Marianne Martines)
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Martines, Marianne Art, wie sie die Ritornelle spielte, konnte ich urteilen, daß sie sehr fertige Finger hätte.“ (Charles Burney über Marianne Martines) Profil Marianne Martines war eine der wichtigsten Komponis- tinnen der Mozart-Zeit in Wien. Sie trat früh als kompo- nierendes Wunderkind auf und ihre von Pietro Metasta- sio geförderte, profunde Ausbildung ermöglichte ihr eine vielfältige musikalisch-literarische Entfaltung. Sie trat als Sängerin, Komponistin, Pianistin und Übersetzerin hervor. Die hohe Qualität ihrer musikalischen Tätigkei- ten spiegelt sich zum einen in zeitgenössischen Zeugnis- sen (u.a. Burney) wieder. Zum anderen wurden sowohl die von ihr veranstalteten Akademien als auch ihr Wir- ken als Musikpädagogin hoch geschätzt. Orte und Länder Marianne Martines wurde in Wien geboren und verließ, soweit bekannt, ihre Geburtsstadt zeitlebens nicht. Biografie Marianne Martines wurde am 4. Mai 1744 in Wien auf Die Komponistin und Cembalistin Marianne Martines, den Namen Anna Catharina getauft. Da ihr Vater, Nicolò Ölgemälde von Anton von Maron um 1773 Martines, Zeremonienmeister des apostolischen Nuntius in Wien war, bestanden enge Kontakte der Familie zum Marianne Martines Wiener Hof. Pietro Metastasio, seit 1730 Hofpoet in Wi- Varianten: Marianne Martinez, Marianne Anna en, war mit der Familie Martines eng befreundet und Catharina Martines, Marianne Anna Catharina Martinez, wohnte in deren Haus am Kohlmarkt. Er war es vermutli- Maria Martines, Maria Martinez, Maria Anna Catharina ch auch, der das außergewöhnliche Talent der jungen Ma- Martines, Maria Anna Catharina Martinez, Anna rianne Martines erkannte und etwa ab 1753 die Verant- Martines, Anna Martinez, Anna Anna Catharina wortung für ihre Ausbildung übernahm. Zu den Lehrern Martines, Anna Anna Catharina Martinez, Marianna der jungen Marianne Martines gehörten auf Veranlas- Martines, Marianna Martinez, Marianna Anna Catharina sung Metastasios Nicolò Porpora, Joseph Haydn (zeitwei- Martines, Marianna Anna Catharina Martinez, (von) se ebenfalls Bewohner des Hauses Martines am Kohl- Martines, (von) Martinez, (von) Anna Catharina markt), Johann Adolf Hasse und Giuseppe Bonno. Martines, (von) Anna Catharina Martinez Im Rahmen dieser breiten und fundierten musisch-litera- rischen Ausbildung zeigte sich früh ihr außerordentli- * 4. Mai 1744 in Wien, Österreich ches Talent. Ob die Aufführung ihrer dritten Messe 1761 † 13. Dezember 1812 in Wien, Österreich in der Michaelerkirche ihr erster öffentliche Auftritt als Komponistin war, ist nicht gesichert, die 17-Jährige wur- Komponistin, Cembalistin/Pianistin, Sängerin, de anlässlich dieser Aufführung jedenfalls als komponie- Pädagogin, Übersetzerin rendes Wunderkind gefeiert. Sie komponierte weiterhin regelmäßig, 1767 wurden zwei ihrer Klaviersonaten bei „Sie übertraf wirklich noch die Erwartung, die man mir Johann Ulrich Haffner (Nürnberg) gedruckt. von ihr beigebracht hatte. Sie sang zwo Arien von ihrer ei- Als erste Frau wurde sie 1773 in die Accademia Filarmo- gnen Komposition über Worte von Metastasio, wozu sie nica di Bologna aufgenommen. Sie etablierte sich nun in sich selbst auf dem Flügel akkompagnierte, und zwar auf Wien als Komponistin, Cembalovirtuosin und Sängerin, eine wohlverstandne, meisterhafte Manier; und aus der weiterhin gefördert durch Metastasio und den Wiener – 1 – Martines, Marianne Hof. Sie veranstaltete häusliche Akademien, die von zahl- Ihre ersten Auftritte als Komponistin wurden von der reichen ansässigen und durchreisenden Musikern und Wiener Presse mit großem Interesse verfolgt. So berichte- Künstlern geschätzt und rege frequentiert wurden, so u. te das „Wienerische Diarium“ 1761: „Gestern wurde in a. auch von Mozart. der K. K. Hof-Pfarrkirche der P. P. Michaelern das Titu- 1782 wurde ihr Oratorium „Isacco, figura del redentore“ larfest des Heil Erzengels Michael mit einem Hochamt (Text: Metastasio) aufgeführt. Wenig später starb Metast- begangen, wozu die Music von der Mademoiselle Marti- asio. Dieser hinterließ Marianne Martines und ihren Ge- nez, einer erst 16. Jahr alten Virtuosin alhier componiret schwister sein Vermögen, so dass auch Marianne Marti- und wegen ihrer Vortreflichkeit von allen Kunstverständi- nes versorgt war und nicht unter dem Druck stand, aus gen bewundert worden.“ (zit. nach : Bodsch 2003, S. ökonomischen Gründen eine Ehe einzugehen (vgl. dazu 170) auch Godt 1998, S. 144f.). In den Jahren zwischen 1780 1773 wurde Marianne Martines mit einer der wichtigsten und 1790 führte sie eine Singschule, die als Vorläuferin- Auszeichnung für Komponisten in Europa bedacht: Sie stitution des Wiener Konservatoriums gilt. Am 12. De- wurde als erste Frau in der 108-jährigen Geschichte in zember 1812 starb Marianne Martines in Wien. die Accademia Filarmonica di Bologna aufgenommen (vgl. dazu ausführlich Godt 1995). In der Begründung zu Mehr zu Biografie ihrer Wahl wurden die „Zierlichkeit, das Genie, [der] Dem Umstand, dass der Hofpoet Metastasio mit der Fa- Adel des Ausdrucks und die erstaunliche Präzision ihrer milie Martines eng befreundet war und in deren Haus Komposition“ ausdrücklich gelobt. Ihr Porträt, das etwa lebte, verdankte Marianne Martines ihre für ein Mäd- in dieser Zeit entstand, verzeichnet daher auch nicht oh- chen ganz und gar ungewöhnliche Ausbildung, denn Me- ne künstlerisches Selbstbewusstsein: „MARIA ANNA tastasio übernahm die Rolle des „principale ordinatore“ MARTINES P. METASTASIO ALUMNA NAT. VINDI- (Autobiographie, vgl. Brown 1986) bei ihrer Erziehung. BO.IV.NON:MAI:MDIIXLIV ACAD.PHIL.SOC.“ („Maria Er engagierte den jungen Joseph Haydn als Cembaloleh- Anna Martines, Schülerin Metastasios, geboren in Wien, rer und Nicolò Porpora als Gesangslehrer. Neben der mu- 4. Mai 1744, Mitglied der Accademia Filarmonica“) sikalischen Ausbildung wurde Mariannes ausgeprägtes Nach dem Tod der Eltern Martines (der Vater starb Sprachtalent gefördert. Sie lernte mehrere Fremdspra- 1764, die Mutter Maria Theresia starb am 27. März 1775) chen. übernahm Metastasio die Sorge für Marianne und ihre Die engen Kontakte zum Wiener Hof ebneten Marianne Geschwister. Auch sein nicht unerhebliches Vermögen Martines den Weg zur Kaiserin Maria Theresia: „Ihre lie- vermachte er den Martines-Kindern, so dass vor allem benswürdigen, mit seltener Bescheidenheit verschwister- die beiden unverheirateten Töchter, Marianne und Anto- ten Eigenschaften, wie ihre Kunsttalente, verschafften nia Giovana Teresa, ein finanzielles Auskommen hatten. ihr die allgemeinste Achtung und zugleich den Zutritt in Dass Marianne Martines eine rege Unterrichtstätigkeit die ersten Häuser der Kaiserstadt. […] Kaiserin Maria entwickelte, in den 1790er Jahren sogar eine Gesangs- Theresia […] ließ sie sehr oft zu sich rufen, um sich an schule eröffnete, war damit offenbar keine finanzielle den Kunsttalenten derselben auf mannigfache Weise zu Notwendigkeit. ergötzen; und Joseph II., bekanntlich ein nicht minderer 1782 war ihr Oratorium „Isacco, figura del Redentore“ Freund der Tonkunst, pflegte bei dieser Unterhaltung (auf einen Text von Metastasio) aufgeführt worden, weni- der Martines gewöhnlich die Noten umzublättern.“ (Sch- ge Wochen vor Metastasios Tod. Dieser bedeutete auch mid 1846, S. 517) für die Künstlerin Martines einen tiefen Einschnitt: Un- Marianne Martines muss in der Tat eine beeindruckende ter seinem Einfluss und unter seiner Patronage war sie Künstlerin gewesen sein. Charles Burney, der auf seinen berühmt geworden, was das Gerücht in Umlauf brachte, Reisen durch Europa zahllose Talente erlebt hatte, hielt es habe eine Liaison zwischen dem Hofpoeten und der sie für die „vollkommenste Sängerin […], die ich jemals jungen Musikerin gegeben (vgl. dazu Schmid 1846). Be- gehört hatte“, lobte ihre „vortreffliche[n] Kompositi- reits wenige Jahre nach Metastasios Tod scheint Marti- on[en]“ und ihr Klavierspiel von „meisterhafte[r] Art“ nes das Komponieren gänzlich aufgegeben zu haben, die (Burney 1772, Nachdr. 1980, S. 312 u. 325). Darüber hin- letzte heute bekannte Komposition entstand 1786. Diese aus war er von ihrer Persönlichkeit fasziniert, von ihrer Beobachtung gab der Vermutung Raum, dass nach Meta- Bescheidenheit und ihrem gleichzeitig stark ausgepräg- stasios Tod der Schutzraum für die Komponistin Marti- ten künstlerischen Selbstbewusstsein. nes weggebrochen war. – 2 – Martines, Marianne Rege blieben allerdings ihre Aktivitäten im Wiener Mu- wurde sie 1840 in Fétis Biographie Universelle aufgenom- sikleben: ihre Akademien, die wöchentlichen „musikali- men, was (28 Jahre nach ihrem Tod) für einen immer no- schen Abendunterhaltungen“, bei denen sie als Interpre- ch gewissen Bekanntheitsgrad spricht. Luise Adolpha Le tin wie als Komponistin auftrat, waren weithin bekannt Beau erwähnt Martines in ihrem Artikel „Componistin- und gerade unter den in Wien ansässigen und durchrei- nen des vorigen Jahrhunderts“ (NZfM 1890, S. 569-570 senden Musikern sehr beliebt. Ihre Gesangsschule war ei- und 583-584). ne der ersten ihrer Art in Wien. Das Haus der Marianne Ab der Mitte der 1970er Jahre wurden einige Werke aus Martines wurde auf diese Weise zu einem Zentrum der dem Oeuvre von Martines neu ediert und aufgeführt. Wiener Musikpflege der Mozart-Zeit. Dass Mozart selbst Darüber hinaus gibt es inzwischen auch CD-Einspielun- bei ihr gern zu Gast war, berichtet der englische Tenor gen einiger ihrer Werke (vgl. dazu unter Punkt zu 13). Michael Kelly: „Mozart war regelmäßiger Gast ihres Sa- Werkverzeichnis lons, und ich hörte ihn vierhändig mit ihr am Pianoforte eigene Kompositionen spielen. Er war sehr von ihr ange- Zu