ie Erforschung der Oberfläche des DMondes blieb lange Zeit Astronomen Von den -Landungen mit lichtstarken Teleskopen vorbehalten (Abb. 1). Die Apollo-Missionen haben den bis heute Begleiter der Erde den Geowissenschaften erschlossen und damit ganz entscheidend Was wir über die Mondoberfläche gelernt haben dazu beigetragen, Morphologie, physikali- sche Eigenschaften, chemisch-mineralogi- Von Jürgen Oberst, Ralf Jaumann und Harald Hoffmann sche Zusammensetzung und Alter der Oberfläche des Mondes zu bestimmen und seine Geschichte besser zu verstehen. Erstmal nach der Landung der Apollo-Astronauten auf dem Mond konnten die Dieser Artikel gibt einen Überblick dar- vielfältigen Methoden der Geowissenschaften auf einen anderen Himmelskörper über, was wir dank Apollo über die Mond- angewandt werden. Hier und in weiteren Beiträgen werden die Ergebnisse dieser oberfläche gelernt haben und welche wich- stillen Revolution beschrieben. tigen Fragen der Mondforschung nach Apollo noch offen geblieben sind. Viele die- ser Fragen sind noch heute ungeklärt – andere konnten mittlerweile mit Hilfe neuer Auswertetechniken und neuer Daten beantwortet werden. Tatsächlich haben die Raumsonden Galileo, Clementine und Lu- nar Prospector viele neue Fragen aufgewor- fen, die zukünftige Mondmissionen und Mondforscher lösen müssen.

Morphologie und Kartographie

Schon vor dem Zeitalter der Mondflüge waren Größe des Mondes und Details sei- ner Oberflächenmorphologie grob be- kannt. Sternbedeckungen durch den Mond während seines Umlaufs um die Erde kann man nutzen, um die Größe des Erdtraban- ten und die Topographie entlang des Ran- des der Mondscheibe zu ermitteln. Schat- tenwurfmessungen ermöglichten es, die Höhen von Kraterrändern und Zentralber- gen recht genau zu bestimmen. Während der Apollo-Missionen konnten erstmalig direkte und genaue Messungen der Topo- graphie vor Ort durchgeführt werden. So kamen an Bord der Apollo-Kapseln langwellige Radargeräte und Laser zum Einsatz, die eine Anzahl von Höhenprofi- len im Bereich des Äquators lieferten. Mit Hilfe von Stereobildern der Apollo-Bord- kameras konnten obendrein Höhenkarten für einige äquatornahe Gebiete erstellt wer- Abb. 1: Die Mondvorderseite in einer Teleskopaufnahme des Lick- den. Bezeichnend in diesem Zusammen- Observatoriums. Die dunklen lavagefüllten Einschlagsbecken heben hang ist, daß es Kartographen erst heute sich deutlich vom helleren Hochland ab. Der auffällige Strahlenkrater möglich ist, aus diesen Stereobildern geo- im Süden ist Tycho. (NASA/RPIF/DLR) metrisch präzise digitale Geländemodelle zu erstellen. Dazu werden die als Photos vorliegenden Apollo-Aufnahmen mühselig den gesamten Mond beobachten konnte. ten Mond abdecken. Allerdings waren digitalisiert und mit Methoden der »digita- Lidar (light detection and ranging), ein Bahn der Sonde und Aufnahmezeitpunkte len Photogrammetrie« am Computer aus- Laser, lieferte 72 500 Höhenmeßpunkte, die so gewählt, daß eine spektrale Kartierung gewertet. sich über die gesamte Oberfläche (ausge- durchgeführt werden konnte, die hohen Eine systematischere Höhenkartierung nommen polare Gebiete nördlich und süd- Sonnenstand erfordert und somit zu relativ der gesamten Mondoberfläche gelang erst lich des jeweils 80. Breitengrads) verteilten kontrastarmen Bildern führte (Abb. 3). So mit Hilfe von Daten der Raumsonde Cle- (Abb. 2, Smith et al., 1997). Clementine war mag es für den Laien erstaunlich klingen, mentine, die im Gegensatz zu den Apollo- außerdem mit einer Reihe von CCD (char- daß Mondforscher noch heute auf Apollo- Kapseln den Erdtrabanten in einem polaren ge-coupled device)-Kameras ausgestattet, oder sogar Lunar-Orbiter-Bilder aus den Orbit umkreiste und aus niedriger Um- die eine Ausbeute von fast zwei Millionen frühen 60er Jahren zurückgreifen, wenn laufbahn (Perizentrum etwa 400 km) fast digitaler Bilder erbrachten, die den gesam- kontrastreiche Bilder (mit niedrigem Son-

648 Sterne und Weltraum 8/1999 nenstand), z.B. für photogeologische Kar- –8000 –4000 0 4000 8000 m tierungen oder Kraterzählungen, benötigt werden. Clementine und die Raumsonde Galileo, die auf dem Weg zum Jupiter 1990 und 1992 den Erdtrabanten passierte, lieferten 45°N außerdem auch eine Reihe von digitalen Stereoaufnahmen, mit deren Hilfe die To- pographie für einige wenige Gebiete des Erdtrabanten mit hoher Auflösung kartiert 0°N werden konnte (Abb. 4, Oberst et al., 1997). Eine für Kartographen wichtige Hinter- lassenschaft aus der Apollo-Ära sind die an den Landestellen 11, 14 und 15 zurückge- 45°S bliebenen Lichtreflektoren, zusammen mit dem Reflektor auf dem russischen Lu- nakhod 2. Erdgestützte Laser sind noch heu- te aktiv, zielen auf diese Reflektoren und 135°W90°W45°W0° 45°O90°O 135°O messen dabei den Abstand des Erdtra- Abb. 2: Eine topographische Karte des Mondes, berechnet aus 72500 banten von der Erde auf wenige Zentimeter Laser-Höhenmessungen der Raumsonde Clementine (Smith et al., genau. Diese Reflektoren stellen wichtige 1997). Die große Vertiefung auf der Rückseite bei 60° Süd ist »Kontrollpunkte« dar, die das Koordinaten- Südpol-Aitken-Becken. Das Becken bei 90° West, 15° Süd ist Orientale system des Mondes festlegen (vgl. SuW, 36, (vgl. mit den Abb. 3 und 4 unten). Wegen fehlender Meßwerte je- 646 [7/1997]). Auf der Grundlage von Cle- weils nördlich und südlich des 80. Breitengrades wurde hier extrapo- mentine-Bilddaten wurden neue Karten des liert. (NASA/RPIF/DLR) Erdtrabanten erstellt, in der Koordinaten für jeden Punkt der Oberfläche bis auf 250 m genau abgelesen werden können. Für Mars- Abb. 3: Mosaik aus karten, dazu im Vergleich, liegen diese etwa 1500 Clemen- Zahlen zur Zeit noch bei 1–2 km. Im Fall der tine-Einzelbildern Erde liegt diese Genauigkeit von Positions- mit Orientale, dem bestimmungen dank des satellitengestütz- jüngsten der großen ten GPS (Global Positioning System) im lunaren Einschlags- Zentimeterbereich! becken (90° West, Die Form des Mondes wird von einer 15° Süd). Wegen des Dichotomie geprägt: Ein Vergleich der To- hohen Sonnenstands pographie mit dem Schwerefeld zeigt, daß haben die Einzelbil- der Massenschwerpunkt gegen den Figu- der wenig Kontrast. renmittelpunkt um knapp 2 km in Rich- Das 600 km lange tung Erde versetzt ist (Smith et al., 1997), Rechteck markiert was allgemein auf eine größere Mächtigkeit die Lage des Höhen- der Mondkruste auf der Rückseite zurück- profils der Abb. 4. (A. geführt wird. Die Abplattung zu den Polen Hoffmeister und T. hin, wie z.B bei der Erde und dem Planeten Roatsch/DLR)

Höhe [m] 3000 –500 Kordillieren-Ring 2500

2000 –1000

Äußerer Ring 1500 –1500

1000 –2000 Lacus Veris –2500 Innerer Ring 500 0 –3000

Abb. 4: Hochaufgelöstes Höhenmodell durch das Orientale-Becken (vgl. Abb. 3), berechnet aus 23 Stereobildpaaren der Raumsonde Cle- Kopff E mentine (Oberst et al., 1997). Der Streifen mit 600 km Länge und 60 km Krater Kopff Breite erstreckt sich von den äußeren Ringgebirgen im Norden zum Mittelpunkt des Beckens im Süden. Krater Kopff im Vordergrund hat einen Durchmesser von etwa 41 km. (M. Wählisch/DLR) Kopff D

Sterne und Weltraum 8/1999 649 Mars, ist beim Mond nur gering. Der Äqua- scheinenden Lavabasalten gefüllt und so- die (auf Grund unterschiedlicher Minera- torradius liegt etwa 1 km über dem Mittel mit schwieriger zu identifizieren als jene logie durch eine dunklere Oberfläche mar- von 1737.1 km, der Polarradius etwa 1 km auf der Vorderseite. kierten) Umrisse dieser Struktur, während darunter. Da dem Mond großräumige tek- Das größte dieser Relikte aus der Vorzeit Clementine erstmalig die genaue Topo- tonische Kräfte fehlen, gibt es auch keine ist das Südpol-Aitken-Becken mit einem graphie lieferte (Abb. 2). »Gebirge« im auf der Erde gebräuchlichen Durchmesser von 2250 km und einer Tiefe Sinne. Stattdessen wird die Morphologie bezüglich des mittleren Mondradius von des Erdtrabanten von den großen Ein- 8.2 km. Der maximale Höhenunterschied Meteoritenbombardement schlagbecken mit ihren komplexen Ring- zwischen den höchsten Gipfeln der Ring- und Geschichte der Oberfläche strukturen gestaltet, von denen mehr als 45 gebirge und dem Beckenmittelpunkt be- identifiziert werden konnten. Entgegen frü- trägt 12 km (Smith et al., 1997). Die riesigen Die Mondoberfläche ist übersät mit heren Annahmen sind diese Becken gleich- Ausmaße dieses größten Einschlagsbek- Kratern. Kleine Krater mit Durchmessern förmig über die Mondoberfläche verteilt. kens im bekannten Sonnensystem wurden bis zu 10 –15 km sind schüsselförmig und 1 1 Jedoch sind wegen der ungleichförmigen jedoch erst lange nach Apollo vollständig haben Tiefen von etwa /5 bis /6 ihrer Mächtigkeit der Kruste Becken auf der erkannt. Die Bordkamera der Raumsonde Durchmesser. Krater mit Durchmessern Mondrückseite seltener mit den dunkel er- Galileo zeigte in Farbbildern eindrucksvoll von 30–40 km und größer haben Zentral- berge und ausgebildete Terrassen (siehe Titelbild). Bei Kratern mit Durchmessern 10–3 Abb. 6: Kumulative größer als 300 km spricht man bereits von Häufigkeitsvertei- Einschlagsbecken. Mit Hilfe von Daten der ältestes lunares Hochland (Rückseite) lung von Kratern Mondlandungen konnte klar gezeigt wer- aus den vier Haupt- den, daß fast alle dieser Krater durch Im- prä-Nektarisch epochen der Mond- pakte, Kollisionen mit kleinen Körpern, 10–4 Nektarisch geschichte (Neu- entstanden sind. Da die Kraterdichte bei Imbrisch kum und Ivanov, andauerndem Bombardement mit der Zeit ]

–2 Kopernikanisch/ 1994). Diese Mes- zunimmt, ergibt sich dadurch eine Mög- Eratosthenisch sungen zeigen die lichkeit, die Intensität des Meteoritenbom- [km

N zeitliche Abfolge der bardements im Laufe der Zeit und das Alter 10–5 Epochen. (G. Neu- der Mondoberfläche zu bestimmen. Mit kum, DLR) Hilfe von Bodenproben, die auf der Erde mit radiometrischen Methoden datiert wurden – eines der wichtigsten Einzelergebnisse der Apollo-Missionen – konnten die absoluten 10–6 Alter wichtiger Formationen der Mond- oberfläche bestimmt und so die Methode der Altersbestimmung mit Kraterzählun- Kumulative Kraterhäufigkeit Kraterhäufigkeit Kumulative gen geeicht werden. Die Kraterstatistik zeigt zunächst deut- –7 10 lich, daß der Meteoritenfluß in der Vergan- Abb. 7: Impaktchro- genheit nicht konstant war (Abb. 6, 7). Der nologie des Erd- Mond erfuhr nach seiner Entstehung ein mondes (Neukum äußerst heftiges Bombardement, das in der und Ivanov, 1994). Zeit von 4.4–3.8 Milliarden Jahren vor 10–8 110 100 1000 10000 Die kumulative Kra- heute langsam abklang. Die Flußrate von Durchmesser D [km] terhäufigkeiten für Meteoriten und Asteroiden nahm danach einen Standardkra- den konstanten heutigen Wert an. Ferner ter vom Durchmes- konnte mit Hilfe der Kraterstatistik eine 1 ser 1 km ist hier ge- genaue Stratigraphie, d.h. ein Zeitplan der gen das in Apollo- Abfolge geologischer Ereignisse, erstellt Terrae 10–3 = 1 km = 10 km

D Proben gemessene werden. Die Auswurfdecken von Ein- D A16 0.1 radiometrische Alter schlagsbecken und Kratern, sowie Lava- ] bei ] bei ] bei ] bei der ensprechenden flüsse bilden dabei sogenannte »Leithori- –2 A15 A14 10–4 –2 geologischen Ein- zonte« in der Entwicklungsgeschichte des [km A17 [km N –2 heiten aufgetragen. Mondes (siehe Tabelle 1). 10 N A11 (K-Basalte) Die Kurve zeigt eine Der erste dieser Leithorizonte ist im A12 10–5 Kopernikus (A12) deutliche Abnahme Süden der Mondvorderseite aufgeschlossen Luna 24 10–3 des Meteoritenflus- und wurde von dem Nektaris-Einschlag vor ses mit der Zeit. Aus 4.1 Milliarden Jahren erzeugt. In die vornek- 10–6 ihr läßt sich das ab- tarische Zeit fällt die Epoche der Krusten- 10–4 Tycho (A17) solute Alter für be- bildung und der intensiven Bekraterung der liebige geologische Hochlandkruste einschließlich der Bildung 10–7 Einheiten mit gege- des Südpol-Aitken-Beckens. Die Gesteine Kumulative Kraterhäufigkeit Kraterhäufigkeit Kumulative 10–5 Kraterhäufigkeit Kumulative bener Kraterhäufig- der Hochlandkruste kristallisierten vor 4.6 543210 keit ablesen. Milliarden bis 4.0 Milliarden Jahren. Danach Alter [109 Jahre] (G. Neukum, DLR) begann die Hochphase des lunaren Vul-

650 Sterne und Weltraum 8/1999 Tabelle 1: Altersbestimmung lunarer Strukturen nach Neukum und Ivanov (1994).

System/Periode Absolutes Alter Impakt Vulkanismus Tektonik (in Ga)

Kopernikanium 0.85helle, junge Strahlenkrater nur im Zusammenhang Eratosthenium 3.2 jüngere Krater Ende des Mare- mit Impakten ohne Strahlen vulkanismus (ca. 2.5 Ga)

Imbrium 3.92 Ende des heftigen vereinzelte Schildvulkane, Dehnungsbrüche Bombardements intensiver Marevulkanismus durch Einsinken Bildung der (vorwiegend basaltisch); der erkalteten Marebasalte; jüngsten Becken Entstehung der Orientale (3.85 Ga) und Entstehung der - Runzelrücken in Maria Imbrium (3.92 Ga) Ebenen (vulkanisch?) durch Kompression

Nektarium 4.1 heftiges Meteoriten- früher KREEP-Vulkanismus bombardement: Entstehung Krater und Becken eines globalen Prä-Nektarium > 4.1 Entstehung der globaler Kluftsystems Hochländer Magmaozean

kanismus (siehe im Folgenden). Während (1571–1630) gab diesen Mondregionen ihre len Hochländer bestehen am Ende der der nektarischen Epoche ging die durch Kol- bis heute gültigen Namen. In Analogie zur Krustenbildung aus einem Gemisch der lisionen mit kosmischen Körpern bedingte Erde bezeichnete er die hellen Regionen mit Gesteinstypen Anorthosit, Norit, Troktolit Krater- und Beckenbildung weiter. dem lateinischen Namen für Kontinente und Gabbro. Das sind Gesteine, die sich in Vor 3.9 Milliarden Jahren ereignete sich oder Hochländer – Terrae (sing. Terra) – und erster Linie in den Anteilen der Minerale ein gewaltiger Einschlag in der nördlichen die dunklen Regionen mit dem Namen für Plagioklas, Pyroxen und Olivin sowie dem Hemisphäre und bildete das etwa 1000 km Meere – Maria (sing. Mare). Es wurde jedoch Kalziumgehalt der Pyroxene unterscheiden große Imbrium-Becken. Auswurfmaterial schnell klar, daß dieser Unterschied in der und ähnlich den auch auf der Erde vorkom- des Imbrium-Einschlags ist überall auf dem Helligkeit nichts mit Wasser und Festland menden plutonischen Gesteinen in der Mond zu finden. In der Folge dieses Ereig- zu tun hat, sondern vielmehr verschiedenen Kruste auskristallisierten, ohne die Oberflä- nisses ist die erste vulkanische Tätigkeit auf Gesteinsarten zuzuordnen ist. Eines der che zu erreichen. Da in der Hochlandkruste dem Mond nachweisbar. 60 Millionen Jah- wichtigsten Ergebnisse der Mondlandun- die leichten Elemente konzentriert sind, hat re nach dem Imbrium-Ereignis entstand gen war, die Natur dieser unterschiedlichen sie eine geringere Dichte (etwa 2.93 g/cm3) mit dem Orientale-Einschlag das letzte Oberflächenformationen zu bestimmen. als der Gesamtmond (3.34 g/cm3). große Becken auf dem Mond (Abb. 3). Bodenproben haben insbesondere gezeigt, Die andauernde Kollision des Mondes Danach schließt sich die sogenannte era- daß die Oberfläche des Mondes hochdiffe- mit kleineren, im frühen Sonnensystem in tosthenische Epoche (3.2 bis 0.85 Milliarden renziert ist – und nicht aus primitiver Ur- großer Zahl vorhandenen Körpern hat der Jahre vor heute) an. Es wurden Lavaströme materie besteht, wie dies bei einigen Me- Hochlandkruste ihr heutiges von Ein- entdeckt, deren Alter auf 2.5 Milliarden teoriten der Fall ist. schlagskratern zernarbtes Aussehen verlie- Jahre festgelegt werden konnte. Danach war Kurz nach seiner Entstehung war die hen. Bei der Entstehung der großen Ein- sämtliche geologische Aktivität beendet. Mondoberfläche von einem Ozean aus schlagsbecken wurden erhebliche Mengen Nur noch vereinzelte Kollisionen mit Aste- Magma bedeckt. Der heiße Mond begann von Hochlandmaterial ausgeworfen, das roiden, Kometen oder Meteoriten veränder- von außen nach innen abzukühlen. Das heute mondweit als Schuttschicht, soge- ten später die Oberfläche. Eins dieser Ereig- anfangs homogen gemischte Magma diffe- nannter »Regolith«, wiederzufinden ist. nisse war die Bildung des Kraters Coper- renzierte sich. In Abhängigkeit von ihrer nicus vor 850 Millionen Jahren. Das Aus- jeweiligen Kristallisationstemperatur bilde- wurfmaterial dieses Kraters bildet die Basis ten sich hauptsächlich Silikatminerale wie Vulkanismus und Basalte der letzten bis heute dauernden copernica- Olivin, Pyroxen und Feldspat. Die schwere- nischen Epoche der lunaren Entwicklungs- ren Minerale sanken ab und wurden teilwei- Apollo hat gezeigt, daß Vulkanismus – geschichte. Der Mond war schon lange geo- se wieder aufgeschmolzen, die leichteren als ein Maß für die innere Vitalität eines pla- logisch tot, als auf der Erde die biologische kondensierten zu Gesteinen, die eine erste netaren Körpers – in der geologischen Entwicklung über das Stadium der einzelli- Kruste formten. Diese Kruste bestand aus Geschichte des Mondes eine wichtige Rolle gen Organismen hinaus führte. hellen grobkörnigen feldspatreichen Anor- gespielt hat. Gerade in diesem Bereich der thositen, einem Silikatgestein, das sich vor- Mondforschung sind nach Apollo deutliche nehmlich aus Kalzium, Aluminium und Fortschritte gemacht worden. Nach den Entstehung der Hochlandkruste Silizium zusammensetzt. Die junge Mond- Landungen mußte man feststellen, daß die kruste wurde immer wieder von anderen Mondproben lediglich Stichproben aus Bereits mit bloßem Auge ist eine Struk- planetaren Körpern getroffen. Die Ein- einer großen Vielfalt von Oberflächenge- turierung der Mondoberfläche erkennbar schläge zerbrachen die Kruste und es kam steinen darstellen. Eine umfassendere Cha- mit hell erscheinenden Arealen, die von zur Vermischung der Krustengesteine mit rakterisierung der Oberflächenbasalte und meist runden dunklen Gebieten unterbro- magnesiumreichen Silikaten, wobei jedoch deren relativen Häufigkeiten gelang erst mit chen werden (Abb. 1). Johannes Kepler weiterhin die Feldspäte überwogen. Die hel- Hilfe von Kartierung aus dem Weltraum

Sterne und Weltraum 8/1999 651 Abb. 8: Die Hadley- Rille mit der Lande- stelle von Apollo 15, Oberfläche. Dies hatte zur Folge, daß die markiert durch Lava immer dem negativen Relief der einen Pfeil (links). Becken folgend abfließen konnte, bis diese Das Bild rechts zeigt gefüllt waren. Da dem Mond leichtflüchtige den Blick von der Elemente fehlen, sind Mondlaven relativ Landestelle auf den gasarm und wegen ihrer siliziumarmen gegenüberliegen- Zusammensetzung extrem fließfähig. Auf den steilen Hang der Erde dagegen sind Magmen stark gas- dieser Rille. Hier ist haltig, was bei Überhitzung zu explosions- der Regolith abge- artigen Vulkanausbrüchen führt. rutscht und hat Die heute noch sichtbaren Strukturen geschichtetes Lava- dieses Prozesses sind gewundene Rillen, gestein freigelegt. deren bekannteste die Hadley-Rille nahe der (NASA/RPIF/DLR) Landestelle von Apollo 15 ist (Abb. 8). Am Anfang dieser Rillen findet sich oft eine klei- Abb. 9: Apollo, ne elliptische Öffnung, der Förderschlot. Schrägblick über das Die gewundenen Rillen beginnen breit und Imbrium-Becken mit werden zu ihrem Ende hin immer enger, ein deutlich erkennba- Zeichen für die Temperaturabnahme in den ren individuellen Laven und die damit verbundene Reduktion Lavaströmen und der Fließfähigkeit. Beim Abkühlen reduzier- »Runzelrücken«. te die Lava ihr Volumen, einzelne Lava- (NASA/RPIF/DLR) decken schoben sich ineinander und türm- ten flache, wenige hundert Meter hohe Hügelketten, sogenannte »Runzelrücken« durch digitale Farbbildkameras an Bord der Kruste auf der Vorderseite dünner ist, konn- auf (Abb. 9). Raumsonden Galileo und Clementine. Es ten hier bedeutend mehr Magmen aus dem Auf diese Weise hat sich der größte Teil kamen dabei Auswertemethoden zum Inneren die Oberfläche erreichen. Der Vul- der lunaren Magmen in Form weitfließen- Einsatz, die erst mit der Verfügbarkeit von kanismus auf dem Mond unterscheidet sich der Laven in den Becken ausgebreitet (Abb. modernen CCD-Kameras sinnvoll verwen- ganz offensichtlich von dem auf der Erde, da 9). Mitunter finden sich jedoch kleine vul- det werden konnten. Proben der Apollo- er nicht die bei uns bekannten großen Vul- kanische Domstrukturen. Diese nur weni- Missionen, die im Labor spektral untersucht kankomplexe aufgebaut hat. Dies ist zum ge hundert Meter großen Vulkanberge sind wurden, lieferten dabei wertvolle Kalibra- einen durch die besondere Morphologie des ein Zeugnis dafür, daß es auch siliziumrei- tionsdaten für diese Methoden. Mondes und andererseits durch die Zusam- ches und damit bedeutend weniger fließ- mensetzung und Fließfähigkeit der Laven fähiges Magma auf dem Mond gab. Die Formen des Vulkanismus: 30 % der begründet. Die basaltischen Laven traten geringe Größe und Seltenheit dieser vulka- Mondvorderseite sind mit Basalten bedeckt, bevorzugt an den durch die Einschläge nischen Formen läßt jedoch darauf schlie- wogegen auf der Mondrückseite nur 2 % der gebildeten Schwächezonen in der Kruste, ßen, daß zähes Magma während der vulka- Oberfläche aus Basalten bestehen, ein Er- radial zu den Beckenstrukturen angeordne- nischen Epoche des Mondes kaum eine gebnis der Dichotomie des Mondes. Weil die ten tektonischen Bruchsystemen, an die Rolle gespielt hat.

652 Sterne und Weltraum 8/1999 Mineralische Zusammensetzung der stellte Modell des lunaren Vulkanismus ist den aluminiumreichen Hochlandgesteinen Basalte und zeitlicher Ablauf des Vul- jedoch nicht vollständig. Spektrale Unter- und dem, was man von einem magmati- kanismus: Die Zusammensetzung der lu- suchungen, vor allem durch die zwei Erde- schen Gestein erwartet. naren Basalte ist charakterisiert durch ein- Mond-Vorbeiflüge der Galileo-Sonde, erga- Die Hochphase des lunaren Vulkanis- fach aufgebaute Silikate, wobei Pyroxene ben, daß nicht alle Gesteinseinheiten durch mus begann vor ca. 4.0 Milliarden Jahren und Olivine gegenüber den Feldspäten, die die Apollo-Missionen beprobt wurden und dauerte etwa 800 Millionen Jahre. Zum hauptsächlich in der Hochlandkruste vor- (Abb. 10, 11). Besonders in den westlichen Zeitpunkt des Orientale-Einschlags hatte kommen, dominieren. Quarz kommt auf Maria wurden auch junge titanreiche Ba- der Vulkanismus also bereits eingesetzt. Die dem Mond ebensowenig vor wie komplexe salte entdeckt. Es muß also verschiedene, von den Apollo-Astronauten zur Erde Silikate. Ein weiterer wichtiger Bestandteil vermutlich voneinander getrennte Mag- zurückgebrachten Proben aus KREEP-Ge- der Basalte ist Ilmenit, ein Eisen-Titan-Oxid. menkammern gegeben haben, aus denen stein konnten auf den Zeitraum 4.0 bis 3.8 Der Anteil an Ilmenit in den Basalten zu unterschiedlichen Zeiten Laven unter- Milliarden Jahre vor heute datiert werden, schwankt zwischen 1 % und 25 %. Wegen schiedlicher Zusammensetzung gefördert und die Basaltproben umfassen den Zeit- dieser Variationsbreite eignet sich die Titan- wurden. Dies bedeutet wiederum, daß die raum von 3.8 bis 3.2 Milliarden Jahre. Nach konzentration zur Klassifizierung lunarer Differentiation im Mondinneren nicht ein- der Apollo-Ära war man deshalb sicher, daß Basalte. Man unterscheidet titanreiche Ba- heitlich, sondern eher in lokal getrennten es vor 3.9 Milliarden Jahre keinen Vulka- salte, die besonders in den östlichen Mare- Bereichen und in unterschiedlichen Tiefen nismus auf dem Mond gab. Spektrale Unter- gebieten aufgeschlossen sind. Proben von abgelaufen ist. suchungen der Mondoberfläche mit erdge- Apollo 11 und Apollo 17 bestehen zum Im Bereich des Imbrium-Beckens und stützten Teleskopen sowie durch die Ga- größten Teil aus diesen Titanbasalten. Die -Auswurfs, aber auch an anderen Stellen der lileo- und Clementine-Sonde lassen jedoch Basaltproben der anderen Apollo-Lande- Hochländer, meist im Zusammenhang mit vermuten, daß bereits vor diesem Zeitpunkt stellen zeigen moderate bis geringe Titan- älteren Becken, tritt eine Gesteinsart auf, die vulkanische Prozesse auf dem Mond abge- konzentrationen. sich insbesondere durch ihren hohen Anteil laufen sind. Einige Gebiete im lunaren Da die östlichen Maria älter sind als die an radioaktiven Elementen von den Hochland zeigen spektrale Signaturen, die westlichen, nahm man zunächst an, daß Hochlandgesteinen unterscheiden. Diese sich sowohl vom feldspatreichen Hochland- titanreiche Basalte die Oberflächen zuerst sogenannten KREEP-Basalte (Kalium, Rare gestein, als auch vom KREEP unterscheiden erreichten und dann ein titanärmerer Vul- Earth Elements, Phosphor) sind keine Ba- und eher mit den Spektren von Basalten ver- kanismus einsetzte. Dieses anhand der salte in klassischem Sinn, sondern vermit- gleichbar sind (Abb. 10). Ein weiterer Hin- Untersuchung von Apollo-Proben aufge- teln in ihrer Zusammensetzung zwischen weis auf sehr alte Basalte sind Einschlags-

+75°

+60°

+45°

+30°

+15°

+0°

–15°

–30°

12 345 6

285° 300° 315° 330° 345° 0° 15° 30° 45° 60° 75° 90° 115°

Abb. 10: Geologische Klassifikation lunarer Böden der Mondvorderseite auf der Grundlage von Farbbilddaten des zweiten Erde-Mond-Vorbeiflugs von Galileo. Der Farbdarstellung ist eine Airbrushkarte unterlegt. Die Klassen bedeu- ten: 1: Hochlandgestein; 2: Junge Krater; 3: Titanarme Basalte; 4: Basalte mittleren Tiefgesteins; 5: Titanreiche Basalte; 6: Dunkle vulkanische Asche. (H. Hiesinger, DLR)

Sterne und Weltraum 8/1999 653 +75°

+60°

+45°

+30°

+15°

–15°

–30°

500 1000 1500 2000 km 1 2 3 4 5 6 7

285° 300° 315° 330° 345° 0° 15° 30° 45° 60° 75° 90° 105° Abb. 11: Klassifikation lunarer Böden. Auf 0° der Airbrushkarte sind Gebiete markiert, 70°S deren spektrale Charakteristik ähnlich wie 30 die an den Landestellen ist; 1: Apollo 16; 2: W °O 0° Luna 20; 3: Apollo 14; 4: Apollo 15; 5: Apollo 3 17; 6: Apollo 11; 7: Luna 16. Offensichtlich sind viele Gebiete der Mondoberfläche noch »unbeprobt«. (H. Hiesinger/DLR)

6 W 0 ° ° 0 O 6

90°W 90°O

1 2 0 O ° ° W 0 2 1

1 Abb. 12: Clementine-Bildmosaik des lunaren Südpols. Viele 50 O °W 0° der unbeleuchteten Gebiete liegen vermutlich in ständigem 15 Schatten und könnten somit »Kältefallen« für Wassereis sein. Das 70°S Becken bei 135° östlicher Länge ist Schrödinger. (NASA/RPIF/DLR) 180°

654 Sterne und Weltraum 8/1999 krater mit dunklem Halo. Diese im Hoch- Zählraten –180° land gelegenen Krater haben deutlich von 496–500 der hellen Umgebung abgegrenzte dunkle –150° Roberts +150° 492–496 Auswurfdecken. Wenn diese dunklen Ma- Hippocrates Karpinsky Ricco terialien wirklich basaltischen Ursprungs 488–492 Seares Milankovic sind – leider haben wir hiervon keine Pro- Heymans 484–488 –120 Mezentsev +120 ben – dann gibt es im Untergrund der Hoch- ° Schwarzschild ° länder Lavaablagerungen, die älter sind als 480–484 Nipce Poinsot die Basaltfüllungen der großen Becken. 476–480 In der westlichen Hemisphäre des Mon- Rozhdestvensky 472–476 Lindblad Shi Shen des wurden Lavaströme entdeckt, deren Al- Lovelace 468–472 Nansen ter anhand von Kraterhäufigkeitsbestim- –90° Hermite +90° Brianchon Sylvester mungen auf 2.5 Milliarden Jahre festgelegt 464–468 werden konnte. Diese zur eratosthenischen 460–464 Pascal Epoche gehörenden Basalte haben jedoch Gioja Petermann nur noch ein geringes Volumen und mar- Poncetet kieren das Ende des lunaren Vulkanismus. Main –60° Mouchez +60° ScoresbyEuctemon Anaximenes Baillaud Abb. 13: Zählraten Eis an den Polen? epithermaler Neu- Philolaus Anaxagoras Meton Goldschmidt tronen am Nordpol –30° Barrow +30° Die Idee, daß Wassereis auf dem Mond (oben) und Südpol vorhanden sein könnte, wurde schon An- (unten) durch das 0° fang der 60er Jahre diskutiert. Nach den Neutronenspektro- chemischen Analysen von Apollo-Mond- meter auf Lunar Pro- 0° proben erschien solch eine Diskussion auf spector (Feldman et Moretus –30° +30° den ersten Blick hin müßig, denn im Ver- al., 1998). Den Dar- Simpelius gleich zur Erde ist der Mond sehr stark ver- stellungen ist jeweils Short armt an volatilen Elementen und somit eine Airbrushkarte Newton SchombergerBoguslawsky extrem trocken. Trotzdem führten Ergeb- unterlegt. Allge- Boussingault –60° +60° nisse der Clementine-Mission zu einer an- mein gilt, je geringer geregten erneuten Diskussion des Themas. die Anzahl epither- Demonax Dieses große Interesse ist wohl vor allem maler Neutronen, Malaper Le Gentil begründet mit der Bedeutung von Wasser desto höher der Nobile für die Errichtung bemannter Stationen in Gehalt an Wasser- Taustini Hedervari –90 Shackleton ferner Zukunft. stoff. Besonders ° Boltzmann Amundsen +90° Wasser kann nur von außen durch Ein- hohe Konzentratio- Ashbrook Idel’son schläge von Kometen und Asteroiden auf nen sind vor allem in Ganswindt Wiechert Rittenhouse den Mond gelangen. Unter normalen Um- den Polregionen weltbedingungen, wie sie auf dem Mond anzutreffen, wobei Zeeman vorherrschen, kann dieses Wasser jedoch gut zu erkennen ist, –120° Schrödinger +120° nicht auf Dauer existieren, sondern wird daß die Konzentra- durch Impakte von Mikrometeoriten und tion am Nordpol Photodissoziation aufgespalten und ent- höher zu sein Brashear weicht letztendlich in den Weltraum. Nur scheint. (Los Alamos –150° Numerov +150° bei sehr tiefen Temperaturen von ca. 40 K National Labora- bis 50 K könnte Wassereis selbst mehrere tory/NASA/RPIF/DLR) –180° Milliarden Jahre überdauern. Solche Bedin- gungen setzen jedoch Regionen an der Mondoberfläche voraus, die permanent im am Nordpol die Schattenzonen nur wenige führt zu einem charakteristischen Signal, Schatten liegen. Neuere Modellierungen hundert Quadratkilometer einnehmen, fin- das Clementine nur in einer Messung, haben gezeigt, daß solche Tieftemperatur- det man am lunaren Südpol eine Fläche direkt am lunaren Südpol, auffand. regionen darüber hinaus als »Wasserfallen« von insgesamt ca. 15 000 km2. Damit sind Lunar Prospector versucht mit seinem fungieren würden, das heißt ca. 20 % bis also die wesentlichen Rahmenbedingun- Neutronenspektrometer-Experiment wei- 50 % des Wassers aus Einschlägen auf der gen für das Auftreten von Wassereis erfüllt. teres Licht in diesen Fragenkomplex zu gesamten Mondoberfläche könnte dorthin Clementine lieferte ein weiteres Indiz bringen. Neutronen werden in der Ober- migrieren und sich zu großen Mengen für Wassereis durch das sogenannte »bista- fläche eines planetaren Körpers durch die ansammeln. tische Radarexperiment« (Nozette et al., Wechselwirkung mit der kosmischen Strah- Bilddaten von Clementine haben deut- 1996). Hierzu wurde die Sendeantenne des lung erzeugt. Besonders das Element Was- lich gezeigt, daß an den Polregionen tat- Raumschiffes zum Mond hin ausgerichtet serstoff verändert den Energiebereich der sächlich Gebiete in permanentem Schatten und das von der lunaren Oberfläche reflek- entstandenen Neutronen drastisch. Die bis- anzutreffen sind (Abb. 12). Zurückzufüh- tierte Signal auf der Erde empfangen. Dabei herigen Daten zeigen überraschend deut- ren ist dies auf die geringe Neigung der wird das Radarecho in Abhängigkeit vom lich, daß am Südpol und auch am Nordpol Äquatorebene des Mondes gegen die Eklip- jeweiligen Oberflächenmaterial unter- Wasserstoff in erheblichen Mengen im tik und die lokale Topographie. Während schiedlich polarisiert. Vor allem Wassereis Mondboden vorhanden ist (Abb. 13; Feld-

Sterne und Weltraum 8/1999 655 man et al., 1998). Geht man davon aus, daß setzung, zum Schwere- und Magnetfeld samtmasse von 100 kg wäre LunARSat das Wasserstoff in Form von Wassereis auftritt, sowie zur Frage nach Wasser auf dem bisher kleinste Raumschiff, das sich auf den so deuten die Messungen auf eine Gesamt- Mond erwarten. Zum Abschluß der Mis- Weg zu einem planetaren Körper begeben menge von 10 bis 300 Millionen Tonnen. sion im Juli 1999 soll die Sonde zum Ab- soll. Die vorgesehene Nutzlast umfaßt eine Gewisse Zweifel an der »Wasserhypo- sturz auf die Oberfläche in der Nähe des hochauflösende Farbkamera mit einer these« sind jedoch nach wie vor angebracht. Südpols gelenkt werden. Ebenfalls 1999 räumlichen Auflösung von wenigen Me- Die Ergebnisse des Clementine-Radarex- wird die -Mission auf ihrem langen tern, unterstützt von einer Weitwinkel- perimentes wurden kürzlich von einigen Weg zum Saturn ähnlich wie Galileo das kamera, einem Radar, sowie möglicherwei- Wissenschaftlern gänzlich in Frage gestellt. Erde/Mond-System passieren. Dies bietet se weiteren Instrumenten zur Untersu- Clementines Messungen am Nordpol, so- eine hervorragende Gelegenheit, die wis- chung der lunaren Umweltbedingungen. wie vergleichbare Messungen von der Erde senschaftlichen Instrumente an Bord zu Deutschland ist in großem Umfang an die- aus zeigen diesen Effekt nicht. Verwirrend überprüfen und zu kalibrieren. Gleicher- ser Mission beteiligt. Der Entwurf des Sa- ist auch die Tatsache, daß laut Lunar Pro- maßen als Abfallsprodukt sind interessante telliten stammt maßgeblich von der Tech- spector am Nordpol ca. 50 % mehr Wasser Daten vom Mond zu erwarten. nischen Universität München, während das vorhanden zu sein scheint als am Südpol Ursprünglich bis Ende dieses Jahres war DLR in Berlin für die Kameranutzlast ver- (Abb. 13), obwohl dort das Areal mit per- der Start der japanischen Lunar-A-Mission antwortlich ist. manentem Schatten deutlich kleiner ist. geplant, der wegen technischer Schwierig- Während sich die Missionen der ESA Wie schon erwähnt, mißt das Neutronen- keiten auf das Jahr 2001 verschoben wurde. noch in Planung befinden, hat Japan schon spektrometer die Häufigkeit des Elements Die Sonde befördert zwei Penetratoren zum mit der Entwicklung und dem Bau von Wasserstoff – und nicht die des Wasser- Mond, die mit Seismometern und Instru- Hardware für die SELENE-Mission begonnen. moleküls. Daher erklären einige Wissen- menten zur Temperatur- und Wärmefluß- Eine japanische Trägerrakete wird im Jahr schaftler die Befunde durch vom solaren messung ausgerüstet sind. Aus einer äqua- 2003 eine Nutzlast von insgesamt ca. 270 kg Wind implantierten Wasserstoff, der in tornahen Umlaufbahn werden sie abgewor- in einen polaren Mondorbit bringen. Ge- Form von Hydroxid (OH) in die Mineralien fen, um mit einer Geschwindigkeit von plant sind verschiedene Kamera- und Spek- eingebaut wird. 250–300 m/s auf der Mondoberfläche auf- trometerinstrumente, die die Mondober- zutreffen und bis zu drei Meter tief in den fläche global kartieren sollen. Am Ende der Boden einzudringen. Der Orbiter soll in sechsmonatigen Missionsdauer soll SELENE Zurück zum Mond! einer Höhe von 200 bis 300 km den Mond schließlich eine weiche Landung auf der umkreisen und den Äquatorbereich mit sei- Mondoberfläche durchführen, um diese für Das Apollo-Programm hat viele Fragen ner Kamera kartieren. Gleichzeitig dient er Japan neue Technologie zu erproben. nach der Entstehung und Entwicklung des den Penetratoren als Relaisstation. Begleiters der Erde offen gelassen. 20 Jahre Schaut man weiter bis zum Jahr 2003, so Wir danken unseren Kollegen, die Abbildungen nach Beendigung der Apollo- und Luna- sind drei Missionen zu nennen, die sich im zu diesem Artikel beigetragen haben: A. Hoff- Programme ist es den Galileo-, Clemen- weit fortgeschrittenen Stadium der Planung meister, M. Wählisch, H. Hiesinger, S. Pieth, T. Roatsch und G. Neukum. tine- und Lunar-Prospector-Missionen ge- befinden. Dazu gehören mit SMART-1 und lungen, einige dieser noch offenen Fragen LunARSat zwei Missionen aus Europa, zu beantworten. Gleichzeitig wurden viele während die dritte Mission, SELENE (früher neue Fragen aufgeworfen, ein Umstand, der LOOM), in Japan vorbereitet wird. SMART-1 Literatur zeigt, daß der Mond bei weitem kompli- ist die erste Technologiemission der ESA, die zierter ist als meist angenommen wird. vor allem der Erprobung eines elektrischen J. O. Dickey et al., Lunar laser ranging: A conti- Führt man sich vor Augen, daß der Mond Triebwerkes dient. Wissenschaftlich kon- nuing legacy of the Apollo program, Science als Bestandteil des binären Systems Erde/ zentriert sich die Mission auf die Geo- Vol. 265, 482-490, 1994. Mond ganz wesentlich zum Verständnis chemie und Mineralogie des Mondes und W. C. Feldman et al., Fluxes of fast and epithermal der Entstehung und Entwicklung unseres wird hierzu drei Experimente an Bord neutrons from Lunar Prospector: Evidence for blauen Planeten beigetragen hat, so ist der haben. Ein Röntgenspektrometer wird die water ice at the lunar poles, Science Vol. 281, hohe Stellenwert der Mondforschung und chemische Zusammensetzung der Mond- 1496-1500, 1998. S. Nozette, C. L. Lichtenberg, P. Spudis, R. Bonner, der Frage nach neuen Missionen zum oberfläche untersuchen und insbesondere W. Ort, E. Malaret, M. Robinson und E. M. Erdtrabanten verständlich. Auch unter die Häufigkeiten der Elemente bestimmen, Shoemaker, The Clementine bistatic radar ex- technologischen Gesichtspunkten ist der die vom Gamma-Spektrometer auf Lunar periment, Science Vol. 274, 1495-1498, 1996. Erdmond auf Grund seiner Nähe das logi- Prospector nicht gemessen werden können. G. Neukum und B. A. Ivanov, Crater size distribu- sche Ziel und Testfeld für zukünftige Ein Punktspektrometer (nahes Infrarot) des tions and impact probabilities on Earth from Raumfahrtmissionen und die Errichtung Max-Planck-Institutes für Aeronomie soll lunar, terrestrial-planet, and asteroid cratering einer ersten bemannten Station auf einem erstmals die Mineralogie der Mondober- data, in: Hazards due to comets and asteroids, T. Gehrels, Editor, University of Arizona Press, planetaren Körper. fläche aus dem Orbit kartieren. Unterstützt 359-416, 1994. Schon in der nahen Zukunft stehen werden diese Instrumente von einer Weit- J. Oberst, M. Wählisch, A. C. , T. Roatsch, daher mehrere Mondmissionen auf dem winkelkamera. Ende 2001 soll SMART-1 mit und R. Jaumann, Lunar details gleaned from Programm. Zunächst umkreist der ameri- einer Ariane-Trägerrakete in den Erdorbit digital stereo images, EOS Trans. American kanische Lunar Prospector weiterhin den gebracht werden. Auf Grund der geringen Geophysical Union, Vol. 78, No. 41, 445-450, Mond. Nach Abschluß der nominellen Schubleistung des elektrischen Triebwerkes 1997. Mission wurde die Bahnhöhe der Sonde im wird die Weiterreise zum Mond, in eine D.E. Smith, M.T. Zuber, G.A. Neumann, und F.G. Januar 1999 auf 25–30 km Höhe über der polare, elliptische Umlaufbahn, ca. 17 Mo- Lemoine, Topography of the from the Clementine lidar, J. Geophys. Res., Vol. 102, Mondoberfläche gesenkt. Damit erzielen nate dauern. Die Betriebsphase im Mondor- 1591-1611, 1997. die wissenschaftlichen Experimente an bit wird sechs Monate betragen. P. Spudis, The geology of multi-ring impact ba- Bord eine deutlich bessere Auflösung und LunARSat ist ein möglicher Kandidat für sins, Cambridge University Press, 263 pp., wir können neue Details zur Zusammen- eine Kleinsatellitenmission. Mit einer Ge- 1993.

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