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Frauengeschichte

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Mainzerinnen und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt

Ein anderer Blick auf 200 Jahre Rheinhessen

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Mainzerinnen und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt

Ein anderer Blick auf 200 Jahre Rheinhessen

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Impressum

Herausgeberin: Frauenbüro Landeshauptstadt Mainz Rathaus, Jockel-Fuchs-Platz 1 55116 Mainz Tel 06131 - 12 21 75 Fax 06131 - 12 27 07 [email protected] www.mainz.de/frauenbuero Konzept, Texte, Gestaltung: Eva Weickart, Frauenbüro Bildnachweis Titel: Aquarell von Johann Heinrich Schilbach: Die Stadt Darmstadt im Jahr 1816 (Wikipedia) Druck: Hausdruckerei

Mainz 2016

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Zu dieser Broschüre

Alle reden von Rheinhessen 2016. Wir auch. Die Kurfürsten der vergangenen Jahrhunderte Doch wir werfen mit dieser Broschüre einen an- waren ja zumindest offiziell der Ehelosigkeit ver- deren Blick auf die Ereignisse vor 200 Jahren, pflichtet. Nach außen männlich mächtig traten die zur Benennung eines ganzen Landstriches dann auch im 18. und beginnenden 19. Jahr- führten. Uns geht es um Verbindungen und hundert die Franzosen auf. Beziehungen, die auch die Mainzerinnen als Mit Napoléons Ehefrauen Joséphine und Ma- neue Untertaninnen des Großherzogtums Hes- rie Louise erlebten die Mainzerinnen zwar An- sen-Darmstadt im 19. Jahrhundert zwangsläufig fang des 19. Jahrhunderts eine »Frau an seiner nach Darmstadt knüpfen und pflegen mussten. Seite«, doch erst die Großherzoginnen von Hes- sen und bei Rhein wurden für längere Zeit zur In- In dieser Veröffentlichung zeichnen wir Bio- stitution und gelegentlich auch zu Anregerinnen grafien von einigen Mainzerinnen nach, in deren und Unterstützerinnen sozialer und kultureller Leben die Residenzstadt Darmstadt eine durch- Initiativen. aus wichtige Rolle spielte. Daher ergänzen wir den Blick auf Darmstadt Von Darmstadt aus beeinflusst und geprägt durch Kurzporträts der Großherzoginnen, die wurden aber auch Mainzer Frauenvereine und zwischen 1816 und 1918 auch in Mainz in Er- Einrichtungen der damaligen Zeit. So erinnern scheinung traten – und einige von ihnen bis wir ebenfalls an einige Zusammenschlüsse von heute auf Mainzer Straßenschildern. und für Mainzerinnen aus dem 19. und begin- Ein Blick nach Darmstadt im 19. Jahrhundert nenden 20. Jahrhundert. Sie alle kamen - im wäre aber unvollständig ohne die Erwähnung positiven wie im negativen Sinne - kaum an anderer bedeutender Frauen. Wir erinnern da- Darmstadt vorbei. her auch an Louise Dittmar und Luise Büchner. Und noch etwas änderte sich ab 1816: die neue Darmstädter Hoheit hatte auch eine sicht- Frauenbüro Landeshauptstadt Mainz bare weibliche Seite, die Großherzoginnen. Mainz 2016

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Inhalt

Seite Zu dieser Broschüre...... 5 Als die Mainzerinnen Hessen-Darmstädterinnen wurden...... 9 Wir, Ludwig von Gottes Gnaden...... 10 Beruf: Großherzogin von Hessen und bei Rhein...... 11 Luise Henriette Karoline von Hessen und bei Rhein...... 11 Wilhelmine Luise von Baden...... 12 Mathilde Karoline Friederike Wilhelmine Charlotte von Bayern...... 12 Alice Maud Mary von Großbritannien...... 13 Victoria Melita von Sachsen-Coburg und Gotha...... 13 Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich...... 13 Rheinhessen - leicht erklärt 1835...... 14 Franziska Lennig, Pädagogin und Institutsleiterin...... 15 Kathinka Halein-Zitz, Dichterin, Schriftstellerin, Demokratin...... 17 Stimmungen in Hessen-Darmstadt...... 18 Agnes Pirscher, Sängerin...... 19 Darmstadt im Damenconversationslexikon anno 1835...... 20 Mainzer Theaterfrauen im 19. Jahrhundert...... 21 Der Mainzer Frauenverein Humania...... 22 Mainz im Damenconversationslexikon anno 1836...... 23 Anna Ethel, Schauspielerin und Soubrette...... 24 Der Alice-Frauenverein für Krankenpflege in Mainz...... 26 Das Mainzer Lehrerinnenseminar...... 27 Tony Simon-Wolfskehl, Architektin und Bauhaus-Schülerin...... 29 Frauenbund zur Ehrung rheinländischer Dichter...... 30 Frauenkunstverband »Dreistädtebund«...... 32 Frauenpolitisch relevante Entscheidungen im Großherzogtum...... 34 Einflussreiche Darmstädterinnen: Louise Dittmar und Luise Büchner... 36 Kleine Literaturauswahl...... 39 Bildnachweise...... 40

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Als die Mainzerinnen Hessen-Darmstädterinnen wurden

Spätestens am 12. Juli 1816 dürften die meis- unter provisorischer Verwaltung durch Preußen ten der rund 25.250 Mainzerinnen und Mainzer und Österreich gestanden. Denn kaum hatten mitbekommen haben, dass für die Stadt neue die französischen Truppen im Mai 1814 die Herrschaftszeiten angebrochen waren. An die- Stadt verlassen müssen, rückten die Sieger des sem Tag nahm die Verwaltung des neuen Ober- Krieges gegen Napoléon nach. Aus Mayence haupts, des Großherzogs Ludwig I. von Hessen wurde nach 16 Jahren, vier Wochen und vier Ta- und bei Rhein, das Stadtgebiet mitsamt Kastel gen wieder Mainz. Was aber tatsächlich aus der und Kostheim offiziell in Besitz. Stadt mit ihrer strategisch bedeutsamen Lage Erst wenige Tage zuvor hatte Großherzog werden sollte, war langwierige Verhandlungs- Ludwig verkünden lassen: »Nachdem des sache zwischen den siegreichen Mächten. Preu- Großherzogs Königliche Hoheit den Titel eines ßen wollte Mainz für sich, Österreich wollte die Großherzogs von Hessen und bei Rhein anzu- Stadt Bayern zuschanzen. Im Ergebnis: Ludwig nehmen geruhet haben: so wird solches her- I. von Hessen-Darmstadt bekam 1816 die Stadt. durch Höchstdero sämmtlichen Angehörigen, Die Hoheit über die Festung Mainz, die Bundes- Dienern und Unterthanen zur Nachachtung, mit festung, aber lag weiterhin in den Händen von dem Anfügen öffentlich bekannt gemacht, daß, Preußen und Österreich. bis demnächst eine ausführliche Vorschrift er- folgt, in den geeigneten Ausfertigungen der In rascher Folge neue Herrschaften zu bekom- abgekürzte Titel: Wir LUDWIG, von Gottes Gna- men, waren die Mainzerinnen und Mainzer ge- den Großherzog von Hessen und bei Rhein ge- wohnt. Ohnehin dürften die wenigsten von ih- braucht werden soll.« nen unmittelbar mitbekommen haben, wie die Die Entscheidung, weite Teile des ehemali- Übergabe des Stadtgebietes am 12. Juli 1816 gen (französischen) Departements Donnersberg um 11 Uhr vormittags im Erthaler Hof vollzogen (Mont Tonnerre) dem Großherzogtum Hes- wurde. sen-Darmstadt zuzuschlagen, war schon auf Die meisten Mainzerinnen werden vermutlich dem Wiener Kongress im Juni 1815 getroffen in diesem kalten Sommer 1816 (das Jahr, das worden. So hieß es in Artikel 47 der Wiener als Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein- Schlussakte »Se. Königl. Hoheit der Grosherzog ging!), nach mehreren Jahren Krieg, nach einer v. Hessen erhält zum Ersatz für das an Se. Maj. unter den französischen Soldaten und der Be- den König von Preussen abgetretene Herzogtum völkerung grassierenden Typhusepidemie und Westphalen ein Gebiet auf dem linken Rheinu- vielen anderen Widrigkeiten mehr, mit der Be- fer in dem ehemaligen Departement des Don- wältigung des Alltagslebens beschäftigt gewe- nersberges, mit einer Bevölkerung von 140000 sen sein und weniger mit Fragen nach der Herr- Seelen. Se. Königl. Hoheit werden dies Gebiet schaft. Die Franzosen waren weg, Preußen und mit voller Souveränität und Eigenthumsrechte Österreicher da, die Hessen ebenfalls und die besitzen. Sie erhalten auch das Eigenthum des Stadt in keinem guten Zustand. auf dem linken Ufer der nahe gelegenen Theiles der Salinen von Kreuznach, worüber die Souve- So berichtete die Schriftstellerin Johanna ränität bei Preussen bleibt.« Schopenhauer in ihrem Reisetagebuch über ihre Die endgültige vertragliche Regelung zwi- Eindrücke von Mainz im September 1816. »Mit schen Preußen, Österreich und Hessen über die jedem Schritt stieß ich auf Spuren des alles ver- neue Gebietsaufteilung wurde aber erst ein Jahr wütenden Krieges, auf zerstörte Gebäude und später, am 30. Juni 1816 in Frankfurt, ausgehan- auf zerstörten Wohlstand der Einwohner, die delt. Das entsprechende Patent datiert vom 8. noch immer unter mannigfaltigen, vielleicht zum Juli 1816. Teil unabwendbaren Lasten seufzen und des Bis zu dieser feierlichen Inbesitznahme durch heilbringenden Friedens wohl noch nicht so bald die neue Herrschaft hatte Mainz zwei Jahre lang froh werden können. Für jetzt scheinen mir die

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Mainzer in Kleidung und Sitte weder Franzosen Die Musik spielte ab dann in der (mit nur rund noch Deutsche zu seyn; auch ihre Sprache hat 15.300 Einwohnerinnen und Einwohnern we- viele französische Wörter und Wendungen an- sentlich kleineren) Residenzstadt Darmstadt, genommen. Sie rechnen nach Sous und Franks, und auch für die Mainzerinnen wurde Darmstadt nennen Mainz ‚Majenze‘, und die Bürgerfrauen mehr und mehr zum Ort des Geschehens. sehen aus wie eine Pariser Bourgeoise.« Rheinhessen mag geografisch ganz nah gewe- Ob sich also viele – außer denen, die muss- sen sein, doch der neue politische, gesellschaft- ten – über den Machtwechsel freuten, sei also liche und kulturelle Bezugspunkt lag von 1816 dahin gestellt. bis zum Ende der großherzoglichen Herrschaft Ab dem 12. Juli 1816 war Mainz nur noch die 1918 im Südosten. Hauptstadt der Provinz Rheinhessen.

Wir LUDWIG, von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein Thun kund und bekennen durch Gegenwärtigkeit: Nachdem Wir mit Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich und mit Seiner Majestät dem Könige von Preußen, am 30ten des vergangenen Monats Juni, zu Frankfurt am Main einen Staatsvertrag abgeschlossen haben, vermöge dessen Uns und Unserem Großherzoglichen Hause, zur Entschädigung für Landes=Ab- teretungen, in welche Wir in Folge der am Kongresse zu Wien verhandelten und festgesetzten Beschlüsse eingewilligt haben, folgende zum ehemaligen Departement Donnersberg gehörig gewesenen und bisher provisorisch verwaltete Lande, namentlich: 1.) Die Stadt Mainz und ihr Gebiet, mit Kastel und Kostheim, 2. der Kreis Alzei, ausschließlich des Kantons Kirchheim-Boland, und 3.) die Kantone Worms und Pfeddersheim aus dem Kreise Speier, mit allen Hoheits- und Eigenthums=Rechten auf ewige Zeiten förmlich überwiesen worden sind; so nehmen Wir nunmehro, in Kraft dieses Patentes, von vorbenannten Gebieten und Orten, sammt allen ihren Zuständigkeiten und Zubehörungen, feierlichen besitz, vereinigen sie mit Unserem Großherzogthum, und treten über dieselben Unsere Regierung hierdurch an. Indem Wir solches Thun, verlangen Wir von allen Einwohnern dieser Lande, von den geistlichen und weltlichen Behörden und Beamten, von sämmtlichen Dienern, Unterthanen und Insassen, wessen Standes und welcher Würde sie seyn mögen, daß sie Uns von nun an als ihren rechtmäßigen Regenten und Landes- herrn erkennen und ansehen, Uns und Unseren Nachfolgern auf Erfordern die Huldigung leisten, und in Treue und Unterthänigkeit Unseren Befehlen gehorsamlich nachkommen. Wir ertheilen ihnen dagegen die Versicherung, daß sie in Unserer landesväterlichen Huld und Gnade ruhen, und daß Wir der Beförderung ihrer Wohlfahrt Unsere unermüdete Sorgfalt widmen werden. Nur besondere Rücksichten des allgemeinen Besten werden Uns zu Aenderungen bestehender und durch Er- fahrung erprobter Einrichtungen bewegen; die Reste des Feudalsystems, die Zehnten und Frohnden, sind und bleiben in diesen Landen unterdrückt; das wahrhaft Gute, was Aufklärung und Zeitverhältnisse herbei- geführt, wird ferner bestehen; die Wunden aber, welche die verhängnißvolle Zeit geschlagen, die Unvoll- kommenheiten, welche sie mit sich gebracht, werden Wir, zur Freude Unseres Herzens, zu heilen und zu entfernen Uns eifrig bestreben. Der in Unserem Großherzogthum seit Jahren bereits ausgesprochene Grundsatz von gleicher Verthei- lung aller Staatslasten soll auch in dem neuen Bestandtheil desselben pünktlich beobachtet werden; eine sichere Justizverwaltung, die Unverletzlichkeit jedes erworbenen Eigenthums, die Wohlthaten eines gut ein- gerichteten öffentlichen Unterrichts, die Freiheit des Glaubens, und die Preßfreiheit, haben sich Unseres besonderen Schutzes, Unserer vorzüglichen Pflege zu erfreuen. Die öffentlichen Diener und beamten bleiben sämmtlich vor der Hand in ihren Stellen und in den bishe- rigen Amtsverrichtungen, und gewärtigen Wir, daß sie sich durch treue Pflicht=Erfüllung Unserer Fürsorge und Unseres gnädigsten Vertrauens würdig zeigen werden. Hieran geschieht Unser Wille. Zu Urkunde dessen haben Wir Gegenwärtiges eigenhändig unterzeichnet, und das Staatssiegel beidru- cken lassen. Also gegeben und geschehen in Unserer Residenz Darmstadt am 8ten Juli 1816 (L. S.) L U D W I G.

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Beruf : Großherzogin von Hessen und bei Rhein

Luise Henriette Karoline von Hessen-Darmstadt Wilhelmine von Baden Mathilde Karoline von Bayern

Alice von Großbritannien und Irland Victoria Melita von Sachsen-Coburg und Gotha Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich

Alle Männer im Hause Hessen-Darmstadt Luise Henriette Karoline von Hessen-Darmstadt hießen Ludwig, da waren die Namen der sechs geboren am 15. Februar 1761 in Darmstadt Großherzoginnen zwischen 1816 und 1918 gestorben am 24. Oktober 1829 in Auerbach variantenreicher. Gemeinsam ist ihnen aber, dass sie meist sehr Luise war die erste der sechs Großherzogin- jung, wie in herrschaftlichen Häusern üblich, nen von Hessen und bei Rhein und damit auch verheiratet wurden und sich nicht unbedingt die erste für Mainz »zuständige« Titelträgerin. eines längeren Lebens erfreuen durften als ihre Sie war gerade einmal 16 Jahre alt, als die Ehe Untertaninnen selbst. zwischen ihr und ihrem Cousin, dem damaligen Mal mehr, mal weniger ins politische Gesche- Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt, ge- hen einbezogen, hatten sie ihre Rolle als »Frau schlossen wurde. an seiner Seite«. An seiner Seite machte auch Luise fürstliche Karriere. 1790 wurde Ludwig Landgraf Lud- wig X. Dank des rechtzeitigen Arrangements mit Napoléon und dem Beitritt zum Rheinbund 1806 wurde Ludwig dann mit dem Titel Groß- herzog belohnt. Aus Ludwig X. wurde Ludewig I. von Hessen. Luise, Mutter von sechs Kindern, galt als gebildete und geistreiche Frau mit gu- ten Verbindungen zur damaligen Dichterelite. Selbst Napoléon soll von ihr beeindruckt gewe- sen sein.

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Wege. Gerüchten zufolge soll Wilhelmine von Anders als in Darmstadt, wo die Luisenstraße einem Liebhaber noch vier weitere Kinder be- und der Luisenplatz noch heute an sie erinnern, kommen haben, die aber von Ludwig als ehelich hat die erste Großherzogin in ihrer Provinz- anerkannt wurden. (Die vermeintlich illegitime hauptstadt Mainz keine sichtbaren Spuren hin- Herkunft der jüngsten Tochter Marie hinderte terlassen. Nur Gatte Ludwig I. wurde gleich 1816 den späteren Zar Alexander II. keineswegs dar- nach der Übernahme der Stadt ins Herrschafts- an, sie zu heiraten.) gebiet mit der Benennung der Ludwigsstraße geehrt. Ironie der Geschichte: ursprünglich soll- te sie, als die Franzosen noch für Mainz Pläne Mathilde Karoline Friederike Wilhelmine schmieden konnten, Rue Napoléon heißen. Von Charlotte von Bayern eben jenem Napoleon hatte Ludwig 1806 profi- geboren am 30. August 1813 in Augsburg tiert und dann, wie viele andere auch, rasch die gestorben am 25. Mai 1862 in Darmstadt Seiten gewechselt als das Ende der napoleoni- schen Ära eingeläutet war. Auf dem Wiener Kon- Viele gekrönte Häupter hatten wohl ein Auge gress 1815 sicherte er sich dann, wenn auch im auf Mathilde, die Tochter Ludwig I. von Bayern Tausch mit einem Stück Westfalens, große Teile geworfen, doch am Ende machte Erbgroßherzog des ehemaligen Departements Donnersberg – Ludwig III. von Hessen-Darmstadt das Rennen. inklusive Mainz und eben jener Straße. 1833 wurde die Ehe zwischen ihm und der bay- erischen Prinzessin geschlossen. Nach dem frü- hen Tod ihrer Schwiegermutter Wilhelmine über- Wilhelmine Luise von Baden nahm Mathilde mehr und mehr Pflichten einer geboren am 10. September 1788 in Karlsruhe Großherzogin, auch wenn Ludwig III. selbst erst gestorben am 27. Januar 1836 in Darmstadt 1848 offiziell seine Regentschaft antrat. Mathilde galt als karitativ engagiert und poli- Nur sechs Jahre lang war Wilhelmine offiziell tisch interessiert – was sie sicherlich auch in der auch Großherzogin der Mainzerinnen. Bereits Zeit des Vormärz und den revolutionären Ereig- 1804, also ebenfalls mit gerade einmal 16 nissen des Jahres 1848 sein musste. So soll sie Jahren, wurde ihre Ehe mit Erbgroßherzog Lud- mehr als ihre Vorgängerinnen in tagespolitische wig II. geschlossen, doch erst mit dem Tode Fragen einbezogen gewesen sein. Auch Mainz Ludwig I. im Jahr 1830 gingen die Regierungsge- war für Mathilde keine unbekannte Größe im schäfte auf den ältesten Sohn über. Herrschaftsgebiet. Feierlich wurden Besuche Was für die allermeisten fürstlichen (und auch des großherzoglichen Paares begangen, ebenso bürgerlichen) Ehen der damaligen Zeit galt, galt feierlich 1858 deren Silberhochzeit. auch für die von Wilhelmine und Ludwig: sie Einen fürstlichen Titel zu tragen, war im 19. wurde arrangiert. Heiratspolitik war Teil des dy- Jahrhundert keine Garantie für ein langes Leben. nastischen Systems, Ehen zwischen relativ na- Mathilde starb bereits im Alter von 48 Jahren hen Verwandten üblich, wobei alle Fürstenhäu- an einer Unterleibserkrankung. Nach ihr wurde ser irgendwie um ein paar Ecken miteinander die berühmte Mathildenhöhe in Darmstadt be- verwandt waren. Da bildete Hessen-Darmstadt nannt und auch Mainz würdigte die Großher- keine Ausnahme. zogin 1868 posthum mit der Benennung der Wilhelmines ältere Schwestern hatten bereits Mathildenstraße. gute Partien gemacht. Louise war Kaiserin von Da Mathilde und Ludwig III. keine Kinder hat- Russland, Friederike Königin von Schweden und ten, ging der Titel Großherzog an den Neffen Caroline bayerische Königin. Wilhelmines Weg Ludwigs III., an Ludwig IV. über. führte aber nur nach Darmstadt in die Familie Ludwig III. schloss nach dem Tod seiner Frau mütterlicherseits, noch dazu war Ludwig II. ein eine zweite, so genannte morganatische Ehe mit Cousin. der Balletttänzerin Anna Magdalena Appel und Von einer glücklichen Ehe konnte wohl keine zog sich mehr und mehr von den Regierungsge- Rede sein, denn das Paar ging nach der Geburt schäften zurück. Diese Form der kirchlich und zweiter Söhne mehr oder minder getrennte staatlich rechtsgültigen Ehe »zur linken Hand«

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war in Adelskreisen durchaus üblich, wenn die »Die Verblichene war eine Frau von reichen neue Frau keine ebenbürtige Adelige war. So Geistesgaben, von hohem Verstande, der viel- hatte auch Anna Magdalena Appel keinen An- seitigsten Interessen umfaßte und zugleich von spruch auf Titel und Vermögen des Hauses Hes- tiefem, opferfrohen Gemüthe. Die Kunst betrau- sen-Darmstadt und »zählt« daher auch nicht ert in ihr eine Beschützerin, die mit feinem Ver- zum Kreis der Majestäten. ständnis alle Große und Gute stets zu fördern bereit war. Sie war eine der hochsinnigsten und edelsten Fürstinnen, die je einen deutschen Alice Maud Mary von Großbritannien Thron geziert haben«, schrieb der Hofschau- geboren am 25. April 1843 in London spieler Hermann Knispel in seiner 1891 veröf- gestorben am 14. Dezember 1878 in Darmstadt fentlichten Geschichte des Großherzoglichen Hoftheaters Darmstadt. An keine andere hessisch-darmstädtische Die Förderung der Kunst wurde dann zur Auf- Großherzogin gibt es in Mainz so viele nament- gabe ihres Sohnes Ernst Ludwig, in dessen Re- liche Erinnerungen wie an Alice von Großbritan- gierungszeit beispielsweise die Gründung der nien. Alicenplatz, Alicenstraße und Alicenbrü- Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe fiel. cke sind vertraute Orte. Die auf ihre Gründung zurückgehende Alicen-Schwesternschaft gibt es immer noch (siehe Kapitel zum Alice-Verein Victoria Melita von Sachsen-Coburg und Gotha für Krankenpflege). Nur das Alice-Krankenhaus geboren am 25. November 1876 in Valetta heißt nicht mehr so und auch die Alicen-Kaserne (Malta) steht schon lange nicht mehr. gestorben am 2. März 1936 in Amorbach Mit Alice kam durch die Heirat mit Ludwig IV. 1862 einmal mehr die große Dynastienwelt ins Aus royaler Sicht schien es 1894 eine gute beschauliche Großherzogtum. Sie war die zwei- Idee zu sein, die Ehe zwischen einer Enkelin und te Tochter der britischen Königin Victoria. einem Enkel der britischen Königin Victoria zu Auch wenn Alice offiziell erst ein Jahr vor ih- stiften. Doch die so geschlossene Verbindung rem Tod mit dem Regierungsantritt ihres Man- zwischen Victoria Melita, genannt Ducky, und nes den Titel Großherzogin tragen konnte, war Erbgroßherzog Ernst Ludwig war alles andere als Prinzessin Alice für Hessen-Darmstadt und auch haltbar. Bereits um 1900 ging die Ehe in die Brü- für Mainz schon lange eine sozialfürsorgerische che, und Victoria heiratete nach der Scheidung Institution. So wie Ludwig IV. bereits anstelle gegen viele Widerstände in der eigenen Fami- seines Onkels Ludwig III. den Regierungsge- lie den russischen Großfürsten Kyrill Romanow schäften nachging, so machte sich auch Alice (und damit wiederum einen Cousin). rasch vertraut mit den Gegebenheiten an ih- Und auch Ernst Ludwig tat sich um und fand in rem neuen Wohnort. Schon 1863 startete sie Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich eine neue in Darmstadt erste Initiativen zur Verbesserung standesgemäße Ehefrau. der Gesundheitsfürsorge, gründete 1868 den nach ihr benannten Kranken- und Armenpflege- verein, kümmerte sich um Wöchnerinnen- und Säuglingspflege. Sie engagierte sich aber auch Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich gemeinsam mit der Darmstädterin Luise Büch- geboren am 17. September 1871 in Lich ner für Frauenerwerbsarbeit und die berufliche gestorben am 16. November 1937 nahe Qualifizierung von Frauen. Ostende Alice, selbst Mutter von sieben Kindern, galt als geborene Krankenschwester. Sie starb mit Die sichtbarste Erinnerung an Eleonore steht nur 35 Jahren an Diphterie, nachdem sie an die- in Darmstadt: der markante Hochzeitsturm auf ser Krankheit leidende und verstorbene Famili- der Mathildenhöhe. Doch auch in Mainz-Gon- enmitglieder gepflegt hatte. senheim gibt es die nach ihr benannte Eleono- Die Nachwelt rühmte sie auch wegen ihres En- renstraße. Und noch etwas macht sie historisch gagements für Kunst und Kultur. bedeutsam: sie war die letzte Frau mit dem Titel

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Großherzogin von Hessen und bei Rhein. Soldaten. Von Anfang an trat Eleonore in die sozialfür- Ab November 1918 gab es dann keine Kaiser, sorgerischen Fußstapfen ihrer Schwiegermutter Könige oder andere Fürsten mehr und auch Ele- Alice und setzte sich zum Ziel, besonders die onore und Ernst Ludwig besaßen keine großher- Säuglingssterblichkeit deutlich zu verringern. zoglichen Würden mehr. Doch nicht nur das, sie führte während des Fron- Eleonore überlebte ihren Mann nur um einen teinsatzes von Ernst Ludwig im Ersten Weltkrieg Monat. Sie kam zusammen mit ihrem ältesten selbst die Regierungsgeschäfte. Ebenso enga- Sohn und anderen Familienmitgliedern im No- gierte sie sich für die Versorgung verwundeter vember 1937 bei einem Flugzeugabsturz nahe Ostende in Belgien ums Leben.

Rheinhessen – leicht erklärt anno 1835

Auszug aus: Rheinhessen in seiner Entwickelung von 1793 bis Ende 1834. Ein statistisch staatswirthschaftlicher Versuch von Wilhelm Heße, Direktor des Großherzoglich Hessischen Oberschulraths, Präsidenten des landwirthschaftlichen Vereins und vormaligem Mitgliede der Provinzial-Verwaltungs - Behörde für Rheinhessen. Mit einer Charte von Rheinhessen und einer lithographirten Tafel. Mainz, Druck und Verlag von Florian Kupferberg, 1835.

»Der Rheinhesse ist von starkem Körperbau, geschickt und gewandt zu allen Feldarbeiten, welche er mit Lust betreibt. Selbst im Winter, wenn die Witterung es nur einigermaßen gestattet, nimmt er Grundverbesserungen oder Anrottungen von Weinbergen auf seinen Feldern vor. […] Von Natur aus mit glücklichen Anlagen und heiterem Sinne begabt, haben die äußeren Verhält- nisse, in welchen der Rheinhesse sich bewegt, seine Gewandtheit im Leben erhöht. Leider können wir hier nicht unbemerkt lassen, daß die gründliche Bildung und Entwickelung des Gemüthes und Geistes nicht in gleichem Schritte mit jenen äußeren Einwirkungen gefördert wurde.« […] (Seite 72)

»Den Hauptgenuß gewährt dem Rheinhessen der Wein. In guten Weinjahren versagt er sich auch zuweilen das Uebermaß desselben nicht. Doch kann man den Hang zur Trunkenheit nicht als ei- nen allgemeinen Fehler im Leben des Rheinhessen bezeichnen. Der Brandwein ist ihm zuwider. Nur in Städten wird Bier getrunken.« […] (Seite 74)

»Das weibliche Geschlecht auf dem Lande trägt in der Regel am Sonntag Kleider von baumwol- lenen gefärbten Stoffen, im Winter von Bieber oder Tuch. Häufig gehen die Weiber im Sommer ohne Schuhe und Strümpfe. Die Hauben sind bei den jüngeren Frauen und Mädchen beinahe verschwunden.« […] (Seite 75)

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Franziska Lennig Pädagogin und Institutsleiterin geboren am 25. November 1790 in Mainz Sterbedatum nicht ermittelbar

Bildung für Mädchen? Und wenn ja, welche? Lennig sich nicht hätte niederlassen können. Wie nützlich sollte sie sein und wie gründlich? Finanziell und organisatorisch wurde die 33-Jäh- Diese Fragen wurden im 19. Jahrhundert über- rige dabei von ihren Eltern unterstützt. Mit meist all in Europa diskutiert, und eben auch in Mainz 20 bis 24 Schülerinnen konnte sich die Schul- und im Großherzogtum Hessen-Darmstadt. gründerin und Lehrerin wohl gut gegenüber an- Neben den meist schlecht ausgestatteten und deren privaten Schulen behaupten, auch wenn völlig überfüllten öffentlichen Schulen für Mäd- sie später beklagen sollte, es sei ungünstig, in chen »aus dem Volk« blühte das Privatschulwe- einer Residenzstadt ohne enge Beziehungen sen für alle, die es sich leisten konnten, für die zum Hofe, ohne Protektion höherer Kreise, eine Schulbildung ihrer Töchter teuer zu bezahlen. Schule betreiben zu wollen. So ganz ohne Un- Anders als bei der Schulbildung für Jungen, wur- terstützung von oben mag sie aber nicht gewe- den Privatschulen für Mädchen schon deshalb sen sein, zumal sie sich als Katholikin im evan- lange Zeit von der Obrigkeit geduldet, weil das gelischen Darmstadt pädagogisch betätigen Bildungsangebot für sie sonst noch bescheide- konnte. ner gewesen wäre. Franziska Lennig selbst hatte das Glück, den So schien es auch für die gebürtige Mainzerin für eine Mainzerin ihrer Zeit bestmöglichen Un- Franziska Lennig eine gute Idee zu sein, 1823 terricht zu bekommen. Die Tochter von Ottilie und nach Darmstadt zu ziehen und dort am Luisen- Erasmus Lennig, einem ehemaligen kurmainzi- platz eine neue private Mädchenschule zu er- schen höheren Beamten, hatte beispielsweise öffnen. Den Nutzen einer solchen Schule in der zwischen 1805 und 1808 in Mainz das Josephi- Residenzstadt sah wohl auch die großherzogli- nenstift besucht, ein nach französischem Vor- che Regierung, ohne deren Erlaubnis Franziska bild geführtes Institut für »junge Frauenzimmer

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vom Stande.« Benannt nach Napoléons erster So waren die Adressatinnen der »Neuen Leva- Ehefrau Joséphine, wurde diese Schule 1804 na« vor allem Mütter ohne besondere Bildung, auf Betreiben von Bischof Colmar gegründet. die mit gelehrten Ansichten wenig anzufangen Leiterin war die gebürtige Straßburgerin Louise wussten. Lennigs Buch war aber vor allem ein Humann, die Colmar nach Mainz gefolgt war. Plädoyer für Reformen im Mädchenschulwesen Französisch stand ganz oben auf dem Stunden- und der Lehrerinnen(aus)bildung. plan, was Franziska Lennig half, mit 18 Jahren Die »Neue Levana« fand große Resonanz; in ihre Schullaufbahn in Nancy und Pont-à-Mous- etlichen Zeitungen wurden meist wohlwollende son fortzusetzen. Rezensionen veröffentlicht. Nur ein Kritiker der Eine geregelte Lehrerinnenausbildung gab es Allgemeinen Literatur-Zeitung empfand ihren Stil zu dieser Zeit nicht. Frauen, die als Lehrerinnen als etwas zu unweiblich und zu keck. Erwähnung tätig sein wollten, mussten ihre Befähigung au- fand Lennig auch im »Biographisch-literarischen todidaktisch erwerben und darüber so gut es Lexikon der Schriftsteller des Großherzogthums ging einen Nachweis erbringen. Hessen im ersten Viertel des neunzehnten Jahr- Trotz des guten Zulaufs von Schülerinnen an hunderts«, 1831 herausgegeben von Heinrich der Lennigschen Erziehungsanstalt bestand die Eduard Scriba. Schule nur bis 1828. Nach dem Tod ihres Vaters übernahm Franziska gemeinsam mit ihrer Mut- Franziska Lennig zog aus Darmstadt fort; das ter die Leitung des familieneigenen Weingutes Mädchenschulwesen aber entwickelte sich dort in Bodenheim. Zur schon genehmigten Verle- weiter. Bereits 1829 wurde die erste öffentliche gung der Darmstädter Schule nach Mainz kam höhere Mädchenschule eingerichtet, für Mäd- es dann nicht mehr. 1830 verließ sie nach der chen »aus dem gebildeten Bürgerstande«, die Heirat mit einem französischen Adeligen Mainz spätere Viktoriaschule. und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt für Die Mädchen in Mainz hingegen mussten sich immer. Ihre Spuren verlieren sich irgendwo in noch jahrzehntelang mit Privatschulen zufrie- Frankreich. dengeben, wenn sie etwas mehr lernen woll- ten oder sollten als Grundkenntnisse in Lesen, Doch noch etwas sollte Franziska Lennig noch Schreiben, Rechnen und Religion. Erst 1889 lange Zeit mit Darmstadt verbinden. Dort ent- wurde in Mainz die städtische höhere Mädchen- stand und erschien 1828 ihre zweibändige päd- schule eröffnet. agogische Schrift »Die Neue Levana oder Natur, Kunst und Schönheit«. Mit der »neuen Levana« wollte Franziska Lennig die Inhalte der 1807 erstmals erschienenen pädagogischen Schrift von Jean Paul »Levana oder Erziehlehre« allge- meinverständlicher machen. »Eine der besten Erziehlehren, die bis jetzt er- schienen, ist unstreitig jene von Jean Paul. Nur ein warmfühlendes Herz, reiner Glaube an ange- borne Tugend und Anerkennung ihres Werthes konnten seine Feder führen und die Wichtigkeit der Erziehung so darstellen, wie er es that. Sein Werk würde ein allgemeinnütziges geworden seyn, wäre es kein gelehrtes; die Ironie, mit wel- cher er darin oft auf unser Geschlecht anspielt, scheint zu rechtfertigen, daß er wenig von dem- selben erwartet; er beweißt weniger Frauen- als Männerkenntniß […]. Ich aber glaube, daß eine Erziehlehre für die Frauen geschrieben seyn aus: Biographisch-literarischen Lexikon der Schriftsteller des Groß- dürfte […]« schrieb Lennig dazu. herzogthums Hessen im ersten Viertel des neunzehnten Jahrhun- derts, verfasst von Heinrich Eduard Scriba

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Kathinka Halein-Zitz Dichterin, Schriftstellerin und Demokratin geboren am 4. November 1801 in Mainz gestorben am 8. März 1877 in Mainz

einmal 21 Jahre alt, als sie in Schindels Schrift- stellerinnenlexikon Erwähnung fand. Was sie in dieser Zeit besonders kränkte, war, dass sie ausgerechnet von den Mainzerinnen der bes- seren Gesellschaft mit Herablassung behandelt oder gar angefeindet wurde, während die männ- liche Kritik sie über die Stadtgrenzen hinaus durchaus als »deutsche Sappho«, als »Mainzer Nachtigall«, feierte – ein Urteil, das sich schon bald darauf ändern sollte…

Das Familienleben war da schon längst aus den Fugen geraten, ein Zusammenleben mit Va- ter Anton Viktor unerträglich geworden. 1825, nach dem Tod ihrer Mutter, beschloss Kathinka,

Bildnachweis: Stadtarchiv Mainz, BPS zu Hause auszuziehen und eine Stelle als Er- zieherin anzunehmen. Diese Stelle fand sie in Nur zwei Jahre wohnte und arbeitete Kathinka Darmstadt als Erzieherin von Léontine Cavalli. Halein in Darmstadt. Doch diese kurze Zeit, so Im Haus von Louis Karl Cavalli, einem Kaufmann der amerikanische Historiker Stanley Zucker, sei und Bankier und seiner Frau Maria Dorothea, die wohl erfreulichste ihres Lebens gewesen. geborene Borgnis, fand sie das kulturell und Dabei hatte eigentlich alles gut angefangen, gesellschaftlich anregende Umfeld, das sie bis- damals im November 1801 im Mainzer Kirsch- lang vermisst hatte. Zwei Jahre lang konnte sie garten, im Haus der Familie Halein. Kathinka ihren Lebensunterhalt verdienen, sich weiter- Therese Pauline Modesta, die älteste Tochter bilden, lesen, schreiben, ins Theater gehen, die von Anna, geborene Markowitzka, und Anton Familie auf Reisen begleiten. Die Cavallis aber Viktor Halein, wuchs in gutbürgerlichen Mainzer trennten sich 1827, und Kathinkas Dienste als Verhältnissen, wenn auch in politisch schwieri- Lehrerin und Erzieherin wurden nicht länger ge- gen Zeiten, auf. Bei Kathinkas Geburt war Mainz braucht. Erhalten blieb ihr aber die Verbindung wieder einmal französisch, und die Familie Hal- zu einzelnen Familienmitgliedern. (Ihr Schütz- ein passte gut dazu: Mainzer Bürgertum mit ling Léontine lebte bei ihrer Mutter, die in zwei- französischer Verwandtschaft. Vater Anton Vik- ter Ehe Georg Hallwachs, Obergerichtsvizeprä- tor führte zunächst die Firma seines Vaters wei- sident in Mainz und Abgeordneter der Zweiten ter, Mutter Anna war dann nach dem Niedergang Kammer der Landstände des Großherzogtums dieser Firma selbst als Geschäftsfrau tätig. Hessen-Darmstadt, heiratete.)

Kathinka Halein erhielt eine für die damali- Kathinka zog nach einem kurzen unerfreuli- ge Zeit gute Ausbildung, wozu auch zwei Jahre chen Intermezzo als Leiterin eines Erziehungs- in einem vornehmen Pensionat in Straßburg instituts in Kaiserslautern zurück nach Mainz. gehörten. Als 15jährige schrieb sie erstmals – Ihren Lebensunterhalt verdienten sie und ihre wenn auch anonym – einen Beitrag für die Main- Schwester Julia mehr schlecht als recht durch zer Zeitung. Von da an schrieb sie, zunächst Ge- Handarbeiten und kleinere literarische Werke. dichte und kleine Geschichten. Sie war gerade

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Kathinkas produktivste und auch finanziell Wenn auch Mainz ihr Wohn- und Arbeitsort erfolgreichere Zeit als Schriftstellerin sollte noch blieb, Darmstadt und die großherzogliche Re- kommen. (Am Ende waren es rund 35 Buchpro- gierungspolitik spielte weiter eine große Rolle duktionen, 27 selbstständige Schriften für Kin- in ihrem Leben als Autorin. Immer wieder be- der und unzählige Veröffentlichungen in Zeitun- leuchtete sie in Zeitungsartikeln, aber auch in gen, Zeitschriften und Almanachen, die sie unter Gedichten und Geschichten die politische Si- eigenem Namen oder einem ihrer vielen Pseud- tuation, sei es nun im Großherzogtum oder im onyme verfasst hatte.) restlichen Deutschland. Nicht unbemerkt blieb 1837 heiratete sie den Demokraten und auch in Darmstadt Kathinkas Rolle bei der Un- Rechtsanwalt Franz Zitz – eine, wie sich schon terstützung der Aufständischen 1849 – was ihr bald zeigte, krasse Fehlentscheidung. Keine dann auch als führende Repräsentantin der Hu- Fehlentscheidung aber war ihr zunehmendes mania im Mainzer Hochverratsprozess von 1850 politisches Interesse und Engagement in der ein Verhör eintrug. Zeit des Vormärz und rund um die Aufstands- Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die – nun bewegung 1848/1849. Auch wenn viele ihrer fast erblindete – Schriftstellerin in der Obhut Artikel wegen der weniger strengen Pressezen- der Barmherzigen Schwestern auf dem Kästrich. sur im Großherzogtum Baden in Mannheim er- Ihre Romane, Geschichten, Gedichte und Zeit- scheinen mussten, befasste sie sich besonders schriftenartikel gerieten schon bald nach ihrem mit Angelegenheiten im Großherzogtum Hes- Tod 1877 in Vergessenheit. sen-Darmstadt. So ging sie – wie auch andere Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts setzt – publizistisch gegen die Pläne Ludwigs II. an, wieder die Erinnerung an die erste populäre den immer noch in Rheinhessen geltenden fran- Mainzer Schriftstellerin ein. Ausgerechnet von zösischen Code Civil durch ein rückschrittliches Darmstadt aus entdeckte der Schriftsteller Arno Zivilgesetz zu ersetzen. Schmidt sie neu und stellte Kathinka Zitz in den Im Mai 1849 gründete sie dann zusammen Mittelpunkt seiner 1956 veröffentlichten Erzäh- mit anderen Mainzerinnen den Frauenverein lung »Tina oder über die Unsterblichkeit«. Doch »Humania« zur Unterstützung der Aufständi- auch Mainz erinnerte sich, zum Beispiel seit schen und zur Versorgung ihrer Familien. 1998 durch den Kathinka Zitz-Weg in der Nähe (Siehe Seite 22, Beitrag zu »Humania«) ihres Geburtshauses am Kirschgarten.

Stimmungen in Hessen-Darmstadt

»Eine Sonderstellung nimmt dagegen Mainz ein. Es hatte zu viel Bewußtsein seiner Geschichte und Bedeutung, um so ohne Weiteres in den Rang einer hessischen Provinzialstadt zurückzu- treten. Der richtige Mainzer sah mit einer gewissen Verachtung auf die so viel kleinere Landes- hauptstadt mit einer so kleinen Vergangenheit. Sogar wenn er von der Römerzeit nichts gewußt hätte, so predigten ihm doch die üppigen Barockbauten der Kurfürsten von einer noch nicht lange geschwundenen Zeit, wo Mainz selbst Residenz und Hauptstadt war und sein Fürst der erste des hl. Römischen Reiches, - etwas ganz Andres als der damalige kleine Landgraf von Hessen-Darmstadt dort drüben in seinem sandigen Ländchen. So hatte der Mainzer wenig Hes- sisches, wenn auch die Schiffbrücke nach Castel ihm die Landesfarben täglich in bauschigem Flor zeigte. Er war zunächst Mainzer, ebenso tüchtig in der Arbeit als flott beim Plaisier, und die Politik hat ihm von jeher weniger Kopfbrechen gemacht als die Frage, wie der nächste Carneval zu feiern sei [...]«

aus: Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. Jg. 25, 1866, II. Semester, IV. Band, Seite 309

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Agnes Pirscher, geborene Agnes Traut Sängerin geboren am 2. August 1811 in Mainz gestorben am 17. Mai 1861 in Darmstadt

Verbreitung nützlicher Kenntnisse«. (Eben jener Georg Moller entwarf dann auch im großherzo- glichen Auftrag das Mainzer Stadttheater an der Ludwigsstraße, das 1833 eingeweiht wurde.) Zu einer der prominentesten Sängerinnen am Darmstädter Theater wurde die gebürtige Main- zerin Agnes Pirscher. Über 20 Jahre stand die Sopranistin ab 1838 hauptsächlich bei Opern- aufführungen auf der Darmstädter Bühne. Doch Pirscher sang auch Oratorien, wirkte mit an Lie- derabenden und vielem mehr. Entdeckt und gefördert durch ihren Adoptiv- vater, einen Musiker des Mainzer Theaters, er- hielt Agnes Traut schon als kleines Mädchen Gesangsunterricht. Erste Bühnenerfahrungen sammelte sie als Mitglied des Mainzer Thea- terchores und trat später auch mit kleinen Solo- partien auf. Doch lange sollte sie nicht in Mainz bleiben. Sängerin zu sein, bedeutete auch

Bildnachweis: Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Sammlung Manskopf damals, in wechselnden Ensembles auf wech- selnden Bühnen aufzutreten und Gastspiele zu geben. Ein gutes hatte die deutsche Kleinstaaterei Mit 18 Jahren debütierte Agnes Traut am des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Hoftheater in Kassel. 1832 heiratete sie den Jahrhunderts: wer als Fürst was auf sich hielt, Schauspieler und Regisseur Ferdinand Pirscher. schmückte sich mit Kunst und Kultur. In all den Als Madame Pirscher ging sie dann nach Leip- vielen Residenzen und Städten entstanden fes- zig, Berlin und London, wo sie zeitgenössischen te Häuser - mit festeren Ensembles - für Oper, Darstellungen zufolge, große Erfolge feierte. Schauspiel und Tanz. Besonders beliebt war die Wieder in Deutschland, fanden sie und ihr Mann Gründung von Hoftheatern. Sie dienten dem ein neues Engagement am Hoftheater in Mann- Zeitvertreib der höfischen Gesellschaft, waren heim. Von dort aus hatte Agnes Pirscher immer aber auch fürs nichtadlige »Volk« gedacht. wieder Gastauftritte in Darmstadt. So sang sie im Januar 1835 die Partie der Donna Anna in Ab dem 23. Mai 1810 besaß auch die Resi- Mozarts »Don Juan«, trat später mit der Titelrolle denzstadt Darmstadt ganz offiziell ein groß- in Bellinis »Norma« auf und auch in der Rolle der herzogliches Hoftheater. Ludwig I., ein aus- Leonore in Beethovens »Fidelio«. gewiesener Theaterfan, hatte im doppelten Dem Darmstädter Hof und dem bürgerli- Wortsinn die Regie über das bis dahin von der chen Publikum gefiel sie, und auch ihr muss Krebs’schen Theatergesellschaft gebotene The- Darmstadt zugesagt haben: Madame Pirscher ater übernommen. mitsamt Ehemann Ferdinand blieb von da an 1819 folgte der Bezug des neuen von Georg dem Hoftheater erhalten. Moller geplanten Theaterbaus zwischen Schloss So schrieb der Chronist des Darmstädter und Herrngarten. Das Haus mit 1800 Plätzen Theaters Hermann Knispel »Unter den enga- diente »zur Beförderung wahrer Aufklärung und gierten Mitgliedern nahm Madame Pirscher

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eine herausragende Stellung ein. Die mit Recht Ab Mitte der 1850er Jahre trat sie aber nur hochgefeierte Sängerin bestätigte vollkommen noch sehr selten auf. Wenn auch unter dem Na- den schon früher in Gastrollen und auch hier men ihres Mannes Ferdinand in den Darmstäd- gewonnenen Ruf und gefiel sowohl durch ihre ter Adressbüchern noch (wechselnde) Wohn- reine, klangvolle Stimme, als auch durch ihren adressen in der Stadt verzeichnet sind, so lebte schönen Vortrag und ihr angemessenes Spiel.« Agnes Pirscher ab Mitte der 1850er Jahre sehr Noch überschwänglicher gerieten Kritiken in zurückgezogen aus der Öffentlichkeit auf ihrem Theaterzeitungen über Pirschers Gastspiele an Landsitz. Außerhalb von Darmstadt geriet die anderen Bühnen. Die Wiener Theaterzeitung Künstlerin nach ihrem Rückzug von der Bühne meldete im August 1839: »Das herrliche Porta- schnell in Vergessenheit. ment der Stimme und der seelenvolle Ausdruck In der in Mainz bei Schott herausgegebenen im Vortrag weisen Mad. Pirscher einen ehrenvol- Süddeutschen Musik-Zeitung erschien im Juni len Rang unter den besten Sängerinnen Deutsch- 1861 nur ein kurzer Nachruf: lands an, und wir müssen den ihr gespendeten »Darmstadt. Am 17. v. M. starb hier die Sänge- Beifall als einen gerechten bezeichnen.« rin Agnes Pirscher, die einst zu den ersten Zier- Gesungen hatte Pirscher die Rolle der Rezia in den der Mannheimer Bühne gehörte, dann auf Webers Oberon – und mit eben dieser Rolle trat der Höhe ihres Ruhms dem künstlerischen Beru- sie dann auch im August 1837 zur Einweihung fe entsagte und sich in die Stille einer rastlosen des Gutenberg-Denkmals im Mainzer Theater landwirthschaftlichen Thätigkeit zurückzog; eine auf. (1842 kam sie noch einmal nach Mainz, Frau von dem vortrefflichsten Charakter, der die um gemeinsam mit 1.100 Mitwirkenden in allgemeine Verehrung und Liebe ihrer Mitbürger der Fruchthalle Händels Oratorium Belshazzar zu Theil wurde.« aufzuführen.) Vom Geburtsort Mainz und vom langjährigen Offizielles Mitglied des Darmstädter Ensemb- Wirkungsort Darmstadt war darin keine Rede. les blieb Pirscher bis zu ihrem Tod.

aus: Damenconverstationslexikon, Band 3, 1835

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Mainzer Theaterfrauen im 19. Jahrhundert

Frauen auf der Bühne waren, seit Frauenrollen nicht mehr von Männern gespielt wurden, keine Seltenheit – Frauen als Theaterdirektorinnen aber (bis heute!) schon. Dass in Mainz im 19. Jahr- hundert gleich drei Frauen jeweils für kurze Zeit an der Spitze des Theaters standen, ist eine the- atergeschichtliche Besonderheit. Die Leitung eines Theaters geschah vor Erfindung des subven- tionierten Theaters auf eigenes Risiko und war in den meisten Fällen ein wirtschaftliches Wagnis – für eine Frau im 19. Jahrhundert noch viel mehr als für einen Mann.

Im Mai 1807, also noch in der französischen Ära der Stadt, übernahm Madame Deloi die Leitung des damals noch so benannten Nationaltheaters. Der Witwe des Theaterdirektors Deloi, der von 1800 bis 1805 die Leitung innehatte, wurde die »brevetierte Theaterdirektion des 24. Arrondis- sements« übertragen. Spielort war noch die ehemalige Reithalle in der Mittleren Bleiche (dort wo sich heute die Steinhalle des Landesmuseums befindet). In ihrer zweijährigen Amtszeit brachte Madame Deloi sehr erfolgreich ein französisches Programm mit Lustspielen und Opern auf die Bühne, musste dann aber 1809 wegen Baufälligkeit des Theatersaals aufgeben.

Am 8. Juni 1816, und damit einen Monat vor der offiziellen Inbesitznahme der Stadt durch das Großherzogtum Hessen, übernahm Karoline Müller die Leitung des »Neuen Mainzer Nationalthe- aters«. Sie hatte bereits in Augsburg mehrere Jahre gemeinsam mit ihrem Mann, aber auch allein, das dortige Theater geleitet. Wie schon in Augsburg, wuchsen Karoline Müller, trotz zahl- reicher lukrativer Opernaufführungen, Shakespeare- und Schillerinszenierungen, die finanziellen Verpflichtungen schnell über den Kopf. Nur ein Jahr später verließ sie Mainz und zog nach Straß- burg, wo sie auch schon früher gearbeitet hatte. Mehr als fünfzig Jahre sollte es dauern, bis wieder eine Frau an der Spitze des Theaters stand. Karoline Ernst, selbst Schauspielerin, übernahm im Februar 1872 die Leitung des Stadttheaters im Theaterbau von Georg Moller. Die am 14. Februar 1821 in Eisenach geborene Künstlerin sorg- te für zahlreiche Uraufführungen, stärkte das Schauspiel und bot dem Publikum unter anderem mit Wagners »Meistersingern« oder der »Fledermaus« von Johann Strauss viel Musiktheater. Unter der Leitung von Karoline Ernst wurden auch Sinfoniekonzerte zur ständigen Einrichtung. 1876 gab sie die Theaterdirektion in Mainz wieder auf. Zur Spielzeit 1875/76 hatte Karoline Ernst zusätzlich die Leitung der Koblenzer Bühne übernommen und reiste – zum Unmut des Publikums in Mainz und in Koblenz – häufig mitsamt Ensemble zwischen den beiden Städten hin und her. Das Mainzer Stadttheater besaß im 19. Jahrhundert noch eine weibliche Besonderheit: eine Be- leuchterin. Über fünfzig Jahre sorgte Nanette Zündel, später verheiratete Weber, als Illuminatrice dafür, dass alle Szenen ins rechte Licht gerückt wurden.

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Der Mainzer Frauenverein Humania 1849 Ein Verein zwischen Politik und sozialer Tat

Mit Feder und Papier für demokratischere Ver- zur Unterstützung der Aufständischen von hältnisse einzutreten war Mitte des 19. Jahrhun- 1848/1849 und ihrer Familien. Innerhalb von derts schon gewagt für eine Frau. Noch gewagter zwei Wochen nach dem Zusammenschluss hatte war es, selbst zu handeln oder in der Öffentlich- die Mainzer Organisation bereits 1500 Mitglie- keit als Unterstützerinnen demokratischer Be- der, die Zahl wuchs noch auf insgesamt 1647. strebungen zu erscheinen. Statistisch gesehen, hatte sich fast jede neunte Neben den bekannten Revolutionärinnen wie zu dieser Zeit in Mainz lebende Frau dem Ver- Mathilde Franziska Annecke oder Emma Her- ein angeschlossen. Allein von Mai 1849 bis Juni wegh gab es überall in den damaligen deut- 1850 sammelte der Verein durch Mitgliedsbei- schen Ländern Frauen, die nicht abseits stehen träge, Spenden, Lotterien und Benefizveranstal- wollten, als die Männer beschlossen, mehr De- tungen beinahe 6000 Gulden zur Unterstützung mokratie zu wagen. der notleidenden Familien und der Aufständi- schen selbst. Neben Geld wurden Kleidungsstü- Zu ihnen gehörten auch die Frauen, die im Mai cke, Verbandsmaterialien und andere Hilfsgüter 1849 in Mainz den größten und einflussreichs- gesammelt und weitergeleitet. ten Frauenverein der Revolutionszeit 1848/49 gründeten. Der offizielle Name lautete »Huma- An der Spitze der Humania standen als Prä- nia. Mainzer Frauenverein für vaterländische sidentin Kathinka Zitz (siehe ihr Porträt oben) Interessen« und war der Zusammenschluss und als Vizepräsidentin Amalia Bamberger, de- zweier fast zeitgleich gebildeter Frauenvereine ren Sohn Ludwig eine bedeutende Rolle in der

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Mainzer demokratischen Bewegung spielte. Die einen wollten allgemein wohltätig wirken, Auch die meisten der insgesamt 21 Vorstands- andere wiederum sahen ihr Engagement stärker mitglieder hatten verwandtschaftliche Bezie- politisch motiviert. Zudem machten Gerüchte hungen zu Mitgliedern des 1848 gegründeten die Runde, die Mitgliederliste und etliche Papie- Demokratischen Vereins. Zu den Versammlun- re der Humania seien der Darmstädter Obrigkeit gen des Demokratischen Vereins, der zu seinen in die Hände gefallen. Auch wenn dies so nicht besten Zeiten 2000 Mitglieder zählte, hatten zutraf, war dem großherzoglichen Informations- Frauen nachweislich Zutritt, an eine Mitglied- und Überwachungsapparat von Anfang an nicht schaft aber war nicht zu denken. So entstand entgangen, was sich unter den Mainzerinnen im der Gedanke, nach dem Vorbild anderer Städ- Jahr 1849 tat und welche von ihnen als Demo- te eine eigenständige Frauenorganisation zu kratinnen in Erscheinung traten. bilden. Nur wenige Tage nach Humania selbst entstand in Kastel der Zweigverein Rhenania Am 16. Juni 1850 zogen Kathinka Zitz und und auch in anderen Orten des Großherzogtums sechs weitere Mitglieder des Vorstandes, dar- Hessen-Darmstadt schlossen sich Frauen zu unter Amalia Bamberger, die Konsequenzen aus ähnlichen Organisationen zusammen. den Querelen um den Vereinszweck und verlie- ßen Humania. Sie wollten keinem der allgemei- Bedürftige Frauen, deren Männer in den Auf- nen Wohlfahrt dienenden Verein angehören. ständen kämpften, gefallen, inhaftiert oder ge- Dem schlossen sich viele weitere Vereinsfrauen flüchtet waren, erhielten wöchentlich Geld vom an; die Mitgliederzahl sank rasch auf nur noch Verein. Es gab Hilfen für Schwangere, die Bezah- wenige hundert. lung von Ärzten wurde übernommen oder auch Durch die neue Beschränkung der Humania Kinderbetreuung organisiert, damit sich die auf bürgerliche Wohltätigkeit, wurde der Verein Frauen Arbeit suchen konnten. Auch die Kämp- nicht wie die übrigen politischen Vereine 1850 fer, die Gefangenen und Geflüchteten wurden verboten. Doch bereits ein Jahr später, im Sep- direkt materiell unterstützt. So reiste Kathinka tember 1851, löste sich der Verein ganz ohne Zitz selbst mit Hilfslieferungen für Gefangene Zutun der Darmstädter Obrigkeit von allein auf. und Geflüchtete bis in die Schweiz. Wie für alle Demokratinnen und Demokraten in ganz Deutschland, war es auch für die ehe- Die anfängliche Begeisterung der Mitglieder maligen Humania-Frauen mit der einsetzenden hielt nicht lange an. So gab es schon bald Streit Repression nach 1850 nicht mehr möglich, sich um die Höhe des Mitgliedsbeitrages, aber auch eine politische Organisationsform zu geben. um die inhaltliche Ausrichtung des Vereins.

aus: Damenconversationslexikon, Band 6, 1836

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Anna Ethel Schauspielerin und Soubrette

geboren am 15. November 1850 in Mainz gestorben am 12. Januar 1939 in Darmstadt

Geheimniskrämereien ums Alter und klei- ne Korrekturen am Geburtsdatum kamen auch schon bei Schauspielerinnen im 19. Jahrhun- dert vor. Sich jünger zu machen, war auch für ein Engagement an den damaligen Theatern von Vorteil. »So lange ich beim Theater war, habe ich mir nämlich immer zwei Jahre abgeschminkt…«, ge- stand dann auch die Mainzerin Anna Ethel in ihrer Autobiografie nach dem Ende ihrer Büh- nenlaufbahn. Und Ethel war auch nicht ihr rich- tiger Name. Geboren wurde sie als Anna Eckel in der Betzelsgasse als Tochter von Franziska Eckel, geborene Kempf, und von Franz Ferdin- and Eckel, einem Fotografen. Anna war das drit- te Kind und die einzige Tochter. Später wohnte die Familie am Liebfrauenplatz im Haus zum Rö- mischen Kaiser.

Bis zum Alter von 14 lebte Anna Ethel in

Mainz, besuchte die angesehene Privatschu- Rollenbild Anna Ethel le von Auguste Embdt und wechselte dann zur weiteren Ausbildung nach Alzey an das Institut Die Interimsspielstätte hielt die junge Schau- der Schwestern Schwarz. Dass sie Talent zur spielerin nicht davon ab, in Darmstadt mehr als Schauspielerei und eine gute Stimme besaß, nur ein Gastspiel zu geben. Auch Großherzog wurde dort schnell bemerkt, und Anna Ethel ge- Ludwig IV. entwickelte nicht nur Pläne zur Er- lang es, bei ihrer Mutter den Wunsch nach einer richtung eines neuen Theaters, sondern auch Gesangsausbildung durchzusetzen. Finanziell welche für den Spielbetrieb. So hieß es später von einem Onkel unterstützt, konnte sie mit 19 in einer Kabinettsorder »er wünsche, daß das Jahren ans Stuttgarter Konservatorium gehen. Schauspiel an seinem Hoftheater – und zwar Doch offensichtlich wurden bei ihrer Stimmbil- in seinem ganzen Umfange, als Trauerspiel, dung Fehler gemacht, die nicht einmal die be- Schauspiel und Lustspiel - nicht schlechter, son- kannte Sängerin und Gesangslehrerin Rosa von dern im Gegenteil besser werden solle.« Milde in Weimar beheben konnte. Anna Ethel aber wollte auf die Bühne und Gleich ihr erstes festes Engagement an einer nutzte am Weimarer Hoftheater die Chance, im Bühne wurde zur Lebensanstellung. Ab dem 12. Schauspiel zu debütieren. Am 22. Juni 1872 September 1973 war sie Ensemblemitglied am fand die Premiere des Schauspiels »Philippine Darmstädter Hoftheater und blieb dort 26 Jah- Welser« mit Anna Ethel in der Titelrolle statt. re lang. Anfangs besetzt als »jugendlich-senti- Knapp ein Jahr später, im Mai 1873, kam sie mentale Liebhaberin« wuchsen Anna Ethel mit zum ersten Mal als Gast ans Darmstädter Hofthe- der Zeit andere Rollenfächer zu. (Zur Spielzeit ater. Gespielt wurde dort seit März 1872 noch in 1888/1889 hieß es dann: »Fräulein Ethel trat einem Provisorium, denn das 1819 eingeweihte aus dem Fach der Liebhaberinnen in das der An- Hoftheater war im Oktober 1871 abgebrannt. standsdamen und Chargen.«)

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Die ambitionierte Schauspielerin merkte geworden war, übernahm sie auch größere Ge- schnell, dass es Frauen am Theater nicht leicht sangspartien in der Oper. Sie selbst aber be- gemacht wurde: zeichnete die Rolle der Recha in Nathan der Wei- »Merkwürdigerweise werden bei der Bühne in se als ihre Lieblingsrolle. fast allen Fächern aber die Männer bedeutend besser bezahlt als die Frauen, wofür ich eigent- Anna Ethel war in den über zweieinhalb Jahr- lich keinen rechten Grund auszufinden mag.« zehnten in Darmstadt zur kulturellen Institution Es ärgerte sie auch, dass Schauspielerinnen, geworden, daran änderte auch ihr endgültiger anders als die Männer, selbst für ihre Kostüme Abschied von der Bühne nichts. sorgen mussten. Was bei den vielen unterschied- lichen Rollen, die sie in einer Spielzeit geben Ab 1899 engagierte sie sich in der Freien lite- musste, eine echte Belastung werden konnte. rarisch-künstlerischen Gesellschaft, gab literari- Allein in ihrer letzten Spielzeit 1898/1899 wirk- sche Lesungen, veranstaltete Benefizabende zu- te sie in 15 Bühnenstücken mit. gunsten wohltätiger Zwecke und schrieb selbst Anna Ethel spielte und sang in Darmstadt al- Theaterstücke. Dazu zählten etwa das Märchen- les, mit Ausnahme von tragischen Heldinnen spiel »Königin Schneewittchen und ihre sieben oder anderen hochdramatischen Rollen. Auch tapferen Kinder«, das am 3. Dezember 1915 an wenn aus ihr letztendlich keine Opernsängerin der Wiener Volksoper uraufgeführt wurde.

Das Hoftheater in Darmstadt 1879, Bildnachweis: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt

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Der Alice-Frauenverein für Krankenpflege in Mainz

Bildnachweis: Stadtarchiv Mainz, BPS

Am 8. März 1870 trafen sich im Stadttheater folgte bereits wenige Monate später nach dem eine Reihe bekannter Mainzerinnen zur Grün- Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges. dungsversammlung des Mainzer Alice-Frauen- Zusammen mit dem Mainzer »Hilfsverein für die vereins für Krankenpflege. Zwei Jahre zuvor hat- Krankenpflege und die Unterstützung der Solda- te die spätere Großherzogin Alice den Verein für ten im Felde« organisierte der Alice-Verein die das Großherzogtum Hessen ins Leben gerufen, Versorgung Verwundeter. in der Folge bildeten sich in vielen Orten des Großherzogtums 19 Zweigvereine. Die große Interessant war die Führungsstruktur des Besonderheit dieses Vereins aus dem 19. Jahr- Vereins. Neben dem aus neun Frauen beste- hundert: die Alice-Schwesternschaft gibt es heu- henden und auf drei Jahre gewählten Vorstand te noch und ist noch 150 Jahre nach ihrer Grün- gab es noch einen fünfköpfigen Beirat, dem dung in Mainz aktiv. ausschließlich Männer angehörten. Drei davon mussten Ärzte sein, einer Jurist und einer Kauf- Die Gründerin, Alice von Großbritannien, galt mann. Diese Beiratsmitglieder besaßen volles ihren ZeitgenossInnen als geborene Kranken- Stimmrecht. schwester, so lag es für sie nahe, die Pflege in Zur ersten Präsidentin des Vereins wurde den Mittelpunkt ihres sozialen Engagements die bekannte Kunstmäzenin Betty v. Braun- zu stellen und für eine Professionalisierung der rasch-Schott gewählt, das Amt der Vizepräsiden- Krankenpflege einzutreten. Dieses Ziel setzte tin hatte die Mainzerin Emma Brazy inne. Viele sich auch der Mainzer Verein mit dem Anspruch, Frauen aus der Mainzer Gesellschaft übernah- für »...die Ausbildung tüchtiger Krankenpflege- men in den folgenden Jahrzehnten Funktionen rinnen und deren Verwendung, sowohl zur Be- im Alice-Frauenverein und sammelten erhebli- sorgung der gewöhnlichen Pflege, als auch be- che Geldbeträge zur Organisation des professi- sonders für Zeiten der Not, bei Seuchen oder in onellen Pflegedienstes. Kriegszeiten zu sorgen.« Knapp drei Wochen nach der Gründungsver- Die vom Vorstand ausgewählten Lernschwes- sammlung stellte der Mainzer Alice-Verein die tern wurden zunächst im Rochusspital, später erste Pflegerin zur Ausbildung ein. Die erste im eigenen Alice-Krankenhaus ausgebildet. Ein große Bewährungsprobe für den jungen Verein ausreichendes Gehalt und eine Altersversorgung

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für die Schwestern sollten den Pflegestandard Nach vielen Schwierigkeiten gelang es dem dauerhaft sichern. Alice-Frauenverein zusammen mit dem Kreisver- So hieß es bereits im Rechenschaftsbericht ein vom Roten Kreuz 1906 ein neues Alice-Heim vom 2. April 1873: »Nur wenn wir unsern Pfle- und 1907 das Alice-Krankenhaus Auf der Steig gerinnen eine geachtete Stellung verschaffen, zu eröffnen. Den größten Teil der Bausumme ihnen ein ausreichendes Gehalt geben und für von insgesamt 262.000 Mark steuerte der Frau- ihre Zukunft sorgen, können wir den Kranken- enverein bei. dienst auf eine solche Stufe heben, wie ihn die 1938 wurde der Alice-Frauenverein als selbst- Ansprüche der Neuzeit erfordern.« ständige Rotkreuz-Organisation zwangsweise Bereits 1893 konnte der Verein ein eigenes aufgelöst. Das Eigentumsrecht am Alice-Kran- Heim für die Alice-Schwestern eröffnen, ein Jahr kenhaus ging an den Kreisverband vom Roten später wurde für die Schwestern eine eigene Kreuz über. Nach der Wiederzulassung des Ro- Tracht eingeführt. ten Kreuzes in der französischen Besatzungszo- Der Verein selbst bestand aus aktiven Mitglie- ne Ende 1947 folgte auch die Neugründung der dern, den ausgebildeten Krankenpflegerinnen, Alice-Schwesternschaft Mainz. Das Alice-Kran- und aus zahlenden inaktiven Mitgliedern, die kenhaus unter der Leitung der Alice-Schwes- durch einen Jahresbeitrag von mindestens drei ternschaft bestand bis Ende Februar 1981. Nur Mark einen Anspruch auf Pflegeleistungen -er wenige Tage später erfolgte die Wiedereröffnung hielten. Nichtmitglieder konnten nur bei freien des Krankenhauses als DRK-Schmerzzentrum. Kapazitäten berücksichtigt werden. Die häus- Die Alice-Schwesternschaft Mainz aber besteht liche Pflege selbst war nur in Ausnahmefällen fort mit ihren Einrichtungen in Gonsenheim. kostenlos.

Das Mainzer Lehrerinnenseminar

Darmstadt hatte nicht nur seit 1829 eine Art höhere Mädchenschule, sondern auch seit Os- tern 1877 ein mit dieser Schule verbundenes Lehrerinnenseminar. Auf all diese Einrichtungen zum Erwerb einer (etwas) höheren Bildung und Ausbildung muss- ten die Mädchen in Mainz noch Jahrzehnte war- ten. Erst am 30. September 1889 fand die feier- liche Eröffnung der ersten städtischen höheren Mädchenschule in Mainz statt. Schon bald darauf entstand die Idee, in der Stadt auch eine Ausbildungsstätte für Lehrerin- nen einzurichten. Dazu wurde ab dem Jahr 1901 die elfte Klasse der Mädchenschule zur Semina- rabteilung aufgewertet. Der Jahresbericht der Höheren Mädchen- schule 1900/1901 gibt Auskunft über die Gründungsidee: »Bislang musste, wer sich später einmal dem Lehrerinnenberuf widmen wollte, das Eltern- haus verlassen, um auswärts sich die erforder- liche Vorbildung anzueignen. Dank der hervor- Bildnachweis: Stadtarchiv Mainz, BPS ragenden Opferwilligkeit der maßgebenden

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städtischen Verwaltungsorgane und ihrer ein- Ab 1901 hatte Mainz als Ausbildungsstätte für sichtsvollen Fürsorge für das Wohl der heran- Lehrerinnen endlich zu Darmstadt aufgeschlos- reifenden Jugend bietet sich nunmehr zunächst sen. Die ersten sechs jungen Frauen, die nach allen dem genannten Ziele zustrebenden jungen zweijähriger Ausbildung im Frühjahr 1903 die Damen unserer Stadt die Gelegenheit, dieses Berechtigung zum Unterricht im Höheren Mäd- mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwande chenschuldienst in Hessen (und auch gleichzei- zu erreichen, ohne dass sie dem gerade in ihrem tig in Preußen) erwarben, waren: Karoline Arens, Lebensalter durch nichts zu ersetzenden Einfluss Barbara Bausemer, Marie Hartleb, Gerda Mayr- des Elternhauses entbehren müssen... Möge hof, Emma Müller und Margarete Regendanz. sich also die Sitte des Seminarbesuchs nebst Er- Ein Jahr später gab es schon sieben Absolven- werbung eines Abgangszeugnisses auch in den tinnen - und ihre Zahl wuchs von Schuljahr zu gebildeten Kreisen unserer Bevölkerung mehr Schuljahr stetig an. und mehr einbürgern!«

Bis 1901 bot sich also für Mainzerinnen, Unterrichtsgegenstände der frischgebackenen die Lehrerinnen werden wollten und konnten, Lehrerinnen waren zunächst neben Handarbeit nur Darmstadt als relativ wohnortnahe Ausbil- und Turnen die Fächer Deutsch und Religion. dungsstätte an. Wobei sich das Darmstädter Mit ihrer Qualifikation konnten sie zu Beamtin- Seminar keineswegs nur als Vorbereitung auf nen ernannt werden, wenn auch ihre Besoldung eine spätere Berufstätigkeit verstand, sondern weit unter der der männlichen Kollegen lag. Den auch als »Stätte wahrer Geistesbildung«, »um Lehrerinnenberuf konnten sie aber nur als Ledi- sich selbständig an dem Geistesleben ihres Vol- ge ausüben. Heiratete eine Lehrerin, musste sie kes betheiligen zu können«, wie es der Direktor den Schuldienst verlassen. der Höheren Mädchenschule, Dr. Wulckow, aus- drückte. Die Anmeldungszahl lag Ostern 1877 Das Mainzer Lehrerinnenseminar bestand weit über den Erwartungen. Ursprünglich für 20 bis zur Neuorganisation der Höheren Mäd- Schülerinnen geplant, begann das erste Jahr mit chenschule im Schuljahr 1925/1926 und löste rund 40. sich damit fast zeitgleich mit dem Seminar in Wie viele Mainzerinnen ab 17 Jahren darunter Darmstadt auf. waren oder es in den Folgejahren schafften, zwei Jahre lang wöchentlich 20 Unterrichtsstunden in Darmstadt zu nehmen, ist nicht bekannt. Insge- samt hatte das Seminar zwischen 1877 und der Auflösung im Jahr 1926 1.003 Schülerinnen.

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Tony Simon-Wolfskehl Architektin und Bauhaus-Schülerin geboren am 12. April 1893 in Mainz gestorben am 24. Januar 1991 in Sint Idesbald sur Meer (Belgien)

Am 29. Mai 1908 beschloss die großherzo- glich-hessische Regierung, auch Frauen zum Studium an der Technischen Hochschule in Darmstadt und an der Universität in Gießen zu- zulassen. Das Großherzogtum folgte damit dem Beispiel Badens, Bayerns, Sachsens, Thürin- gens und Württembergs, wo Frauen bereits offi- ziell seit einigen Jahren studieren konnten. In Gießen schrieben sich zum Wintersemes- ter 1908/1909 gleich 23 Studentinnen ein, in Darmstadt aber war es mit der Architekturstu- dentin Franziska Braun nur eine. Doch damit war auch an einer Technischen Hochschule zumindest der Weg für Studentinnen bereitet, auch wenn er noch lange Zeit recht steinig blei- ben sollte. Eine derjenigen, die von der weiteren Entwick- lung des Frauenstudiums im Großherzogtum Hessen-Darmstadt profitieren konnte, war die gebürtige Mainzerin Tony Simon-Wolfskehl. Sie nahm vier Jahre nach der offiziellen Zulassung von Frauen ihr Studium der Architektur an der Technischen Hochschule in Darmstadt auf. 1911 machte Tony Simon-Wolfskehl ihr Abitur am Frankfurter Mädchengymnasium und be- Die Kaiserstraße gehörte Ende des 19. Jahr- gann dann 1912 mit dem Studium der Architek- hunderts zu den ersten Adressen in Mainz. Dort, tur an der Technischen Hochschule Darmstadt. im Haus Nr. 26, kam Tony Simon-Wolfskehl, die Nach acht Semestern schloss sie ihr Studium älteste Tochter von Anna Wolfskehl und Eduard erfolgreich ab, doch an eine berufliche Lauf- Simon, einem Weingroßhändler, zur Welt. Anna bahn als (freischaffende) Architektin war kaum Wolfskehl stammte aus Frankfurt, Eduard Simon zu denken. aus Mainz. Den Doppelnamen Simon-Wolfskehl führten beide seit ihrer Heirat 1891, auch wenn Das Studium in Darmstadt aber öffnete ihr der Name erst 1930 richtig amtlich wurde. 1919 die Tür zum neugegründeten Bauhaus in Tony Simon-Wolfskehl verbrachte ihre Kind- Weimar. Gleich nach Eröffnung des Bauhauses heit in Mainz, und auch ihre vier Jahre jüngere hatte sie sich bei Walter Gropius beworben und Schwester Ilsa Maria wurde in Mainz geboren. wurde dank ihrer Hartnäckigkeit tatsächlich als Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog die Familie erste Studentin zur Baugewerkschule zugelas- dann nach Frankfurt. Die Simon-Wolfskehls ge- sen. 1920 erhielt sie dann als erste Architektin hörten, wie ihre bereits in Frankfurt lebenden die Gelegenheit zur Mitarbeit im Atelier von Gro- Verwandten, dem Großbürgertum an, kulturell pius. Finanziert durch ihre Mutter, konnte sie ein vielseitig interessiert, mit festen Wurzeln im li- Jahr am Bauhaus bleiben, zog dann aber zurück beralen Judentum. nach Frankfurt zur Familie.

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Zwischen 1921 und 1924 arbeitete Tony Si- der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz de- mon-Wolfskehl freiberuflich als Innen- und portiert, wo er 1943 ermordet wurde. als Bühnenarchitektin am Neuen Theater in Tony gelang es noch, in Frankreich unterzutau- Frankfurt. chen und sogar aus einem Internierungslager zu 1924 heiratete sie den Werbegrafiker Ro- entkommen. Sie flüchtete zurück nach Belgien derich Lasnitzki; beide wohnten zunächst in und konnte sich dank der Hilfe einer Bekannten Saarbrücken, ab 1927 dann in Berlin. Dass sie bis zur Befreiung Belgiens 1944 verstecken. aus jüdischen Familien stammten, spürten sie Hatte Roderich Lasnitzki vor seiner Verhaf- gleich 1933. Roderich Lasnitzki verlor aus ras- tung und Deportation in Belgien als Vertreter sischen Gründen seine Arbeit, und so beschloss für Büroartikel Geld verdient, so übernahm Tony das Paar, Deutschland umgehend zu verlassen Simon-Wolfskehl nach dem Krieg selbst diese und nach Gent in Belgien zu ziehen. Zwar konnte Arbeit. Tony noch zahlreiche Gemälde aus der Samm- Gebaut hat Tony Simon-Wolfskehl schließlich lung ihres Vaters retten, sie selbst und ihr Mann doch noch: 1968 ihr eigenes Haus in St. Ides- aber waren nur wenige Jahre in Sicherheit. bald sur Meer, wo sie bis zu ihrem Tode 1991 Roderich Lasnitzki wurde 1940 in Gent von lebte.

Frauenbund zur Ehrung rheinländischer Dichter

Dass Frauen mehr Belletristik lesen als Män- Diese enge Beziehung zu Darmstadt kam nicht ner, war auch schon Anfang des 20. Jahrhun- von ungefähr, denn Großherzog Ernst Ludwig derts bekannt. Doch wie lassen sich Frauen am war Protektor des Verbandes der Kunstfreunde besten zur Förderung der Literatur und ihrer Ver- und zudem ausgewiesener Förderer der schö- fasser gewinnen? nen Künste. Diese Frage stellten sich 1909 die Schriftstel- Schon bald hatte der Frauenbund rund 1000 ler Hermann und Wilhelm Schäfer – und Mitglieder - doch ausgerechnet in Mainz fanden beantworteten sie gleich selbst durch die Initiie- sich nur wenige Interessentinnen, mit vier Mark rung eines Frauenvereins. Sie sahen in der Bil- Mitgliedsbeitrag im Jahr zur Pflege heimatlicher dung eines Frauenbundes ein probates Mittel, Dichtkunst beizutragen. um im ureigenen Interesse mehr Leserinnen und Gerade einmal sieben Mainzerinnen traten darüber hinaus auch Mäzeninnen zu gewinnen. gleich nach der Gründung 1909 ein, und bis zur Zweck des Vereins sollte sein, mit einem Geld- Auflösung des Bundes 1917 hatte sich die Mit- preis jedes Jahr ein noch unveröffentlichtes Werk gliederzahl in Mainz auf nur zehn erhöht. Unter auszuzeichnen und es als spezielle Mitgliedere- ihnen waren vor allem Frauen, deren Männer dition drucken zu lassen. Mit dieser Reihe von öffentliche Ämter bekleideten. Dazu zählte etwa Erstausgaben sollte direkt und indirekt für die die erste Ehefrau von Oberbürgermeister Göttel- Lektüre rheinischer Dichter geworben werden. mann, Adelheid Mathilde Göttelmann. Als wei- tere Mitglieder wurden genannt: Frau Geheimrat Am 3. Juli 1909 gründete sich in Darmstadt Anna Bamberger, Frau Dr. Robert Braden, Frau dann tatsächlich der Frauenbund zur Ehrung Landgerichtsrat Eller, Frau Dr. Knauer, Frau Jus- rheinländischer Dichter als Zweigverein des tizrat Dr. Lichter-Northmann, Frau Geh. Medizi- 1903 gegründeten Verbandes der Kunstfreunde nalrat Dr. Reisinger. Nur Frau Isabella Metzke in den Ländern am Rhein. Zur ersten Vorsitzen- und Fräulein A. Strauß firmierten in der ersten den des Frauenbundes wurde Elsa Römheld aus Mitgliederliste unter eigenem Namen. Darmstadt gewählt, wie überhaupt Darmstadt in Die Resonanz in anderen Städten war bedeu- den Anfangsjahren eine zentrale Rolle spielte. tend größer. 93 Mitglieder waren es allein in Darmstadt, 38 in Worms und auch in Wiesbaden waren es noch 14. Die Mitgliederzahlen mögen

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unterschiedlich gewesen sein, dafür war die so- Viel mitzusprechen hatte der Frauenbund ziale Zusammensetzung umso homogener. In auch nicht bei der zu prämierenden Literatur. aller Regel traten Frauen aus dem gehobenen Dies machten Hesse und Schäfer im Verein mit Bürgertum bei. einigen anderen Schriftstellern, getarnt als Jury, lieber unter sich aus. Der Leseausschuss des Fast unbemerkt von der Mainzer Öffentlich- Frauenbundes befasste sich dann nur noch mit keit fand dann am 7. und 8. Mai 1910 in Mainz der von der Jury getroffenen Auswahl. die erste Jahrestagung des Frauenbundes zur Von sprichwörtlich männlicher Arroganz ge- Ehrung rheinländischer Dichter statt. Nur das genüber den Frauenbund-Frauen zeugt dabei so Mainzer Tagblatt widmete der Versammlung mancher zwischen Hesse, Schäfer und anderen einige wenige Zeilen, die weitaus größere öf- Schriftstellern gewechselter Brief. Besonders fentliche Resonanz fand die Hauptversamm- dann, wenn die jeweiligen Vorstandsfrauen lung des Verbandes der Kunstfreunde in den zarte Anzeichen von eigenständigem Handeln Ländern am Rhein, die vom 8. bis zum 10. Mai zeigten, sparten die Schriftsteller nicht mit dras- ebenfalls in Mainz ausgerichtet und mit einer tischen Worten. großen Gemäldeausstellung im Schloss gekrönt Von 1909 bis zu seiner Auflösung 1917 förder- wurde. Den zur ersten Jahresversammlung des te der Frauenbund insgesamt elf Erstausgaben Frauenbundes erschienenen Mitgliedern wurde rheinischer Schriftsteller. Eine Schriftstellerin gestattet, an der Tagung des großen Verbandes war nicht darunter. Eine solche Literaturförde- teilzunehmen. rung wäre Hesse und Schäfer eindeutig zu weit gegangen.

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Frauenkunstverband »Dreistädtebund«

Als sich dann im Mai 1913 in Frankfurt verschie- dene Künstlerinnenvereine und Einzelpersonen zum Frauenkunstverband zusammenschlossen, war auch der Mainzer Malerinnenverein dabei.

Am 19. November 1916, also noch während des Ersten Weltkriegs, gingen Künstlerinnen aus Mainz, Darmstadt und Frankfurt noch einen Schritt weiter und schlossen sich zum »Dreistäd- tebund« zusammen. Dieser fungierte gleichzei- tig als Ortsgruppe des Frauenkunstverbandes. Mit einer ausgefeilten, an die des Frauen- kunstverbandes angelehnten, Satzung gaben sich die Künstlerinnen aus den drei Städten eine feste Struktur und schufen sich so die Möglich- keit, auch besser auf überregionaler Ebene wir- ken zu können. Für die ersten drei Jahre wurde Mainz als Sitz des Bundes bestimmt. Die Ziele waren: »Die Förderung der Interessen der in der bildenden Kunst beruflich tätigen Frauen, insbesondere Anbahnung einer Verständigung und Zusam- menarbeit mit Künstlervereinigungen, welche ähnliche Interessen haben, die Förderung güns- Haben es bildende Künstlerinnen zu Beginn tiger Ausstellungsbedingungen und die Propa- des 21. Jahrhunderts schon nicht leicht, sich auf ganda für die Mitarbeit der Frauen im öffentli- dem Kunstmarkt zu behaupten, so galt dies erst chen Kunstleben. Es sollen tunlichst regelmäßig recht für Malerinnen, Grafikerinnen und Bild- Ausstellungen in den drei Städten gemacht wer- hauerinnen anfangs des 20. Jahrhunderts. Eine den, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf auch heute noch wichtige Unterstützung kunst- das Schaffen der heimischen Künstlerinnen zu schaffender Frauen bestand bereits vor mehr lenken.« als 100 Jahren in der Bildung von örtlichen und Mitglieder konnten tätige Malerinnen, Bild- überregionalen Künstlerinnenvereinen. An der hauerinnen und Grafikerinnen werden, aber Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden auch »Gönner und Gönnerinnen« waren will- gleich mehrere solcher Künstlerinnenvereini- kommen. Der normale Mitgliedsbeitrag lag bei gungen ins Leben gerufen. 10 Mark im Jahr, der Förderbeitrag betrug 15 Um 1910 hatte sich auch in Mainz etwas ge- Mark. tan; auf Initiative der Mainzer Malerin Frieda Best fand die Gründung des Mainzer Malerinnenver- Ebenfalls noch während des Ersten Welt- eins statt. Gemeinsam wollten die wenigen in kriegs gelang den Mainzerinnen, vom 29. April der Stadt tätigen Künstlerinnen für eine stärke- bis zum 30. Mai 1917 die erste Ausstellung des re öffentliche Anerkennung und Wahrnehmung Dreistädtebundes zu realisieren. Eingeladen zur professionellen weiblichen Kunstschaffens »Graphischen Ausstellung« im Mainzer Guten- eintreten. Wie auch andere Vereine, so enga- berg-Museum (damals noch in der Rheinallee), gierten sich auch die Mainzerinnen für bessere waren Künstlerinnen aus ganz Deutschland. Zu- Ausbildungsbedingungen von Künstlerinnen gelassen zur Einreichung waren Radierungen, und einen Zugang zu allen Ausbildungsstätten.

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Holzschnitte, Lithografien und Handzeichnun- Darmstadt war vertreten durch: Anna Borne- gen. Auch an die Qualität der Arbeiten stellten mann, Herma Frey, Maria Mendelsohn, Gertrud die Initiatorinnen Ansprüche: »Der Dreistädte- Seip und Else Müller. bund tritt zum ersten Male mit einer Ausstellung Aus Frankfurt: Helene Böhme, Luise Gräfin v. geschlossen an die Öffentlichkeit und ist von Geldern Egmont, Friede Blanka v. Jeoden, Agnes dem Bestreben geleitet, zu zeigen, wie hoch die Langenbeck-Zachariae, Erna v. Schauroth, Idi Leistungen der Frau gerade auf dem Gebiet der Teichmann und Maria Weinand. Graphik stehen. Es wird deshalb gebeten, nur Vertreten waren aber auch Berlinerinnen, beste reife Arbeiten zu senden.« Hamburgerinnen, Düsseldorferinnen, Stuttgar- Der Aufruf fand große Resonanz. Insgesamt terinnen, Münchnerinnen und viele mehr. wurden 270 Werke von 61 Künstlerinnen gezeigt Bis auf Sophie Grosch hat sich keine der Main- und auch zum Verkauf angeboten. zer Malerinnen wirklich ins Gedächtnis der Stadt Aus Mainz nahmen als Ausstellerinnen teil: eingeprägt. Auch die Darmstädter und Frankfur- Frieda Best, Carola Herrmann, Sophie Grosch, ter Mitglieder haben kaum Spuren ihres Wirkens Therese Probst, Maria Schoedler, Elisabeth Wei- im Dreistädtebund hinterlassen können. An- rich und Maria Ziegler. schlussausstellungen in Darmstadt und Frank- furt sind ebenfalls nicht belegt.

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Frauenpolitisch relevante Entscheidungen im Großherzogtum

Frauen im öffentlichen Dienst jedoch (auch von der damaligen Frauenpresse) als glatte Fehlbesetzung betrachtet. 1901 kam Wenn es um den Zugang von Frauen zu es dann auch zu einem Personalwechsel. öffentlichen Ämtern ging, war die großher- Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt hatte zoglich-hessische Provinz gar nicht so provin- auch die Nase vorn, als es um die Besetzung ziell. So beschloss der Landtag in Darmstadt der Wohnungsinspektion im Kreis Worms ging. 1896, und damit vor allen anderen deutschen 1910 nahm dort die Nationalökonomin Dr. Ma- Staaten, bei der Gewerbeinspektion künftig rie Kröhne als erste Frau in einer solchen Funk- auch Frauen zu beschäftigen. tion ihre Tätigkeit auf. (Wenige Monate später Als Institution bestand die Gewerbeaufsicht folgten die Stadt Halle mit Dr. Rose Otto und seit 1878. Fast 20 Jahre lang wurden also die Berlin-Charlottenburg mit Dr. Marie Elisabeth Arbeitsbedingungen in den Fabriken und Werk- Lüders.) stätten ausschließlich von Männern kontrolliert. Dr. Marie Kröhne war für einige Jahre im Kreis Die noch junge Frauenbewegung des 19. Jahr- Worms unterwegs, denn nicht nur in den Städten hunderts forderte dann bei der stetig wachsen- waren die Wohnungen häufig in einem bekla- den Zahl von Industriearbeiterinnen, auch Frau- genswerten Zustand. Auch die arme Landbevöl- en in der Fabrikinspektion zu beschäftigen. kerung lebte in elenden Behausungen, in denen es an allem fehlte. Häufig waren gerade die 1898 war es dann soweit: die ersten beiden Wohnverhältnisse Ursache für Krankheiten und Frauen nahmen ihre Tätigkeit in der großherzo- nicht zuletzt für die hohe Säuglingssterblichkeit. glich-hessischen Gewerbeinspektion auf. Aller- dings waren ihre Arbeitsbedingungen alles an- Ab 1910 hatte auch Mainz eine Besonderheit dere als ideal: zum einen besaßen sie nur den zu bieten: die Anstellung einer Polizeiassisten- Status von Assistentinnen, waren also den or- tin. Nach dem Vorbild von Stuttgart und Köln dentlich bestallten Inspektoren nur zugeordnet, hatte sich die Stadtverwaltung entschieden, zum anderen waren ihre jeweiligen Einzugsge- eine mit polizeilichen Aufgaben betraute Sozi- biete sehr groß. alfürsorgerin zur Überwachung der Prostituti- So war beispielsweise die in der Mainzer Ge- on zu beschäftigen. Klara Schapiro sollte sich werbeinspektion beschäftigte Assistentin nicht in städtischem Auftrag um die Prostituierten nur für Mainz und Rheinhessen zuständig, son- selbst kümmern, aber auch ordnungspolitisch dern auch für Gießen und Umgebung. Ihre Kolle- tätig werden. Scharfen Gegenwind bekam sie gin in Darmstadt hatte die restlichen Landesteile aus der Stadtgesellschaft, als sie versuchte, bis einschließlich Offenbach zu betreuen. Allein vermehrt gegen Wirtinnen und Wirte und deren die Fahrtzeit zu den Fabriken dürfte die Assis- Wuchermentalität vorzugehen. Ab 1920 war tentinnen mehr in Anspruch genommen haben Schapiro »nur« noch Leiterin der städtischen als die Überprüfung der Arbeitsbedingungen, Sozialfürsorge. auch wenn sie nur solche Fabriken und Werk- stätten inspizieren sollten, in denen überwie- gend Frauen und Jugendliche beschäftigt waren.

Von Anfang an hatte wohl die in Darmstadt beschäftigte Assistentin weniger Schwierigkei- ten, im eigenen Amt und in den Betrieben Fuß zu fassen. Die in Mainz angesiedelte Frau wurde

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Frauenwahlrecht Allerdings stieß diese neue Möglichkeit zur Einbeziehung von Frauen in der Mainzer Stadt- Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden politik auf wenig Gegenliebe. Sie war sogar so auch im Großherzogtum Hessen-Darmstadt im- gering, dass sich die Mainzerinnen immer wie- mer mehr Frauenstimmrechtsvereine. Zwar war der über den sehr niedrigen Anteil von Frauen in die noch junge Frauenbewegung keine einheitli- den städtischen Ausschüssen beschwerten. che Bewegung und auch die für das Frauenwahl- recht eintretenden Organisationen argumentier- Die letzte, drei Schreibmaschinenseiten lange ten und handelten sehr unterschiedlich, allen Beschwerde dieser Art stammt noch aus dem ging es aber doch um mehr Mitsprache und Teil- Frühjahr 1918 und wurde von 21 Mainzer Frau- habe von Frauen in Politik und Gesellschaft. envereinen unterzeichnet. »Die unterzeichneten Vereine erlauben sich, In Mainz gab es um 1910 mindestens einen an den Herrn Oberbürgermeister & Herrn Stadt- Frauenstimmrechtsverein. Dieser Verein setz- verordneten ergebenst die Bitte zu richten, in te sich gemeinsam mit anderen hessischen diejenigen städtischen Körperschaften, in de- Stimmrechtsvereinen immer wieder für das all- nen weiblicher Einfluss von Nutzen sein kann, in gemeine, gleiche, geheime, aktive und passive größerem Umfang als bisher geeignete weibli- Wahlrecht ein, arbeitete aber gleichzeitig daran, che Mitglieder zu wählen.« wenigstens das kommunale Wahlrecht für Frau- In Mainz waren zu diesem Zeitpunkt gerade en durchzusetzen. einmal acht Frauen in vier Deputationen vertre- Um 1908/1909 machten dazu die hessischen ten, in Darmstadt lag die Zahl der mitwirkenden Frauenvereine etliche Eingaben bei der großher- Frauen mit 21 deutlich höher und auch in Offen- zoglichen Regierung, um zumindest auf örtlicher bach waren 19 Frauen in Ausschüsse berufen Ebene wählbar zu sein und wählen zu können. worden. So ganz stimmlos waren tatsächlich nicht alle Frauen im Großherzogtum. Grundbesitzerinnen, Die Petition der 21 Mainzer Frauenvereine also Steuerzahlerinnen, in Landgemeinden wa- wurde dann über Monate hinweg im Mainzer ren berechtigt, über einen männlichen Bevoll- Stadthaus verschleppt. Doch die Zeiten änder- mächtigten, eine Stimme bei Kreistagswahlen ten sich: mit der Novemberrevolution 1918 kam abzugeben. In Städten und Landgemeinden das Frauenwahlrecht und Großherzöge gehörten hatten Frauen keinerlei Stimmrecht. endgültig der Geschichte an. Mit ihren Interventionen bei der großherzogli- chen Regierung in Darmstadt erzielten die hessi- schen Frauenvereine zumindest einen Teilerfolg. So wurde 1911 die Städteordnung geändert und dem bisherigen Artikel 131 Deputationen ein Artikel 132 hinzugefügt: »Durch Beschluss der Stadtverordnetenver- sammlung kann … bestimmt werden, dass den Deputationen für das Armenwesen, für das Un- terrichts- und Erziehungswesen, Gesundheits- pflege und Krankenhauswesen Frauen bis zu einem Viertel der Mitglieder mit Sitz und Stimme angehören können. 1) Die den Deputationen angehörigen Frauen brauchen die allgemeinen Erfordernisse für die Stimmberechtigung und Wählbarkeit in der Ge- meinde nicht zu besitzen.«

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Einflussreiche Darmstädterinnen: Louise Dittmar und Luise Büchner

Louise Dittmar geboren am 7. September 1807 in Darmstadt gestorben am 11. Juli 1884 in Bessungen

Kathinka Zitz, die Mainzer Literatin, die sich mitunter bitterlich über Kritik von Frauen an ihrem Leben und Werk zu beklagen wusste, konnte selbst sehr gehässig sein, wenn es um andere schreibende Frauen ging. Eine dieser Frauen, die den Zorn von Zitz auf sich zog, war die Darmstädter Frauenrechtlerin, Schriftstelle- rin, Publizistin und Philosophin Louise Dittmar. So urteilte Kathinka Zitz in ihren »Skizzen aus meinem Leben« sehr abschätzig über Dittmar, die wohl auf Einladung des führenden Mainzer Demokraten Ludwig Bamberger 1848 in Mainz einen Vortrag gehalten hat. »Ich sehe ihn noch immer mit der Schriftstel- lerin Luise Ditmar einherschreiten, die an ihn empholen war, um hier Vorlesungen über die Dabei sprachen die äußeren Umstände des Emancipation der Frauen zu halten; er war der Lebens von Louise Dittmar zunächst so gar personifizierte Hohn, der gifftigste Menschge- nicht für diese Rolle. Dittmar wuchs zusam- wordene Spott, während sie im hiesigen Kunst- men mit neun Geschwistern in gutbürgerlichen verein ihre Vorlesungen hielt, die aber wenig Darmstädter Verhältnissen auf. Trotz der guten Anklang fanden, einmal weil ihre Zuhörerinnen Stellung ihres Vaters als großherzoglich-hessi- meistens aus Stockaristokratinnen bestanden, scher Finanzbeamter reichte in dieser großen und andererseits, weil das echte Weib sich nicht Familie das Geld nicht aus, um auch noch den einverstanden erklären kann mit Lehren, die es beiden Töchtern eine höhere Schulbildung zu aller Weiblichkeit entkleidend, zum Mannweib ermöglichen. Louise und ihre ältere Schwester zu machen trachten, zu einem Zwitter, der weder mussten hinter den acht Brüdern zurückstehen. dem einen oder andern Geschlechte angehört.« Als jüngste Tochter war ihr zudem die Rolle der »Haustochter« zugedacht; sie sollte als Unver- Die Darmstädterin Johanna Friederike Louise heiratete die Eltern im Alter versorgen. Dittmar gehört unzweifelhaft zu den radikalsten Doch Friederike Caroline und Heinrich Karl (Vor-)Denkerinnen der Frauenbewegung des 19. Dittmar legten der wissbegierigen Tochter wohl Jahrhunderts; kaum eine hat in dieser Zeit we- keine Steine in den Weg, wenn es um die auto- niger unverblümt über die Beschränkung des didaktische Aneignung von Bildung ging. Auch weiblichen Lebens geschrieben und Kritik an soll in der durchaus politisch liberal eingestell- der den Frauen zugewiesenen Rolle geübt. Das ten Familie viel diskutiert worden sein. Berüh- machte sie, nicht nur in den Augen von Kathinka rung mit den politischen Ideen und Strömungen Zitz, zum Mannweib. des Vormärz, der Zeit vor der Revolution 1848, erhielt Louise Dittmar zudem durch ihre Brüder.

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Nach dem Tod ihrer Eltern begann Dittmar zu Zufall, d. h. die Noth hervorrief. Und nicht eher schreiben und zu veröffentlichen, wenn auch wird man das jetzige Hauswesen verdammen, zunächst anonym. 1845 erschien »Bekannte nicht eher die Bestimmung der Frau von dieser Geheimnisse«, eine satirische Schrift auf die Tretmühle freisprechen, nicht eher eine wahre engstirnige Welt des Biedermeier. Nach wei- Häuslichkeit, d. h. eine behagliche Existenz zu teren Veröffentlichungen zu philosophischen Hause und ein gemüthliches Familienleben er- Fragen gründete sie 1849 die Monatszeitschrift reichen, bis diese weibliche Galeerensträflings- »Die sociale Reform«, deren Erscheinen sie aber anstalt in Folge freibeweglicher, gesellschaftli- schon nach nur vier Ausgaben einstellte oder cher Einrichtungen verbannt ist.« einstellen musste. Ihre wichtigste Veröffentlichung aber kam 1849 auf den Markt »Das Wesen der Ehe. Nebst Ab 1850 wurde es still um Louise Dittmar. We- einigen Aufsätzen über die sociale Reform der der gelang es ihr, weiter zu veröffentlichen, noch Frauen«. In dieser Neubearbeitung der Aufsätze fanden ihre älteren Schriften in der politisch aus ihrer Zeitschrift rechnet Dittmar so geballt gelähmten Zeit nach der verlorenen Revolution wie keine andere mit den Lebensumständen Widerhall. Louise Dittmars Kritik am herrschen- von Frauen in der patriarchalischen Gesellschaft den Geschlechterverhältnis war nicht gefragt, ab: auch nicht in der sich langsam entwickelnden Frauenbewegung. »Die Frau müsste ein Genie sein, um halbwegs den Anforderungen zu entsprechen, die ihre In den Darmstädter Adressbüchern wurde sie seltsame Stellung an sie macht. Ihre Stellung ist ab 1850 zunächst als Tochter des verstorbenen zusammengesetzt aus mittelalterlichen Spinnrä- Oberfinanzrates Dittmar geführt, dann unter der dern und modernen Nipptischen. Sie soll haus- Bezeichnung Privatin mit Adresse in der Stein- hälterisch sein und die liebenswürdige Wirthin straße 20. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte machen, die Dienstboten beaufsichtigen und Dittmar bei zwei ihrer Nichten in Bessungen die Gesellschaft besuchen, die Kinder waschen nahe Darmstadt, wo sie auch starb. Heute gibt und den Gatten unterhalten, die Kinder erziehen es in Darmstadt-Eberstadt eine Louise-Ditt- und die Kinder bekommen, kurz sie muß das mar-Straße und es gibt in der Stadt auch ein Al- Ideal einer Gattin, Mutter, Hausfrau und Gesell- tersheim, das ihren Namen trägt. schafterin sein, Alles können und Nichts wollen, Alles leisten und Nichts brauchen; tugendhaft, liebenswürdig, gebildet, bescheiden, einfach u.s.w. sein, ein Genie in Leistungen und ein Au- tomat im Willen […] Die Beschränkung der weiblichen Thätigkeit auf den Haushalt hemmt die Entwicklung des Lebens im höchsten Grade. Welche Kenntnisse würden sich die Frauen in allen Fächern aneig- nen können, wenn sie statt am eigenen Heerd, wie heute, so morgen, zu sieden und zu braten, an großen gemeinschaftlichen Anstalten sich betheiligten, wo alles mit Kunst und wissen- schaftlichen Hülfsmitteln betrieben würde. Und würden sich hierbei nicht die verschiedensten Fähigkeiten betheiligen und zugleich ihre öko- nomische Unabhängigkeit sichern können? Sol- che Anstalten werden die Nothwendigkeit und die Kulturmittel in nächster Zeit herbeiführen. Aber nicht eher wird ihre Nothwendigkeit und ihr Gewinn allgemein erkannt werden, bis sie der

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Luise Büchner geboren am 12. Juni 1821 in Darmstadt gestorben am 28. November 1877 in Darmstadt

Alice-Frauenverein für Krankenpflege, Alice-Verein für Frauenbildung und -erwerb, Alice-Bazar, Alice-Schule, Alice-Lyceum: ohne das Engagement der Darmstädterin Luise Büch- ner wären diese Vereine und Einrichtungen viel- leicht nicht in der Form entstanden oder hätten nicht die Entwicklung genommen, von der viele Frauen rund um Darmstadt und auch im Groß- herzogtum profitieren konnten. Als enge Mitar- beiterin von Großherzogin Alice war sie maßgeb- lich daran beteiligt, die Erwerbsmöglichkeiten und die Erwerbstätigkeit von Frauen zu fördern. Ohne die Initiative von Luise Büchner wäre es auch den Mainzerinnen schwergefallen, bei- spielsweise einen Zweigverein des Alice-Frauen- vereins für Krankenpflege zu gründen. Auch die Darüber hinaus engagierte sie sich im Verband 1896 gegründete Mainzer Frauenarbeitsschule deutscher Frauenbildungs- und Erwerbsvereine hatte ein Darmstädter Vorbild, das Luise Büch- und schrieb regelmäßig für die von Jenny Hirsch ner mit ins Leben gerufen hatte. herausgegebene Zeitschrift »Der Frauenanwalt«.

Luise Büchner selbst, Tochter von Caroline Durch ihre vielgestaltigen Aktivitäten gehörte Friederike und Ernst Karl Büchner und jüngere sie unzweifelhaft zu den prägenden Vertreterin- Schwester von Georg Büchner, erging es wie vie- nen der bürgerlichen Frauenbewegung des 19. len Frauen ihrer Gesellschaftsschicht und Zeit. Jahrhunderts – nicht nur für Hessen-Darmstadt. Eine Berufsausbildung gab es für sie nicht und Sie fand, anders als Louise Dittmar, ihr Betäti- auch der Zugang zu höherer Bildung war ihnen gungsfeld. Mögen sie in Darmstadt auch nah versperrt. Was blieb, war die autodidaktische beieinander gewohnt haben, auf einer Wellen- Aneignung von Bildung. länge waren die beiden Frauen nicht. Luise Büchner wusste dies für sich zu nutzen. Luise Büchner starb mit nur 56 Jahren in ihrer Auch wenn sie schon als Jugendliche schrieb Geburtsstadt. Mit der Luise-Büchner-Bibliothek, und als »Hauspoetin« galt, war ihre erste Ver- der Luise-Büchner-Gesellschaft und dem Lui- öffentlichung kein belletristisches Werk. 1855 se-Büchner-Weg gibt es heute Orte und Instituti- erschien, wenn auch noch anonym, ihr Buch onen, die die Erinnerung an sie wachhalten. »Die Frauen und ihr Beruf«, ein Plädoyer zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation von Frauen. (Die nächsten Auflagen »Man sage den Mädchen wie den Knaben von des Buches trugen dann schon den Namen der frühester Jugend an: Du darfst nicht bloß Blume Verfasserin.) sein, welche gedankenlos Duft ausströmt, son- In den folgenden Jahren trat Luise Büchner dern du sollst zur Frucht werden, daran die Welt dann aber als Literatin in Erscheinung, veröf- Theil und Gewinn hat. […] fentlichte Romane, Lyrik und Reiseliteratur, bis In dem Alter, wo der Verstand erst anfängt zu sie in den 1860er Jahren begann, ihre Ideen zur reifen, wo das Lernen erst einen höheren Reiz Berufsbildung von Frauen in die Tat umzuset- gewinnt und damit der mächtigste Hebel wird zen. 1867 entstand so der Alice-Frauenverein zur wirklichen Vervollkommnung der Frau, da für Frauenbildung und -erwerb, dessen Vizeprä- hört die Erziehung auf.« Aus: Die Frauen und ihr Beruf. Frankfurt am Main 1856 sidentin Luise Büchner bis zu ihrem Tod war.

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Kleine Literaturauswahl

Die Texte in dieser Broschüre speisen sich zum - Defoort, Eric. Een Dochter van Duitsland. Leu- einen aus den bereits im Kalender »Blick auf wen 2007 Mainzer Frauengeschichte« seit 1991 veröf- - Dittmar, Louise: Das Wesen der Ehe. Nebst fentlichten Texten und zum anderen aus vielen, einigen Aufsätzen über die sociale Reform der vielen einzelnen Quellen, die nicht alle in dieser Frauen. Leipzig 1849 Literaturauswahl benannt werden (können). - Dreistädtebund. Ortsgruppe des Frauenkunst- verbandes. Satzungen. Mainz 1916 Zeitungen und Zeitschriften - Dreistädtebund. Graphische Ausstellung. Mainz 1917 - Allgemeiner Frauenkalender. Die Frauenbe- - Eisenberg, Ludwig: Großes biographisches strebungen unserer Zeit, Jg. 1885 Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahrhun- - Allgemeine Literatur Zeitung, September 1829 dert. 1903 - Allgemeine musikalische Zeitung, 34. Jg. 1832 - Ethel, Anna: Vierzig Jahre im Dienste der - Bühnenwelt. Blätter für dramaturgische und Kunst. Erinnerungen von Anna Ethel, ehemali- belletristische Unterhaltung. März 1843 ge Großherzoglich hessische Hofschauspiele- - Darmstädter Zeitung, März 1877 rin. Darmstadt 1913 - Die Frau, Jg. 14, 1906 - Fertig, Ludwig (Hrsg.): Bildung in der Resi- - Die Frauenbewegung, Jg. 8, 1902 denz. Texte zur Erziehungs- und Schulge- - Die Grenzboten, 25. Jg., 1866 schichte Darmstadts 1600-1950. Darmstadt - Frauen-Rundschau, 1905 1999 - Mainzer Volkszeitung, Mai 1910 - Hauptvertrag des zu Wien versammelten Con- - Mathilde. Darmstädter Frauenmagazin gresses der europäischen Mächte, Fürsten - Sammlung der in der Großherzoglich Hes- und freien Städte. In: Der Deutsche Bund. Eine sischen Zeitung vom Jahr 1816 publizirten Zeitschrift für das öffentliche Recht Deutsch- Verordnungen und höheren Verfügungen. lands und der gesammelten deutschen Län- Darmstadt 1817 der. Hildburgshausen 1815 - Wiener Theaterzeitung, August 1839 - Heuser, Rita: Namen der Mainzer Straßen und Örtlichkeiten: Sammlung, Deutung, sprach- Bücher und motivgeschichtliche Auswertung. Stutt- gart 2008 - Biographisch=literärisches Lexikon der - Hübel, Marlene: Mein Schreibetisch. Schrift- Schriftsteller des Großherzogthums Hessen im stellerinnen aus drei Jahrhunderten. Spuren- ersten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts. suche in Mainz. Mainz 1994 Bearbeitet und herausgegeben von Heinrich - Hundert Jahre Alice-Schwesternschaft Mainz Eduard Scriba. Darmstadt 1831 1870-1970. Text und Gestaltung Sigrid - Bock, Oliver: Kathinka Zitz-Halein. Leben und Schmidt-Meinecke. Mainz 1970 Werk. Hamburg 2010 - 100 Jahre Studium von Frauen an der TU - Brenner, Sabine: Das Rheinland aus dem Darmstadt. Dokumentation der Ausstellung an Dornröschenschlaf wecken! Zum Profil der der Technischen Universität Darmstadt 2008 Kulturzeitschrift Die Rheinlande (1900-1922), - Jung, Gisela: Die zivilrechtliche Stellung der Düsseldorf 2004 Frau im Großherzogtum Hessen: über die Ge- - Büchner, Luise: Die Frauen und ihr Beruf. schlechtsvormundschaft im 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main 1856 Darmstadt 1997 - Die Alice-Schwesternschaft vom Deutschen - Knispel, Hermann: Das Großherzogliche Roten Kreuz. Texte und Gestaltung Sigrid Hoftheater zu Darmstadt von 1810-1890. Schmidt-Meinecke. Mainz 1983 Darmstadt, Leipzig 1891

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- Matz, Cornelia: Die Organisationsgeschichte der Künstlerinnen in Deutschland von 1867 Bildnachweise bis 1933. Dissertation. Tübingen 2001 - Mecocci, Micaela: Kathinka Zitz (1801-1877). Soweit nicht bereits in der jeweiligen Bildle- Erinnerungen aus dem Leben der Mainzer gende angegeben, wurden die Abbildungen Schriftstellerin und Patriotin. Mainz 1998 für diese Veröffentlichung folgenden Quellen - Pasqué, Ernst: Musikalische Statistik des entnommen: Großherzoglichen Hoftheaters zu Darmstadt Seite 11: alle Wikipedia (gemeinfrei); von 1810-1868. Darmstadt 1868 Seite 15: Fotografie des Buchtitels, Frauenbüro; - Peth, Jacob: Geschichte des Theaters und der Seite 21: Stadtarchiv Mainz, Bild- und Plan- Musik zu Mainz. Mainz 1879 sammlung; Seite 22 aus: Mainzer Tagblatt vom - Roemheld, Friedrich: Franziska Lennig: Insti- 13. Mai 1849; Seite 24 aus: Ethel, Anna: Vierzig tutsvorsteherin und Verfasserin der »Neuen Jahre im Dienste der Kunst. Erinnerungen von Levana«, eine der frühen Vorkämpferinnen Anna Ethel, ehemalige Großherzoglich- hessi- für Frauenrechte; ein Beitrag zur Geschichte sche Hofschauspielerin. Darmstadt 1913; Seite des weiblichen Erziehungs- und Unterrichts- 25: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt; wesens im Volksstaate Hessen. Frankfurt am Seite 29: Fotografie des Buchtitels von Eric De- Main 1925 foort, Frauenbüro; Seite 31: Stadtarchiv Mainz; - Taschenbuch für die Freunde des hiesigen Seiten 32 und 33: Stadtbibliothek Mainz; Seite Hoftheaters. Darmstadt 1812 38: Wikipedia (gemeinfrei). - Taschenbuch für die Freunde des hiesigen Wir danken der Universitätsbibliothek Frankfurt Hof-Operntheaters. Darmstadt 1829 am Main für die freundliche Genehmigung zum - von Küstner, Karl Theodor: Vierunddrei- Abdruck des Porträts von Agnes Pirscher und ßig Jahre meiner Theaterleitung in Leipzig, dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt für das Darmstadt, München und Berlin. Leipzig 1855 Recht zum Abdruck der Abbildung des Hofthea- - Walther, Ph. A. F.: Das Großherzogthum Hes- ters Darmstadt. sen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. Darmstadt 1854 - Zucker, Stanley: German woman and the revo- lution of 1848. Kathinka Zitz-Halein and the Humania Association. In: Central European History, 13, 1980 - Zucker, Stanley: Kathinka Zitz-Halein and the female civic activism in mid-nineteenth-cen- tury . Carbondale 1991

40 Landeshauptstadt Mainz Frauenbüro Rathaus Jockel-Fuchs-Platz 1 55116 Mainz Tel 06131 - 12 21 75 Fax 06131 - 12 27 07 [email protected] www.mainz.de/frauenbuero

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