis muss zudem eine Kul- Zahlen stammen aus Gründen der stehen sie auch gut genug, wenn man des Öff entlichen Dienstes sind in den politisch schwierig zu vermitteln und turumlage bezahlen, die in die Kultur- Vergleichbarkeit aus dem Kulturfi - an die längerfristige Zukunft denkt? letzten zehn Jahren um  Prozent ge- zu erklären. Aber es gibt sie, die negati- kasse einfl ießt. Es gilt: Nur Anliegen nanzbericht . Aktuelle Zahlen Aline Fiedler geht die Frage recht stiegen«, sagt er. »Ich will da überhaupt ven Wirkungen des Kulturraumgesetzes. von regionaler Bedeutsamkeit dürfen aus den Bundesländern können da- pragmatisch an und verweist auf das nicht meckern, die sollen das haben! Franz Sodann fasst das so zusammen: über das KRG gefördert werden. »Es gibt von abweichen. Stichwort »Mobilität«. Die Möglichkei- Aber die meisten Theater in der Fläche »Die Staatsregierung nimmt sich zu aber keine Defi nition zur regionalen In den letzten Ausgaben haben wir ten, die Menschen aus der Fläche, das arbeiten mit Haustarifverträgen und sehr aus der Verantwortung.« Und Bedeutsamkeit«, sagt Franz Sodann bereits Baden-Württemberg, NRW, Publikum zum Beispiel via Theaterbus fallen davon weit, weit ab.« Im Kultur- dann erklärt er seinen Gedankengang: und gibt ein Beispiel. Eine Kommu- Thüringen, Schleswig-Holstein, Bran- zu den Spielstätten zu bringen, seien raum Leipziger Land beispielsweise gibt Die Kulturräume genießen große Au- ne kann oder will seine Heimatstube, denburg, , , Sachsen- in Sachsen längst nicht ausgeschöpft. es das Leipziger Symphonieorchester tonomie, das heißt, sie dürfen mit den sprich sein Museum zur Ortsgeschichte, Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Oder umgekehrt, dass Ensembles mehr Böhlen, das seit  keine Steigerung ihnen zugewiesenen Mitteln in der Kul- nicht mehr fi nanzieren. Deshalb greift Berlin, Niedersachsen und Bayern Gastspielvorstellungen in der unmittel- erhalten hat, dort wird momentan bei turförderung machen, was sie wollen. es zu Mitteln aus dem Kulturraumtopf. vorgestellt. In der nächsten Ausgabe: baren Region geben. Fiedler: »Oft gibt  Prozent unter Tarif, das wäre TVK D, In den letzten Jahren sei nun aber in Prinzipiell ist das gut, weil das Museum Hessen und Rheinland-Pfalz. Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  LANDESKULTURPOLITIK 05

Die Tücken des Leuchtturms Kultur und Kulturpolitik in Hamburg – auch jenseits der Elbphilharmonie

PETER GRABOWSKI Verkauf und die nun begonnene Sanie- weit vor den großen, mitunter absurd rung des Gängeviertels – übrigens in wirkenden Kostensteigerungen argu- HAMBURG urze Frage: Wann haben Sie direkter Nähe zur Staatsoper. Auch um mentiert, dass hier mehr entstehe als eigentlich das letzte Mal was den mittlerweile vollzogenen Abriss der ein Konzerthaus und damit vor allem Gründung: seit 1949 reguläres Bundesland K von der Hamburger Staatsoper »Esso«-Häuser im Eingangsbereich ein Bau für eine materiell und/oder gehört? Ja, das dachte ich mir. Schade, geistig robust ausgestattete Klientel. Einwohner: ca. 1,8 Millionen eigentlich, denn da zeigen große Künst- Stattdessen spielten Regierungschef ler echte Spitzenleistungen: Eben erst Es gibt viele Kultur- Ole van Beust und die damalige Kul- Fläche: 755,22 km² hat Christof Loy eine umjubelte »Daph- räume mit hohem tursenatorin Karin von Welck in der ne« inszeniert und Kent Nagano die le- Legitimierungsdebatte quasi die »Syd- Bevölkerungsdichte: ca. 2.355 Einwohner pro km² gendäre er-Everding-Inszenierung Identifi kations- ney-Karte«: So wie das weltberühmte der »Elektra« dirigiert. Die Balletttage potenzial für die Opernhaus des dänischen Architekten Regierungschef: (SPD) Anfang Juli waren wieder weitgehend Bevölkerung Jørn Utzon zu einem global bekannten ausverkauft; die Compagnie von Kyoto- und unverwechselbaren Symbol für die Regierende Parteien: SPD und Bündnis 90/Die Grünen Preisträger John Neumeier zählt zu den australische Hafen-Metropole gewor- besten der Welt. Sankt Paulis gab es heftige Debatten, den sei, so werde auch die Elbphilhar- Nächste Wahl: Jahresanfang 2030 Trotzdem ist die Staatsoper nicht nur so wie ganz aktuell wieder um das monie der Millionenstadt Hamburg ein außerhalb Hamburgs eher selten ein Hochhausensemble City-Höfe aus den völlig neues Gesicht in der Welt geben. Senatorin für Kultur: Barbara Kisseler (parteilos) Thema, auch in kulturaffi nen Kreisen. er Jahren, das unmittelbar südlich Man kann schon jetzt, rund ein An der Qualität des Hauses liegt das des Hauptbahnhofes liegt. halbes Jahr vor der Eröff nung sagen: Öff entliche Ausgaben für Kultur: 263,4 Millionen Euro/Jahr* nicht, obwohl die zehnjährige Inten- Diese prominenten Orte der Han- Mission completed! Der markante Bau danz von Simone Young bis  keine sestadt werden zumindest von einem nach dem Entwurf des Schweizer Büros Kulturausgaben je Einwohner: 153,31 Euro/Jahr* durchweg strahlende Erfolgsgeschichte Teil der Bevölkerung als städtische Herzog & de Meuron hat alle Charak- war. Und obwohl das Weltklasse-Duo Kulturräume mit starkem Identifi ka- teristika eines echten Wahrzeichens. Kommunalisierungsgrad: Nicht erhebbar Kent Nagano/Georges Delnon auf dem tionspotential empfunden. Deswegen Er erinnert optisch sowohl an eine dicksten Operntanker des Nordens seit berührt der Umgang mit ihnen immer Schiff ssilhouette, als auch an eine Wel- * in  laut Kulturfi nanzbericht  dem vergangenen Jahr noch mal richtig auch kulturpolitische Aspekte; umso lenformation. Gestalterisch geschieht klar Schiff macht, wird auch der Kurs mehr, wenn es sich um Institutionen der das sogar eher andeutungsweise und dieser beiden erfahrenen Steuermänner alternativen oder Gegen-Kultur han- gleichzeitig doch so markant, dass sich fentlichen Hand ist schon vor Inbetrieb- im Mai fand zwar unter großer Anteil- künstlerisch wie organisatorisch zu- delt. Doch weder sie noch die an ihrer die Bildidee viel stärker einprägt als die nahme, also vor der Erfüllung seiner nahme des Feuilletons statt. Doch trotz nehmend von einem Ereignis bestimmt, Stelle errichteten Gebäude sind über die tatsächliche Form. Zur Hohen Kunst eigentlichen Funktion, zu einem Wahr- eines ziemlich provokativen Interviews das einfach ALLE auf dem Radar haben, Stadtgrenzen hinaus bekannte optische der Architektur gehört, wirkmächtige zeichen geworden. Die Chancen stehen des scheidenden Museumschefs Huber- die in Hamburgs kulturellen Gewäs- Images oder gar echte Logos; wie die Images zu schaff en. Wenn das gelingt, gut, dass die Stadt es in absehbarer Zeit tus Gaßner samt raunender Warnung sern kreuzen: Die Eröff nung der Elb- vor dem Aussterben des Publikums, war philharmonie! Am . Oktober soll die der Widerhall eher von kurzer Dauer, offi zielle Abnahme des Gebäudes sein, auch in Hamburg selbst. nach insgesamt zehn Jahren Bauzeit. Der kulturpolitische Diskurs wird Für den . Januar  ist dann endlich dort nämlich sogar über die Elbphil- die Eröff nung des Hauses geplant. harmonie-Eröff nung hinaus mit dem Der weithin sichtbare, solitäre Bau Hafen beschäftigt sein. Dort wird be- auf einer Kaizungenspitze in der Ha- reits das Fundament für den nächs- fenCity ist zur Abwechslung tatsäch- ten Leuchtturm gelegt: Das Deutsche lich mal ein kultureller »Leuchtturm«. Hafenmuseum. Dafür holt man Ende Schon ob seiner schieren Größe – in des Jahres eigens den einst bei Blohm materieller, physischer und symboli- + Voss gebauten Viermaster Peking aus scher Hinsicht – überstrahlt das  New York zurück »nach Hause«. Meter hohe Gebäude alles andere in der Die Hansestadt selbst ist am Ha- Stadt weit und breit. Es wird am Ende fenmuseum übrigens nur mit  Milli- weit über  Millionen Euro gekos- onen Euro beteiligt – die weiteren  tet haben;  Millionen davon trägt Millionen steuert der Bund bei. Falls die einigermaßen klamme Kasse der das jemanden wundert: Es liegt an der Freien und Hansestadt Hamburg. Das berüchtigten Hamburg-Connection. ist mehr als das Zehnfache der  Milli- Dabei handelt es sich um die vermut- onen Euro, die Hamburgs Bürgerschaft lich einfl ussreichsten Kulturpolitiker  ursprünglich bewilligt hatte. Und im Deutschen Bundestag, abgesehen die große Frage lautet nicht erst jetzt: von Kulturstaatsministerin Monika Lohnt sich das – kann es sich überhaupt Grütters. Sie heißen Rüdiger Kruse, lohnen? Johannes Kahrs und . Die Bei dieser Frage geht es im Kern da- drei sitzen aber nicht im Kulturaus- rum, ob und wie kulturpolitische Ent- schuss des Parlaments, sondern sind scheidungen auch über den Rahmen die »kulturpolitischen Berichterstatter« hinaus wirken können, indem sie übli- ihrer Fraktionen im Haushaltsgremium. cherweise von Bedeutung sind. Vor der Das überparteiliche Trio von der Elbe Errichtung von Bauten mit kultureller hat deshalb nicht nur einen guten Zu- oder sogar im engeren Sinne künstleri- scher Nutzung, stellen Stadt- oder Lan- desregierungen in der Regel eine Form von Kosten-Nutzen-Betrachtung an, die Die Elbphilharmonie im wahren Sinne des Wortes das Unkal- hat alle Charakte- kulierbare zu berechnen versucht: (Wie) ristika eines echten Sind die hohen Ausgaben zu Lasten der Allgemeinheit für eine Einrichtung zu Wahrzeichens rechtfertigen, wenn diese vorhersehbar nur von einer Minderheit der Stadt- gesellschaft genutzt werden? Zumal gang zur Bundeskasse, sondern weiß diese Minderheit zahlenmäßig nicht aus langjähriger Erfahrung auch sehr

nur wirklich auff ällig klein ist, sondern KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: genau, wie man kulturpolitische Dick- gleichzeitig ebenso sichtbar in Teilen schiff e selbst bei schwerster See in den derart begütert, dass die Frage nach meisten Theater, Museen oder Biblio- erzeugen sie bereits nach kurzer Zeit ihrem Marken-Vorbild Sydney gleich- Hafen lotst. der Notwendigkeit einem regelrecht theken andernorts haben sie eine lokale ein viel nachdrücklicheres Bild im Kopf tut und mit der Elbphilharmonie in die Leuchttürme können bei solchen ins Gesicht springt. Funktion und sind im besten Falle für als die Wirklichkeit hergibt. Und das ob- Reihe echter Weltstadtlogos vorstößt: Manövern übrigens wirklich hilfreich In diesem Spannungsfeld kollidieren die unmittelbare Nachbarschaft oder wohl – oder gerade weil?! – diese Wirk- Eiff elturm, Golden Gate Bridge, Empire sein – jedenfalls solange man sich da- kulturpolitische Konzepte und Strate- den jeweiligen Kiez prägend. Die Stadt- lichkeit millionenfach von Besuchern State Building. rüber im Klaren ist, dass ihr bis an den gien ganz direkt mit Gerechtigkeitsfra- entwicklung als Ganzes bestimmen sie aus aller Welt im Bild festgehalten und Solch ein Coup bleibt nicht ohne Horizont strahlendes Licht dazu dient, gen der Stadtgesellschaft. In Hamburg selten, und schon gar nicht werden sie verbreitet wird. Folgen für die anderen Institutionen, um sie selbst einen großen Bogen zu war das in den vergangenen Jahren außerhalb Hamburgs von jederfrau oder Tatsächlich kann man sich nicht nur die darunter zunächst sogar eher zu machen. Kulturpolitiker sollten die sogar mehrfach Thema: Bei der lange -mann auf den ersten Blick mit der Stadt bei gutem Wetter täglich davon über- leiden haben. Staatsoper, Thalia The- »Leuchtturm«-Metapher deshalb nur Zeit im Raum stehenden kommerziel- identifi ziert oder gar als eine Art opti- zeugen, dass die Elbphilharmonie be- ater oder das Deutsches Schauspielhaus mit größter Sorgfalt bemühen. Schon so len Umnutzung des ewig besetzten al- sches Synonym verstanden. Das ist auch reits jetzt das meistfotografi erte Motiv stehen zurzeit im Schatten des neuen mancher ist dabei auf Grund gelaufen ternativen Kulturzentrums »Rote Flora« nicht nötig, muss aber für die langfris- jeder Hafenrundfahrt ist, wenn nicht Leuchtturms im Hafen. Die Wiederer- und hat seinem Vorzeigeprojekt so ein im Schanzenviertel zum Beispiel. Es en- tige Stadtentwicklung bedacht werden. gerade eine der Kreuzfahrt-»Queens« öff nung der aufwändigst umgebauten nasses Grab beschert. dete mit einem Rückkauf des Gebäudes Ganz anders die Elbphilharmonie. am Kai liegt. Damit ist Hamburg ein Kunsthalle mit ihren spektakulären durch die Stadt. Oder rund um den  Die damals noch CDU-geführte Stadt- wirklich seltenes Kunststück gelungen: Einzelräumen ikonischer Werke Caspar Peter Grabowski ist kulturpolitischer ebenfalls wieder rückgängig gemachten spitze hatte von Anfang an und noch Ein im Kern kultureller Neubau der öf- David Friedrichs oder Max Beckmanns Reporter 06 INLAND www.politikundkultur.net

Eine unverzichtbare Errungenschaft Gemeinsame Rechtewahrnehmung von Autoren und Verlegern fortsetzen

ROBERT STAATS begrüßen, dass sich der Deutsche Bun- eine eigene Verwertungsgesellschaft Gesetzliche Vergütungsansprüche Solidarisches Verhalten destag kurz nach Verkündung der BGH- oder eine unabhängige Verwertungs- gemeinsam durchsetzen ie gemeinsame kollektive Rech- Entscheidung in einer Entschließung einrichtung wahrnehmen lassen. Die Es geht in der allgemeinen Diskussion tewahrnehmung für Urheber vom . April  in aller Deutlichkeit Urheber sind dort außen vor, sie haben Neben der soeben erwähnten »Privatko- häufig unter: Der Verlegeranteil bei D und Verleger hat in Deutsch- für eine Verlegerbeteiligung an den ge- weder Einfl uss auf die Ausgestaltung pieschranke« gibt es noch eine Vielzahl der VG WORT kommt nach dem bishe- land eine lange Tradition. Derzeit sind setzlichen Vergütungsansprüchen und der neuen Geschäftsmodelle noch er- von weiteren Schrankenregelungen, die rigen Verteilungsplan einem erhebli- neben der VG WORT auch GEMA, VG für eine gemeinsame Rechtewahrneh- halten sie auf kollektiver Ebene etwas bestimmte Nutzungen gesetzlich erlau- chen Umfang sozialen und kulturel- Bild-Kunst und VG Musikedition für mung von Autoren und Verlagen aus- von der Vergütung. ben, gleichzeitig aber einen Vergütungs- len Zwecken zugute. Zum Beispiel bei beide Berufsgruppen tätig. Eine ge- gesprochen hat. Gleiches gilt für den anspruch vorsehen. Bei einigen von der Bibliothekstantieme für Ausleihen meinsame Rechtewahrnehmung gibt es Bundesrat, der sich bereits im Januar ihnen gehen individuelle vertragliche in wissenschaftlichen Bibliotheken: Der Kopiervergütung nicht gefährden aber auch in einer Vielzahl von anderen  entsprechend geäußert hatte oder Lizenzvereinbarungen zwischen Verlag Autorenanteil wird ausgeschüttet, der Mitgliedstaaten der EU, wie beispiels- für die Justizministerkonferenz, die An- Der mit großem Abstand wichtigste und Nutzer der Schrankenregelung vor. Verlegeranteil fl ießt dagegen komplett weise in Frankreich, Belgien, Spanien fang Juni  einen entsprechenden Vergütungsbereich der VG WORT ist Das ist beispielweise bei Intranetnut- in den Förderungsfonds Wissenschaft oder Österreich. Die älteste – echte – Beschluss gefasst hat. Die gemeinsame die Geräte- und Speichermedienver- zungen an Schulen und Hochschulen, der VG WORT und wird dort vor allem für Verwertungsgesellschaft der Welt, die Rechtewahrnehmung entspricht auch gütung (»Kopiervergütung«), die von der Nutzung von elektronischen Lese- Druckkostenzuschüsse verwendet. Zum französische SACEM, zählt seit ihrer weiterhin der Auff assung der Mitglie- den Herstellern und Importeuren von plätzen oder dem Kopienversand auf Beispiel bei der Presse-Kopiervergütung: Gründung im Jahr  Urheber und derversammlung der VG WORT. Sie hat Vervielfältigungsgeräten (z. B. Multi- Bestellung der Fall. Sollten die Verlage Der Verlegeranteil wird fast vollständig Verleger zu ihren Mitgliedern. am . Juni  mit großer Mehrheit fol- funktionsgeräte, Drucker, PC) dafür nicht mehr über die VG WORT an den an die Zeitungs- und Zeitschriftenver- Das Modell der gemeinsamen genden Appell an die Politik verabschie- bezahlt wird, dass bestimmte Verviel- gesetzlichen Vergütungen beteiligt bände BDZV und VDZ ausgeschüttet Rechtewahrnehmung wird durch die det: »Die Mitgliederversammlung der fältigungen gesetzlich erlaubt sind werden, ist zu erwarten, dass vermehrt und kommt dort journalistischen Aus- Entscheidungen des Europäischen Ge- VG WORT vom . Juni  appelliert (»Privatkopieschranke«). Sollten die individuelle Lizenzvereinbarungen mit bildungszwecken zugute. Z. B. beim richtshofs (EuGH) in der Sache Reprobel an die politisch Verantwortlichen, rasch Verleger nicht mehr über die VG WORT Nutzern abgeschlossen werden. Soweit Autorenversorgungswerk: Die Zuwei- gegen Hewlett Packard vom . Novem- und wirksam dafür zu sorgen, dass die an den Einnahmen aufgrund der Kopier- das der Fall ist, können keine gesetzli- sungen seitens der VG WORT werden ber  und des Bundesgerichtshofs bisherige Struktur der VG WORT, also vergütung partizipieren können, werden chen Vergütungsansprüche mehr über aus den gesamten Einnahmen fi nanziert. (BGH) in der Sache Vogel gegen VG die gemeinsame Rechtewahrnehmung, sie sich für einen eigenen – originären die VG WORT abgewickelt werden; eine Berechtigt zur Teilnahme am Autoren- WORT vom . April  unmittelbar weiterhin möglich bleibt. Beide Seiten, – Vergütungsanspruch einsetzen, wie Beteiligung der Urheber auf kollektiver versorgungswerk sind aber – wie der in Frage gestellt. Der BGH hat – unter Urheber und Verleger, sind entschlossen, auch immer er genau ausgestaltet sein Ebene ist damit ausgeschlossen. Name bereits sagt – nur Autoren. Zum Berufung auf die Rechtsprechung des den gegenwärtigen und kommenden mag. Und das aus guten Gründen. Ver- Beispiel beim Sozialfonds: Auch dieser EuGH – die bisherige pauschale Betei- Herausforderungen, z. B. der des digita- leger tragen maßgeblich dazu bei, dass Fonds wird aus den Gesamteinnahmen One-stop-shop ligung der Verleger an den Ausschüt- len Wandels, gemeinsam zu begegnen. Werke vervielfältigt werden können und gespeist, Unterstützung erhalten aber tungen der VG WORT für unwirksam er- Auch dafür ist eine ungeteilte Verwer- sie erleiden – nicht anders als Urheber Nutzer und Vergütungsschuldner sind vor allem in Not geratene Autoren. klärt. Zwar hat der C.H. Beck-Verlag ge- tungsgesellschaft Wort der beste Weg.« – einen Schaden durch die gesetzlich in aller Regel daran interessiert, bei Ge- gen das Urteil Verfassungsbeschwerde Insgesamt besteht damit innerhalb erlaubten Vervielfältigungen. Es kommt samtverträgen, Rahmenverträgen oder Gemeinsame Plattform eingelegt. Das ändert aber nichts daran, und außerhalb der VG WORT ein breiter hinzu, dass andere Verwerter, die wie Lizenzvereinbarungen mit möglichst dass es rechtskräftig ist und seitens der rechtspolitischer Konsens, die gemein- Tonträgerproduzenten und Filmherstel- wenigen Verwertungsgesellschaften Nicht zu unterschätzen ist auch, welche betroff enen Verwertungsgesellschaften same Rechtewahrnehmung fortzuset- ler über ein eigenes Leistungsschutz- zu verhandeln. Das erleichtert und Vorteile eine gemeinsame »Plattform« umgesetzt werden muss. zen. Und dafür gibt es sehr gute Gründe. recht verfügen, bereits seit langem beschleunigt Vertragsabschlüsse und VG WORT bietet. Hier sitzen Autoren Soweit die aktuelle Lage. Rechtspo- ganz selbstverständlich an der Ko- Tarifaufstellungen ganz erheblich. Ins- und Verlage in Gremien und Arbeits- litisch, mit Blick auf die Zukunft, stellt piervergütung partizipieren. Niemand besondere ist so sichergestellt, dass für gruppen zusammen und es gibt stets die Neue Lizenzierungsmodelle sich die Situation etwas anders dar. Die wird es deshalb auf Dauer den Verlegern Werknutzungen in einem bestimmten Gelegenheit, das eine oder andere Prob- ermöglichen Beteiligung – oder Nichtbeteiligung – verwehren können, auf der Grundlage Bereich intern abgestimmte Vergü- lem, das nichts mit der VG WORT zu tun von Verlegern an den Ausschüttungen Verwertungsgesellschaften werden in eines eigenen Vergütungsanspruches tungen geltend gemacht werden und haben muss, »am Rande« zu klären. Ein der Verwertungsgesellschaften ist nicht der digitalen Welt eine immer wichti- ebenfalls ein Stück vom Kuchen abzu- nicht unterschiedliche Verwertungs- erheblicher Pluspunkt ist auch die Kom- etwa »naturrechtlich« vorgegeben, son- gere Rolle spielen. Das ist so oft gesagt bekommen. Die große Frage aber ist, gesellschaften unterschiedlich hohe bination von Kreativen und Kaufl euten. Für die sehr positive Fortentwicklung der VG WORT in den letzten Jahrzehnten sind die ehrenamtlich tätigen Verleger in gleicher Weise verantwortlich wie die ehrenamtlich tätigen Autoren.

Historische Perspektive Ein Abschied von der gemeinsamen kollektiven Rechtewahrnehmung für Autoren und Verlage wäre eine Rück- kehr in die frühen fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals gab es bereits eine Autorenverwertungsgesell- schaft, die Gesellschaft zur Verwertung literarischer Urheberrechte (GELU). Diese scheiterte nicht zuletzt wegen der Auseinandersetzungen mit den Verlagen, die sich von der GELU nicht vertreten fühlten. Die damals gemach- ten Erfahrungen führten unmittelbar zu der Gründung der VG WORT, in deren Satzungspräambel es seit  heißt: »Die Entwicklung des Urheberrechts erfordert den Zusammenschluss der Wortautoren und ihrer Verleger zu einer Gesellschaft, die die Verwertungsmög- lichkeiten wahrnimmt. Der Einzelne kann insbesondere nicht mehr alle Nutzungen seiner Rechte überwachen DEYANGEORGIEV / PHOTOCASE.DE / DEYANGEORGIEV und die ihm zustehenden Erträgnis-

FOTO: se einziehen. Die dieser Gesellschaft Die kollektive Rechtewahrnehmung für Urheber und Verleger hat Tradition zu übertragenden Rechte werden als gemeinsame Rechte der Berechtigten verwaltet und die Einnahmen nach dern eine rechtspolitische Frage. Und worden, dass man es kaum noch hören ob der Kuchen durch einen neuen Ver- Vergütungssätze fordern. Sollten die einem festzulegenden Verfahren ver- eigentlich wollte der Gesetzgeber sie mag. Dennoch ist es richtig. Die immer legeranspruch wirklich größer wird. Verleger ihre Rechte durch eine eigene teilt (Verteilungsplan).« Es wäre eine bereits vor Jahren – und zwar zuguns- kleinteiligere Nutzung, die Vielzahl von Hier spricht einiges dafür, dass sich Verwertungsgesellschaft wahrnehmen rechtspolitische Tragödie, wenn diese ten einer Verlegerbeteiligung – klären. beteiligten Rechtsinhabern, die fehlen- die Vergütungsschuldner mit Nach- lassen, so steigt die Gefahr deutlich an, erfolgreiche und freiwillig gewählte Mit der Änderung des Paragrafen a den individuellen Kontrollmöglichkei- druck dagegen wehren werden, einen dass einvernehmliche Gesamtlösungen Gemeinschaft von Autoren und Verle- des Urheberrechtsgesetzes zum . Janu- ten: Das spricht alles für eine kollektive zusätzlichen Verlegeranteil zu bezah- schwieriger werden, der Rechtsweg be- gern nur deshalb scheitert, weil es nicht ar  wurde explizit das Ziel verfolgt, Rechtewahrnehmung. Was aber bedeu- len. Und das dürfte auch Auswirkungen schritten werden muss und neue Nut- gelingt, eine verlässliche rechtliche die pauschale Verlegerbeteiligung bei tet es konkret? Es bedeutet, dass den auf die Vergütung haben, die bisher an zungsformen blockiert werden. Ein in- Grundlage zu schaff en. Den Absichts- der VG WORT sicherzustellen. Das hat Verwertungsgesellschaften zunächst Urheber und sonstige Rechtsinhaber terner Interessenausgleich innerhalb ei- erklärungen der Politik, so sehr sie zu – wie wir heute wissen – nach Auff as- die erforderlichen Nutzungsrechte ein- gefl ossen ist. Langjährige gerichtliche ner Verwertungsgesellschaft ist deshalb begrüßen sind, müssen jetzt konkrete sung der Gerichte nicht funktioniert. geräumt werden müssen. Diese Rechte Auseinandersetzungen über die Höhe gerade aus Nutzersicht von großem Vor- gesetzgeberische Maßnahmen auf na- Aus Sicht der VG WORT, die sich auf die liegen im Textbereich in aller Regel bei der insgesamt zu zahlenden Vergütung, teil. Für die Berechtigten wiederum ist tionaler und europäischer Ebene folgen. gesetzliche Änderung verlassen hatte, den Verlegern. Fehlt es an einer ge- Einnahmeausfälle für lange Zeit und es wichtig, wenn Vergütungszahlungen ist dieses Ergebnis natürlich höchst meinsamen Verwertungsgesellschaft, eine Schwächung des gesamten Systems schnell geleistet werden und nicht erst Robert Staats ist geschäftsführendes problematisch. Es ist deshalb sehr zu so werden die Verleger die Rechte durch der Kopiervergütung sind zu befürchten. nach Jahren des »Durchprozessierens«. Vorst andsmitglied der VG WORT Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  INLAND 07

Manna versprochen, Graubrot gegeben

Künstlerverbände sind vom Verwerter zur Vermarktung ihrer Wer- Regierungskompromiss ke, Verwerter brauchen Urheber für zum Urhebervertragsrecht die Herstellung und Verwertung von Werken. Aufgrund dieses engen Ver- enttäuscht hältnisses ist aus Sicht des Deutschen Kulturrates besonderes »Fingerspitzen- GABRIELE SCHULZ gefühl« beim Gesetzgebungsprozess zum Urhebervertragsrecht von Nöten,

ie Regierungskoalition hat im um am Ende ein Ergebnis zu erreichen, = Koalitionsvertrag vereinbart, das bei den verschiedenen Beteiligten D das Urhebervertragsrecht zu Anerkennung fi ndet.« novellieren. Von Seiten der Künstler- Dieses angemahnte Fingerspitzen- verbände wurde schon lange darauf ge- gefühl vermissten die Verwerter beim INDEX.PHP?CURID drängt, das im Jahr  verabschiedete im Herbst  vorgelegten Referen- G/W/ Gesetz zu reformieren, da die Wirkung tenentwurf zur Novellierung des Urhe- weit hinter den Erwartungen zurück- bervertragsrechts. Als Problem wurde blieb. beschrieben, dass Branchenbesonder- Blicken wir als erstes zurück: Im Ko- heiten zu wenig Beachtung fi nden. Aus alitionsvertrag der ersten rot-grünen der Verlagswelt wurde unter anderem Koalition auf Bundesebene im Jahr das Rückrufrecht nach fünf Jahren  wurde die Stärkung der vertrag- scharf kritisiert und die Filmwirtschaft lichen Stellung von Urhebern und monierte die vorgesehenen umfangrei- ausübenden Künstlern versprochen. chen Auskunftsansprüche über Erlöse HTTPS://COMMONS.WIKIMEDIA.OR

Die damalige Justizministerin Herta aus der Verwertung der Werke. ., Däubler-Gmelin ließ sich von einem Und wieder einmal zeigte sich, dass Kreis von anerkannten Rechtswissen- die Erwartungen, die das Bundesminis- schaftlern beraten und der sogenannte terium der Justiz und für Verbraucher- Professorenentwurf kam auf den Tisch, schutz geschürt hatte, nicht zu erfüllen der klare Mechanismen zur Ermittlung waren. Die Verwerterverbände wurden

und vor allem Durchsetzung einer an- ihrerseits sowohl beim Bundeswirt- BYSA CC WERK, EIGENES

gemessenen Vergütung vorsah. Dieser schaftsminister , MdB   Entwurf fand viel Zuspruch bei Urhe- (SPD) und bei Kulturstaatsministerin bern und ausübenden Künstlern. Wie Monika Grütters MdB (CDU) vorstellig

kaum anders zu erwarten, bewerteten und trugen ihre Bedenken und Kritik BEEK FOTO: Verwerter künstlerischer Leistungen vor. In der Ressortabstimmung musste Hauptsitz des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in der Mohrenstraße in Berlin die vorgesehenen »Daumenschrauben« der Referentenentwurf spürbar Federn insbesondere bei der Streitschlichtung lassen und der von Bundesjustizminis- ren Hebel sitzt und letztlich einen Preis Dass das bestehende Recht so wenig Beratungen in den Ausschüssen noch anders. Sie liefen Sturm und im Laufe ter (SPD) vorgelegte Regie- diktiert, der oft unangemessen niedrig Erfolge zeigt, führt Winkelmeier-Becker am Gesetzesentwurf gefeilt werden harter Auseinandersetzungen musste rungsentwurf fi el deutlich abgewogener ist. Wir wollen also mit unserem Geset- auch auf die fehlende »Bereitschaft, muss. An die Adresse der Urheber rich- der »Professorenentwurf« immer mehr aus. Insbesondere die Regelungen zum zesvorhaben die Voraussetzungen dafür sich zu organisieren und Mitglied ei- tet er die Auff orderung, dass sie »sich Federn lassen. Das letztlich verabschie- Rückrufrecht, das heißt der Möglich- schaff en, dass wieder auf Augenhöhe nes Verbands zu werden« bei Künstlern in Zukunft stärker organisieren. Das ist dete Urhebervertragsrecht stellte beide keit, die Rechte zur Verwertung eines verhandelt werden kann« (Plenarproto- zurück. Indirekt werden damit kleine eine der wesentlichen Voraussetzungen Seiten, Urheber und Verwerter, nicht Werkes nach fünf Jahren zurückzurufen, koll des Deutschen Bundestages siehe branchenspezifi sche Zusammenschlüs- für das Funktionieren kollektiver Ver- zufrieden. Und gerade in den ersten sofern ein besseres Angebot vorliegt http://bit.ly/UhrOPo). Lange gab damit se kritisiert, denn als großen Fortschritt gütungsregelungen.« Stefan Heck, MdB, Jahren zeigten sich Fallstricke, die dazu und zum Auskunftsanspruch wurden den Ton für die parlamentarische Bera- wertet sie, dass die jeweils größten zuständiger Berichterstatter der CDU/ führten, das nur wenige gemeinsame deutlich abgeschwächt. Wie kaum an- tung vor und nannte einige Eckpfeiler Verbände allgemeine Vergütungsre- CSU-Bundestagsfraktion hebt ebenfalls Vergütungsregeln aufgestellt wurden. ders zu erwarten, ist die Enttäuschung des Gesetzes, so soll künftig ein Urheber geln abschließen können sollen, die auf die Vielgestaltigkeit und die unter- Die Enquete-Kommission des Deut- auf Urheberseite groß. Eine ausübende nach zehn Jahren sein Werk anderwei- auf kleinere Zusammenschlüsse über- schiedlichen Vertragsverhältnisse in der schen Bundestags »Kultur in Deutsch- Künstlerin führte beim Kultursalon der tig vermarkten können. Auch wird ein tragen werden können. Sehr deutlich Kulturbranche ab. Er sieht gleichfalls land« ( bis ,  bis ) sah CDU/CSU-Bundestagsfraktion »Unter Auskunftsanspruch verankert, wenn kritisiert sie den öff entlich-rechtlichen Handlungsbedarf zur Stärkung der Posi- die Probleme und führte eine Anhörung der Kuppel« wortreich aus, warum erst auch weniger umfassend ausgestaltet Rundfunk, dem sie Blacklisting, also tion der Urheber, geht aber auch darauf zu den Erfahrungen mit dem Urheber- so viele Gespräche geführt und Verspre- als ursprünglich geplant. Weiter wird das Streichen des Namens derjenigen, ein, dass das »Miteinander in diesen vertragsrecht durch. Bei der waren es die chungen gemacht würden, wenn doch eine Verbandsklage eingeführt, damit die ihre Rechte geltend machen, von Branchen zumeist gut, fair und part- Vertreter der Urheberverbände, die be- nichts eingelöst würde. Der zuständige nach den Worten von Christian Lange Auftragslisten vorwirft. Hier sieht sie nerschaftlich ist. Ausdruck davon ist schwichtigten und keinen Handlungsbe- Berichterstatter der CDU/CSU-Bundes- »der einzelne Kreative aus der Schuss- auch die Aufsichtsgremien des öff ent- nicht selten eine oft jahrzehntelange darf adressierten. Sie hatten vermutlich tagsfraktion Stefan Heck antwortete linie genommen« wird. Sigrid Hupach, lich-rechtlichen Rundfunks gefordert, Zusammenarbeit zwischen Autoren auf die Erwartung, dass beharrliches Drän- hierauf, dass die Beratungen im Deut- MdB, kulturpolitische Sprecherin der dem entgegen zu wirken. Tabea Röß- der einen und Verlagen auf der anderen gen bei Verwertern zu gemeinsamen schen Bundestag doch erst am Anfang Bundestagsfraktion Die Linke ging in ner, MdB, medienpolitische Sprecherin Seite.« Sein Fett bekam das Bundesmi- Vergütungsregeln führen würde. Die stünden und sicherlich noch einiges ge- ihrer Rede mit dem Regierungsentwurf der Fraktion Bündnis /Die Grünen nisterium der Justiz und für Verbrau- Enquete-Kommission hat das Thema ändert würde. Er ließ aber auch keinen hart ins Gericht. Sie führte aus: »Der zieht eine Parallele zur Diskussion vor cherschutz weg, das nach Meinung von jedenfalls nicht vertieft – aus meiner Zweifel daran, dass zumindest die CDU/ Gesetzentwurf hält aber bei weitem  Jahren und beschreibt die aktuelle Heck zu hohe Erwartungen geschürt Sicht wurde hier eine Chance vertan. CSU-Fraktion auf einen Kompromiss nicht, was er verspricht. Noch schlim- Situation so: »Erst hat der Minister hat, die nicht erfüllt werden konnten. In dieser Wahlperiode ist es nun so drängen wird. mer: Er bringt denen, die unter der feh- den großen Retter aller Urheberinnen Die anstehenden Ausschussberatungen weit. Das Bundesministerium der Justiz lenden Vertragsparität bisher zu leiden und Urheber gegeben, um dann in der sollten, so Heck, genutzt werden, um und für Verbraucherschutz wie auch der hatten, überhaupt gar nichts.« Ihrer letzten Sekunde eine Kehrtwende zu den Gesetzesentwurf zu verbessern. Minister persönlich führten Gespräche, Es geht auch Auff assung nach schadet der vorgelegte vollziehen, sodass von den hehren An- Als letzter Redner appellierte Volker dem Referentenentwurf zu Folge vor Gesetzesentwurf mehr als er nutzt. Als kündigungen kaum noch etwas übrig Ullrich, MdB (CDU/CSU-Fraktion) die allem mit Urhebern und ausübenden darum, Gerechtigkeit Gründe führt sie die Beschränkungen blieb. Rückrufrecht, Verbot von Total Mischkalkulationen in der Kulturwirt- Künstlern. Herauskam im Jahr  ein herzustellen, sodass beim Auskunftsanspruch und die Be- Buy-out oder Auskunftsrecht sind bis schaft im Blick zu halten, und zwar Entwurf, der sich klar auf die Seite der nicht das Recht des grenzung des Rückrufrechts auf Zweit- zur Unkenntlichkeit gestutzt worden.« sowohl jene der Verwerter als auch Urheber stellte. Im Fachausschuss Ur- verwertungen an. Hupach vertritt die Rößner lässt durchblicken, dass ihres der Urheber. Seines Erachtens sind heberrecht des Deutschen Kulturrates, Stärkeren siegt Auff assung, dass den »zum Teil wirklich Erachtens das Vorhaben vor allem daran »Werke von Kreativen, (...) in diesem dem sowohl Vertreter der Künstler- als sittenwidrigen Verhältnissen« so nicht scheitert, die unterschiedlichen Bran- Land nicht allein an den Kategorien auch der Verwerterverbände angehören, entgegengewirkt werden kann und da- chen über einen Kamm zu scheren und von Kosten und Nutzen zu messen. Sie fand eine sehr konstruktive und die je- Am . Juni fand nun die erste Lösung her die Urheber weiterhin in schwacher damit letztlich für niemanden echte haben für die Gesellschaft insgesamt weilige Seite wertschätzende Diskussi- des »Gesetzes zur verbesserten Durch- Position gegenüber verhandlungsstar- Verbesserungen zu erreichen. Sie mahnt einen sinnstiftenden Wert. Deswegen on statt. Beide Seiten machten deutlich, setzung des Anspruchs der Urheber und ken »Labels, Internetvertriebsformen, an, statt eines neuen großen Wurfs die müssen Kreative, die für diese Gesell- wo für sie die Schmerzgrenze liegt und ausübenden Künstler auf angemesse- Sendeanstalten oder international bestehenden Regeln anzupassen und schaft einen Mehrwert schaff en, auch heraus kam ein Kompromiss: die Stel- ne Vergütung« (Bundestagsdrucksache agierenden Verlagskonzernen, die den wirksamer zu gestalten. Der zuständi- von ihrer Arbeit leben können«. Hierfür lungnahme des Deutschen Kulturrates /) statt. Eingebracht wurde der Print- wie den Onlinebereich zugleich ge Berichterstatter der SPD-Fraktion die Regeln zu schaff en, ist, so Ullrich, zum Referentenentwurf des »Gesetzes Gesetzesentwurf vom Parlamentari- bespielen« stehen. Elisabeth Winkel- Christian Flisek, MdB lobt zunächst, Aufgabe der Politik. zur verbesserten Durchsetzung des An- schen Staatssekretär im Bundesminis- meier-Becker, MdB (CDU/CSU-Fraktion) dass »die Lethargie im Urheberrecht« Bei verschiedenen Rednern klang spruchs der Urheber und ausübenden terium der Justiz und für Verbraucher- hebt in ihrem Redebeitrag als vordring- vorbei ist. Er unterstreicht die Intention in der Debatte durch, dass die Crux an Künstler auf angemessene Vergütung« schutz Christian Lange, MdB (SPD). Er liche Aufgabe hervor, gegen die Gra- des Gesetzesvorhabens, die Verhand- der aktuellen Diskussion die vom Bun- (siehe: http://bit.ly/WTqXq). betonte zu Beginn seiner Rede, worum tismentalität im Internet vorzugehen. lungsstellung der Kreativen zu verbes- desjustizministerium hoch gesetzten In dieser Stellungnahme wird gleich es der Bundesregierung bei dem Gesetz Die Vergütung wird, so Winkelmeier- sern und führt hierzu aus: »Wenn wir Erwartungen sind. Einfach gesagt: Es zu Beginn unterstrichen, dass Urheber geht und führte aus: »Und es geht dabei Becker, in einer Marktwirtschaft von das Urheberrecht verhandeln, verhan- wurde Manna versprochen, herausge- und Verwerter einander brauchen. Es ist auch um Gerechtigkeit, darum, Gerech- den Vertragspartnern verhandelt. Hier deln wir nichts anderes als die Lohn- kommen ist Graubrot. formuliert: »…, dass in großen Teilen tigkeit herzustellen in einem Bereich, besteht allerdings ein Ungleichgewicht bedingungen unzähliger kreativ tätiger des Kulturbetriebs ein symbiotisches in dem noch viel zu oft das Recht des zwischen Urhebern und Verwertern, Menschen in diesem Land, und das ist Gabriele Schulz ist Stellvertretende Verhältnis zwischen Urhebern und Stärkeren herrscht, wo sich derjenige dem durch gemeinsame Vergütungs- alle Mühe und Anstrengungen wert.« Geschäftsführerin des Deutschen Verwertern besteht. Urheber brauchen durchsetzt, der wirtschaftlich am länge- regeln entgegen gewirkt werden soll. Er konzediert, dass in den anstehenden Kulturrates 08 INLAND www.politikundkultur.net

Mehr für Alle oder Früher war gestern »Wer bildet wen?«: Achtes Dialogforum Kultur bildet. zum Thema »Kulturelle Bildung im Kontext von Migration und Integration«

CAROLIN RIES gezwungen ist, seine Heimat zu verlas- sen, geht es doch letztlich immer um eit dem vergangenen Sommer die gleiche Frage: Wie kann die plurale diskutiert auch die kulturelle Gesellschaft allen Menschen (kulturel- Bildungsszene verstärkt die le) Teilhabe ermöglichen? S Frage, wie gefl üchtete Kinder, Diese Frage, betonte Ferhad, stand Jugendliche, aber auch Erwachsene schon lange vor dem Zuzug von circa in die bestehende Angebotsstruktur einer Million Gefl üchteten seit dem eingebunden werden können, welche vergangenen Sommer auf der Tages- besonderen Anforderungen an Pro- ordnung. Insbesondere der »Sarrazin- jekte gestellt werden müssen, die sich Schock« habe dazu geführt, dass sich in an diese Zielgruppe richten, und wo Deutschland lebende und sogar gebore- das Geld für solche, überwiegend zu- ne Menschen mit Migrationsgeschichte sätzlichen Maßnahmen herkommen plötzlich nicht mehr zugehörig gefühlt soll. Aber was kann die kulturelle Bil- haben. Die Neuen deutschen Organisa- dungsarbeit eigentlich leisen? Läuft tionen seien letztlich auch ein Ergebnis sie Gefahr, als »organisierte Freizeit- dieser damals entstandenen Stimmung, beschäftigung« an Wert zu verlieren die das gewachsene Selbstverständnis, oder wird sie mit heilsversprechenden Teil der Aufnahmegesellschaft zu sein, Erwartungen überfrachtet? Diese Frage in Frage gestellt hat. Einer Initiative wie diente als Ausgangspunkt für das achte der »Allianz für Weltoff enheit« hätte es Dialogforum »Kultur bildet.«, das der demnach gut zu Gesicht gestanden, er- Deutsche Kulturrat in Kooperation mit klärt Ferhad, neben den »großen Play- der Kulturprojekte Berlin GmbH am . ern« auch kleinere Migrantenselbst-

organisationen einzubinden, um die BRÜHEIM THERESA FOTO: bereits existierende Vielfalt im Land Olaf Zimmermann, Dorothea Kolland, Hans Dieter Heimendahl, Breschkai Ferhad und Reiner Hoff mann (v. l.) abzubilden. Kulturelle Bildung ist Hoff mann erklärt, dass Menschen, Fluchterfahrungen und anhaltender tieren, sieht Kolland hingegen nicht Ferhad sicher, wird es erst dann nicht ein wichtiges Instru- ob hier geboren oder hierher gefl üchtet, Unsicherheit im Aufnahmeland nicht und bietet eine pragmatische Lösung mehr geben, wenn sich gesellschaftli- mentarium, jedoch die Möglichkeit erhalten sollten, ihre genau wissen, wohin sie nun eigentlich an: Unterschiedliche kulturelle Einfl üs- che Vielfalt in den Organigrammen der sozialen und kulturellen Interessen gehören und was die Zukunft für sie se und Ausdrucksformen sollte er ent- etablierten Institutionen widerspiegelt. kein Allheilmittel einbringen und sich engagieren zu kön- bereithält. halten sowie den gegenseitigen Respekt Solange werden die »Neuen Deutschen« nen. Teilhabe gelinge zwar zu einem Kulturelle Bildung sei kein Allheil- vor all diesen! selbstbewusst ihren eigenen Weg gehen. gewichtigen Teil, aber bei Weitem nicht mittel, mit Sicherheit aber ein wichtiges Und dann wurde wieder die be- Am Ende bleibt das Gefühl zurück, dass Mai  im Podewil veranstaltete. Der ausschließlich über die Integration in Instrumentarium, um das gesellschaft- rechtigte Forderung laut, dass sich die diese bereits so häufi g diskutierte Fra- Einladung waren Breschkai Ferhad, die den Arbeitsmarkt. (Inter-)kulturelle Bil- liche Zusammenleben von Menschen Institutionen – hier: die Kulturein- ge noch viele weitere Male aufkommen Leiterin der Koordinierungsstelle der dungsarbeit habe die Anerkennung von mit unterschiedlichen Hintergründen richtungen und -verbände, die kultu- wird – vielleicht auch einfach deshalb, Neuen Deutschen Organisationen bei Pluralität im Blick und ziele darauf ab, zu entwickeln, sagte Zimmermann. Ent- relle Bildungsprojekte initiieren und weil sie von zentraler Bedeutung für den Neuen deutschen Medienmachern, Vielfalt als Gewinn und Bereicherung sprechend müsse es mehr davon für alle durchführen – öff nen müssen. Auch die gleichberechtigte Teilhabe aller Reiner Hoff mann, der Vorsitzende des für die eigenen kulturellen Prägungen geben. Es sollten Begegnungsräume hier haben wir es mit keiner neuen Menschen ist und ihre Beantwortung Deutschen Gewerkschaftsbundes, Do- zu betrachten. und -situationen geschaff en werden, Debatte zu tun. Dass sie immer wieder darüber entscheidet, wer wie viel vom rothea Kolland, Freie Kulturberaterin Vor dem Hintergrund einer plura- die ein interkulturelles Miteinander aufkommt, zeigt jedoch, dass sie noch Kuchen abkriegt! Das achte Dialogfo- und ehemalige Kulturamtsleiterin des len, sich dynamisch entwickelnden und gemeinsame Erfahrung möglich keine zufriedenstellenden Ergebnisse rum »Kultur bildet.« wurde von den Bezirks Berlin-Neukölln, sowie der Ge- Gesellschaft sei es nicht zielführend, machen. In diesem Zusammenhang erzielt hat. Nach wie vor werden gegen- Medienpartnern der Veranstaltungs- schäftsführer des Deutschen Kulturra- erklärte Kolland, spezielle kulturelle sprach sich Zimmermann für eine (er- seitige und sehr hartnäckige Vorwürfe reihe, WDR  und Deutschlandradio, tes, Olaf Zimmermann, gefolgt. Bildungsangebote für Gefl üchtete zu neute) Debatte über den, in früheren erhoben, dass etablierte Institutionen übertragen und kann unter http://bit. Schnell wurde klar, dass die Fra- unterbreiten. Jedoch, betonte sie wei- Zeiten entweder hochgehaltenen oder keinen Zugang ermöglichen und Mi- ly/JFdMO nachgehört werden. ge der Integration von Gefl üchteten ter, könne die Arbeit mit Künstlerinnen aber verteufelten »Kanon« aus. Unsere grantenselbstorganisationen bzw. de- eigentlich keine neueren Datums ist. und Künstlern einen wichtigen Beitrag Vorstellung von dem, was zum Kanon ren Mitglieder sich nicht stark genug Carolin Ries ist Mitarbeiterin des Deut- Denn wenngleich es einen Unterschied zur Identitätsentwicklung von Kindern einer so heterogenen Gesellschaft ge- engagieren und in die gewachsenen schen Kulturrates und unter anderem macht, ob ein Mensch sich freiwillig in und Jugendlichen leisten, insbesonde- hört, sei nach wie vor stark begrenzt. Strukturen einfi nden wollen. Die Neuen für die Dialogplattform Kulturelle einem anderen Land niederlässt oder re auch dann, wenn sie aufgrund von Das Erfordernis, über diesen zu disku- deutschen Organisationen, da ist sich Bildung zuständig

»Kultur macht stark« geht weiter – aber wie?

Bericht zum öff entlichen und Experten der kulturellen Bildung gäbe es viel Potenzial: Denn gerade in sollte es von allgemeiner Bedeutung tätsverbundes, d. h. einer professionel- Fachgespräch vom . Mai als Sachverständige ein, um Vorschläge ländlichen Gebieten seien viele Akteure sein, Eltern als Programmpartner wahr- len Instanz, die Strategien für Transfer für die Programmweiterführung zu sam- tätig, die bisher nicht bei »Kultur macht zunehmen. und nachhaltige Trägerstrukturen über  im Bundestag meln. Zu den Sachverständigen zähl- stark« aktiv sind, so Susanne Keuchel. Zweitens muss der administrative das Ende des Förderzeitraums entwi- ten: Ulrich Aengenvoort, Direkter des In heterogenen Gruppen könnten die Aufwand erheblich reduziert werden, ckelt. Dabei sollte es zentral sein, dass THERESA BRÜHEIM Deutschen Volkshochschul-Verbandes; Lernerfolge weiter zunehmen, da auch um eine erfolgreiche Fortsetzung zu sowohl Länder als auch Kommunen Franziska Dusch, Fachbereichsleiterin das inkludierende und interkulturelle gewährleisten. Um dies umzusetzen, »Kultur macht stark« als zusätzlichen m . April  kündigte die bei der Landesvereinigung kulturelle Lernen gefördert werde, meint Gerd könnten nach Ansicht von Franziska Baustein der kulturellen Bildung wahr- Bundesministerin für Bildung Kinder- und Jugendbildung Sachsen- Taube. Auch Eckart Liebau spricht sich Dusch unter anderem das Antrags- nehmen – und nicht als einfachen Er- A und Forschung Johanna Wanka Anhalt; Susanne Keuchel, Direktorin für heterogene Gruppen aus, in denen verfahren vereinheitlicht, gemeinsa- satz für andere Förderoptionen. auf der in Berlin stattfi ndenden bun- der Akademie Remscheid für kultu- eine Alphabetisierung in allen künstle- me Antragsfristen durchgesetzt und Diese Empfehlungen der sechs Ex- desweiten Fachkonferenz zum Pro- relle Bildung; Eckart Liebau, Inhaber rischen Sparten angestrebt werden soll- standardisiertes, einfaches Vokabular pertinnen und Experten bieten einen gramm »Kultur macht stark. Bündnis- des UNESCO-Lehrstuhl für kulturelle te. Zudem ist es gemäß den geladenen verwendet werden. Auch die Verwal- fundierten Ansatz zur verbesserten Wei- se für Bildung« an, dass das kulturelle Bildung an der Friedrich-Alexander Uni- Expertinnen und Experten ratsam, das tungspauschale könnte auf zehn Pro- chenstellung für die zweite Programm- Bildungsprogramm in die zweite Runde versität Nürnberg-Erlangen und Vorsit- Förderalter auszuweiten. Bildungspas- zent angehoben werden, meinen Ulrich runde von »Kultur macht stark«. Jedoch geht. Für den Deutschen Kulturrat, der zender des Rates für kulturelle Bildung sagen nehmen oftmals Schlüsselposi- Aengenvoort und Franziska Dusch. wird nur die Zeit zeigen, welche Rat- bereits im Dezember  in der Stel- in Essen; Gerd Taube, Vorsitzender der tionen in der Entwicklung ein, daher Drittens sollten unbedingt Quali- schläge tatsächlich umgesetzt werden lungnahme »Kultur macht stark II jetzt Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- sollten auch Kinder im Vorschulalter tätssicherung, Transfer und Nachhaltig- und sich sinnvoll eignen, »Kultur macht auf den Weg bringen« die Weiterfüh- und Jugendbildung (BKJ) sowie Olaf ab drei Jahren und junge Erwachsene keit des Programms gesichert werden. stark« in der zweiten Runde Zielgrup- rung des Programmes gefordert hatte, Zimmermann, Geschäftsführer des ab  bis  oder  Jahren unterstützt Dabei sieht Olaf Zimmermann vor al- pen umfassender, weniger administrativ, ist das ein Erfolg – allerdings keiner auf Deutschen Kulturrates. werden. Darüber hinaus sollte kultu- lem die Länder in der Pfl icht, denn an nachhaltiger und qualitätssicherer zu dem man sich zu lang ausruhen sollte. Diese sechs Sachverständigen ga- relle Bildung auch immer die Eltern der Einbindung von Kindertagesstätten gestalten. Bei allen Bemühungen gilt es, Denn bereits jetzt müssen die Weichen ben vielfältige Empfehlungen, mittels mit in den Blick nehmen. Ggf. könnten und Schulen käme man, anders als in bei der Planung und der Weiterführung für eine erfolgreiche Programmfortset- derer Kinder und Jugendliche in der Eltern neben den Kindern und Jugend- der ersten, in der zweiten Förderperiode des Bundesprogrammes eines nicht aus zung gestellt werden. zweiten Programmrunde noch »stär- lichen an ausgewählten Aktionen teil- nicht mehr vorbei. Währenddessen be- den Augen zu verlieren: fl ächendecken- Ein erster Schritt in diese Richtung ker« gemacht werden könnten: Erstens nehmen, überlegt Ulrich Aengenvoort. tont Ulrich Aengenvoort die langfristige de Bildungsgerechtigkeit für alle Kin- wurde vom Deutschen Bundestag mit gilt es, die Zielgruppe zu erweitern. Franziska Dusch ist ähnlicher Ansicht: Verantwortung der Kommunen. In Zu- der und Jugendliche zu schaff en – egal dem öff entlichen Fachgespräch zum »Kultur macht stark« sollte sich in der Besonders die Einbindung der Eltern kunft sollten vor allem die Kommunen ob aus der Stadt oder vom Land, mit Thema kulturelle Bildung einschließlich zweiten Förderperiode auch verstärkt von Kindern mit Fluchterfahrung ist Sorge für die langfristige Finanzierung oder ohne Migrationshintergrund bzw. des Bundesprogrammes »Kultur macht an Kinder und Jugendliche mit Han- für sie von besonderer Wichtigkeit. Olaf und Weiterentwicklung tragen. Dafür Fluchterfahrung, mit oder ohne phy- stark. Bündnisse für Bildung« getan. Am dicaps, Lernschwächen oder Fluchter- Zimmermann unterstützt diese Forde- müssen Strukturen zur kontinuierli- sischem bzw. psychischem Handicap! . Mai  luden der Ausschuss für Bil- fahrung richten. Weiterhin empfi ehlt rung, denn nicht nur Deutschunterricht, chen Vernetzung aller Programmbe- Denn Kultur sollte immer für alle sein! dung, Forschung und Technikfolgen- es sich, auch Kinder und Jugendliche sondern auch kulturelle Bildung sei für teiligten geschaff en werden z. B. durch abschätzung sowie der Ausschuss für aus ländlichen und strukturschwachen Gefl üchtete – unabhängig vom Alter – Servicestellen in allen Bundesländern Theresa Brüheim ist Chefi n vom Dienst Kultur und Medien sechs Expertinnen Regionen einzubeziehen. Vor allem hier relevant und notwendig. Entsprechend und die Implementierung eines Quali- von Politik & Kultur Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  INLAND 09

tur und Werte etwas Veränderbares, sich Entwickelndes sind, das kontinuierlicher Wie geht das »neue Wir«? Aushandlung bedarf. Ziel sollte sein, aus dem Alten und dem Neuen etwas Drittes Kulturpolitik und kulturelle Bildung zwischen Selbstkritik und Verantwortung entstehen zu lassen – und dies unter Be- rücksichtigung der Tatsache, dass auch KIRSTEN WITT UND KERSTIN worden waren. Ihr Sprecher erklärte, so Die Leitkulturdebatte wurde, das zeigen Die Praxis der jenseits der Gefl üchteten noch viele Men- HÜBNER ein Artikel in der Berliner Zeitung vom unter anderem die Veröff entlichungen in schen aus Kultur und Gesellschaft ausge- . April : »Die Aussöhnung mit den der Ausgabe Politik & Kultur /, von kulturellen schlossen sind. edes Politikfeld hat sein Mantra. Das Juden und dem Staat Israel ist für die einer Kulturdebatte zu einer Werte- und Bildung und der Die gesamtgesellschaftliche Perspekti- unsrige lautet: »Kulturpolitik ist Ge- Bundesrepublik Deutschland Staatsrä- Regeldebatte. Sie scheint auch in der Stel- Kulturarbeit ve ersetzt jedoch nicht den diff erenzierten sellschaftspolitik!« Man fühlt sich son und nicht zuletzt im Hinblick auf die lungnahme vom . April  auf, die ne- insgesamt sollte Blick auf die spezifi schen Potenziale (und J ganz gut dabei: Die eigene Arbeit ist Integration Gefl üchteter in die deutsche ben der Kunstfreiheit betont, dass die Pfl e- Grenzen) und dementsprechend Verant- wichtig und man übernimmt Verantwor- Gesellschaft ein Aspekt, der in Fragen der ge kultureller Bräuche unter Akzeptanz zu einem wortlichkeiten in Hinsicht auf das, was kul- tung. Wenn es aber hart auf hart kommt, kulturellen Integration nicht verhandel- »hier geltender Regeln« erfolgen müsse. Dialog von bzw. turelle Praxis und Teilhabe bedeuten kann kann man sich auf die Freiheit und die bar ist.« Wird hier indirekt eine Befürchtung geäu- mit Werten und für Menschen, die als Einwandererinnen Kritikfunktion der Kunst berufen, darauf, Man könnte die Reihe der Beispie- ßert, nämlich, dass hier geltende Regeln Regeln einladen und Einwanderer oder vorübergehend in dass Kultur zwar ein Labor mit Ernst- le fortsetzen mit dem Wirbel um das unter Umständen eben nicht eingehalten Deutschland leben. In einer Umgebung, in fallcharakter ist – aber eben nicht der »Schmähgedicht« oder um das Projekt würden und auch die Kunstfreiheit infrage der sprachliche Verständigung schwerfällt, Ernstfall selbst. Doch je rauer der Wind »Aghet« der Dresdner Symphoniker. Und stehe – und wenn ja, durch wen? Warum können künstlerische Ausdrucksformen im gesellschaftspolitischen Diskurs weht, auf einmal – verwundert reiben wir die werden damit verbundene Sorgen nicht Wege der Auseinandersetzung mit Neu- umso unruhiger wird die See für uns Kul- Augen – ist Kultur doch der Ernstfall. Wir klar ausgesprochen? em sein, mit Erlebtem, Gedanken und Ge- turmenschen. Stürme entstehen, weil blicken auf unsere Seekarten und fragen fühlen. Auf künstlerischem Wege können die Sonne die Luft unterschiedlich auf- uns, ob sie noch stimmen, oder ob es Menschen sich auf einer anderen Ebene Kulturelle Bildung und Kultur als wärmt. Aufgewärmte Luft dehnt sich aus, doch der Kompass ist, den wir neu jus- damit befassen und zum Ausdruck bringen, Begegnungsfl äche der Luftdruck steigt. Die Luft strömt von tieren müssen. Stimmen das Selbstbild wofür ihnen Worte fehlen. Menschen wer- Gebieten mit hohem Luftdruck in Gebiete mit seinen formulierten Ansprüchen und Wir sollten die zum Ausdruck gebrachten den als Individuen sicht- und hörbar, mit mit niedrigem Luftdruck – je größer die Verantwortlichkeiten im Feld der Kultur Fragen und Vorbehalte nicht ignorieren, einer Geschichte, einer Gegenwart und ei- Druckunterschiede sind, umso schneller. mit den angesichts gesellschaftlicher An- sondern dazu einen ehrlichen und wo ner Zukunft. Beheimatete und Gefl üchtete Privilegien und Sanktionen, Wärme und forderungen notwendigen Haltungen und nötig kontroversen Diskurs führen: Kon- können individuelle und kulturelle Prä- Kälte, Hochs und Tiefs sind auch in der Handlungen überein? fl ikte und Konfrontationen aushandeln, gungen, persönliche Fähigkeiten, Talente Gesellschaft zunehmend unterschiedlich um Kompromisse und Konsens ringen. und Stärken zusammenbringen und ge- verteilt. Das verursacht nicht nur Unwetter, Geht es doch um weit mehr als um den meinsam hybride Kulturformen erschaff en. Kulturelle Bildung und Kultur sondern auch Fliehkräfte entlang sozialer Umgang des Kulturbereichs mit dem Phä- Dieser Prozess ermöglicht Orientierung, im eigenen Spiegel Divergenzlinien, die sich zu Gräben ver- nomen Flucht und Asyl, nämlich um sei- unterstützt Identitätsbildung und sozi- tiefen, in denen die Böen zuweilen Orkan- Im April hat der Sprecherrat des Deut- ne Verantwortung und Potenziale für eine ales Bewusstsein, unabhängig davon, ob stärke erreichen. schen Kulturrats eine Stellungnahme mit vielfältige Gesellschaft, die als lebendiges man in Deutschland geboren, eingewan- dem Titel »Integration braucht engagierte »Wir« funktioniert. In der kulturellen Bil- dert oder dorthin gefl ohen ist. Teilhabe an Menschen und stabile Strukturen« ver- dung geht es beispielsweise darum, ein kulturellen Projekten kann angesichts des Raus aus der Komfortzone abschiedet, die sich den »langfristigen gesellschaftspolitisches Leitbild weiter- unsicheren Status von Menschen, die unter Das jüngste Theatertreff en der Jugend be- Herausforderungen der Integration« mit zuentwickeln und Ansprüche zu formulie- dem Asylregime leben, vorübergehend ein gann mit einem Eklat. Bei der Eröff nung Fokus auf bürgerschaftliches Engagement ren, die – zumindest langfristig gesehen Stück Normalität bieten. Partizipative Kul- stellten sich die eingeladenen Produktio- widmet. Sie greift eine Resolution vom – realisierbar sind. Veränderungsprozesse turprojekte, an denen Menschen mit und ohne Flucht- oder Migrationsgeschichte teilnehmen, sind Gelegenheiten des Di- alogs und Austauschs mit Menschen au- ßerhalb des eigenen Milieus. Die Praxis der kulturellen Bildung und der Kulturarbeit insgesamt sollte zu einem Dialog von bzw. mit Werten und Regeln einladen. Kunst und Kultur wird viel Po- tenzial zugesprochen, jetzt geht es darum, dieses auch wirklich wirksam werden zu lassen: im Dialog miteinander »auf Augen- höhe« und in der Anregung von Selbstbil- dungs- und -bestimmungsprozessen. Im Mai fragte eine Podiumsdiskussion mit den kulturpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Bundestagsfraktionen nach den Möglichkeiten einer »Kulturar- beit mit, für und von Gefl üchtete(n)«. Sie fand statt im Rahmen der gleichnamigen Tagung der Bundesvereinigung Sozio- kultureller Zentren. Eine Perspektive zog sich dabei wie ein roter Faden durch die Diskussion: Es geht nicht allein um Kul- turarbeit von, für und mit Gefl üchtete(n), sondern vor allem auch um eine Kultur- arbeit für »ein neues Wir«. Zugegeben: Das klingt kühn. Die Perspektive ist aber richtig. Die gesellschaftlichen Entwick- lungen, spätestens seit dem Sommer , führen uns vor Augen, dass wir neu auf uns schauen, anders miteinander sprechen, neu miteinander in Verhandlungen treten müssen, darüber, was uns wichtig ist und

FOTO: BKJ / BERLINER SÜDEN BERLINER / BKJ FOTO: wie wir miteinander leben wollen. Interkultureller Leseclub des Total Plural e.V. in Berlin, gefördert aus dem Programm »Künste öff nen Welten« im Rahmen von Manchmal muss das Motto sein: »Jump »Kultur macht stark« and swim!« Doch auch während wir schwim- men, sollten wir unser Selbstbild als Kultur- nen gegenseitig im Rahmen künstlerischer September  auf. Exemplarisch sollen brauchen ihre Zeit und ihre Räume für Öff - schaff ende, Bildungsverantwortliche und Inszenierungen vor. Dabei agierte eine der im Folgenden anhand dieser Stellung- nungs- und Aushandlungsprozesse, die auch als Privilegierte einer kritischen Revi- Gruppen in einer Art und Weise, die als nahme selbstkritisch eigene Haltungen nicht immer bequem sind. sion unterziehen. Die Frage, wer »Wir« sind rassistisch übergriffi g empfunden wurde und Ansprüche im Feld der Kultur(ellen In einem zukunftsfähigen Leitbild ge- – in dieser ehrlichen Diff erenziertheit und und fand sich öff entlich mit entsprechen- Bildung) angerissen werden. hören der Begriff der Integration und das Ergebnisoff enheit, zwischen dem sich die den Vorwürfen konfrontiert. »Wir als Ber- Sprache ist Macht und schaff t Reali- damit noch immer weit verbreitete Denken Antworten zuzutrauen und zuzumuten – ist liner Festspiele gehen davon aus, dass es täten. Beginnen wir daher zunächst mit der einseitig bei Einwanderern und Ein- eine kulturelle Frage. Deshalb ist die kul- sich um einen unrefl ektierten Akt handelt, einem Blick auf die verwendeten Begriff e, wanderinnen liegenden Aufgabe abgelöst. turpolitische Verantwortung für die vielfäl- der vor Augen führt, dass auch Teile der die derzeit auch in vielen anderen Tex- Das Paradigma eines weiten Inklusions- tige Einwanderungsgesellschaft erheblich. Welt des Jugendtheaters nicht klüger sind ten zu fi nden sind: Mit dem Begriff »Inte- begriff s, der die besonderen Bedürfnisse als die Gesellschaft als Ganzes«, schreiben gration«, oft verbunden mit Formulierun- und Potenziale aller berücksichtigt und vor Kirsten Witt und Kerstin Hübner sind Leiterin und Intendant in einem Statement gen wie »Verbindendes und Trennendes«, allem jener, die von unterschiedlichsten stellvertretende Geschäftsführerinnen auf der Festivalhomepage. scheint eine Gesamthaltung auf. Sie wirkt Benachteiligungen betroff en sind, ist die der BKJ. Kirsten Witt ist Ansprechpartne- Im April zog die Staatsministerin für wenig einladend, weil sie im Sinne einer geeignetere Alternative und ebenso ein rin für Grundsatzfragen der kulturellen Kultur und Medien, Monika Grütters, die Wir/Sie-Dichotomie eher ein distanzier- Partizipationsverständnis, dass das Mitei- Bildung und Redakteurin des Magazins Nominierung eines Theaterprojektes für tes, wenn nicht sogar als konfrontativ zu nander und Wechselseitige hervorhebt und Kulturelle Bildung. Kerstin Hübner den Sonderpreis für kulturelle Projekte mit bezeichnendes Bild der (kulturellen) »Be- fördert. Wir benötigen ein transkulturelles leitet das Programm »Künste öff nen Gefl üchteten zurück, nachdem Mitarbei- gegnung« mit Gefl üchteten zeichnet. Der Verständnis unserer Gesellschaft und Kul- Welten« der BKJ und ist Referentin im tern und Mitarbeiterinnen des Projektes darin mitschwingende Integrationsauftrag tur. Es reicht jedoch nicht, dieses nur zu Bereich Kooperationen und Bildungs- israelfeindliche Aktivitäten vorgeworfen ist letztlich einseitig. »predigen«, ohne zu beweisen, dass Kul- landschaften 10 INLAND www.politikundkultur.net

Wir müssen miteinander anstatt übereinander reden

Bericht zur Veranstaltung und Thomas Oberender, Intendant der »Werte – Tugenden – Berliner Festspiele, diskutieren intensiv und suchen gemeinsam Antworten zu Religion vom . Mai  den eingangs von Moderator Harald Asel vom Inforadio des rbb gestellten THERESA BRÜHEIM Fragen. Dabei standen vor allem drei Dis- as hält unsere Gesellschaft kussionsthemen im Vordergrund: Zum im Kern zusammen? Sind es ersten bewegte die Diskutanten der W Werte, Tugenden und Reli- Punkt, dass soziale Konfl ikte zwischen gion? Wenn ja: Geht es dann bei Inte- Kulturen oftmals zu reinen Konfl ikten gration vor allem um einen Wohnsitz, zwischen Religionen stilisiert würden. Deutschkurse und Qualifi kationen für In diesem Punkt sind sich alle Teil- den Arbeitsmarkt oder heißt Integra- nehmenden schnell einig: Nicht jeder tion nicht auch, für Werte einzutreten interkulturelle Konfl ikt sei auch reli- und Werte zu vermitteln? Welche Rolle giöser Natur. Für Aiman Mazyek liegt spielen Werte, Tugenden und Religion diese Maskierung von interkulturellen für den Zusammenhalt der Gesellschaft? zu religiösen Auseinandersetzungen Welche Wechselwirkungen bestehen in der nach der Wende immer weiter zwischen Werten, Tugenden, Religion verbreiteten Religionsskepsis begrün-

und Kultur? Ist Kultur in einem säku- det. Auch Petra Bahr sieht die Ursachen BRÜHEIM THERESA FOTO: laren Land nicht unabhängig von Reli- dieser Entwicklung darin, dass immer Aiman Mazyek, Monika Grütters, Harald Asel, Christian Höppner und Petra Bahr (v. l.) gion? Welche Werte sollten vermittelt weniger Deutsche weder umfangreiches werden? Und wird sich unsere Werte- Wissen über das Christentum noch den auch eine Tugend, etwas ertragen zu fände sie sich vor allem in den Künsten ihrer Abgrenzung ähnlich wie Klöster ordnung in einer multiethnischen und Islam oder andere Religionen mitbrin- können. Im stressigen Alltag könne wieder. Aber auch gesamtgesellschaft- verhielten. Hieran zeigt sich, dass allein multireligiösen Gesellschaft ändern? gen würden. Da passiere es schnell, dass Toleranz, eine weitere Tugend, schnell lich dürfe es keine Blaupause für die im Kulturbereich unterschiedlichste Mit diesen Fragen startete die Dis- gläubige und nicht gläubige Mitbürger anstrengend werden. Daher hätte Viel- Auseinandersetzung mit Werten geben. Rezeptionen und verschiedenste Dis- kussionsrunde des Deutschen Kultur- vermeintlich über das Gleiche reden, falt auch eine Seite des einander Er- Wiederum beklagt Aiman Mazyek gera- kussionsebenen von Integration durch rates und Der Beauftragten der Bundes- aber einander doch nicht verstünden, tragens. Ähnlich diff erenziert gestaltet de diese Hochstilisierung von Werten. kulturelle Bildung aufeinanderprallen. regierung für Kultur und Medien in Ko- was zu Konfl ikten führe. Daher ist es sich der Bereich der Werte. Begibt man Abschließend bringt es Petra Bahr auf Konsens und Lösungen gilt es also operation mit den Berliner Festspielen für Petra Bahr essentiell, dass wir alle sich in die Sphären der aktuell umfas- den Punkt: Was dem einen wertvoll sei, noch zu suchen, doch im Gespräch ist im Rahmen der Woche »Kultur öff net wieder mehr über Glauben und Religi- send geführten Wertedebatte, so wird sei es dem anderen eben nicht. Dies gilt ein Anfang gemacht, der jedoch nicht Welten« in der Kassenhalle der Berli- onen lernen würden, nur so könnten als gemeinsamer Nenner das Grund- wohl auch für die Wertedebatte an sich. durch eine Auszeit unterbrochen wer- ner Festspiele in Berlin-Charlottenburg vermeintliche Religionskonfl ikte de- gesetz genannt. Obwohl die deutsche Zum dritten wurde – wie es sich unter den darf. Denn wie Monika Grütters am . Mai . An diesem schwülen maskiert und Lösungen für das, was Verfassung auf jüdisch-christlicher der Überschrift »Beiträge der Kultur zur sagt: Das Fremde sei nicht absolut. Es Frühsommerabend sollte man denken: sie oftmals wirklich sind – nämlich Gedankenwelt fuße, müsse man – so Integrationsdebatte« gehört – über In- bleibt es aber so lang bis Nähe zum An- Wem das Wetter noch keine Schweiß- soziale Diff erenzen – gesucht und ge- sagte Monika Grütters und Recht hat tegration durch Kultur und vor allem deren hergestellt wird, denn nur durch perlen auf die Stirn getrieben hat, den funden werden. Zum zweiten sprachen sie – kein gläubiger Mensch sein, um kulturelle Bildung diskutiert. Während diese, so Christian Höppner, würden bringt spätestens die Beantwortung die Teilnehmenden über Begriff und dieses zu verstehen. Christian Höppner Christian Höppner deutlich machte, sich die eigenen Positionen relativieren. dieser Fragen dazu. Doch die Teilneh- Wirklichkeit von Tugenden und Werten. wandte jedoch ein, dass ein Bewusst- dass es kulturelle Vielfalt schon immer Denn prinzipiell meint Petra Bahr, sei menden behalten kühlen Kopf: Petra Auf die Frage, was Werte und Tugenden seinsvakuum über das Grundgesetz gegeben hätte und sich auch gerade es immer besser miteinander anstatt Bahr, Leiterin der Hauptabteilung Po- den eigentlich seien, erhielt Thomas herrsche. Zudem gibt der Präsident des Teile des Kulturbereiches besonders übereinander zureden – auch wenn der litik und Beratung der Konrad-Ade- Oberender verschiedene Antworten, Deutschen Kulturrates zu bedenken: aktiv in der kulturellen Integration von Diskurs über den Anderen doch einiges nauer-Stiftung, Monika Grütters, MdB, was bereits die unterschiedlichen Aufgrund des Verfassungspatriotismus Gefl üchteten engagieren würden, fragte über sich selbst preisgibt. Ein gutes Cre- Staatsministerin für Kultur und Medien, Ebenen der Diskussion deutlich macht. sei das Wertefundament heute dünn. Petra Bahr, welche kulturellen Räume do zum Schluss. Christian Höppner, Präsident des Deut- Petra Bahr nannte Beispiele, für sie sei- Richtigerweise hätte eine Diskussion für Gefl üchtete geöff net werden soll- schen Kulturrates, Aiman Mazyek, Vor- en unter anderen Höfl ichkeit und Mut über Werte bereits vor zehn bis zwanzig ten und Thomas Oberender kritisierte, Theresa Brüheim ist Chefi n vom Dienst sitzender des Zentralrates der Muslime Tugenden. Für Aiman Mazyek sei es Jahren geführt werden müssen. Heute dass einige Kultureinrichtungen sich in von Politik & Kultur Staatsräson: Was gehört dazu? Ginge es auch ohne? Immer dann, wenn es eng wird für den Staat, kommt seine Räson ins Spiel

EIN KOMMENTAR VON tillieren, oder? Man kann! So viel sei Landes das Zeltdach eigener oder als Die Westbindung, das Streben nach Ermordung des damaligen General- ARMIN CONRAD vorneweg gesagt, auch mit Blick auf eigen empfundener Gemeinsamkei- einer Wiedervereinigung, das muster- bundesanwalts Siegfried Buback die aktuelle europäische Flüchtlings- ten wegzieht. Da steht dann eine slo- knabenhafte Bekennen zu Europa, das geschossen hat. Und es ging und geht Diese Staatsräson, die da eingefordert kakofonie. wakische Staatsräson bedröppelt da. späte Erinnern an den Holocaust sind immer noch darum, genau dies nicht wird, hat, seit man das Wort in den Staatsräson braucht einen »Jemand«, Um Selbstbehauptung bemüht, schiebt daraus entstanden. Das ist Inhalt, es herauszufi nden. Für so zielstrebige Mund nimmt, etwas Ungefähres, et- der sie überzeugend einfordert. Gibt sie sich wieder in die durchpfl ügte sind Mythen, allenfalls spiegelt sich Vernebelung gibt es, ja, braucht es was Unbestimmtes an sich. Machen es den? Die Entwicklungslinien in- Arena des Flüchtlingsdiskurses und darin eine »Räson«, warum es dieses Staatsräson. Sie wirft sich einem Tot- wir uns bitte nichts vor, dieser sich ternationaler Politik, die Schaff ung sucht, was sie für Staatsräson hält. Das Land überhaupt gibt und das ist ein schlagargument gleich in die Schlacht, gegen seine Füllung mit Inhalten ve- überstaatlicher Institutionen, nicht ist beileibe nicht nur in der Slowakei Unterschied. um die Wahrheit, um das Entstehen hement stemmende Begriff begleitet mehr nur für das Organisieren wirt- so, es erfasst alle. Dabei geraten wir Der Verweis auf Staatsräson begrün- von Wahrheit zu verhindern. Warum? uns oft in unsere inneren Kontrover- schaftlicher Kreisläufe, sondern zunehmend in die Gefahr, uns dabei det grundsätzlich Verteidigungs- Damit das Okkulte okkult und die Ge- sen – in der Ablehnung staatlicher längst auch für das Durchsetzen einer nicht auf das Machiavelli-Denkmuster techniken. Wie es die BRD-Alt in den heimdienste geheim bleiben dürfen. Autorität wie in der Einforderung vermeintlich gemeinsamen irdi- der nackten, nüchternen Staatseff ekti- Siebzigern schaff te, dem Hannovera- Ist es nicht komisch? Hier bekommt staatlichen Handelns. Es umgibt ihn schen Moral, juristisch und politisch. vität zu beschränken, sondern umwe- ner Professor Peter Brückner seinen der Begriff auf eine bizarre Weise eine Aura, er wird mit den philosophi- Sie setzen der vielen so vertrauten ben die gedanklich-rhetorische Figur Job wegzunehmen, weil er sich als Sinn. Jeder hat irgendwo zwischen schen Prinzipien Platons und Thuky- Staatsräson erheblich zu. Und gleich Staatsräson mit Phrasen und Phanta- geistiger Kollaborateur der RAF geou- Herzkammern und limbischen Hirn- dides’ umrankt und er erklärt sich daneben schauen wir dem Erblühen sien. Wir besaufen uns an Idealen und tet hatte und wie es dem Staat dann regionen seine kleine Staatsräson in – und das wiederum ist als Trost für von scheinbar antimachiavellisti- Idealisierungen und entfernen uns gelang, eine Reihe von aufmüpfi gen sich. alle gemeint, die an der Staatsräson schen NGOs zu. Das alles ist – um dabei von Platon und Machiavelli. Das Professoren zum Kuschen zu bringen. Und auch die möchte eigentlich nicht verzweifeln – vor allem durch Machi- nicht missverstanden zu werden – kann man gut fi nden. Die andere Seite Das geht nur, wenn in der Repression zu Ende denken, wenn das, was zu avelli. Die Staatsräson als Antwort auf eine Errungenschaft, ein Ergebnis von der Medaille ist das Problem. die Transzendenz wohnt. Das geht vor Wahrheit und Wahrhaftigkeit führen die Erkenntnis, dass Menschen wan- nicht hintergehbaren Lernprozessen In diesem Kontext kommt hoch, wie allem auch, um okkulte Handlungen könnte, die eigene psychische Hygie- kelmütig und heuchlerisch seien, dass der gesamten Menschheit in den letz- denn nun die seit mehr als zwei Jahr- des Staates unter Tarnung zu hal- ne angreift. man immer mit dem »Bösen« rechnen ten Jahrhunderten. zehnten im  vereinten Deutsch- ten. Wo die Fakten schädlich werden Dann lieber Staatsräson. Ein wirk- müsse und deshalb eine Räson brau- Es ist sicher nicht staatsräsonfreund- land laufende Debatte über dessen könnten, braucht es etwas Höheres sames Analgetikum. Bei Risiken und che, die die Menschen unter Kontrolle lich, was da passiert. Wenn Staatlich- innere Einheit zu bewerten sei. Nun, als einen Bezugspunkt, um dann zur Nebenwirkungen lesen Sie Machia- bringt. Staatsräson als Rettung der keit zerfällt, und da sind jetzt weniger ist das etwa eine Staatsräson, über die machiavellischen Nüchternheit zu- velli oder befragen die ersten Artikel Zivilisation. Abgelehnt! – möchte die dramatischen Entwicklungen in man verhandelt oder palavert. Machi- rückzukehren. des Grundgesetzes. man laut rufen. Heutige aufgeklärte, den »failed states« der ganzen Welt avelli hätte das nicht gefallen. Staats- Dabei wird Wahrheit und die Suche rechtsstaatliche, humane, pluralis- gemeint, was wird dann aus deren räson ist nichts zum Schwadronieren. nach ihr auf der Strecke bleiben. So Armin Conrad ist Stellvertretender tische, freie und wertegebundene Räson. Europa hat uns jetzt die Lehr- Wenn man sich die Geschichte der ist es auch mit der vor einigen Jahren Vorsitzender der Gesellschaft für Gesellschaften kann man doch nicht stücke geliefert, wie das ist, wenn eine Bundesrepublik Deutschland ansieht, vor dem Stuttgarter Oberlandesge- deutsche Sprache und war bis Ende mehr mit dem machiavellistischen Inter-Staats-Räson, die man auch EU- dann gab es immer wieder diese Mo- richt praktizierten Dramaturgie im August  Subkoordinator Kultur bei Menschenbild organisieren und Räson nennen könnte, der empfunde- mente, in denen sich das Land fest- Verena-Becker-Prozess gewesen. Es Sat und Redaktionsleiter der daraus eine Staatsräson herausdes- nen Gemeinsamkeit eines halten musste. ging darum, wer im April  bei der Kulturzeit Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  INLAND 11

der anderen Religionen und zugleich auf der Agora der Stadtöff entlichkeit deut- Das »House of One« lich zu machen, und immer von Neuem die Erfahrung zu ermöglichen, dass die Architektur, Religion, Verantwortung – ein Versuch Begegnung mit Fremdem auch zu einer neuen und bereichernden Sicht auf das GREGOR HOHBERG ist nach Martin Heidegger das Wesen des mittelalterlichen Geburtsstätten . Das gemeinsame Eigene führt. Je mehr es gelingt diesen Wohnens. Dieser Wesenskern muss in all Auf den Grundmauern der zerstörten und Lernprozess exemplarisch und zugleich ohin geht unsere unruhige, seinen Schattierungen in unseren Wohn- nicht mehr vorhandenen Petrikirchen soll Haus ist unser repräsentativ im Zentrum der Stadt, in friedlose, durchkapitali- orten, in unseren Städten erlebbar bleiben ein neuartiger Sakralbau entstehen, unter Ziel, denn großer Off enheit und Öff entlichkeit zu sierte Welt, die uns täglich und Raum haben, auf das dort ein gutes dessen Dach die drei großen monothe- etwas gemein- vollziehen, je mehr wird Berlin an diesem W ihre Alternativlosigkeit Zusammenwohnen möglich ist. Religio- istischen Religionen Erstbewohner sein sam zu bauen seinem Urort Zukunft gewinnen und das predigt, während wir zugleich wissen, nen können und müssen dazu ihren Bei- werden: Judentum, Christentum und Islam. Friedenspotential der Religionen zum Bes- dass es so wie bisher nicht weitergehen trag leisten. Das gilt erst recht für unsere Jede Religionsgemeinschaft wird ihrer je und zu verant- ten der Stadt erleben können. kann? Meldungen von Gewalttaten und kleiner gewordene Welt. Wir nehmen im eigenen Tradition folgend beten, unver- worten, bietet Das gemeinsame Haus ist unser Ziel, Kriegen an so vielen Orten unserer Erde Alltag wahr, dass wir Menschen begegnen, mischt, in drei getrennten Sakralräumen, eine Vielzahl denn etwas gemeinsam zu bauen und zu gelangen über die Medien direkt in unse- die anders aussehen, die anderer Herkunft in Synagoge, Kirche und Moschee. Und von Beteili- verantworten bietet eine Vielzahl von re Wohnzimmer und berühren die Seele. sind und anders Glauben. Eine Welt voller jede wird über ihren Glauben und seine Ri- Beteiligungsmöglichkeiten unterschied- Betroff en sind Menschen, mit Träumen Vielfalt. Unüberschaubar, faszinierend und tuale Auskunft geben. Der Festkalender der gungsmöglich- lichster Gruppen und Milieus. Es erfordert und Gefühlen, wie wir, geboren, wie wir, unheimlich. Menschen unterschiedlicher drei Religionen wird gepfl egt werden, täg- keiten eine hohe Verbindlichkeit im Umgang und geliebte Kinder Gottes, wie wir. All das Religionsgemeinschaften, Überzeugun- liche Andachten – jüdische, christliche und unterschied- ein stetig wachsendes Vertrauen, denn es geschieht weit weg und ganz nah, wird gen und Lebensstile treff en aufeinander. islamische Gebete und Liturgien – werden steht für alle etwas auf dem Spiel. Etwas, über die Medien vermittelt und begegnet Und all diesen Menschen, ja der ganzen allen Besuchern off enstehen, Schulklassen lichster Gruppen das gemeinsam gefördert und geschützt uns in seinen Auswirkungen sehr direkt. Erde, gilt der biblisch verheißene Friede. werden an Projekttagen einen Einblick in und Milieus werden will. Das »House of One« ist ein Flüchtlinge aus Kriegsgebieten, aus ar- Diese christliche Verheißung ist nicht be- die gelebte Welt der Religionen erhalten zeitgemäßer Versuch der Religionen, dem men, ausgebeuteten Ländern kommen in schränkt auf Christen, nicht auf Gemein- und gemeinsam werden wir behutsam Raum zu geben, was die Stadt retten kann. unser Land, in unsere Städte und Gemein- den und Kirchen – jede Vereinnahmung, nach neuen Formen des Miteinanders su- Raum geben in einem realen, baulich- den. Religionen, Lebensweisen werden zu jede Privatisierungstendenz wäre hier chen. In einem Haus wird sich das eigene manifesten und ebenso in einem virtuell- Hassobjekten und zu Angriff szielen. Was ein Raub an der Botschaft. Für Christen und vertraute Glaubensleben in Sicht- und inhaltlichen Sinne. Denn der Prozess der kann in diesen Zeiten die Welt retten? Was ist diese Verheißung zugleich Auftrag. Nun Rufweite zur eher unbekannten und viel- Verständigung hat schon längst begon- einem gelungenen Zusammenleben in der muss etwas getan werden mit dem, was leicht auch befremdlichen Glaubenspraxis nen und besitzt für uns, die Initiatoren Stadt dienen? Kann es die Architektur? vom Himmel aus geschehen ist. der je Anderen entfalten. Die direkte Nach- des Projektes, ebenso viel Gewicht wie das Rubin, der Altkommunist in Solscheni- Die Tatsache, dass Menschen um uns barschaft wird den Blick weiten, Respekt künftige Haus selbst. Schon jetzt sind wir zyns Roman »Der erste Kreis der Hölle«, herum den christlichen Glauben nicht tei- voreinander und Verständnis füreinander gemeinsam auf dem Weg und beten Sei- glaubt: Ja, wenn das Richtige gebaut wird. len und dass die Mehrheit der Bevölkerung wachsen lassen. te an Seite für den Frieden, diskutieren Er träumt vom Bau einer weltlichen Kathe- in Berlin sich als nicht religiös versteht, Die drei Sakralräume im Haus grup- theologische Fragen, tragen eine positive drale, die das moralische Wertgefüge der mindert nicht deren Bedeutung für ein pieren sich rund um einen gemeinsamen, Sicht der Religionen in die Gesellschaft Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen segensreiches Miteinander in unserem zentralen Raum, den Lehrraum. In die- und werden als hoff nungsvolles Zeichen bewahrt, indem sie dem, was die Stadt im Land, in jedem Dorf und jeder Stadt. Die sem Raum fi ndet die Begegnung zwischen von Anderen wahrgenommen. Innersten zusammenhält Raum gibt: dem Öff entlichkeit hat einen Anspruch auf den Religionen statt, lernen wir vonein- Das »House of One« wird von der Stadt Schweigen, dem zur Besinnung kommen, Gottes gutes Wort. In »Gott in der Stadt: ander und pfl egen ein gutes Miteinander. Berlin, von unserer Kirche, von unseren dem Fragen, dem Staunen, dem Miteinan- Perspektiven evangelischer Kirche in der Zugleich bildet dieser vierte Raum das Religionspartnern, der Stiftung Zukunft derreden, der Sehnsucht nach Transzen- Stadt« heißt es: »Ob Religion in Zukunft Scharnier zur mehrheitlich säkularen Berlin und weiteren Spendern unterstützt. denz, dem distanzierten Blick, dem öff ent- eine friedensstiftende Größe sein wird Stadtgesellschaft. Gemeinsam laden die Wenn es Realität werden soll, dann braucht lichen Feiern und über allem ein Hauch oder zur Potenzierung sozialer und kultu- drei Religionen hier auch die Menschen dieses Projekt auch Ihre Unterstützung. FOTOS: KUEHNMALVEZZI FOTOS: Das geplante Bet- und Lehrhaus »House of One« am Petriplatz in Berlin soll die Religionen vereinen: Außenansicht (links), Kuppelsaal (Mitte), Stadtloggia (rechts) von Größe und Ewigkeit. Die Architektur reller Spannungen und Konfl ikte beiträgt, ein, die einem anderen oder keinem Jede und jeder kann mitbauen am House per se kann die Welt natürlich nicht ret- ist insbesondere für die Stadt eine wichtige Glauben folgen, stellen sich allen Fragen of One und damit ein Zeichen dafür setzen, ten und das Zusammenleben in der Stadt Zukunftsfrage. Um des Zusammenlebens und wünschen sich spannende, frucht- dass ein friedliches Miteinander der Reli- nicht sichern. Weder der umbaute Raum, der Menschen verschiedener Religionen bringende Diskussionen. Der Dialog der gionen, von Menschen unterschiedlicher die Architektur, noch der Stadtraum sind willen gibt es keine Alternative zu einem Religionen muss an vielen Stellen geführt Herkunft und unterschiedlichen Glaubens, für das Wohl oder Wehe des städtischen Dialog der Religionen...« Jede und jeder ist werden. Im Herzen Berlins, inmitten des möglich ist. Jede kleine oder große Spende, Lebens verantwortlich. Doch zeigen neu- gehalten sich zu fragen: Was kann ich tun kulturell-repräsentativen Erbes unseres jede Mitarbeit, jeder Hinweis, jedes Gebet ere soziologische Arbeiten deutlich, dass für ein friedvolles Miteinander? Wofür gibt Landes, unweit des Humboldtforums, sind willkommen. Über unsere Website soziale Strukturen sich sehr wohl als räum- mir meine Glaubensüberzeugung Kraft? fi ndet er einen exponierten Ort, der von www.house-of-one.org können sie mit liche niederschlagen und dass räumliche Was kann zum Gelingen des Zusammen- Anbeginn der Stadt geprägt ist durch die uns in Kontakt treten oder Steine für das Strukturen in Form von Architektur bzw. lebens in der Stadt beitragen? Was kann Anrufung Gottes. Der Dialog der Religio- Haus spenden. im Stadtgefüge soziales Handeln prägen, die Welt retten? Kann es die Architektur? nen untereinander und mit der Stadtge- …dass Frieden werde auf Erden, überall. so Martina Löw. So gesehen kann die Ar- Können es die Religionen? sellschaft an diesem Ort zielt nicht darauf, chitektur dann doch Raum geben, dem was Auf dem Petriplatz in Berlin Mitte soll die jeweils eigene religiöse Prägung auf der Gregor Hohberg ist Pfarrer der die Stadt rettet. Die Erde zu retten, den das Bet- und Lehrhaus Berlin, das »House Suche nach einem kleinsten gemeinsamen Evangelischen St. Petri-St. Marien Himmel zu empfangen, die Göttlichen zu of One«, wie es inzwischen heißt, entste- Nenner zu mildern oder gar aufzugeben. Gemeinde und im Vorstand des erwarten, die Sterblichen zu geleiten – das hen. Stadtgeschichtlich liegt hier eine der Vielmehr geht es darum, sie im Angesicht »House of One« 12 INLAND www.politikundkultur.net

Der Plan vom Planen, Bauen und Betreiben Die Entstehung und Bedeu- das Stadtbild. »Kulturimmobilien« fun- bei der Umsetzung von Großprojekten symbiotisches Verhältnis eingehen, für führt werden können. Auch Bibliothe- tung von Kulturimmobilien gieren als Ankerpunkte der Stadtent- widerspiegeln kann. Die Planung einer Besucher eine Einheit bilden. Ein wei- ken, die zu den ältesten Einrichtungen wicklung sowie als wichtige Pfeiler für Kulturimmobilie legt den Grundstein terer wesentlicher Aspekt ist dabei die kultureller Bildung zählen, lassen sich – über politische Skandale den Kulturtourismus. In ihnen liegt für das weitere bauliche Vorgehen Nutzerfreundlichkeit, die im Fokus blei- gut mit anderen Nutzungen insbeson- und gute Beispiele eine hohe nationale und oft sogar in- und für deren späteren, idealerweise ben sollte. Schließlich gelten Museen dere der Bildung kombinieren. Dabei ternationale symbolische Strahlkraft, nutzerfreundlichen Betrieb sowie für als Orte sozialer Begegnung. sollte nicht nur die Optimierung der OLIVER SCHEYTT UND die stetiger Förderung und Entwicklung die Folgekosten. Ein kluges Projekt- Deutschland besitzt eine einmali- Betriebskosten der entsprechenden LISA HÖHNE bedarf. Zugleich sind Kulturimmobilien management sowie ein eff ektives Zu- ge Theaterstruktur. Solch ein breites Kulturimmobilien im Vordergrund Stätten der Begegnung und der (Selbst-) sammenspiel aller Akteure in sämtli- Angebot an Theater-, Konzert- und stehen, sondern vor allem die Nutzer- er Bau von Theatern, Museen Refl exion des Einzelnen in der Gesell- chen Phasen, die eine Kulturimmobilie Opernhäusern kann weltweit kein freundlichkeit. Zum Gelingen derartiger und Bibliotheken kann politi- schaft. Nüchtern betrachtet steckt in durchläuft, ist der entscheidende Er- anderes Land aufweisen. Heutzutage Kombinationen empfi ehlt sich bereits D sche Skandale entfachen oder den Kulturimmobilien aber auch ein folgsfaktor und kann im Idealfall einer besteht allerdings auch ein erheblicher in einer sehr frühen Phase der Planung Architekten zu Weltruhm verhelfen. Investitionsvolumen in Milliardenhöhe. Kostenüberschreitung vorbeugen bzw. Sanierungsstau, dessen Bewältigung die Beteiligung von Bürgerinnen und Trotzdem existieren kaum einschlä- Im Lebenszyklus einer Kulturimmobilie diese gering halten. Doch nicht nur in den nächsten Jahrzehnten massiver Bürgern sowie der unterschiedlichen gige Publikationen zum Thema. Das fallen immense Kosten, nicht nur für das Planen und Bauen neuer Kultur- Anstrengungen der öff entlichen Hand Nutzergruppen. Von solchen Prozes- Buch »Die Kulturimmobilie«, heraus- die Planung und den Bau, sondern vor bauten wie der Elbphilharmonie oder bedarf, da die Häuser »in die Jahre ge- sen können auch Impulse für die Ur- gegeben von der Kulturpolitischen allem für den Betrieb an. Die Öff ent- dem Stadtschloss Berlin, sondern auch kommen sind«. Zentrale Fragestellun- banität und die Quartiersentwicklung Gesellschaft in der Edition Umbruch lichkeit prophezeit meist bereits nach die Renovierung und der Umbau be- gen sind hierbei unter anderem wie die ausgehen. (Band ), schließt nun diese Lücke: dem Beschluss eines Kulturneubaus, stehender Kulturimmobilien sowie die Akteursgruppen – öff entliche Eigentü- Unentbehrlich zu der komplexen, Das Herausgeberteam Oliver Scheytt, dass (viel) mehr Kosten als zuvor ein- Umnutzung alter Gebäude für kultu- mer mit ihrer Bauherrenfunktion, Ar- unter dem Einfl uss zahlreicher Fakto- Simone Raskob und Gabriele Willems kalkuliert anfallen und Bauzeitenpläne relle Zwecke bilden herausfordernde chitekten, Fachplaner, Bauunterneh- ren stehenden und zukunftsträchtigen versammelt darin Erfolgskonzepte nicht eingehalten werden. Leider oft zu Bauaufgaben, vor allem auch in fi nan- men, Nutzer – dieser Aufgabe gerecht Thematik »Kulturimmobilie« erscheint zum Planen, Bauen und Betreiben Recht! Dies wirft folgende Fragen auf: zieller Hinsicht. werden können ohne dafür eine Mil- daher eine verstärkte praxisbezogene von gebauter Kulturgeschichte. Die Woran liegen Fehlplanungen und Kos- Ein häufiger Streitpunkt in der liardeninvestition tätigen zu müssen. Refl exion von Fachexperten über He- Autorinnen und Autoren sind in ver- tenüberschreitung? Welche Instanzen Planungsphase von spektakulären Weitere kulturpolitische Fragestellun- rausforderungen und Erfahrungen schiedensten Arbeitsfeldern tätig – von tragen die Verantwortung? Wie lassen Museumsbauten, welche die Außen- gen lauten: Wie wirken sich der demo- beim Planen, Bauen und Betreiben von Kulturpolitik über Architekturbüros sich Planungsprozesse und Kosten- wahrnehmung und gar die Identität grafi sche und der digitale Wandel der Kulturbauten. Auf diesem Feld gibt es bis hin zur Veranstaltungstechnik in kontrollen intensivieren? Oder liegt einer Stadt in einem hohen Maß be- Gesellschaft auf das Nutzungsverhalten nicht nur mit Blick auf die aktuell pro- Kultur immobilien – und geben daher die Ursache vielleicht schon in einer einfl ussen können, ist der scheinbare der (potentiellen) Theaterbesucher aus? minentesten Beispiele Elbphilharmo- einen authentischen und abwechs- falschen Kostenberechnung vor Baube- Widerspruch zwischen Ästhetik und Wie lassen sich Theaterräume zeitge- nie, Berliner Stadtschloss oder Kölner lungsreichen Überblick über die Arbeit ginn, nicht hinreichend qualifi zierten Funktionalität. Die Kunst der an der mäß gestalten? Lautet die Antwort auf Theatersanierung immensen Bedarf des in und mit Bauwerken, die im Dienste Planungsprozessen oder Umplanungen Planung beteiligten Akteure besteht die letzte Frage »Nutzungsmischung« Wissens- und Erfahrungsaustausches. der Kultur stehen. während der Bauphase? Wie kommt es, darin, den Anspruch auf beiden Seiten und Öff nung der Theaterräume für eine Vor allem sollte aus Fehlern ebenso wie Kulturbauten sind Ausdruck der dass nach Inbetriebnahme die Folge- zu erfüllen: einerseits die Repräsenta- breitere Öff entlichkeit, wie beispiels- aus guten tatsächlich vorhandenen Bei- Identität einer Stadt oder Region. Die kosten völlig andere Dimensionen ha- tion des jeweiligen Stadtbildes bzw. der weise für freie Theatergruppen? spielen gelernt werden. Bauwerke für Museen, Opern, Thea- ben als zuvor kalkuliert? Verstärkung der Identität nach außen. Für Städte und Kommunen stellt ter, Kulturzentren, Musikschulen und In den meisten Fällen hat die öf- Auf der anderen Seite muss das Gebäu- sich immer wieder die Frage, wie In- Oliver Scheytt ist Präsident der Volkshochschulen prägen meist schon fentliche Hand als Bauherr eine ganz de die intendierten Ausstellungsinhal- stitutionen kultureller Bildung, z. B. Kulturpolitischen Gesellschaft und wegen ihrer (städte-)baulichen Pro- besondere Verantwortung inne, die te und -objekte optimal präsentieren allgemeinbildende Schulen, Volkshoch- Geschäftsführer der Kulturexperten minenz, aber oft auch aufgrund ihrer sich etwa in der Ausschreibung von können. Architektur des Museums und schulen, Musik- und Kunstschulen in GmbH. Lisa Höhne ist Mitarbeiterin geschichtlichen Tradition maßgeblich Architekturwettbewerben, aber auch ausgestellte Gegenstände müssen ein einem Gebäudekomplex zusammenge- der Kulturexperten GmbH Ein Scherbenhaufen Der Freiwilligensurvey  des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA)

ROLAND ROTH Monetarisierung des Engagements oder im Seniorenclub. Dies dürfte eine Folge dem Einfl uss von verkürzten Gymna- der konzeptionellen Entscheidung sein, or einigen Wochen ist er nun sialzeiten (G) und Studiengängen sowohl den Gemeinwohlbezug wie auch endlich erschienen, der neue (BA) auf das Engagementverhalten der die Freiwilligkeit aus dem Merkmalska- voluminöse Freiwilligen- nachwachsenden Generation gewidmet talog für die Überprüfung der Angaben V survey. Seine Vorgänger aus haben. In einer breiten Öff entlichkeit zum freiwilligen Engagement zu strei- den Jahren ,  und  waren galten vor allem die erhobenen Enga- chen. Was großspurig als »Der Deutsche wichtige Wegbegleiter und Orientie- gementquoten in den Länderauswer- Freiwilligensurvey « daherkommt, rungshilfen einer Engagementpolitik, tungen, aber auch auf Bundesebene als hat bei näherer Betrachtung sein Thema die sich seit der Enquete-Kommission Gradmesser für eine zentrale Ressource zumindest teilweise verfehlt. des Deutschen Bundestags »Zukunft des gesellschaftlichen Zusammenhalts Was ist angesichts dieses Scherben- des Bürgerschaftlichen Engagements« und für engagementpolitische Erfolge haufens zu tun? Zwei Möglichkeiten (-) auf allen staatlichen Ebe- und Versäumnisse. bieten sich an. Einmal könnte eine nen und in der Zivilgesellschaft zu ei- Hier setzt das Unbehagen an dem Neubewertung der Tätigkeiten in der nem eigenen Politikfeld entwickelt hat. nun vorgelegten Bericht an. Erstens DZA-Studie vorgenommen werden, um Sicherlich waren einige Aussagen der macht es wenig Sinn, einen Survey zu an die Tradition der Vorgänger anzu- Surveys von Anbeginn umstritten, so präsentieren, dessen Daten fast zwei schließen und damit die zentrale Auf- z. B. die oft als zu hoch empfundenen Jahre alt sind. Gerade im vorliegenden gabe von Surveys dieser Art doch noch Engagementquoten, die Belastbarkeit Fall sorgen die Entwicklungen seit dem zu erfüllen: durch eine in wesentlichen der abgefragten Aussagen zur Bereit- Sommer  dafür, dass die Aussa- Elementen gleiche Erhebungs- und schaft zum Engagement oder die Ver- gen des Surveys hoff nungslos veraltet Auswertungspraxis verlässliche Zeit-

nachlässigung von Nachbarschaftshilfe sind. Wüssten wir doch gerne, was es FOTOLIA.COM / FANKDANIELS FOTO: reihen zu erzeugen, an denen Verände- und anderen Formen informeller Un- mit dem ungeahnten Aufschwung des Ehrenamt: Freiwillige Feuerwehr rungen abgelesen werden können. Zum terstützung. bürgerschaftlichen Engagements in den anderen könnte der Bruch zum Anlass Immerhin ist es den Vorgängern ge- vielfältigen Willkommensinitiativen gewöhnlich die Engagementquoten der Engagementquote zwischen  und genommen werden, einen Verbund un- lungen, im Fünf-Jahres-Rhythmus ver- und in der Flüchtlingshilfe, aber auch früheren Surveys korrigieren. Schließ-  von , auf , Prozent erhöht abhängiger Institute mit einschlägigen gleichbare Daten zu den unterschiedli- den heftigen Gegenmobilisierungen lich müssten, akzeptiert man den neuen haben und die Zahl der Engagierten in Forschungsschwerpunkten zu schaff en, chen Engagementbereichen zu erheben, auf sich hat. Welche Motive treiben Ansatz, alle Kapitel und Aussagen der Deutschland in diesem Zeitraum von der verlässliche Grundlagen für künf- die Engagierten, wie gehen die etab- Vorläufer neu bewertet werden. Um es rund  auf knapp  Millionen an- tige Freiwilligensurveys erarbeitet, die lierten Vereine und Organisationen mit an einem Beispiel deutlich zu machen: gestiegen sein. Allein die notwendige internationale Debatte einbezieht und Die neue Studie lässt den zum Teil erstmals Aktiven um, wie Während der Survey von  einen Korrektur der im Sample überrepräsen- zudem in der Lage ist, zeitnah auf ak- keinen verlässlichen stabil sind die neu gebildeten lokalen leichten Rückgang der Engagementquo- tierten Bessergebildeten hätte die Zahl tuelle Entwicklungen zu reagieren. Der Flüchtlingsnetzwerke und was ist aus te bei den - bis -Jährigen aufgrund der Engagierten um rund zweieinhalb größte anzunehmende Schaden wäre es Vergleich mit bisheri- alledem für die Engagementpolitik in verdichteter Schulzeiten verzeichnete, Millionen reduziert. allerdings, die Idee des Freiwilligensur- gen Ergebnissen zu ruhigeren Zeiten zu lernen – dies sind berichtet die DZA-Studie nun von einer Viertens beansprucht die DZA-Studie veys überhaupt aufzugeben. einige der Fragen, auf die der bereits spektakulären Steigerungsrate von  zu Unrecht, Aussagen über freiwilliges angestaubte Survey mit den Erhebun- Prozent für diese Altersgruppe. Waren Engagement treff en zu können. Mit Roland Roth lehrte bis Ende  Entwicklungstendenzen kenntlich zu gen von  keine Antwort geben kann. die Daten und Trendaussagen von  beachtlichem methodischen Aufwand Politikwissenschaft am Fachbereich machen und damit den Debatten über Zweitens hat das neue Forschungs- falsch, handelte es sich um einen Phan- und neuen Befragungsinstrumenten Sozial- und Gesundheitswesen der die gesellschaftliche Bedeutung des team zentrale Grundlagen der Erhe- tomschmerz? Der Verweis auf eine kor- wird ein Sample konstruiert, das frei- Hochschule Magdeburg-Stendal. freiwilligen Engagements und die Mög- bung, wie Zeitrahmen und Auswahl der rigierte allgemeine Engagementquote williges Engagement enthält, aber eben Er war sachverständiges Mitglied der lichkeiten, es zu fördern, eine wissen- Tätigkeiten, so verändert, dass keine hilft hier nicht weiter. auch Tätigkeiten, die bislang mit guten Enquete-Kommission des Deutschen schaftliche Grundlage zu verschaff en. verlässlichen Vergleiche mit den Da- Drittens sind die allzu gerne von der Gründen nicht dazu gerechnet wurden, Bundestags »Zukunft des Bürgerschaft- Dazu haben auch aktuelle Vertiefungen ten der drei Vorgänger mehr möglich Politik aufgegriff enen besonders hohen so z. B. im »Fußballverein für Erwach- lichen Engagements« und der in den einzelnen Surveys beigetragen, sind. Da hilft es auch nicht, dass die neuen Engagementquoten und Zahlen sene: Aktiver Spieler im Tor« oder die Expertengruppe des zweiten die sich zum Beispiel Themen wie der Autorinnen und Autoren reichlich un- mit Sicherheit falsch. So soll sich die Beteiligung an Wanderungen und Chor Freiwilligensurveys von  Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  INLAND 13

Millionen für Kunst Rüdiger Kruse will Fonds selwerke der deutschen Romantik. für öff entlichen Kunstan- Wenn man möchte, kann man die als »national bedeutsam« einstufen. Aber kauf gründen Kunst ist international, und insofern würde ich mit dieser Begriffl ichkeit Der Haushaltsexperte der CDU Rüdiger nicht operieren. Kruse, MdB hat die Gründung eines  bis  Millionen schweren Fonds für Soll es Ankaufkriterien für die den öff entlichen Ankauf von Kunst für Kunstwerke geben? die staatlichen Museen in Deutschland Die Ankaufkriterien sind schon heute vorgeschlagen. Diese Idee könnte viele da. Das heißt, es würde so sein, dass Museen, die aufgrund schrumpfender Experten der Kulturstiftung der Län- Etats und steigender Personalkosten der entscheiden, ob das Objekt für die nur noch wenig fi nanziellen Raum für Sammlung eine deutliche Verbesse- den Erwerb neuer Kunstwerke haben, rung ist. Wenn es von einem Künstler vor dem Ausbluten retten. Politik & schon  ähnliche Objekte gibt, muss Kultur hat Rüdiger Kruse zu seinem man es nicht ankaufen. Das sind die Vorschlag befragt. Dinge, die heute schon geprüft wer- den. Und insofern brauchen wir keine Theresa Brüheim: Herr Kruse, Sie neuen Kriterien. Die Kulturstiftung haben die Gründung eines  bis der Länder – mit den Mitteln, die sie  Millionen schweren Fonds für heute hat – macht eine sehr gute An- den öff entlichen Ankauf von Kunst kaufspolitik. vorgeschlagen. Wie kam es zu die- ser Idee? Welches übergeordnete Ziel ver- Rüdiger Kruse: Die Idee ist entstan- folgt Ihr Vorschlag?

den, als die Fragestellung des Kul- RENNER MARCUS FOTO: Welches Ziel hat Kunst? … Kunst und turgutschutzgesetzes aufkam. Der Rüdiger Kruse Kultur sind immer Ausdruck einer Ge- Umstand, dass die deutschen Museen sellschaft. Heute gibt es keine Fürsten und öff entlichen Sammlungen sehr Daher kann auch im Rahmen des möchte. Die Kulturstiftung der Werke erworben werden, aber es mehr, die Kunstwerke ankaufen und wenig Ankaufetat haben und ent- Fonds die Sachbewertung von der Länder wirbt auch heute schon könnte auch nur eines angekauft aushängen, sondern das machen eben sprechend über wenig Möglichkeiten Kulturstiftung der Länder übernom- zusätzliche Mittel bei privaten Insti- werden? die demokratisch legitimierten Ins- verfügen, Kunstwerke, die sie für be- men werden. Das stellt auch sicher, tutionen ein. Mein klassisches Beispiel ist immer: titutionen. Aber sie müssen es dann deutsam halten, zu erwerben, hat sie dass dann plötzlich nicht alles nur In der Kunsthalle in Hamburg hängt eben auch tun. Und das ist in letzter weiter befeuert. noch in Berlin ist. Wir wollen unseren Wäre Crowdfunding eine weitere »Der Wanderer über dem Nebelmeer« Zeit nicht mehr so intensiv gemacht Zuvor hatten wir bereits eine Dis- föderalistischen Ansatz auch in der Option zur Steigerung des Fonds? von Caspar David Friedrich. Das worden. Wir haben sicherlich viele kussion über die Anwendung des Sammlungskultur behalten. Crowdfunding funktioniert nur dann, wäre z. B. so ein Bild, für das, wenn schöne neue Museen gebaut, ganz englischen Modells, das dem Staat ein Das Parlament wird an den Entschei- wenn es um ein spezielles Werk oder es privat verkauft würde, man als klar. Aber es ist eben auch die Auf- Vorkaufsrecht gewährt. dungen des Fonds beteiligt sein. Das eine Sammlung geht, die lokal eine staatliches Museum sicherlich erheb- gabe der Gesellschaft für sich selbst Insgesamt ist es aus meiner Sicht wird man aber dann organisieren. Bedeutung hat oder an denen die liche Summen aufwenden müsste. In Kunstwerke zu kaufen. Die Zahl der wichtig, dass öff entliche Sammlungen Übrigens: Nicht nur der Bund hat Menschen hängen. In einem solchen einem solchen Fall könnte man es mit Museumsbesucher ist sehr, sehr hoch. Kunst ankaufen. Das muss der Staat durch Steuermehreinnahmen mehr Fall kann dieses Instrument gut ein- so einem Fonds lösen. Das heißt, das Interesse daran ist dann eben auch ermöglichen. Daher Geld. Genauso viele Steigerungen gibt gesetzt werden. Wenn ich  Euro auch vorhanden. Und insofern ist das kam die Idee des Fonds. Man sollte es bei Ländern und Kommunen. Das gebe, und das tun auch noch . Mithilfe des Fonds soll »national auch eine vernünftige Entscheidung, nicht gezwungen sein, jedes Jahr heißt, so wie der Bund in den letzten andere Leute, dann haben wir schon bedeutsame Kunst« erworben das zu tun. bis Dezember sein Geld auszugeben, Jahren unter der CDU-Regierung einen sehr nennenswerten Betrag. werden. Was ist für Sie »national sondern es sollte eine große Sum- seine Kulturausgaben gesteigert hat, Crowdfunding funktioniert für ganz bedeutsam«? Wie soll über die »na- Herr Kruse, das ist ein gutes me geben, die sicherstellt, dass eine kann das natürlich auch jedes Bun- klare Aktionen – aber nicht für einen tionale Bedeutsamkeit« einzelner Schlusswort. Vielen Dank für das Sammlung oder ein sehr wertvolles desland tun. übergeordneten Fonds. Kunstwerke entschieden werden? Gespräch. Einzelobjekt angekauft werden kann, Ich persönlich bin kein Fan von der wenn das von Interesse ist. Soll es ergänzende Finanzierungs- Wird es eine Quote geben, die fest- Begriffl ichkeit »nationale Bedeu- Rüdiger Kruse, MdB (CDU) ist Haupt- modelle geben? legt, wie viele Bilder mittels dieses tung«. Und ich glaube auch, dass sich berichterstatter für Kultur, Medien und Sie haben eben schon die Gesetzes- Zusätzlich kann im Einzelfall geprüft Geldes erworben werden können? die »nationale Bedeutung« immer in das Bundeskanzleramt im Haushalts- initiative zum Kulturgutschutzge- werden, ob eine andere Stiftung, ein Nein. Bewegung befi ndet. Es gibt sicherlich ausschuss des Deutschen Bundestages. setz von der Kulturstaatsministe- Bundesland oder auch ein privater Einzelexemplare, die durch die deut- Das Interview führte Theresa Brüheim, rin Monika Grütters angesprochen. oder unternehmerischer Sponsor Das heißt, es könnten mit den Mit- sche Geschichte für uns eine beson- Chefi n vom Dienst von Politik & Können Sie die genaue Rolle der gefunden wird, der sich beteiligen teln des Fonds beispielsweise zehn dere Bedeutung haben, z. B. Schlüs- Kultur Gesetzesinitiative vor dem Hinter- grund des Vorschlages bitte weiter ausführen? Im Zusammenhang der Gesetzesiniti- ative kam es zu der Debatte, weshalb Kunst, die auf dem Markt ist, eben Lesen bildet. Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler. nicht in einer öff entlichen Sammlung landet. Die Museen haben einfach

keine Möglichkeiten, den marktgän- Vorwort und Einleitung – Sabine Kunst: Mut und GewVorworissenstbi unnddung. Ein Wleasit ung Muslimisches Leben Vorwort – Einfluss / S. 77 Vorwort und Einleitung – Ch ristine M. Merkel: WerVkorworzeugkast tunen d» KEiunltureleitllunge – A ndrea WengerWengerr im Gespresprächäch mimitt – Olaf Zimmermann: Vorwort / S. 13 Luthers Fähigkeit, sich trotz– allerOlaf GefahrZimmermann: für seine Überzeu-Die beste Pizza von Jerusalem / S. 19 – Gabriele Steffen:Stadtteilentwicklung – Christian Höppner: als gesell- – Medienmacht / S. 79 – Olaf Zimmermann: Die Marktfähigmachung Vielfalt gestalten«. Wichtige– Olaf Initiativen Zimmermann: des Kulturaus- Altes Zeug / S. 19 WWasas tun gegen KuKunsträuberunsträuber unundd -fäls-fäls – Gabriele Schulz: Zu diesem Buch / S. 15 gungen einzusetzen, uns heute– Gabriele noch sagen Schulz: kann Einleitung / S. 76 / S. 20 schaftliches Projekt / S. 105 Kaleidoskop der Kulturpolitik / S. 11 – Transparenz / S. 80 der Welt / S. 15 schusses des Europaparlaments– Gabriele / S. 100 Schulz: Kulturgutschutz: eine Kulturgutschutz:Kulturgutschutzz: analanalogog und didiggii gigen Preis zu zahlen. Das liegt nicht Der lange Weg zum Reformationsjubiläum – Hartmut Lehmann: LutherWie in deralles Welt anfing heute … und dann fortgesetzt wurde – Reinhold Zemke: Die MoscheeDie Editorials als Aufgabe der – Gottesbezug / S. 81 – Gabriele Schulz: Globalisierung und Schutz – Christine M. Merkel: Entwicklungenvielfältige inAufgabe Seoul / S. 20 – MiMichael chael KnocheKnoche:e: GrabGrab derder deudeutschutsche – Stefan Rhein: Vom Thesenanschlag zur sehen. Das Reformationsjubiläum– Olaf Zimmermann:  als einzig- Zweifellos / S. 29 Stadtplanung. Zwischen Hinterhof– Mangas und / S. 13 Boulevard, – Sommertheater / S. 82 der kulturellen Vielfalt – ein Dauerthema / S. 17 beobachten. Kulturelle VielfaltVerantwortung im Spannungsfeld für Kulturgut weltweit War der Brand dederer HerzoginHerzogin AAnnannna AmAm Lutherdekade. Das Reformationsjubiläum  artige Chance / S. 78 – Olaf Hahn: Einladung zur konstruktiven Ausein- Zentrum und Stadtrand / S. 108– Reichtum / S. 14 – Verrat / S. 83 Der Welthandel und der GATS-Schock zwischen Handels abkommen– Olaf und Zimmermann:Völkerrecht. Die Zerstörung, der Raub undnd vermeidbar?vev rmeidbar? / S. 8S. 8787 daran, dass die Kunstwerke überteu-  als Einladung zum Diskurs / S. 21 – Volker Leppin: Luther  andersetzung.– eine ökumenische Was ein Dossier »Islam · Kultur · Politik« – Stefanie Ernst im Gespräch– Exoten mit Erol / S. 15 Pürlü: – Mythos / S. 84  – Martin Hufner: Identität, Nation und Globalisierung. Das Beispiel Korea / S. 105 der illegale Handel mit Kulturgut. Besitz von – JJoachim oachim MengeMenge:: Gefahr im WaWandelandel – Stephan Disputationen: Dorgerloh: Von freien Christen und Chance / S. 81 leistenIslam · Kultur · Politik kann / S. 31 Normalität im Zusammenleben– Sonnenschutz istKulturpolitik das Ziel / S. 16S. 111 – Think big! / S. 85 NotwendigeTTIP, CETA & Co. Verwicklungen zwischen Geschichte – Christine M. Merkel: BoomendesRaubkunst Altes Brasilien. muss gesellschaftlich undZeug: rechtlich ddingungeningungen dderer KaKatastrophe.atastrophe. IImm LebeLebe ert sind, sondern der Grund ist, dass mündigen Bürgern. Luthers Reformation / S. 24 – Athina Lexutt: Das Lob der– OlafAnfechtung Zimmermann / S. 83 und Olaf Hahn: – Abdulla Elyas: waymo – Plattform– Obsession für /junge S. 17 – Exoten / S. 86 und Gesellschaft / S. 23 Champion der »Diversidade Cultural«geächtet werden/ S. 108 / S. 27 Gebäudes GebäudeG s sind UmbauphasenUmmbauphasen besonbeesondd – Gabriele Schulz im Gespräch mit Udo Dahmen: – : Politisches HandelnZwei Jahre spannende Debatten. Die Dossiers Muslime / S. 115 – Wettbewerb / S. 18 – Feiertag / S. 87 – Bernhard Freiherr von Loeffelholz: Zur Bedeutung – Christine M. Merkel: Auf– der Hermann Suche nach Parzinger: einer neuen Kulturelles Erbe weltweit – UUlrich lrich S. SoSoénius:éniuus: Die KatastropheKatastroophe Reformation und Musik als Chance / S. 27 braucht Gewissen / S. 86 »Islam · Kultur · Politik« / S. 33 – Götz Nordbruch: Muslim,– deutsch Sinnkrise und / S. 19 aktiv. – Gedanken / S. 88 der Kultur für die globale Ordnung. Gedanken zu der Vision von Vietnam. Kulturellein Gefahr. Vielfalt Eine konkret Novellierung / S. 112 des Kulturgüter schutz-tz- KKultureinrichtungultureinrichtunng stastarkrk betroffen.betroffeen. M die Museen über keinen Einkaufsetat – Dieter Reflexionen Georg Herbst: Am Anfang war das Wort – – Christoph Markschies: WomöglichIslam in Deutschland mit Muslimische Jugendkulturen– Feuerwehr in Deutschlandauf / S. 20 / S. 117 den Punkt– Wunden / S. 89 UNESCO-KonventionDie zumAuswirkungen Schutz kultureller Vielfalt / S. 26 Nebenschauplatz EU-Dienstleistungsrichtliniegesetzes Beiträge in Deutschland ist nötig / S. 30 zurwwelche elc he LeLehrenhren fofolgenolgen aus ddemem EinstuEEinstu und was kommt danach? / S. 29 wuchtigen Hammerschlägen– Katajun / S. 88 Amirpur: Gleichberechtigung für Muslime – Sawsan Chebli: Jung, muslimisch,– Mängelexemplare aktiv. / S. 21 – Nützlich / S. 90 – Max Fuchs: Culture unlimited. Anmerkungen zur – Olaf Zimmermann: Der Staat,– Monika der Markt, Grütters: die Bürger. Kulturgut verpflichtet! StadtarchivsStadtarS chivs / S. 92S. 992 – Arne Lietz: Pluralismus als gemeinsame Signatur. – Reinhard Kardinal Marx: Einssein schaffen. mit Über Christus. unsägliche Debatten und positive Ent- Das JUMA-Projekt in Berlin– / Wunderglaube S. 120 / S. 22 – Wächter / S. 91 Kulturpolitik in Zeiten der Globalisierung / S. 30 Wer leistet kulturelle Grundversorgung?Die Gesetzesnovelle / S. 117 zum Kulturgutschutz läutet eeineninen – Michael KnocheKnoche:e: DieDie größeregrößere KKultultu verfügen. Europäische Perspektiven in der Luther dekade Inwieweit sind die Konfessionenwicklungen bereits »eins«?in Deutschland / S. 90 / S. 37 – Nadjib Sadikou: Erziehung– Fragenzwischen / S. 23 den Kulturen. – Obrigkeit / S. 92 – Thomas Krüger: Kulturelle Verschmelzungs- – Max Fuchs: Die Dienstleistungsrichtlinielängst fälligen und Paradigmenwechsel ein / S. 34 GGefragtefragt ist jetztjetzt eine nationalesnationales ProgPrP ogr und zum . Reformationsjubi Reformations-läum im Jahr  – : Die –Reformation Patrick Bahners: war eine Der Aufklärung verpflichtet. Wertewelten muslimischer– Jugendlicher Effizienz gebracht: / S. 25 im – Likrat / S. 93 und Synchronisationsprozesse.der Freihandels- Das Wort der Kultur die Kultur. Tiefgreifende Sorgen– Olaf Diskussionüber Zimmermann Kompetenz- und Gabriele Schulz: Die nächsteächste zumOriginalerhaltOriginalerhalt / S. 96S. 966 Bisher bietet die Kulturstiftung der stärken / S. 31 Bildungs-Bewegung. PhilippDie Melanchthon Kritik der Islamkritik – / S. 39 Klassenzimmer / S. 123 – Wegducken / S. 26 Anhang erheben: lautstark, kräftig und strategisch / S. 35 verteilung und ZuständigkeitRunde / S. 121 wurde eingeläutet. Das »Gesetz zur Neu- – KathariKatharina na CorsCorsepius:eepius: DigitalDigital statts Reformationsjubiläum – Weggefährte Luthers und »praeceptor– Kristin Bäßler Germaniae« im Gespräch / S. 92 mit Hilal Sezgin: – Haci Halih Uslucan: Muslime– Schuld als gewalttätige / S. 28 – Kulturpolitisches Glossar / –S. 94 Heinrich Bleicher-Nagelsmann: Aus dem Blickwinkel – Fritz Pleitgen: Kulturelle Vielfaltregelung darf des nicht Kulturgutschutzes« dem in der Diskussionn nicnichtht ddieie LösuLösung.ng.. Zum EinstuEinsturzrz des H auch gegen den Strich gebürstet – Regine Möbius: Mein LutherDeutschland – ihr Luther? muss / S. 94 sich neu erfinden / S. 42 Machos? Zum Zusammenhang– Ein-Euro-Digitalisierer von Geschlecht, Gewalt / S. 29 – Begriffsregister / S. 134 weltweiter Liberalisierung. Schranken der Handelsliberali- Binnenmarkt geopfert werden.der Die Bundesländer EU-Dienstleistungs- / S. 37 ArchivsArchivsv dederr StStadtadtt KölKölnn / S. 99S. 99 Länder eine kleinere Möglichkeit für – Petra jubiläum Bahr: Lob des Geheimnisses – Luther lesen! – Johann Michael Möller: Die– Ronald Präsenz Grätz: der Wer lernt von wem? und Religion / S. 126 – Schamhaftes Kommentare Schweigen / S. 30 – Namensregister und / S. 138 sierung abkommen und Sicherung der Informations freiheit / S. 39 aufrichtlinie und die Kultur / S. 124– Robert nachhaltigen A. Kugler: Immaterielle Eigenschaften – RRobert oberrt KrKretzschmar: etzschhmar: UnverzichtbUnverzicchtbaa Vom »falsch Zeugnisreden«: Medienrevolutionen Reformation / S. 97 Islam in Deutschland / S. 46 – Stephanie Doetzer: »Mein– GesichtKakaopulver ist privat« / S. 31 – Pascal Lamy: Kultur ist kein gewöhnliches Gut. CETA, TTIP, TiSA und wie esbewahren. weitergeht Anforderungen an ein modernes Kultur-ur- GedächtGedächGedächtnisnis der GGesellGesellschaft.schaft. DaDasas InIntt und ihre Folgen / S. 35 – Michael Müller: Martin Luther– Michael und Berlin Blume: / S. 99 Wie können Muslime unsere Gesellschaft Warum manche Frauen Gesichtsschleier– Expansion / S. 32tragen und Zur Liberalisierung des internationalen Handels / S. 43 – Volker Perthes: Die strategischengüterschutzgesetz Prioritäten der/ S. 41 den KreKreisis der ArcArchivnutzerchivnnutzer sständigtänndig / den öff entlichen Kunstankauf. Sie – Heinrich Bedford-Strohm: Der Herzschlag – : Das Reformationsjubiläummitgestalten? Antworten  als aus der Lebensrealität / S. 51 Deutschland sich eine Burka-Debatte– Offenheit sparen / S. 33 sollte / S. 129 – Olaf Zimmermann: Sonnenschutz / S. 46 Anderen. Zur Interessenlage– Markus der einzelnen Hilgert: Partner Wir sind beim nicht hilflos. Ein -Punkte-unkte- – RenRené é BöBöll:ll: Nur eieeinerner von . VVerscersch von Gemeinschaft / S. 37 Chance begreifen. Das kirchliche– Gabriele Kulturengagement Hermani: Die Deutsche Islam Konferenz  – Reinhard Baumgarten: Verhängte– Wissenslücken Begriffe Ansichten. / S. 34 von – Hans-Jürgen und Blinn: Besonderer Medien Ausschuss Transatlantischen HandelsabkommenProgrammKulturgutschutz TTIP für einen / S. 129 nachhaltigen Kulturgutschutztz / SS. 44. 44 lässelässe inin Köln:Köln: einn kukulturellerltureller SupSuper-per-G – Wolfgang Böhmer: Luthers Wirkungsspur ist breit. rückt stärker ins öffentliche bisBewusstsein . Zusammensetzung / S. 102 und Ergebnisse / S. 53 Was steckt oder besser wer– steckt Jahresrückblick eigentlich hinter/ S. 35 nach Artikel  EG-Vertrag / S. 48 – Olaf Zimmermann, Gabriele– Isabel Schulz: Pfeiffer-Poensgen: »Gerechter« Kulturerbe bewahren und – EberharEberhard d Junke Junkersdorf:ersdorf:rsdo DeutschlaDeutscchlann hat einen gewissen Grundetat, mit Von der Reformation zum Kulturprotestantismus / S. 39 – : Von Wittenberg– Sonja inHaug: die Welt. Herkunft, Glaubensrichtung, Bildung, einem Niqab oder einer Burka?– Leitkulturstandards / S. 132 / S. 36 – Max Fuchs: Vom Wert kultureller Vielfalt. Kultur, Welthandel und Freihandelsabkommen.überliefern. ÜberZur Arbeit WTO, der Kulturstiftung der Länderder / SS. 48. 48 Zu GeschichteGeschichte unundnd AufAufgabegabe dederr MurnMurn – André Brie: Für einen Häretiker / S. 41 Die Lutherdekade in der AuswärtigenPartizipation. Kultur- Vom und Eins-Werden und vom Einssein / S. 58 – Stefanie Ernst im Gespräch– Spannungsverlust mit Melih Kesmen: / S. 38 globale Märkte und GATS / S. 51 GATS, TTIP, CETA und TiSA– /Günther S. 133 Wessel: Nachschub für einen – ErnErnst st SSzebedits:zebedits: DDasas »verruchte«»verruchtte« Fi dem sie bereits sehr verdient einzelne – Tom Buhrow: In weiter Ferne und doch nah? Bildungspolitik / S. 105 – Wolfgang Benz: Wie die Angst vor dem Islam die I love my prophet / S. 134 – Unfair Olaf / S. 39 Zimmermann– Wolfgang Clement: Cancún und die Folgen. – Gabriele Schulz: Der alte Kontinentgigantischen und Markt.die kulturelle Raubgrabungen zerstören Zum UmgUmgangang mitt Filmen und FiFilmdilmdo Reformationsjubiläum – das ist doch erst , für – Peter Reifenberg: … ein glühenderDemokratie Backofen gefährdet. Fehlende Kenntnisse über den – Ingrid Pfluger-Schindlbeck:– Kurzgeschichte Zur Symbolik / S. 41 Zur Liberalisierung des internationalen Dienst- Vielfalt. Zum Freihandelsabkommendas kulturelle zwischen Erbe den der Menschheit / S. 51 aus dem DrittenDritten ReichR / SS. 112. 112 einen aktiven Medienmenschen des . Jahr- voller Liebe / S. 107 Islam produzieren Vorurteile und Ablehung / S. 61 des Kopfhaares / S. 137 – Ort / S. 42 leistungshandels / S. 56 USA und Europa / S. 136 – Walter Sommerfeld: Plünderungen, Verwüstungen,gen, – HHanns-Peter anns-Peter FrFrentz:eentz: Bilder alss ZeiZeit Sammlungsexemplare angekauft hat. hunderts eigentlich ein Datum in weiter Ferne. / S. 43 – Georg Ruppelt: Thron und– AltarHeinz / S. 110Fromm: Der Islam aus Sicht des Verfassungs- – Reinhard Baumgarten Die– KulturellerLast der langen Takt Nase./ S. 43 – Max Fuchs: Cancún und die Folgen für die Kultur. – : GestaltenRaubgrabungen. statt verhindern. Raub-Archäologie im Irak bewirktkt fachgerechtenfachgerechten ErhaltErrhalt analogeranaloger FotoFFotogg – Stephan Dorgerloh: Zum Melanchthonjahr. – Stephan Schaede: Luther gehörtschutzes. uns Einnicht friedliches / S. 112 Zusammenleben braucht sachli- Neuer Trend zur Schönheitschirurgie– Wiedergutmachung im Iran / S. 140 / S. 44 Neun Anmerkungen zu den WTO-Verhandlungen Warum agiert die Kultur bei TTIPZer störung so mutlos? historischer Stätten / S. 54 – CClaudia laudia ScSchubert:hubert: Die vivielschichtielschiichtig Die Lutherdekade eröffnet ihr nächstes Themenjahr – Olaf Zimmermann: Luther chegehört Auseinandersetzung euch wirklich / S. 64 Muslimische Zivilgesellschaft– Kunstgeschmack / S. 45 in Mexiko / S. 58 Ein Gegenplädoyer / S. 139 – Dieter Vieweger: »Was ich liebe, wird nicht der Fotografie.Fotografie. EiEinin zezeitgenössischesitgenössiscches Aber es ist eben immer eine Frage »Reformation und Bildung« / S. 45 nicht! Die Evangelische Kirche– Detlef sollte Pollack: ihre Tore Akzeptanz weit, und Wahrnehmung des – Olaf Zimmermann: Nutzen– Aufgeräumt für alle. Starke / S. 47 islamische – Fritz Pleitgen: Erfolg und Ambivalenz. Resümee – Olaf Zimmermann und Claudiusuntergehen Seidl …« im Über Gespräch die Ursachen und die Folgen ggroßerroßer historihistorischerschher BedeutungBedeutung / SS. 11. 11 – Markus Dröge: Empirische Erkenntnisse sehr weit öffnen / S. 115 Islams. Zu den Ergebnissen einer Studie der Zivilgesellschaft / S. 143 – Kunstdinge / S. 48 der WTO-Ministerkonferenz in Cancún aus der audio- mit Ulrich Kühn: Europas Kulturder Zerstörung am Abgrund? von Kulturgut / S. 57 – Michael HollmaHollmann:ann: Die SchätzeSchätzze de des Geldes. Und der Staat wiederum theologisch reflektieren / S. 49 – Heinz Schilling: Luther historischWestfälischen einordnen Wilhelms-Universität / S. 117 Münster / S. 67 – Rupert Graf Strachwitz: –Muslimische Turbokinder Strukturen / S. 49 visuellen Warte / S. 61 Der Streit um das Freihandelsabkommen– Joachim Marzahn: TTIP / S. 143 Vom »Schatz suchen« zum DDerer ErhErhaltalt von ArArchivgutrchivgut in seinseinerner or – Torsten Ehrke: Schluss mit der Luther-Apologie / S. 51 – Carsten »Storch« Schmelzer:– Aiman Luther A. undMazyek: die Islam-Bashing / S. 69 im Stiftungswesen. Eine jahrtausendealte– Nörgeln / S. 50 Tradition im – Sebastian Fohrbeck: Globaler Bildungshandel. – Hans-Joachim Otto: Umfassendwissenschaftlichen und ehrgeizig. Arbeiten. Chancen Zur Entstehung der ist ddieie wicwichtigstehtigstee AuAufgabefgabe / S. 1188 – Volker Faigle: Die Reformatoren waren nie in Afrika. Hölle. Oder: Über die Abschaffung– Sabine des Schiffer: FegefeuersIslamfeindlichkeit / S. 121 in Deutschland. Wandel der Zeit / S. 145 – Frischzellenkur / S. 51 Deutsche Hochschulen und das General Agreement und Risiken des neuen Handelsabkommensarchäologischen / S. 146Forschung / S. 59 – OOlaf laf ZiZimmermann:mmermaann: Zuerst ErhaltErhhalt d verfügt grundsätzlich über genug Res- Streiflicht zur Entwicklung der lutherischen Kirchen – André Schmitz: ReformationsjubiläumAusgrenzende als Strukturen Fest ernst nehmen / S. 71 – Olaf Zimmermann: Muslimische– Agendasetzung Zivilgesellschaft / S. 52 – on Trade in Services (GATS) / S. 64 – Jürgen Burggraf: Spinnen– die Margarete Gallier? van Ess: Die Zerstörung von Kulturgüternütern uundnd danndann seine DigitaDDigitalisierung.lisierung. Schr in Afrika und zu gegenwärtigen Herausforderungen / S. 55 der Standhaften / S. 123 Der Bruch des . September  gibt es sie eigentlich? / S. 148– Uneinigkeit / S. 53 – Gabriele Schulz: Kultur und Medien bislang noch außen Nein, vive la France! Transatlantischeim Nahen Handelspartner-Osten. Folgen für die Forschung / S. 61 ist memehrhr aalsls nnurur TrägTTrägerer von InfoInformarmat – : Reformation und Bildung? – Friedrich Schorlemmer: –»Die Olaf ganze Zimmermann Welt ist in derund Gabriele Schulz: – Matthias Kortmann: Mühsames– Disputationen Ringen um / S. 55 vor. GATS-Verhandlungen gewinnen an Dynamik / S. 67 schaft ohne Kultur und Audiovisuelles– Markus Hilgert: / S. 148 Forschung für den Kulturgut- – Ulrich JohanneJohanness SchneSchneider:ider: DDie EhEh sourcen, das Geld bereitzustellen. Reformation durch Bildung! / S. 58 Habsucht ersoffen wie in einerKein Sintflut«. Märchen Über aus tausendundeiner Nacht. Der Bruch Anerkennung. Muslimische– DachverbändeMärchenstunde als / S. 56 zivil- – Hans-Jürgen Blinn: Kultur, die besondere Dienst- – Birgit Reuß: Bauernopfer Buchhandel?schutz. Interdisziplinäres Das geplante Verbundprojekt zum illegalenegalen uundnd DigDigitalisat.italisat. ZuZ ddenen kkulturellenulturelllen E – Hermann Gröhe: Die Gegenwartsbedeutung gemeinen Nutz und Wucher desbei Martin. September Luther / S. 125 enthält die Chance eines gesellschaftliche Akteure in– DeutschlandVisionen / S. 57 / S. 151 leistung. Freihandelsabkommen mit Zusatzprotokoll Freihandelsabkommen wird Handelzum Kulturkiller mit Kulturgütern / S. 151 in Deutschland / S. 63 digitalendigitalen TranTransformationsfoormation / S. 1233 der Losungen. Zum . Todestag Nikolaus Ludwig – Irmgard Schwaetzer: Frauenkulturellen ins Pfarramt Aufbruchs / S. 128 / S. 75 – Mohammed Abdulazim: –Organisation Nerverei / S. 58 zur kulturellen Zusammenarbeit zwischen der EU – Rolf Bolwin: Ist Kultursubvention– Adelheid eine Otto: Wettbe- Nicht länger tatenlos zusehen. – Thomas Bürger: Original oderr didigigit von Zinzendorfs / S. 60 – Thomas Sternberg: Luther– Petraund die Bahr: Folgen Gegenbilder für entgegensetzen / S. 79 muslimischer Jugendlicher– in Spielsucht Verbänden. / S. 59 Das Beispiel und Südkorea unterzeichnet / S. 69 werbsverzerrung? TTIP oder Zurwas Bedeutung die Kultur vonder archäologischender Kulturschätze und nutzen wir unser kulturellesees Erb – Thies Gundlach: Erinnerungskultur und Jubiläums- die Kunst. Martin Luther nahm– Aiman die Bilderfrage A. Mazyek: nicht Um Jahre zurückgeworfen. / und der Muslimischen Jugend in– Zukunftswillen Deutschland / S. 154 / S. 60 Was bringt die Konvention Kulturelle Vielfalt? Wirtschaft rechtlich unterscheidetim Vorderen / S. 154 Orient / S. 65 – Johannes Kistenich: Nach derr KatKataa Die eben erwähnte Kulturstiftung gestaltung. Wie entsteht Geschichtsbewusstsein und was so ernst und hat dadurch diedie freie Folgen Entwicklung für Völkerverständigung der und Integration / S. 82 – Thomas Klie und Julia Schad:– Ungehorsam Brachliegendes / S. 62 – Wilhelm Neufeldt: Konvention zum Schutz der – Brigitte Zypries: Die Kultur– Walther steht nicht Sallaberger: zur Disposition. Tontafeln, von denen Kulturelles Erbe retten. Von derer fafacch bedeutet es für das Reformationsjubiläum  / S. 63 Kunst befördert / S. 130 – Herfried Münkler: Sicherheitssorge statt Engagementpotenzial. Zugangshemmnisse– Entfremdung / S. 63und -chancen kulturellen Vielfalt. Bewertung des UNESCO-Abkommens Trotz schwierigem Start sindwir die viel TTIP-Verhandlungen lernen können. Zur Bedeutung der antiken versorgung bis zur Konservierungunng / S – Wolfgang Huber: Die Ambivalenz des Reformators / S. 65 – Rupert Graf Strachwitz: LutherBedrohungsangst. und der Staat. Der . September und seine Folgen für junge Muslime zu Freiwilligendiensten– Kooperationsverbot / S. 156 / S. 64 aus Sicht der Kultusministerkonferenz / S. 75 auf einem guten Weg / S. 158 Keilschrift / S. 67 – Ursula Hartwieg: Warum Originalgiinale der Länder soll gemäß Ihres Vor- – Margot Käßmann: Im Kontext unserer Zeit. Kann sich die Kirche der Reformationaus politikwissenschaftlicher zur Zivilgesell- Sicht / S. 85 – Jens Kreuter: Bundesfreiwilligendienst– Elite / S. 66 und Muslime. – Adolf Dietz: Kulturelle Vielfalt und internationales Urhe- – Rupert Schlegelmilch: Die– Mariakulturelle Böhmer: Vielfalt Welterbe wird in Gefahr. Die Rettung der in bundesweiter Koordinierung?g?? ZumZum Das Reformationsjubiläum  und die politische schaft bekennen? / S. 132 – Wolfgang Schmidbauer: Die Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und Entwicklungen– Prügeln / S. 159 / S. 67 berrecht. Zur Definition von kulturellen Gütern weiterhin geschützt. Kultur imantiken Rahmen malischen der Trans- Handschriften in Timbuktu / S. 69 lichen Kulturguts in Archiven undunnd Bi Dimension des Freiheitsbegriffes / S. 67 – Johannes Süßmann: HeuteIdealen. würde Luther Von der twittern. Psychologie des Terrors / S. 88 – Christoph Müller-Hofstede:– Beton Zivilgesellschaft / S. 68 von und Dienstleistungen / S. 79 atlantischen Handels- und– Investitionspartnerschaft Günther Schauerte: Die Museen und das archäolo- – Ellen Euler: Der Vergangenheititt eieinne schlages für die Organisation des – Stephan J. Kramer: Und willst Du nicht mein Reformation und Neue Medien– Almut / S. 135 S. Bruckstein Çoruh: Augen ohne Gedächtnis morgen. Vorstellung eines –Modellprojekts Vordemokratisch / S. 162 / S. 69 – Verena Metze-Mangold: Vor der Entscheidung.  (TTIP) / S. 161 gische Kulturgut. Zum ErwerbungsverhaltenJetzt im Zeichen bestellen Die Vision der Deutschen Digitalentaalen B Bruder sein … Gedanken zum Reformationsjahr aus – : Von der Wartburg sehen in nichts. die Moderne. Persönliche Zur Reflexionen zu / / S. 91 – Aiman A. Mazyek im Gespräch– Schweigenbrechen mit Ali Dere: / S. 70 UNESCO-Staaten stimmen über Kulturkonvention ab / S. 84 – Bernd Lange: Kultur und Transparenz.welt weiter Krisen Das Trans- / S. 71 Zukunft der Sammlungen / S. 133333 Fonds zuständig sein. Wie genau jüdischer Sicht / S. 70 weltgeschichtlichen Bedeutung– Friedrich der Reformation Wilhelm /Graf: S. 137 Nine eleven und Wir brauchen heute mehr Dialog– Opposition als je zuvor / S. 71 / S. 165 – Peter S. Grant: Der kulturelle Werkzeugkasten. atlantische Freihandelsabkommen– Günther und Wessel: audiovisuelle Die Macht der Konsumenten. Was – Marjorie Berthomier: Erhalt digitddigitaa – : Ein Ereignis von internationaler – : Wir Kinderdie Christender Reformation. / S. 94 – Nurhan Soykan: Tag der offenen– Eigenständigkeit Moschee. /Gespräche S. 72 mit Warum unterscheiden sich audiovisuelle Güter von Medien im Blickpunkt / S. 164kann dem illegalen Kunsthandelwww.kulturrat- Einhalt gebieten? / S. 74 Probleme und Herausforderungengen / S Relevanz. Das Reformationsjubiläum  / S. 72 Über den Folgenreichtum der– Petra Reformation Klug: Die / S. 139 Kulturalisierung der deutschen Integra- Muslimen sind effektiver –als Naturbildung Gespräche über / S. 73 sie / S. 168 anderen? / S. 88 – Olaf Zimmermann, Gabriele– Karl-Heinz Schulz: Alles Preuß: in Butter Geliehene Schätze. Was können Verkauf von Kulturgut Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von stellen Sie sich die organisatori- – Cornelia Kulawik: Eingeübte Regelmäßigkeit – Ellen Ueberschär: Gesellschaftlichertionspolitik. Resonanzraum. Grundannahmen der politischen Ausein- – Gabriele Schulz im Gespräch– Demografie mit Aiman gerechtigkeit A. / S. 74 – Verena Wiedemann: Die UNESCO-Konvention und die oder Sand in den Augen. TTIP:Sammler Neustart für der den Verhand- Kulturgutschutz tun? / S. 76 – Olaf Zimmermann: Was Du erererbterbt v und feste Rituale. Was bedeutete das Gebet für Martin Deutscher Evangelischer Kirchentagandersetzung  in im Berlin Bundestag nach dem . September / S. 97 Mazyek: Die Gründung eines– Jubiläumsgeschenk muslimischen Wohl- / S. 75 Medien. Kulturelle Vielfalt in neuen Märkten gesichert — lungen unter einem geänderten– Gabriele Verhandlungsmandat Schulz im Gespräch mit Christophshop.de Leon: Vätern. Zum »Handschriftendeal«eaal« ddee sche Gestaltung sowie die Zusam- Luther in seinem Glaubensleben? / S. 74 und Wittenberg? / S. 141 – : / und die Welt danach / S. 100 fahrtsverbandes ist überfällig– Klein/ S. 171-Klein / S. 76 Mindestens  Staaten müssen ratifizieren / S. 96 ist der beste Weg / S. 167 Ein überhitzter Kunstmarkt / S. 79 württembergischen Regierung / S. 139 menarbeit mit den Ländern vor? Disputationen: Islam · Kultur · Politik Kulturpolitik auf den TTIP, CETA & Co.: Die Aus- Altes Zeug: Es sollen nicht wieder neue Struk- Refl exionen zum Über ein kulturpolitisches Punkt gebracht: wirkungen der Freihandelsab- Beiträge zur Diskussion turen aufgebaut werden. Die Kultur- Reformationsjubiläum  Spannungsfeld Kommentare und Begriff e kommen auf Kultur und Medien zum nachhaltigen Kulturgut- stiftung der Länder hat die Expertise, . erweiterte Aufl age! von Olaf Zimmermann . erweiterte Aufl age! schutz hat die Erfahrung und ist auch heute ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- schon Ansprechpartner für öff entli-  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € , che Ankäufe. Wir wollen nicht zusätz- liche Verwaltungsstrukturen schaff en. 14 INLAND www.politikundkultur.net

Bildung als gemeinsame Anstrengung Das Musik-Kultur-Politik-TV-Programm der nmz Der nationale Bildungs- Wandel besonders in den Blick. Der ökonomische und sozialstrukturelle Bildungsbericht  befasste sich Faktoren bedeutsam. Bildungspolitik bericht zeigt wieder einmal, mit der kulturellen Bildung. Der Bil- kann und muss dabei helfen, Chancen wie wichtig Bildungs- dungsbericht  legte den Akzent auch jenen zu eröffnen, die ökono- innovationen sind auf die Bildung von Menschen mit misch und sozial benachteiligt sind. Behinderungen. Schwerpunktthema Nach wie vor sind Investitionen im GABRIELE SCHULZ des Bildungsberichtes  ist erneut Bildungssystem dringend erforderlich. Bildung und Migration. Das gilt sowohl für Sachinvestitionen, ichts ist so schlecht, dass Zehn Jahre nach Erscheinen des ers- aufgrund von mehr jungen Menschen, es nicht noch etwas Gu- ten nationalen Bildungsberichtes wird die vom Bildungssystem aufgenommen tes hat. Dieses Sprichwort also ein Thema in den Blick genommen, werden, als auch für personelle Res- N lässt sich auch auf die PI- das schon einmal im Mittelpunkt stand sourcen. Da die frühkindliche Bildung SA-Untersuchungen anwenden, die und nicht zuletzt durch die gewach- in Kindertagesstätten an Stellenwert vor mehr als zehn Jahren Gesellschaft sene Zahl in Deutschland Zuflucht weiterhin gewinnt, wird sowohl der und Bildungspolitik erschütterten. suchender Menschen an Bedeutung Neubau von Institutionen angemahnt 10 Jahre IzM Kurz gesagt, war eines der wesentli- gewonnen hat. Die Autorinnen und als auch die Einstellung von Personal. Das Institut für zeitgenössische Musik an der HfMDK chen Ergebnisse der PISA-Studie, dass Autoren liefern aber nicht nur Daten Speziell mit Blick auf den Erwerb der Frankfurt am Main deutsche Schülerinnen und Schüler zum Bildungswesen in Deutschland, sie deutschen Sprache von Kindern mit im internationalen Vergleich besten- benennen jeweils auch zentrale Her- Migrationshintergrund haben die Neue Musik selbstverständlicher zu machen – das war das ausforderungen und adressieren einen Kindertageseinrichtungen eine hohe selbstgesteckte Ziel des Instituts für zeitgenössische Musik, entsprechenden Handlungsbedarf an Verantwortung. als es vor gut zehn Jahren seine Arbeit an der Frankfurter die Politik. Die Autorinnen und Autoren des HfMDK aufnahm. Seither vernetzt das Institut die Arbeit der un- Neben allen struktu- Als eine der zentralen Herausforde- Bildungsberichtes  lassen keinen terschiedlichen Lehrstühle an der Hochschule, bietet Konzert- rellen Veränderungen rungen wird im aktuellen Bildungsbe- Zweifel daran, dass Investitionen in das veranstaltungen, Symposien und Vortragsreihen an, ermöglicht muss der Blick auch richt die Qualität im Bildungswesen Bildungswesen erforderlich sind und Kooperationen mit anderen Institutionen – kurz: es kümmert hervorgehoben. Neben allen struktu- dass deren Mangel in einigen Jahrzehn- sich darum, dass die zeitgenössische Musik in Frankfurt regel- auf die Bildungs- rellen Veränderungen muss der Blick ten sich böse rächen würde. Jetzt geht mäßig und in hochwertiger Form vertreten ist. Ein Porträt des qualität gerichtet auch auf die Bildungsqualität gerichtet es darum, Schlüsse aus dem Bericht zu Instituts, das anlässlich der Feierlichkeiten zum zehnjährigen werden werden. Hier geht es laut Bildungsbe- ziehen und sich mit den geschilderten richt um die Qualität frühkindlicher Herausforderungen auseinanderzuset- Jubiläum des IzM entstand. Bildung, um die Weiterentwicklung zen. Die Fortsetzung des Programms von Ganztagsangeboten in Schule »Kultur macht stark. Bündnisse für falls im Mittelfeld anzutreff en sind. und Horten, um den Übergang von der Bildung« des Bundesministeriums für Nun lässt sich über den Sinn und Schule in das duale Ausbildungssystem Unsinn der PISA-Studien trefflich bzw. die Hochschule und nicht zuletzt streiten. Ihr Auftraggeber, die Orga- um die Qualität der Weiterbildung. Mit nisation für wirtschaftliche Zusam- Blick auf Weiterbildung wird betont, menarbeit und Entwicklung (OECD), dass die Einkommen von in der Weiter- Sachinvestitionen ist nicht gerade dafür bekannt, Dis- bildung Tätigen trotz hoher formaler und Investitionen kurse über Bildungsqualität zu führen, Bildungsabschlüsse oft sehr gering in personelle sondern tut sich eher dadurch hervor, sind. Ressourcen sind für die (globalisierte) Wirtschaft zu Wie schon im Bildungsbericht  streiten. Viele Debatten und Entwick- festgestellt, gewinnen Hochschulab- dringend erforderlich lungen in der Nachfolge der PISA-Stu- schlüsse gegenüber Ausbildungswegen die, wie etwa eine stärkere Betonung im dualen Ausbildungssystem an Be- Forum historische Musikinstrumente ‘16 der sogenannten MINT-Fächer (Mathe- deutung. Insgesamt hat sich der Bil- matik, Informatik, Naturwissenschaft dungsstand der Gesamtbevölkerung Bildung und Forschung ist hier ein Symposium zum historischen Schlagwerk und Technik) unter Vernachlässigung in den letzten Jahrzehnten zwar er- Schritt in die richtige Richtung. Ist der Jährlich im Januar findet im Germanischen Nationalmuseum von künstlerischen Fächern, sind alles höht, die Unterschiede zwischen hoch Ausgangspunkt des Programmes doch Nürnberg in Kooperation mit der Musikhochschule Nürnberg andere als zu begrüßen. Auch tragen und gering Qualifi zierten sind aber das Ziel, Bildungsgerechtigkeit und Zu- das Forum Historische Musikinstrumente statt. 2016 widmete die deutschlandinternen Länderver- deutlich gestiegen. Junge Menschen gang zum Bildungssystem herzustellen. sich der Fachkongress der Familie der historischen Schlagin- gleiche nicht gerade zum Aufbruch im mit Migrationshintergrund sind in Die kulturelle Bildung ist dabei mehr strumente. Zahlreiche Referenten ermöglichten angeregten Bildungswesen bei. der Gruppe der gering Qualifi zierten Mittel zur Erreichung dieses Zwecks Positiv an den PISA-Studien ist al- häufi ger anzutreff en, was aber, so der als eigenständiges Ziel, so schmerzhaft musikwissenschaftlichen und historischen Austausch, und lerdings, dass seither Bund und Län- Bildungsbericht, vor allem mit sozia- dies für manche auch sein mag. zusammen mit dem Berliner Perkussionisten Michael Metzler der alle zwei Jahre einen gemeinsamen len Faktoren zusammenhängt. Haben Doch reicht ein solches Programm konnten die Teilnehmer in den anschließenden Workshops ein- Bildungsbericht veröff entlichen. Die junge Menschen mit Migrationshin- natürlich nicht aus. Der nationale Bil- drucksvolle Praxiserfahrung am Instrument sammeln. Federführung hat das Deutsche Ins- tergrund einmal das Hochschulsystem dungsbericht  zeigt einmal mehr, titut für Internationale Pädagogische erreicht, so sind keine Unterschiede wie wichtig gesamtstaatliche Bildungs- Forschung (DIPF). Weiter arbeiten For- mehr zu jungen Menschen ohne Mig- innovationen sind. Und dieses nicht nur scherinnen und Forscher aus folgenden rationshintergrund festzustellen. Die mit Blick auf die Chancen junger Men- Institutionen am Nationalen Bildungs- Bildungsforscherinnen und -forscher schen, sondern auch hinsichtlich wirt- bericht mit: Deutsches Jugendinstitut, mahnen daher an, das bildungspoli- schaftlicher Prosperität. Eine Industrie- Deutsches Zentrum für Hochschul- tische Augenmerk vor allem auf jene nation wie Deutschland kann es sich und Wissenschaftsforschung, Sozio- Menschen mit wenigen Bildungschan- nicht erlauben, Teile der Bevölkerung logisches Forschungsinstitut an der cen zu richten und ihnen Möglichkei- einfach abzuhängen. Integration ist Georg-August-Universität Göttingen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und die Statistischen Ämter des Bun- und beinhaltet sowohl die Integration des und der Länder. Auftraggeber sind von neu nach Deutschland kommen- die Kultusministerkonferenz und das den Menschen als auch von jenen, die Bundesministerium für Bildung und Der Bildungsbericht aufgrund sozialer oder ökonomischer Forschung.  liefert eneut Faktoren abgehängt sind. Die nationalen Bildungsberichte viele Argumente für Der Deutsche Kulturrat hat in seiner Josef Anton Riedl im Gespräch nehmen Bildung im Lebensverlauf die Einrichtung einer jüngsten Stellungnahme zur Integra- Zum Tode des Komponisten in den Blick, von der frühkindlichen tion eine Bund-Länder-Aufgabe Inte- Bildung in Kindertageseinrichtungen Bund-Länder-Aufgabe gration gefordert. Der Bildungsbericht Anlässlich des Todes des Komponisten Josef Anton Riedl zeigen über die Schulbildung, die berufl iche  liefert erneut viele Argumente für wir hier eine Kurzfassung des einstündigen Filmporträts über Ausbildung und Hochschulausbildung die Einrichtung dieser Aufgabe. Pro- den Klangkünstler, das dem Buch „Klang in Aktion bis zur Weiterbildung im Erwachsenen- fitieren werden hiervon alle. Bund – Josef Anton Riedl”, erschienen alter. Dabei werden jeweils Indikato- ten der gesellschaftlichen Integration und Länder täten also gut daran, eine im ConBrio Verlag, als ren analysiert. Neben den in jedem und Teilhabe am kulturellen Leben zu solche Bund-Länder-Aufgabe jetzt zu DVD beiliegt. Bildungsbericht wiederkehrenden eröff nen. Die Aufl ösung oder zumin- begründen. Berichtspunkten wird sich in jedem dest Aufweichung der sozialen Dis- Bildungsbericht einem Schwerpunkt paritäten ist eine der dringlichsten Gabriele Schulz ist Stellvertretende zugewandt. Aufgaben der Bildungspolitik. Wird Geschäftsführerin des Deutschen Der erste nationale Bildungsbericht sich dieser nicht gewidmet, wächst die Kulturrates erschien im Jahr  und hatte als gesellschaftliche Desintegration wei- kostenlos unter: Schwerpunkt Bildung und Migration. ter mit tiefgreifenden Folgen für den Der Bericht »Bildung in Deutschland . Der Bildungsbericht  widmete sich Zusammenhalt und das Zusammenle- Ein indikatorengestützter Bericht mit ei- Exklusiv und kostenlos unter www.nmz.de den Übergängen nach der Sekundarstu- ben in der Gesellschaft. Dieses gilt auch ner Analyse zu Bildung und Migration« www.nmzmedia.de fe II im Schwerpunkt. Der Bildungsbe- mit Blick auf regionale Disparitäten im kann abgerufen werden unter: http://bit. richt  nahm den demografi schen Bildungssystem. Hier sind besonders ly/UVPAxk. Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  INTERNATIONALES 15

Neutralität und Ausgewogenheit wahren Schiedsgerichtliche Erledigung von Investitionsstreitigkeiten

CHRISTIAN TOMUSCHAT

ie Bundesrepublik Deutschland hat schon im Jahre  damit D begonnen, die Auslandsinves- titionen ihrer Unternehmen durch Investitionsschutzabkommen, soge- nannte Bilateral Investments Treaties, kurz BITs, zu schützen. Mittlerweile ist dieses Netzwerk auf nicht weniger als  Verträge angewachsen, die vor allem mit Entwicklungsländern abge- schlossen wurden. Durch spezielle Ver- fahrensregeln wurden diese Bestands- und Funktionsgarantien zusätzlich abgestützt. Anfänglich war vorgesehen, dass die Bundesregierung im Wege des traditionellen diplomatischen Schutzes die Einleitung eines zwischenstaatli- chen Schiedsverfahrens verlangen kann, sollte der versprochene Schutz nicht eingehalten werden. Später sa- hen die Vertragsklauseln überdies vor, dass auch der beeinträchtigte Inves- tor selbst berechtigt sein sollte, eine Schiedsklage zu erheben. Weite Ver- breitung erfuhr dieses neue System der Verleihung prozessualer Rechte an den Investor selbst vor allem durch das unter der Ägide der Weltbank ab- geschlossene Abkommen über die Bei- legung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsbürgern anderer Länder aus dem Jahr , das heute  Vertragsstaaten zählt. Mit ei- nem Kürzel spricht man von Investor- Staat-Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS). Ziel ist es, ausländische Investitionen zu Entwicklungszwecken zu fördern, gleichzeitig aber auch die Eff ektivität dieses Schutzes durch die Gewährung

von Klagerechten an den Investor zu PHOTOCASE.DE / FOTO:ERITROPAL stärken. Ähnliche Verfahren sind etwa Investitionsschutz sollte vom Ansatz her ein Instrument der Zusammenarbeit sein, von dem alle Handelspartner in gleicher Weise Nutzen ziehen sollten im Rahmen der nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) vorgesehen. mig bleiben. Vor allem kann ein Inves- eine Bilanz der Unparteilichkeit und te. Hier wird man notwendigerweise Verfahrensordnung fügt allerdings hin- Nach einer zögerlichen Anfangspha- tor sich im ISDS-System unmittelbar Unvoreingenommenheit aufweisen Kompromisse schließen müssen. Ein zu, dass das ICSID-Zentrum befugt sei, se hat das System seit  einen ge- auch gegen legislative Akte wenden, die kann. Auf diese Weise werden Neutra- Berufungsverfahren würde andererseits in seinen Veröff entlichungen Auszüge waltigen Aufschwung genommen. Ge- konventionswidrig in seinen Rechtsbe- lität und Ausgewogenheit im höchst- einem der Hauptnachteile der ISDS- der Rechtsregeln bekannt zu machen, genwärtig sind beim Verwaltungszent- stand eingreifen. Nach den nationalen möglichen Maße gewährleistet. Schiedsgerichtsbarkeit begegnen, der welche ein Schiedsgericht angewandt rum der Weltbank für das Abkommen Prozessordnungen ist es in der Regel Von Kritikern des ISDS-Systems wird mangelnden Konsistenz ihrer Recht- hat. Das ist viel zu zurückhaltend und von  (ICSID) über  schiedsge- nicht möglich, Gesetzesvorschriften häufi g das Argument verwendet, solche sprechung. Die Schiedsgerichte werden kleinmütig formuliert. Über die Fortbil- richtliche Verfahren als anhängig regis- anzugreifen, oder dies kann lediglich Vorkehrungen gegen eine möglicher- jeweils für einen konkreten Streitfall dung der einschlägigen Abkommen in triert. In jüngerer Zeit ist aber auch die weise parteiische Justiz seien zwischen gebildet und verweigern sich einer der Praxis muss sich jedes Unterneh- Kritik angewachsen, vor allem seitdem anerkannten Rechtsstaaten über den Präjudizienlogik. Es besteht also ein men ungehindert informieren können. die Entwürfe für das Abkommen über Atlantik hinweg schlicht überfl üssig. gewisses Maß an Rechtsunsicherheit, Eine große Frage bleibt die Öff nung Transatlantic Trade and Investment Zu den Vorzügen der Offen wagt kaum jemand davon zu wie es freilich auch aus dem nationalen von ISDS-Verfahren für Drittparteien, Partnership (TTIP) vorgesehen haben, sprechen, dass es auch im transatlan- Raum vor der Festigung einer höchstge- die bestrebt sind, Gesichtspunkte des die Investor-Staat-Schiedsgerichts- Schiedsgerichte zählt tischen Verhältnis ein gehöriges Maß richtlichen Rechtsprechung bekannt ist. öff entlichen Interesses einzubringen. barkeit zu einem festen Bestandteil ihre Schnelligkeit an Misstrauen gibt. Es triff t zu, dass das Die Kritik, dass die Verfahren der UNCITRAL, die UN-Organisation für der künftigen Investitionsordnung System seine Ursprünge einer gewissen privaten Schiedsgerichtsbarkeit den internationales Handelsrecht, hat in im Verhältnis zwischen den USA und Skepsis gegenüber der Unabhängigkeit Augen der Öff entlichkeit weitgehend dieser Hinsicht im Jahre  Regeln Westeuropa zu machen. Grundsätzli- der Justiz in vielen außereuropäischen entzogen seien, wird heute weitgehend beschlossen, die solchen Bedürfnissen che Vorwürfe lauten, private Schieds- auf zeitraubenden Umwegen geschehen. Ländern verdankt. Aber Investitions- geteilt. Es triff t zu, dass die Anforderun- weitgehend Rechnung tragen, bisher gerichtsbarkeit höhle das System ei- Auch nach deutschem Verfassungsrecht streitigkeiten haben überall einen deut- gen an Publizität steigen, je enger das allerdings ihre Bewährungsprobe noch ner gewaltenteilenden Staatsordnung darf bekanntlich allein das Bundesver- lichen politischen Hintergrund, wo die Netz eines Investitionsschutzvertra- nicht bestanden haben. Weitgehende mit einer demokratisch legitimierten fassungsgericht ein parlamentarisches nationale Gerichtsbarkeit erfahrungs- ges die nationale Wirtschaftsordnung Reformen sind im Übrigen auch deshalb Justiz aus und räume vor allem den Gesetz wegen Verstoßes gegen grund- gemäß die Neigung zeigt, den politi- in ihren Griff nimmt. Alle Marktteil- zu erwarten, weil nach Artikel  des mächtigen transnationalen Konzer- rechtliche Garantien verwerfen. Die schen Leitentscheidungen ihres Landes Lissaboner Vertrages über die Funk- nen einen unangemessenen Einfl uss Zusammensetzung der Schiedsgerich- zu folgen. Diese Tendenz ist auch im tionsweise der EU die Kompetenz für auf die Grenzziehung zwischen Eigen- te, die im Regelfall aus drei Personen Kreis der westlichen Demokratien nicht den Abschluss neuer Vertragswerke in tumsschutz und legitimen öff entlichen bestehen, bildet ebenfalls einen insti- völlig von der Bildfl äche verschwunden. Die Öff entlichkeit die Kompetenz der EU übergegangen Interessen zur Sicherung von Gemein- tutionellen Vorteil, der sich allerdings Man wäre realitätsblind, wollte man ist. Es geht langfristig darum, weiterhin schaftsgütern wie Umweltschutz und auch zu einem Nachteil auswachsen derartige Gefahren schlicht leugnen. wird weitestgehend ein faires Gleichgewicht zwischen den Verteilungsgerechtigkeit ein. Es fehle kann. Beide Seiten haben durchweg das Zu den Schwächen der ISDS- ausgeblendet Interessen der kapitalexportierenden vor allem die Kontrolle der Öff entlich- Recht, jeweils einen Schiedsrichter zu Schiedsgerichtsbarkeit gehört, dass die Länder und den Entwicklungsländern keit an einer Gerichtsbarkeit, die sich ernennen. Es ist selbstverständlich, Person des Vorsitzenden eines Schieds- zu sichern. Investitionsschutz war vom durch Intransparenz abschotte. Von dass die Parteien dabei auf Juristen zu- gerichts eine übergewichtige Rolle Ansatz her als ein Instrument der Zu- einer institutionellen Überlegenheit rückgreifen, die grundsätzlich die von spielt. Seine Auswahl ist von denkbar nehmer müssen sich über alle für ihr sammenarbeit gedacht, von dem beide der Investorenseite kann allerdings ihnen vertretenen Rechtsstandpunkte strikten Kautelen umgeben – schützt Handeln maßstabsetzende Rechtsda- Seiten in gleicher Weise Nutzen ziehen keine Rede sein: Erfahrene Anwälte teilen. Bei der Wahl des Vorsitzenden, ihn aber nicht vor Fehlurteilen. Vor ten ungehindert informieren können. sollten. Der bewährte Investitionsschutz lassen sich auf beiden Seiten aufbieten. dessen Stimme letzten Endes den allem in Verfahren, wo es in der Regel Insofern ist es sicher nicht notwendig, sollte nicht in den Ruf einer neokolonia- Zu den Vorzügen der Investor-Staat- Ausschlag geben kann, wird äußerste um Millionen-, teilweise Milliardenbe- dass sich ein Schiedsverfahren von der len Ausbeutungsstrategie geraten. Schiedsgerichtsbarkeit gehört insbe- Sorgfalt angewendet. Der Vorsitzende träge geht, besteht augenscheinlich das ersten Minute an im vollen Lichte der sondere ihre Schnelligkeit. Davon pro- wird von den Parteien oder den nati- Bedürfnis nach Überprüfung in einer Öff entlichkeit abspielt. Aber es sollte Christian Tomuschat war Professor fi tieren insbesondere mittelständische onal bestimmten Schiedsrichtern im Berufungsinstanz, die es gegenwärtig gewährleistet sein, dass zumindest die für öff entliches Recht, Völker- und Unternehmen. In den ICSID-Regeln gegenseitigen Einvernehmen ernannt. nicht gibt, die aber im künftigen TTIP- ergangenen Schiedssprüche zugäng- Europarecht an der Humboldt- sind kurze Fristen für die einzelnen Im Falle der Uneinigkeit schlägt das Abkommen Eingang fi nden soll. Ein lich sind. Im ICSID-Vertrag heißt es bis Universität zu Berlin, außerdem Prozessstufen festgelegt, die aller- ICSID-Zentrum einen Namen vor. Vor- Berufungsverfahren macht allerdings heute, dass die ergangenen Schieds- ehemaliges Mitglied des UN- dings vielfach nicht eingehalten werden her wird mit äußerster Sorgfalt geprüft, den Hauptvorteil des ISDS-Verfahrens, sprüche nicht ohne die Zustimmung Menschenrechtsausschusses und der können, weil die Parteien selbst säu- ob der in Betracht kommende Jurist seine Schnelligkeit, weitgehend zunich- der Parteien veröff entlicht werden. Die UN-Völkerrechtskommission 16 INTERNATIONALES www.politikundkultur.net

Projektionsfläche Geldwäsche, Erdoğan Drogenhandel und Warum polarisiert der türkische Ministerpräsident in Deutschland mehr als jeder Antikenschmuggel andere ausländische Politiker der Nachkriegszeit? REINHARD BAUMGARTEN braucht keine Ermutigung, weil er das chen Ohnmacht der EU steht die er- Die soziale Dimension des andere Sprache. So veröff entlichte bei- schon lange tut. Die Aufregung um Jan strebte Allmacht Erdoğans gegenüber. globalen Geschäfts mit der spielsweise erst kürzlich die kolumbia- ber keinen ausländischen Poli- Böhmermann hat in Deutschland zu- Das provoziert und nervt, und es führt nische Tageszeitung »El Tiempo« unter tiker haben sich die Deutschen weilen hysterische Züge angenommen. zu fal schen Schlüssen. Antike dem Titel »Colombia va perdiendo la Ü in der Nachkriegszeit mit so Der Aufreger – das waren nicht die  Die Türkei verweigert nicht mehr batalla contra robo de tesoros cultura- viel Hingabe aufgeregt, aufgeworfen, Zeilen eines pro fi lsüchtigen Mo de ra- als . schutzbedürftigen Syrern MARKUS HILGERT les«, auf Deutsch »Kolumbien verliert empört und ereifert wie über Recep tors, der die gelungene extra -Par- den Grenz über tritt, wegen Jan Böh- den Kampf gegen den Raub kultureller Tayyip Erdoğan. Chruscht schow und odie auf Erdoğan toppen wollte. Die mermann. Nicht Jan Böhmermann, as haben Myanmar, die Schätze«, eine bestürzende Bilanz der Breschnew waren unbeliebt, weil sie extra -Parodie war gut, weil sie den sondern die EU hat Anka ra den aus- Cookinseln und Kolum- kolumbianischen Kulturgutschutzbe- als ernst zu neh mende Gegner galten; Machtmenschen Erdoğan und dessen drücklichen Segen dafür erteilt, sy- bien gemeinsam? Sie hörden. Diese schätzen, dass jährlich Gaddafi galt als Irrwisch, Saddam Hus- politisches Handeln satirisch treff end rische Flüchtlinge auf syrischem Ge- W alle schützen ihre ar- mindestens . archäologische und sein als brutal, Khomeini als fanatisch, auf gespießt hat. Der Aufre ger im Fall biet zu versorgen und sie nicht in die chäologischen Kulturgüter vor illega- kolonialzeitliche Kulturgüter illegal Kim Il-Sung als tyrannisch aber zu weit Böhmermann aber war, dass sich der Türkei zu lassen. Die EU hat im Um- lem Handel und unrechtmäßiger Aus- außer Landes gebracht und verkauft weg und Enver Hodscha war ein fach zu türkische Präsident belei digt fühlte gang mit Flüchtlingen versagt. Es ist fuhr durch entsprechende gesetzliche werden, während der kolumbianische unbekannt. Recep Tayyip Erdoğan ist als – in Böhmer manns Worten – »Zie- Deutschland und wenigen anderen Regelungen. Wer die von der UNESCO Staat zwischen  und  ledig- uns nah. Vielen ist er viel zu nah. Der genfi cker, Kinderschänder und dum- EU-Ländern vorbehal ten, Hu manität, angelegte und kontinuierlich aktuali- lich . unrechtmäßig ausgeführte -Jährige kreuzt zum Wahlkämpfen me Sau« tituliert zu werden. Henryk M. Soli darität und – wie war das noch? sierte Datenbank der nationalen Kul- archäologische Kulturgüter aus den zuweilen auch an Rhein und Spree Broder befand im Fernsehen: »Erdoğan – ja, Nächsten lie be zu zei gen. Das USA, Spanien, Italien, Frankreich und auf. Das wird als übergriffi g und an- verdient es, beleidigt zu werden.« Der EU-Türkei-Abkommen vom . März Deutschland nach teilweise schwierigen maßend wahrgenommen. Erdoğan Komiker Didi Hallervorden entblö-  ist ein faus ti scher Pakt, weil die Die Mehrheit der Verhandlungen zurückerhalten konn- geht vielen Deutschen ziem lich auf dete sich nicht, nach der Melodie EU ihre Seele ver schachert hat – an te. Besonderes Aufsehen erregte dabei die Nerven. Seine schiere Existenz als des Mainzer Narrhalla-Marsches zu nationale Egoismen und Kleinmut. Mitgliedstaaten der ein Fall aus dem Jahr , in dessen religiös-konservativer Machtpolitiker fordern: Erdoğan, Erdoğan, zeig mich Wut und Em pö rung richten sich aber UNESCO hat den Verlauf  archäologische Objekte von empfi nden viele hierzulande als reine bitte auch no‘hoch aan. Um im Duk- nicht gegen das eigene Unvermögen, Schutz archäologi- Spanien an Kolumbien zurückgegeben Provokation. Der türkische Präsident tus zu bleiben: Das war einfach nur sondern gegen den mutmaß li chen wurden. Sie waren bereits  von der verkörpert für viele kompromisslose owerbainlisch. Was steht in Artikel Schleu senwärter Erdoğan. Der ist in scher Kulturgüter spanischen Polizei bei einem kolum- und rücksichtslose Macht. Das alles eins Grundgesetz? »Die Würde des diesem Fall nur eine Projektionsfl äche: gesetzlich geregelt bianischen Staatsbürger sichergestellt erklärt noch nicht schlüssig, warum er Men schen ist unan tastbar.« Ge wiss, Für das klägliche Versagen der EU als worden, dem auch Delikte im Bereich hierzulande mit so viel Ver ve kriti siert, Jan Böhmer mann wollte mit seinem Staatengemeinschaft, für die Angst vor des Drogenhandels und der Geldwäsche geschmäht, verhöhnt, angefeindet und vor Rassismus und Vorurteilen strot- Fremden, vor DEM Islam, vor sozialem turgutschutzgesetze unter www.unesco. nachgewiesen werden konnten. abgelehnt wird. zenden pubertären Werk in Fäkal- und Abstieg, vor dem Unbekannten. Die org/culture/natlaws/ durchstöbert, er- Wie aber lässt sich die Diskrepanz Mehr als die meisten Politiker ist Genitalsprache nur zeigen, was Satire Causa Böhmermann / Erdoğan ist dafür kennt sofort, dass diese drei Länder da- zwischen strengen gesetzlichen Re- Recep Tayyip Erdoğan eine Projekti- nicht darf. Demnächst werden deut- ein wunderbarer Beleg. mit nicht alleinstehen: In kaum einem gelungen im Vorgehen gegen den il- onsfl äche für Wünsche, Befürchtungen, sche Richter darüber befi nden, was Ja, Herr Erdoğans Politik ist fragwürdig. anderen Punkt der nationalen Gesetz- legalen Handel mit Kulturgütern auf Ängste und Erwartungen. Seine Anhän- Satire darf. Gut so. Mehr denn je. Er ist gut im Austeilen, gebung ist sich die weltweite Staaten- nationaler Ebene einerseits und nach ger sehen in ihm Stärke, Führung und Deutschland hat sich tagelang um aber Widerspruch oder gar Kritik ein- gemeinschaft so einig wie beim Schutz wie vor scheinbar ungehinderten Größe – eine Lichtgestalt. Seine Geg- Jan Böhmermann gedreht. Was in der stecken – das kann er nicht. Böhmer- ihrer Altertümer. Plünderungen archäologischer Stät- ner leiden unter seiner auto kratischen, Türkei ge schah, wurde im deutschen mann hat ihm mittelbar neue Muni- Myanmar, die Cookinseln und Ko- ten andererseits erklären? Im Falle selbstherrlichen und Ich-bezogenen Blätterwald allzu oft in irgendeine tion geliefert: Meinungsfreiheit, so lumbien sind dabei lediglich drei will- Kolumbiens und anderer lateiname- Politik. Das deutsche Un behagen ge- Beziehung zu Böhmermann gesetzt. wird in den Erdoğan hörigen Medien kürlich gewählte Beispiele. Sie veran- rikanischer Staaten sind vor allem genüber Erdoğan hat sich deutlicher Dafür konnte der -jährige Bremer die Bundeskanzlerin zuweilen zitiert – schaulichen, dass das staatliche Bemü- zwei Gründe zu nennen. So besteht denn je in der so genannten Böhmer- Komiker nichts. Der wollte doch vor Meinungsfreiheit habe auch ihre Gren- hen um den größtmöglichen Schutz ar- zunächst ein erhebliches Defi zit in der mann-Aff äre gezeigt. Nein, die Causa allem komisch sein, gefallen und als zen. Danke, Jan Böhmermann, wird chäologischer Kulturgüter nicht nur auf Anwendung des geltenden nationalen Böhmermann hat nichts damit zu tun, Satiriker reüssieren. Refl exartig sind sich Erdoğan jetzt sagen und bei der Länder wie Syrien, den Irak oder Ägyp- Kulturgutschutzrechts, wie etwa die dass Ankara an der syrischen Grenze ihm viele beigesprungen, weil es um Grenzziehung für Meinungs freiheit in ten beschränkt ist, die bei uns gewiss kolumbianischen Behörden resigniert laut Menschen rechtsorganisationen die Reizfi gur Erdoğan ging. Der Groll der Türkei gerne auch auf die deutsche auch aufgrund ihrer geographischen feststellen. Zum anderen gibt es soziale auf Flüchtlinge schießen lässt. Erdoğan auf Erdoğan hat viel Quellen. Nicht Bundeskanzlerin verwei sen. Nähe zu Europa derzeit im besonderen und politische Konstellationen, die die fühlt sich durch den unterstellten Ko- zuletzt speist er sich auch daraus, dass Interesse von Politik und Öff entlichkeit systematische Zerstörung des archäolo- tau von Kanz lerin Merkel nicht zusätz- die EU als unfähig wahrge nommen Reinhard Baumgarten ist stehen. Tatsächlich hat die überwie- gischen Kulturerbes begünstigen. Dazu lich ermutigt, in seinem Land nach Be- wird, gemeinsam zu handeln und ARD-Korrespondent für die Türkei, gende Mehrheit der Mitgliedsstaaten gehören Armut, Binnenmigration, die lieben zu schalten und zu walten. Er Proble me zu lösen. Der off ensichtli- Griechenland und den Iran der UNESCO den umfassenden Schutz wirtschaftlich motivierte Abholzung archäologischer Kulturgüter gesetzlich großer Waldgebiete und die damit ein- geregelt, um insbesondere Plünderung hergehende Freilegung archäologischer und illegaler Ausfuhr entgegenzuwir- Stätten, organisierte Drogenkriminali- ken. Denn der illegale Handel gerade auch mit archäologischen Kulturgütern ist überall dort ein Problem, wo es sol- che Kulturgüter gibt, also beinahe an Die willkürliche jedem beliebigen Punkt der Erde. Zerstörung des Dem brutalen Raubbau an ihrer Ge- schichte und ihrem Kulturerbe begeg- Kulturerbes der nen die Staaten der Weltgemeinschaft Menschheit hat auch auf ganz unterschiedliche Weise: Auf soziale Ursachen den Cookinseln benötigt man bei- spielsweise eine staatliche Exportli- zenz für die Ausfuhr von Altertümern, in Myanmar kann allein der nicht auto- tät sowie die damit häufi g verbundene risierte Transport archäologischer Kul- soziale Instabilität (mehr dazu bei Don- turgüter innerhalb des Landes mit einer na Yates: »Illicit Cultural Property from Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren Latin America: Looting, Traffi cking and bestraft werden. Und in Kolumbien sind Sale« als kostenloser Download verfüg- die Unveräußerlichkeit und der staatli- bar unter http://bit.ly/yBE). che Schutz archäologischer Kulturgü- Dass die willkürliche Zerstörung des ter sogar in Artikel  der politischen Kulturerbes der Menschheit nicht nur Verfassung des Landes aus dem Jahr mit Gesetzen aufzuhalten ist, sondern  festgeschrieben. Angesichts dieser auch soziale Ursachen hat, denen man beinahe fl ächendeckenden Fülle natio- durch Bildung, soziale Gleichheit und naler Gesetze zum Schutz archäologi- nachhaltiges Wirtschaften eff ektiv be- scher Kulturgüter gegen Plünderung gegnen kann, gilt selbstredend nicht und illegalen Handel könnte man den nur für Lateinamerika, sondern überall Eindruck gewinnen, die Weltgemein- auf der Welt. Jede zukünftige politische schaft hätte den kollektiven Ausverkauf Strategie im Vorgehen gegen den illega- ihres materiellen Gedächtnisses längst len Handel mit Kulturgütern wird dies im Griff . Doch die Flut archäologischer zu berücksichtigen haben. Objekte, die ohne gültige Ausfuhrge- nehmigung des Ursprungslandes oder Markus Hilgert ist Direktor des Vorder- ohne lückenlosen Provenienznachweis asiatischen Museums der Staatlichen

FOTO: SCHIFFNER / PHOTOCASE.DE / SCHIFFNER FOTO: auch in Deutschland off en zum Verkauf Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Deutsch-Türkische Beziehungen: Quo vadis? angeboten werden, spricht eine ganz Kulturbesitz Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  MEDIEN 17

Kulturberichterstattung als Querschnittsaufgabe  Fragen an den neuen Intendanten des Hessischen Rundfunks Manfred Krupp

Theresa Brüheim: Sie sind bereits Der hr verfügt im Vergleich zu an- »Titel Thesen Temperamente« im seit  beim Hessischen Rund- deren öff entlich-rechtlichen Sen- Ersten, von »Metropolis« auf ARTE funk (hr) und seit dem . März dern über weniger Mittel und ein und haben mit »Hauptsache Kultur«  nun als Intendant tätig. Wie kleineres Einzugsgebiet. Wie ge- ein wöchentliches Magazin im hr- nützen Ihnen  Jahre Senderer- hen Sie mit diesen Gegebenheiten fernsehen. Und schließlich fi nden fahrung bei Ihrer Arbeit als Inten- um? Wie planen Sie, den Sender zu sich in unserem Online-Angebot bei dant? Welche Vorteile, aber gege- positionieren? hessenschau.de viele Themen aus benenfalls auch Nachteile bringt es Bereits in den letzten Jahren haben dem kulturellen Leben in Hessen. mit sich? wir mit fast  Millionen Euro Unser ganzer Stolz sind unsere bei- Manfred Krupp: Mein großer Vorteil erhebliche Einsparungen vorge- den Klangkörper: das international ist, dass ich nicht nur den Sender nommen – das ist nicht neu für uns. renommierte hr-Sinfonieorchester sehr genau kenne, sondern auch das Unsere Strategie ist, uns weiterhin auf sowie die hr-Bigband, die gerade mit Land Hessen – politisch, wirtschaft- unseren Kernauftrag zu konzentrie- dem britischen »Parliamentary Jazz lich und kulturell. Allerdings führt ren. Dies bedeutet eine konsequente Award« ausgezeichnet worden ist. es auch zu einer Erwartungshaltung Ausrichtung unserer Programme auf Beachtliche Erfolge verzeichnen wir an mich, alle Ebenen gleichermaßen ganz Hessen. Hessen ist unsere Le- mit Konzertmitschnitten auf You- wahrzunehmen. Trotzdem mache gitimation und Mittelpunkt unserer Tube. Das Schumann-Klavierkonzert ich viele neue Erfahrungen und lerne Berichterstattung. des hr-Sinfonieorchesters war mit dazu, etwa im Austausch mit den über zwei Millionen Abrufen bei You- Kolleginnen und Kollegen vom Mit hr-kultur haben Sie einen Tube das erfolgreichste Video des hr Hörfunk bis hin zum hr-Sinfonieor- Radiosender im Programm, der im April. Wir müssen also auch im chester. sich der Kultur widmet. Welche Bereich der Kultur die neuen Verbrei- Rolle spielen Beiträge zu Kultur tungswege konsequent nutzen, um Welche Ziele stecken Sie sich in und Kulturpolitik sowohl in den möglichst alle kulturinteressierten den kommenden sechs Jahren Ih- anderen Hörfunkprogrammen als Hessen zu erreichen und neue Ziel- rer ersten Amtszeit? auch im Fernseh- und Online- gruppen zu gewinnen. Ich möchte den Sender für den Angebot des hr? Welche Pläne und Medienwandel fi t machen, digitale Wünsche haben Sie für die Kultur- Wo sehen Sie die Zukunft Verbreitungswege weiter erschlie- berichterstattung des hr? des hr? ßen, ohne unseren Kernauftrag zu Kulturberichterstattung gehört zu Ich sehe den hr als eigenständigen, vernachlässigen. Über die klassische unserem Kernauftrag und spielt für unverzichtbaren und erfolgreichen lineare Verbreitung erreichen wir unsere Legitimation eine herausra- Sender für Hessen, der einen wesent-

immer noch wesentlich mehr Men- gende Rolle. Denn eine vergleichbar KNABE BEN / HR FOTO: lichen Anteil zur politischen, gesell- schen als auf den onlinebasierten umfassende Berichterstattung kann Manfred Krupp schaftlichen und kulturellen Identität Wegen. Dennoch hat der mediale es von einem privatwirtschaftlich des Bundeslandes beiträgt. Wandel längst begonnen. Ich werde fi nanzierten Medienunternehmen tung in allen Medien sein. In hr- Bandbreite der Kulturberichterstat- mich dafür einsetzen, dass wir An- nicht geben. Kultur ist aber nicht kultur decken wir mit Hörspielen, Le- tung ab. Bei hr-iNFO haben wir einen Manfred Krupp ist Intendant des gebote für diejenigen machen, die nur Sache einer Welle, sondern eine sungen, Features oder großfl ächigen Schwerpunkt in der aktuellen Kul- Hessischen Rundfunks. Die Fragen andere, neue Verbreitungswege be- Querschnittsaufgabe und sollte Teil Magazinen bis hin zu Konzert- und turberichterstattung. Im Fernsehen stellte Theresa Brüheim, Chefi n vom vorzugen. unserer täglichen Berichterstat- Opernübertragungen die ganze sind wir wichtiger Bestandteil von Dienst von Politik & Kultur

Vergewisserung und Nachweis: hier den Fall des TV-Satirikers Böhmer- byl gegangen, um sich dort ihre ei- nicht nur einen Moment. Er sucht war ich. Das Selfi e als Beweisstück. mann, der wegen seines Schmähge- genen Bilder von der Katastrophe zu sich einen Standort. Und das kön- Karin vor dem Eiff elturm. Ich und dichtes vom türkischen Präsidenten machen. Alex Zwalen war im Januar nen wir als Betrachter dort wieder mein Auto. Erdoğan angegriff en wurde. im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. herauslesen. Das ist das Besondere: Was ist da ein gemaltes Bild? Was Sehr klar dann die Position vom Er war dort hingefahren, um zu hel- Den Inhalt dieser Bilder können wir für eine Wertschätzung erfährt der Schweizer Maler Alex Zwalen, der fen. Und auf einmal wurden aus dem nicht googeln. Unsere Wahrnehmung Maler? Und da sind wir wieder bei von seinem Atelier in einem Züricher Flüchtlingsstrom für ihn Menschen. verändert sich. Von Saint-Exupéry Malen am Meer. Pleinair. Das, denke Kultur und Politik. Und sind sowieso Problembezirk berichtete. Da werde Die hat er portraitiert. Eindrucksvolle wissen wir, dass man nur mit dem ich, ist Kultur, die mal nichts so direkt da, wenn wir den Ort betrachten, der ihm schon mal vor die Tür gepinkelt. Skizzen. Und plötzlich wollten alle Herzen gut sieht. Wir müssen hin- mit Politik zu tun hat. Nach politisch das Zentrum dieser Malerwoche ist: Er hat über das hinaus, was Kunst von ihm portraitiert werden. Er gab sehen lernen. besonders aufregenden Monaten Die Villa Irmgard in Heringsdorf. Hier darf, darauf verwiesen, was Kunst ihnen ein Gesicht. Die Kunstbetrachtung kann uns et- hierzulande, in der hier als Tiefpunkt war der Dichter Maxim Gorki  un- kann: Sie kann Schönheit vermitteln. Der Lissabonner Maler Carlos Farin- was schenken. Eine positive politischer Kultur die AfD drittstärks- tergekommen. Gorki hatte einen Brief Und Schönheit, sagt er, kann heilen. ha hatte nach Charlie Hebdo ein Bild Verwirrung, die durch die Kunst ge- te Partei werden konnte, freute ich erhalten von seinem Freund Lenin. Wenn er seine Ateliertüre schön für die umkämpfte kurdische Stadt stiftet wird. Deswegen brauchen wir mich auf eine Woche unter dem ma- Der schrieb, er mache sich Gedanken bemalt, gelingt es ihm, für eine lan- Kobane gemalt. Und allein dadurch die Künstler, die diese Verwirrung lerischen Motto »Malen am Meer«. um die Lunge des Dichters. Er solle ge Zeit die Verrohung aufzuhalten. bei Twitter große Aufmerksamkeit anstiften. Sie gehen hin und schauen Der in Berlin lebende Maler Si- ins Ausland gehen und sich um seine Respekt durch Schönheit. Insofern bekommen. Er malte eine Frau mit hin. Wir brauchen ihren Blick. gurd Wendland, dem Realismus Gesundheit kümmern. Ein Hinweis, ist Kunst notwendig. Eine Selbstbe- einer weißen Fahne, in der ein Pfeil Möglich, dass ein nächstes Pleinair verpfl ichtet, organisiert gemein- die Sowjetunion zu verlassen. Gorki hauptung. steckt. in Aleppo stattfi ndet: Painters for sam mit der Projektkoordinatorin hatte Lenin genervt mit immer neuen Sie malen nicht nur am Meer. Die Der Malprozess ist eine Verlangsa- Peace. Karin Lehmann seit Jahren feder- Bitten und seinem Engagement für Schweizer Malerin Pat Noser war in mung. Der Maler guckt genauer hin. führend das »Malen am Meer« auf alle möglichen Leute, die im Zuge die verstrahlte Zone nach Tscherno- Übt bewusstes Wahrnehmen. Erfasst Arnulf Rating ist Kabarettist der Insel Usedom. Da geht es mit der Oktoberrevolution unterzugehen sieben professionellen Malern drohten. Gorki soll seinen Freund für eine Woche in die Idylle der Lenin in einem Brief gefragt haben:

Drei-Kaiser-Bäder nach Heringsdorf. Wie viele Menschen musst Du noch Vorwort – Medienmacht / S. 81 – Christian Höppner: Vorwort / S. 11 – Transparenz / S. 82 Traditionell ist zusätzlich zu den umbringen, damit Deine Revolution Die Editorials – Gottesbezug / S. 83 – Mangas / S. 13 – Sommertheater / S. 84 Unentbehrlich! – Reichtum / S. 14 – Verrat / S. 85 malenden Künstlern immer ein klappt? Hunderttausende? Millionen? – Exoten / S. 15 – Mythos / S. 86  – Sonnenschutz / S. 16 – Think big! / S. 87 Schreiber geladen, der seine Impres- Zum Ende des Zweiten Weltkrieges – Obsession Kulturpolitik / S. 17 – Exoten / S. 88 Seit  Jahren erscheint Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen – Wettbewerb / S. 18 – Feiertag / S. 89 sionen im Katalog festhält. kam ein sowjetischer Offi zier nach – Sinnkrise / S. 19 – Gedanken / S. 90 – Feuerwehr / S. 20 – Wunden / S. 91 Kulturrates, jeweils mit einem Editorial des Herausgebers Olaf – Mängelexemplare auf / S. 21 den Punkt– Nützlich / S. 92 So komme ich ins Spiel und sehe, Heringsdorf und suchte gezielt nach – Wunderglaube / S. 22 – Wächter / S. 93 Zimmermann. Die Editorials sind eine ungewöhnliche Kommentar- – Fragen / S. 23 – Obrigkeit / S. 94 wie die Maler arbeiten, erlebe, wie dem Haus, wo der große Gorki ge- – Effizienz / S. 25 – Likrat / S. 95 sammlung zur jüngsten Kulturpolitik. Ein umfang reiches kultur- – Wegducken gebracht: / S. 26 Anhang jedes Bild ein Ausschnitt ist, der eine weilt hatte. Er machte das Haus zu – Schuld / S. 28 – Kulturpolitisches Glossar / S. 98 – Ein-Euro-Digitalisierer / S. 29 – Register / S. 140 politisches Glossar ergänzt die Kommentarsammlung und macht – Schamhaftes Schweigen / S. 30 Perspektive weist. Man muss sich einem Museum. Und so konnte der S. 31 – Kakaopulver Kommentare/ und das Buch zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel durch das – Expansion / S. 32 nur die Zeit gönnen, das zu entde- Ort, in dem der Dichter Gorki einst – Offenheit / S. 33 Labyrinth der Kulturpolitik. – Wissenslücken / S. 34 cken. Die Künstler schaff en einen Aufnahme fand, nun ein Refugium für – Jahresrückblick Begriffe / S. 35 von – Leitkulturstandards / S. 36 ISBN: ----,  Seiten, € , – Spannungsverlust / S. 38 Wert für Bilder. Und für das Abgebil- die Maler werden. – Unfair / S. 39 – Kurzgeschichte Olaf / S. 41 Zimmermann dete. An einem der Abende gab es eine – Ort / S. 42 – Kultureller Takt / S. 43 Was sind denn Bilder heute wert in Veranstaltung zum Thema »Was – Wiedergutmachung / S. 44 – Kunstgeschmack / S. 45 – Aufgeräumt / S. 47 unserer bilderüberfl uteten Welt? Je- kann und darf Kunst?« oder mit den – Kunstdinge / S. 48 – Turbokinder / S. 49 der hat auf seinem Handy tausende Worten Lyonel Feiningers: »Kunst – Nörgeln / S. 50 – Frischzellenkur / S. 51 davon. Wir wischen über sie hinweg. ist nicht Luxus, sondern Notwendig- – Agendasetzung / S. 52 – Uneinigkeit / S. 53 Wir haben zu viel davon, deshalb keit.« – Disputationen / S. 55 Jetzt bestellen: www.kulturrat.de/shop.php– Märchenstunde / S. 56 – Visionen / S. 57 nehmen wir uns kaum noch Zeit da- Natürlich wurde da auf Aktuelles – Nerverei / S. 58 – Spielsucht / S. 59 für. Die Fotos sind oft auch allzu fl ott eingegangen, wie die Ermordung der – Zukunftswillen / S. 60 – Ungehorsam Ungehorsam / S. 62S. 62 – Entfremdung Entfremdungg / S. 63 af Zimmermann und Theo Geißler gemacht. Sie dienen vielfach nur als Zeichner von Charlie Hebdo oder auf l Kooperationsverbot / S64S 64 18 ROTE LISTE www.politikundkultur.net

Mit der Roten Liste bedrohter Kultureinrichtungen, einer Analogie zu den GEFÄHRDUNGSKATEGORIEN bekannten »Roten Listen« bedrohter Tier- und Pfl anzenfamilien, werden in jeder Ausgabe gefährdete Kulturinstitutionen, -vereine und -programme Kategorie  Gefährdung aufgehoben/ungefährdet Die vorgestellt. Ziel ist es, auf den Wert einzelner Theater, Museen oder Orches- ter, seien sie Teil einer Kommune oder einer Großstadt, hinzuweisen. Oft Kategorie  Vorwarnliste wird die Bedeutung einer kulturellen Einrichtung den Nutzern erst durch deren Bedrohung deutlich. Erst wenn Empörung und schließlich Protest Kategorie  gefährdet über mögliche Einschnitte oder gar eine Insolvenz entstehen, wird den Verantwortlichen bewusst, wie stark das Museum, Theater oder Orchester Kategorie  von Schließung bedroht Rote mit der Struktur und der Identität des Ortes verbunden ist. Diesen Bewusstseinsprozess gilt es anzuregen. Politik & Kultur stellt dazu Kategorie  geschlossen die Arbeit einzelner Einrichtungen vor und teilt sie ein in Gefährdungs- kategorien von  bis . Ob und welche Veränderungen für die vorgestell- Benachrichtigen Sie uns über die Lage Ihnen bekannter Kultureinrich- ten Einrichtungen eintreten, darüber werden wir Sie fortlaufend infor- tungen! Senden Sie uns dazu Ihre Vorschläge an info@politikundkultur. Liste mieren. net.

ACHT BRÜCKEN  MUSIK FÜR KÖLN, KUNSTFEST WEIMAR, BISHER NORDRHEINWESTFALEN THÜRINGEN VORGESTELLTE GEFÄHRDETE • Gründung:  • Gründung:  INSTITUTIONEN • Tätigkeitsfeld: Musikfestival • Tätigkeitsfeld: Kunstfest Institution, Aktuelle • Finanzierung: Stadt Köln, Kuratorium KölnMusik e. V., Stiftungen, • Finanzierung: Stadt Weimar, Freistaat Thüringen, Sponsoren, Bundesland Gefährdung Sponsoren, Eigenmittel eigene Einnahmen ( ) = bei Erst- • Homepage: www.achtbruecken.de • Homepage: www.kunstfest-weimar.de aufnahme ------Mainzer Kammer- orchester, Mainz,  () Rheinland-Pfalz

Museum Morsbroich,  () Leverkusen, NRW

Deutsche Zentral- bibliothek für Medizin, Köln/  () Bonn, NRW Institut für Thea- terwissenschaft, Universität Leipzig,  () Sachsen FOTO: HEJKAL FOTO: FOTO: CANDY WELZ CANDY FOTO: Ateliers hinterm   Hauptbahnhof,  () Das Festival ACHT BRÜCKEN | Musik hat sich bereits deutlich für den Erhalt Das seit  jährlich stattfinden- ran gekoppelten Zuschüsse durch das Karlsruhe, Baden- Württemberg für Köln (Träger: Stadt Köln, WDR) des Festivals ausgesprochen und das de Kunstfest Weimar ist Thüringens Land bedeuten würde. Ab  wäre begeistert seit seiner Gründung , »Kuratorium KölnMusik e. V.« wandte größtes und bekanntestes Festival für das Kunstfest damit massiv bedroht The English Theatre, Frankfurt  () jährlich Anfang Mai, ein wachsendes sich zuletzt mit einem off enen Brief an zeitgenössische Künste. Im Jahr  – ausgerechnet das Jahr, in dem sich am Main, Hessen Publikum mit zeitgenössischer Musik, Kölns Oberbürgermeisterin Henriette besuchten mehr als . Gäste aus die Gründung des Bauhauses sowie die Jazz, Pop- und Weltmusikkonzerten. Reker. Für Köln als Musikstadt sowie für Weimar und von außerhalb die insge- Verabschiedung der Weimarer Verfas- Projekte und Strukturen der  konnte das Festival über . die Akquise möglicher Drittmittel sei samt  Veranstaltungen. Neben Zu- sung zum . Mal jähren. Eigentlich kulturellen  () Besucher verzeichnen. Finanziell un- eine fortgesetzte Unterstützung durch schüssen der Stadt und des Freistaats bestünde gerade anlässlich dieser Er- Bildung an terstützt wurde es dabei von der Stadt die Stadt unabdingbar. Auch die Kölner Thüringen fi nanziert sich das Kunstfest eignisse ein ganz besonderer Bedarf hesischen Schulen Köln – doch die Zuschüsse, etwa eine SPD sprach sich für die Rettung aus und mit Sponsorengeldern und Einnahmen an diff erenzierter künstlerischer Aus- »Mechaje« - halbe Million Euro, sollen nun gestri- fordert in einem Dringlichkeitsantrag aus dem Verkauf von Eintrittskarten. einandersetzung mit diesen histori- Jüdisches Theater Rostock,  () chen werden. Die Durchführung des die Schaff ung einer langfristigen Fi- Nun gab die Stadt Weimar Pläne be- schen Ereignissen und ihrer aktuellen Meckl.-Vorpomm. Festivals wäre damit ab  nicht nanzierungsgrundlage. kannt, ihre Förderung zu streichen, Bedeutung. mehr möglich. Der Kölner Kulturrat was gleichzeitig den Wegfall der da- Die Wiesenburg, Berlin  ()

Burghofbühne PROJEKTE UND STRUKTUREN DER KULTU MUSIKHOCHSCHULE TROSSINGEN, Dinslaken, NRW  () RELLEN BILDUNG AN HESSISCHEN SCHULEN BADENWÜRTTEMBERG Internationales Keramik-Museum,  () • Gründung: ./. • Gründung: / Weiden, Bayern • Tätigkeitsfeld: Kulturelle Bildung • Tätigkeitsfeld: Staatliche Hochschule für Musik • Finanzierung: Hessisches Kultusministerium • Finanzierung: Land Baden-Württemberg, Drittmittel Kunst- und Kultur- • Homepage: www.schultheater-in-hessen.de, www.schultheater.de • Homepage: www.mh-trossingen.de café am Campus,  () Essen, NRW ------

Belgisches Haus, Köln, NRW  ()

Deutsches Museum, Bonn,  () NRW

Phonet. Sammlung der Martin-Luther- Univ. Wittenberg,  () S.-Anhalt.

Kultursendungen des Bayerischen  () Rundfunks, Bayern

FOTO: OLAF MÖNCH OLAF FOTO: KDH-Hallen/ FOTO: AXEL FOBEL AXEL FOTO: Maschinenfabrik   Humboldt, Köln-  () Nach dem Schrecken über die Kür- Kunst-, Musik- und Theaterbereich Im Jahr  sahen sich die fünf Mu- musikalische Baden-Württemberg: Alle Kalk, NRW zungen der Unterrichtsstunden in den sowie das Engagement der Sparkas- sikhochschulen in Baden-Württemberg Standorte bleiben erhalten, die vom Fächern Musik, Theater und Kunst in senkulturstiftung Hessen-Thüringen mit Sparmaßnahmen, Umstrukturie- Land zugesicherten Finanzierungen Singer-Songwriter- Wettb. »Trouba-  () Hessen, den die Sparpläne des hessi- off enbar gefruchtet haben. Die Schule rungen und dem drohenden Wegfall geben den Hochschulen bis Ende  dour«, Berlin schen Kultusministeriums im Februar sei der einzige Ort, an dem alle Kinder von mehreren hundert Studienplätzen Planungssicherheit. Die Musikhoch- verbreiteten, können viele Projekte erreicht werden könnten. Die Arbeit in konfrontiert. Besonders betroff en war schulen sollen sich fortan stärker un- Stadttheater nun wieder aufatmen. Die Kürzungen den Fächern der kulturellen Bildung die Musikhochschule Trossingen, eine terscheiden und durch die Einrichtung Cöpenick, Berlin-  () für das Hessische Schultheatertreff en sei daher für Integration und Inklusion schrittweise Schließung der Institution sogenannter Landeszentren profi lieren. Köpenick sowie für das Schultheaterzentrum unverzichtbar. drohte. »Musik–Design–Performance« lautet Nord wurden zurückgenommen. Ruth Umso erfreulicher ist es, dass die durch das Konzept für das neue Landeszent- Int. Studiengang Journalistik, Hoch-  () Kockelmann und Olaf Mönch aus dem die Ankündigung der Maßnahmen aus- rum in Trossingen, es baut zudem eine schule Bremen Vorstand des Landesverbandes Schul- gelöste Debatte schließlich eine posi- vielversprechende Brücke zwischen theater in Hessen e. V. freuen sich, tive Wendung bewirkt hat – sowohl für Musiktradition und einer zunehmend Die vollständige Liste fi nden Sie unter dass die Appelle der Vertreter aus dem Trossingen als auch für das gesamte digitalisierten Welt. www.kulturrat.de/themen/rote-liste-kultur/ Politik & Kultur | Nr.  /  | Juli — August  FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN 19 FOTO: ULLSTEIN BILD  KLAUS ROSE KLAUS  BILD ULLSTEIN FOTO: Patriarchale Strukturen im Kulturbereich, gibt’s die noch? Oder wie kann mehr Geschlechtergerechtigkeit erreicht werden

OLAF ZIMMERMANN berufl iche Künstlerinnen und Künstler Was haben diese Anekdoten mit Gleich- tanz von Frauen in den Kulturverbän- gegangen. Hier konnte gezeigt werden, entwickelt und dutzende Male durch- stellung im Kulturbetrieb zu tun? den verändert hat. Mit Unterstützung dass aktive Gleichstellungspolitik von er Deutsche Kulturrat hat geführt. An diesen Seminaren nahmen Dreierlei meines Erach tens. Zum ei- der Kultusministerkonferenz erstellte Seiten eines Intendanten Wirkung ent- die umfangreiche Studie vor allem Bildende Künstlerinnen und nen zeigt die eine den Subtext, wenn der Deutsche Kulturrat im Jahr  faltet. In der Untersuchung »Arbeits- »Frauen in Kultur und Me- Künstler teil. Ziel der Seminare war es, über Gleichstellung im Kulturbetrieb die umfangreiche Studie »Frauen in markt Kultur – Zur wirtschaftlichen D dien – Ein Überblick über ak- über den Kulturmarkt zu informieren, oder Frauen im selbigen gesprochen Kunst und Kultur«, in der über einen und sozialen Lage in Kulturberufen« tuelle Tendenzen, Entwicklungen und »Überlebenstechniken« zu erlernen wird. Patriarchale Strukturen haben Zeitraum von fünf Jahren die Präsenz wurde  querlaufend das Geschlech- Lösungsvorschläge« vorgelegt. Kern der und sich mit Selbstmarketing zu befas- sich tief in das Bild von künstlerischer von Frauen in Führungspositionen von terthema mitdiskutiert. So wurde bei- Studie ist der von Gabriele Schulz erar- Arbeit eingegraben. Männern werden Kultureinrichtungen und ihre Partizi- spielsweise ausgewertet, wie hoch der beitete Datenteil, der ausführlich über eher künstlerische Charakteristika pation an der individuellen Künstlerför- Studentinnenanteil in den künstle- die Entwicklung der Repräsentanz von Männern werden wie Kreativität, Obsession, Wille und derung untersucht wurde. Der Deutsche rischen Studien gängen ist, wie viele Frauen im Kultur- und Medienbereich Durchsetzungsvermögen zugeschrieben. Kulturrat hatte zusammen mit den für Künstlerinnen und wie viele Künstler in den Jahren von  bis  Aus- eher künstlerische Und dies, obwohl erfolgreiche Künst- »Frauenkultur« zuständigen Referen- in den verschiedenen Berufsgruppen kunft gibt. Doch warum diese Beschäf- Charakteristika wie lerinnen längst bewiesen haben, dass sie tinnen aus den Kulturministerien der in der Künstlersozialversicherung ver- tigung mit Geschlechtergerechtigkeit Kreativität, Wille und sich sowohl in der Kunstwelt als auch Länder geplant, die Untersuchung sichert sind und wer wie viel verdient. im Kulturbereich? im Markt behaupten können. Die zweite »Frauen in Kunst und Kultur« alle Jetzt konnte der Deutsche Kulturrat, mit Als ich Anfang der er Jahre bei Durchsetzungsvermö- Anekdote veranschaulicht, dass Frau- fünf Jahre zu wiederholen, um so an- fi nanzieller Unterstützung von Kultur- einem bekannten Kunsthändler meine gen zugeschrieben en sehr häufi g unter dem Druck stehen, hand von Datenreihen Entwicklungen staatsministerin Monika Grütters, MdB, ersten berufl ichen Schritte tat, vertrat ihre Qualifi kation immer wieder unter nachvollziehen zu können. Obwohl die die bislang umfangreichste Studie zu dieser keine Frauen in seinem Pro- Beweis stellen zu müssen. Oft haben sie Studie des Deutschen Kulturrates als Frauen im Kultur- und Medienbereich gramm. Er war der festen Auff assung, sen. Der überwiegende Teil waren Teil- den Eindruck, sich stets weiterbilden zu vorlegen. dass Frauen keine guten Künstlerin- nehmerinnen. Auff allend war, dass, ob- müssen. Die dritte Anekdote zeigt die Eine wichtige Erkenntnis aus der nen sein könnten und hielt mit dieser wohl die Mehrzahl der Teilnehmerin- aktuelle starke Präsenz von Frauen in Die Situation in einer Studie ist: Diff erenzierung ist vonnö- Auff assung auch nicht hinter dem Berg. nen sehr qualifiziert und im Markt geistes- und kunstwissenschaftlichen ten. Die Situation in einer öff entlichen Auch gut zehn Jahre nach dem Auf- präsent war – oft mehr als die Teil- Studiengängen, ihre hohe formale Qua- öff entlichen Einrich- Kultureinrichtung, einem Forschungs- kommen der zweiten Frau enbewegung, nehmer –, sie dennoch das Gefühl hat- lifi kation und ihr Engagement für eine tung kann nicht mit museum oder gar einer Hochschule nach dem Erfolg von Künstlerinnen, die ten, sich noch weiter qualifi zieren zu berufl iche Laufbahn im Kulturbereich. der einer freien kann nicht mit der einer freiberufl i- ihre Kunst bewusst als feministisch müssen. Für den Deutschen Kulturrat ist chen Künstlerin gleichgesetzt werden. verstan den, war die Aussage meines Eine weitere Situation weitere zwei die Repräsentanz von Frauen im Kul- Künstlerin gleich- Doch Diff erenzierung bedeutet nicht ehemaligen Chefs weder anstößig, noch Jahrzehnte später: Wenn ich als Ge- tur- und Medienbereich seit  ein gesetzt werden Unklarheit. Im Gegenteil: Die Studie rief sie in irgendeiner Hinsicht Protest schäftsführer des Deutschen Kultur- Thema. In jenem Jahr erschien die zeigt klar, wie, mit welchen Mitteln in der Kunstwelt hervor. Der männlich rates eine Stelle für ein Praktikum, eine Studie »Repräsentanz von Frauen in und an welchen Orten mehr Geschlech- geprägte Geniekult wurde damals nicht Studentische Mitarbeit, eine Referen- Kunst und Kultur«, der eine Befragung Referenz vielfach herangezogen wur- tergerechtigkeit erreicht werden kann. hinterfragt. tin oder einen Referenten ausschreibe, von Mitgliedsverbänden des Deutschen de, hatte die KMK leider kein Interesse Staat, Kultur- und Bildungseinrichtun- Eine andere persönliche Erfahrung bewerben sich in erster Linie Frauen, Kulturrates zur Repräsentanz von Frau- an der Fortführung. Der Frage, welche gen sowie auch Verbände müssen jetzt eine Dekade später, Anfang der er hoch qualifi zierte Frauen mit hervor- en in ihren Organisationen und im Aufstiegschancen Frauen in einem Me- aktiv werden. Jahre: Für die Fachgruppen Bildende ragenden Zeugnissen, mit Berufser- Arbeitsfeld zugrunde lag. In weiteren dienunternehmen haben und welche Kunst der IG Medien habe ich, damals fahrungen vielfältiger Form, lern- und Mitgliederbefragungen hat der Deut- Mög lichkeiten Gleichstellungsarbeit im Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer selbstständiger Galerist, sogenannte wissbegierig und mit hoher Einsatz- sche Kulturrat in den darauff olgenden Betrieb hat, wurde in der Untersuchung des Deutschen Kulturrates und Heraus- Professionalisierungsseminare für frei- bereitschaft. Jahren geprüft, ob sich die Repräsen- zum WDR als Kulturakteur  nach- geber von Politik & Kultur 20 FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN www.politikundkultur.net

Zahlen – Daten – Fakten Ausgewählte Ergebnisse Wer studiert was? ser Einrichtungen von  Prozent im Jahr eine dem Sprechtheater umgekehrte men den Berufseinstieg. Zum ande- zu Frauen in Kultur und Frauen stellen den größeren Teil an  auf  Prozent im Jahr  erhöht. Entwicklung auszumachen. Die Zahl ren steigern sie die Bekanntheit und den Studierenden in den Sprach- und Hier scheinen Gleichstellungsvorschrif- der Künstlerinnen und Künstler, deren sind ein Ausweis der Anerkennung in Medien Kulturwissenschaften, aber auch in ten zu wirken, wie sie in den Ländern in Werke ausgestellt werden, ist von . der jeweiligen künstlerischen Sparte. Kunst und Kunstwissenschaften. Der Bezug auf den öff entlichen Dienst schon auf . gesunken. Ebenso ist die Zahl In der individuellen Künstler- und GABRIELE SCHULZ Studentinnenanteil ist gegenüber den lange gelten. Dieses gilt gleichermaßen der Frauen, deren Werke ausgestellt Künstlerinnenförderung zeigen sich Studenten bei den Sprach- und Kul- für Kunstmuseen, hier ist der Anteil an werden, von  auf  gesunken. Da geschlechtsspezifi sche Unterschiede. n der Studie »Frauen in Kultur und turwissenschaften von  Prozent im von Frauen geleiteten Häusern gestie- aber insgesamt weniger Künstlerin- Im Musikbereich sind es bei der Förde- Medien. Ein Überblick über aktu- Jahr  auf  Prozent im Jahr  gen und zwar von  Prozent im Jahr nen und Künstler ausgestellt wurden, rung junger Talente bei »Jugend musi- elle Tendenzen, Entwicklungen angestiegen. Der Nachwuchs für kultur-  auf  Prozent im Jahr . ist der Frauenanteil von  Prozent im ziert« in etwa gleich viele Jungen und I und Lösungsvorschläge« wurden wissenschaftliche Führungsaufgaben in Die Mehrzahl der öff entlich-recht- Jahr  auf  Prozent im Jahr  Mädchen. Bei den Förderprogrammen mehr als zwanzig Jahre in den Blick ge- Kultureinrichtungen ist also vor allem lichen Rundfunkanstalten hat einen gestiegen. für junge Künstlerinnen und Künst- nommen. Ausgehend vom Jahr  wird weiblich. Intendanten an der Spitze . Intendan- ler sind Frauen bei den ausübenden bis zum Jahr  – und teilweise auch Werden die verschiedenen künst- tinnen sind die Ausnahme. Aber auch Wer bestimmt mit? Künstlerinnen und Künstlern sehr gut bis  – analysiert, wie viele Frauen lerischen Disziplinen betrachtet, so in den anderen Führungsfunktionen Kultureinrichtungen verfügen teilwei- vertreten, wird die Förderung in Kom- künstlerische Disziplinen studieren, zeigen sich Unterschiede. Während sind mehrheitlich Männer anzutreff en. se über Beiräte, die sie in ihrer Arbeit position betrachtet, sind es allerdings wie viele an ein geisteswissenschaft- im Studienbereich Musik der Frauen- Wird nur die Zahl der in den öff ent- unterstützen. Hier kann als Tendenz nur sehr wenige Frauen. Auch beim liches Studium eine Promotion oder anteil in letzten zwanzig Jahren stetig lich-rechtlichen Rundfunkanstalten beschrieben werden, dass die wissen- Dirigentenforum sind nur wenige Di- Habilitation anschließen, inwieweit um die  Prozent liegt, ist er in den Beschäftigten betrachtet, so liegt der schaftlichen Beiräte, die mit Expertin- rigentinnen präsent. Mit dem Ernst von Frauen Kultureinrichtungen leiten, wie anderen Disziplinen leicht angestiegen Frauenanteile für alle Sender gesehen nen und Experten aus den Hochschulen Siemens Musikpreis, dem »Nobelpreis« viele Frauen den Aufsichtsgremien des und zwar: in der Bildenden Kunst von bei rund  Prozent. Führungsverant- besetzt sind, gegenwärtig einen Frauen- in der Musik wurden von  bis  öff entlich-rechtlichen Rundfunks an-  auf  Prozent, in Gestaltung von  wortung haben trotz Gleichstellungsan- anteil von rund einem Drittel aufweisen. zwanzig Männer und eine Frau ausge- gehören und wie viele Leitungsfunktio- auf  Prozent, in Darstellender Kunst strengungen deutlich weniger Frauen. Demgegenüber ist der Frauenanteil in zeichnet. Der Deutsche Literaturfonds nen im öff entlich-rechtlichen Rundfunk einschließlich Film und Fernsehen Hinzuweisen ist allerdings, dass in den Beratungsgremien, die von Verbänden fördert Literatinnen und Literaten. Der inne haben, wie viele Künstlerinnen von  auf  Prozent und in der Kunst, Rundfunkanstalten viele Beschäftigte in besetzt werden, deutlich geringer und Frauenanteil bei den Geförderten liegt in der Künstlersozialversicherung in Kunstwissenschaft allgemein von  auf technischen Berufen tätig sind und sich liegt teilweise unter  Prozent. bei rund  Prozent. Mit dem Georg- welchen Tätigkeitsbereichen versi-  Prozent. Innerhalb der verschiede- hier die geringere Präsenz von Frauen Im öff entlich-rechtlichen Rundfunk Büchner-Preis wurden zu  Prozent chert sind und was sie im Unterschied nen Studienfächer sind Unterschiede in diesen Berufen rächt. kommt den Rundfunk- und Verwal- Frauen ausgezeichnet. Beim Deutschen zu Künstlern verdienen, wie Frauen an im Studentinnenanteil auszumachen. tungsräten eine besondere Bedeutung Buchpreis liegt der Frauenanteil bei  der individuellen Künstlerförderung Was wird gespielt und gezeigt? zu. Sie sind die wirtschaftlichen und Prozent. Vom Deutschen Übersetzer- partizipieren und schließlich welche Wer leitet Kultureinrichtungen und Wird in den Blick genommen, von wem inhaltlichen Kontrollorgane der öf- fonds werden mehrheitlich Frauen ( Rolle Frauen in Verbänden spielen. Die- Rundfunkanstalten? Stücke aufgeführt oder Werke gezeigt fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Prozent) gefördert, was mit dem Frau- sen Fragen wird in dem Kapitel »Zahlen In den Theatern liegt der Frauenanteil werden, so erweist sich, dass Werke Die Besetzung der Rundfunkräte wird in enanteil an den Versicherten im Tätig- – Daten – Faktion: Geschlechterverhält- am künstlerischen Personal seit  bei von Autorinnen im Sprechtheater an den Rundfunkgesetzen oder Staatsver- keitsbereich Übersetzung in der Künst- nisse im Kultur- und Medienbetrieb« rund  Prozent. Bei den Bühnenleitun- Bedeutung gewonnen haben. Ohnehin trägen geregelt. Im Großen und Ganzen lersozialversicherung korrespondiert. nachgegangen. gen ist der Frauenanteil geringfügig von ist die Zahl der Autoren und Autorinnen ist festzustellen, dass sofern Vorschrif- Die Stiftung Kunstfonds unterstützt Um es einmal gleich zu Anfang zu  Prozent im Jahr  auf  Prozent im Sprechtheater von  im Jahr  ten bestehen, die Plätze mit einem be- bildende Künstlerinnen. Hier liegt sagen: Natürlich hat sich in den letzten im Jahr  angestiegen. Oder anders auf . im Jahr  angestiegen, also stimmten Anteil an Frauen zu besetzen, der Frauenanteil an den Geförderten zwanzig Jahren etwas verändert. Von gesagt, die Bühnenleitung ist nach wie um  gewachsen. Von dieser größeren diese auch erfüllt werden. Gibt es diese zwischen  Prozent bei der Erstellung Geschlechtergerechtigkeit kann aller- vor zu rund vier Fünftel in Männerhand. Vielfalt bei der Autorenschaft profi tie- Vorschriften nicht, gehören dem Rund- von Werkverzeichnissen und  Prozent dings noch nicht die Rede sein. Einige Demgegenüber ist der Anteil der weibli- ren auch Frauen. Prozentual ist der An- funkrat mehrheitlich Männer an. beim HAP-Grieshaber-Preis. ausgewählte Befunde sollen im Folgen- chen Musikvorstände im gleichen Zeit- teil der Werke von Autorinnen, die im Die geringere Präsenz von Kompo- den dargestellt werden. raum von  auf  Prozent angestiegen. Sprechtheater gespielt werden, von  Wer verdient was? nistinnen an Fördermaßnahmen zeigt Hier ist also eine Entwicklung zu mehr auf  Prozent im genannten Zeitraum Die Daten der Künstlersozialversiche- sich auch bei den Stipendiatinnen und Wer hat welche Berufe? Präsenz von Frauen unverkennbar, was angestiegen. Zum Theatertreff en bei den rung zeigen den Gender Pay Gap bei Stipendiaten in der Villa Massimo, Casa In den Berufen im Kultur- und Medi- auch damit zusammenhängt, dass mehr Berliner Festspielen wurden im gleichen freiberuflichen Künstlerinnen und Baldi und Villa Serpentara. Ihr Anteil ist enbereich ist eine geschlechtsspezifi - Frauen im Dirigieren ausgebildet wer- Zeitraum allerdings nur zu elf Prozent Künstlern. Im Jahr  verdienten stets deutlich geringer als der Frauen- sche Segregation nicht von der Hand zu den. Eine ähnlich positive Tendenz ist Stücke von Frauen gezeigt. Im gleichen die weiblichen Versicherten in der Be- anteil in der Bildenden Kunst oder der weisen. Typische Frauenberufe sind der im Bereich Regie/Spielleitung auszu- Zeitraum wurde nicht eine Operette von rufsgruppe Bildende Kunst zu  Pro- Literatur. Einzelhandel mit Büchern, Musikalien machen, hier waren im genannten Zeit- einer Frau aufgeführt. Und auch von zent weniger als die männlichen Ver- Aber auch Regisseurinnen haben es oder Kunst, Medien-, Bibliotheks- und raum zuerst zu  Prozent und später Frauen komponierte Opern wurden zu sicherten. In der Berufsgruppe Musik sowohl im Theater als auch im Film Informationsdienste, Bühnen- und Kos- zu  Prozent Frauen tätig. weniger als zehn Prozent gespielt. liegt der Unterschied bei  Prozent, in schwerer, eine der begehrten Aus- tümbild oder Requisite. Typische Män- Wird die Leitung von Zentral- und Bei der Art Cologne ist mit Blick der Berufsgruppe Wort bei  Prozent zeichnungen zu erhalten. Mit dem nerberufe sind Moderation, Musikinst- Landesbibliotheken betrachtet, so hat auf die Zahl der Künstlerinnen und und in der Berufsgruppe Darstellende Faust, dem Theaterpreis, wurden zwar rumentenbau, Kamera- und Tontechnik. sich der Frauenanteil in der Leitung die- Künstler, deren Werke gezeigt werden, Kunst bei  Prozent. Bereits bei den von  bis  zu  Prozent Frauen Versicherten unter  Jahre ist ein ausgezeichnet. Dieser Anteil wird aber Einkommensunterschied auszuma- nur erreicht, weil Darstellerinnen zu  chen und zwar: in der Berufsgruppe Prozent (Schauspiel) bzw.  Prozent Bildende Kunst von  Prozent, in der (Musiktheater) ausgezeichnet werden. Berufsgruppe Musik von  Prozent, in Werden die betrachtet, die sagen, wo es der Berufsgruppe Wort von  Prozent lang geht, also die Regisseurinnen und und in der Berufsgruppe Darstellende Regisseure, so sinkt der Frauenanteil Kunst von  Prozent. Werden alle Be- deutlich. Und auch mit dem Deutschen reiche zusammen betrachtet, liegt der Filmpreis wurden von  bis  nur Gender Pay Gap bei  Prozent und bei zu neun Prozent Regisseurinnen geehrt. den unter -Jährigen bei  Prozent. Geringer ist der Frauenanteil nur noch Bemerkenswert ist, dass bei einer in den Auszeichnungen für Kamera mit Betrachtung der Tätigkeitsbereiche in  Prozent und dem Ehrenpreis mit  den unterschiedlichen Berufsgruppen Prozent. Für Filmmusik wurde von  der Gender Pay Gap in den verschiede- bis  nicht eine Frau ausgezeichnet. nen Tätigkeitsbereichen verankert ist. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Für jede Berufsgruppe sind Tätigkeits- Mitgliedschaft von Akademien, die ihre bereiche auszumachen, in denen eher Mitglieder hinzuwählen. Hier schwankt überdurchschnittlich oder eher unter- der Frauenanteil zwischen Prozent durchschnittlich verdient wird. Wer- bei der Bayerischen Akademie der den diese Tätigkeitsbereiche betrachtet, Schönen Künste und  Prozent bei zeigt sich, dass Frauen und Männer in der Deutschen Akademie der Darstel- jeweils den gleichen Tätigkeitsberei- lenden Künste. Besonders gering ist der chen unter- oder überdurchschnittlich Frauenanteil in der Abteilung Bildende verdienen. Frauen erzielen allerdings Kunst der Bayerischen Akademie der sowohl in Tätigkeitsbereichen, in denen Schönen Künste mit fünf Prozent, be- überdurchschnittlich verdient wird, ein sonders hoch mit  Prozent in der Frei- geringeres Einkommen als Männern, als en Akademie der Künste in Hamburg. auch in Tätigkeitsbereichen, in denen Ein wichtiger Schlüssel für mehr unterdurchschnittlich verdient wird. Präsenz von Frauen sind die Verbände. Kurz gesagt: Sie verdienen durchweg Sie artikulieren nicht nur Forderungen weniger als Männer. an die Politik, viele sind selbst in der Förderung aktiv oder können Exper- Wer bekommt was? tinnen und Experten in Gremien ent- Ehrungen und Auszeichnungen spie- senden. Auch in den Verbänden sind len eine wichtige Rolle im Kultur- und Frauen allerdings bislang noch unter- Medienbereich. Sie haben dabei eine repräsentiert. Doppelfunktion. Zum einen bieten sie eine finanzielle Unterstützung, ein Gabriele Schulz ist Stellvertretende

FOTO: PICTURE ALLIANCE / PHOTOSHOT / ALLIANCE PICTURE FOTO: einmaliges Preisgeld oder fördern mit Geschäftsführerin des Deutschen Die Suff ragetten forderten Anfang des . Jahrhunderts das allgemeine Frauenwahlrecht Workshops oder anderen Maßnah- Kulturrates Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN 21

Von Normalität noch weit entfernt Bestandsaufnahme Chancengleichheit: Zur Geschlechtergleichstellung an deutschen Kunst- und Musikhochschulen

THERESA BRÜHEIM Chancengleichheit der Geschlechter er- reicht. Dies gilt auch für den Arbeits- s ist der . Oktober , Semes- markt Kultur. Dabei ist Geschlechterge- tereröff nung, Kunsthochschule rechtigkeit bedeutende Voraussetzung E für Medien Köln (KHM): Vale- für künstlerische Exzellenz. Bei der rie Heine, Mona Kakanj und Soyoung Durchsetzung von Chancengleichheit Park werden mit dem Förderpreis für zwischen Frauen und Männern im Künstlerinnen der Gleichstellung aus- Kultur- und Kreativbereich nehmen gezeichnet, der seit  zum neunten die Hochschulen eine Schlüsselrolle Mal von der KHM an die eigenen Absol- ein. Sie bilden nicht nur die potenziell ventinnen und Diplomandinnen ver- gleichgestellten Kulturschaff enden von liehen wird, um den Übergang von der morgen aus, sondern fungieren auch als Hochschule in den Kunst-, Film- oder eine wegweisende Innovationskraft der Medienbetrieb zu erleichtern und zu gesamten Kreativbranche. Doch wie sieht die Realität an den deutschen Kunst- und Musikhoch- schulen des Landes wirklich aus? Ist Der Weg zur die KHM einziger Lichtblick der Gleich- tatsächlichen stellung oder nur ein Beispiel von vielen Chancengleichheit von geschlechtergerechten Hochschulen? Frauen und Männern Um unter anderen diesen Fragen auf den Grund zu gehen, wurden die ist leider noch lang  deutschen Kunst- und Musikhoch- schulen im Rahmen der Studie »Frauen in Kultur und Medien – Ein Überblick unterstützen. Der Preis ist mit . über aktuelle Entwicklungen und Ten- Euro dotiert und kann – wie in diesem denzen« auf ihr chancengleiches Herz Jahr – gesplittet werden. Mit ihm ver- und ihre geschlechtergerechten Nieren bunden ist eine Ausstellung der Werke geprüft. Deutlich wurde, dass Chancen- der Preisträgerinnen im BBK Köln. gleichheit nach wie vor ein hochaktuel- Im Wintersemester / studier- les Thema in der deutschen Hochschul- ten gemäß den Erhebungen des Statis- landschaft ist und die überwiegende tischen Bundesamtes über . Stu- Mehrheit der Kunst- und Musikhoch- dierende, davon . Studentinnen, schulen aktiv für Geschlechtergerech- an den  deutschen Kunst- und Mu- tigkeit eintritt. Vornehmlich werden die

sikhochschulen. Obwohl der Gesamt- Maßnahmen zum Abbau von Benach- BONESS/IPON  BILD ULLSTEIN FOTO: anteil der weiblichen Immatrikulierten teiligungssystemen und zum Aufbau In Führungspositionen im Kultur- und Medienbereich ist auch heute noch keine Geschlechtergerechtigkeit erreicht während des Studiums an den Kunst- von Gleichstellung zwischen Frauen und Musikhochschulen überwiegt, und Männern an den Kunst- und Mu- Geschlechtergerechtigkeit ein. Andere, Professuren auch an Kunst- sowie Mu- fessionelle Tätigkeit im Arbeitsmarkt sind in der weiteren akademischen sikhochschulen selbst unternommen. überwiegend kleinere Kunst- und Mu- sikhochschulen ankurbeln soll. Doch Kultur entscheiden. So vielfältig und Laufbahn und professionellen Kunst- Dabei fallen die Förderinstrumente sikhochschulen, können sich daran auch der Weg zur eigenen Professur ist lang. förderlich diese Ideen, Maßnahmen und Musikkarriere wesentlich weniger so unterschiedlich aus wie Kunst und  noch nicht messen, was strukturell Aus diesem Grund unterstützen Ini- und Initiativen auch sind, sie zeigen Schlüsselpositionen von Frauen besetzt. Musik selbst. Die Hochschulangebote begründet ist. Dafür haben aber gemäß tiativen der Länder wie das Hambur- eins sehr deutlich: Geschlechtergleich- Beispielsweise ist in künstlerischen reichen von Mentoring- bzw. Coaching- den Vorschriften der Hochschulgesetze ger Förderprogramm Pro Exzellenzia stellung ist an deutschen Kunst- und Studienfächern nur etwa jeder dritte programmen und Workshops speziell für der Länder alle Kunst- und Musikhoch- künstlerisch-wissenschaftliche Aka- Musikhochschulen noch längst keine Lehrstuhl in weiblicher Hand. Künstlerinnen über Absolventinnenge- schulen Frauen- und Gleichstellungsbe- demikerinnen bereits auf den vorher- Normalität. Im Gegenteil: Der Weg zu Förderinstrumente wie der Preis für spräche und Frauenförderstipendien auftragte fest in die eigene Organisati- gehenden Qualifi kationsstufen. So soll tatsächlicher Chancengleichheit zwi- Künstlerinnen der Gleichstellung an bis hin zu Initiativen zur besseren Ver- onsstruktur integriert. zum einen der Weg zur weiblich be- schen Frauen und Männern ist leider der KHM zielen genau auf diese Diskre- einbarkeit von Familie und Hochschule Aber auch Bund und Länder blei- setzten Professur bereitet werden, zum noch lang. Aber die vorgestellten För- panz ab und versuchen, die Chancenun- oder Leitfäden für geschlechtergerechte ben nicht untätig: Zur Förderung von anderen aber auch der Frauenanteil in dermöglichkeiten sind mehr als ein gu- gleichheit zwischen den Geschlechtern Sprache. Einige Hochschulen, allen vo- Frauen in Professuren haben sie unter Führungspositionen im Arbeitsmarkt ter Anfang. Sie haben Vorbildcharakter Stück für Stück abzubauen, indem sie ran die Universität der Künste Berlin, anderem  das Professorinnen- Kultur erhöht werden z. B. für den Fall, für den gesamten Arbeitsmarkt Kultur. gezielt Künstlerinnen fördern. sind sehr umtriebig im Bereich Hoch- programm ins Leben gerufen, welches dass sich herausragende Akademike- Deutlich wird daran eines: In Deutsch- schulgleichstellungspolitik und nehmen die Berufung von hochqualifi zierten rinnen nach einer künstlerisch-wissen- Theresa Brüheim ist Chefi n vom Dienst land ist immer noch keine vollständige somit bundesweite Vorbildfunktion für Akademikerinnen auf W- und W- schaftlichen Promotion für eine pro- von Politik & Kultur Same same, but different Forschung zu Frauen im Deutschen Bundestages in ihrem An- Umfragen zur wirtschaftlichen und so- nifestierten Vorbehalte, die sich nicht dazu, den vorhandenen Forschungs- Kultur- und Medienbetrieb trag »Grundlagen für Gleichstellung zialen Situation des Bundesverbands einseitig durch die Einführung von bedarf zu kennzeichnen. Insbesondere im Kulturbetrieb schaff en« im Oktober Bildender Künstlerinnen und Künstler Quoten in Luft aufl ösen werden. Und aufgrund der zunehmenden Bedeutung  auf den »Mangel an aktuellen sta- (BBK), die jüngste »Probespielstatistik« natürlich gibt es auch solche Bereiche, der Kultur- und Kreativwirtschaft als CAROLIN RIES tistischen Daten« (Drucksache /) und die erst kürzlich erschienene »Jazz- in denen Frauen überrepräsentiert sind Arbeitsfeld erscheint es erforderlich, aufmerksam gemacht. Studie« sowie die Ergebnisse einer Be- – beispielsweise im Verlagswesen. Aber Gleichstellungsfragen zu diskutieren akt ist: Geschlechtergerech- Nichtsdestotrotz sind in den vergan- fragung zur Repräsentanz von Professo- auch hier sorgt der sogenannte »Fami- und entsprechende Veränderungspro- tigkeit ist bei weitem nicht genen Jahren Einzelstudien erschie- rinnen an künstlerischen Hochschulen. lienknick« dafür, dass der Frauenanteil zesse anzuregen – und dies, hier nur am erreicht im Kultur- und Medi- nen, die sich mit der Gleichstellung von Stark verkürzt kann zunächst fest- Rande, nicht nur im Hinblick auf Frauen F enbetrieb. Fakt ist auch, dass Männern und Frauen in den verschie- gehalten werden, dass Frauen heute in im Arbeitsmarkt Kultur. Das Wissen um dieser Missstand keineswegs ein singu- denen Teilarbeitsmärkten befassen, d.h. nahezu allen künstlerischen Sparten ca. die fehlende Geschlechtergerechtigkeit, läres Phänomen darstellt, sondern alle konkret mit ihren Ein- und Aufstiegs- die Hälfte der Studierenden ausmachen. Es geht um Präsenz das durch die Einzelstudien zu Tage gesellschaftlichen Bereiche betriff t. Bei chancen, Verdienstmöglichkeiten sowie Wenn es dann aber um die Ausübung und Sichtbarkeit, tritt, kann als Diskussionsgrundlage für der Suche nach Lösungen wird deutlich, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. des erlernten Berufs geht, zeigt sich, diverse Perspektiven die Akteurinnen und Akteure innerhalb dass es neben zahlreichen allgemein- Die Ergebnisse einiger dieser sparten- dass Frauen in der Regel seltener ver- der einzelnen künstlerischen Sparten gültigen Hemmnissen, wie beispiels- spezifi schen Erhebungen, mehrheit- treten sind als ihre männlichen Kolle- und um bares Geld dienen. Die Vielzahl der Erhebungen weise der hartnäckigen Vorstellung, lich durchgeführt von Interessensver- gen – insbesondere dann, wenn es um und vor allem die zum Teil ähnlichen dass die Betreuung von Kindern trotz tretungen, Vereinen, Verbänden oder Führungspositionen im Kultur- und Barrieren, mit denen Frauen auf dem einer Vielzahl an sogenannten »neuen aber Universtäten, sind für die Studie Medienbetrieb geht. Dies hat wieder- mit steigender Hierarchieebene sinkt. Weg »nach oben« konfrontiert sind, Vätern« letztlich doch irgendwie »Frau- »Frauen in Kultur und Medien« des um Einfl uss auf unsere Wahrnehmung Außerdem verdienen Mütter in dieser verdeutlichen jedoch auch den akuten ensache« ist, spartenspezifi sche Beson- Deutschen Kulturrates zusammenge- der Kunst- und Kulturlandschaft. Ihr Branche weniger als ihre kinderlosen gesamtgesellschaftlichen Handlungs- derheiten und Anforderungen gibt. So tragen worden. Genauer in den Blick haftet nach wie vor der Duktus des Kolleginnen, während Väter ein höheres bedarf. auch im Kultur- und Medienbetrieb. genommen werden die Bereiche Film männlichen Künstlers, ja teilweise so- Gehalt erzielen als Männer ohne Kinder. Am Ende geht es um nichts Gerin- Mit dem Erscheinen der aktuellen und Fernsehen, Theater, Bildende Kunst gar des männlichen Genies an. Ganz Wenngleich die Ergebnisse der Ein- geres als um Präsenz und Sichtbarkeit, Studie zu »Frauen in Kultur und Me- und Musik, das Buchwesen sowie die besonders deutlich wird dies, wenn man zelstudien hier in einen Zusammen- um diverse Geschichten und Perspekti- dien« kommt der Deutsche Kulturrat künstlerischen Hochschulen. Exempla- sich auf die Suche nach Dirigentinnen hang gestellt wurden, um Tendenzen ven, um ihre Wahrnehmung und ihren einer wiederholten Forderung nach, risch vorgestellt werden unter anderem macht. Natürlich gibt es einige wenige für den Arbeitsmarkt Kultur abzulesen, Einfl uss auf unsere Gesellschaft – und eine erneute und vor allem umfassen- der »Erste« und »Zweite Regie-Diver- Frauen, die sich zur Dirigentin ausbil- können sie – nicht zuletzt aufgrund nicht zuletzt, so banal es klingt, um de Erhebung zur Situation von Frauen sitätsbericht« des Bundesverbandes den lassen und Erfolge feiern. Sie sind unterschiedlicher Untersuchungszeit- bares Geld! in allen Sparten des Kulturbetriebs Regie (BVR), die »MehrWert«-Studie aufgrund ihrer Seltenheit sogar etwas räume und -methoden – nicht direkt anzufertigen. Zuletzt haben Abgeord- der BücherFrauen, die Theaterstatisti- Besonderes. Gleichzeitig zeigen sich miteinander verglichen werden. Ihre Carolin Ries ist Mitarbeiterin des nete von Bündnis /Die Grünen des ken des Deutschen Bühnenvereins, die hier die anhaltenden und kulturell ma- Skizzierung dient jedoch vor allem auch Deutschen Kulturrates 22 FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN www.politikundkultur.net

Frauen werden anders wahrgenommen Barbara Haack im Gespräch mit der Schriftstellerin Julia Franck

Julia Franck ist preisgekrönte Autorin. Aufenthaltsstipendien, um die man dem habe ich mich trotzig mit Ende Lage, solche »schlagenden Verbin- ein Autor geschlechtlich in diesem Nichtsdestotrotz kennt auch sie die sich überhaupt mit Kindern bewerben Zwanzig entgegengestellt, indem ich dungen« zu bilden, sich gegenseitig Seminar verortet statt ästhetisch? Wo Benachteiligung als Frau im Litera- kann. Eines der ganz wenigen Stipen- zwei Kinder bekommen habe. in der Weise zu achten, in der Männer wird ein Seminar zum Thema »Män- turbetrieb. dien ist das Rom-Stipendium, aber sich achten und in der Frauen auch nerliteratur« oder »Männliche Auto- auch dort ist für eine Kinderbetreuung Behindern diese Einschränkungen, Männer achten. ren der Gegenwart« angeboten? Barbara Haack: Wie ist es dazu ge- nicht gesorgt. Die Hälfte des Stipen- die Sie haben, weil Sie Ihre Kinder Etwas Ähnliches passierte, als Volker kommen, dass Sie Schriftstellerin dium-Geldes wurde in meinem Fall betreuen müssen und wollen, tat- Sollten die Frauen da aktiver Hage seinen Artikel über »Fräulein- geworden sind? schon mal durch die Kinderbetreuung sächlich Ihre Karriere? werden? Was müsste passieren? wunder« schrieb, in dem ich gar nicht Julia Franck: Ich bin in einer soge- aufgebraucht. Da gibt es einfach eine Natürlich. Unbedingt. Ich würde die- Die Kultur der Wertschätzung kann vorkam, zu dem ich aber merkwürdi- nannten Künstlerfamilie aufgewach- Denklücke in der Förderung. sen Satz von Reich-Ranicki heute so- sich natürlich über Bildung weiter- gerweise in den Jahren danach immer sen. Die Menschen um mich herum gar unterschreiben, weil er einen ganz verbreiten, da käme man dann zu den wieder gezählt wurde. Das war das waren alle freischaff end, selbst in der Reisen müssen Sie als Schriftstel- klaren Blick auf die gesellschaftlichen Kunsthochschulen. Auch da ist es ja frauenfeindlichste Etikett und Siegel DDR. Für mich ist das Schreiben aus lerin aber sicher auch in anderen Verhältnisse und auch die Schwierig- auff allend, dass die meisten Professu- schlechthin. Ich habe damals von der einem Spiel mit meiner Zwillings- Zusammenhängen … keiten wirft, beides miteinander zu ren, sowohl an den Kunsthochschulen Zeitung Die Welt den Auftrag erhal- schwester heraus entstanden. Wir ha- Ich kann zum Beispiel eine Vielzahl verknüpfen. Ich möchte es trotzdem wie an den Filmhochschulen, männ- ten, einen Artikel über das »Fräulein- ben als Kinder immer Phantasiespiele, der Einladungen zu Lesungen im eu- nicht missen, dass ich meine Kinder lich besetzt sind. Am Leipziger Lite- wunder« zu schreiben, ein oder zwei Rollenspiele oder private Welten ropäischen oder auch interkontinenta- bekommen habe. Nur kann ich mei- raturinstitut gibt es drei feste Pro- Jahre später. Ich schrieb diesen Arti- miteinander entwickelt, aus denen len Ausland nicht annehmen, weil die- nem künstlerischen Beruf nicht annä- fessuren, die sind alle in männlicher kel, und er wurde nicht gedruckt. das Schreiben so etwas wie eine na- Die Redaktion empfand den Artikel türliche Folge war. als fundamental feministisch reak- tionär. Wurden in dieser Zeit in Ihrer Wahrnehmung Jungen anders ge- Nehmen Sie auch in der Litera- fördert als Mädchen? turkritik wahr, dass schreibende Nein. Die geschlechtliche Fragestel- Frauen anders wahrgenommen lung ist für mich erstmals im Laufe werden? des Studiums aufgekommen. Erst Natürlich! Ich würde Sie zu diesem während des Studiums dämmerte es Anlass gerne auf einen Buchmessen- mir, dass es geschlechtliche Unter- Aufmacher der Süddeutschen Zeitung schiede in der Lesart von Literatur von Gustav Seibt vor einigen Jahren gibt. Wenn Sie in Buchhandlungen aufmerksam machen, bei dem es um und Bibliotheken literarische Leser zeitgenössische Romane ging. Es war dazu befragen, welche zehn Bücher ein Buch-Herbst, in dem kein Roman der Belletristik, der »Hochliteratur« von mir erschien. Umso erstaunter sie zuletzt gelesen haben, werden Sie war ich, als ich diesen Aufmacher sah von Männern ausschließlich hören, und darüber fünf Fotos prangten, vier dass sie zuletzt männliche Autoren von männlichen Autoren, deren Bü- gelesen haben. cher in dieser Saison erschienen wa- ren, und ein Foto von mir. In diesem Liegt das an einer unterschiedli- Artikel kam ich nur insofern und als chen Sozialisierung? Fußnote vor, als dass Seibt in dieser An einer Sozialisierung und vielleicht Saison erschienene Bücher männli- auch an der Identifi zierung. cher Autoren beschrieb und hymnisch darauf aufmerksam machte und Sie selbst sind ja sehr erfolgreich gleichzeitig sagte: »Bücher von dieser mit Ihren Büchern. Das heißt, Sie Julia Franck muss man übrigens gar haben wahrscheinlich nicht nur nicht erst lesen …«. Frauen als Leserinnen. Aber größtenteils. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie sowas lesen? Das ist ja schon sehr Hat das etwas mit einem Vorurteil verletzend. zu tun, mit der Sprache oder mit Das ist verletzend und das empfi nde den Inhalten der Bücher? ich an dieser Stelle als Geschlechts- Das hat mit der Wahrnehmung der kritik. Darauf kann man als Frau, und Persönlichkeiten dahinter zu tun. das ist natürlich Teil des feuilleto- Also mit dem Geschlecht der Autoren. nistischen Zirkus, nicht öff entlich reagieren. Soll ich mich als Alice Sind die Verlage dann eher an Schwarzer aufschwingen und den männlichen Autoren interessiert Autor des Artikels als misogynen Pub- als an weiblichen? lizisten diff amieren? Und welche Zei- Nein, Verlage wissen ja, dass die Leser tung würde das drucken? Ich würde von Literatur zu  bis  Prozent mich doch nur kläglich als beleidigte weiblich sind. Die wissen, dass die- Frau selbst vorführen. se weiblichen Leser gleichermaßen Ich habe übrigens leider auch erlebt, Männer wie Frauen lesen. Frauen dass männliche Rezensenten, die lieben es auch, sich die Welt von meine Bücher mitunter verrissen

Männern erklären zu lassen. Die we- ALLIANCE PICTURE FOTO: haben, allein an der Inhaltsangabe nigen  bis  Prozent männlichen Aktivistinnen beim »Walk in Her Shoes«-Marsch am Weltfrauentag scheiterten und dadurch deutlich zu literarischen Leser lesen zwar nahezu erkennen gaben, dass sie das Buch ausschließlich Bücher von Männern, se Lesungen vom Goethe-Institut in hernd in der Weise nachgehen, wie es Hand, es gibt eine feste Professur für nicht einmal gelesen hatten. Wenn aber die vielen weiblichen Leser lesen der Regel mit einer sogenannten Auf- ein Mann an derselben Stelle kann. szenisches Schreiben oder Creative ein Rezensent in einem Verriss den ja gleichermaßen auch Literatur von wandsentschädigung entlohnt werden, Writing in Hildesheim in männlicher Inhalt nicht einmal richtig zusam- Frauen. Mein Verlag, der Fischer Ver- mit der ich ein Kindermädchen in Glauben Sie, dass es im Literatur- Hand, und weitere Professuren für das menfassen kann, dann wird klar, lag, versammelt ausgesprochen gute Berlin nicht einmal für die halbe Zeit betrieb männliche Netzwerke Schreiben gibt es meines Erachtens er hat den Roman nur überblättert, Autorinnen neben Autoren. Das sehe bezahlen kann. Das ist problematisch, gibt? gar nicht. seine Meinung stand schon vor ich in manchen anderen deutschspra- denn das sind ja Einladungen, die Ja, und auch da würde ich wieder Verfassung der Rezension fest. chigen Verlagen nicht ganz so gleich sowohl Deutschland mit seiner Kultur sagen: Das ist eine Kultur der Wert- Sie wurden sehr stark von Diese männliche Rezeptionsignoranz verteilt. als auch meine individuelle Arbeit als schätzung und der Achtung, die unter Frauenpersönlichkeiten in der von weiblicher Kunst oder Literatur, Künstlerin, Literatin im Ausland re- Männern sehr viel ausgereifter ist und Familie geprägt, auch von die kann man als Künstlerin oder Wie steht es mit Förderprogram- präsentieren sollen. Ich vermute, dass hier auch plötzlich soziale Qualitäten künstlerischen Frauenpersönlich- Literatin nur ganz schwer anprangern, men, Stipendien und Preisen? Frauen mit Kindern in dieser Liga der zeigt. In der sogenannten Hochkultur keiten. Sind das Ihre Vorbilder ohne sich selbst dabei beleidigt Haben Sie ein Gefühl dafür, ob ein öff entlichen Repräsentanz gar nicht in erweist es sich, dass die Männer- gewesen? vorzuführen und hierbei zu schädi- Unterschied gemacht wird zwi- der Vielzahl vorkommen. bündnisse, die Männerfreundschaf- Dieses sehr weiblich dominierte gen. schen den Geschlechtern? ten, die Wertschätzung und Achtung künstlerische Umfeld, in dem ich Ich würde sagen, in den Förderpro- Das ist ein gesellschaftliches Prob- der Männer untereinander sehr viel aufgewachsen bin, war extrem förder- … oder in die Ecke der Feministin- grammen hat man es gerade mal lem und hat mit der Rollenvertei- genauer und förderlicher funktio- lich für den innersten Kern meines nen gedrängt zu werden. gleich schwer oder leicht, zumal dort, lung zwischen Mann und Frau zu nieren, Männer darin auch sehr klug geschlechtlichen Selbstbewusstseins. Genau, oder in die Ecke der Femi- wo es sich um Stipendien handelt, die tun. untereinander agieren, viel mehr An der Universität refl ektierte ich nistinnen gedrängt zu werden – und nicht an einen Aufenthalt geknüpft Natürlich. Reich-Ranicki soll mal zu mit Achtung umgehen als Frauen dann erstmals, wie wir Literatur von damit nur noch geschlechtlich und sind. Es gibt ja zahlreiche sogenannte einer jungen Schriftstellerin gesagt es untereinander tun. Frauen, und weiblichen und männlichen Autoren eben nicht mehr ästhetisch wahrge- Aufenthaltsstipendien, und hier kom- haben: »Aber bekommen Sie nie Kin- darin kritisiere ich auch das eigene unterschiedlich lesen. Es gibt Semi- nommen zu werden. me ich zu einem der Kritikpunkte, der der, sonst ist Ihre Karriere als Schrift- Geschlecht, werden weniger nur von nare an der Uni über »Weibliche Auto- mir auch erst bewusst wurde, als ich stellerin vorbei.« Das will man als Männern weggebissen, sondern sie ren der Gegenwart«, was ich sehr des- Julia Franck ist Schriftstellerin. Kinder bekam. Es gibt äußerst wenige junge Schriftstellerin nicht hören und sind auch untereinander nicht in der pektierlich fand. Warum wird denn Barbara Haack ist Journalistin Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN 23

Sensibilität im Umgang mit Künstlern Barbara Haack im Gespräch mit der Galeristin Philomene Magers

Philomene Magers berichtet, wie es um die Chancengleichheit in den Bildenden Künsten bestellt ist.

Barbara Haack: Sie sind eine lei- denschaftliche Galeristin. Wie haben Sie diesen Berufsweg einge- schlagen, was hat Sie beeinfl usst? Philomene Magers: Ich bin sozusagen Galeristin in zweiter Generation. Mei- ne Mutter hatte bereits eine Galerie und war sehr engagiert im Bereich feministischer Kunst. Ich hatte ei- gentlich nie vor, Galeristin zu werden. Meine Mutter ist sehr früh gestorben. Als sie krank wurde, habe ich ange- fangen, für sie zu übernehmen. Als sie dann starb, habe ich ihre Galerie ge- schlossen. Im Prozess des Abwickelns ist dann meine Idee entstanden, eine eigene Galerie zu machen.

War es zu den Zeiten Ihrer Mutter ungewöhnlich, dass eine Frau eine Galerie führt? Nein, eigentlich nicht. Es gab damals schon einige wichtige Frauen. Aber natürlich war es eine Männerdomäne, die dann ab den er Jahren von den Frauen erobert wurde.

Woran liegt es, dass sich das geändert hat? Das ist eine Frage, die ich mir immer wieder stelle. Ich kann sie nicht ein-

deutig beantworten. Es ist ja ganz of- BONESS/IPON  BILD ULLSTEIN FOTO: fensichtlich, dass der Galeriebereich Demonstration beim Internationalen Frauentag am . März  ein Bereich ist, in dem es sehr viele erfolgreiche Frauen gibt. Man muss er und er Jahren noch nicht so privaten Aufgaben. Das ist ein Punkt, Was müsste sich ändern? Das heißt: Wenn Sie eine erfolg- immer aufpassen, dass man nicht ver- viele Künstlerinnen gab. über den ich viel nachdenke. Da muss In Deutschland herrscht diese reiche Geschäftsfrau sind, sind Sie allgemeinert. Aber ich bin versucht zu sicher in der nächsten Generation Vorstellung, dass man als gute eine Rabenmutter … sagen, dass es damit zu tun hat, dass Gibt es heute eine Gleichwertigkeit noch ganz viel passieren. Einerseits Mutter maximal halbtags arbeitet, Genau. Dann hat man einen wahn- Frauen eine bestimmte Sensibilität zwischen Männern und Frauen als wird von den Frauen erwartet, beruf- um dann genügend Anteil zu sinnigen Druck zu beweisen, dass haben, die ihnen diesen wirklich en- Bildende Künstler? lich genauso viel zu arbeiten und zu nehmen an der Entwicklung der man doch in beidem gut sein kann. gen Umgang mit Künstlern leichter Ich glaube, dass man immer noch leisten; aber im Privatleben leisten sie Kinder. In Frankreich z. B. ist das Es ist nie irgendjemand da, der macht. etwas dafür tun muss, diese Gleich- dann immer noch mehr als Männer. ganz anders. einem beisteht. Das gilt auch für Von außen betrachtet sieht es aller- berechtigung herzustellen. Aber Das ist traurig und auch erschreckend. In der DDR war es auch anders, und Künstlerinnen. Würde mehr für dings so aus, dass die absoluten Mo- seit den er Jahren hat es da Das Problem ist, dass viele Frauen es ist allen gut bekommen. Das Mütter getan, dann hätten Frauen ver und Shaker – wo das ganz große ganz enorme Veränderungen ge- unter dieser Last zusammenbrechen. zentrale Problem speziell in Deutsch- sicher noch ganz andere Möglich- Geld verdient wird – im Moment ein geben. Aber gleichzeitig wird einem ja heute land ist, dass von uns erwartet wird, keiten, sich auch im Beruf als paar Galerien sind, die von Männern vermittelt, dass man das alles irgend- dass wir alles perfekt machen, die Künstlerin zu entfalten. geleitet werden. Aber wenn man sich Sehen Sie in der Förderung von wie super hinkriegen kann. Sodass es Arbeit, unsere Familien, und dafür wirklich die mächtigsten Galerien der Bildenden Künstlern, zum Beispiel auch eine Art Scham gibt, wenn man eigentlich keine Unterstützung Philomene Magers ist Galeristin. Welt anschaut, das sind drei oder vier, bei Wettbewerben oder Stipendien, es nicht schaff t. haben. Barbara Haack ist Journalistin ist da auf jeden Fall eine Frau mit auf einen Unterschied? Hat man da diesen ersten Plätzen. Dadurch, dass vielleicht sogar einen Vorteil dort dieser Geld- und Machtdiskurs als Frau? nicht so stark im Vordergrund steht, Das kann ich nicht einschätzen, entsteht vielleicht für Menschen, die weil ich mich in diesem Bereich nicht so gut informiert sind, ein an- nicht gut genug auskenne. Was ich Frauenliteratur? derer Eindruck. Es gibt da bestimmte zum Beispiel bei amerikanischen – auch jetzt wieder sehr verallgemei- Museen sehe, ist, dass es bei ziemlich nernd – männliche und weibliche reduzierten Einkaufsbudgets ganz Wie viele Frauen studieren und arbeiten in künstlerischen Fächern, und was verdienen sie? Sind sie in führender Strategien, wobei eben diese männli- stark darum geht, weibliche Positi- Position oder in Beratungs- und Entscheidungsgremien in der Kultur-und Medienbranche tätig, und welche chen Strategien von einer extremen onen ins Programm zu bringen. Das Stolpersteine, aber auch Ermutigungen und Förderungen, gibt es? Wie ist Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Machtdemonstration geprägt sind. sind derzeit in vielen Institutionen, Medienbetrieb erreichbar? Mit diesen und anderen Fragen befasst sich die Studie des Deutschen Kulturrates. Ich will nicht sagen, dass es keine speziell in Amerika, richtige Samm- Frauen gibt, die so sind. Ich würde lungsschwerpunkte, aber auch in ISBN: ----,  Seiten, € , auch niemals sagen, dass es keine Europa. Männer gibt, die anders sind, aber es ist sicher eine Tendenz. Geht es da um eine Quote? Nein, das hat überhaupt nichts mit 8,6 % Haben Sie das Gefühl, dass es Quote zu tun. Wir reden jetzt wirklich männliche Netzwerke gibt, die von Künstlerinnen, die die wichtigs- sich abschotten gegen weibliche ten der zweiten Hälfte des . Jahr- Kolleginnen? hunderts sind und die bisher nicht Ja, klar. Das würde ich schon sagen. massiv genug gesammelt wurden. Wobei ich lange gedacht habe, dass es Frauen in Kultur und Medien nicht so ist, aber ich befürchte, dass Hat diese Veränderung auch damit es eben doch nach wie vor diese zu tun, dass es mehr Frauen in Ent- Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Netzwerke gibt. scheidungspositionen gibt? Ja, aber es hat glücklicherweise auch Entwicklungen und Lösungsvorschläge Ihre Mutter hat in ihrer Galerie in damit zu tun, dass es den Männern erster Linie weibliche Künstlerin- klar ist, dass das ein schweres Ver- Jetzt bestellen nen gezeigt … säumnis war. www.kulturrat- Ja, und meine Partnerin Monika shop.de Sprüth hat ihre Galerie in Köln  Gibt es aus Ihrer Sicht Barrieren gegründet, in der sie auch in erster für Frauen im Hinblick auf Familie 62% Linie Frauen gezeigt hat. Ich bin dann und Kinder? Glauben Sie, dass es mit einem er, er und er Jahre- Frauen da schwerer haben? 22% Programm dazugekommen. Ich habe Das ist ganz sicher so. Wenn ich um viele junge Frauen gezeigt, aber eben mich schaue, sehe ich wenige Bei- auch viele ältere männliche Künstler, spiele für eine wirklich paritätische was damit zu tun hatte, dass es in den Teilung im Bezug auf die ganzen 155 3 24 FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN www.politikundkultur.net

Am Ende zählt nur das Ergebnis Barbara Haack im Gespräch dann wurde ich sehr schnell gefördert auch nicht mit einer, die gerade ein- Ich habe mich gefragt, woran es ei- Wir haben so viele kommunikative mit Ilona Schmiel – von Menschen, die mich ausgebildet mal  wird. Aber es klinge spannend gentlich liegt, dass das Eis auf der Qualitäten. Ich habe oft behauptet, oder eingestellt haben. und ich solle ihnen meine Unterlagen einen Seite sehr dünn ist und es auf dass mir manche Sachen gelungen einfach mal zuschicken. Und so bin der anderen Seite ein paar sehr gute sind, weil ich eine Frau bin. Was wir Die Intendantin der Tonhalle Zürich Wie ging es weiter? ich eingeladen worden. Man hatte Frauen dann trotzdem nicht schaff en brauchen, ist die Faszination an un- Ilona Schmiel spricht über geschlechts- Nach Stationen in Norwegen kam ich anscheinend wirklich nicht auf eine und von Männernetzwerken außen serem Beruf; die zündet eigentlich bedingte Nachteile, Frauenförderung zu den Donaueschinger Musiktagen. Frau Anfang  gesetzt. Die Her- vor gelassen werden. Eine These ist, immer. Wenn Sie dafür brennen, dann und Gehaltsunterschiede. Dort war ich für den neuen Bereich ren, die im Auswahlgremium saßen, dass tatsächlich Frauen im Alter zwi- haben Sie die Chance, sehr viele Men- Klanginstallationen zuständig. Das konnte ich überzeugen und sie schen Ende  und Mitte , also in schen dafür zu begeistern und für sich Barbara Haack: Wie sind Sie zu Thema war zwar klar inhaltlich vor- haben sich dann auch für mich ein- der besten Einstiegszeit – und ich las- und ihre Sache zu werben. Da macht dem geworden, was Sie heute sind? formuliert, aber es war für die Donau- gesetzt. se das ganze biologische Thema ganz es keinen Sinn, sich auf die männli- Ilona Schmiel: Die Ausbildung be- eschinger Musiktage das allererste bewusst außen vor –, eigentlich sehr che Schiene einzustellen und zu ver- gann erst ganz klassisch in der Mu- Mal. Deswegen waren viele Fragen War das eine Art Fördermaß- viel leistungsfähiger und in vielen suchen anders zu agieren. Überall auf sikschule mit der Blockfl öte. Ich habe neu und off en. Da ging es auch darum, nahme? Punkten schneller und zielstrebiger der Welt gibt es ganz hervorragende dann Klavier-, Chor- und Gesangsun- sehr kurzfristig lösungsorientiert ar- Eine Fördermaßnahme war es nicht. sind als die männlichen Kollegen. Frauen in sehr veritablen Positionen, terricht bekommen. Neben der rein beiten zu müssen. Es war tatsächlich so, dass sie sich Dass sie aber letztlich den Mut nicht wir müssen uns gegenseitig einfach musikalischen Ausbildung war immer wohl dachten: Warum eigentlich haben, in so eine Position zu gehen besser stützen. das Organisatorische ein Thema, so- Danach hat Sie die größere nicht? Ich glaube, dass sie sich sehr – mit allen Konsequenzen. Das ist ja dass ich auch schon als Schülerin und Dimension gereizt… genau überlegt haben, wie sie da- meistens ein Knochenjob. Und man Erleben Sie die »Frauenfrage« in während des Studiums Konzerte orga- Ja, von  bis  war ich Projekt- mit punkten können, wenn sie mich muss seine Position einsam vertreten, Ihrer derzeitigen Funktion als nisiert habe. Ich habe schon sehr jung leiterin einer privaten Agentur, die auswählen. Klar ist, dass die Schuhe in vielen Gremien, in denen bis heute Intendantin der Tonhalle Zürich – im Alter von  Jahren – festgestellt, damals weltweit unter anderem die ziemlich groß waren, in die ich da wenige Frauen sitzen – was sich zwar anders? dass es anscheinend Menschen gibt, Operntourneen für die Arena di Vero- reinsprang. Es war auf jeden Fall eine verändert, aber auch nur langsam. Ja, dort erlebe ich das Thema Frau- denen diese organisatorische Arbeit na organisiert hat. Ich war Projektlei- Besonderheit, ich war die jüngste In- Ich glaube Frauen müssen ein richtig Mann wieder ganz anders. Es gibt einschließlich künstlerischer Planung terin, hatte aber noch einen Chef über tendantin Deutschlands. Da kommt dickes Fell mitbringen, aber auch natürlich Gleichstellung, diese und Finanzierung sehr schwer fällt. mir. Ich habe in diesem Kontext ge- plötzlich eine Frau in diese Position – Spaß an dieser Auseinandersetzung, wird auch betont, aber ich muss Mir fi el das relativ leicht. Zu diesem lernt: Je weiter du nach oben kommst, und das im hanseatischen Bremen, wo oder ich würde mal sagen an dieser sagen, dass das Frauenbild in der Zeitpunkt wusste ich aber noch gar desto interessanter wird es. In dieser die bürgerliche Gesellschaft, die Kunst Verführung haben. Ich habe immer Schweiz eines ist, das den restlichen nicht, dass das eine Begabung ist. Zeit ist meine Überzeugung gereift: und Kultur unterstützt hat, doch noch den Eindruck, dass Frauen sehr viel europäischen Ländern ein paar Jahre Nach dem Staatsexamen (Lehramt Wenn sich die Chance bietet, würde sehr konservative Richtlinien hatte. besser vorbereitet sind als Männer, hinterherhinkt. Es gibt Leute, die Schulmusik mit dem Nebenfach Alt- ich bei Chefpositionen zugreifen, weil ganz oft auch in Gesprächssituatio- sagen, dass es das hier noch nie gege- philologie) habe ich – nach dem Mau- mir klar war, dass das Handlungs- und Dann ging es nach Bonn zum nen, die ich im Businessalltag erlebe, ben hat. Jetzt steht hier die erste erfall – Kulturmanagement in Berlin Entscheidungsspektrum größer ist Beethovenfest. aber sie wollen gern sofort zu ihrem Frau an der Spitze der Tonhalle. an der Hochschule für Musik Hanns und auch die künstlerischen Inhalte Ich bekam einen Anruf im Juni  Ziel, gehen ungern Umwege. Und Wenn man die erste ist, dann wird Eisler studiert. interessanter werden, dass man eige- und wurde gefragt, ob ich mir vorstel- manche sind auch einfach nicht tri- das anders beobachtet. Frau, Auslän- ne Akzente setzen kann, aber natür- len könnte, mich mit einer Konzep- cky genug. Es geht auch darum, sich derin, Deutsche – da kommen viele Haben Sie damals einen Unter- lich auch die Verantwortung in einer tion in die Runde der Bewerber ein- zu überlegen: Wenn der eine Weg Attribute zusammen. Aber entschei- schied zwischen Ost und West bei ganz anderen Dimension trägt. Das zubringen. Im Oktober  habe ich nicht funktioniert, wie komme ich dend war und ist die Kompetenz und der Karriereförderung von Frauen hat mich gereizt. dann den Vertrag unterschrieben. Ich anders weiter und wen kann ich dann der Erfolg. erlebt? war wieder Nachfolgerin eines Man- für meine Ideen und Überzeugung Ich würde sagen, dass es im Osten Sodass Sie dann als künstlerische nes, von Franz Willnauer. Da ging es gewinnen. Ich glaube, da sind Frauen Gibt es nach Ihren Erfahrungen dieses Thema gar nicht gab. Ich Leiterin des Konzerthauses »Die also auch um das Mann-Frau-Thema, oft einfach zu stark lösungsorientiert, Gehaltsunterschiede zwischen habe auch festgestellt, dass es zu Glocke« nach Bremen gegangen aber auch um einen Generations- zu wenig dem Spieltrieb unterwor- Frauen und Männern? der Zeit, als ich ausgebildet wurde, sind. wechsel. Ich war damals halb so alt fen. Ich musste mir oft anhören: Ich weiß, dass das zum Teil so ist und zwar immer hieß – wie in einer Dort war ich von  bis  Ge- wie er. Da wollte man ein deutliches Mit Ihnen laufen die Sitzungen jetzt ich sage all denjenigen, mit denen Litanei vorgetragen –, Männer und schäftsführerin und künstlerische Signal setzen. schneller ab und man kommt schnel- ich darüber spreche, dass sie einfach Frauen hätten die gleichen Chancen, Leiterin. Mein Glück war, dass das ler zum Ergebnis – was ich erst ganz teurer als Männer sein sollen. Das dass aber um mich herum sowohl  eine der ersten Stellen war, die Wie ist es Ihnen dort als junge positiv fand. Auf der anderen Seite Leben als Frau in so einer Position ist meine männlichen wie meine weibli- über einen Headhunter ausgeschrie- Frau mit Partnern, Sponsoren und merkte ich, dass manche Ergebnisse teurer. Man kommt nicht »mit drei chen Kommilitonen fragten: »Warum ben wurden, und ich hatte die riesige Künstlern ergangen? Sie waren ja hinten rum dann wieder konterka- Anzügen« hin. Frauen müssen min- willst du eine Karriere im Kulturma- Chance, mich jemandem präsentieren in dieser Position noch sichtbarer riert wurden, weil sie in bestimmten destens dasselbe verdienen. Wenn nagement machen?« Und: »Schaff st zu können, der mich gar nicht auf als vorher. Netzwerken ganz anders dargestellt man besser ist in seiner Funktion, wa- du das überhaupt?« Auch die Dozen- dem Suchradar hatte. Interessant wa- Mit den Künstlern war es nie ein Pro- wurden, als ich es eigentlich wollte. rum dann nicht auch mehr verlangen? ten und Professoren an der HdK, der ren dabei zwei Dinge: Es gab  eine blem, da spielt das Mann-Frau-Thema Mit all diesen Dingen müssen sie le- Es ist sicherlich oft so, dass zu wenig TU und der FU Berlin fragten: »War- Ausschreibung in der FAZ, wo man sowieso keine Rolle. Bei den Sponso- ben und sie müssen sich klar darüber gefordert wird und dass man lieber um machen Sie das eigentlich alles?« einen künstlerischen Geschäftsführer ren war es so, dass sie sehen wollten, sein, dass sie ihre ganze Kraft und die Stelle nimmt, als sich vielleicht Mich hat immer gewundert, warum suchte – ohne die männlich-weibli- wie professionell die Umsetzung wei- auch eine ziemliche Härte einsetzen bei diesem Thema hinauszukatapul- sehr viele Menschen meinten, mich che Form. Und in der Anzeige wurde ter geht. Ein Abwägen zwischen Mann müssen, um ihre Zielen erreichen zu tieren. Meine Erfahrung ist eine um- vor dieser Idee warnen zu müssen, explizit das Attribut »jung« verwen- und Frau hat es da nie gegeben, nur können. gekehrte: Diejenige, die sagt: Männer und Frauen aber gleicherma- det. Ich wusste, dass mein Vorgänger das Ergebnis hat gezählt. »Das bin ich wert«, sorgt für sehr ßen. männlich und einige Jahre älter war, Inwieweit müssen sich Frauen in viel mehr Respekt. Ich habe allerdings noch etwas ande- und wollte herausfi nden, ob ich in das Sehen Sie sich da als Einzelfall? Führungspositionen so genannter res bemerkt: Wenn ich als Frau we- Profi l passe. Dieser wunderbare Head- Beobachten Sie an anderer Stel- männlicher Verhaltensweisen be- Ilona Schmiel ist Intendantin der sentlich engagierter war und deutlich hunter erklärte mir, eigentlich hätten le Nachteile für Frauen in dieser dienen? Inwieweit sollten sie Frau Tonhalle Zürich. Barbara Haack ist besser als der Durchschnitt abschnitt, sie mit keiner Frau gerechnet und Branche? bleiben? Journalistin FOTOS: LINKS: ULLSTEIN BILD  BONESS/IPON, RECHTS: ULLSTEIN BILD  KLAUS ROSE KLAUS  BILD ULLSTEIN RECHTS: BONESS/IPON,  BILD ULLSTEIN LINKS: FOTOS: Die Frauenbewegung hat sich das Venussymbol in ihrem Kampf für Geschlechtergerechtigkeit angeeignet Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN 25 FOTO: ULLSTEIN BILD  BONESS/IPON  BILD ULLSTEIN FOTO: Nicht nur Frauen kämpfen für Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch zahlreiche Männer sind an vorderster Front mit dabei »Was hätte eine Frau werden können außer ›Seherin‹?« Geschlechterdemokratie, eine Herausforderung für die Gesellschaft

REGINE MÖBIUS es – auf der längsten und nachhaltigs- und Führungsarbeit, um optimal ge- den Anforderungen an die Ressource utopisch, vielleicht auch irritierend es ten Herrschaft des Mannes über die nutzt werden zu können, die den Frau- Frau und Mann – politische Einsicht heute noch klingen mag – gäbe Frauen ie Frage nach den weibli- Frau. Unbestritten ist diese Herrschaft en zugeschriebene soziale Kompetenz, vorausgesetzt – in dem wirtschaftlichen und Männern die gleiche Chance, sich chen Berufsmöglichkeiten eine Keimzelle von Herrschaft über- Flexibilität und Kreativität. Das hieße, und gesellschaftlichen Kreislauf eine als Individuen zu fühlen und entfalten im antiken Griechenland haupt. Sie ist der Anfang einer langen die sogenannte weiblich konnotierte neue Priorität einzuräumen. zu können. D war eine Fragestellung der Kette. Die Menschlichkeit der Gesell- Arbeitsleistung würde schon in naher Diese Anforderung würde viele und Christa Wolf, die sich in der Erzäh- Schriftstellerin Christa Wolf  im schaft und im Besonderen die Rolle des Zukunft in ihrer Vielschichtigkeit noch auch neue Arbeitsfelder einschließen, lung »Kassandra« mit einem solchen Rahmen ihrer Frankfurter Poetik-Vor- Mannes spiegelten sich in der Tatsache, weit bedeutungsvoller werden. Damit für die dann angepasste Qualifi kationen Frauenbild literarisch auseinander- lesungen, festgehalten in einem ästhe- dass Frauen nicht nur die Kinder zur sind Frau und Mann unmittelbar in nötig wären. Zum Zeitpunkt scheinen setzte, lässt die Protagonistin zwischen tischen Gewebe. Es bezeugt als Folge Welt brachten – ein bleibender Fakt –, einer veränderten Arbeitswelt ange- dafür weder die Privatwirtschaft, noch Staunen und Erschrecken schwanken, eines Erfahrungszuwachses, wie sich sie haben sie auch aufgezogen und er- kommen, die zu ihrer weiteren Entwick- die Gesellschaft in Gestalt des Staates als diese zu den Frauen in den Höhlen ihr »Seh-Raster« verändert hatte. Die zogen, wie auch Alte, Kranke und (ihre) lung gleichberechtigt auf SIE und IHN im umfassenden Sinn off en zu sein. des Idaberges fi ndet, und diese sozial Berichte dieser Reise verdeutlichen, wie Männer versorgt. Ihnen wird außerdem angewiesen ist. ganz unterschiedlichen Frauen dem die Kassandra-Gestalt von ihr Besitz die wichtige Rolle der Kommunikati- Denken wir diesen Prozess weiter, Töten ringsum ein tätiges, freies Mit- ergriff und Anfang der er Jahre zur onsstifterinnen zugesprochen, sie geraten wir trotz positiver Vorzeichen einander entgegensetzen. »Wo lebe Erzählung »Kassandra« wurden. Christa sind die Expertinnen der Gefühls- und in ein beachtenswertes Dilemma. Denn Mit der Frauenquote ich denn«, fragte sich Kassandra, »wie Wolf fragte auf jenem Streifzug zu den Innenwelten, die Brückenbauerinnen, was in der zukünftigen Arbeitswelt am werden wir der viele Wirklichkeiten gab es in Troja antiken Stätten unter anderem einen ausgestattet mit emotionalem Kitt, der meisten gebraucht wird, ist der eben noch außer der meinen, die ich doch Gesprächspartner, ob er nicht auch fän- bei Dienstleistungsarbeiten, sowie eh- beschriebene, umfassend handeln kön- Arbeitswelt nur eine für die einzige gehalten hatte …« Kas- de, »dass Kassandra die erste berufstäti- renamtlichen, unbezahlten Gemein- nende Mensch. Er wird knapp werden, kosmetische Reparatur sandra erlebte bis in die persönlichen ge Frau in der Literatur darstellte?« Und schaftsarbeiten nahezu unersetzlich weil seine Produzentinnen, die Frauen, verpassen können Beziehungen hinein eine neue Form er antwortete: »Dann ist Klytaimnestra war und ist. um ihren neuen Aufgaben gerecht zu der Demokratie. Da wurde ein Lebens- die erste Feministin: Zehn Jahre hat sie Mit der Veränderung der Arbeit im werden, mehr und mehr ausfallen im modell in der Literatur vorgeführt, das Mykene allein regiert; hat miterleben . und . Jahrhundert, der Individu- Reproduktionsprozess und die wohl geschlechterdemokratisch war. und dulden müssen, wie ihr Mann, der alisierung der Gesellschaft und den über Jahrhunderte erworbenen Fähig- Ein solch alternatives Arbeitsmodell Die Partizipation an den nötigen ›sehr entschlossene‹ Agamemnon, ihr Frauenbewegungen hat sich die soziale keiten nicht unbedingt noch als natür- würde auch Auswirkungen haben auf Arbeitsprozessen, die Christa Wolf li- liebstes Kind, die Tochter Iphigenie, der Position der Frau in der Gesellschaft lich vorausgesetzt werden können. Bildungskonzepte bis hin zur Bereit- terarisch aufl euchten ließ, war eine zu- Göttin opfert (…).« weitgehend verändert. Die Frau konnte Gegenwärtig tritt dieses Problem schaft einer eventuell lebenslänglichen tiefst demokratische. Sie könnte auch Wir begegnen den großen Gestalten sich schrittweise aus der Abhängigkeit nicht in der eben geschilderten Deut- Qualifi kation. Die daraus resultieren- heute, in der Realität tatsächlich die so aus dem Mythos um den trojanischen vom einzelnen Mann lösen. Damit ent- lichkeit hervor, denn wir partizipieren den Tätigkeiten könnten für Frauen und oft beschworene, nicht selten bespöt- Krieg, dessen Ursprung weit zurückliegt. fällt sie zu großen Teilen als persönli- zum Zeitpunkt an den vorhandenen Männer vielfältiger, aber auch phanta- telte Gleichberechtigung für Frauen In ihm installierte bereits  v. Chr. che Ressource des Mannes und zu ei- (historisch bedingten) Ressourcen. In sievoller und kreativer sein. einlösen, ohne dass eine Quote ins Spiel der Dichter Aischylos in der »Orestie« nem wachsenden Teil auch als soziale der Gegenwart arbeitet die Mehrzahl Der Traum von einem sozialen Wan- gebracht werden müsste. Neue Bürger- in aller Off enheit eine neue Moral, es Ressource der Gesellschaft. der Frauen kostengünstiger und mehr – del ermöglichte einen neuen Arbeits-, rechte entstünden. Und die würden die war die des Vaterrechts. Doch gibt es noch eine weitere, da zusätzlich in unbezahlten Bereichen Gesellschafts- und Geschlechterbe- Demokratie künftig demokratisieren. Mehr als zwei Jahrtausende später einschneidende Veränderung, die ihre – als Männer. zug. Übergeordnete Maßstäbe wären Noch bewegen wir uns im Bereich der ist es noch immer selbstverständlich – Wurzeln in der sich rasant entwickeln- Ist die Endlichkeit dieses Gesell- Demokratie und Gerechtigkeit, nach Utopien mit diesen Vorstellungen. Aber auch für angeblich emanzipierte Frauen den Technik hat. Sie ist in der Lage, die schaftsmodells absehbar? Mit einer denen das Private und Öff entliche neu schon heute provozieren und befl ügeln – einen Brief an Herrn XY zu adressieren, Arbeitsproduktivität so zu steigern, Frauenquote beispielsweise werden defi niert würde. Der damit verbundene sie das Denken Vieler. während natürlich eine Käte Klein mit dass Arbeitskraft – und damit beson- wir der herkömmlichen Gestaltung Arbeitsbegriff würde dann die Gesamt- Frau auf dem Umschlag angesprochen ders die des Mannes, die auf traditio- der Arbeitswelt nur eine kosmetische arbeit umfassen, d. h. die bisherige Fa- Regine Möbius ist Vizepräsidentin des wird, obwohl die erste Einteilung, die nelle Tätigkeitsfelder ausgerichtet ist Reparatur verpassen können, vielleicht milienarbeit wie auch die Erwerbsar- Deutschen Kulturrates und stellvertre- wir kennen, die zwischen Frau und – ersetzt werden könnte. Stattdessen auch Gemüter beruhigen oder gefühlte beit. Sie müsste gleich bewertet und tende Bundesvorsitzende des Verbands Mann ist. Sie aber fußt – die unter- benötigt die Erwerbsarbeit, genauer: und reale Benachteiligungen abmildern. zwischen den Geschlechtern gleich ver- deutscher Schriftstellerinnen und schiedlichen Anredeformen beweisen die Informations-, Kommunikations- Die zentrale Aufgabe aber läge darin, teilt werden. Ein solches Vorhaben – so Schriftsteller 26 FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN www.politikundkultur.net

Ein weiteres rechtliches Instrument, um die Gleichstellung der Geschlechter in der Freiheitsräume eröffnen Privatwirtschaft zu fördern, ist das Recht der öff entlichen Aufträge (Vergaberecht). Rechtliche Instrumente der Gleichstellungspolitik und ihre Anwendung im Kulturbereich Vergeben Bund, Länder oder Kommunen öff entliche Aufträge an Privatleute, etwa RUTH SANDFORTH UND deutet, dass sie Menschen nicht aufgrund den soll. So müssen öff entliche Institu- Rechtliche für ein Kunstwerk im öff entlichen Raum FRIEDERIKE WAPLER bestimmter Merkmale wie des Geschlechts, tionen wie Behörden und Universitäten oder die Gestaltung einer Ausstellung, der Religion oder der ethnischen Her- Gleichstellungsbeauftragte benennen und Instrumente der können sie damit unter anderem auch änner und Frauen sind kunft benachteiligen dürfen. Öff entliche mit ihrer Hilfe meist auch diff erenzierte Gleichstellungs- gleichstellungspolitische Zielsetzungen gleichberechtigt.« So steht Einrichtungen sind zudem dem Förder- Gleichstellungspläne erarbeiten, in denen politik setzen verfolgen, indem sie etwa Bewerber bevor- es kurz und knapp in Art.  II auftrag des Art.  II  des Grundgesetzes für einen bestimmten Zeitraum konkrete an unterschied- zugen, die einen hohen Anteil an weibli-  des Grundgesetzes. Recht- verpfl ichtet. Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung chen Beschäftigten vorweisen können oder M lichen Ebenen lich sind die Geschlechter damit seit  Quotenregelungen zielen darauf ab, der Gleichberechtigung von Männern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichgestellt – von der tatsächlichen den Anteil einer unterrepräsentierten Frauen festgeschrieben werden. Letzten an. Ihnen ist das besonders fördern. Gleichberechtigung im Hinblick auf Le- Bevölkerungsgruppe in einem bestimm- Endes dienen alle diese Maßnahmen Ziel gemein, In gleicher Weise können öff entlich ge- benschancen und Einkünfte ist die Praxis ten Lebensbereich gezielt zu erhöhen. Sie demselben Zweck: die Belange insbeson- Unterrepräsen- förderte Institutionen wie Museen, Theater jedoch nach wie vor weit entfernt. werden überwiegend zur Regelung von dere weiblicher Beschäftigter in den öf- und Interessenverbände über Förderricht- Dass es zu den Aufgaben des Staates Beschäftigungsverhältnissen geschaff en, fentlichen Institutionen zu stärken und tanzen bestimm- linien zu derartigen Maßnahmen verpfl ich- gehört, eine aktive Gleichstellungspoli- können jedoch auch andere Lebensberei- auf allen Entscheidungsebenen wirksam ter Bevölke- tet werden. Dem Gleichstellungsauftrag tik zu betreiben, wurde im Jahr  im che wie Aufsichtsratsmandate oder – für einfl ießen zu lassen. Diese Strategie, eine rungsgruppen dient schließlich auch die öffentliche Grundgesetz klargestellt. Seitdem heißt den Kulturbereich besonders wichtig – Ju- »geschlechtersensible« Kommunikations- Förderung von Einrichtungen und Inter- es dort in Art.  II : »Der Staat fördert rymitglieder betreff en. Im Rahmen von und Entscheidungskultur zu schaff en, wird – dies müssen essenverbänden, die sich speziell für die die tatsächliche Durchsetzung der Gleich- Beschäftigungsverhältnissen sind Quo- auch Gender Mainstreaming genannt. nicht notwendig Belange von Frauen und anderen unter- berechtigung von Frauen und Männern tenregelungen nur zulässig, wenn sie das Frauen sein – repräsentierten Gruppen im Kulturleben und wirkt auf die Beseitigung bestehender Leistungsprinzip nicht unterlaufen. Daher Gleichstellung in der sichtbar zu ma- einsetzen. Dazu gehören Vereinigungen Nachteile hin.« sind Quotenregelungen in diesem Bereich Privatwirtschaft wie die Gemeinschaft Deutscher und Oe- Die jüngst veröff entlichte Studie des sogenannte Entscheidungsquoten, die bei Begrenzt wird staatliche Gleichstellungs- chen und ihnen sterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kulturrates »Frauen in Kultur und Medien gleicher Eignung, Befähigung und fach- politik vor allem durch den Grundsatz der abzuhelfen Kunstgattungen (GEDOK), Institutionen – Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, licher Leistung die Bewerberin mit dem Privatautonomie: Da die Grundrechte des wie das Frauenmuseum in Bonn und För- Entwicklungen und Lösungsvorschläge« unterrepräsentierten Geschlecht bevor- Grundgesetzes nur den Staat unmittelbar derinstrumente wie der nur für Künstle- zeigt anhand umfangreichen Datenma- zugen. Außerhalb von Beschäftigungs- binden, müssen Privatleute – auch priva- rinnen ausgelobte Gabriele-Münter-Preis. terials, wie ungleich die Chancen und verhältnissen sind auch Ergebnisquoten te Wirtschaftsunternehmen, Vereine und Verdienste von Männern und Frauen erlaubt, etwa wenn es um die Besetzung Verbände – in ihrem Handeln das Gleich- Das Ziel: Freiheitsräume eröff nen im Kulturbereich bis heute verteilt sind. einer Jury für einen Buch-, Film- oder behandlungsgebot nicht in derselben Wei- Künstlerisches Schaff en ist individuell und Aktive Gleichstellungspolitik bleibt Architekturwettbewerb geht. In diesem se beachten wie öff entliche Institutionen. kann kaum anhand einheitlicher Maßstäbe damit auch in diesem gesellschaftlichen Bereich dürfte beispielsweise ein festes Ein »Recht auf Diskriminierung« besteht beurteilt werden. Rechtliche Gleichstel- Bereich weiterhin ein Thema. Rechtliche Kontingent von  Prozent Frauen vor- jedoch auch im privaten Raum nicht. Das lungsinstrumente können darum lediglich Instrumente der Gleichstellungspolitik gesehen werden. Gleiches gilt für andere im Jahr  nach langer und kontroverser versuchen, die Chancengleichheit für alle setzen an unterschiedlichen Ebenen an. Gremien in kulturellen Einrichtungen wie politischer Diskussion geschaff ene Allge- Kulturschaff enden zu verbessern. Ihr Ziel Ihnen ist das Ziel gemein, Unterrepräsen- Vorständen und Aufsichtsräten von Muse- meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist, richtig verstanden, keine Gleichheit um tanzen bestimmter Bevölkerungsgruppen – en oder Kunstvereinen. Das mit Wirkung dehnt den Diskriminierungsschutz im Ge- ihrer selbst willen, sondern die Förderung FOTO: PICTURE ALLIANCE / AP IMAGES AP / ALLIANCE PICTURE FOTO: New York, : Frauen demonstrieren für ihre Rechte dies müssen nicht notwendig Frauen sein – zum . Januar  neu gefasste Bundes- genteil auf bestimmte besonders sensible individueller Freiheitsräume für Perso- sichtbar zu machen und ihnen abzuhelfen. gremiengesetz verpfl ichtet den Bund, in Privatrechtsverhältnisse aus. Im Kultur- nengruppen, deren Ausgangsposition allen Gremien, die er selbst besetzt oder bereich ist das AGG vor allem in privaten aufgrund stereotyper Rollen- und Kunst- Gleichstellung in öff entlichen Ein- für die er Vertreter benennt, eine Frau- Beschäftigungsverhältnissen relevant, also verständnisse gerade nicht »gleich« ist. richtungen: Diskriminierungsverbote enquote von  Prozent anzustreben. Ab beispielsweise für Beschäftigte in privaten und positive Förderaufträge dem Jahr  erhöht sich das Kontingent Museen, Galerien, Theatern, Verbänden Ruth Sandforth ist Referentin für die Kar- Aktive Gleichstellungspolitik betriff t zu- auf  Prozent. und Verlagen. Ihre Anstellungsverhältnis- riereentwicklung von Nachwuchswissen- erst und vor allem die Einrichtungen des Neben dem Instrument der Quote se müssen diskriminierungsfrei ausgestal- schaftlerinnen im Gleichstellungsbüro der Staates, also des Bundes, der Länder und enthalten die Gleichstellungsgesetze des tet sein; dies betriff t die Einstellung, die Universitätsmedizin Göttingen. Friederike der Kommunen. Diese öff entlichen Ein- Bundes und der Länder weitere Maßnah- Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Wapler ist Privatdozentin für Öff entliches richtungen sind an die Diskriminierungs- men, mit denen die Gleichberechtigung und seine Beendigung sowie die Möglich- Recht, Sozialrecht und Rechtsphilosophie verbote des Art.  GG gebunden, was be- von Frauen und Männern gefördert wer- keiten des berufl ichen Aufstiegs. an der Universität Göttingen Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN 27

Geschlechtergerechtigkeit ist erreichbar Über Hindernisse und geeignete Maßnahmen

OLAF ZIMMERMANN UND GABRIELE SCHULZ

eschlechtergerechtigkeit im Kulturbereich ist kein »Gefal- G len«, der Frauen getan wird, sondern die Umsetzung einer verfas- sungsrechtlichen Verpfl ichtung. Frau- en und Männer sind gleichberechtigt. In den Bereichen, in denen dies noch nicht gelungen ist, geht es darum, ge- eignete Maßnahmen zu ergreifen, um Geschlechtergerechtigkeit voranzu- bringen. Im Folgenden werden einige Vorschläge zur Verbesserung von Ge- schlechtergerechtigkeit im Kulturbe- reich gemacht. Um langfristig die allgemeinen Ent- wicklungen im Arbeitsmarkt Kultur und Medien nachvollziehen und hier insbe- sondere die Frage der Geschlechterge- rechtigkeit betrachten zu können, wäre es erforderlich, kontinuierlich Daten zu generieren und zu interpretieren. Es sollten daher in regelmäßigen Abstän- den Daten zum Arbeitsmarkt Kultur und Medien veröff entlicht werden, die auf bestehenden Statistiken basieren bzw. für deren Erstellung ohnehin statt- fi ndende Befragungen genutzt werden könnten, die gegebenenfalls um weite- re Parameter ergänzt werden könnten. Auch sollte in diesem Zusammenhang über die Partizipation von Frauen an Maßnahmen der individuellen Künst-

lerförderung des Bundes Auskunft ge- BONESS/IPON  BILD FOTO:ULLSTEIN geben werden. Durch in regelmäßigen Der Equal Pay Day ist der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen Abständen erscheinende Berichte könn- te auch über gleichstellungspolitische Preis hat. Junge Künstlerinnen sollten sie. Die Schnittstelle von Ausbildung die zusätzliche Schwierigkeit, dass für tragen wie Jurymitglieder verschiedener Erfolge informiert werden. gleich zu Beginn ihrer freiberufl ichen und Markteintritt stellt einen wichtigen die Zeit des Aufenthalts ein Umzug Altersgruppen. Bei neuen Fördermaß- Kultureinrichtungen in der Träger- Laufbahn ein gleich hohes Einkom- »Knotenpunkt« für die künstlerische (Residenzpfl icht) erwartet wird, der nahmen und -einrichtungen sollte von schaft der öff entlichen Hand geben in men erzielen wie junge Künstler. Das Laufbahn dar. Hier kommt es darauf an, sich mit einer Familie nur schwer rea- vorneherein auf eine geschlechterge- ihren Jahresberichten Auskunft über die Kompetenzzentrum Kultur- und Krea- präsent zu sein und das eigene Können lisieren lässt. Es wird empfohlen, die rechte Besetzung der Gremien geachtet im Berichtszeitraum geleistete Arbeit. tivwirtschaft des Bundes sollte ein be- zu zeigen. Es sollte daher, gerade an Betreuung von Kindern durch Dritte werden. In den Rundfunkgesetzen, in Teilweise wird bereits jetzt über die Zahl sonderes Augenmerk auf Frauen in der dieser Schnittstelle, an der die Weichen positiver zu bewerten. Weiter sollten denen es noch keine verpfl ichtenden der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter Kulturwirtschaft legen. Insbesondere für eine erfolgreiche Laufbahn gestellt ausgewählte Kindertageseinrichtungen Angaben zu einer angemessenen Be- insgesamt sowie ggf. vorhandene Be- bei Gründerinnenberatungen sollten werden, ein besonderes Augenmerk und Horte Betreuungsangebote auch teiligung von Frauen in den Rundfunk- ratungsgremien informiert. Sie sollten der Wert und der Preis der angebote- auf Geschlechtergerechtigkeit gerich- am Abend vorhalten. Ferner sollte bei und Verwaltungsräten gibt, sollte dies zusätzlich über die Zahl der Beschäf- nen Arbeiten und Dienstleistungen eine tet werden. nachgeholt werden. Der Bund trägt hier tigten sowie deren Tätigkeitsbereiche zentrale Rolle spielen. Weiter sollte die Eine künstlerische Laufbahn wie für das Deutsche-Welle-Gesetz (DWG) geschlechtsspezifi sch aufgeschlüsselt öff entliche Hand mit gutem Beispiel auch andere Berufswege im Kultur- und Verantwortung. Auskunft zu geben. Ebenso sollten die vorangehen und bei der Vergütung Medienbereich verlaufen nicht immer Die Vereinbarkeit von Verbände haben eine wichtige Funk- Mitglieder beratender Gremien na- freiberuflicher Leistungen aus dem geradlinig. Manchen Berufen ist eine Familie und Beruf ist tion in der Demokratie. Sie bündeln mentlich aufgeführt werden. künstlerischen Bereich ein besonderes Umorientierung nach einigen Berufs- ein Thema, das divergierende Meinungen, verdichten Verschiedene öff entlich-rechtliche Augenmerk auf gleiche Vergütung von jahren inhärent, in anderen Bereichen Frauen und Männer diese zu Positionen und geben sie an Rundfunkanstalten haben Geschlech- Männern und Frauen richten. gehören Neuanfänge zur Karriere. Es Politik und Verwaltung weiter. In eini- tergerechtigkeit und die Förderung von Bei einer Reihe von Berufen im Ar- sollte daher ein besonderes Augenmerk gleichermaßen betriff t gen Verbänden sind wenige Frauen Mit- Frauen in Führungspositionen zu ihren beitsmarkt Kultur und Medien handelt auf Neuorientierungen in künstleri- glied. In den Verbandsspitzen sind vor- Unternehmenszielen erklärt. Öff entli- es sich um technische Berufe. Hier sind schen Laufbahnen und Berufsverläufen nehmlich Männer vertreten. Verbände, che Kultureinrichtungen sollten dem besonders wenige Frauen anzutreff en. in Kultur und Medien gerichtet werden. Stipendien fl exibel auf Anforderungen die wenige Frauen zu ihren Mitgliedern folgen und Geschlechtergerechtigkeit Technische Ausbildungen sollten daher Ein Förderprogramm »Zweite Chance« zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zählen, sollten in der Mitgliederwer- zu einem personalpolitischen Ziel er- für Frauen attraktiver gemacht werden könnte solche Neuanfänge gezielt un- eingegangen werden. Es sollten Mög- bung stärker auf Frauen zugehen und klären. Hierzu gehört auch, Frauen der und Frauen, die über eine technische terstützen und fördern. lichkeiten geschaff en werden, Kinder eruieren, welche Gründe Frauen bislang zweiten Hierarchieebene in der berufl i- oder ingenieurwissenschaftliche Aus- Die Vereinbarkeit von Familie und im Rahmen eines Stipendiums mitzu- von einer Mitgliedschaft abgehalten ha- chen Entwicklung gezielt zu ermutigen bildung verfügen, vermehrt der Weg Beruf ist ein Thema, das Frauen und nehmen. Auch ist darüber nachzuden- ben. Frauen sollten sich stärker in die und fl exible Karrieremodelle einzufüh- in Kultur- und Medienunternehmen Männer gleichermaßen betriff t. Den- ken, gesonderte Mittel zur externen Verbandspolitik einmischen und damit ren. In den Tätigkeitsberichten sollte eröffnet werden. Positive Vorbilder, noch sind es vielfach Frauen, die die Betreuung von Kindern bereitzustel- zu einer stärkeren Wahrnehmung ihrer über den Sachstand zu diesem Thema die öff entlichkeitswirksam vorgestellt berufl iche Laufbahn zu Gunsten der len, damit Künstlerinnen und Künstler Anliegen und ggf. auch zu einer Ände- berichtet werden. werden, können eine Signalwirkung Kindererziehung zurückstellen – mit sich während des Stipendienaufenthalts rung der Verbandskultur beitragen. Dies Mit Blick auf die freiberufl ichen, in entfalten. zumeist negativen Auswirkungen für ganz der künstlerischen Arbeit widmen sollte sich auch in der Besetzung von der Künstlersozialkasse versicherten die Berufslaufbahn bei der Rückkehr können. Gremien widerspiegeln. Künstlerinnen und Künstler zeigt sich, in den Beruf. Es sollte daher in öff ent- Beratungs-, Aufsichts- und Auswahl- Darüber hinaus könnten durch spe- dass freiberufliche weibliche Versi- lichen Kultureinrichtungen ein beson- gremien haben im Kultur- und Medien- zielle mittelfristig angelegte Maßnah- cherte deutlich weniger verdienen als Klischees abbauen und deres Augenmerk auf die Vereinbarkeit bereich eine hohe Relevanz. In der men Frauen in einzelnen künstleri- männliche. Dabei hat sich der Einkom- von Familie und Beruf für Männer und Mehrzahl von Beratungs-, Aufsichts- schen Feldern gezielt unterstützt und mensunterschied zwischen Frauen und gelungene Beispiele Frauen gelegt werden. Hierzu gehört und Auswahlgremien gibt es eine Viel- gefördert werden bzw. sich grundlegend Männern bei den Versicherten unter  stärker in den auch die bereits angesprochene Selbst- zahl von Quoten, die beachtet werden. mit den Gründen für die geringe Prä- Jahre vergrößert statt verringert. Frauen Vordergrund stellen verpfl ichtung zur Geschlechtergerech- Es gilt, verschiedene Berufs- oder ge- senz von Frauen in Führungspositionen verdienen in denselben Tätigkeitsberei- tigkeit von öff entlichen Kultureinrich- sellschaftliche Gruppen, teilweise auch bzw. an der Partizipation der Künstler- chen weniger als Männer. Der Gender tungen. Sie sollte auch die Frage der regionale Hintergründe und anderes förderung auseinandergesetzt werden. Pay Gap führt dazu, dass freiberufl iche Vereinbarkeit von Familie und Beruf für mehr zu beachten. Das zusätzliche Insgesamt muss es darum gehen, ein Künstlerinnen in noch größerem Maße Stärker noch als in anderen Branchen Frauen und Männer beinhalten. Einfügen der Kategorie »Geschlecht« besonderes Augenmerk auf den Abbau als freiberufl iche Künstler von Alters- und Berufsfeldern spielt Bekanntheit Bestimmte künstlerische Tätigkeiten wäre eine Quote unter vielen und soll- von Geschlechterklischees zu richten armut betroff en sind, da niedrige Ein- und Reputation innerhalb der jeweili- sind schwer mit einer Familie zu verein- te daher unaufgeregt betrachtet und und positive Beispiele von arrivierten kommen geringe Altersrenten nach sich gen künstlerischen und kulturellen Sze- baren. Konzertierende Künstlerinnen umgesetzt werden. Ein erster Schritt Künstlerinnen stärker in den Vorder- ziehen. Es sollte daher in den Career ne bei den Künstlerinnen und Künstlern und Künstler können ihre Kinder in den wäre analog dem Bundesgremienbeset- grund zu stellen. Centern der künstlerischen Hochschu- sowie darüber hinaus in der Öff entlich- wenigsten Fällen auf eine Konzertreise zungsgesetz vorzusehen, dass zunächst len ein besonderes Augenmerk darauf keit eine bedeutsame Rolle. Lehrende mitnehmen. Die künstlerische Arbeit  Prozent der Jurymitglieder weiblich, Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer gelegt werden, Absolventinnen in der an Hochschulen fördern ihre Studieren- folgt oft einem anderen Takt als die  Prozent männlich und die übrigen des Deutschen Kulturrates. Selbstvermarktung zu unterstützen den, empfehlen sie weiter, unterstützen Öff nungszeiten von Kindertagesein-  Prozent männlich oder weiblich sein Gabriele Schulz ist Stellvertretende und ihnen zu vermitteln, dass ihre Ar- sie bei ihrem Weg in den Arbeitsmarkt richtungen oder Schulen. Bei Künstle- können. Eine solche Besetzung würde Geschäftsführerin des Deutschen beit sowohl einen Wert als auch einen oder aber interessieren sich wenig für rinnen- und Künstlerstipendien besteht zur Diversität in den Jurys ebenso bei- Kulturrates 28 FRAUEN IN KULTUR UND MEDIEN www.politikundkultur.net

Ist Frauenförderung in der Kultur heute noch nötig? Frauen sind in Spitzenpositionen des Kulturbereichs immer noch unterrepräsentiert: Was kann die Politik tun? Statements der kulturpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bundestagsfraktionen zum Thema

In der Förderung von Kunst und Kul- Filme danach unterscheidet, ob sie von von Fördermitteln oder beim Ankauf Deutschland gerecht verteilt. Obwohl Gleichstellung tur ist die Freiheit der Kunst für die Frauen oder Männern gemacht werden. von Kunst; mit Ideen gegen prekäre wir über die bestausgebildete Frau- vorantreiben CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Hier gilt für uns die Freiheit der Kunst. Lebens- und Arbeitsverhältnisse wie engeneration reden, die es je gab. Für oberste Maxime. Diese macht zu enge Durch eine gegenderte Gremienzusam- Ausstellungsvergütungen, Mindestho- den Kulturbetrieb gilt dasselbe wie für MARCO WANDERWITZ geschlechterspezifi sche Vorgaben der mensetzung soll aber eine strukturelle die Aufsichtsräte in der Wirtschaft: Je Frauenförderung schwer bis unmöglich. Benachteiligung der Frauen verhindert höher Gehalt, Ansehen oder Funkti- Frauenförderung in Kunst und Kultur Forderungen wie jene, eine bestimmte werden. on einer Stelle, desto geringer ist der muss sein. Denn auch der Kulturbereich, Prozentzahl einer Fördersumme müsse Wir in der SPD-Bundestagsfraktion Frauenanteil. der sich selbst oft gern als Avantgarde für Projekte von Frauen reserviert wer- wollen darüber hinaus mehr tatsächli- Dabei ist ein Mangel an weibli- versteht, ist in Sachen Gleichstellung den, halten wir für verfassungswidrig. che Gleichstellung durchsetzen, indem chem Nachwuchs kein Grund für diese leider – freundlich formuliert – nicht Und personelle Gleichstellungsmaß- wir die Voraussetzungen dafür schaf- Schiefl age. Im Gegenteil: Trotz einer gerade Vorreiter. Dirigentenstellen in nahmen in den öff entlichen Kulturein- fen, dass Frauen bessere Chancen auf steigenden Anzahl von Studentin- klassischen Orchestern sind hermeti- richtungen müssen diejenigen durch- dem Arbeitsmarkt und eine gerechte nen in künstlerischen Studiengängen schere Männerdomänen als die Vor- setzen, die diese in ihrer großen Mehr- und gleichwertige Bezahlung erhalten. sind bis heute Frauen in allen künst- stände von DAX-Unternehmen. Nur  heit tragen: Länder und Kommunen. Wichtig ist ebenfalls mehr Unterstüt- lerischen Sparten nicht im gleichen Prozent der Filmförderung gehen an zung bei der Vereinbarkeit von Familie Maße vertreten wie ihre männlichen Filme, bei denen Frauen Regie führen. und Beruf und der Ausbau von Betreu- Kollegen. Immerhin aber sind nicht in allen ungsangeboten – mit fl exiblen Ange- Aber die Gleichstellung im Kultur- Kultursparten Frauen in Führungspo- boten der Kindertagesstätten auch au- betrieb durch eine Quote erreichen? sitionen derart unterrepräsentiert: Jede Grundlage für ßerhalb von Standard-Öff nungszeiten. Kaum hat man es ausgesprochen, zweite Stadtbibliothek in Deutschland Gleichberechtigung Wir haben Schritte für solche För- schon melden sich die ersten Kri- ebenso wie die Mehrzahl der Literatur- derungen getan: Seit  gibt es eine tikinnen und Kritiker zu Wort: Eine büros und -häuser wurden bereits im MARTIN DÖRMANN gesetzliche Frauenquote für Unterneh- Quote? – völlig fehl am Platz! »Qua- Jahr  von einer Frau geleitet. men, die börsennotiert sind und der lität setze sich durch«, heißt es dann Was die Politik tun kann, macht Die gleichberechtigte Teilhabe von paritätischen Mitbestimmung unter- gerne. Das ist aber weder ein stich- sie. Mit der derzeit vom Bundestag Frauen und Männern in allen Lebens- liegen. Ein deutliches Signal, das zu SALDERN VON STELLA / DBT FOTO: haltiges Argument noch richtig. Mal zu beratenden Neufassung des Film- bereichen ist ein zentrales gesell- einem Bewusstseinswandel beitragen Sigrid Hupach, MdB ist kultur- ehrlich, künstlerische Produktionen förderungsgesetzes werden wir eine soll. Gleichzeitig ist der  einge- politische Sprecherin der Fraktion von Frauen leiden doch nicht an Quali- Quotenregelung für diejenigen Institu- führte gesetzliche Mindestlohn eine Die Linke tätsmangel? Sie werden behindert von tionen und Verbände beschließen, die große Hilfe im Kampf gegen Armut und den Strukturen in einem System, das mehr als eine Person in eine Jury oder Ungleichheit. Mit dem Elterngeld Plus norare oder neue Arbeitszeitmodelle; ihnen Chancen verwehrt. Eine Quote ein Gremium entsenden: Unter deren und dem Ausbau der Betreuungsange- mit einer Aufhebung von Altersgrenzen steht der künstlerischen Freiheit nicht Vertreterinnen und Vertretern müssen bote wird die Vereinbarkeit von Familie bei Stipendien und Förderpreisen; mit entgegen. Im Gegenteil: Eine Quote beide Geschlechter repräsentiert sein. und Beruf erleichtert. Nun soll das Ge- einem regelmäßigen Gendermonito- ermöglicht Chancen und ermöglicht Das wird dann der Lackmustest für die setz für mehr Entgeltgerechtigkeit zwi- ring usw. mehr Freiheit für Kunst. These, dass weiblicher besetzte Gremi- schen Frauen und Männern folgen. Das Was allein eine geschlechtsneutrale en auch häufi ger weibliche Antragstel- alles hilft auch Frauen in Kunst und Entscheidung bei Auswahlprozessen lerinnen auswählen. Kul tur. bewirken könnte, zeigte vor einigen Unsere Beauftragte der Bundesre- Frauenförderung ist eine wichtige Jahren eine Studie der Universitäten gierung für Kultur und Medien Monika Grundlage für Gleichberechtigung in Harvard und Princeton: Beim Vorspie- Grütters hat sich Gleichstellung im Kul- der Gesellschaft und hilft, auch die len für Orchestermusikerinnen und turbereich tatkräftig auf die Fahnen Bedingungen in der Kultur- und Me- Orchestermusiker erhöhten sich die geschrieben. Den Ergebnissen der Fort- dienszene für Frauen nachhaltig zu Chancen für Frauen, in den Vorrunden setzungsstudie des Deutschen Kultur- verbessern. Diesen Weg werden wir weiterzukommen, um  Prozent, wenn rates »Frauen in Kultur und Medien – konsequent weitergehen. sie hinter einem Vorhang spielten. War Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, das »blinde Hören« auch Prinzip bei der Entwicklungen und Lösungsvorschlä- Finalrunde, erhöhten sich die Chancen ge« , unterstützt von der Beauftragten sogar um  Prozent. der Bundesregierung für Kultur und Me- DÖRMANN BÜRO FOTO: Noch immer wird Frauenförderung dien, blicken wir mit Spannung entge- Martin Dörmann, MdB ist Sprecher Es gibt immer noch allzu häufi g missverstanden als Be- gen. In ihrem Licht werden wir be- für Kultur und Medien der SPD- eine gläserne Decke vorzugung von Frauen, insbesondere raten, was weiterhin noch zu tun ist. Bundestagsfraktion von denen, die den künstlerischen An- Aber man möge den Einfl uss der Po- SIGRID HUPACH sprüchen von »sich aus« nicht genügen litik bitte auch nicht überschätzen. schaftspolitisches Ziel der SPD. Der würden. In Wahrheit geht es aber um Gleichstellung ist nicht allein Sache Kulturrat hatte in einer seiner Publi- Wie wunderbar wäre es, könnte ich die die Korrektur eines durch Männerbün-

kationen über »Frauen in Kunst und Frage guten Gewissens mit »Nein« be- de und durch Gewohnheit verzerrten GRÜNEN /DIE BÜNDNIS BUNDESTAGSFRAKTION FOTO: Kultur und Medien – Ein Überblick über antworten! Leider ist die Realität von Wettbewerbs. Es geht um die Anerken- Ulle Schauws, MdB ist Sprecherin aktuelle Tendenzen, Entwicklungen Frauen eine ganz andere: Einzelne nung von Leistung, auch um die soziale für Frauen- und Kulturpolitik der und Lösungsvorschläge« festgestellt, Datenerhebungen haben in der Ver- Lage, um Einkommen und die Basis für Bundestagsfraktion Bündnis /Die dass künstlerische Werke und Arbei- gangenheit immer wieder bestätigt, die Altersvorsorge, kurz: um ausglei- Grünen ten von Frauen im Kulturbetrieb trotz dass Frauen sich nicht nur schlechter chende Gerechtigkeit. gleicher Qualität nicht die gleichen gestellt fühlen, sondern auch im Kul- Bis eine Frauenförderung im Kultur- Bei geschlechtergerechter Kulturför- Chancen erhalten. Von daher besteht tur- und Medienbereich wirklich an bereich wirklich nicht mehr sein muss, derung geht es nicht um die Frage, Handlungsbedarf. gläserne Decken stoßen. haben wir einen ganzen Berg Arbeit vor ob Frauen oder Männer besser oder Das Schaff en in Kultur und Medien Der Zweite Diversitätsbericht des uns – und keine Zeit mehr zu verlieren, schlechter arbeiten. Es geht um glei- ist sehr facettenreich und vielfältig. Ein Bundesverbandes Regie z. B. machte um ihn endlich abzutragen! che Arbeitsmöglichkeiten und gleiche Beispiel ist die Filmbranche: Obwohl Anfang des Jahres die dramatische Lage Aufstiegschancen für Frauen. Und, es Frauen hier oftmals top ausgebildet noch einmal deutlich: Im Jahr  gin- geht um die gerechte Verteilung von sind, haben gut qualifi zierte und enga- gen  Prozent aller Filmfördermittel Geld und Perspektiven. gierte Frauen wie etwa Regisseurinnen in Deutschland an Männer. Bei den Wenn wir zulassen, dass der Kultur- noch zu wenig Anteile am Filmmarkt. über fünf Millionen Euro budgetierten Setzt sich Qualität betrieb selbstverständlich von Män- Auch deshalb wollen wir mit der No- Projekten waren es  Prozent! Und wirklich durch? nern dominiert und damit einseitig velle des Filmfördergesetzes mehr das, obwohl es mit  Prozent Film- gefördert wird, bringen wir die Kultur Gendergerechtigkeit in den Gremien hochschulabsolventinnen keineswegs ULLE SCHAUWS um Chancen der kulturellen Vielfalt der Filmförderungsanstalt schaff en. an qualifi zierten Regisseurinnen man- und Pluralität. Darum müssen wir die Insbesondere die Förderkommissionen gelt. Vielmehr als die Frage danach, ob ungerechte berufl iche Benachteiligung sollen künftig paritätisch besetzt sein. Um gegen diese strukturellen Aus- Frauenförderung im Kulturbereich von Frauen beenden und dafür Sorge

FOTO: BÜRO WANDERWITZ BÜRO FOTO: Wir wollen auch, dass grundsätzlich grenzungsmechanismen anzukommen, wirklich sein muss, stellt sich doch die tragen, dass Frauen in Kulturbetrieben Marco Wanderwitz, MdB ist kultur- die Gleichstellung in der Aufgabenbe- hilft es nicht, wie eine Fachkollegin von Frage: Wollen wir Chancengleichheit ein ebenso selbstverständlicher Be- und medienpolitischer Sprecher der schreibung der Filmförderungsanstalt der CSU forderte, wenn Frauen sich zwischen Frauen und Männern? Und standteil sind wie Männer. Wir dürfen CDU/CSU-Bundestagsfraktion festgeschrieben wird. Bei der Beset- einfach ein bisschen mehr Mühe geben wollen wir diese Chancengleichheit das kreative Potenzial von Frauen nicht zung von Verwaltungsrat und Präsi- würden. Wir brauchen stattdessen ein auch im Kulturbetrieb? Die Antwort verpassen. des Gesetzgebers, sondern eine ge- dium soll ab  auf eine mindestens ganzes Maßnahmenpaket: mit verbind- lautet hier ganz klar: Ja! Die Gleichstellung von Frauen im samtgesellschaftliche Aufgabe. Auf dreißigprozentige Besetzung mit Frau- lichen Vorgaben für die Beachtung der Fakt ist doch:  sind weder Be- Kulturbetrieb ist ein wesentlicher die Frauenbilder z. B., die in Film oder en und ab  auf eine paritätische Geschlechtergerechtigkeit bei der Be- zahlung, Arbeit oder »Macht« bei den Schritt, Meinungsbildung durch weib- Fernsehen transportiert werden, hat Besetzung hingewirkt werden. Nicht setzung von Leitungspositionen, Gre- ca. eine Million Erwerbstätigen in liche Perspektiven zu bereichern und die Politik keinen Einfl uss. vorgesehen ist dagegen eine Quote, die mien und Jurys, bei der Ausreichung der Kultur- und Kreativwirtschaft in kulturelle Vielfalt zu fördern. Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  KULTURELLES LEBEN 29

Wir machen das Zehn Jahre Kulturprojekte Berlin GmbH – ein Blick zurück und drei nach vorn

MORITZ VAN DÜLMEN ne Ressourcen zu bündeln und neue, dig agiert. Gleichzeitig ist uns von den trag Vermittlungsangebote für die jährlich zwei Millionen Euro in kultu- zeitgemäße Formen der Finanzierung politisch Verantwortlichen ein hohes Museumsbesucher zu entwickeln und relle Bildungsprojekte investiert. Neben ls die Kulturprojekte Berlin und Betreibung dieser Institutionen Maß an Vertrauen entgegengebracht diese den Museen der Stadt zur Verfü- der Koordination von drei »kulturell« GmbH vor zehn Jahren aus zu fi nden, die neben der öff entlichen worden, ohne welches wir große und gung zu stellen, war er seiner Zeit weit sehr unterschiedlichen Verwaltungen, der Taufe gehoben wurde, Förderung auch genossenschaftliches international beachtete Projekte wie voraus. Inzwischen wissen die Museen agieren wir gegenüber den Akteuren als A neigte sich in Berlin die ers- und privatwirtschaftliches Engagement die Jubiläen zum Mauerfall  und sehr gut, wie wichtig Vermittlungsar- Anwalt der kulturellen Bildung, berufen te von zwei Legislaturperioden einer ermutigen. So ist z. B. vorstellbar, dass  oder aktuell die Produktion der beit und Audience Development für die Jurys, beraten Antragsteller und brin- rot-roten Koalition aus SPD und PDS/ aus dem Nukleus vorhandener Instituti- Berlin-Ausstellung im Humboldt Forum eigene Arbeit sind. Dennoch bleiben gen unsere Erfahrung und den bei uns Linkspartei ihrem Ende entgegen. Die onen wie der Berliner Kulturveranstal- nicht hätten angehen können. Dieses die Serviceangebote unseres Museums- angestellten Sachverstand ein, wenn es Kulturpolitik jener Jahre wurde von tungs-GmbH und dem Museumspäda- Vertrauen der Politik und unserer vie- dienstes bis heute unverzichtbar. Das gilt – gemeinsam mit den Künsten und einem enormen Spardruck geprägt, gogischen Dienst ein als gemeinnützige len Partner in unsere Arbeit gehört zu der Politik – Konzepte der kulturellen bei dem zweistellige Millionenbe- GmbH organisiertes Städtisches Kultur- unserem wichtigsten »Kapital«. Bildung weiterzuentwickeln. Auch vor träge zur Debatte standen. Wenn der büro entsteht. Eine solche Institution Drei prototypische Beispiele sollen dem Hintergrund der neuen Heraus- damals verantwortliche Kultursenator würde als Clearing-Stelle, Beratungs- das näher beleuchten: Zur Aussteu- Inzwischen wissen die forderungen, vor denen die Berliner der PDS, Thomas Flierl, von »sparen und Koordinationsbüro für Kultur und er von Kulturprojekte Berlin gehört Museen, wie wichtig Stadtgesellschaft angesichts jüngster und gestalten« sprach, lag zunächst der Kunst in Berlin fungieren, könnte als nicht nur der Museumspädagogische Vermittlung und Migrationserfahrung heute steht. Verdacht nahe, hier wolle sich jemand Koproduzent und organisatorischer Dienst, zu unserem Erbe gehört auch Audience Development Ganz dicht am Gründungsgedan- die Zukunft schönreden. Tatsächlich sowie logistisch-technischer Förderer die heute hundertfach in aller Welt ken als städtisches Kulturbüro ist das aber wurden unter der Regie Flierls in temporärer Kunst- und Kulturprojekte kopierte und adaptierte »Lange Nacht für ihre Arbeit sind in diesem Jahr bei uns etablierte Be- der Berliner Kulturpolitik von  bis auftreten, wäre Partner der kommuna- der Museen«. Sie ist prototypisch für ratungszentrum für Kulturförderung  Strukturentscheidungen getrof- len Kulturarbeit in den Bezirken und unsere zahlreichen Veranstaltungspro- und Kreativwirtschaft, das persönliche fen, die bis heute Wirkung zeigen. Die Kultur-Dienstleister für Dritte«. jekte – und das nicht nur wegen ihres meint nicht nur das von uns vierteljähr- Beratung für Künstler und Kreative über Gründung der Stiftung Oper in Berlin Im Rückblick ist es erstaunlich, wie kooperativen Charakters. Wir organi- lich herausgegebene MuseumsJournal, Fördermöglichkeiten und Existenz- gehört ebenso dazu, wie das Gedenk- genau die kommenden Aufgaben von sieren solche Projekte durchaus im Stil dessen Inhalte und Handschriften – an- gründung mit umfangreichen Online- konzept Berliner Mauer oder die Etab- Kulturprojekte Berlin beschrieben wur- einer Agentur, die sich von der Idee bis ders als in anderen Fachzeitschriften – Angeboten für Kulturförderung unter lierung des HAU zur bis heute gefeier- den. Die sind im Übrigen weit entfernt zur Umsetzung und Vermarktung um nicht von Journalisten, sondern von den www.kulturfoerderpunkt-berlin.de, der ten Spielstätte für die freie Szene. Aber vom immer wieder zu Unrecht mo- alle Details kümmert. Aber wir orga- Museums- und Ausstellungsmachern Vernetzung von Kreativen und Kreativ- auch die Gründung der Kulturprojekte nierten kulturpolitischen »Sündenfall« nisieren solche Großprojekte stets im selbst erstellt und geprägt werden. Der wirtschaftsberatung via www.creative- Berlin GmbH als Fusion des Museums- – das Land oder der Senat hätten sich Verbund mit vielen Kulturpartnern und Museumsdienst leistet darüber hinaus city-berlin.de und der Informationen pädagogischen Dienstes (MD), eine in mit der Kulturprojekte Berlin GmbH ein treten dabei nach innen als neutraler unverzichtbare Arbeit in der organisa- über die Berliner Crowdfunding-Szene den er Jahren gegründete nachge- Instrument geschaff en, um selbst zum und gemeinnütziger Dritter auf, des- torischen und logistischen Vermittlung durch www.crowdfunding-berlin.com ordnete Einrichtung des Landes Berlin, sen Eigeninteresse mit dem Ende des von hunderten verschiedenen Führungs- verbindet. Das Geheimnis unseres Er- mit der Berliner Kulturveranstaltungs- temporären Projektes tatsächlich auch und Workshopangeboten in der Berliner folges besteht in der Gründungsphilo- GmbH (bkv), die  ins Leben gerufen erlischt. Natürlich arbeiten wir auch mit Museumslandschaft, die sich mit ihren sophie, die sich auch in ökonomischen worden war. Die »Abwicklung« einer Das Vertrauen der privaten, gewinnorientierten Partnern  Museen, Schlössern, Ausstellungs- Kennziff ern bemessen lässt. Immerhin nachgeordneten Landeseinrichtung Politik und der vie- zusammen. Nicht selten binden wir Be- häusern und Gedenkstätten auf dem realisiert Kulturprojekte Berlin mit ei- auf eine zwar gemeinnützige, gleich- len Partner gehört zu zirke, Land, Bund und Private für ein von uns betriebenen Museumsportal nem öff entlichen Zuschuss von ca. drei wohl aber privatrechtlich organisierte unserem wichtigsten Projekt zusammen. Das dafür notwen- www.museumsportal-berlin.de sehr Millionen Euro jährlich Projekte und GmbH war nicht unbedingt das, was dige ideelle und materielle Vertrauen informativ und besucherfreundlich Vorhaben im Umfang von zehn Milli- man von einem PDS-Politiker erwar- »Kapital« erwächst aus unserem gemeinnützigen präsentiert. onen Euro. Erfolgreich sind wir immer ten durfte. Flierl hat seine kulturpoli- Auftrag – gepaart mit einer operativen Darüber hinaus hat sich Kultur- dann, wenn wir als gemeinnützige tischen Handlungsmaximen in Zeiten Flexibilität, die sich unserer privat- projekte Berlin in den vergangenen GmbH gute Ideen im öff entlichen In- haushaltspolitischer Notlagen relativ kulturellen und künstlerischen Akteur rechtlichen Betriebsstruktur verdankt. Jahren auf dem Zukunftsfeld der kul- teresse auf dem Markt platzieren und früh in einem Konzeptpapier unter zu werden. Eine Rolle, die der Exekuti- Wir agieren dabei an den Schnittstellen turellen Bildung als Partner, Anbieter als Serviceagentur Leistungen für die der Überschrift: »Berlin: Perspektiven ve tatsächlich nicht zusteht; schon gar zwischen Markt und Verwaltung, und und Vernetzer etabliert. Auch dieses öff entliche Hand eff ektiv umsetzen. durch Kultur - Kulturpolitische Positi- nicht ohne öff entliche Kontrolle. Aber können hier im öff entlichen Interesse kulturpolitische Engagement ist durch- Gut und erfolgreich arbeiten können onen und Handlungsorientierungen« nichts davon war intendiert oder ist ge- Projekte verwirklichen, die Marktteil- aus prototypisch für unsere GmbH. An wir, weil »die« Politik für unser Handeln formuliert. Flierl plädierte darin nicht schehen. Kulturprojekte Berlin hat viel- nehmer oder Verwaltungen allein so der Schnittstelle zwischen den drei Rahmenbedingungen schaff t, deren nur für Substanz erhalt, Modernisierung mehr unter den für unsere Arbeit ver- nicht realisieren können – sei es, weil zuständigen Verwaltungen für Kultur, Einhaltung kontrolliert und uns darü- und Prioritätensetzung. Er wies auch antwortlichen Kultursenatoren Klaus sie sich nicht »rechnen« oder weil man Bildung und Jugend administrieren wir ber hinaus aber operative Freiheit bei dezidiert auf die »Schwäche des Städ- Wowereit und Michael Müller (beide mit der Organisation strukturell über- den Projektfonds für kulturelle Bildung, der Projektrealisierung lässt. tischen« in der Berliner Kulturpolitik SPD) und ihren jeweiligen Staatssekre- fordert wäre. der im Tandemprinzip zwischen Kul- hin und plädierte dafür, Strukturent- tären André Schmitz und Tim Renner Als der Museumspädagogische tureinrichtungen und Künstlern sowie Moritz van Dülmen ist Geschäftsführer scheidungen zu fällen, um vorhande- als landeseigene GmbH stets eigenstän- Dienst begann, im öff entlichen Auf- Bildungs- oder Jugendeinrichtungen der Kulturprojekte Berlin GmbH FOTOS: LINKS  ANTJE SCHRÖDER; RECHTS  PHILIPP STRIEGLER PHILIPP  RECHTS SCHRÖDER; ANTJE  LINKS FOTOS: Geburtstagsfest »Zehn Jahre Kulturprojekte Berlin« im Mai  mit Michael Müller und Moritz van Dülmen Festival Interventionen – Refugees in Arts & Education im Juni  30 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Gesichter des Kulturerbes Zur Situation der jungen Restauratorinnen und Restauratoren in Deutschland

JAN RAUE der Restauratorenverbände, E.C.C.O., in ratorinnen und Restauratoren keine naus, die dies in vorbildlicher Weise in der Wunsch, von dem hohen ideellen seinen Leitlinien für den Berufszugang Einladung sein kann, Unterbezahlung Restauratorengesetzen geklärt haben. Prestige zu profi tieren, dass Restaura- ir geben dem Kulturerbe ein festgeschrieben. und prekäre berufl iche Situationen zu Denn den Wenigsten in Deutschland torinnen und Restauratoren sich über Gesicht«, lautet das neue Es gibt aber noch eine zweite Seite, verstetigen. Irgendwann ist in einer sol- ist bewusst, dass Jede und Jeder unab- die Jahrzehnte erarbeitet haben. Dieses W Motto des Verbands der Res- bei der es vor allem um das »Gesicht- chen Lage auch die größte Begeiste- hängig von jeglicher Vorbildung zum stammt aber gerade aus der Kombina- tauratoren e.V., kurz VDR. »Wir«, das Zeigen« geht. Wie oft sehen wir auf rung einmal erschöpft, und wir spüren Finanzamt laufen kann, um sich eine tion von Motivation und Wissenschaft- sind die rund . im Berufs- und Pressefotos nur die Hände oder Rücken es bereits, wenn z. B. Absolventinnen Steuernummer als »Restaurator« zu lichkeit und ist daher denkbar ungeeig- Fachverband organisierten Restaurato- der über die Kunstwerke gebeugten Ak- und Absolventen nach einigen Jahren holen und sich hernach über die Kunst- net, es sich mit einem Federstrich auf rinnen und Restauratoren in Deutsch- teurinnen und Akteure, zuletzt in Politik den Beruf aufgeben. Ein weiterer As- das eigene Konto zu schreiben. land. Sicher, denkt man an die Sixtini- & Kultur /. Wer steckt dahinter? pekt in diesem Zusammenhang darf Ein Vertreter des Zentralverbands sche Madonna in Dresden, ist es kaum Die heute oft jungen, ganz überwiegend uns nicht kalt lassen: Der Anteil von des Deutschen Handwerks (ZDH), Dr. notwendig, Unverwechselbarkeit durch weiblichen, meist mit Hochschulab- rund  Prozent an Studentinnen und Große Hingabe an den Titus Kockel, hat in der bildungspo- Herausarbeiten individueller Züge fest- schluss qualifi zierten Berufsausüben- entsprechenden Berufseinsteigerinnen Beruf darf keine litischen Beilage zur Politik & Kultur zumachen. Materielles Kulturerbe ist den haben Namen und Gesichter. Sie ist – leider Gottes! – ein Indikator für Legitimation für / ebenjene aktuelle Strategie aber mehr, sind z. B. Grabungsfunde müssen auch sichtbar werden, aus der unterdurchschnittliche Bezahlung und ausführlich vorgestellt und – gewollt von der Vorgeschichte bis zur Neuzeit, Anonymität und der Bescheidenheit überdurchschnittliche Ausbeutung, und Unterbezahlung sein oder ungewollt – dabei nebenher sta- sind Textilien aus Klöstern, ist Schmuck heraustreten. Richtig, es handelt sich sei es Selbstausbeutung im Fall der vie- tistisch belegt, dass das Behaupten von aus Übersee, sind Gefäße aus Ton, Glas bei der Restaurierung um einen »die- len Selbstständigen. Die aufopfernde Kompetenzen akademischer Berufe bei und Metall, sind Bücher und Musikins- nenden« Beruf, dessen Akteurinnen Bereitschaft, »für die Kunst etwas zu werke herzumachen. Auch und gerade gleichzeitigem Abbau von angestamm- trumente, sind bemalte Decken in Bau- und Akteure meist im Schatten der ih- tun« und das allein schon als Teil des angesichts des neuen Kulturgutschutz- ten handwerklichen Kernkompetenzen denkmalen und vieles andere mehr. Lohns zu akzeptieren, ist in der Regel gesetzes des Bundes kann das kein zu einem Niedergang bei Bewerber- Bei dieser Vielfalt vom abstrakten immer noch bei Frauen höher aus- haltbarer Zustand mehr sein. Es muss zahlen und letztlich der Qualität von Begriff weg- und zum Individuellen »Wir geben dem geprägt. Diese Motivation an sich, in an die Ohren der Verantwortlichen in Ausbildungen und Leistungen führen. hinzukommen, ist die eine Seite des Kulturerbe ein verwandter Weise unter anderem auch Bund und Ländern dringen, allen an- Man sollte den eigenen Bewerberkreis »Gesicht-Gebens«. Oft lässt sich anhand bei Beschäftigten in Kindertagesstätten, derslautenden Gerüchten entgegen: nicht unterschätzen: Auch prinzipiell eines einzigen Exponats in einem Mu- Gesicht«, lautet Grundschulen und Krankenhäusern zu Berufstitelschutz ist niedrigschwellig, geneigte Interessenten an einem Hand- seum oder einer privaten Sammlung ein das neue Motto des beobachten, ist nicht zu diskreditieren verhältnismäßig und europakonform! werksberuf merken schnell, wenn sich Teil der Geschichte einer ganzen Region Berufsverbandes – in jenen wie in diesem Fall baut das Berufstitelschutz für Restauratorinnen Anspruch und Wirklichkeit nicht de- oder auch einer Familie erzählen. Die System regelrecht darauf! – ihr Miss- und Restauratoren ist noch mehr: Er cken. Noch dazu: Wie kann ein Beruf Restauratorinnen und Restauratoren im brauch jedoch anzusprechen und zu ist angesichts einzigartiger, unwieder- einen anderen Berufsabschluss quasi VDR sind in  Fachgruppen auf das Er- nen anvertrauten Kunstwerke bleiben. bekämpfen. bringlicher Kulturgüter, die in Gefahr nebenher im Crashkurs miterwerben? kennen von Geschichte und Geschich- Dieses bewusste Zurücktreten hinter Oft hören wir, dass der manuelle An- sind, verpfuscht zu werden, notwendig Wie würde das umgekehrt aussehen, ten unter der Haut der Objekte speziali- eine übergeordnete Idee darf aber nicht teil am Beruf, das »Handanlegen« als und überfällig. wenn die Universitäten ihren Studie- siert. Sie vermögen es, diese erzähl- und länger dafür herhalten, dem Berufsstand solches, eine Abstufung befördern kann. Diese gesetzlich ungeregelte Lage renden zum akademischen Abschluss sichtbar zu machen, indem sie im gege- seine überfällige Anerkennung zu ver- Ja, wer möchte denn beim Chirurgen lädt zu vielerlei Auslegungen ein, unter zusätzlich für ein paar Stunden prakti- benen Fall Schicht um Schicht freilegen, weigern. Wenn die durchschnittliche oder Zahnarzt auf manuelles Geschick anderem auch im Bereich des Hand- scher Ausbildung den nächstgelegenen vor allem aber indem sie Substanz und Eingangsgehaltsstufe im Öff entlichen verzichten?! Es macht ja gerade den werks, wenn dieses z. B. qua Meisterprü- Handwerksmeistertitel mitverleihen Ästhetik in authentischer Weise erhal- Dienst für akademische Restaurato- Reiz dieser und des Restauratorberufs fungsverordnung einzelnen Gewerken würden und noch dazu ohne Einbin- ten. Dafür haben sie in der Regel zehn rinnen und Restauratoren bei TVöD im Speziellen aus, wissenschaftliches die »Lizenz zum Restaurieren« erteilt dung der Handwerkskammern? Keine Semester an einer Hochschule studiert. E liegt, während der Regeleinstieg für Denken mit der Hände Arbeit zu ver- und zwar auf Basis von Schulungen, Uni käme auf den Gedanken und das hat Der konsekutive, d. h. auf dem Bachelor Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen binden. Das darf kein Grund sein, An- deren Umfang im Vergleich zur wis- auch etwas mit Respekt zu tun. im eigenen Fach aufbauende Masterab- und Mitarbeiter die E ist, dann läuft erkennung zu verweigern! Vor diesem senschaftlichen Hochschulausbildung Um Missverständnissen vorzubeu- schluss in der Restaurierung ist heute grundlegend etwas falsch! Hintergrund ist es überfällig, Berufs- um ca. zwei Zehnerpotenzen niedriger gen: Restauratorinnen und Restaura- an den neun, das Fach in verschiedenen Da drängt sich der Gedanke auf, dass titelschutz zu verankern, und zwar ist. Verblüff enderweise beharrt man toren stehen im Berufsalltag, vorrangig Spezialisierungen lehrenden deutschen der Berufsstand es noch nicht ver- fl ächendeckend und über die beiden darauf, trotz der genannten eher ne- in der Denkmalpfl ege, in einem kolle- Hochschulen die Richtschnur. So hat deutlichen konnte, weshalb die hohe Vorreiter-Bundesländer Mecklenburg- gativen Berufsaussichten und Einkom- gialen Kontakt mit den Handwerkern. es auch der europäische Dachverband intrinsische Motivation von Restau- Vorpommern und Sachsen-Anhalt hi- mensverhältnisse! Vielleicht besteht Das Handwerk selbst hat nämlich schon vor Jahrzehnten – mit Unterstützung der Restauratoren – einen eigenen Ausbildungsweg geschaff en, den des »Restaurators im Handwerk«. Dies ist die traditionelle, im Vergleich zum Vor- genannten fundierte und zeitaufwendi- ge Zusatzqualifi kation für Meister, die deren handwerkliche Kompetenzen in der Denkmalpfl ege stärkt. Aufbauend auf der Kooperationsvereinbarung zwi- schen VDR und ZDH aus dem Jahr  haben sich erst vor einigen Wochen die Präsidien von VDR und dem Verband der Restauratoren im Handwerk (RiH), auf eine Initiative verständigt, sich für gemeinsame Interessen stark zu ma- chen, ohne dabei die vorhandenen Un- terschiede in Ausbildung und Kompe- tenzen zu nivellieren. Beide Verbände wollen damit ein Zeichen setzen: für geregelte, adäquate Ausbildungswege, für gesellschaftliche Anerkennung, für ein Wiedererstarken der Denkmalpfl ege, für die Unterstützung der europäischen Ini tiative »ECHY « – das Europäi- sche Jahr des Kulturerbes. Was zum Schluss noch dazu gehört, ist das Ausräumen zumindest der ver- breitetsten begriffl ichen Missverständ- nisse: Nicht »Restaurateur« lautet die Berufsbezeichnung, sondern Restaura- torin und Restaurator; nicht »Schöner als je zuvor« lautet ihr Credo, sondern Konservieren und Restaurieren im Sin- ne des Authentischen, einschließlich der wissenschaftlich und ästhetisch bewahrten Spuren der Geschichte. Restauratorinnen und Restauratoren sind berufen, dem Kulturerbe ein Ge- sicht zu geben, das nicht puppenhaft geschminkt ist, sondern das seine Schönheit aus Wahrhaftigkeit und Ge- schichtlichkeit gewinnt. Dafür wollen sie selbstbewusst Gesicht zeigen. FOTO: ULRICH SCHIESSL ULRICH FOTO: Gesicht geben und Gesicht zeigen – Restauratorinnen und Restauratoren haben ein Recht darauf, dass ihre Leistungen für den Erhalt des kulturellen Erbes Jan Raue ist Präsident des angemessen gewürdigt werden Verbandes der Restauratoren Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  KULTURELLES LEBEN 31

Ästhetische und historische Werte eines Denkmals bewahren und erschließen Was tun Restauratoren für den Kulturgutschutz?

OLAF SCHWIEGER

isher existierten keine Geset- ze auf Bundesebene, in denen die Verantwortung des Res- B taurators gegenüber dem Ge- meinwohl Berücksichtigung fi ndet. Dies hat sich nun in einem ersten wichtigen Schritt geändert – im aktuellen Ent- wurf zum neuen Kulturgutschutzgesetz wird zum ersten Mal die fachgerechte Konservierung und Restaurierung als einziger möglicher Eingriff an natio- nal wertvollem Kulturgut in Paragraf  zum Beschädigungsverbot defi niert. Dass dies erst jetzt geschieht, ist ei- gentlich höchst verwunderlich: Denn in Deutschland leben über . gut ausgebildete Restauratoren, von de- nen mehr als . im Verband der Restauratoren, kurz VDR, organisiert sind. Es existieren seit über  Jahren Hochschulen mit dem Studiengang Restaurierung – inzwischen sind es deutschlandweit neun Hochschulen mit insgesamt  Fachbereichen. Die Hoch- schulausbildung hat sich für angehende Restauratoren als Regelausbildung fest etabliert – was weitestgehend nun auch in ganz Europa Gültigkeit hat. Das Hauptanliegen von Restaurato- ren ist der Schutz und die sachgerechte Bewahrung des Kunst- und Kulturgutes

unter Respektierung seiner materiellen, FOTOLIA.COM / SEYBERT GERHARD FOTO: kunsthistorischen und ästhetischen Das aktuelle Entwurf zum Kulturgutschutzgesetz nimmt erstmals die Restauratoren in die Pfl icht zur fachgerechten Konservierung und Restaurierung Bedeutung. Restauratoren tragen eine besondere Verantwortung für das Kul- tigkeiten, die das Objekt stabilisieren Materialien gefestigt, Risse geschlossen, »Here I stand... Martin Luther’s Home« wo unrechtmäßig verbrachte Kunst- turgut gegenüber der Gesellschaft und und zukünftige Schäden verhindern, chemische Alterungsprozesse modifi - präsentiert. Die Zahl der Objekte soll im werke ohne restauratorische Betreu- der Nachwelt. z. B. Festigung, Reinigung, Klimatisie- ziert. Jede Hinzufügung kann jedoch dreistelligen Bereich liegen und darun- ung vergehen, gibt es am Ende auch In früheren Jahrhunderten wurde rung, präventive Restaurierung. Die wieder neue Interaktionen bei einem ter befi nden sich Luthers Mönchskutte, nicht mehr zu restituieren als Schutt die lateinische Bedeutung des Verbs Restaurierung beinhaltet darüber hin- Objekt auslösen. Restauratoren überle- sein Bierkrug, sein Schreibset, eine Pre- und Asche. Das darf nicht sein! Nicht restaurieren – »wiederherstellen« – aus Arbeitsbereiche, die die Lesbarkeit, gen deshalb sehr genau, welche Konser- digtkanzel und ein Murmelspiel aus der zuletzt leisten Restauratoren einen wörtlich genommen: Der Restaurator die Wertschätzung, das Verständnis des vierungsmaßnahmen sie anwenden und Kindheit des Theologen. Jedem leuchtet großen Beitrag beim Schutz des im- war ein Künstler oder ein Handwerker, Objektes fördern, z. B. farbliche Integra- welchen Einfl uss diese auf das Material leicht ein, welche hohe Verantwortung materiellen Kulturerbes, wie z. B. bei der die »Erneuerung« des vermuteten tion von Fehlstellen oder Zusammenfü- des zu restaurierenden Werks haben damit auf den betreuenden Restaurato- der Erforschung und Dokumentation ursprünglichen Zustandes eines Kunst- gung und Ergänzung einer antiken Vase, könnten, auch noch Jahrzehnte nach ren lastet, diese Exponate unbeschädigt historischer Handwerkstechniken. werkes oder Kulturgutes anstrebte. und eine museale Nutzung ermöglichen. der Intervention. Häufi g ist es sinnvoll, hin- und wieder zurückzubringen! Die im VDR organisierten Restau- Manchmal ließ man es auch nicht bei Die besondere Verantwortung der statt der tief in die Substanz eingrei- Der Schutz von Kulturgut stellt ratoren verstehen sich als Angehörige einer solchen Wiederherstellung be- Restauratoren liegt in der Tatsache, fenden Restaurierung, eine Überwa- sich heute also äußerst facettenreich der Freien Berufe und verpfl ichten sich, wenden. »Veraltete« Werke wurden den dass sie es mit unersetzlichen Origi- chung, regelmäßige Kontrolle und in dar. So sind Restauratoren bei der Ein- ihre Leistungen persönlich und in hoher Sichtweisen oder Moden einer neuen nalen zu tun haben, sei es ein Gemälde, bestimmten Abständen durchgeführte und Ausfuhr von Kulturgut gefordert Qualität zu erbringen. Ein aus der Res- Zeit angepasst. Weil dabei die Objekte ein völkerkundliches Objekt oder eine Pfl egezyklen zu planen. – ebenso beim Schutz des archäologi- tauratorenschaft heraus entwickelter oft bis zur Unkenntlichkeit verändert Fabrik aus vergangenen Zeiten. Eine Restaurierung hat eine stark wis- schen Kulturerbes. Problemstellungen Ehrenkodex gilt als Maßstab für die wurden und von der alten Substanz oft kritische, methodisch-wissenschaftli- senschaftlich geprägte Komponente. z. B. bei der Digitalisierung von Kultur- restauratorischen Leistungen der Mit- nicht viel übrig blieb, begann sich mit che Auseinandersetzung, welche das Während sich Objekte der Restaurie- gut oder beim Verkauf von Kunstwer- glieder des VDR. Das berufl iche Enga- wachsendem Geschichtsbewusstsein Werk vor jeder Maßnahme in allen we- rung häufi g nur mit den erworbenen ken aus öff entlichem Besitz (knappe gement von Restauratoren ist gelebter in einer breiteren Gesellschaftsschicht sentlichen Dimensionen zu verstehen kunsthistorischen Fachkenntnissen Kassen!) werden unter den Kollegen Kulturgutschutz. Widerstand gegen diese Verfahrenswei- sucht und zugleich die Konsequenzen erschließen lassen, bedarf die Restau- ausgiebig diskutiert. Auch die Prove- se zu regen. jedes Eingriff s rechtzeitig abwägt, muss rierung selbst der Anwendung von im nienzforschung und Restitution von Olaf Schwieger ist Vizepräsident des In Artikel  der Charta von Venedig einer konservatorischen oder restau- Studium erarbeiteten naturwissen- Kulturgut spielen eine große Rolle. Da, Verbandes der Restauratoren von  heißt es: »Die Restaurierung ratorischen Behandlung stets voraus- schaftlichen Methoden. ist eine Maßnahme, die Ausnahme- gehen. Auch die »präventive Konservie- charakter behalten sollte. Ihr Ziel ist Eine Voruntersuchung besteht aus rung« gewinnt im Kulturgutschutz an es, die ästhetischen und historischen der Identifi zierung des Objektes, einer Bedeutung. Sie umfasst die Bedingun- Werte des Denkmals zu bewahren und Bestimmung seiner Bestandteile so- gen, unter denen ein Kunstwerk vor zu erschließen. Sie gründet sich auf wie der Beurteilung seiner Bedeutung Schaden und weiterem Verfall geschützt die Respektierung des überlieferten als Kulturgut. Außerdem werden Art werden kann. Restauratoren sind ver- Das Wichtigste Bestandes und auf authentische Do- und Umfang der bisherigen Verände- antwortlich für adäquate Bedingungen kumente. Sie fi ndet dort ihre Grenze, rungen identifi ziert und die Ursachen rund um das Kunstwerk, zum Beispiel zur Kulturpolitik Jetzt wo die Hypothese beginnt.« Und »Zu für Schäden am Werk ermittelt. Da- für das Klima im Depot, für konstante abonnieren! einer Restaurierung gehören vorberei- nach gilt es, die Ergebnisse der Unter- Temperatur- und Feuchtigkeitswerte in Abonnieren Sie jetzt für  Euro im Jahr inkl. Versandkosten! tende und begleitende archäologische, suchung korrekt zu interpretieren, ein Ausstellungsräumen und für eine an- Per Telefon:  .   , Fax:  .    kunst- und geschichtswissenschaftli- Restaurierungskonzept zu entwickeln, gemessene Lichtsituation. Im Zeitalter oder E-Mail: [email protected]. che Untersuchungen.« Vor  Jahren stets die Konsequenzen restauratori- von Großausstellungen und den damit hatte die Wanderausstellung mit dem scher Tätigkeit zu überschauen und die verbundenen Kunsttransporten stellen

Titel »Restaurieren heißt nicht wieder Verantwortung für die Ausführung zu Restauratoren sicher, dass die Rahmen- -"&' % #"%%"%# ' ' neu machen« einigen Erfolg. Die Aus- übernehmen. bedingungen so gestaltet sind, dass die , € Juli/ stellung verdeutlichte eine Tendenz Die Restaurierung an sich ist der un- Werke auch weite Reisen unbeschadet August 4  www.politikundkultur.net des sich wandelnden Berufsbildes des mittelbare Eingriff am Objekt mit dem überstehen. Zeitung des Deutschen Kulturrates &'(%%(" "&%(&  ,&%' (6,&+7*(%(181'(6,&+7 (  %" %%)%'%&%' 19(6725?7$$7?&+,('6 ( '(%('&('+&'+ <(,*(1 $6/(,67(1(67$85$ Restaurators vom Künstler und Hand- Ziel, eine bessere Lesbarkeit herzustel- Für  beispielsweise werden #"  %-''%& 522'(52175$ ,()E//7',( *(5,&+7( ,()81.7,21,(57',( 725,11(181'(67$85$725(1 (+$55/,&+.(,7<$+/76,&+$86 ($.7,21'(5G167/(59(5%E1'( &+,('6*(5,&+7/,&+(5/(',*81* 81':$6%5$8&+(16,( "%!&'% $&+(,1(0$+592//(5 (%$77(1 <80$.78(//(1(*,(581*6 92119(67,7,216675(,7,*.(,7(1 Seiten  und  %&'"#!(&' .2007'$68/785*876&+87< .203520,66$86 Seite  werker zum hoch spezialisierten Aka- len. Dabei werden dessen ästhetische, zahlreiche Luther-Ausstellungen ge- %''*$%& *(6(7<<8(,1(0*87(11'( Seite  Seite  demiker. historische und physische Eigenschaf- plant und vorbereitet. Restauratoren (") "% Symbiose  (5*(6(//6&+$)781*9211',9,'8 (1<:(,(5817(56&+,('/,&+(5 57(1 Im Sinne moderner ethischer Grund- ten soweit wie möglich respektiert. Res- aus allen Fachbereichen bearbeiten ',()G5%(,'($571(59257(,/+$)7,67  :,5'1250$/(5:(,6($/6;0%,26(%( <(,&+1(708/785%(5(,&+*(%5$8 &+(1:,5'(1 (*5,S@6;0%,27,6&+(6 sätze erschließt sich die Restaurierung taurieren bedeutet aber eventuell auch zurzeit die Leihanfragen und bereiten (5+E/71,6=:(11:,5',(%(621'(5( E+(<:,6&+(1G167/(5181''(5 8/785:,576&+$)7%(6&+5(,%(1:2/ /(1+1(G167/(5.(,18167+$1'(/ 2+1( 8725(1.(,1( (5/$*(2+1( heute als eine Synthese aus konserva- zu ergänzen, während der Begriff des die Leihgaben für die Ausstellungen 86,.(5.(,1(+212,1'8675,(+1( $/(5,(16&+$S(1(61856(+5:(1,*( G167/(5,1'(1/;03'(58167 :(/72+1( (5/$*(>1'(1185:(1,*( torischen Aspekten mitsamt der ästhe- Konservierens rein erhaltende Maßnah- vor. Voraussichtlich werden originale &+5,)767(//(5,+5((6(5+1(',( $%(/6,67'(5 (*'(586,.(512&+ 67(,1,*(5 (,'((,7(1%5$8&+(1(, 1$1'(5$/62 (,/'(062,67+$%(16,&+,0 tischen Erschließung eines Objektes. men umfasst. Bei einer Konservierung Exponate aus verschiedenen Museen 8/785%(5(,&+G%(5$+5<(+17(81 *(:F+1/,&+(;0%,26(1$86*(%,/ '(720321,67(181'86,.9(5/$*( Alles super? %,/'(1'(1(51'(5 &+5,)7

67(//(581' (5/(*(5$5%(,7(1,1'(5      Die Konservierung umfasst hierbei Tä- werden zum Beispiel gealterte, brüchige auch in den USA in der Ausstellung *(6(//6&+$)7 257   Frauen in Kultur und Medien. Seiten ,  bis  32 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Keine Angst vor Experimenten Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes .

BRIGITTE ZYPRIES

ie Kultur- und Kreativwirt- schaft wirkt in alle Branchen. D Sie ist Innovationsmotor und Impulsgeber. Mithilfe von Produkten und Dienstleistungen aus der Krea- tivwirtschaft können heute wichtige gesellschaftliche Prozesse und Entwick- lungen begleitet und gesteuert werden, beispielsweise in der Flüchtlingshilfe, im Gesundheitswesen und in der Bil- dung. Daher ist es gut und richtig, dass das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes jetzt mit- ten in Berlin sein Projektbüro eröff net hat. Damit unterstreicht die Bundesre- gierung die hohe Bedeutung der Krea- tivwirtschaft für Wirtschaft, Politik und

Die Kultur- und Kreativwirtschaft muss aus der Nische in die Mitte der Gesell- schaft geholt werden

Gesellschaft. Das Projektbüro dient als Schaufenster, Kultur- und Kreativwirt- schaft wird erlebbar. Es soll ein Ort der Begegnung und des Austauschs sein. Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hat das Pro- jektbüro im Juni dieses Jahres offi ziell

eröff net. BUNDES DES KREATIVWIRTSCHAFT UND KULTUR KOMPETENZZENTRUM / VEDER WILLIAM FOTO: Seit Beginn des Jahres arbeitet das Empfang zur Eröff nung des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft Kompetenzzentrum in einer neuen Ausrichtung daran, die Marktchancen Werben für das Innovationspotenzial Kompetenzzentrum tätigen Transfer- identifi zieren. Das Kompetenzzentrum mit eigenen Veranstaltungen beteiligen für kreative Klein- und Kleinstun- der Kreativwirtschaft sowie das Ange- Agenten bereiten die Themen zielgrup- rückt damit noch näher an die Praxis können.  wurde die Aktion mit über ternehmen zu verbessern. Mit einer bot als neutrale Vernetzungsplattform. penspezifi sch auf und sorgen für eine und an die Akteure.  Veranstaltungen bundesweit beglei- veränderten Struktur und neuen the- Inhaltlich konzentriert sich das breite Vermittlung. Ergänzend werden Schwerpunkt der Arbeit des Kom- tet. Das setzen wir fort. Mit diesen un- matischen Schwerpunkten wird das Kompetenzzentrum auf folgende über- Fakten und Analysen aus der interna- petenzzentrums bleibt weiter das An- terschiedlichen Bausteinen wollen wir Kompetenzzentrum darauf reagieren, geordnete Themencluster: Innovation tionalen Wissenschaft und Forschung gebot von Veranstaltungen. Mit rund die Kultur- und Kreativwirtschaft aus dass sich die Arbeitsbereiche der Kultur- und Impuls; Gründung und Wachstum; für Akteure in Politik, Wirtschaft und  Veranstaltungen pro Jahr wird das der Nische in die Mitte der Gesellschaft und Kreativwirtschaft mit zunehmend Internationalisierung und Export; Kul- Gesellschaft aufbereitet. Kompetenzzentrum bundesweit prä- holen. Wir wollen die Kompetenzen und neuen Herausforderungen und immer tur, Arbeit und Gesellschaft. Es werden Künftig wird es außerdem ein bun- sent sein. Sie werden Impulse geben und Potenziale der Akteure der Kultur- und weiter diff erenzierenden Fragen befas- Wege und Lösungen aufgezeigt bei der desweites Community-Management Best-Practice-Beispiele direkt erfahrbar Kreativwirtschaft für bisher branchen- sen müssen. Das Kompetenzzentrum Suche nach Finanzierungsprogram- mit Radarfunktion geben: Es werden machen. Im Vordergrund steht dabei fremde Unternehmen und Akteure soll mit einem größeren Service- und men. Es werden Innovationen aus  »Fellows« ernannt, die ein regiona- die Vernetzung: Wir wollen die Krea- erlebbar machen. Gerade im digitalen Themenspektrum dazu beitragen, die den Branchen heraus präsentiert, um les und thematisches Akteurs-Netzwerk tivwirtschaft mit anderen Wirtschafts- Zeitalter brauchen wir die Kreativität Bedeutung der Kultur- und Kreativwirt- die Wettbewerbsfähigkeit der Krea- vor Ort bilden. Diese »Kreativ-Botschaf- branchen zusammenbringen. Dadurch und Innovationskraft der Kultur- und schaft als eigenständige Wirtschafts- tivwirtschaft zu fördern. Das Kompe- ter« ermöglichen einen umfassenden sollen Wissenstransfer und die Bildung Kreativwirtschaft, von Künstlern und branche und Innovationsmotor noch tenzzentrum hilft dabei, internationale und praxisnahen Informationszufl uss von Kooperationen über Branchengren- Kreativschaff enden. Damit schaff en wir vielfältiger und stärker sichtbar zu ma- Kooperationspartner für die Tätigkeit über Entwicklungen und Bedarfe aus zen besser werden. Nach dem großen einen Mehrwert für alle Zielgruppen: chen. Im Mittelpunkt der Arbeit steht auf Auslandsmärkten zu gewinnen. den Branchen und Regionen. Die Fel- Erfolg im Vorjahr wird es auch  im Wirtschaft, Gesellschaft und Politik! die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Und es wird Entwicklungen aus kultu- lows sollen eine Radarfunktion wahr- Herbst wieder eine »Lange Nacht« der die Initiierung und Begleitung von rellen und gesellschaftlichen Prozes- nehmen, um nationale und internatio- Kultur- und Kreativwirtschaft (»JACK- Brigitte Zypries, MdB ist Parlamen- Kooperationen zwischen der Kreativ- sen begleiten und daraus Impulse für nale Trends mit Relevanz für die deut- POT« ) geben, an der sich die Länder, tarische Staatssekretärin beim Bundes- wirtschaft und anderen Branchen, das die Kreativwirtschaft ableiten. Die im sche Kultur-und Kreativwirtschaft zu Regionen, Kommunen und Initiativen minister für Wirtschaft und Energie

– Andrea Wenger im Gespräch mit René /Allonge: S. 83 Vorwort und Einleitung Was tun gegen Kunsträuber und -fälscher? / S. 19 – Olaf Zimmermann: Altes Zeug Kulturgutschutz: analog und digital – Gabriele Schulz: Kulturgutschutz: eine – Michael Knoche: Grab der deutschen Klassik. Neues Zeug ? vielfältige Aufgabe / S. 20 War der Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Verantwortung für Kulturgut weltweit vermeidbar? / S. 87 Die Zerstörung, der Raub und Gefahr im Wandel – strukturelle Be- Der Schutz von Kulturgut ist eine vielfältige und facettenreiche Auf- – Olaf Zimmermann: – Joachim Menge: klu  der illegale Handel mit Kulturgut. Besitz von dingungen der Katastrophe. Im Lebenszyklusgefähr eineslicch / S. 90SS. 990 gabe, das wird bei der Lektüre der in diesem Band zusammengestellten Raubkunst muss gesellschaftlich und rechtlich Gebäudes sind Umbauphasen besonders gefährlich Altes Zeug: Köln – Beiträge deutlich. / S. 27 Die Katastrophe von Köln – geächtet werden – Ulrich S. Soénius: osyyny Kulturelles Erbe weltweit Kultureinrichtung stark betroffen. Mnemosyne – oder: – Hermann Parzinger: eess Jetzt bestellen Es geht um die Aus- und die Einfuhr von Kulturgut, also den Handel. in Gefahr. Eine Novellierung des Kulturgüter schutz- welche Lehren folgen aus dem Einsturz des Kölner / S. 30 / S. 92 www.kulturrat- Es geht um den Schutz des archäologischen Kulturerbes, insbesondere gesetzesBeiträge in Deutschland ist nötig zurStadtarchivs taass Kulturgut verpflichtet! Die größere Kulturkatastrophe. shop.de – Monika Grütters: – Michael Knoche: m zzuu im Nahen Osten. Es geht um die Gebäude, in denen Kulturgut aufbe- Die Gesetzesnovelle zum Kulturgutschutz läutet einen Gefragt ist jetzt ein nationales Programm zum / S. 34 / S. 96 wahrt wird sowie generell um den physischen Schutz von Kulturgut so- längst fälligen Paradigmenwechsel ein Originalerhalt Die nächste Digital statt Originalginal istt wie die Chancen, die die Digitalisierung von Kulturgut bietet. Es geht – OlafDiskussion Zimmermann und Gabriele Schulz: zum– Katharina Corsepius: ih Runde wurde eingeläutet. Das »Gesetz zur Neu- nicht die Lösung. Zum Einsturz des Historischen um Begehr lichkeiten von Finanzverantwortlichen, Kulturgut aus öffent- regelung des Kulturgutschutzes« in der Diskussion Archivs der Stadt Köln / S. 99 Unverzichtbar für das lichem Besitz bei knappen Kassen zu verkaufen. Es geht um den verant- der Bundesländer / S. 37 – Robert Kretzschmar: – Robert A. Kugler: Immaterielle Eigenschaften Gedächtnis der Gesellschaft. Das Internet erweitert wortlichen Umgang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, nachhaltigen / S. 102 bewahren. Anforderungen an ein modernes Kultur- den Kreis der Archivnutzer ständig um Pro venienzforschung sowie die Restitution von Kulturgut. Es geht güterschutzgesetz / S. 41 – René Böll: Nur einer von . Verschwundene Nach- ltutureller Super-GAU / S. 105 um die Forschung zum Kulturgut in den Kleinen Fächern an den Univer- – Markusrkuskus H Hilgert: g Wir sind nicht hilflos. Ein -Punkte- lässe in Köln: ein kultukukultureller Super-GAU . / S. 44 DeutschlandDeutschland undund seinsein FilmerbeFilmerbe. sitäten. Und last but not least geht es um den Schutz des Immateriellen ProgProgrammgramm für einen nachhaltigen Kulturgutschutz – Eberhard Eberhard JunkersdoJunkersdorf: Junkersdorf: S. 108 Kulturgutschutz KultuKulturerbererbe bewbewahrbewahrbewahrenen und er Murnau-Stiftung / – Isa Isabelbel PfeiffPfeiff Pfeiffer-Poensgen:er-Poensgen: Zu GeschichteGeschichte undund Aufgabe dder Murnau-Stiftung Kulturerbes, der seit einigen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. rstiftung der Länder / S. 48 überliefern.überliefern. Zur Arbeit der KultuKulturstiftung der Länder – Ernst Ernst Szebedits: Szebedits: Das »verruchte« Filmerbe. – Günther Günther Wessel: Wessel: Nachschub für einen Zum Umgang mit Filmen und Filmdokumenten gigantischen Markt. Raubgrabungen zerstören aus demdem DrittenDritten Reich / S. 112 t / S. 51 Zeitzeugenn. Zum Erbe der Menschhei Peter Frentz: BiBilderlderar aalsls Zeitzeugen. Zum ISBN: ----,  Seiten, € , das kulturellekulturelle Erbe der Menschheit gen, – Han Hanns-Peterns-ns Frentz: Plünderungenn, Ver wüstun analoger Fotografie / S. 114 – Wal Walterter So Sommerfeld:mmerfeld: Plünderungen, Verwüstungen, fachgerechtenfachgerechten Erhalt analoger Fotografie ielschichtige Aussagekraft RaubgrabungenRaubgrabungen Raub-ArchäologieRau b-Archäologie im im Irak Irak bewirkt bewirkt Claudia Schubert:Schuber t: DiDieev vielschichtige Aussagekraft Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  KULTURELLES LEBEN 33

Kinder, Gitarre, Kulturpolitik Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Ulrich Schneider im Porträt

ANDREAS KOLB immer ganz stark. Da hab ich mich sönlich eintrete: Toleranz, Off enheit, vielerorts mittlerweile genauso dem standort, sondern vor allen Dingen Le- sehr engagiert. Denn wer mit Kindern Freiheit, Integration und eine Gesell- Rotstift zum Opfer, wie schon vor Jah- bensstandort!‹« Steuerentlastungen für ier das Jugendzentrum und arbeitet, hat auch die Chance, die Welt schaft, die alle mitnimmt. Ich habe ren beispielweise Einrichtungen und Reiche und Superreiche, wachsende da die städtische Bühne; ein bisschen verändern zu können.« für mich auch erkannt, dass unsere Angebote der Jugendarbeit. Seit mitt- Armut bei Kindern und Jugendlichen, hier die Beratungsstelle Nach dem Studium blieb Schnei- Demokratie auch das Engagement in lerweile rund  Jahren haben wir einen Globalisierung, die Folgen der Agenda H für psychisch Kranke und der an der Westfälischen Wilhelms- Parteien braucht, dass man als Bürger schleichenden Rückzug des Staates aus : Schneider beschönigt die großen dort ein Ballett. Zu einer lebenswerten Universität Münster, promovierte und auch hier nicht abseits stehen bleiben, der Sozial- wie aus der Kulturpolitik, Probleme und Herausforderungen nicht, Kommune gehört einfach beides, eine war aktiv in der Münsteraner Gruppe sondern sich einbringen sollte. Ich will aus einer gelebten Solidarität zwischen vor die er und sein Verband sich heu- lebendige Kultur und eine soziale Inf- von »Künstler für den Frieden«. Seine mich daher neben meinem Beruf als reich und arm.« te und in den nächsten Jahren gestellt rastruktur. Wir wollen uns nicht mehr Entscheidung für den Paritätischen Hauptgeschäftsführer auch als Bürger Der Paritätische ist ein Verband von sehen. Aber in  Jahren als Hauptge- auseinander dividieren lassen.« Diese traf er, als ihm  sein Doktorvater Ulrich Schneider politisch stärker für über . rechtlich selbstständigen schäftsführer im Paritätischen hat er Worte aus dem Mund von Ulrich Schnei- Dieter Sengling, damals Vorsitzender eine Sozialpolitik engagieren, die alle Mitgliedsorganisationen. Wie geschlos- auch Vieles erlebt, das ihm Mut macht der zu hören, seit  Jahren Hauptge- des Paritätischen Wohlfahrtsverban- mitnimmt, die unsere Gesellschaft zu- sen der Paritätische gegen das steht, für die Zukunft: »Außerordentlich po- schäftsführer des Deutschen Paritä- des, eine Position als persönlicher und sammenführt, und die auch die Vertei- was als Freihandelsabkommen TTIP sitiv habe ich erlebt, dass der Wille der tischen Wohlfahrtsverbandes, wäre Grundsatzreferent anbot. »Ich hatte die lungsfrage wieder in den Mittelpunkt derzeit verhandelt wird, hat Schneider Menschen, ihr Vereinsleben, ihre Kom- vor einigen Jahren wohl noch schwer Chance, hier sozialpolitisch wirksam rückt. Natürlich muss ich sehr darauf überrascht. Viele Menschen im Verband munen, ihre Nachbarschaft gestalten zu vorstellbar gewesen. Dass Sozial- und zu werden und mich für eine lebendige achten, meine verschiedenen Rollen wollen off enbar nicht die vollständige wollen, ungebrochen ist. Die Vereine Kulturverbände heute an einem Strang Bürgergesellschaft einzusetzen. Dafür möglichst sauber zu trennen.« Ökonomisierung des Sozialen! Und ge- wachsen! Die Zahl der Menschen, die ziehen, ist ein der öff entlichen Sparwut steht der Paritätische wie kaum ein an- »Solidarpakt gegen die Schwachen: hen dafür auch im Zusammenhang mit sich engagieren, wächst! Das ist das und -not geschuldetes Novum. derer Verband: Die kleinen Vereine, das der Rückzug des Staates aus der Sozi- »CETA & TTIP stoppen« auf die Straße: Positive! Die Politik und das, was an In der Person von Ulrich Schneider Miteinander von ganz unterschiedli- alpolitik« heißt ein Buch Schneiders »Wir sind als Paritäter so gut wie nie auf bürgerschaftlichem Engagement läuft, sind Kultur- und Sozialarbeit dagegen chen Menschen, die Spannbreite reicht aus dem Jahr . Da könnte man die Straße gegangen, das war uns bis hat sich in den letzten  Jahren ausei- schon seit seiner Jugend engstens mit- dabei von akzeptierender Drogenarbeit heute noch ergänzen: Der Rückzug dahin völlig fremd. Was TTIP angeht, nanderentwickelt. « einander verknüpft. Bereits während bis hin zur Vereinigung für alkoholfreie aus der Kulturpolitik. »Die Kultur«, sagt da sind viele Menschen wirklich bereit, seiner Studienzeit als Erziehungswis- Kultur. Das fand ich unheimlich span- Schneider, »wurde ein bisschen länger auf die Straße zu gehen und zu sagen: Andreas Kolb ist Redakteur von senschaftler besserte sich Schneider nend.« geschont als das Soziale. Kultur fällt ›Deutschland ist nicht nur Wirtschafts- Politik & Kultur seinen Lebensunterhalt mit Musik auf. Damals hatte Schneiders Laufbahn Am liebsten mochte er klassischen im Deutschen Paritätischen Wohl- amerikanischen Folk: Jackson Brown, fahrtsverband, die ihn dann folgerich- James Taylor und Neil Young waren tig  auf den Posten des Hauptge- seine Helden. Der  in Oberhausen schäftsführers führte, ihren Anfang geborene Schneider wurde stark von der genommen. Schneider war in dieser Zeit Woodstock-Ära geprägt. Wie bei vielen unter anderem sozialwissenschaftli- aus der Nach--Generation waren es cher Referent, DDR-Beauftragter, Ge- nicht nur die Musik, sondern auch die schäftsführender Hauptreferent und Texte und das Lebensgefühl, die ihn zuletzt auch Geschäftsführer für die anzogen. Bereiche Grundsatzfragen, Gremien »Ursprünglich machte ich gar nicht und Kommunikation. Heute ist er das so viel Rock: Im wesentlichen Folkmu- »Gesicht« des Paritätischen, er publi- sik und unheimlich viel Gitarrenakro- ziert und vertritt die Positionen seines batik – Werner Lämmerhirt und Leo Verbands auch in Fernseh-Talkshows Kottke, in diese Richtung ging das.« wie beispielsweise Anne Will. Ende Den Lebensunterhalt mit Gitarre spie- Mai sorgte Schneider für Aufsehen, len zu bestreiten, war die eine Option. als auf dem Magdeburger Parteitag Es gab aber noch eine zweite Leiden- der Linken bekannt wurde, dass er – der schaft im Leben von Ulrich Schneider: noch nie Mitglied einer Partei war – in »Mein Herz galt neben der Musik immer die Partei eingetreten war. Nach den den Kindern – eine Verbandstätigkeit Gründen für seinen »späten Eintritt« hatte ich überhaupt nicht im Kopf.« gefragt, sagt Schneider: »Ich mache mir In Münster machte Schneider bei der Sorgen um Deutschland. Wir erleben Kinderschutzbund-Spielplatzbetreuung in Deutschland eine heftig erstarken- mit, arbeitete in sozialen Brennpunkt- de Rechte. Und es wäre für mich eine vierteln oder als Leiter eines Gemein- Horrorvorstellung, wenn wir irgend-

wesenprojektes mit Kindern von Sinti wann im Bundestag mit der AfD eine PRIVAT FOTO: und Roma. »Kinder erziehen, mit Kin- Partei solcher Größenordnung hätten, Rock gegen CETA und TTIP: Ulrich Schneider als Frontmann von DUDE bei einer Protestveranstaltung gegen die dern etwas machen, fand ich schon die gegen alles steht, wofür ich per- Freihandelsabkommen im Kesselhaus in Berlin am . Oktober 

Im Osten erfunden, im Osten vergessen?

Welche Rolle spielt die sowie der Geschäftsführer des Deut- sondern ökumenisch, europäisch und ligten Städten, vor allem in Wittenberg, er es für unabdingbar hält, dass Staat Reformation heute in den schen Kulturrates Olaf Zimmermann. politisch als Christusfest gefeiert wer- sehr ausgeprägt, wie Arne Lietz betonte. und Kirche die Zivilgesellschaft bei der Gleich zu Beginn stellte der Modera- den. Bischof Dröge sieht darin auch Die ganze Stadt bereite sich seit über  Ausrichtung der Jubiläumsfeierlichkei- säkularen Kernlanden der tor Hans Dieter Heimendahl, Deutsch- die Möglichkeit für beide Kirchen, sich Jahren intensiv darauf vor, wenngleich ten miteinbeziehen. Reformation? landradio Kultur, die zentrale Frage, auf das Gemeinsame zu besinnen und für viele überwiegend die geschichtliche Am Ende der Diskussion bleibt was denn heute, nach  Jahren, im gleichzeitig die immer noch sehr aus- Dimension im Vordergrund stehe. Na- festzustellen, dass die Erwartungen ANDREA WENGER deutschen Osten noch von der Refor- geprägten Unterschiede anzugehen. türlich ist auch der touristische Aspekt der verschiedenen Akteure an dieses mation übriggeblieben sei? Schnell Arne Lietz sieht die Chance, dass die der Feierlichkeiten nicht zu vernach- hochaufgehängte und lange geplan- m Jahr  jährt sich zum . wurde deutlich, dass Religion, oder Kirche wieder daran anknüpft, den lässigen – tausende Besucherinnen und te Jubiläum nicht gerade gering sind. Mal der Thesenanschlag Martin genauer gesagt Kirche und damit auch Menschen einen Raum für Diskurse Besucher werden anreisen. Die Podiumsgäste waren sich jedoch I Luthers an die Schlosskirche zu die Reformation, im Alltag der Men- zu bieten und sie dazu bringt, sich wie- Olaf Zimmermann brachte noch einig, dass das bevorstehende Refor- Wittenberg. Aber welche Relevanz hat schen in diesen stark säkularisierten der in verschiedenen Institutionen zu eine weitere Dimension der Refor- mationsjubiläum die Chance bietet, die die Reformation und ihr anstehen- Regionen Deutschlands keinen großen engagieren. mation, die kulturelle, zur Sprache. historische, religiöse und kulturelle des Jubiläum in ihren ursprünglichen Raum mehr einnimmt. Die Erwartungen und Hoff nungen an Er sei überzeugt, dass es sich bei der Dimension des Thesenanschlags und Kernlanden Sachsen, Thüringen und Für Regine Möbius ist klar, dass das Reformationsjubiläum sowie des- Reformation um keinen abgeschlosse- dessen Folgen wieder vermehrt in die Sachsen-Anhalt, die heute zu den stark diese Tatsache das traurige Erbe der sen Wirkung scheinen groß. Die damit nen geschichtlichen Umstand handle, Gesellschaft zu tragen. Inwiefern dies säkularisierten Regionen Deutschlands DDR sei.  Jahre DDR und die damit verbundenen Fragen, auf welche Art sondern um eine Bewegung, die Vieles gelingen wird, bleibt abzuwarten. Klar gehören? Um dieser Frage nachzugehen, verbundenen Repressalien gegenüber und Weise, von und mit wem die Jubilä- – von der deutschen Sprache angefan- ist jedenfalls, dass die Debatte darüber lud der Deutsche Kulturrat in Koope- Kirchenmitgliedern hätten zu einer umsfeierlichkeiten ausgerichtet werden gen über die Meinungsfreiheit, Indi- geführt werden muss. ration mit der Stiftung St. Matthäus Kirchenferne im großen Maßstab ge- und wen sie erreichen, dominierten die vidualität und Aufklärung bis hin zur Die Diskussionsrunde war der Auf- und der Evangelischen Kirche Berlin- führt. Bischof Dröge führte dazu aus, Diskussionsbeiträge des Abends. Nationenbildung – angestoßen oder takt einer vierteiligen Veranstaltungs- -schlesische Oberlausitz dass die evangelische Kirche eine Kraft Das Thema Reformation würde zwar verändert habe und bis heute wirke. reihe anlässlich des Reformationsjubi- zur Diskussionsrunde am . Juni  war, die mit dafür gesorgt hat, dass die immer wieder über die Reformationsde- Vor diesem Hintergrund sei es ihm läums unter dem Titel »Die Reformati- in die Berliner St. Matthäus-Kirche. Es Mauer fi el. Dieses gesellschaftlich rele- kade und die anstehenden Feierlichkei- wichtig, dass das Reformationsjubilä- on zwischen den katholischen Rhein- diskutierten der Landesbischof Mar- vante und aktive Christsein soll durch ten in die Gesellschaft getragen, aber es um nicht nur als historisches Ereignis landen und dem säkularen deutschen kus Dröge, der SPD-Abgeordnete des die Landeskirche in Berlin als Gastge- interessierten sich im Prinzip nur die- und auch nicht nur als Ereignis für die Osten – eine kulturelle Bestandsauf- Europäischen Parlaments für Sachsen- berin des Kirchentages und durch die jenigen, die sowieso kirchennah sind, Kirche und ihre Mitglieder, sondern als nahme«. Anhalt Arne Lietz, die Schriftstellerin Jubiläumsfeierlichkeiten  wieder berichtete Regine Möbius aus den Er- kulturelles Ereignis, das deutschland- und stellvertretende Vorsitzende des deutlich zur Sprache gebracht wer- fahrungen aus ihrer Heimatstadt Leip- und weltweit prägend war, gefeiert wird. Andrea Wenger ist Persönliche Verbandes deutscher Schriftstellerin- den. Das Jubiläum soll, laut evangeli- zig. Im Gegensatz dazu sei das Interesse Für ihn betreff e die Reformation alle Referentin des Geschäftsführers nen und Schriftsteller Regine Möbius scher Kirche, nicht als Luther-Festival, am anstehenden Jubiläum in den betei- gesellschaftlichen Akteure, weshalb des Deutschen Kulturrates 34 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Das wichtigste Erbe der Die andere Reformation Revolution der Der Umgang mit Anders- verjagen noch umgekehrt, ohne dass ja beides: das theatrale Erlebnis in das Gemeinwesen insgesamt in seiner seiner rauschhaften Wirkung und sei- gläubigen als Wurzel Existenz gefährdet worden wäre. ner emotionalen Überwältigungskraft Lutherzeit unserer Demokratie Dass es die Bürger von unabhän- mit der unbedingten Suche nach der Wie Copernicus ein neues astronomisches gigen Städten wie Biberach waren, Wahrheit im Wort – oder in diesem DIETMAR SCHWARZ die diese Gleichberechtigung mit Fall auch im Notentext. Diese quasi Weltbild schuf als erste durchsetzten, während sakrale Dimension der Oper haben m Zentrum meiner Heimatstadt die Fürsten wenige Jahre später im Komponisten wie Richard Wagner DIETER B. HERRMANN Copernicus das bahnbrechende Werk Biberach an der Riss steht ein Ge- Augsburger Religionsfrieden auf den genau erkannt und schamlos ausge- »De revolutionibus orbium coelestium« I bäude, das wie kaum ein anderes diktatorischen Grundsatz des »Cuius nutzt: Wer beispielsweise einmal die ährend die gegenwär- (»Über die Umschwünge der himmli- die zentrale gesellschaftliche Errun- regio, eius religio« zurückfi elen, er- karfreitäglichen Auff ührungen der tig entstehende Flut an schen Kreise«) mit einer umfangrei- genschaft der Reformation in Deutsch- füllt mich mit Stolz. Denn ich glaube, »Parsifal«-Inszenierung von  am Literatur zum Refor- chen Widmungsadresse an Papst Paul land verkörpert: die Stadtpfarrkirche dass genau hier die Wurzeln unserer Mannheimer Nationaltheater erlebt W mationsjubiläum den III (– ) und einem von Coper- St. Martin. Bereits  kamen die demokratischen Gesellschaft liegen hat, weiß, dass es sich hier um nichts vielfältigsten Aspekten der von Martin nicus nicht autorisierten Vorwort des protestantischen und katholischen und dass unsere Überzeugung von To- anderes als einen kaum verkappten Luther ( – ) eingeleiteten Re- Theologen und Reformators Andreas Bürger der damaligen Freien Reichs- leranz gegenüber Andersgläubigen Gottesdienst handelt. formation tiefgründig nachgeht, wird Osiander (–). Die Kernaussage stadt überein, diese größte und be- und Akzeptanz von Anderslebenden Und wenn man so will, steht ein seltsamerweise eine andere Revolution dieses zusätzlichen Vorwortes bestand deutendste Kirche ihrer Stadt künftig wesentlich durch diese Erfahrung des Opernhaus wie die Deutsche Oper so gut wie völlig ausgeblendet. Sie ist darin, dass es sich bei dem heliozent- gemeinsam und paritätisch zu nutzen. Miteinander-Umgehen-Müssens vor- Berlin heute in der direkten Nachfolge von ebenso zentraler Bedeutung und rischen Weltsystem lediglich um eine Damit begründeten sie eine friedliche geprägt wurde, zu der unsere Vorfah- der Simultankirchen, so der korrekte die Persönlichkeit, von der wir sprechen, Hypothese handele. Vermutlich wollte Koexistenz beider Konfessionen, die ren durch die Reformation gezwungen Terminus, der Reforma- hat fast zeitgleich mit Luther Osiander auf diese Weise den Einwän- auch heute noch die Nutzung dieses waren. tionszeit: Einerseits, weil gelebt: Nicolaus Copernicus den kirchlicher Kreise unter anderen Gotteshauses prägt. Um zu begreifen, Dieses Miteinander-Umgehen- die Menschen genau mit (–). auch Melanchthons zuvorkommen, die wie revolutionär diese Übereinkunft Müssen zieht zwangsläufi g auch die den gleichen Fragen zu An den Universitäten aus der bekannten Bibelstelle Josua , war, muss man sich nur die Geschich- Neugier auf die »Anderen«, ihre Kulte uns kommen, die sie auch jener Zeit wurde durchweg -, wo Josua die Sonne stillstehen te des abendländischen Christentums und Lebensformen, nach sich – und an die großen Religionen das geozentrische Weltbild hieß, ableiteten, dass sie sich zuvor in den ersten tausend Jahren seiner damit auch die Auseinandersetzung stellen. Aber auch, weil auf gelehrt, nachdem die Erde bewegt haben müsse. Existenz als Staatsreligion vor Augen mit der eigenen Lebensform und den der Bühne jeden Abend im Zentrum des Universums Die Rezeption des Werkes von führen: Gnadenlos hatte die Kirche anerzogenen Verhaltensmustern. Ich andere gesellschaftliche steht. Klaudios Ptomelaios Copernicus ist abenteuerlich. Von bis dahin alle anderen Religionen in selbst erinnere mich noch gut an die Utopien und Heilswege zur (–) hatte dieses System einer allgemeinen Akzeptanz konnte den von ihr beherrschten Gebieten Faszination, die der Protestantismus Diskussion stehen: Von der Mit dieser Kolumne detailliert mathematisch zunächst keine Rede sein, zumal na- eliminiert und auch die Anhänger auf mich als Jugendlichen ausübte, tiefen Resignation ange- begleiten wir das durchgearbeitet und in sei- turwissenschaftliche Beweise fehlten. abweichender Heilsvorstellungen obwohl – oder vielleicht gerade weil sichts der menschlichen Reformationsjubiläum. nem »Almagest« dargestellt. Doch zwei überzeugte Anhänger des innerhalb des Christentums von den – ich in einem streng katholischen Natur bei Verdi über die Fei- Mithilfe von komplizierten Systems trieben die Entwicklung voran: Katharern bis zu den Hussiten mit Elternhaus erzogen worden war und er des Menschseins mit allen Stärken kinematischen Konstruktionen war es Johannes Kepler (–) und Gali- Feuer und Schwert verfolgt. Doch es noch für meine Mutter undenkbar und Schwächen bei Mozart bis hin zu ihm gelungen, die beobachteten Bewe- leo Galilei (–). Besonders Gali- mit der Reformation war das plötzlich gewesen wäre, einen Protestanten zu dem Glauben an die Möglichkeit einer gungen der Planeten so wiederzugeben, lei geriet über das Weltsystem in einen nicht mehr möglich: Die Menschen heiraten. Fasziniert war ich vor al- besseren Gesellschaft bei Wagner. Und dass sogar Vorhersagen der Planeten- scharfen Konfl ikt mit der katholischen sahen sich gezwungen, zu akzeptieren, lem von der intellektuellen Ausein- ebenso wie die verschiedenen Konfes- stellungen über mehrere Jahrzehnte Kirche, die das Werk des Copernicus dass es in ihrer Stadt und ihrem Staat andersetzung, die bei den Protes- sionen in der Stadtpfarrkirche St. Mar- möglich waren. Doch inzwischen hatten  auf den Index der verbotenen Gemeinschaften gab, die andere Vor- tanten geführt wurde, während bei tin zu Biberach haben auch all diese sich Zweifel an diesem System erge- Bücher gesetzt hatte. In einem Inqui- stellungen von einem gottgefälligen den Katholiken für mich damals eher Sichtweisen auf das Leben bei uns ih- ben. Kleinere Fehler waren über die sitionsprozess wurde Galilei gezwun- Leben hatten. Und sie sahen sich vor der prachtvolle Ritus als theatral- ren Platz. Denn darin liegen der wahre lange Zeit zu größeren angewachsen gen, seiner Überzeugung pro Coper- allem gezwungen, diesen Menschen spirituelles Erlebnis im Vordergrund Reichtum unserer Gesellschaft und das und ließen Korrekturen wünschens- nicus abzuschwören und verbrachte die gleichen Rechte zuzubilligen wie stand. Und es ist insofern wohl nur wichtigste Erbe der Reformation. wert erscheinen. Alfons X von Kasti- anschließend den Rest seines Lebens ihren eigenen Konfessionsgenossen. folgerichtig gewesen, dass es mich lien ( – ) veranlasste deshalb unter Hausarrest. Luther, so liest man Denn weder konnten die Protestan- später berufl ich zur Oper hingezogen Dietmar Schwarz ist Intendant der eine Revision des Systems. Nun wurden immer wieder, soll ebenfalls ein Gegner ten die Katholiken aus den Städten hat. Denn das Musiktheater vereint Deutschen Oper Berlin aber noch mehr Hilfskreise benötigt, des Systems gewesen sein. Doch sein was er mit den Worten kommentierte: Ausspruch »Dieser Narr (gemeint ist »Wenn mich Gott bei der Erschaff ung Copernicus) will die ganz Kunst Astro- der Welt um Rat gefragt hätte, ich hätte nomiae umkehren« ist wahrscheinlich ihm größere Einfachheit anempfohlen«. niemals gefallen. Die Veröff entlichung Auch Copernicus hörte bei seinen in den »Tischreden« () ist nicht be- ausgedehnten Studien des Kirchen- legt und in der gesamten -bändigen rechts und der Medizin in Krakau, Bo- Luther-Werkausgabe kommt der Name logna und Padua von den Ungereimt- Copernicus nicht vor. Wahrscheinlicher heiten des alten Systems. Obwohl mit ist es, dass Luther sich kaum für diese

— — Aufgaben im Dienste der Kirche als »andere Revolution« interessiert hat, Domherr von Frombork (Frauenburg) Dossier »Reformationsjubiläum Nr. 1« Dossier »Reformationsjubiläum Nr. 1« überhäuft, entschloss er sich zu einem radikalen Schritt und entwarf ein Sys- rtin Martin Martin tem, bei dem die Sonne im Zentrum der Welt steht und sich die Erde, wie auch Martin Luther und die anderen Planeten, um die Sonne Copernicus waren sich bewegen. Zunächst legte er seine Ge- in der Ablehnung uther Luther Luth danken in einem handschriftlichen »Kleinen Kommentar« (»Commen- der Astrologie einig tariolus«) nieder, der etwa ab  in rstar Superstar Supersta einschlägigen Kreisen zirkulierte. Die detaillierte Ausarbeitung seiner Idee nahm noch Jahrzehnte in Anspruch. die zudem erst drei Jahre vor seinem 500 Jahre 500 Jahre 500 Doch zu einer Veröff entlichung konn- Tod vollständig veröff entlicht wurde. Reformation Reformation Reform te sich Copernicus nicht entschlie- Erst im . Jahrhundert wurde Luther ßen, da er sein Werk noch immer für zum »Anti-Copernicaner« hochstili- q q q unvollendet hielt. Da betrat Joachim siert, um im Kulturkampf Bismarcks Rheticus (–) die Szene, ein mit der katholischen Kirche deren ne- Jetzt bestellen Mathematiker aus Wittenberg, der im gative Rolle zu relativieren. In einem www.kulturrat- engsten Umfeld von Philipp Melanch- waren sich Luther und Copernicus al- shop.de thon (–) und Martin Luther lerdings einig: in der Ablehnung der wirkte. Er begeisterte sich für die neue Astrologie. Während Melanchthon Vor- Schon reformiert? Sicht auf den Kosmos, reiste für zwei lesungen darüber hielt, war Luther der Jahre zu Copernicus nach Frombork Meinung, nicht die Gestirne, sondern und verfasste eine Zusammenfassung ihr Schöpfer bestimme die Geschicke der heliozentrischen Ideen, die er unter der Menschen. Am . Oktober  jährt sich die Reformation zum . Mal. Das ist Anlass genug für den Deutschen Kulturrat dem Titel »Narratio Prima« (» Erster »Martin Luther Superstar« ein erstes Dossier zu widmen. Die Themen sind: Reformation und Staat – eine Spurensuche; Bericht«)  veröffentlichte. Das Dieter B. Herrmann war von  bis Kultur in der Reformationsdekade; Förderprogramm Reformationsjubiläum; Protestantische Bildkritik; Das Christen- große Interesse, auf das diese kleine  Direktor der Archenhold-Stern- tum ist keine Bilderbuchreligion; Angewandte Reformation; Was rettet das Abendland? und vieles andere mehr. Schrift in Fachkreisen stieß, stimm- warte Berlin-Treptow und  auch te nun auch Copernicus um und er Gründungsdirektor des Zeiss-Groß- ISBN: ----,  Seiten, € , erklärte sich mit der Drucklegung planetariums Berlin sowie Honorarpro- seines Werkes einverstanden. So er- fessor an der Humboldt-Universität zu schien schließlich im Todesjahr von Berlin Politik & Kultur | Nr. /  | Juli — August  REAKTIONEN 35

Wir Künstler sind oft politikunfähig – weil kompromissunfähig Sollten Künstler sich für den Wahlkampf hergeben? Ein Gespräch zwischen dem Schauspieler Heinrich Schafmeister und dem Herausgeber von Politik & Kultur, Olaf Zimmermann, zur Rolle von bekannten Künstlern in der Politik

»Politiker aller Parteien lieben die angehen, zu sagen, ich meine, ich Künstler. Nicht alle, besonders nicht muss von rechts auf die Bühne kom- die Unbekannten. Sie lieben bekannte men, der andere sagt, nein, Du musst Schauspieler, Musiker und Schriftstel- von links kommen, dann machen ler. Gerne werden diese Künstler ein- wir einen Kompromiss, ich komme geladen und ihre Meinung zu diesem von der Mitte. Wer so Kunst macht, und jenem politischen Problem erbe- dessen Kunst kann man sofort in die ten. Künstler lieben Politiker, denn sie Tonne kloppen. Und das vollkommen lassen sich gerne einladen, sie freuen zu Recht. Das ist uns in die Wiege ge- sich, wenn ihre Einschätzungen auch legt. Leider werden wir immer wieder außerhalb ihrer Profession gefragt zu solchen billigen Kompromissen sind«, so kritisierte Olaf Zimmermann gezwungen, weil das Geld fehlt. Das im Editorial der letzten Ausgabe von macht Kompromisse bei uns nicht Politik & Kultur unter dem Titel »Hof- beliebter. Aber in der Politik sind narr« bekannte Künstler für ihre Bereit- Kompromisse goldrichtig, ja mehr schaft, der Politik ihre Nähe zu geben, noch: Kompromisse sind die absolute ohne adäquate Gegenleistungen von Voraussetzung für erfolgreiche Politik. ihr dafür zu verlangen. Heinrich Schaf- Wir Künstler sind oft politikunfähig – meister sprach mit Olaf Zimmermann weil kompromissunfähig. Wir tun uns über diese Kritik. schwer, Kompromisse, wenn sie sich anbieten, auch zu ergreifen, um dann Heinrich Schafmeister: Ich fi nde, beim nächsten Mal Schritt für Schritt Deine Provokation ist mindestens er- weiterzugehen. Dieses Einmaleins po- laubt. Weil mich die gleiche Sorge ab- litischen Denkens ist auch bei vielen solut umtreibt, gerade in letzter Zeit. Künstlerverbänden höchst unterent- wickelt. Je kleiner und ohnmächtiger Olaf Zimmermann: Ihr werdet sie sind, desto fundamentalistischer gemocht und Ihr werdet geliebt. geben sie sich manchmal – vielleicht, Die Kanzlerin war bei der Veran- weil sie insgeheim spüren, dass sie staltung der CDU/CSU-Bundes- ohnehin nicht gehört werden. tagsfraktion Ende Juni unter der Kuppel des Reichstages in Berlin Ist das auch der Grund, warum es geradezu überzuckert von Euch so schwierig ist, gerade bekannte und auch von Dir. Ihr müsstet ja Künstler, die auch wirklich im alles von ihr bekommen können? künstlerischen Schaff ensprozess stehen, auch für die Spitze von Dachdecker werden nicht sofort vor- Verbänden zu bekommen. Das ist

gelassen bei der Kanzlerin. Und ich ja bei euch eine Ausnahme. BRÜHEIM THERESA FOTO: bin absolut Deiner Meinung: Wir ha- Olaf Zimmermann und Heinrich Schafmeister im Streitgespräch ben die Chance, gehört zu werden, da- Auch wir haben da Probleme. Wir rum tragen wir eine Verantwortung! haben zum Beispiel in unserem Vor- Doch das politische Bewusstsein ist stand nur eine Frau. Geschlechterge- Besten bringen: »Sire, geben Sie erhöhen, wenn es ein zielgerich- Preisveranstaltungen latschen. Ich gerade unter Künstlern oftmals naiv rechtigkeit ist natürlich bei uns ein Gedankenfreiheit!«. Wir glauben an tetes Einsetzen von Prominenten fi nde es schon fast obszön, was in der bis pubertär. Siehst Du, jetzt werde Thema. Das würden wir gerne auch die Kraft solcher Worte und möch- im Bereich des Wahlkampfes gäbe. Kultur überall gefeiert wird, obwohl ich noch böser als Du mit Deinen mit der Vorstandsbesetzung deutlich ten am liebsten mal schnell die Welt Die Parteien wollen euch. Ohne die Bedingungen für die meisten »Hofnarren«. Wir kennen uns mit den machen. Aber die bisher erfolgreiche retten. Das ist sympathisch und naiv euch werden die Wahlveranstal- Kulturschaff enden immer prekärer Spielregeln der Demokratie nicht Arbeit fortzusetzen, hat absoluten zugleich. Wir sollten bei solchen po- tungen noch langweiliger als sie werden. Auch unser Deutscher Schau- richtig aus, wie Willensbildung zu- Vorrang. Nicht unbedingt alle Frauen litischen Begegnungen uns wirklich möglicherweise sowieso schon sind. spielerpreis wird hier und da miss- standekommt in einer pluralistischen oder Männer, die »hier« rufen, wären auf das Naheliegende, Machbare, auf Siehst Du eine Möglichkeit, dass verstanden. Wir haben ihn nicht ge- Gesellschaft. Wir meinen häufi g, in- eine Bereicherung für die Arbeit bzw. die für uns wichtigen konkreten Ziele man gemeinsam über diese Ziel- schaff en, weil es davon zu wenig gäbe. dem wir Kunst machen, machen wir Zusammensetzung des Vorstands. konzentrieren. Weniger global und festsetzung spricht und sagt, »egal, Wir sehen ihn als Mittel. Wir wollen schon genug Politik. Wir verkennen, Sprechen wir umgekehrt die an, die pathetisch, lieber banal, aber auf den was auch immer, es muss nachher den Roten Teppich nutzen, wir wollen wie wichtig Rahmenbedingungen ahnen, wie aufreibend zäh die eh- Punkt. unterm Strich auch etwas heraus- den Glamour politisch einsetzen. Wir sind, Tarifverträge, Filmfördergesetze, renamtliche Vorstandsarbeit sein kommen. Wir werden nicht einfach versuchen, alles reinzubringen: Ur- Satzungen, überhaupt dieses ganze kann, wie groß die Verantwortung ist, Aber ist das nicht spannend, wenn nur den schönen Schein und den heberrecht, TTIP, betriebliche Alters- dröge Paragraphengedöns – und da- welche Konfl ikte es auszuhalten gilt, wir da noch einmal unter die schönen Rahmen schaff en«. vorsorge … Und trotzdem, manche bei unterschätzen wir, welchen nach- wie unbeliebt man sich machen muss; Kuppel schauen bei der CDU/CSU- unserer eigenen Klientel glauben, der haltigen Einfl uss das alles auf unsere fragen wir die mit den passenden Fraktion, da hat eine Kollegin von Versuchen müssen wir es; denn wir eigentliche Sinn des Bundesverbands Kunst, auf unser Leben hat. Und dann Eigenschaften, Fähigkeiten und Diszi- dir gesagt: »Ich ziehe meinen Hut sind es leid. Aber ich bin ein bisschen Schauspiel bestehe darin, den Preis schämen wir uns auch noch häufi g, plinen sich einzugliedern, dann holen vor der Bundeskanzlerin wegen skeptisch, ob alle von uns das durch- zu organisieren, damit wir toll abfei- selbstbewusst bessere Berufsbedin- wir uns meistens einen Korb – zumal der Flüchtlingskrise«. Du hast sehr halten. Ich erinnere mich an eine ern können. Aber der Preis ist kein gungen für uns zu fordern. Nämlich es sich um prominente Gesichter dezidierte Forderungen aufgestellt. Politikerbegegnung, wo wir das kon- Selbstzweck. Er soll uns eine Bühne für die, die Kultur schaff en. Denn wer handelt. Aber wir bleiben dran. In den Medien las man nur »Ich sequent getan haben, wo wir Schau- bieten, unsere Prominenz, unseren sich für Kultur einsetzen will, muss ziehe meinen Hut vor der Bundes- spieler im Kreis vieler anderer Künst- Charme strategisch einzusetzen – für sich für die einsetzen, die Kultur ma- Gehen wir nochmal zurück zu den kanzlerin«. Habt ihr Euch nicht ler dem damaligen SPD-Parteichef, bessere Rahmenbedingungen, die chen. Da führt kein Weg daran vorbei. politischen Ritualen. Mindestens selbst euer Thema kaputtgemacht? Müntefering, ziemlich auf die Nerven letztlich auch denen von uns weiter- alle vier Jahre steigen die bekann- Wir gehen ja jetzt mit großen gegangen sind mit der penetranten helfen, die von Hartz IV leben und Aber gehen wir doch einen Schritt ten Künstler in der Achtung der Schritten auf die Bundestagswahl Frage, warum wir uns wahlkampf- sich den Besuch des Schauspieler- zurück, bevor wir dann zu dem Parteien, nämlich dann, wenn wir zu, in einem halben Jahr haben wir mäßig für die SPD einsetzen sollen, preises gar nicht leisten können. Thema der öff entlichen Präsenz vor einer Bundestagswahl stehen. den Wahlkampf ... wenn die SPD sich nicht ein bisschen von bekannten Schauspielern Alle Parteien schmücken sich dann für uns Schauspielleute einsetzen will, Ich fi nde es wichtig, dass wir über kommen. Der Bundesverband mit Künstlern, es gibt Unterstüt- Bei der Kanzlerin immerhin sind un- z. B. für unseren gerechten Anspruch etwas reden, über das bisher nie Schauspiel, in dem Du im Vor- zergruppen, es gibt Veranstaltun- sere Forderungen angekommen. Aber auf Arbeitslosengeld. Nachher em- geredet wurde. Und zwar über den stand mitarbeitest, ist die abso- gen, wo die Künstler auftreten, Du hast schon Recht. Darum haben pörten sich andere geladene Künstler strategischen Einsatz prominenter lute Ausnahme der letzten Jahre. und die Künstler machen das, wir angefangen, der Politik zu signa- und kamen mit dem Vorwurf: »Wie Künstler im Kulturbereich. Das ist Eine erfolgreiche Neugründung fi nde ich, erstaunlich bereitwillig, lisieren, dass wir uns diesem »Ver- könnt ihr der hohen Politik mit die- eigentlich unser ganz großes Plus einer Künstlergewerkschaft. Wir obwohl sie nach der Bundestags- einnahmungsdingsda« demnächst sen schnöden Forderungen kommen? im Gegensatz zu anderen Berei- haben ja, wenn wir ehrlich sind, wahl regelmäßig wieder vergessen verweigern werden. Wir müssen uns Ihr macht ja nur Lobbypolitik, aber wo chen. Wenn wir darüber eine De- seit vielen Jahren das umgedrehte werden und zwar ganz unabhängig verweigern oder unsere Teilnahme an ist denn das große Ganze?« Nur, das batte führen würden wäre das doch Verhältnis, das heißt die Künst- davon, welche Partei sie vorher Forderungen koppeln. Wir müssen sa- große Ganze gibt es nicht, es gibt nur nicht unanständig? lerverbände, mit ganz wenigen eingeladen hatte. gen »Wir kommen, aber dann wollen kleine Schritte, die zu etwas Großem Ausnahmen abgesehen, werden wir auch mal hören, was ihr jetzt kon- führen. Lobbypolitik ist überhaupt Ich behaupte sogar, dass es das einzig schwächer. Die Verwerterverbände Ja, so sind wir. Gerade noch standen kret zu unseren Belangen sagt, und nichts Verwerfl iches. Immerhin, Herr anständige ist! werden stärker. wir mit Schillers Worten »Sire, geben bitte kein allgemeines Geschwafel, Müntefering ließ sich damals von un- Sie Gedankenfreiheit« auf der Bühne sondern ihr müsst euch bekennen«. serer Spaßbremse beeindrucken und Heinrich Schafmeister ist Schauspieler Wir Künstler haben berufsbedingt ein und dann rufen uns Sigmar Gabriel sorgte für einen politischen Durch- und Schatzmeister beim Bundesver- gestörtes Verhältnis zum Kompro- oder und wir denken, Das fi nde ich spannend, denn das bruch in der Arbeitslosengeld-Frage. band Schauspiel (BFFS). Olaf Zimmer- miss. Als Künstler dürfen wir keine wunderbar, das können wir doch auf würde ja das politische Druckpo- Wir sollten auch nicht so gedanken- mann ist Herausgeber von Politik Kompromisse machen. Es kann nicht der politischen Bühne nochmal zum tenzial des Kulturbereichs wirklich los zu all den Events, Festivals und & Kultur 36 DAS LETZTE www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss Wie ich einmal der Kultur im Verhältnis zum Sport eine angemessene Medienpräsenz verschaff en wollte

THEO GEIẞLER dank mangelnder Proben – kein Do- näle ließe sich beispielsweise das Ge- für derartige Landschafts-Schändung ren immer noch keine Antwort erhielt, ping nachgewiesen. Im Unterschied rücht streuen, Deutschland hätte sein schüfe viel Platz für spannende The- begann ich zu resignieren – und legte Der abgeschmackte Satz »Kultur- und zu seinem Mannschaftskollegen Udo Weltmeisterschafts-Sommermärchen ater-Live-Übertragungen, Museums- meine feinen Pläne ad acta. Bildungspolitik seien nicht sexy« wurmt Lindenberg vom Team Telekom, dessen schnöde gekauft. Schwere Schatten Portraits, Konzert-Mitschnitte. Erst vor zwei, drei Jahren wurde ich mich schon seit seiner Erfi ndung: Führt Aufputsch-Mix aus Koks und Likör sich über Zwanziger, Niersbach und den Hoff nung schaff t zusätzlich die Aus- wieder hellwach: Auf unerklärliche er doch dazu, dass die Medien eine not- tragisch leistungsmindernd auswirkte Steuerfl üchtling Beckenbauer. Neben- sicht auf olympische Winterspiele im Weise hat sich irgendeine Institution wendige und intelligente Beschäftigung und vorübergehend zur Blockade seiner bei könnte man noch des bayerischen russischen Sotschi. Dass Freund Putin meiner Vorschläge bemächtigt und – in mit künstlerischen und pädagogischen mentalen Gangschaltung führte. Volkes Liebling Uli Hoeneß anrempeln dort alles mit rechten Dingen zugehen leichten Variationen – konsequent um- Phänomenen in unserer Gesellschaft Fast alle anderen strampelnden Pro- und ihm ein schwarzes Konto in der lassen wird, glauben ja nicht mal Ere- gesetzt. Sauer macht mich, dass ich um vorwiegend in kleinen Sparten-Ka- fi -Favoriten erwiesen sich als radelnde Schweiz andichten. Dann ein Schlag miten. Das wird ein Fest der Chemie verdientes Honorar gebracht worden nälen oder den Stunden nach Mitter- Apotheken. Und erstmals verbannten gegen die gesamte FIFA: Auf Betreiben und der Blutpanscherei – mit ein biss- bin. Traurig hingegen, dass meine tolle nacht verbuddeln. Wie soll da – bitte die quotenaffi nen öff entlich-rechtli- Chinas (und natürlich gegen Zahlung chen Kleingeld und einem Lift in die Konzeption, was Sendeplätze für Kunst – Hirn, Herz und Rückgrat unserer zu chen Intendanten ein Premium-Sport- einiger Milliönchen an den Chef-Ma- USA lassen sich die Moskauer Doping- und Kultur betriff t, off ensichtlich völlig neronischer Dekadenz und asozialer Event aus ihren Kanälen. Da müsste nipulator Sepp Blatter) fände die WM Prüfer ganz bestimmt zu vielstimmigen in die Hosen ging. Je brutaler gedopt, Marktwirtschaft verkommenden Möch- doch jetzt Platz sein für avantgar-  auf  Meter Höhe in Tibet statt. Whistle-Blowern umdrehen. Und wenn korrumpiert und Naturvernichtung tegern-Demokratie sich angemessen distisches Kulturgeschehen, für Bil- Tödliche Gerüchte für den Rasensport dann  die Sommerspiele im brasili- betrieben wird, umso mehr Raum be- im Bewusstsein unserer Bevölkerung dungsfernsehen – dachte ich mir, und – und angesichts der absurden Gehäl- anischen Mückensumpf versacken, sich kommt die Sportberichterstattung. Wo verfestigen. schickte Konzepte, Petitionen, ganze ter und Ablösesummen für Spieler und die Polyester-Rümpfe der Rennsegler ist mein Denkfehler? Jedweder Sport hingegen erhält Sendemanuskripte in die Funkhäuser. Trainer absolut glaubwürdig. dank übersäuertem, jauchigem Meer- breitesten Raum in den Prime-Time- Pustekuchen. Null Reaktion. Statt- Mein nächstes Aufklärungsgebiet: wasser in Plastik-Matsche verwandeln Slots unserer sogenannten Anstalten dessen: Mehr Fußball, mehr Handball, Die Zerstörung unserer natürlichen ist eines sicher: Sendefähig ist das nicht. des öff entlichen Rechtes, vom kosten- mehr Formel  – und so weiter. Heim- Bergwelt durch Schneekanonen, rasen- Heiteren Gemütes und voller Energie pfl ichtigen oder sonstigen privaten tückisch wie ich nunmal bin, braute de Pistensäue, bunkerähnliche Schan- ging ich auf Partnersuche für mein lo- Gladiatoren-Abschlachten privater sich in meinen vorderen, eigentlich der zentürme inmitten schützenswerter benswertes Unterfangen: Bei den Grü- Sensations-Bild-Schleudern mal ganz Empathie zugewiesenen Hirnlappen Flora und Fauna, trampelnde Fans auf nen scheiterte ich erst im Ortsverband abzusehen. Da begab es sich vor eini- ein fi eser Plan zusammen: Was, wenn empfi ndlichen Almwiesen, einfältige (begeisterte Fußball-Fans) und dann ger Zeit, dass mit der »Tour de France« es mir gelänge, die anderen Profi- Bob- und Schlittenbahnen, tumbes auch in der Parteizentrale (Lieblings- ein wochenlanger Glotzenfüller übel Sportarten ähnlich zu diskreditieren? Biathlon-Geböller: Ein gefundenes sport: Skifahren). Also auf zu meinem in Verruf geriet. Da half es auch nichts, Gedacht – getan. Fressen für die schläfrig gewordene genuinen Partner, dem Deutschen dass der abgehalfterte Kanzlerkandi- Für den Publikums-Massenmagne- Wahlkampf-Truppe der Grünen. Ab Kulturrat, seinerzeit noch in Berlins dat sich teils medi- ten Fußball drängte sich mir regionale und zu ein kräftiger Lawinen-Abgang, Chausseestraße. Dort hörte man mir enwirksam den Hintern auf knallhar- und globale Korruption als geeignetes eine mächtige Mure – (mit wenig Sem- geduldig zu und versprach mir, mein ten Rennrad-Sätteln wundscheuerte: Mittel der Wahl auf. Über ebenso fi ns- tex zu generieren) – und alle merken: Projekt in den zuständigen Gremien Theo Geißler ist Herausgeber von Zumindest ihm wurde – vermutlich tere wie zuverlässige Informationska- Die Natur wehrt sich. Ein Sende-Verbot zu diskutieren. Als ich nach zwei Jah- Politik & Kultur

MÖHRENSALAT  DIE P&KNACHRICHTEN

München: Zu tiefen Frauenverstehern bildeten sich lange Schlangen. Sie führ- haben sich der Schriftsteller Hans Mag- ten aufgrund der Gewichtsbelastung zur nus Enzensberger und der langjährige Absenkung des Neubaus um gut sieben Hanser-Verlagschef, jetzt Präsident Meter. Mit einer Eröff nung ist jetzt  der Bayerischen Akademie der Küns- zu rechnen. Bereits gekaufte Karten be- te, Michael Krüger, entwickelt. Nach halten ihre Gültigkeit. der erstinstanzlichen Verurteilung des Pianisten, langjährigen Rektors der Hermannstadt: Sie sind das beste Bei- Münchner Musikhochschule und soeben spiel für deutsch-rumänische Freund- ausgeschiedenen Präsidenten des Salz- schaft, berichtet die »Bild-Zeitung«: burger Mozarteums Siegfried Mauser Bundespräsident Joachim Gauck () (ebenfalls Akademiemitglied) wegen und Peter Maffay (). Gauck hatte sexueller Übergriff e beteiligten sie sich den Knödelbarden zu seinem dreitä- an einer Leserbriefkampagne in der gigen Staatsbesuch in Rumänien ein- Süddeutschen Zeitung. Krüger betrieb geladen – und die beiden verstanden kräftige Urteilsschelte. Enzensberger sich prächtig. Immer wieder stellte nannte »enttäuschte Frauen« Tretminen. Gauck seinen Gesprächspartnern, wie Ihre Erkenntnisse und Argumente sollen Rumäniens Präsident Klaus Johannis sie sich bei einem Abendseminar in der (), Maff ay vor, nahm ihn nicht nur für Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof Fotos freundschaftlich in den Arm. Un- verschaff t haben. ter anderem besuchte die Delegation ein deutschsprachiges Gymnasium in Hamburg: Endlich sollte der Einzelkar- Hermannstadt. Gauck wollte von den tenverkauf für die Hamburger Elbphil- Schülern wissen: »Träumt ihr auf ru- harmonie beginnen. Der Ansturm auf die mänisch oder auf deutsch?« Antwort: Tickets war so groß, dass schon vor dem »Auf amerikanisch«. Am Ende seiner offi ziellen Beginn die Website der Elb- Amtszeit will Gauck einige Wochen in philharmonie nicht mehr aufrufbar war. das grüne »Tabaluga«-Kostüm steigen

KARIKATUR: KLAUS STUTTMANN KLAUS KARIKATUR: Zahllose Zuhörer versuchten auf dem und den Drachen geben. »Da kann ich klassischen Weg an Karten zu kommen. dann endlich mal rumtoben« – so der An den Vorverkaufsstellen in Hamburg ansonsten eher graumäusige Präsident.

IMPRESSUM

Politik & Kultur – REDAKTIONSASSISTENZ LAYOUT UND SATZ VERKAUFSSTELLEN HINWEISE Zeitung des Deutschen Kulturrates Seda Gül Inan, Merve Kilinc, Jana Prigge Petra Pfaff enheuser Politik & Kultur ist im Abonnement, in Der Deutsche Kulturrat setzt sich für c/o Deutscher Kulturrat e.V. ConBrio Verlagsgesellschaft mbH Bahnhofsbuchhandlungen, großen Kiosken Kunst-, Publikations- und Informations- Mohrenstraße  ANZEIGENREDAKTION sowie an Flughäfen erhältlich. Alle Ausgaben freiheit ein. Offi zielle Stellungnahmen  Berlin Martina Wagner www.conbrio.de können unter www.politikundkultur.net des Deutschen Kulturrates sind als solche Telefon:  .    Telefon:  .  - auch als PDF geladen werden. Ebenso kann gekennzeichnet. Alle anderen Texte geben Fax:  .    Fax: .-- Politik & Kultur erscheint der Newsletter des Deutschen Kulturrates nicht unbedingt die Meinung des Deutschen www.politikundkultur.net [email protected]  mal im Jahr. (- mal pro Woche) unter www.kulturrat.de Kulturrates e.V. wieder. Aus Gründen der [email protected] abonniert werden. besseren Lesbarkeit wird manchmal auf VERLAG ABONNEMENT die zusätzliche Benennung der weiblichen HERAUSGEBER ConBrio Verlagsgesellschaft mbH  Euro pro Jahr (inkl. Zustellung HAFTUNG Form verzichtet. Wir möchten deshalb Olaf Zimmermann und Brunnstraße ,  Regensburg im Inland) Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte darauf hinweisen, dass die ausschließliche Theo Geißler www.conbrio.de und Fotos übernehmen wir keine Haftung. Verwendung der männlichen Form expli- BESTELLMÖGLICHKEIT Alle veröff entlichten Beiträge sind urheber- zit als geschlechtsunabhängig verstanden REDAKTION DRUCK Politik & Kultur rechtlich geschützt. Politik & Kultur bemüht werden soll. Olaf Zimmermann (Chefredakteur v.i.S.d.P), Freiburger Druck GmbH & Co. KG Mohrenstraße  sich intensiv um die Nennung der Bildautoren. Gabriele Schulz (Stv. Chefredakteurin), www.freiburger-druck.de  Berlin Nicht immer gelingt es uns, diese ausfi ndig zu FÖRDERUNG Theresa Brüheim (Chefi n vom Dienst), Tel.:  .    machen. Wir freuen uns über jeden Hinweis Gefördert aus Mitteln Der Beauftragten Andreas Kolb, Carolin Ries, Tim Schneider, GESTALTUNGSKONZEPT Fax:  .    und werden nicht aufgeführte Bildautoren in der Bundesregierung für Kultur und Medien Andrea Wenger Ilja Wanka und S Design [email protected] der jeweils nächsten Ausgabe nennen. auf Beschluss des Deutschen Bundestages.