ie Erforschung der Oberfläche des DMondes blieb lange Zeit Astronomen Von den Apollo-Landungen mit lichtstarken Teleskopen vorbehalten (Abb. 1). Die Apollo-Missionen haben den bis heute Begleiter der Erde den Geowissenschaften erschlossen und damit ganz entscheidend Was wir über die Mondoberfläche gelernt haben dazu beigetragen, Morphologie, physikali- sche Eigenschaften, chemisch-mineralogi- Von Jürgen Oberst, Ralf Jaumann und Harald Hoffmann sche Zusammensetzung und Alter der Oberfläche des Mondes zu bestimmen und seine Geschichte besser zu verstehen. Erstmal nach der Landung der Apollo-Astronauten auf dem Mond konnten die Dieser Artikel gibt einen Überblick dar- vielfältigen Methoden der Geowissenschaften auf einen anderen Himmelskörper über, was wir dank Apollo über die Mond- angewandt werden. Hier und in weiteren Beiträgen werden die Ergebnisse dieser oberfläche gelernt haben und welche wich- stillen Revolution beschrieben. tigen Fragen der Mondforschung nach Apollo noch offen geblieben sind. Viele die- ser Fragen sind noch heute ungeklärt – andere konnten mittlerweile mit Hilfe neuer Auswertetechniken und neuer Daten beantwortet werden. Tatsächlich haben die Raumsonden Galileo, Clementine und Lu- nar Prospector viele neue Fragen aufgewor- fen, die zukünftige Mondmissionen und Mondforscher lösen müssen. Morphologie und Kartographie Schon vor dem Zeitalter der Mondflüge waren Größe des Mondes und Details sei- ner Oberflächenmorphologie grob be- kannt. Sternbedeckungen durch den Mond während seines Umlaufs um die Erde kann man nutzen, um die Größe des Erdtraban- ten und die Topographie entlang des Ran- des der Mondscheibe zu ermitteln. Schat- tenwurfmessungen ermöglichten es, die Höhen von Kraterrändern und Zentralber- gen recht genau zu bestimmen. Während der Apollo-Missionen konnten erstmalig direkte und genaue Messungen der Topo- graphie vor Ort durchgeführt werden. So kamen an Bord der Apollo-Kapseln langwellige Radargeräte und Laser zum Einsatz, die eine Anzahl von Höhenprofi- len im Bereich des Äquators lieferten. Mit Hilfe von Stereobildern der Apollo-Bord- kameras konnten obendrein Höhenkarten für einige äquatornahe Gebiete erstellt wer- Abb. 1: Die Mondvorderseite in einer Teleskopaufnahme des Lick- den. Bezeichnend in diesem Zusammen- Observatoriums. Die dunklen lavagefüllten Einschlagsbecken heben hang ist, daß es Kartographen erst heute sich deutlich vom helleren Hochland ab. Der auffällige Strahlenkrater möglich ist, aus diesen Stereobildern geo- im Süden ist Tycho. (NASA/RPIF/DLR) metrisch präzise digitale Geländemodelle zu erstellen. Dazu werden die als Photos vorliegenden Apollo-Aufnahmen mühselig den gesamten Mond beobachten konnte. ten Mond abdecken. Allerdings waren digitalisiert und mit Methoden der »digita- Lidar (light detection and ranging), ein Bahn der Sonde und Aufnahmezeitpunkte len Photogrammetrie« am Computer aus- Laser, lieferte 72 500 Höhenmeßpunkte, die so gewählt, daß eine spektrale Kartierung gewertet. sich über die gesamte Oberfläche (ausge- durchgeführt werden konnte, die hohen Eine systematischere Höhenkartierung nommen polare Gebiete nördlich und süd- Sonnenstand erfordert und somit zu relativ der gesamten Mondoberfläche gelang erst lich des jeweils 80. Breitengrads) verteilten kontrastarmen Bildern führte (Abb. 3). So mit Hilfe von Daten der Raumsonde Cle- (Abb. 2, Smith et al., 1997). Clementine war mag es für den Laien erstaunlich klingen, mentine, die im Gegensatz zu den Apollo- außerdem mit einer Reihe von CCD (char- daß Mondforscher noch heute auf Apollo- Kapseln den Erdtrabanten in einem polaren ge-coupled device)-Kameras ausgestattet, oder sogar Lunar-Orbiter-Bilder aus den Orbit umkreiste und aus niedriger Um- die eine Ausbeute von fast zwei Millionen frühen 60er Jahren zurückgreifen, wenn laufbahn (Perizentrum etwa 400 km) fast digitaler Bilder erbrachten, die den gesam- kontrastreiche Bilder (mit niedrigem Son- 648 Sterne und Weltraum 8/1999 nenstand), z.B. für photogeologische Kar- –8000 –4000 0 4000 8000 m tierungen oder Kraterzählungen, benötigt werden. Clementine und die Raumsonde Galileo, die auf dem Weg zum Jupiter 1990 und 1992 den Erdtrabanten passierte, lieferten 45°N außerdem auch eine Reihe von digitalen Stereoaufnahmen, mit deren Hilfe die To- pographie für einige wenige Gebiete des Erdtrabanten mit hoher Auflösung kartiert 0°N werden konnte (Abb. 4, Oberst et al., 1997). Eine für Kartographen wichtige Hinter- lassenschaft aus der Apollo-Ära sind die an den Landestellen 11, 14 und 15 zurückge- 45°S bliebenen Lichtreflektoren, zusammen mit dem Reflektor auf dem russischen Lu- nakhod 2. Erdgestützte Laser sind noch heu- te aktiv, zielen auf diese Reflektoren und 135°W90°W45°W0° 45°O90°O 135°O messen dabei den Abstand des Erdtra- Abb. 2: Eine topographische Karte des Mondes, berechnet aus 72500 banten von der Erde auf wenige Zentimeter Laser-Höhenmessungen der Raumsonde Clementine (Smith et al., genau. Diese Reflektoren stellen wichtige 1997). Die große Vertiefung auf der Rückseite bei 60° Süd ist das »Kontrollpunkte« dar, die das Koordinaten- Südpol-Aitken-Becken. Das Becken bei 90° West, 15° Süd ist Orientale system des Mondes festlegen (vgl. SuW, 36, (vgl. mit den Abb. 3 und 4 unten). Wegen fehlender Meßwerte je- 646 [7/1997]). Auf der Grundlage von Cle- weils nördlich und südlich des 80. Breitengrades wurde hier extrapo- mentine-Bilddaten wurden neue Karten des liert. (NASA/RPIF/DLR) Erdtrabanten erstellt, in der Koordinaten für jeden Punkt der Oberfläche bis auf 250 m genau abgelesen werden können. Für Mars- Abb. 3: Mosaik aus karten, dazu im Vergleich, liegen diese etwa 1500 Clemen- Zahlen zur Zeit noch bei 1–2 km. Im Fall der tine-Einzelbildern Erde liegt diese Genauigkeit von Positions- mit Orientale, dem bestimmungen dank des satellitengestütz- jüngsten der großen ten GPS (Global Positioning System) im lunaren Einschlags- Zentimeterbereich! becken (90° West, Die Form des Mondes wird von einer 15° Süd). Wegen des Dichotomie geprägt: Ein Vergleich der To- hohen Sonnenstands pographie mit dem Schwerefeld zeigt, daß haben die Einzelbil- der Massenschwerpunkt gegen den Figu- der wenig Kontrast. renmittelpunkt um knapp 2 km in Rich- Das 600 km lange tung Erde versetzt ist (Smith et al., 1997), Rechteck markiert was allgemein auf eine größere Mächtigkeit die Lage des Höhen- der Mondkruste auf der Rückseite zurück- profils der Abb. 4. (A. geführt wird. Die Abplattung zu den Polen Hoffmeister und T. hin, wie z.B bei der Erde und dem Planeten Roatsch/DLR) Höhe [m] 3000 –500 Kordillieren-Ring 2500 2000 –1000 Äußerer Ring 1500 –1500 1000 –2000 Lacus Veris –2500 Innerer Ring 500 0 –3000 Abb. 4: Hochaufgelöstes Höhenmodell durch das Orientale-Becken (vgl. Abb. 3), berechnet aus 23 Stereobildpaaren der Raumsonde Cle- Kopff E mentine (Oberst et al., 1997). Der Streifen mit 600 km Länge und 60 km Krater Kopff Breite erstreckt sich von den äußeren Ringgebirgen im Norden zum Mittelpunkt des Beckens im Süden. Krater Kopff im Vordergrund hat einen Durchmesser von etwa 41 km. (M. Wählisch/DLR) Kopff D Sterne und Weltraum 8/1999 649 Mars, ist beim Mond nur gering. Der Äqua- scheinenden Lavabasalten gefüllt und so- die (auf Grund unterschiedlicher Minera- torradius liegt etwa 1 km über dem Mittel mit schwieriger zu identifizieren als jene logie durch eine dunklere Oberfläche mar- von 1737.1 km, der Polarradius etwa 1 km auf der Vorderseite. kierten) Umrisse dieser Struktur, während darunter. Da dem Mond großräumige tek- Das größte dieser Relikte aus der Vorzeit Clementine erstmalig die genaue Topo- tonische Kräfte fehlen, gibt es auch keine ist das Südpol-Aitken-Becken mit einem graphie lieferte (Abb. 2). »Gebirge« im auf der Erde gebräuchlichen Durchmesser von 2250 km und einer Tiefe Sinne. Stattdessen wird die Morphologie bezüglich des mittleren Mondradius von des Erdtrabanten von den großen Ein- 8.2 km. Der maximale Höhenunterschied Meteoritenbombardement schlagbecken mit ihren komplexen Ring- zwischen den höchsten Gipfeln der Ring- und Geschichte der Oberfläche strukturen gestaltet, von denen mehr als 45 gebirge und dem Beckenmittelpunkt be- identifiziert werden konnten. Entgegen frü- trägt 12 km (Smith et al., 1997). Die riesigen Die Mondoberfläche ist übersät mit heren Annahmen sind diese Becken gleich- Ausmaße dieses größten Einschlagsbek- Kratern. Kleine Krater mit Durchmessern förmig über die Mondoberfläche verteilt. kens im bekannten Sonnensystem wurden bis zu 10 –15 km sind schüsselförmig und 1 1 Jedoch sind wegen der ungleichförmigen jedoch erst lange nach Apollo vollständig haben Tiefen von etwa /5 bis /6 ihrer Mächtigkeit der Kruste Becken auf der erkannt. Die Bordkamera der Raumsonde Durchmesser. Krater mit Durchmessern Mondrückseite seltener mit den dunkel er- Galileo zeigte in Farbbildern eindrucksvoll von 30–40 km und größer haben Zentral- berge und ausgebildete Terrassen (siehe Titelbild). Bei Kratern mit Durchmessern 10–3 Abb. 6: Kumulative größer als 300 km spricht man bereits von Häufigkeitsvertei- Einschlagsbecken. Mit Hilfe von Daten der ältestes lunares Hochland (Rückseite) lung von Kratern Mondlandungen konnte klar gezeigt wer- aus den vier Haupt- den, daß fast alle dieser Krater durch Im- prä-Nektarisch epochen der Mond- pakte, Kollisionen mit kleinen Körpern, 10–4 Nektarisch geschichte (Neu- entstanden sind. Da die Kraterdichte bei Imbrisch kum und Ivanov, andauerndem Bombardement mit der Zeit ] –2 Kopernikanisch/ 1994). Diese Mes- zunimmt, ergibt sich dadurch eine Mög- Eratosthenisch sungen zeigen die lichkeit, die Intensität des Meteoritenbom-
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