RUND DAS FUSSBALLMAGAZIN #4 11 2005 Deutschland 2,80€ Schweiz 5,50sfr Österreich 3,20€ Luxemburg 3,20€ #4 11 2005

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RUND RUNDWWW.RUND-MAGAZIN.DE HN RAU TOBIAS BUFFON GIANLUIGI THADEUSZ JÖRG Nationalelf Der Masterplan für den WM-Titel

TV-Millionen Wie der Fußball zur Luxusware wird

Wende im Osten Dynamo wird zum Erfolgsmodell „Man ist mir nicht wohl gesonnen“ Olympique Lyon Die Franzosen erobern die FRANK LAMPARD FRANK SÁNCHEZ OSCAR ORTEGA ANDREAS REINKE KURBJUWEIT LOTHAR CHA DU-RI Champions LÖW JOACHIM HELMES PATRICK OLIVER KA League MAREK MINTAL

rrund11_001_Rund_Titelund11_001_Rund_Titel 1 006.10.20056.10.2005 21:24:2621:24:26 UhrUhr RUND Einlaufen

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, heftige Kritik musste sich Joachim Löw, Assistent von Bundestrainer Jürgen Klins- mann, in den vergangenen Monaten des Öfteren anhören. Die Nationalmannschaft hatte auf einen erfreulich verlaufenen Confederations Cup schwächere Auftritte fol- gen lassen. Mit der Konsequenz, dass das Projekt der beiden Nationaltrainer mit dem erklärten Ziel, die WM 2006 als Sieger zu beenden, infrage gestellt wurde. Kein Grund für Löw, am eingeschlagenen Kurs zu zweifeln: „Da kann die Welt einstür- zen“, erklärt der Schwarzwälder stoisch. Schließlich arbeitet die DFB-Elf nach einem Masterplan, dessen Umsetzung erst im kommenden Jahr abgeschlossen sein wird. Löw nahm sich viel Zeit, um RUND zu erklären, warum und wie Deutschland Welt- meister werden soll. Den Report lesen Sie ab Seite 58. Ob Lehmann oder Kahn bei der WM im Tor stehen wird, wollte uns der Trainer nicht verraten. Unter uns: Wir haben auch gar nicht danach gefragt. Zwei Tage dar- auf trafen wir Jens Lehmann in London zum Interview. Ab Seite 44 lesen Sie, was der nachdenkliche Schlussmann des FC Arsenal über deutsche Schulen, englische Tack- lings und französische Trainerikonen sagt. In den nächsten Wochen verhandelt die mit den TV-Sendern über ei- nen neuen Fernsehvertrag. Im Milliardenpoker um die begehrten Fußballrechte droht die „Sportschau“ auf der Strecke zu bleiben. Möglicherweise müssen die Fans bis 22 Uhr warten, bis sie ihren Verein im Free-TV sehen können. Wie Fernsehinten- danten, Fußballmanager und Fans darüber denken, beschreiben Steffen Grimberg und RUND-Redakteur Malte Oberschelp in ihrer umfassenden Analyse ab Seite 22. Ihnen eine schöne Zeit. IHRE RUND-REDAKTION

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rrund11_003_003_Editorialund11_003_003_Editorial 3 111.10.20051.10.2005 16:45:2716:45:27 UhrUhr RUND Aufstellung

Inhalt 11 05 44

AM BALL 10 SCHNELLSCHUSS Impressionen von der WM im Schlammfußball 16 FELDSALAT Torschützenkönig Marek Mintal über die besten 58 90 Minuten seines Lebens. Und was macht Helmes? 22 FERNSEHDUELL Der Poker um die TV-Rechte verändert den Fußball 32 LAGE DER LIGA Ungewöhnliche Neuigkeiten aller 18 Erstligisten 36 STARGAST Frank Lampard vom Chelsea FC ist unersetzlich 38 NAHER OSTEN Die Zukunft Dynamo Dresdens sieht rosig aus

GLEICHE HÖHE 44 DER TORWART SPRICHT Nationalspieler Jens Lehmann exklusiv im Interview 50 SONNENKÖNIGE Wie Olympique Lyon die Champions League gewinnt 55 MEYERS TAKTIKTAFEL erklärt seine spannende Taktikwelt 56 FUNDSTÜCK Lothar Kurbjuweit und sein Trikot von Uli Hoeneß 58 NATIONALE AUFGABEN DFB-Trainer Joachim Löw über den WM-Masterplan 62 ERBSENZÄHLER Die kuriosesten Vereinsversammlungen aller Zeiten 68 64 HEIMSPIEL Bremens Torhüter Andreas Reinke und sein VW-Bus

IM ABSEITS 68 LÜGENDETEKTOR Eintracht Frankfurts Du-Ri Cha kennt keine Lügen 71 WAS WÄRE WENN Der 1. FC Kaiserslautern bekommt nun Bergpunkte 72 RASENKAVALIERE Eine Spurensuche nach dem geheimen WM-Rasen 78 PUPPENSPIELER BVB-Fan Klaus Kuchheuser lebt 40 Jahre obdachlos 80 SPRECHSTUNDE Ein Hautarzt über die Fußpilzgefahr im Profifußball 81 SPIEL MIT PUPPEN Olli Kahn und Gianluigi Buffon in der Torwartdisco 83 RUND-POSTKARTEN Zum Rausnehmen, Verschicken und Freude machen 85 PATSCHES PATZER Nico Patschinski wäscht Autos im Stringtanga 86 HANDICAP Warum viele Exprofikicker beim Golfen landen 50 90 WELTKLASSE Beim FC Hansa Rostock gibt es Spezialagenten SPIELKULTUR 94 INTERVIEW Schauspieler Oscar Ortega Sánchez und Real Madrid 100 STEIN DES ANSTOSSES Stolpersteine erinnern an ermordete Fußballspieler 104 ESSEN WIE DIE STARS Bielefelds Tobias Rau und sein Schweineschnitzel 106 BUCHHALTER Interview über die Zukunft der Fußballliteratur 108 KUNSTRASEN Alles über die größte Fußball-Kunst-Ausstellung 110 BUCH UND FILM Diego Maradona, Kuriositäten und Hans Krankl 114 LESERBRIEFE Das sagen Sie über die dritte runde Ausgabe 115 IMPRESSUM/VORSCHAU Und was steht im Dezember im RUND-Magazin? 116 AUSLAUFEN MIT THADEUSZ Jörg Thadeusz weiß, wie die Welt besser wird

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rrund11_006_007_Inhaltund11_006_007_Inhalt 6 006.10.20056.10.2005 20:44:5020:44:50 UhrUhr RUND Aufstellung 38 22

NAHER OSTEN: DIE FLECKEN VERSCHWINDEN Ausgerechnet der Klub, der sich jahrelang für keinen Skandal zu schade war, mausert sich nun zum Vorbild für Ostdeutschland: Sportlich und wirtschaftlich hat sich mittlerweile konsolidiert. FERNSEHDUELL OFFENSIVE BILDERSTÜRMER Mit dem Bau eines neuen Stadions Ab dem 1. November können die TV-Sender in den Poker um die Bundesligarechte soll schon bald das nächste Etappenziel einsteigen. Der Pay-TV-Kanal Premiere möchte die Rechte am liebsten komplett kaufen erreicht werden. Den Aufschwung und dafür sorgen, dass die ersten Tore im frei empfangbaren Fernsehen erst am späten stören nur einige hundert Fans, Abend zu sehen sind. Die Liga braucht das Geld, doch viele Fans schauen in die Röhre. die vom Krawall nicht lassen wollen. 72

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STARGAST LICHTJAHRE ENTFERNT Frank Lampard ist Englands Fußballer des Jahres, der Kopf der Nationalmannschaft und in der Millionenelf RASENKAVALIERE DAS GEHEIMNIS DER HALME des FC Chelsea der verlängerte Arm des Trainers. Es gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Welt, wo der Rasen Bevor es soweit war, machte der 27-jährige Mittelfeld- für die WM 2006 wächst. Das RUND-Reporterteam hat sich dennoch auf spieler allerdings eine extreme Wandlung durch – die Spurensuche begeben. Ein spannender Rasenkrimi, der in einem von „Fat Frank“ zum Besten seiner Art. Osnabrücker Labor beginnt und bis in die niederländische Provinz führt.

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rrund11_006_007_Inhaltund11_006_007_Inhalt 7 006.10.20056.10.2005 20:45:0020:45:00 UhrUhr RUND Am Ball

AM BALL Am Ball ist dort, wo etwas passiert. Und wo es wirklich wichtig ist. Hier wird getreten, gegrätscht und geschossen. Auf dem Platz und auf dem TV-Markt: „Es wird weiter Bundesliga im Free-TV geben.

Die Frage ist nur wann und in welcher Form“ WOLFGANG HOLHÄUSER

10 SCHNELLSCHUSS Das Ding aus dem Sumpf – eine Fotostrecke über die Schlammfußball-WM in Finnland 22 FERNSEHDUELL Offensive Bilderstürmer – beim Poker um die Bundesligarechte drohen Fans leer auszugehen 32 LAGE DER LIGA Der große Bundesliga-TÜV – 18 Experten prüfen 18 Vereine auf Herz und Nieren 36 STARGAST Lichtjahre entfernt – ein Porträt über Frank Lampard, den besten Profi Englands

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rrund11_008_009_Vorschalt_Am_Ballund11_008_009_Vorschalt_Am_Ball 9 005.10.20055.10.2005 12:40:0812:40:08 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

DAS DING AUS DEM SUMPF Die Welt vor der WM: Einmal im Jahr treffen sich im fi nnischen Hyrynsalmi Fußballteams aus der ganzen Welt, um den Weltmeister im SUMPFFUSSBALL auszuspielen. Auch wenn es beim Match im Matsch um Titel geht, spielen in erster Linie Spaß und Alkohol eine Rolle. Dafür reisen sogar rund 10.000 Zuschauer nach Ostfi nnland. Wo sonst könnten sie aus einer verglasten Sauna heraus schwitzenden Menschen beim Schlammschießen zuschauen?

FOTOSTRECKE VON MARTIN NINK UND PIXATHLON

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1010 006.10.20056.10.2005 21:19:2121:19:21 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1111 006.10.20056.10.2005 21:19:4021:19:40 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1212 006.10.20056.10.2005 21:19:4921:19:49 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

Drei Tage abtauchen in den morastigen Untergrund: Die 15 Spielfelder werden eigens für das große Turnier präpariert. Dieses Jahr spielten 274 Mannschaften in fünf verschiedenen Kategorien um die Pokale. Dabei galt frei nach Gary Lineker: Swamp Soccer ist ein Spiel von zehn Leuten, die fl iegend wechseln dürfen, zweimal 13 Minuten den Ball spielen, vom Vorabend noch ziemlich verkatert sind, und am Ende gewinnt immer Finnland. Nur der Fair-Play-Pokal wurde von einer schottischen Mannschaft abgeräumt

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1313 006.10.20056.10.2005 21:19:5921:19:59 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

Komplett versumpfen: Wer bis zur Hüfte eingesunken ist, kann immer noch versuchen zu köpfen. Die erschöpften Spielerinnen und Spieler reinigen sich notdürftig im nahe gelegenen See, bevor sie gemeinsam in die Sauna gehen. Die Stutzen und Fußballschuhe, die nach Turnierende aus dem Sumpf gezogen wurden, füllten vier Säcke

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1414 006.10.20056.10.2005 21:20:4721:20:47 UhrUhr AM BALL Schnellschuss

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rrund11_010_015_Schnellschuss_schlammund11_010_015_Schnellschuss_schlamm 1515 006.10.20056.10.2005 21:21:3421:21:34 UhrUhr AM BALL Feldsalat

„WIR TRUGEN SOGAR DESIGNER-LATSCHEN“

(Meinte der ehemalige Kultspieler des MSV Duisburg, Joachim Hopp, dem gemeinsam mit MSV-Keeper Georg Koch der Eintritt in eine Cocktailbar verwehrt wurde. Dem Türsteher sollen die Badeschlappen des Duos missfallen haben.)

WAS MACHT HELMES? VOLLTREFFER FÜR DAS SELBSTVERTRAUEN PATRICK HELMES gilt als eine der größten Offensivhoffnungen im deutschen Fußball. RUND begleitet den Stürmer vom ersten Tag an auf seinem Weg in der Ersten Liga. Wir fragen jeden Monat: Was macht Helmes?

Im September war die Fußballwelt für Pat- Ausgerechnet beim rheinischen Derby in rick Helmes lange Zeit nicht sehr sonnig. Leverkusen galt der Ruf dann endlich doch „Am Abend vor den Spielen saß ich zu Hause dem jungen Stürmer. Sein zweiter Bundesli- und habe gedacht: Komm, morgen musst du, gaeinsatz. „Merkwürdigerweise war ich da musst du, musst du“, erzählt er. Während der plötzlich ganz locker“, sagt er, und nach zehn Spiele wurde er dann irgendwann mit den an- Minuten auf dem Platz köpfte Helmes nach deren Auswechselspielern zum Aufwärmen einer Ecke sein erstes Bundesligator. „40 Mi- geschickt. In den Zustand gesteigerter Hoff- nuten Einsatz und ein Tor, das ist doch eine Von der Tribüne zum Torschützen: nung. Bei jedem Winken des Kölner Co-Trai- gute Quote“, meint er und strotzt nach den Patrick Helmes ners ging sein Blick erwartungsfroh nach Wochen des Wartens plötzlich vor Selbstver- Ein bisschen staunt Helmes tatsächlich im- oben und dann ganz schnell wieder enttäuscht trauen. „Ein Törchen fehlt vielleicht noch für mer noch über das hohe Tempo in der Bun- nach unten. Ein anderer hatte Glück gehabt. einen Stammplatz“, sagt er in der Euphorie desliga. „Anfangs wird man auch im Training Und nach der dritten Auswechslung trabte er des ersten großen Glücksmoments. „Irgend- weniger angespielt, und wenn, dann will man stets gesenkten Haupts zurück zur Bank – das wann kommt der Trainer nicht mehr an mir den Ball möglichst direkt verlängern“, sagt er. Ende eines Arbeitstags abseits des Gesche- vorbei.“ Doch der unregelmäßig zwischen Aus Angst vor Fehlern. „Mittlerweile nehme hens. „Ich lief die Linie hoch und runter und wohlwollender Väterlichkeit und gestrenger ich den Ball auch an und spiele ihn weiter. habe gehofft und gehofft, dafür arbeitet man Autorität schwankende Uwe Rapolder grum- Das ist besser geworden, und ich glaube, in schließlich die ganze Woche“, berichtet er. melte auch nach Helmes‘ zweitem Tor be- einem halben Jahr sieht das sicher noch ein- Am Ende blieb Enttäuschung, oft im Kontrast reits im übernächsten Spiel, „Patrick muss mal ganz anders aus“, kündigt er optimistisch zur Freude der siegreichen Mitspieler. sich spielerisch noch weiter entwickeln“. an.

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rrund11_016_021_Feldsalatund11_016_021_Feldsalat 1616 006.10.20056.10.2005 21:22:1621:22:16 UhrUhr AM BALL Feldsalat

TRAUMSPIEL „ICH FREUTE MICH WIE EIN KLEINER BUB“ MAREK MINTAL vom 1. FC Nürnberg, Torschützenkönig der vergangenen Saison, denkt noch heute an sein erstes Bundesligaspiel

Auch wenn es nicht besonders spektakulär klingen auf uns zukam. Auch unser Trainer , mag, aber mein Traumspiel war ganz sicher mein der lange in Kaiserslautern gespielt hat, konnte ei- erster Einsatz in der Bundesliga, also vergangene niges über die Atmosphäre dort erzählen. Als der Saison am ersten Spieltag mit dem Club in Kaisers- Tag näher kam, wurde ich immer aufgeregter. Ich lautern. Schließlich hatte ich zuvor nur in der Slo- freute mich wie ein kleiner Bub. wakei gespielt, bei MSK Zilina. Ein kleiner Verein, Nach dem Anpfi ff ging die Nervosität aber rela- mit dem ich zwar sehr erfolgreich war, nur ist das tiv schnell weg. Wir führten bald und hatten alles Stadion ziemlich klein. Bei Heimspielen kommen unter Kontrolle. Am Ende gewannen wir sensatio- vielleicht 5500, manchmal 6000 Zuschauer. Über- nell 3:1, und obwohl ich kein Tor geschossen habe, haupt kein Vergleich zur Bundesliga. werde ich diesen Tag, diese vielen Eindrücke ganz Und nun mussten wir als Aufsteiger gleich zum sicher nie vergessen. Schließlich waren wir für ei- Auftakt in diese enge, stimmungsvolle Arena nach nen Tag sogar Tabellenführer, und danach mit 5000 Kaiserslautern. Schon vier Wochen zuvor spürte ich ein Kribbeln im Club-Fans den Sieg zu feiern war unbeschreiblich, fantastisch. Viel- Bauch. Endlich Bundesliga! Natürlich hatte ich in der Slowakei die leicht war das Spiel sogar ausschlaggebend für den Klassenverbleib. deutsche Liga am Fernseher verfolgt. 40.000, 50.000 Zuschauer, Und dass ich insgesamt 24-mal treffen würde, hatte ich zuvor nicht manchmal schon beim Warmmachen. Ich wusste somit in etwa, was im Traum gedacht. AUFGEZEICHNET VON WOLFGANG LAASS, FOTO IMAGO

BILDERRÄTSEL WER IST DIESER MANN?

UMFRAGE Sollte noch einmal für das Nationalteam spielen? (die RUND-Online-Umfrage im September)

Ja Nein Mir 51,9 % egal 45,4 %

2,7 %

Jeden Monat stellen wir Ihnen auf unserer Home- page eine RUND-Frage zum aktuellen Fußball- geschehen. Das Ergebnis folgt im Heft darauf. Unter www.rund-magazin.de/voting können Sie Sie glauben die Lösung zu kennen? Antworten bitte bis zum 21. November 2005 an: Redaktion jederzeit abstimmen. Im vergangenen Monat nah- RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 , Fax: 040/8080 686-99, info@rund-magazin. men 1188 Personen teil. de, Stichwort: Bilderrätsel. Unter den richtigen Einsendern verlosen wir fünf Fußballbücher aus dem Eichborn Verlag. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die richtige Antwort des Oktober-Rätsels lautet: OLYMPIASTADION . Die Gewinner der Fußballbücher aus dem Verlag Kiepenheuer & Witsch werden im nächsten Heft veröffentlicht.

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rrund11_016_021_Feldsalatund11_016_021_Feldsalat 1818 006.10.20056.10.2005 21:22:5521:22:55 UhrUhr AM BALL Feldsalat

STEFAN EFFENBERG: JÜRGEN GRABOWSKI: : „Wir rieben uns die Augen. Das ist doch die Braut aus dem „Der Ball hat seine Faszination. Weil er rund ist und rollt, „Fußball ist wie Boxen. Da wird ordentlich hingelangt, Divi-Markt. Was wollte die denn hier? Sie hieß Petra, und besitzt er das, was heute die Sportpsychologen einen da wird manchmal auf alles, was sich rührt, getreten und wir machten sofort einen auf Charmeur und luden sie in ‚Aufforderungscharakter‘ nennen. Einen Ball in einen Kreis geschlagen. So sieht’s aus. Die Erklärungen haben viele unsere Wohnung ein. Sie hatte schon zwei Kinder, was gestandener Männer geworfen, löst prompt Aktivitäten Experten bis heute nicht kapiert: weil wir unseren Jugend- Jörg anfangs nicht störte – zumindest nicht, bevor er sie aus. Die Zahl der Fußballmannschaften wächst, und das lichen das Foulspiel verbieten! Sie haben richtig gelesen: geplättet hatte.“ nicht nur bei der Jugend.“ Wir müssen dem Jugendlichen lehren, foul zu spielen.“

EDELFEDERN DIE ELF SCHLECHTESTEN SCHRIFTSTELLERNDEN FUSSBALLER ALLER ZEITEN * : FOTOS BENNE OCHS FRITZ WALTER: „Schon immer hatte ich den Wunsch, dieses Buch zu „Bruderherz, hoffentlich geht Dein Buch so gut wie mei- schreiben und meine Erinnerungen, Eindrücke, Erfahrun- ne Tankstelle in den ersten Tagen nach der Weltmeister- gen und Stimmungsbilder von den Spielen der deutschen schaft.“ Widmung von Ottmar Walter. „Du bist als Retter in Nationalmannschaft, von Menschen, Ländern, Weltstäd- der Not oft bei uns in der Hintermannschaft aufgetaucht. ten und anderen Mentalitäten zu schildern, die ich überall Hoffentlich tauchen wir Verteidiger gelegentlich auch in in der Welt erfahren durfte.“ Deinem Buch auf.“ Widmung von Werner Kohlmeyer

FRANZ BECKENBAUER: „Einerseits fordert unsere Gesellschaft auch im Sport Höchstleistungen – olympische Medaillen, Europameis- terschaften, Weltmeisterschaften –, sind die Leistungen : jedoch erbracht, stehen diejenigen, die sie erbracht ha- PETAR RADENKOVIC: ben, oft vor dem beruflichen Nichts und werden schnell „Ich bin auch kein Kostverächter, kann aber bei so wichti- vergessen. Sie sind nicht in das Berufsleben integriert.“ „Ich weiß, mein Stil ist vielfacher Kritik ausgesetzt, aber ich gen Turnieren wie einer WM meine Frau überhaupt nicht möchte dennoch an ihm festhalten, denn ich persönlich brauchen. Da verzichte ich auf Sex. Bin ja kein Gorilla. halte ihn für richtig und glaube ihn auch einigermaßen Über mein Liebesleben stülpe ich in dieser Zeit eine Kä- zu beherrschen. Jene paar ‚Durchrutscher‘, die es beim seglocke und denke fest an mein Ziel.“ Hinauslaufen gibt, samt dann fälliger Kritik, muss ich ver- schmerzen.“

BODO UND BIANCA ILLGNER: „Langsam öffnete er die Knöpfe meiner Bluse. Mit einem : gekonnten Handgriff öffnete er meinen knallroten spit- : zenbesetzten BH. Den Rest der Kleidung rissen wir uns „,Ihr Rotznasen‘, fauchte er wütend, ‚nicht mal trinken buchstäblich vom Körper. Er nahm den Champagner und „Ihr Körper und ihr Mund kennt alle Gesten und Gebärden, könnt ihr! Entweder man ist ein Kerl oder man ist keiner! ließ etwas davon über meine Brüste fließen, um ihn dann die Eva schon kannte. Sie liebt leidenschaftlich, mit dem Jedenfalls lässt man das Waschbecken sauber, wenn sanft mit seiner Zunge zu genießen.“ auf Zeugung bedachten Können, das die schwarzen Müt- man bloß das Fenster aufzumachen braucht, unter dem ein ter weiterreichten durch die Dunkelheit der afrikanischen Dach mit Pappe ist – und dann stinkts auch nicht so!‘“ Jahrhunderte. Das ist das schöne Trainerleben!“

*Die spektakulärsten Tore der Bundesligageschichte. Schreiben Sie uns Ihren Torschützen: [email protected], Stichwort: Volltreffer

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rrund11_016_021_Feldsalatund11_016_021_Feldsalat 2020 006.10.20056.10.2005 21:23:0321:23:03 UhrUhr UNSER LIEBSTES RAUCHEN IM ERZGEBIRGE Das ist ein wahrer Erzgebirge- Fan mit den lila-weißen Farben der Auer, einem Schal und, wie es sich für einen richtigen Kuttenträger gehört, mit einer Tröte. Nur auf Fangesänge pfeift der sächsische HALLODRI – aus seiner gerundeten Mund- öffnung zieht lediglich warmer Rauch. Sympathisch und ehrlich versüßt das heimatliche Kunst- handwerk neblige November- abende. FOTO BENNE OCHS TOP 200 ‘ HONGKONG IN REICHWEITE EIN FILM VON DANNY CANNON Wie die deutsche Fußballnationalmannschaft (Platz elf der Weltrangliste) jüngst gegen die Slowakei LEBE (Platz 45) abgeschnitten hat, ist bekannt: 0:2 und mehr als kläglich. Das eigentlich Erschütternde an DEINEN dieser Tatsache aber ist: Sie ist damit schlechter als TRAUM Liechtenstein. Die haben gegen die Slowaken Mitte August ein ehrenwertes, torloses Unentschieden ge- halten — und das auch noch in der WM-Qualifikation. Als der Zwergstaat ein paar Wochen später dann noch das immerhin 16-mal größere Luxemburg mit 3:0 ins Fürstentum heimschickte, stand der Rang- listencomputer kurz vor Absturz und beförderte die Liechtensteiner prompt um 16 Plätze nach oben. Re- kord! Hongkong in Reichweite! Für die WM reicht der Liechtensteiner Endspurt allerdings nicht mehr. Zum Glück: Sonst müssten wir am Ende noch gegen sie spielen.

Platz Staat +/– 119 Libanon – 5 120 Hongkong – 1 121 Barbados – 1 122 Kap Verde + 1 123 Liechtenstein + 16 124 St. Kitts und Nevis – 2 AB 27. OKTOBER DIE SPORTAUSRÜSTUNG ZUM FILM BEI IM KINO

rrund11_016_021_Feldsalatund11_016_021_Feldsalat 2121 006.10.20056.10.2005 21:23:2921:23:29 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

Mehr Exklusivität: Premiere-Reporter (re.) mit

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2222 006.10.20056.10.2005 21:15:0921:15:09 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

OFFENSIVE BILDERSTÜRMER Zur kommenden Saison werden die FERNSEHRECHTE an der Fußballbundesliga neu verhandelt. Die Vereine wollen mehr Geld, Premiere mehr Exklusivität und die Fans die gewohnt umfangreiche Berichterstattung. Doch sicher ist beim Poker um die Bilder nur eins: Nichts wird bleiben, wie es war VON STEFFEN GRIMBERG UND MALTE OBERSCHELP, FOTOS MICHAEL DANNER, GERALD VON FORIS, ELIAS HASSOS, BENNE OCHS

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2323 006.10.20056.10.2005 21:15:2421:15:24 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

Mobile Einheit: Übertragungswagen am Dresdner Stadion

Differenz macht klar: Will die Liga ihre fi nan- ziellen Ziele mit dem neuen TV-Vertrag tat- sächlich erreichen, ist es bei Sendeterminen und Anstoßzeiten nicht mit kosmetischen Änderungen getan. Das moderne Fernsehzeitalter begann im für ein unverhofftes Revival der traditions - „Zu konkreten Modellen wollen wir uns im deutschen Fußball nicht mit Ernst Huberty, reichen Sendung sorgte, setzt der Pay-TV-Sen- Vorfeld nicht äußern“, sagt DFL-Geschäfts- nicht mit der Erfi ndung der Super-Zeitlupe der Premiere nun zum großen Wurf an: Damit führer Christian Seifert. Aber angesichts der und auch nicht mit Leo Kirch. Es begann am mehr Fans ein Fußballmonatsabo für 34,80 Lage auf dem Fernsehmarkt läuft vieles auf 11. Februar 1954. An diesem Sonntag forderte Euro kaufen, will der Sender sich möglichst dieses Szenario hinaus: Die „Sportschau“ ent- der FC Schalke 04 vom Nordwestdeutschen alle TV-Rechte an der Bundesliga sichern und fällt, statt ihrer übernimmt das „Aktuelle Rundfunk für die Live-Übertragung des Spit- den Termin für die Zusammenfassung im frei Sportstudio“ im ZDF oder eine ähnliche Sen- zenspiels gegen Rot-Weiß Essen 25.000 Mark. empfangbaren Fernsehen nach hinten schie- dung eines anderen Kanals gegen 22 Uhr die Es war die Zeit vor dem Wunder von Bern, als ben. Für die Fußballfans wird sich in der Erstverwertung im Free-TV. Mit dieser späten kaum jemand überhaupt einen Fernseher be- kommenden Spielzeit einiges verändern. Anstoßzeit im frei empfangbaren Fernsehen, saß. Eine Zeit, in der mancher Vereinsvertre- „Mehr Geld für mehr Exklusivität“ – mit das hat Premiere-Chef Kofl er mehrfach signa- ter noch schüchtern nachfragte, wie viel man dieser Botschaft tingelte Georg Kofl er, Vor- lisiert, könne er leben. Und wäre dann auch denn für eine Übertragung bezahlen müsse. standsvorsitzender der Premiere AG, zuletzt bereit, für die exklusiven Pay-TV-Rechte er- Natürlich lehnte der NWDR empört ab. durch die komplette deutsche Medienland- heblich mehr hinzublättern. Das Geld dazu Heute wäre die ARD froh, wenn sie pro schaft. Mehr Geld, genau das will und braucht hat er aus dem Börsengang vom Frühjahr. Spiel so wenig bezahlen müsste. Zur nächsten die Bundesliga. Auf 500 Millionen Euro hat Und auch wenn Seifert im Vorfeld nicht kon- Saison steht der Bundesliga ein neuer TV-Ver- Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rumme- kret werden will – die Ligaleitung sieht dies trag ins Haus, derzeit arbeitet die DFL an der nigge den Betrag beziffert, den die Vereine ähnlich: „Wir müssen sehr offen und be reit Ausschreibung der einzelnen Rechtepakete, vom Fernsehen gerne sehen wollen. Derzeit sein, über Spieltage, Anstoßzeiten und TV- und es sieht nicht gut aus für die „Sportschau“. zahlen Premiere, ARD, ZDF und DSF zusam- Partner nachzudenken.“ Dabei würde dem Nachdem die Pleite des Kirch-Konzerns 2004 men gerade mal 280 Millionen. Die enorme Publikum zwar die „eine oder andere lieb

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2424 006.10.20056.10.2005 21:15:3321:15:33 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

Torwand mit Zukunft: Wird das „Aktuelle Sportstudio“ schon bald zur neuen „Sportschau“?

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2525 006.10.20056.10.2005 21:15:3821:15:38 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

Allgegenwärtig: Premiere überträgt alle Partien der Ersten Liga live

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2626 006.10.20056.10.2005 21:15:4821:15:48 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

noch satte 157 Millionen Euro im Ausland – in Deutschland sind es gerade mal 15 Millio- nen. Frankreichs erste und zweite Liga kom- men in dieser Saison auf 568 Millionen Euro Fernsehgeld, die italienischen Vereine der Serie A auf 550 Millionen. In Italien bot die staatliche RAI beim Rechtepoker zuletzt nur den Betrag von einem Euro, um gegen die Preisexplosion zu protestieren, und stellt seit- dem die Tore mit ehemaligen Profi s nach. Im unübersichtlichen spanischen Markt, wo sich die Klubs der Primera Division selbst ver- markten, werden eher noch mehr Gelder als in England und Frankreich erzielt. „Es gibt keine andere Liga in Europa, wo fast unmittelbar nach dem Abpfi ff schon die Zusammenfassung im frei empfangbaren gewonnene Gewohnheit“ genommen. Doch der Fans, die „wollen, dass ihre Klubs interna- Fernsehen läuft“, sagt Hans Mahr, Premieres nur so lasse sich der Anschluss an die inter- tional erfolgreich sind“. Vorstand für Sport und New Business. Denn nationale Fußballelite halten. Den Termin Doch Deutschland ist im internationalen je später der Abend, desto mehr Geld gibt es. um 22 Uhr hält Seifert für machbar: „Grund- Preisvergleich derzeit bestenfalls zweite Liga. In England startet die BBC mit ihrem „Match sätzlich glaube ich, dass sich die Zeiten auch 553 Millionen Euro nimmt die englische Pre- of the Day“ erst ab 22.30 Uhr, in Frankreich in dieser Hinsicht geändert haben. Die Öffent- mier League ein, 500 Millionen davon zahlt kommt „Téléfoot“ erst am Sonntagvormittag. lichkeit kennt mittlerweile unsere Zwänge.“ Rupert Murdochs Bezahlfernsehen BSkyB. Den 22-Uhr-Termin hält Mahr daher für Im Übrigen sei das alles ja auch im Interesse Dazu generiert die oberste englische Liga durchsetzbar: „Das Potenzial ist da“, sagt er.

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2727 006.10.20056.10.2005 22:07:4922:07:49 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

ten, dass RTL oder Sat.1 den Part von ARD und ZDF übernehmen, wäre illusionär. Eine Refi nanzierung der Rechte durch Werbung ist nicht machbar, damit haben beide Privat- sender – RTL mit „Anpfi ff“, Sat.1 mit „ran“ – ihre Erfahrung gemacht. Für die reine Image- pfl ege fehlt aber heute erst recht das Geld, weil die Werbeeinnahmen auch 2005 zurück- gehen. RTL hat eben erst eine Generalüber- holung des Senders angekündigt, Jobverluste nicht ausgeschlossen. Und Guillaume de Posch, Vorstandschef von Pro Sieben Sat.1, hatte schon der Champions-League-Deal von Premiere ernüchtert: „Wir könnten uns ein solches Event gar nicht leisten.“ Und wenn seine Senderfamilie auch künftig ohne Spit- zenfußball dasteht? „So what“, sagt de Posch: „Wenn Premiere die Preise deutlich nach oben treibt, ist das Georg Kofl ers Problem.“ Und das Problem der ARD. Sie setzt weiter auf ihr „Markenzeichen ,Sportschau‘“ und darauf, „dass das Publikum nicht bis 22 Uhr auf die Zusammenfassung im Free-TV warten muss“. Früher hätte sich Pleitgen hier noch auf den Grundlagenvertrag zwischen DFL und DFB berufen können. Der sah bislang ei- ne „zeitnahe“ Ausstrahlung der Spielberichte im Free-TV vor. In der aktuellen Fassung steht ein „möglichst“ vor dem „zeitnah“ – was aus der Vorschrift einen Gummiparagrafen macht. Daran kann auch die Politik nichts än- dern (siehe Kasten Seite 30). Über den neuen TV-Vertrag entscheiden wird die DFL-Gesellschafterversammlung, bestehend aus den 36 deutschen Profi klubs. Sie befi nden sich in einer Zwickmühle. Ge- gen mehr Fernsehgeld hat keiner etwas, doch beim großen Premiere-Deal drohen Probleme Hinter der Kulisse: Fernsehtechnik im ZDF-„Sportstudio“ mit der zahlenden Kundschaft: den Fans und den Sponsoren. „Die Sponsoren beobachten Der Zuschauerverlust von 2001, als „ran“ die chen. Sondern wir werden es auch machen.“ die Entwicklung sehr genau“, weiß Andreas Anfangszeit auf 20.15 Uhr verlegte, fi cht ihn Die Übernahme der Erstsenderechte im Free- Bornemann, Manager des Zweitligisten SC nicht: „20.15 Uhr war Unsinn, damit haben TV würde das ZDF zwar eine Menge kosten, Freiburg. Weil die „Sportschau“ weit mehr alle Recht. Ab 22 Uhr ist auch bei den deut- sagen Insider, wäre vermutlich aber immer Zuschauer (über fünf Millionen) als Premiere schen Zuschauern wieder Zeit für Fußball.“ noch billiger als die 65 Millionen Euro, die derzeit Abonnenten hat (etwa 3,3 Millionen), Schließlich gibt es am späteren Samstag- die ARD pro Saison für die „Sportschau“ um sorgen sich zum Beispiel die Trikotsponsoren abend schon einen angestammten Sende- 18.15 Uhr berappt. Offi ziell gibt es bisher bei um die Reichweite ihrer Werbung, sollte die platz: Im ZDF, das seinen bisher etwas nach- der ARD keinen Kommentar zur drohenden Bundesliga noch weiter ins Pay-TV wandern. rangigen Termin runderneuert hat und nun Spaltung des öffentlich-rechtlichen Lagers. Einige Firmen haben bereits angekündigt, in auch wieder als „Aktuelles Sportstudio“ fi r- WDR-Intendant Fritz Pleitgen, als Chef einer diesem Fall ihre Verträge mit den Klubs nach- mieren lässt. In weiser Voraussicht? „Wir wä- der großen ARD-Anstalten stets bei Sport- verhandeln zu wollen. ren schlechte Profi s, wenn wir nicht für alle rechteverhandlungen dabei, gibt sich ge- Deren Vertreter schließen einen 22-Uhr- Eventualitäten Pläne hätten“, sagte Intendant wohnt markig: „Wir werden am Ball bleiben Termin nicht aus. „Ich halte 18 Uhr für denk- Markus Schächter dem „Stern“. Was andere und uns nicht rausdrücken lassen.“ bar, ich halte 19 Uhr für denkbar, ich halte aus der Führungsetage in Mainz so interpre- Der Konfl ikt im öffentlich-rechtlichen Sys- auch 22 Uhr für denkbar“, meint Leverkusens tieren: „Wir sagen nicht, wir können es ma- tem wird also kommen. Denn darauf zu war- Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, zu-

RUND 28

rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2828 006.10.20056.10.2005 21:11:0421:11:04 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

gleich Vizepräsident des Ligaverbands DFL. „Der Wegfall der 18-Uhr-Schiene kann ein Modell sein“, sagt HSV-Chef Bernd Hoff- mann, „er muss es aber nicht.“ Letztlich ist alles eine Frage des Preises. „Wenn wir den Fans zumuten, erst um 22 Uhr Fußball zu se- hen, dann muss für die Vereine ein erhebli- cher Mehrwert dabei sein“, konstatiert Chris- tian Heidel, Manager von Mainz 05. Geld DAS FELL DES BÄREN: SO WERDEN DIE TV-GELDER VERTEILT kann auch das Problem mit den Sponsoren beseitigen: Dann müsste Premiere etwaige Die Bundesliga wird, im Gegensatz etwa zur italienischen Serie A, zentral vermarktet. Das bedeutet: Die Einnahmeverluste der Klubs ausgleichen. Fernsehgelder werden eher nach dem Gießkannenprinzip verteilt, während bei der Einzelvermarktung jeder Verein für sich das Optimum heraushandeln kann. Derzeit gehen 78 Prozent des TV-Geldes an die Erste Liga, Nicht ganz so leicht lässt sich der Konfl ikt 22 Prozent an die Zweite. Von den 78 Prozent wiederum werden 50 Prozent als Sockelbetrag an alle 18 Erst- mit den Fans lösen. Von denen wird kaum ei- ligavereine weitergegeben, weitere 37,5 Prozent richten sich nach den Tabellenplatzierungen der vergangenen drei Spielzeiten, die restlichen 12,5 Prozent nach der aktuellen Platzierung. ner begeistert sein, wenn er vier Stunden län- „Wir wollen erst den Bären erlegen und dann das Fell verteilen“, sagt Karl-Heinz Rummenigge. Nichts- ger auf Fernsehfußball warten soll – oder sich destotrotz haben die Bayern zum wiederholten Male ins Spiel gebracht, den Verteilungsschlüssel zugunsten stattdessen ein Premiere-Abo zulegen muss. der größeren Vereine zu verändern. Schließlich sorgen sie bei der Konkurrenz regelmäßig für volle Stadien und halten international die Fahne hoch, erhalten aus dem Fernsehgeld aber nur einen Anteil von etwa 20 Millionen „Das zu kritisierende Prinzip ist, dass der Euro. Beim legendären Geheimvertrag aus dem Jahr 2000 hatte Leo Kirch den Bayern deshalb 40 Millionen Fußball privatisiert und dann an den Fan zu- Euro pro Saison extra zugeschustert, damit sie der Zentralvermarktung zustimmten. „Das wird ein Hauen und Stechen geben“, glaubt Andreas Bornemann, Manager des SC Freiburg. Die rückverkauft wird“, meint Andreas Bettag, Zweitligisten und Kellerkinder der Ersten Liga befürchten, sportlich weiter zurückzufallen, sollte es weniger Sprecher des Bündnisses Aktiver Fußballfans TV-Geld geben. „Ich warne davor, beim Verteilungs schlüssel nur darauf zu achten, ob Bayern gegen Chelsea (Baff). Er unterstellt der Bundesliga in Sachen konkurrenzfähig bleibt“, meint der Mainzer Manager Christian Heidel. „Dann wird die Liga für die Zuschauer uninteressant.“ Heidel verweist auf die italienischen Verhältnisse: Dort bekommen, begünstigt durch die Einzel- TV-Vertrag schlicht Raffgier. „Die Vereine vermarktung, Juve und Milan mit Abstand das meiste Geld – und machen den Scudetto meist unter sich aus. sind nicht etwa arm oder pleite – sie können bloß den Hals nicht voll genug bekommen.“

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rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 2929 006.10.20056.10.2005 21:11:3421:11:34 UhrUhr AM BALL Fernsehduell

„Nicht wer den größten Geldsack auf den Tisch stellt, bekommt automatisch den Zu- schlag“, hält Kölns Manager und DFL-Vor- stand Andreas Rettig dagegen. „Die Meinung der Fans ist uns wichtig, aber nicht allein aus- schlaggebend“, sagt sein Kollege Holzhäuser gen am Sonntag und zwei Anstoßzeiten am Rolle als Zugpferd der TV-Industrie wieder von der anderen Rheinseite. Was er beruhi- Samstag: zum Beispiel mit einem Topspiel einmal erfolgreich gespielt hat. Die WM 1954 gend meint, klingt für die Fans jedoch wie um 18 Uhr, das Premiere exklusiv hätte und sorgte für einen boomenden Fernseherver- eine unheilvolle Ankündigung: „Es wird wei- sich aussuchen könnte. Der „Sportschau“ kauf, das Turnier 1974 trug zur Durchsetzung ter Bundesliga im Free-TV geben. Die Frage blieben dann nur vier Spiele. Ein auf drei Ta- des Farbfernsehens bei, nach 1988 verhalfen ist nur, wann und in welcher Form.“ ge verteilter Spieltag aber ist genau das, wo- die Bundesligarechte den Privatsendern zum Für Philipp Markhardt von Pro Fans ist das gegen die Fans 2001 protestiert hatten. Durchbruch. Und mit dem Beginn des WM- „Wann“ gar nicht der Knackpunkt. Die Initia- „Ich frage mich, warum Volkes Seele nicht Jahres 2006, wenn die DFL ihre Entscheidung tive ist aus jenen Aktivisten hervorgegangen, wieder kocht“, sagt Philipp Markhardt. Viel- verkündet, wird in Deutschland wohl endgül- die 2001 mit den „Pro 15:30“-Schildern gegen leicht tut sie das erst, wenn der Fußball seine tig das Pay-TV-Zeitalter anbrechen. die Zerstückelung des Spieltags protestierten, und versteht sich als Interessenvertretung der Stadiongänger. Für die sei der Anstoß im TV nicht ganz so wichtig, „aber im Sinne des all- gemeinen Zuschauers ist ein 22-Uhr-Termin nicht“, sagt Markhardt und kündigt erneut öffentlichkeitswirksame Aktionen an. „Es muss darum gehen, den goldenen Mit- telweg zu fi nden“, sagt Wolfgang Holzhäuser. Der aber ist kaum denkbar, jedenfalls aus Sicht der Fans. Denn die Alternative zum gro- ßen Wurf mit Premiere wäre, die „Sport- schau“ auf ihrem Sendeplatz zu belassen oder geringfügig zu verschieben, aber um ein paar Partien zu stutzen. Dann gäbe es wieder ein oder zwei Spiele am Freitag, zwei Begegnun-

POLITIKER OHNE EINFLUSS

„Fußball ist Volkssport. Und muss deshalb im Free-TV bleiben“, hat der Sportminister der Schröder-Regierung, Otto Schily von der SPD, Liga wie Sendern ins Stammbuch geschrieben. Doch auch wenn sich kaum ein Politiker die Chance entgehen lassen dürfte, beim Thema Fußball volksverbunden Flagge zu zeigen: Die Bundesliga gehört nicht zu dem TV-Bereich, der unter besonderem Schutz der Politik steht. Der Rundfunkstaatsvertrag sieht zwar vor, dass „Er- eignisse von erheblicher gesellschaftlicher Be- deutung“ von einem Free-TV Sender „zeitgleich oder geringfügig zeitversetzt“ ausgestrahlt wer- den müssen. Doch „Großereignisse im Sinne dieser Bestimmung“ sind nur die Olympischen Sommer- und Winterspiele, die Begegnungen der Nationalelf, EM- und WM-Spiele mit deut- scher Beteiligung sowie Eröffnungs-, Halbfinal- und Endspiele, außerdem die Halbfinalspiele und das Endspiel des DFB-Pokals. Halbfinal- und Endspiele bei Uefa-Cup und Champions League haben nur dann eine Free-TV-Garantie, wenn eine deutsche Elf dabei ist. Eine Ausweitung der Liste ist nur mit Zustimmung aller 16 Bundeslän- der möglich. Aktuell geht es zudem nicht um die Frage, ob die Bundesliga komplett ins Pay-TV abwandert, sondern nur um den Sendestart im Free-TV. Der politische Spielraum ist also eng. Maskenball: TV-Reporterin vor dem Auftritt in der Münchner Allianz Arena

RUND 30

rrund11_022_031_Titel_TVund11_022_031_Titel_TV 3030 006.10.20056.10.2005 21:12:0721:12:07 UhrUhr rrund11_032_035_Lage_Der_Liga_NEU 32 u n d AM BALL Lage der Liga 1 1 _ 0 3 2 _ 0 3 5 _ L a g e _ D e r _ L i g a _ N E U

3 2 DIE LAGE DER LIGA Was ist los beim Lieblingsklub, was bei der Konkurrenz? Unsere Experten haben allen 18 BUNDESLIGISTEN auf die Füße geschaut und beantworten

die Fragen, die den Fan bewegen FOTOS SEBASTIAN VOLLMERT UND BENNE OCHS

1 ZITAT DES MONATS 2 DIESER SPIELER FEHLT 3 DURCHBRUCH STEHT BEVOR 006.10.2005 21:12:18 Uhr

6 4 MITARBEITER DES MONATS . 1 0 . 2 0 0 5

5 FANZUFRIEDENHEIT

2 1 : 1 2 : 1 8

U h r rrund11_032_035_Lage_Der_Liga_NEU 33 u n d 1 1 _ 0 3 2 _ 0 3 5 _ L a g e _ D e r _ L i g a _ N E U

3 3 BORUSSIA BAYERN MÜNCHEN MSV DUISBURG FSV MAINZ 05 MÖNCHENGLADBACH VFB STUTTGART HANNOVER 96

1 Zitat des Monats: „Irgend- 1 Zitat des Monats: „Schön 1 Zitat des Monats: „Ich bin 1 Zitat des Monats: „Da hat 1 Zitat des Monats: „Als ich 1 Zitat des Monats: „Wenn wann kriegen wir fürchterlich auf wäre es, wenn unsere Gegner mal jetzt seit 17 Jahren Stadion- er den richtigen Riecher gehabt.“ bei Milan spielte, herrschte schon Chelsea nach Hannover kommt, den Sack.“ Uli Hoeneß hat ein Eigentor schießen würden.“ sprecher. Seither kriege ich Trainer Horst Köppel über die Krise, wenn wir ein einziges wissen sie ja jetzt, wie sie spielen Angst vor der großen Krise. Trainer beklagt sich Gänsehaut, wenn ich diese Kurve Aushilfstorwart Darius Kampa, Spiel verloren haben.“ Jon Dahl müssen.“ zur These Oder er kokettiert. nach dem verpatzten Saisonstart sehe.“ Stadionsprecher Klaus der im Spiel gegen den MSV Tomasson umdribbelt die des 96-Kollegen , über das fehlende Glück seiner Hafner grüßt beim Spiel gegen Duisburg einen Strafstoß von Frage, ob der Wechsel zum VfB der die defensive Spielweise 2 Dieser Spieler fehlt: Lukas Mannschaft. Dortmund die rappelvolle Ivica Grlic mit der Nase parierte. nicht doch ein Fehler war. seines Teams mit dem Hinweis Podolski. Erstens, weil dann das Fankurve. Allerdings gab es dort, verteidigte, auch der FC Chelsea tägliche Spekulieren, wann er 2 Dieser Spieler fehlt: Markus wo heute die Südtribüne steht, bis 2 Dieser Spieler fehlt: Nach 2 Dieser Spieler fehlt: Ein Spiel- baue sich „am eigenen Fünfer“ denn nun kommt – 2006, 2007, Hausweiler und Andreas Voss vor acht Jahren noch keine echte etlichen Wochen und diversen gestalter im Zentrum. Man auf und habe „nur einen Spieler morgen, gestern und so weiter – werden auch wegen ihres Tribüne und schon gar keine Fans. Fehlversuchen hat Horst Köppel muss nicht unbedingt auf dem vorne“. endlich vorbei wäre. Zweitens als nimmermüden Einsatzwillens erkannt, dass Thomas Helveg Transfermarkt fahnden, vielleicht Partner für Roy Makaay, als einer schmerzlich vermisst. Beide 2 Dieser Spieler fehlt: Mit in der Innenverteidigung fehl am schlummert dieses Talent ja auch 2 Dieser Spieler fehlt: Nebojsa der den Holländer ergänzt, im Not- sollten das defensive Mittelfeld Mohamed Zidan einer weniger. Platz ist. „Er ist für uns momentan im Orchester des Maestros. Wahr- Krupnikovic. Wenn gar nichts fall auch ersetzt. Zuletzt spielte stabilisieren und fallen mit Knie- Dank ihm ist Mainz 05 im Angriff außen rechts wertvoller.“ scheinlich hat er es nur vor lauter mehr ging bei 96, hatte der Spiel- Makaay auch mal allein, lediglich verletzungen bis Dezember aus. schwerer auszurechnen. Aller- Damit fehlt erneut ein spielstarker Experimenten noch nicht entdeckt. macher noch immer eine Idee. unterstützt von einem starken Mit- Weil kein adäquater Ersatz da ist, dings wäre der Marokkaner noch zentraler Abwehrspieler. Doch „Krupi“ spielt jetzt in telfeld, was in der Bundesliga rei- geriet die Abwehr häufig in Nöte. beliebter, wenn er seinen Blick für Notnagel: der ewige Jeff Strasser. 3 Durchbruch steht bevor: Bielefeld und hat dort nicht mehr chen mag, international aber nicht. den Nebenmann schärfen könnte. Eigentlich steht fast jeder vor Spaß als in Hannover. 3 Durchbruch steht bevor: 3 Durchbruch steht bevor: dem Durchbruch. Nur Meira, 3 Durchbruch steht bevor: Nachdem Marino Biliskov verletzt 3 Durchbruch steht bevor: ist ein Techniker. Hildebrand und Tomasson zählen 3 Durchbruch steht bevor: Paolo Guerrero. Der junge vom VfL Wolfsburg zum MSV Wetten, Mainz 05 wird bald Doch nachdem ihm Krisztian zur Stammformation und sind Hendrik Hahne, 19. Der freche Peruaner war zuletzt oft die einzige wechselte, strampelte sich der endgültig zum Liebling des Lisztes vor die Nase gesetzt nicht von der trapattonischen Stürmer ist nach Alternative für den zweiten Platz Kroate durchs Aufbauprogramm Feuilletons? Den Anfang machte wurde, gab Broich Laut und wurde Rotationsphilosophie betroffen. das nächste von vielen Fohlen, die im Sturm. In einer Rolle, in die er und bewies bereits bei seinen Harald Martenstein in der „Zeit“, zum Kämpfer. Er reklamierte die im eigenen Stall mit den Stollen erst hineinwachsen sollte, die ersten Einsätzen, dass er doch wo er erzählt, wie ihn sein Opa an Position hinter den Spitzen für sich 4 Mitarbeiter des Monats: scharren. Unlängst verdrängte er er mit entscheidenden 1:0-End- nicht der Invalide ist, für den ihn den Bruchweg mitnahm: „Sobald und untermauerte dies mit guten Jon Dahl Tomasson. Der Däne schon mal Millioneneinkauf stand-Toren aber schon jetzt manche schon hielten. Beim Debüt der Schiedsrichter anpfiff, begann Leistungen, die Erinnerungen kaschiert mit seiner Klasse Hashemian aus der Startelf. ausfüllt. Hoffentlich reicht die Kraft. gelang dem Innenverteidiger sogar das gesamte Stadion, ohne eine an bessere Tage hervorriefen. die Mängel des Kollektivs, ist ein Tor. Das lässt hoffen. einzige Ausnahme, verzweifelt zu quasi ein Gegenentwurf zu einer 4 Mitarbeiter des Monats: 4 Mitarbeiter des Monats: brüllen, wie verdurstendes Vieh 4 Mitarbeiter des Monats: Mannschaft, die sich in einer Per Mertesacker. Da es sportlich Mehmet Scholl. Er ist mit seinen 4 Mitarbeiter des Monats: Um oder als ob man jedem Einzelnen Krisztian Lisztes gestand, dass er endlos dauernden Findungsphase wieder nicht zum Uefa-Cup reicht, 35 Jahren nicht mehr der schnell- das Lazarett zu verschlanken, ein glühendes Bügeleisen in die in Bremen auf der Halbposition befindet. Der 29-Jährige trifft fast wird der Abwehrchef noch ste, aber zweifelsfrei immer noch wurde Manfred Stefes als Reha- Hose gesteckt hätte.“ gespielt hat und machte damit den immer, spielt unauffällig effektiv wichtiger. Bis zum siebten Spiel- der coolste Bayern-Spieler. Fügt trainer eingestellt. Der frühere Weg frei für Broich und seine und schiebt Sonderschichten. tag verzeichnete die Statistik kein sich in dieser Saison meist klaglos Hans-Meyer-Assistent aus 4 Mitarbeiter des Monats: Hier Lieblingsrolle als 10er hinter den einziges Foul des freundlichen in seine Rolle des Superjokers, Gladbacher Tagen bestritt jede muss einer gelobt werden, der das Spitzen. 5 Fanzufriedenheit: Kürzlich Nationalspielers. Das sollte zum der einem verfahrenen Spiel noch Menge Überstunden. Für den erledigt, was getan werden muss: schmunzelten die Fans auf dem Sieg in der Fairplay-Tabelle mal für 30 Minuten Würze gibt. MSV, der sich zuvor nie einen Torwart Dimo Wache, der hält. 5 Fanzufriedenheit: Heiliger Weg zum Stadion noch über das reichen, der zuletzt Mainz 05 mit Rehatrainer geleistet hatte, eine Simplicissimus! Da macht nach Plakat „Wolle Spaß, fahre rechts“. einem Platz in Europa belohnte. 5 Fanzufriedenheit: Ein Saison- lohnende Investition. 5 Fanzufriedenheit: Die 05-Fans dem verlorenen Derby gegen Köln Mittlerweile macht sich Ernüchte- start fast ohne Makel, allenfalls die beweisen einen erwachsenen das Unwort von der Legionärs- rung breit, die Zuschauer zahlen 5 Fanzufriedenheit: Ist das Punk- Attraktivität des Spiels war zuletzt 5 Fanzufriedenheit: Nach dem Umgang mit ihren Lieblingen. truppe wieder die Runde. Wie sind rückläufig. Die den Weg noch tekonto passabel, geben sich die noch ausbaufähig. Sogar das Ende sehr mäßigen Start ist die Nach Niederlagen beschreit keiner viel Londoner spielen eigentlich finden, sind erstaunlich geduldig treuen Fans auch mit wenig Spek- 006.10.2005 21:12:31 Uhr

6 der Rekordsiegesserie wurde Aufstiegseuphorie verflogen, das die Ungerechtigkeit der Welt. Man bei Chelsea? Wie viel Münchner ob der negativen Dinge, die der takel zufrieden. Der erweiterte . 1

0 goutiert, da es selbst den eigenen Publikum wurde durch den ersten weiß, dass man absteigen oder bei den Bayern? Umbruch bringt. Doch selbst der Freundeskreis aber hat ein Warn- . 2

0 Fans etwas langweilig wurde. Sieg aber wieder etwas milder gegen Sevilla verlieren kann. BERND SCHNEIDERS duldsamste Schwabe erwartet zeichen gesetzt. Zum Derby ge- 0 5

So werden alle Heimspiele aus- gestimmt. ROLAND LEROI Hauptsache Lautern geschlagen, mehr als einen werbetauglichen gen Wolfsburg kamen nur 31.000

2

1 verkauft sein. DETLEF DRESSLEIN sagt man sich. CHRISTOPH RUF Trainer. ELKE RUTSCHMANN Zuschauer. JÖRG MARWEDEL : 1 2 : 3 1

RUND U 33 h r rrund11_032_035_Lage_Der_Liga_NEU 34 u n d AM BALL Lage der Liga 1 1 _ 0 3 2 _ 0 3 5 _ L a g e _ D e r _ L i g a _ N E U

3 4 1. FC KAISERSLAUTERN FC SCHALKE 04 SV WERDER BREMEN BORUSSIA DORTMUND BAYER LEVERKUSEN

1 Zitat des Monats: „Uns fehlt die 1 Zitat des Monats: „Wir können 1 Zitat des Monats: „Wissen 1 Zitat des Monats: „Wenn wir 1 Zitat des Monats: „Wer 1 Zitat des Monats: „Jeden Tag Qualität, ein Spiel zu machen, wir noch schlechter.“ Zu dieser Sie, die Spieler des FC Barcelona Geld hätten, kauften wir Euch auf.“ sind Sie?“ Neuzugang Heiko auf dem Trainingsplatz zu stehen, sollten auf den Außen offensivere lapidaren Aussage ließ sich Mittel- haben auch nur zwei Beine und Beim Auswärtsspiel in Mainz Westermann ist U21-National- ist nicht mein Ding, da verschleiße Spieler haben.“ Nach sieben Toren feldspieler nach einen Kopf.“ vor ertönen im Shuttlebus zum spieler und gilt als Innenverteidiger ich mich zu schnell.“ Rudi Völler, wagte es Halil Altintop, offen Kritik der enttäuschenden Champions- dem Champions-League-Spiel Stadion angenehm selbstironische der Zukunft. Einem jungen den sich wohl ausnahmslos jeder zu äußern. Doch mündige Spieler League-Partie gegen den PSV gegen Barcelona. Klänge aus Dortmunder Kehlen. Autogrammsammler war der im Klub auch langfristig auf sind in der Pfalz nicht erwünscht, Eindhoven hinreißen. In den 22-Jährige beim Test in der Provinz die Trainerbank gewünscht hätte. autoritäres Gehabe ist Trumpf – folgenden zwei Spielen taten die 2 Dieser Spieler fehlt: Mohamed 2 Dieser Spieler fehlt: Jan Koller. gleichwohl nicht bekannt. Außer Völler selber. Geldstrafe! Schalker Profis so ziemlich Zidan. Vom dänischen Erstligisten Seine Knieverletzung wirft das alles, um ihren Teamkollegen in Midtjylland ausgeliehen, dann für Konzept von Trainer Bert van 2 Dieser Spieler fehlt: Ein Tor- 2 Dieser Spieler fehlt: Bayer 2 Dieser Spieler fehlt: Eine seiner Meinung zu bestätigen. 3,5 Millionen Euro verpflichtet, Marwijk über den Haufen. Der jäger. Trainer von Heesen hat alles wechselt munter umher auf den Kreuzung aus und wurde der Ägypter schließlich an kopfballstärkste Spieler der Liga versucht: Vata, Boakye, Porcello, Außenpositionen in der Vierer- Marco Engelhardt. Dem 2 Dieser Spieler fehlt: Eine Mainz ausgeliehen. Im Training fehlt hinten wie vorne. Und das Dalovic und Küntzel – alle hat kette. Weder rechts noch links energischen Altstar fehlt die echte Alternative zu Lincoln. Fehlt hatte er den Kollegen Knoten nicht nur bei Standardsituationen. er schon in die Spitze berufen. konnte einer bislang wirklich jugendliche Frische, gegen Mainz der 25-jährige Spielmacher oder in die Beine gespielt, in der Liga Koller dürfte schlichtweg nicht zu Vergeblich. In der letzten Saison überzeugen. Man steckt in der wollte er ein Zeichen setzen, befindet er sich nicht in guter bekam er wenig gebacken. ersetzen sein. hat Delron Buckley 15 der 37 Tore Athirson-Falle, der für diese Rolle verpasste jedoch das Timing und Form, gibt es keinen Profi im Team erzielt. Er spielt jetzt in Dortmund. geholt wurde, aber eben kein handelte sich bei seiner Attacke der Königsblauen, der ihn auch 3 Durchbruch steht bevor: 3 Durchbruch steht bevor: Auf Verteidiger ist. gegen Petr Ruman gleich Rot ein. nur annähernd ersetzen könnte. Nelson Valdez, aber das ja schon Christoph Metzelder kommt 3 Durchbruch steht bevor: Die „Engel“ hingegen fehlt im zweiten Die Abhängigkeit des Teams zum zehnten Mal. Aber erstens es an. Wenn er es schafft, bald an Alm, jetzt: Schüco-Arena, soll 3 Durchbruch steht bevor: Erstligajahr schlicht noch oft die von der Befindlichkeit des hat er mit und Ivan frühere Leistungen anzuknüpfen, größer und gewinnbringender Der 20-jährige Schweizer National- Abgezocktheit. Brasilianers ist einfach zu groß. Klasnic zwei absolute Klasse- haben die Borussen eine Chance, werden. Bislang passen 26.600 spieler Tranquilo Barnetta gilt stürmer vor sich, zweitens trifft er nicht ins graue Mittelmaß abzu- hinein. Das Problem: Noch tilgt schon lange als Supertalent. Noch 3 Durchbruch steht bevor: 3 Durchbruch steht bevor: Im als Joker meistens besser. rutschen. Die Aussicht auf der Klub Schulden des letzten vor der WM soll er auch in Ingo Hertzsch war fast schon letzten Jahr noch als Torjäger in eine WM-Teilnahme scheint ihn Ausbaus. Zehn Millionen Euro für Deutschland zum Star werden. aussortiert – nun gehört er fast der Westfalen bei der 4 Mitarbeiter des Monats: Die zum erfolgreichen Comeback zu eine neue Gegentribüne müssen schon wieder zum Stamm. SpVgg Erkenschwick aktiv, gehört Kreativabteilung der Firma Derby- treiben. erst verdient werden. Der Abstieg 4 Mitarbeiter des Monats: Es spricht nicht unbedingt für der 21-Jährige Joseph „Joe“ Star hat einen Ball im grün- wäre da Gift. Thomas Maercks ist Richter am Hertzsch, dass er in der Lauterer Laumann mittlerweile zum Kader orangefarbenen Papageien-Outfit 4 Mitarbeiter des Monats: Seit Leverkusener Amtsgericht und Abwehr spielerisch nicht abfällt. der Schalker Lizenzspieler. präsentiert. Allein, die Pille ist für Ebi Smolarek trifft, ist Ewerthon 4 Mitarbeiter des Monats: machte Jens Nowotny deutlich, Trainer baut den den Ernstfall erst mal nicht zu vergessen. Er reift in Dortmund Dr. Michael Dickob, Vereinsarzt. dass man mit den unkonkreten 4 Mitarbeiter des Monats: schlaksigen Angreifer langsam auf. gebrauchen. Werder bleibt beim auch zum Leistungsträger der Keiner hat so viel Stress wie er. Ab sprachen der dubiosen Fußball- Berkant Göktan – der Neuzugang klassischen Weiß. „Da sind wir polnischen Nationalmannschaft. Kauf, Gabriel, Vata und Porcello branche keine Chance vor von Be¸sikta¸s übernahm zuletzt das 4 Mitarbeiter des Monats: Traditionalisten“, sagte Klaus Das ist umso wichtiger, als er nach waren lange verletzt, aber am einem ordentlichen Gericht hat. in der Pfalz notwendige Helden- . Der Manager Allofs. Jetzt heißt es: warten auf Kollers Kreuzbandmalaise alleine meisten wurde Nebojsa „500.000 Euro wofür?“, fragte gedenken: er trägt die Nummer des FC Schalke wehrte die den Winter, da könnte so ein wirbeln muss. Krupnikovic vermisst, der sich er im Prozess um Nowotnys acht, wie Fritz Walter, und huldigte öffentlichen Angriffe von buntes Spielgerät schon mal einen „knöchernen Ausriss am angeblich mündlich versprochene bei seiner Einführung dem FCK- DSF-Stammtisch- Talker Jörg benötigt werden. 5 Fanzufriedenheit: Olaf Suplicki, Bandansatz des linken Sprung- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Übervater – eine Ehre sei es, die Wontorra über seine Trink- Fanbeauftragter des BVB, meint, gelenks“ zuzog. Medizinisch eine „Als Prämie oder wofür auch Acht tragen zu dürfen. gewohnheiten geschickt ab. 5 Fanzufriedenheit: Werder hat die Fans seien deprimiert, weil Herausforderung. Fußballerisch immer“, antwortete Nowotnys Erfolg. Also stört es keinen die Mannschaft künftig ohne eine Katastrophe. Anwalt Harald Martin. Er wusste 5 Fanzufriedenheit: Bei der 5 Fanzufriedenheit: Die Anhänger großen Geist, wenn man bei den große Namen auskommen muss. auch kein Argument mehr. H eimpleite gegen Mainz haben während der Schwäche- Heimspielen nass wird. Finden die Hochtrabend fordert er eine 5 Fanzufriedenheit: „Allez, allez! war bereits zur Pause ein heftiges phase im September keinen meisten. Aber die sitzen auch im „Hall of Fame“ und verkennt, Deutscher Sport-Club, allez!“ Die 5 Fanzufriedenheit: Völler macht Pfeifen zu hören – nach gutem Zweifel daran gelassen, dass Trockenen. Aber auf den unteren dass die Fans mit der ehrlichen multilingualen Anhänger des DSC glücklich. Fans und Spieler hätten 006.10.2005 23:05:59 Uhr

6 Auftakt befürchtet man erneut sie zum Klub stehen. So wird Plätzen in den Geraden wird es – Arbeit des Trainers von Marwijk Arminia beschwören den Offensiv- viel gegeben, um die Magie . 1

0 karge Kost vor heimischem es auf Schalke wohl immer sein. je nach Windverhältnissen – sehr zufrieden sind. geist ihres deutschen Klubs mit dieses Mannes länger als ein paar . 2

0 Publikum. KLAUS TEICHMANN JÖRG STROHSCHEIN reichlich feucht. Das nervt dann OLAF SUNDERMEYER französischem Imperativ. Wochen am Spielfeldrand zu 0 5

doch. SVEN BREMER ULI HARTMANN wissen. DANIEL THEWELEIT

2 3 : 0 5 : 5 9

U h r rrund11_032_035_Lage_Der_Liga_NEU 35 u n d 1 1 _ 0 3 2 _ 0 3 5 _ L a g e _ D e r _ L i g a _ N E U

3 5

1. FC NÜRNBERG HAMBURGER SV VFL WOLFSBURG 1. FC KÖLN HERTHA BSC BERLIN

1 Zitat des Monat: „Auch wenn 1 Zitat des Monat: „Das ist 1 Zitat des Monat: „Ich sauge 1 Zitat des Monat: „Der Weg 1 Zitat des Monat: „Ich weiß, 1 Zitat des Monat: „Tore machen es manche nicht mehr hören eine schöne Momentaufnahme.“ jeden Tag die untere Etage. zum Tor ist für uns so weit.“ dass man hier zu Lande vor allem – das ist mein Job.“ Wann hat man können, bin ich überzeugt, dass Ob der verbal immer zurückhalten- 30 Minuten brauche ich dafür. Bei Markus Weissenberger, offensiver ans Ergebnis denkt, doch wenn so etwas, was Last-Minute-Einkauf wir da unten raus kommen.“ Trainer de Trainer das auch mir muss alles ordentlich sein.“ Mittelfeldspieler, ausgepumpt. man das tut, wird die Art und Marko Pantelic da so leichthin Wolfgang Wolf am siebten Spiel- noch sagt, sollte der Hamburger Peter van der Heyden, Links- Weise nicht besser. Wir nehmen ausspricht, das letzte Mal in Berlin tag nach dem 0:1 in Duisburg, SV im Mai 2006 mit der Meister- verteidiger, im Stadionheft „Grün 2 Dieser Spieler fehlt: Niederlagen in Kauf und spielen gehört? Es muss so kurz nach der womit der Club end gültig bis auf schale auf dem Rathausbalkon und Gut“ über die Reinigung Alex Schur, Kreuzbandriss- weiter nach vorne.“ Uwe Rapolder Schlacht von Kunersdorf unterm Platz 18 abgestürzt ist. Gerüchten stehen? Nach dem Sieg gegen seines 240-Quadratmeter-Hauses. geschädigter Kapitän, guter Geist, spricht vielen von Funkel und Alten Fritz im 18. Jahrhundert zufolge hat sich Präsident Michael die Bayern durfte seine Lieblings- Antreiber, Motor, Herz, Hirn Stevens geschädigten Kölnern gewesen sein. Vielleicht noch A. Roth schon in der MSV-Arena phrase jedenfalls nicht fehlen. 2 Dieser Spieler fehlt: Was und Seele dieser Mannschaft, tief aus dem Herzen. mal in den goldenen Zwanzigern, die Ohren zugehalten. vor allem zuletzt fehlte, sind real dringender denn je. Und natürlich aber danach nicht mehr. Berlin 2 Dieser Spieler fehlt: Ein zweiter existierende Zuschauer. noch ein paar Spieler, die 2 Dieser Spieler fehlt: Rapolder hat wieder einen Angreifer von 2 Dieser Spieler fehlt: Warum Stürmer von Format neben Sergej den weiten Weg zum Tor finden. kann sein in Bielefeld so erfolg- Format. Ein Wunder. nur, warum ausgerechnet Marek Barbarez. Naohiro Takahara ist 3 Durchbruch steht bevor: reich praktiziertes 4-2-3-1-System Mintal, fragen sich die fassungs- zu verspielt, Emile Mpenza war Bojan Neziri, 23, hat im Gegen- 3 Durchbruch steht bevor: in Köln nicht spielen lassen, weil 2 Dieser Spieler fehlt: Im Uefa- losen Fans, warum musste sich verletzt und hat beim HSV noch satz zum nach Köln gewechselten Christoph Spycher, Christoph es keine dazu passenden Spieler Cup Marko Pantelic, weil er in ausgerechnet unser Bester den wenig gezeigt, Benjamin Lauth Vorgänger Patrick Weiser auf der Preuß, Alex Meier, Benjamin für die linke Seite gibt. Die dieser Saison bereits für Roter Mittelfuß brechen? Wahrschein- ist zu schwach im Zweikampf. linken Außenbahn das Potenzial, Huggel, Francesco Copado, letzte Hoffnung: der lange verletzte Stern europäisch aktiv war. lich wird der 28-Jährige erst im die gegnerische Grundlinie zu Du-Ri Cha, Ioannis Amanatidis Neuzugang Patrick Weiser. Auf internationaler Ebene ist also nächsten Jahr wieder richtig fit – 3 Durchbruch steht bevor: erreichen. – kann man Fußball spielen vorne weiterhin nichts zu erwarten. nicht nur der Anhang hätte jeden Als Guy Demel von Borussia eigentlich auch verlernen? 3 Durchbruch steht bevor: Kein Wunder. anderen für das Phantom geopfert. Dortmund geholt wurde, runzelten 4 Mitarbeiter des Monats: Peter Madsen gilt als nicht ganz Kritiker die Stirn. Inzwischen ist Kevin Hofland. Der niederländische 4 Mitarbeiter des Monats: einfach. Er brauchte eine satte 3 Durchbruch steht bevor: 3 Durchbruch steht bevor: Der er, rundum solide, als rechter Innenverteidiger war zuletzt sehr Jan Zimmermann, dritter Torwart. Eingewöhnungsphase im Kölner Ellery Cairo. Seit Marko Pantelic linke Verteidiger Horacio Javier Verteidiger gesetzt. Würde er nach zweikampfstark, sehr dominant, 34 Minuten vor dem Anpfiff in System und in der atmosphärisch erwartet niemand mehr Tore von Pinola hat bis dato überzeugt, nicht vorn noch besser, hätte der HSV sehr kopfballstark. Er kann Gegen- Wolfsburg war klar: Oka Nikolov, einzigartigen Rolle als Nebenmann dem Holländer, sondern vielmehr nur seiner Aggressivität wegen. ein echtes Schnäppchen gemacht. spielern den Ball früh abnehmen, der zweite Torwart, konnte des Sturmkollegen Podolski. Im intelligente Vorlagen. Genau das, Sein linker Fuß platzt beinahe vor bevor Gefahr überhaupt entsteht. nicht spielen, also musste der Herbst wird Madsen aber treffen. was dem ehemaligen Freiburger Ballgefühl, und auch die Spieler- 4 Mitarbeiter des Monats: Und er macht in der Spieler- 20-Jährige ran, der sich bis liegt. Gegen den MSV Duisburg im öffnung wirkt meist durchdacht. Dietmar Beiersdorfer wurde im öffnung kaum Fehler. Wer das für dato einzig in der Oberliga bei 4 Mitarbeiter des Monats: September haben sie schon mal Mit derartigen Qualitäten DSF-Stammtisch als gleichwertig Lobhudelei hält, soll sich selbst den Amateuren quergelegt hatte. Andreas Rettig hat seinen Mund vorgemacht, wie es geht. Flanke muss man beim Club 2005 neben Werders Klaus Allofs ge- davon überzeugen. In der Volks- Nervös war der Novize bei seinem gehalten. Während Karl-Heinz Cairo, Marcelinho war selbst- einfach auffallen. stellt und vom „Sportinforma tions - wagen-Arena ist noch reichlich Debüt nicht, auszeichnen konnte Rummenigge Details aus dem redend auch irgendwie beteiligt, dienst“ zum „am meisten Platz. er sich auch nicht. Das Gegentor Vertrag Podolskis öffentlich mach- Tor Marko Pantelic. Wunderbar. 4 Mitarbeiter des Monats: unterschätzten Sportchef der Liga“ war unhaltbar, den Rest hätte auch te, meinte Rettig: „Ich halte das für Martin Bader. Nicht nur, weil sich geadelt. Das ist natürlich Unsinn. 5 Fanzufriedenheit: Extrem hoch. ein Feldspieler erledigen können. nicht in Ordnung, aber wir werden 4 Mitarbeiter des Monats: der Sportdirektor in der Sendung Aber die Volltreffer Atouba und Zumindest bei Amick Devriendt, unsere Kenntnis von Klauseln Marko Pantelic. An seiner Seite „Blickpunkt Sport“ zweimal in zwei van der Vaart nach Boulahrouz Fan und Lebensgefährtin von 5 Fanzufriedenheit: Die im Ballack-Vertrag öffentlich nicht trifft sogar Sturmpartner Nando Wochen mit Gerd Rubenbauer und van Buyten 2004 zeigen seine besagtem Peter van der Heyden. „Frankfurter Rundschau“ vergab thematisieren“. Danke, wir wollen Rafael wieder das Tor. Ein unterhalten musste. Darüber hin- Qualitäten. Kehl und Lauterns Eigentlich gelten Fußballer als in ihrer „Klassenbuch“ genannten das auch nicht wissen. Wunder. Ansonsten natürlich aus hatte Bader im Verein diverse Altintop sollen die Nächsten in Machos und nicht als engagiert im Spielerkritik nach dem vierten wieder Marcelinho. Baustellen zu betreuen, vor allem Beiersdorfers Notizblock sein. Haushalt. Aber: „Er ist ein sieglosen Spiel hintereinander ein 5 Fanzufriedenheit: Nach all die von Vereins seite offiziell nicht moderner Mann“, sagt Devriendt. Sonderlob. „Feuerten die Mann- den Heimkehremotionen des 5 Fanzufriedenheit: Wenn Hertha geführte Trainerdiskussion. 5 Fanzufriedenheit: Begeisterung Bleibt nur eine Frage: Wer saugt schaft pausenlos an. Die Einzigen, Aufstiegssommers ist man etwas die Effizienz aus dem September 006.10.2005 23:06:25 Uhr

6 dank starker Leistungen einer denn nun eigentlich im Hause die das Spiel gewinnen wollten.“ ernüchtert, weiß nicht, wohin man beibehält, könnte die Begeisterung . 1

0 5 Fanzufriedenheit: In der Nord- gewachsenen Mannschaft. Devriendt die obere Etage? Das sagt einiges über die Leidens- in der Tabelle schauen soll. Es dazu führen, dass das Olympia- . 2

0 kurve hängt ein hübsches Hamburgs Zeitungen stellen seiten- PETER UNFRIED fähigkeit der Fans – aber ist sie droht eine Saison im Mittelmaß. stadion bei Heimspielen durchweg 0 5

Transparent: „Konzentriert euch, lange historische Vergleiche mit auch endlos? Zum Glück ist der 11. 11. nicht voll sein könnte. Das größte

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3 bitte!“ WOLFGANG LAASS der Happel-Elf an. FRANK HEIKE THOMAS KILCHENSTEIN mehr weit. DANIEL THEWELEIT Wunder. PETER AHRENS : 0 6 : 2 5

RUND U 35 h r Leistungsträger mit Latinum: Frank Lampard

rrund11_036_037_Portraet_Lampardund11_036_037_Portraet_Lampard 3636 006.10.20056.10.2005 20:54:4420:54:44 UhrUhr AM BALL Stargast

LICHTJAHRE ENTFERNT

WIE KEIN ANDERER SPIELER VERKÖRPERT FRANK LAMPARD DIE AUSNAHMEELF DES CHELSEA FC. SEIT VIER JAHREN HAT „MAGIC LAMP“ KEIN SPIEL IN DER PREMIER LEAGUE VERPASST. AUCH DIE ENGLISCHE NATIONALMANNSCHAFT

WÄRE OHNE DEN 27-JÄHRIGEN FÜHRUNGSLOS VON JONATHAN WILSON, ILLUSTRATION TONI SCHRÖDER

Sven-Göran Eriksson ist bekannt dafür, dass ses Jahr für England gespielt –, und doch hat Vielleicht hatte Lampard mit 23 ein Alter er sich beharrlich weigert, seine Spieler zu sich der Verein seit einem Vierteljahrhundert erreicht, in dem er sich der Sache vollständig kritisieren. Als also ausgerechnet Englands für nichts als den UI-Cup qualifi ziert. verschreiben wollte, vielleicht hat ihn das Po- Nationaltrainer urteilte, Frank Lampard sei tenzial des Klubs gepackt, vielleicht hat ihn keineswegs in Topform und „brauche lange, Ranieri inspiriert. Was auch der Grund gewe- um das Beste aus sich herauszuholen“, löste „WIE ER SICH ENTWICKELT sen sein mag, die „Fat Frank“-Sticheleien ge- dies allgemeine Fassungslosigkeit aus. Nicht, HAT, MACHT MICH STOLZ hörten der Vergangenheit an, als drei Jahre dass Eriksson damit keine präzise Einschät- später José Mourinho als Trainer kam. Lam- zung geliefert hätte – gerade das war das Pro- WIE KAUM ETWAS“ CLAUDIO RANIERI pard wurde nicht bloß für Chelsea wichtig, blem: Lampard ist in dieser Saison schwerfäl- sondern Stammspieler der Nationalelf. „Zu lig. Die Zyniker verbuchen das schnell unter sehen, wie sich Frank entwickelt hat, macht Selbstgefälligkeit, nachdem Chelsea Meister Neben allen Sticheleien bezüglich seiner mich stolz wie kaum eine andere Erinne- geworden war, andere schreiben es der Tatsa- Fitness wurde auch behauptet, Lampard sei rung“, sagte Ranieri, als er Chelsea verließ. che zu, dass seine Frau gerade ihr erstes Kind nur in der Mannschaft, weil der Chefcoach, Bei der Europameisterschaft 2004 bejubel- zur Welt gebracht hat. An Erikssons Aussage Harry Redknapp, sein Onkel sei und sein Va- ten ihn einige als besten Mittelfeldspieler der beunruhigt jedoch am meisten, dass er damit ter, Frank Lampard senior, ebenfalls Trainer Welt. „Zinédine Zidane trifft nicht so regel- das Schreckgespenst jener Zeit heraufbe- im Verein. „Das war eine schwere Zeit für mäßig“, erklärte Charlton-Trainer Alan Cur- schwor, als Lampard wirklich langsam war, mich,“ sagt der Junior, „ich erinnere mich, bishley, „und Ronaldinhos Spiel ist nicht so man ihn als „Fat Frank“ verspottete und die wie ich die Seitenlinie entlangrannte und mir vielseitig wie das von Frank – den sieht man gegnerischen Fans sangen, dass nicht einmal die Leute zuriefen, ich solle mich zu meinem nie hinten im eigenen Strafraum. Franks Be- ein Gabelstapler ihn anheben könne. Vater und meinem Onkel setzen, weil ich streben ist es, überall auf dem Platz zu sein. nicht gut genug sei. Mit diesen Leuten wür- Seine Energie ist unglaublich.“ de ich mich heute gern mal unterhalten.“ Seinem Charakter entsprechend bleibt Lam- „FRANK IST AUF DEM PLATZ Für seinen Ruf war es nicht gerade förder- pard bescheiden, was das Lob angeht. Als er lich, dass Lampard eine teure Privatschule in der letzten Saison von der britischen Fuß- EINFACH ÜBERALL“ ALAN CURBISHLY besucht hatte. Brentwood kann sich dreier balljournalistenvereinigung zum Fußballer Mitglieder des Parlaments einschließlich Au- des Jahres gewählt wurde, hielt er die beste In seinen Tagen bei West Ham United hat- ßenminister Jack Straw unter seinen ehema- Dankesrede in der Geschichte des Preises – te man leicht das Gefühl, Lampard verkörpe- ligen Schülern rühmen, was Lampard Licht- nicht bloß amüsant und bescheiden, sondern re die Probleme des Vereins. Als 14-Jähriger jahre von den meisten anderen Fußballern auch voll aufrichtiger Dankbarkeit denen ge- hatte er dort unterschrieben, aber man konn- entfernt. Sogar einen Einser-Abschluss in La- genüber, die ihm geholfen haben. Er erzählte te sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er, tein hat er gemacht, was vielleicht erklärt, auch, dass er, obwohl in der Nacht zuvor bei wie auch seine Mitspieler, ein bisschen weich warum er seine Tochter Luna genannt hat. ihm eingebrochen worden war, früher am war. Darin besteht das Paradox von West Als Claudio Ranieri ihn 2001 bei Chelsea Tag die Beerdigung einer zehnjährigen Chel- Ham. Der Verein liegt im Londoner East End, unter Vertrag nahm, waren die Beobachter sea-Anhängerin besucht hatte, die an einem einer rauen, harten Gegend, die in den 80ern angesichts der Ablösesumme von elf Millio- Hirntumor gestorben war. Die einzige Ver- eine der berüchtigtsten Hooligan-Gruppen nen Pfund skeptisch. Sicher, Lampard war bindung zu dem Mädchen war die Tatsache, Englands hervorgebracht hat. Dennoch rühmt ein ordentlicher Spieler und konnte aus der dass er es einmal bei einem Spiel getroffen sich der Klub, die „Akademie des Fußballs“ Distanz Tore schießen, aber er schien kaum hatte; er fand einfach, er sollte ihrer Familie zu sein, und neigt dazu, Raffi nesse über Er- Weltklasse zu sein. Ihm schien die Härte zu gegenüber Mitgefühl zeigen. gebnisse zu stellen. Die Jugend bringt bestän- fehlen, die ein Topspieler braucht. Er schien Und das ist typisch für diesen Mann: Was dig hochklassigen Nachwuchs hervor – ne- ein bisschen zu mittelmäßig. Aber was im- einst als Weichheit angesehen wurde, offen- ben Lampard haben auch David James, Rio mer Ranieri falsch gemacht hat – bei Lam- bart sich nun als willkommene Sensibilität Ferdinand, Joe Cole und Jermain Defoe die- pards Verpfl ichtung lag er absolut richtig. und Intelligenz.<

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rrund11_036_037_Portraet_Lampardund11_036_037_Portraet_Lampard 3737 006.10.20056.10.2005 20:55:4620:55:46 UhrUhr AM BALL Naher Osten

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rrund11_038_041_Reportage_Dresdenund11_038_041_Reportage_Dresden 3838 006.10.20056.10.2005 21:26:2021:26:20 UhrUhr AM BALL Naher Osten

Schon zwei Stunden vor Anpfi ff spüren die Besucher des Rudolf-Har- big-Stadions das Spiel. Die einen kaufen Tickets für das nächste Aus- wärtsspiel, andere, die ein Dach gefunden haben, unter dem sie dem Dauerregen entkommen können, blättern im Fanmagazin „Der zwölf- te Mann“. Fahnen werden geschwungen, die ersten Gesänge ange- Unruhiger Untergrund: In Dresden holpert jeder noch so runde Ball stimmt. Keine Cheerleader, keine Werbedurchsagen. Lange bevor die Mannschaften aus Braunschweig und Dresden einlaufen, liegt ein Fie- bern in der Luft. Das Fieber, das entsteht, wenn Tausende auf engstem Leute einwirken“) trifft Rudolph hingegen auf offene Ohren. Der Klub Raum den Anpfi ff herbeisehnen. „Das hier ist wenigstens Fußball.“ unterstützt das Fanprojekt mit 20.000 Euro pro Jahr. Auch Beschwer- Diesen Satz hatte Fanprojektler Torsten Rudolph am Morgen gesagt. den, dass mancher Ordner selbst Sympathien für Rechtsaußen hege, Rudolph ist derzeit ein gefragter Mann. Ständig muss er Stellung will man nachgehen. In einem Landstrich, in dem jeder fünfte Jugend- beziehen zu seiner Klientel, die – glaubt man manchen Medienberich- liche mit der NPD sympathisiert, leistet Rudolph Basisarbeit. Schließ- ten – primär aus Rechtsextremen und Gewalttätern besteht. Die Rea- lich hätten viele Dynamo-Fans noch nie in ihrem Leben einen Schwar- lität ist komplexer, auch in der Dresdner Fanszene wäre die übergroße zen aus der Nähe gesehen. Mit dem Kameruner Jules Wansi sei er in Mehrheit froh, wenn sie die Krawallmacher endlich loswürde. Grund der vergangenen Saison öfter mal in die Schulen gegangen. Und siehe zur Verharmlosung gebe es dennoch nicht, sagt Rudolph. Dabei seien da: „Wenn der den Kindern und Jugendlichen gegenüber stand, waren die „Kategorie-C-Fans“ (DFB-Slang für „Hooligan“) nicht einmal das plötzlich einige nicht mehr so sicher, ob man alle Afrikaner aus dem Problem. Schließlich würden die nur zu verabredeten Scharmützeln Land jagen muss.“ weitab vom Spieltagsgeschehen aktiv. Für die Negativmeldungen sor- gen andere. Zum Beispiel die 700 bis 800 Fans, die er sarkastisch „er- lebnisorientiert“ nennt: Junge unorganisierte Leute, die immer wie- der friedliche Gästefans angreifen, deren Busse demolieren und – wie jüngst in München – für Sachschaden in gegnerischen Stadien sor- gen. Der belief sich zwar nur auf 1000 Euro, doch wenn Dynamo-Ra- In den engen Räumen der grau-braun verputzten Geschäftsstelle bauken beteiligt sind, stilisieren Polizei und Boulevard das Ganze aus hängt ein Geruch aus Gummi, Kohle und scharfem Putzmittel, der alter Gewohnheit gerne einmal zum Bürgerkrieg hoch. gelernte DDR-Bürger an die Vergangenheit erinnert. Doch die würde Was tun? Der Politik falle jedenfalls nichts Hilfreiches ein, sagt Ru- Köster, seit 1999 im Amt, am liebsten ruhen lassen. Fünf Trainer, un- dolph. Sie setze in Sachsen einseitig auf Repression, unterstütze aber zählige Präsidiumsmitglieder und Aufsichtsräte erlebte er alleine in erst nach langjährigen zähen Verhandlungen mit einem Mindestsatz den ersten Monaten seiner Amtszeit. Erst nach der Insolvenz der das gewaltpräventiv arbeitende Fanprojekt. Dass er um jeden Euro „Sportwelt“ des Filmrechteverwerters Michael Kölmel habe es eine feilschen muss, während allein das Polizeiaufgebot beim Spiel im bran- Chance zum Neuanfang gegeben: „Plötzlich war kein Geld mehr da. denburgischen Cottbus 1,2 Millionen Euro kostete, versteht er nicht. Und wir konnten Spieler und Trainer holen, die sich mit dem Verein Bei Dynamo-Geschäftsführer Volkmar Köster („Repression alleine identifi zierten“, sagt Köster. Auch wenn der Insolvenzverwalter sie hilft nichts. Wir müssen immer wieder bis zum Erbrechen auf die erst zu ihrem Glück zwingen musste – bei Dynamo haben sie die Rolle

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rrund11_038_041_Reportage_Dresdenund11_038_041_Reportage_Dresden 3939 006.10.20056.10.2005 21:26:2521:26:25 UhrUhr AM BALL Naher Osten

„Klub der liebenswerten Sturköpfe“: Torsten Rudolph vom Dresdner Fanprojekt (li.) und Frank Lippmann, der die Nachwuchsarbeit von Dynamo koordiniert

Ausgleich in der 88. Minute: Die Dynamo-Spieler feiern den Aufschwung

se, der seinen Spielern auch schon Geld lieh, wenn der Verein klamm „Repression hilft nichts“: Dynamos war, mit an. Beim Training trägt er zusammen mit Cotrainer Meinhard Geschäftsführer Volkmar Köster Hemp die Tore über den Platz: „Schauen Sie sich mal den Rasen an. Als ich hierher kam, waren hier mehr schwarze Flecken als Gras.“ Nicht die einzige Weiterentwicklung in den letzten fünf Jahren. des reuigen Sünders geradezu erleichtert angenommen: Wo früher Während des eineinhalbstündigen Trainings arbeiten die Spieler nicht hochtrabende Pläne im Wochenrhythmus verkündet wurden, hält eine Minute ohne Ball „Wir wollen uns fußballerisch weiter entwi- man sich heute bedeckt. Ehrgeizige Ziele schließt das nicht aus. Schon ckeln.“ Und das nachhaltig: Franke sorgt dafür, dass alle Nachwuchs- bald soll eine neue Spielstätte gebaut werden: Sieben Modelle für eine mannschaften mit Viererkette spielen und ballorientiert verteidigen. 30.000 Zuschauer fassende Arena stehen zur Auswahl. Köster freut Die traditionell kampfstarke Mannschaft soll sich auch spielerisch von sich schon jetzt: „Im optimalen Fall rollen dann ab Sommer die Bag- der Konkurrenz absetzen. Und tatsächlich kombiniert Dynamo an ger.“ Während zahlreiche ostdeutsche Traditionsvereine nach jahre- guten Tagen – und davon gab es in dieser Saison bislang viele – fl üssig langem Missmanagement in der Versenkung verschwunden sind, hat und ansehnlich. Das Mittelfeld um Ansgar Brinkmann und Christian sich Dynamo nachhaltig berappelt. Und plötzlich gilt der Klub, der Fröhlich gehört zu den technisch stärksten der Liga. Ehre, wem Ehre „nie wieder mehr ausgeben will, als man einnimmt“, als Vorbild für gebührt: Als Dynamo in der vergangenen Saison abgeschlagen das eine ganze Region. Tabellenende zierte, beließen die Verantwortlichen Christoph Franke im Amt – eine goldrichtige Entscheidung, wie die Gegenwart zeigt. „Ruhe und Kontinuität“ – mit diesem Begriffspaar beschreibt Frank Lippmann die Maximen der Nachwuchsarbeit. 1986, nach dem 3:7 gegen Bayer Uerdingen, blieb der damalige Spieler erst mal im Wes- ten. Heute ist er wieder bei Dynamo: als Jugendkoordinator. Ziel sei Trainer Christoph Franke, ein Mann mit markanten Gesichtszügen, es, an die Tradition des Klubs als vorbildlichen Ausbildungsverein an- ist der zweite starke Mann im „Klub der liebenswerten Sturköpfe“, wie zuknüpfen: „Sammer, Kirsten, all die anderen – es ist ja nicht so, dass die „Süddeutsche Zeitung“ freundlich schrieb. Als Köster ihn 2001 wir die in der Prärie geholt haben.“ Was damals die Spartakiade-Bewe- nach Dresden holte, schenkte er ihm reinen Wein ein: „Ich kann Ihnen gung leistete, eine kompetente Sichtung und Förderung junger Talen- nur empfehlen, es nicht zu machen.“ Doch Franke war von Dynamo te, baue der Verein seit einigen Jahren wieder auf. Und dennoch: „Es überzeugt. Tatsächlich schaffte er mit dem einstigen Bundesligisten wird dauern, bis wir dort sind, wo wir mal waren.“ Vielleicht, glaubt den Durchmarsch von der Ober- in die Zweite Liga. Auch heute, wo Lippmann, wäre Dynamo heute weiter, wenn man in der Vergangen- die allergrößten Finanzlöcher gestopft sind, packt der knorrige Ursach- heit weniger Kapital gehabt hätte. „Selbst nach dem Zwangsabstieg

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Geplanter Stadionneubau: Das Rudolf-Harbig-Stadion bietet kaum mehr Komfort als ein Dixie-Klo. Aber im Gegensatz zu letzterem riecht es nach Fußball

„KEIN ANSTAND, LAUTER OSSIS HIER“ Vielleicht erkennt man einen „Traditionsverein“ daran, dass die dort ansässigen Ein Hort der Regimekritiker war Dynamo jedoch nie. Als Verein der Volkspolizei Gesprächspartner gerne in ein paar Minuten Jahrzehnte überspringen und zählte man zur Elite. Kein Wunder, dass die Stasi zuweilen die Vereinsgeschicke eine Anekdote zum Besten geben. Bei Dynamo Dresden zum Beispiel die von Derbys steuerte. Wobei nicht jeder Spitzel so lustlos zu Werke ging wie , gegen den Berliner Namensbruder und zehnmaligen Serienmeister BFC Dynamo. der selbst banalste Informationen nur widerwillig preisgab. Andere waren eifriger: Spätestens wenn die preußischen Gäste zur Freude des Stasibosses kurz vor dem Ende „Im Hotel Bellevue treten nur selten Spieler von der SG Dynamo als Gäste in ihren Elfmeter bekamen und deren Fans ironisch „Ha-ho-he, Mielke ist o.k.“ Erscheinung. Von ihnen fielen X und Y durch flegelhaftes Verhalten auf, indem skandierten, war die Massenschlägerei abzusehen. sie im angetrunkenen Zustand ihre Beine ohne Schuhe auf den Tisch legten.“ Wahrlich Details, die die Deutsche Demokratische Republik in ihrem Bestand bedrohten. Doch die Stasi begnügte sich nicht mit solch Kleingeistigem. Im Mai 1986 sorgte sie dafür, dass Trainer durch ersetzt war Geld da, mit dem sich die Herren ein Denkmal bauen wollten. wurde. Der war bei den Spielern reichlich unbeliebt. Seine politische Zuverlässig- Um die Jugend kümmerte sich niemand.“ Mit gravierenden Folgen, keit wies er aber mit Feuereifer nach. denn viele Jugendmannschaften stiegen aus der höchsten Spielklasse Langweilig wurde es bei Dynamo auch nach der Wende nie. Wie die Motte ab. „Bei Dynamo, das müssen Sie sich mal vorstellen.“ vom Licht wurden Dilettanten und Schaumschläger vom DDR-Meister aus dem Wendejahr angezogen. Zum Beispiel Präsident Rolf-Jürgen Otto. Der Immobilien- Heute spielen die meisten der 16 Nachwuchsteams wieder höchst- hai, an dessen Erblasten der Verein noch heute knabbert, veruntreute Millionen, klassig, für talentierte Jugendliche ist eine Karriere bei Dynamo wieder partizipierte an Spielertransfers und war irgendwann so dick, dass er sich von das Fernziel am Horizont. Zumal Trainer Franke schon viele Nachwuchs- Vereinssekretärin Gitta Müller die Milchdöschen öffnen ließ, „das bekam er mit leute zu Stammspielern der ersten Mannschaft gemacht hat. Auch die seinen Wurstfingern nicht hin“. Auch Trainer mimte gerne mal den Trainingsbedingungen sollen schon bald erstklassig sein. Bislang trai- Kolonialherren: „Wenn du mir einen Kaffee kochst, bringe ich dir eine Schokolade nieren die meisten Jugendmannschaften noch auf einem Hartplatz, der aus dem Westen mit.“ Kein Wunder, dass der Choleriker („Kein Anstand, lauter Ossis hier. Dreck, wo du hinschaust“), der zuvor fünf Jahre lang arbeitslos gewesen an Spieltagen als VIP-Parkplatz genutzt wird: „Unglaublich, was da für war, auch an der Elbe schnell wieder seinen Job verlor. Wenig Glück hatte Dynamo Dellen drin sind.“ Abhilfe ist in Sicht: Ausgerechnet auf dem Gelände auch mit anderen Trainern. Colin Bell wies den Platzwart an, die Seitenlinien des mittlerweile fünftklassigen Lokalrivalen Dresdner SC wird ein um zwei Meter nach innen zu verlegen, um die Räume enger zu machen. Und Jugendleistungszentrum entstehen. Dumm nur, dass die nächste Pla- referierte im Konditionstrainingslager lieber zwei Stunden über nungsrunde für heute angesetzt wurde. Einen Spieltag! Lippmann die Geheimnisse des Wildlachsfangs. Bliebe noch der einstige Torjäger Torsten Gütschow, der „nur aus Liebe“ als Stasispitzel gearbeitet hatte und seine schaut auf die Uhr. Von draußen dringen Fangesänge herein. Es ist Mannschaftskollegen systematisch beklaute. Das Team, in dem er in der Regional- eine Stunde vor Anpfi ff. Lippmann ist der einzige, der zum Parkplatz ligasaison 1998/99 spielte, war zwar gesetzestreu, aber in einem solch desaströsen geht. Hunderte strömen ihm entgegen. Dynamo hat gerufen. Zustand, dass sie auf einem Fantreffen den Anhängern beim Tauziehen unterlag. Mehr zu Dresden Uwe Kast Dynamo 1993-2003 Edition Sächsische Zeitung

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rrund11_038_041_Reportage_Dresdenund11_038_041_Reportage_Dresden 4141 006.10.20056.10.2005 21:26:3621:26:36 UhrUhr RUND Gleiche Höhe

GLEICHE HÖHE Gleiche Höhe ist kein Abseits. Man ist weiter im Spiel. Auf Augenhöhe mit den Stars: „Als junger Spieler ist es dumm, einem älteren nicht zuzuhören. Man kann dann immer noch entscheiden,

ob das dumm ist, was er sagt“ JENS LEHMANN

44 DER TORWART SPRICHT „Führungsspieler braucht kein Mensch“ – Jens Lehmann gibt Auskunft über englischen Fußball 50 SONNENKÖNIGE Die Bayern Frankreichs – Olympique Lyon ist die Nummer eins der französischen Liga 58 NATIONALE AUFGABEN Puzzle für Weltmeister – Joachim Löw erklärt den Masterplan der deutschen Nationalelf 64 HEIMSPIEL „Ich hatte noch nie eine Panne“ – Bremens Keeper Andreas Reinke fährt und fährt VW-Bus

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rrund11_042_043_Vorschalt_Gleiche_Hoeheund11_042_043_Vorschalt_Gleiche_Hoehe 4343 005.10.20055.10.2005 13:09:4613:09:46 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Torwart spricht

„FÜHRUNGSSPIELER BRAUCHT KEIN MENSCH“ DER DEUTSCHE FUSSBALL MUSS MODERNER WERDEN, SAGT JENS LEHMANN. EIN GESPRÄCH ÜBER ARSÈNE WENGER, UNSINNIGE HIERARCHIEN UND POLITIKER, DIE NICHT WISSEN, WAS EINE 0:1-NIEDERLAGE IST

INTERVIEW MATTHIAS GREULICH UND CHRISTOPH RUF, FOTOS HEIKO PRIGGE, HOCH ZWEI, PIXATHLON, FIRO, AUGENKLICK

war. Es wurde mit einem klaren 4-4-2-System aufs Tor kommen und der Torwart sich aus- durchgespielt, die Abwehr- und Mittelfeld- zeichnen kann. spieler haben ihre Positionen gut gehalten. Wieso denn nicht? Das sah man bislang nicht so häufi g. Wenn man zehn Paraden macht, war die Ab- Warum? wehr schlecht gestellt. Je besser die Abwehr Herr Lehmann, die Premier League steht Vielleicht weil die Spieler, die vorher ge- steht, desto weniger muss man halten. Darauf im Uefa-Ranking auf Platz eins, die Bundesliga wohnt waren, mit Libero zu spielen, sich in hat man als Torwart einen großen Einfl uss. auf Platz fünf. Ist das ein gerechtes Urteil? manchen Situationen erst umstellen müssen. Die Zuschauer denken dann natürlich immer, JENS LEHMANN Freunde von mir sagen In England spielen die Mannschaften seit ewi- man hatte nichts zu tun, aber Trainer und immer, wenn sie auf Premiere nach dem deut- gen Zeiten 4-4-2 oder 4-5-1. Bei Arsenal wird Mitspieler werden zufrieden sein. schen den englischen Fußball sehen, sei das High up gespielt, wie man das hier nennt, Wie sieht modernes Torwarttraining aus? vom Tempo und von der Technik ein Riesen- mit dem Ziel, dass man nicht hinten rein ge- Der Torwart muss einerseits individuell, an- unterschied. drückt wird und seine eigenen Angriffe schon dererseits mit der Mannschaft trainieren. Es Liegt das ausschließlich daran, dass hier in in die Hälfte des Gegners verlagern kann. Bei sollte immer spielnah sein. Mit der Mann- England so viele Weltstars spielen? der Nationalmannschaft versuchen wir, das schaft sollte man immer auf das System hin Da, wo bessere Spieler spielen, entsteht jetzt auch zu spielen. Das klappt nicht immer üben, gerade wenn man sehr offensiv spielt. auch ein besseres Spiel. Hier gibt es fünf, auf Anhieb, aber es wird immer besser. Als Gegenbeispiel kann man hier in England sechs Mannschaften, die auf europäischem Ein erfahrener Abwehrspieler kann also ein Chelsea anführen. Sie spielen sehr defensiv, Topniveau spielen. Und letzte Saison hat konsequentes 4-4-2 nicht mehr spielen? als Torwart ist es da manchmal angenehm, da Liverpool die Champions League gewonnen, Letztlich ist es egal, ob ein Spieler jung oder man immer nur in so genannten Kanälen obwohl sie 37 Punkte Abstand auf den Tabel- alt ist. Wenn er gut ist, kann er das System Schüsse aufs Tor bekommt. lenersten hatten. spielen. Das klingt recht kompliziert. Wie muss der Torwart beim High up agieren? Es kommt darauf an, wie es wahrgenom- „ES IST EGAL, OB EIN Man muss versuchen, die möglichen Pässe men wird. Da habe ich in Deutschland beson- der Gegenspieler vorherzusehen und dann ei- dere Erfahrungen gesammelt. SPIELER ALT ODER JUNG ne gute Startposition haben. Stört es Sie, wie über Sie berichtet wird? Was für Spielertypen braucht man? Ich glaube, in Bezug auf die Nationalmann- IST – WENN ER GUT IST“ Schnelle Spieler, vor allem schnelle Vertei- schaft war das immer mein Hauptproblem. diger. Wenn eine Mannschaft High up spielt, Kahn war Nummer eins, dahinter kam ich. Worin sehen Sie die Hauptunterschiede? vergeudet sie auf die gesamte Saison gesehen Ein bisschen differenzierter wird das von Das Spiel ist einfach schneller. Die Kombi- weniger Kraft, weil die Laufwege zum gegne- einigen schon gesehen. nationen werden zu Ende gespielt, es gibt rischen Tor kürzer sind. So wird das Spiel Nicht von den maßgeblichen Lobbyisten. weniger technische Fehler. schneller und attraktiver, ganz einfach, weil Ich kenne deren Hintergründe, muss solche Immerhin scheinen in der Bundesliga all- man mehr Kraft hat und enger zusammen- Meinungen aber natürlich akzeptieren. Ich mählich die taktischen Defizite aufgearbeitet steht. Um das zu perfektionieren, brauchen weiß jedoch von meinen beiden Auslandssta- zu werden. Sie einen Torwart, der gut mitspielt. Das ist tionen, dass meine Wahrnehmung im Aus- Das finde ich auch. Ich glaube, dass das nicht spektakulär. Anderseits wird der Trai- land eine andere ist als in Deutschland. Aber Spiel gegen Südafrika dafür ein gutes Beispiel ner nicht zufrieden sein, wenn viele Schüsse daran werde ich nichts mehr ändern. Mein

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rrund11_044_049_lehmann_neuund11_044_049_lehmann_neu 4444 006.10.20056.10.2005 10:57:0710:57:07 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Torwart spricht

Eigenmotivation: Jens Lehmann hält nichts davon, wenn Trainer mit cholerischen Ausbrüchen ihre Spieler motivieren wollen

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rrund11_044_049_lehmann_neuund11_044_049_lehmann_neu 4545 006.10.20056.10.2005 10:57:1910:57:19 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Torwart spricht

Einseitig: Kahn, die Nummer eins, dahinter Lehmann – so sei die Wahrnehmung in den Medien

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Spielstil ist so wenig spektakulär, da wird sich Woher hat er dieses Detailwissen? denen ich etwas über den Fußball gelernt ha- in der öffentlichen Meinung nicht viel tun. Weil er alle Positionen schon mal gespielt be. Jetzt bin ich dankbar, dass ich das hier auch Das klingt reichlich resigniert. hat, sagt er. Er sieht halt viel, hat selbst im Tor noch miterleben darf, weil ich glaube, dass wir Die Meinungsbildung wird maßgeblich von schon gespielt. einen der attraktivsten Fußballstile spielen. Leuten beeinfl usst, die mir sportlich nicht Viele deutsche Trainer haben ein Praktikum Dennoch scheint es, als laufe Chelsea Arsenal wohl gesonnen sind, warum auch immer. Per- bei ihm gemacht. den Rang ab. sönlich habe ich mit niemandem Probleme. Ich habe alleine schon vier hier erlebt. Rang- Die spielen aber nicht dieses attraktive Spiel, Seitdem mir allerdings sogar Franz Becken- nick, Schupp, der immer wieder kommt und sondern stehen am eigenen Strafraum, teil- bauer einen sportlichen Ritterschlag verlie- wohl einen sehr guten Job bei Burghausen weise am Fünfmeterraum. Oft haben sie neun hen hat, bin ich ganz optimistisch. macht, Henke und Sammer. Auch Magath Leute hinter dem Ball. Das ist so unattraktiv, Sie haben einmal erzählt, während des muss vor meiner Zeit hier gewesen sein. dass kürzlich nur 29.000 Zuschauer zum Confederations Cups sei Ihnen nur eine einzige Champions-League-Spiel kamen. fachliche Frage gestellt worden – von einem „IN DEUTSCHLAND HAT Was hat Chelsea Arsenal denn voraus? englischen Kollegen. Ist die englische Presse Die Spielweise scheint es ja wohl nicht zu sein. wirklich sachlicher? FUSSBALL VIEL MIT Individuell sind Manchester oder auch wir Es geht zumindest weniger darum, wie mein vielleicht sogar mit manch stärkerem Spieler Verhältnis zu den anderen Spielern ist oder HIERARCHIEN ZU TUN“ besetzt. Chelsea ist als Kollektiv stark, eine wer welche Privilegien hat. In Deutschland Topmannschaft. Eigentlich haben die zwei werden eher die Geschichten drum herum er- Ralf Rangnick berichtete, er habe noch nie komplette Mannschaften, zwischen denen es zählt. Hier wird hingegen mehr auf die Mann- mitbekommen, dass Wenger lauter wurde. nur minimale Abstriche gibt. Die haben sich schaftsteile geguckt, auf die Qualität der Spie- Wenn es nicht läuft, gehen manche Trainer Konstanz gekauft. ler. Hat ein Stürmer auch einen linken Fuß, in der Halbzeit rein und schreien die Spieler So wie Sie reden, kann man sich vorstellen, ist er kopfballstark, schnell, langsam, dribbel- an. Hier setzt man sich in die Kabine, erholt dass Sie selbst mal Trainer sein wollen. stark? Die Kommentatoren hier sind meist sich, zehn Minuten lang herrscht völlige Stille. Das würde ich nicht ausschließen. Ich wür- auch Exspieler, in Deutschland gibt’s da nur Dann erst kommt der Trainer, analysiert und de gerne im Fußball bleiben, vielleicht aber . sagt kurz, wie es besser gemacht werden soll. auch im Management. Mir würde es bestimmt Und Günter Netzer. Die Rolle des Trainers kann man also nicht einmal Spaß machen, einige Dinge ein wenig Der ist aber schon seit 20 Jahren aus dem hoch genug einschätzen? zu verändern. In Deutschland hat Fußball Geschäft, hat dieses Detailwissen über den Training ist sehr, sehr wichtig. Ich habe das immer noch viel mit Hierarchien zu tun. Wer Fußball von heute nicht mehr. Hier hatte jetzt Glück, dass ich schon einige Trainer hatte, bei ist Führungsspieler? Wer ist Chef? Das wird zum Beispiel Alan Shearer das Angebot, zu einem Sender zu gehen, er hängt aber noch ein Jahr dran. Nächstes Jahr wird er das wohl machen. Stimmt es, dass Schwalben und andere Schauspielereien in England verpönt sind? Defi nitiv. Die Leute lieben Tacklings, wenn’s richtig zur Sache geht, manchmal auch un- faire. Aber die Spieler stehen auf, wenn sie nichts haben. Diese Schauspielerei macht das Spiel ja auch langsamer. In Deutschland regt man sich schon über vier Minuten Nachspiel- zeit auf. Ich würde zehn Minuten länger spie- len lassen. Sie trainieren unter Arsène Wenger, der von einigen Spielern geradezu vergöttert wird. Was halten Sie von ihm? Er ist der größte Fußballfachmann, den ich bislang kennen gelernt habe. Das liegt auch an seinem umfassenden Detailwissen. Wenn meine Zeit hier vorbei ist, werde ich ihn bit- ten, sich mit mir zusammenzusetzen und mir noch zu erzählen, was ich nicht mitbekom- men habe. Geduldsprobe: Lange Jahre galt Lehmann bloß als Ersatzkeeper für Kahn

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rrund11_044_049_lehmann_neuund11_044_049_lehmann_neu 4747 006.10.20056.10.2005 10:57:3610:57:36 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Torwart spricht

„EIN 0:1 IST DIE BITTERSTE NIEDERLAGE, NUR IN DER POLITIK IST DAS EIN SIEG“

zen Tag über, da braucht man nicht so viele Sachen zu kaufen. Falls ich mal in die Politik gehe, würde ich mich für Schuluniformen stark machen. Zumindest entfiele der Kollektivdruck, teure Markensachen zu tragen. Ich komme aus normalen Verhältnissen, aber im Essener Süden, wo ich gewohnt ha- be, gab es lauter wohlhabende Leute. Den Un- terschied habe ich gespürt. Ich konnte mir nicht immer Benetton oder Lacoste erlauben, da wäre mir eine Schuluniform schon recht gewesen. Haben Sie wirklich vor, in die Politik zu gehen? Vielleicht. Die Politik wird ja immer ameri- kanisierter. Zumindest kennen mich die Leu- te, manche mögen mich, manche nicht. Stressiges London: Familie Lehmann will nach Deutschland zurück Welcher Richtung neigen Sie denn zu? Ich will da nichts sagen. Als Fußballer sieht man viele Politiker in die Kabine kommen. völlig übertrieben. Hier geht es mehr ums der Zeitung steht. Deshalb wird man viel- Schily ist ein toller Mann. Schröder habe ich Kollektiv. leicht ein bisschen stromlinienförmiger. auch immer gut leiden können. Nur jetzt Legionäre wie halten Wären Sie nun mit 35 gerne noch mal 18? merke ich, dass mancher Politiker den Sinn das Gerede vom Führungsspieler für typisch Auf jeden Fall. Alleine weil die Trainingsme- eines Fußballspiels und den Sinn einer 0:1- deutsch. thoden noch nicht so ausgeklügelt waren, als Niederlage nicht versteht. Ein 0:1 ist die bit- Auf jeden Fall. Vielleicht kommt das ja noch ich so alt war. Wenn ich – so wie ich jetzt bin terste Niederlage, die es gibt. Aber in der Po- aus der Zeit der Nationalsozialisten. Das – 30 wäre, das wäre perfekt. Ich will hier aber litik scheint das neuerdings ein Sieg zu sein. braucht wirklich kein Mensch mehr. In der jeden Monat noch auskosten. Auch ein Zehntel Prozent weniger Nationalmannschaft habe ich den jungen Wollen Sie denn nach Deutschland zurück? Arbeitslosigkeit wird als Erfolg gefeiert. Spielern gesagt: Lasst euch von diesem Gere- Über kurz oder lang sehe ich uns schon wie- Dass die Arbeitslosigkeit so hoch ist, macht de um Führung nicht einschüchtern. Ihr seid der in Deutschland, wir mögen es sehr. vieles schwerer. Man will seine Kinder ja genau so wichtig, zeigt es auf dem Platz, zeigt Was fehlt Ihnen in London? nicht in einem Umfeld aufwachsen sehen, wo Verantwortung für eure Position. Jansen oder Hier kann man sehr gut leben, es ist nur viel Neid und Klassengehabe herrschen, son- Sinkiewicz kamen bescheiden daher, aber auf manchmal etwas stressig, weil es so groß ist. dern dort, wo es allen Menschen gut geht. In dem Platz waren sie dann da. Das ist wichtig, Man muss alles planen, weite Wege zurückle- England ist der Neidfaktor viel niedriger. nicht, dass man sich von arrivierten Spielern gen, Gebühren zahlen, wenn man in die Stadt Über Neid klagen allerdings immer nur die, in den Schatten drängen lässt. will. Wenn man ins Restaurant will, muss die beneidet werden. Sie sind dagegen, dass die Älteren das Sagen man mit Kindern vor sieben Uhr da sein. Frü- Glauben Sie mir, da gibt es auch einen haben? her fand ich Berlin groß und voll. Heute den- Mentalitätsunterschied. Kürzlich war ich mit Es muss ein ausgewogenes Miteinander ke ich, mein Gott ist das ruhig. einem Mannschaftskollegen in einem Ge- sein. Natürlich sollen die jüngeren Spieler zu- Werden Ihre Kinder mal nach England schäft. Plötzlich kommt jemand rein und hören. Es gibt einen Spruch: Als junger Spie- zurück wollen? warnt ihn, dass jetzt gleich eine Politesse ler wäre es dumm, einem älteren nicht zuzu- Vielleicht. Die Schulen sind hier fantastisch. käme – ein Strafzettel kostet in London Un- hören. Man kann ja immer noch entscheiden, Die sind anspruchsvoll und machen trotzdem summen. Der Mann schwärmte dann vom ob das, was er sagt, dumm ist. Spaß. Ich wäre früher gerne auf so einer Schu- Auto meines Kollegen. Der wollte es eh ver- Wie empfinden Sie die junge Generation? le gewesen. kaufen und fragte, ob er interessiert sei. Der Als sehr umgänglich, manchmal etwas lieb. Tragen Ihre Kinder Schuluniform? Mann sagte nur ganz höfl ich: Ich wünschte, Sie meinen glatt? Ja, beide. Der Kleine kann noch ein Polo- ich könnte es mir leisten. Heutzutage ist das Medienaufkommen grö- hemd anziehen, der Große ist neun, der zieht Wie wäre das in Deutschland abgelaufen? ßer. Man kann zum Beispiel nicht mehr ein- eine schicke Hose an, Polohemd und Blazer. Ich fürchte, der Mann hätte sich insgeheim fach so in eine Disco gehen, weil es sonst in Das fi nde ich sinnvoll. Das tragen die den gan- sehr über das Nahen der Politesse gefreut.<

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rrund11_044_049_lehmann_neuund11_044_049_lehmann_neu 4848 006.10.20056.10.2005 10:57:3710:57:37 UhrUhr GLEICHE HÖHE Der Torwart spricht

Unspektakulär, aber effektiv: Nicht alles, was toll aussieht, nützt auch der Mannschaft – nach dieser Devise richtet Jens Lehmann seine Arbeit aus – „wenn man zehn Paraden macht, war die Abwehr schlecht gestellt. Je besser die Abwehr steht, desto weniger muss man halten“

Seit 2003 spielt Jens Lehmann in England bei Arsenal London und konnte in dieser Zeit bereits zwei große Erfolge verbuchen: 2004 wurde er Meister und im Jahr darauf holte er im Elfmeterschießen gegen Manchester United den renommierten FA-Cup. Dabei parierte den entscheidenden Elfmeter gegen Paul Scholes. Der 27-fache Nationalspieler war vorher bei Schalke 04, Borussia Dortmund und ein halbes Jahr beim AC Mailand unter Vertrag. Der 35-Jährige ist mit der Grundschullehrerin Conny verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

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rrund11_044_049_lehmann_neuund11_044_049_lehmann_neu 4949 006.10.20056.10.2005 10:57:5110:57:51 UhrUhr GLEICHE HÖHE Sonnenkönige

Die Bayern Frankreichs

OLYMPIQUE LYON IST DIE UNBESTRITTENE NUMMER EINS IN DER PREMIERE DIVISION. DOCH DER KLUB VON DER RHÔNE STREBT NACH HÖHEREM. MÖGLICHST BALD WILL MAN DIE CHAMPIONS LEAGUE GEWINNEN – BELIEBTER MACHT DAS DEN VEREIN BEI DEN FRANZOSEN NICHT

VON JOACHIM BARBIER, FOTOS GERALD VON FORIS

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Erfolg mit Großmut: Die Fans von Olympique Lyon scheren sich nicht darum, dass ihre Kollegen aus Marseille oder Paris sie belächeln. Immerhin ist die Zahl der OL-Fans in den letzten Jahren stetig gewachsen

ten, der beschlossen hat, aus einem zweitklassigen Verein einen der Großen Europas zu machen. Selbst Jean-Michel Aulas hat Ende September sein Lachen wieder In Frankreich gibt es heute Lyon und dann die anderen. Vergange- entdeckt. In der französischen Liga und in der Champions League nes Jahr hat OL, wie man den Verein in Frankreich nennt, die Meis- stand Olympique da, wo es nach Meinung des Präsidenten hingehört: terschaft mit zwölf Punkten Vorsprung vor Lille beendet, während An der Spitze. Und das ohne Michael Essien – was fast noch wichti- sich Paris Saint-Germain oder Olympique Marseille, gewöhnlich die ger ist, wenn man sich an die Seifenoper erinnert, die noch im Som- selbst ernannten Aspiranten auf den Titel, in ihrer Mittelmäßigkeit mer bei Olympique aufgeführt wurde. Angesichts der Entschlossen- auf dem Platz gegenseitig überboten. Dabei wurde OL erst 1950 ge- heit des jungen, ghanaischen Mittelfeldspielers, an die Stamford gründet. Und 1983 erreichte der Verein der drittgrößten Stadt Frank- Bridge zu wechseln, hatte Aulas schließlich dann doch nachgegeben. reichs den Tiefpunkt und stieg in die zweite Liga ab. Sechs Spielzeiten Der Transfer, den José Mourinho zur Chefsache erklärt hatte, ging sollte er im Fegefeuer verbringen, bevor er wieder zur Elite gehörte. schließlich für 38 Millionen Euro über die Bühne. Eine hübsche Sum- me, die weit über das hinausgeht, was der Londoner Verein Anfang „Ein Fußballverein lässt sich wie jedes andere des Sommers geboten hatte. Dieses erste Angebot wurde im Übrigen Unternehmen führen“ OL-PRÄSIDENT JEAN-MICHEL AULAS von Seiten Lyons als Ausdruck von Geringschätzung oder Gönnerhaf- tigkeit aufgenommen. Und auch wenn das Lyon-Management das Zwei Jahre zuvor hatte sich Jean-Michel Aulas, ein Industrieller aus nicht öffentlich zugeben würde: Es hat diesen Transfer unaufhörlich der Gegend, der mit seiner Verwaltungssoftwarefi rma ein Vermögen in die Länge gezogen, um die Engländer so für ihren anfänglichen gemacht hatte, bereit erklärt, den mit dem Tode ringenden Verein zu Mangel an Respekt und ihre Arroganz zahlen zu lassen. Diese som- übernehmen. Als ehemals aktiver Handballer verstand er nicht viel merliche Saga spiegelt nicht nur die hitzigen Verhandlungen um ei- von den Sitten des Fußballs, meinte aber seit seiner Machtübernah- ne der größten Hoffnungen des Weltfußballs wieder. Sie illustriert me, „dass sich ein Fußballverein wie jedes beliebige andere Unterneh- darüber hinaus die überaus hohe Meinung, die Jean-Michel Aulas men führen lässt“. Eine Auffassung, die unter Managern weit verbrei- von seinem Verein hat – und seinen unbändigen Ehrgeiz. tet ist, damals aber den französischen Fußball aufschreckte. Er ist davon überzeugt: Eines Tages wird Lyon die Champions Lea- 18 Jahre lang hat Aulas sein Konzept immer weiter verbessert. gue gewinnen. Egal, wie viele Petrodollars Abramowitsch hat, wie Heute verfügt der Verein über ein Budget von etwa 100 Millionen Eu- viele Trophäen in den Schränken von Real Madrid oder Bayern Mün- ro, bei weitem das größte aller französischen Vereine. Schon lange hat chen stehen oder über wie viel Talent Schewtschenko oder Ronaldin- Lyon die Marke OL aufgefächert. Die Holding hat sieben Tochterfi r- ho verfügen. Eines Tages wird Lyon die Champions League gewinnen, men, darunter auch die für das Marketing. Die einzige klischeefran- genau so wie der Verein viermal in Folge den Titel des französischen zösische Originalität bei den immensen Aktivitäten zur Diversifi zie- Meisters geholt hat. Weil der Appetit beim Essen kommt und weil der rung der Einkünfte: die Vermarktung eines Saint-Marcellin, eines Verein es verdient, quasi als Entschädigung für den Weg, der hinter kleinen Ziegenkäses der Region, der mit einem Papieretikett von OL ihm liegt. Es ist die fast messianische Prophezeiung eines Präsiden- versehen ist. Um einen Vergleich zu bemühen: Das ist so, als würde

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rrund11_050_055_lyon_Meyer_NEUund11_050_055_lyon_Meyer_NEU 5151 005.10.20055.10.2005 22:30:5622:30:56 UhrUhr GLEICHE HÖHE Sonnenkönige

Erfolg als Strategie: Als Lyon aus Real Madrid innerhalb von zehn Minuten Kebab machte, musste die Polizei ebenso wenig eingreifen wie Coach Gérard Houllier (links auf der Trainerbank)

blemlos schlug das Team von Gérard Houllier die Münchner 3:0, ein Ergebnis, das damals als Heldentat gefeiert wurde. Seitdem ist viel Wasser unter den Brücken der Stadt durchgefl ossen, die am Zusam- menfl uss von Rhône und Saône liegt und als Hauptstadt einer wach- die Marketingabteilung des 1. FC Köln ein Cocktailwürstchen mit ei- senden Würstchen-und-Beaujolais-Gastronomie gilt. Lyon, die Stadt ner Ziege und zwei Turmspitzen des Doms versehen. der „zögerlichen Bourgeoisie“, wie ein ehemaliger Bürgermeister ein- hat sich 1990 gewaltig geirrt, als er glaubte, mal klagte, kultiviert in jeder Lebenslage eine griesgrämige Zurück- „aus Marseille ein Bayern München Südeuropas machen zu können“, haltung und einen Minderwertigkeitskomplex gegenüber Paris. Seli- nachdem er Trainer des Mittelmeervereins geworden war. Dabei hat ger Enthusiasmus ist nicht Art des Hauses. Vor einigen Wochen hat er nicht mit den immer währenden Machtkämpfen gerechnet, die Lyon Real Madrid zum Auftakt der Gruppenphase der Champions den Klub erschütterten. Nach wenigen Monaten sollte er das Hand- League die gleiche Schlappe wie Hitzfelds Bayern zugefügt. Doch tuch werfen. Ein Bayern München à la française entstand dafür am Spieler und Management haben sich vor jeder übertriebenen Sieges- anderen Ende des Rhône-Tals. Dort wurde diese Inspirationsquelle sicherheit gehütet; sie konzentrieren sich lieber auf den Weg, der übrigens immer ohne viel Federlesens übernommen: „Lyon trifft auf noch vor ihnen liegt, statt auf den, den sie schon gegangen sind. sein Vorbild“, titelte im Jahr 2000, am Vorabend der Begegnung mit OL stützt sich bei seiner Entwicklung auf die Männer im engsten dem bayerischen Verein, die Sporttageszeitung „L’Equipe“. Bei dieser Kreis des Vereins. Viele ehemalige Spieler gehören mittlerweile zum Gelegenheit bewies der Schüler seine schnelle Lernfähigkeit: Pro- Betreuerstab. Zu ihnen gehört auch Bernard Lacombe, in den 70er

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Schnelle Lernfähigkeit: Die Lyoneser hatten ihre Freude beim heimischen Champions-League-Auftritt gegen Real Madrid – der Endstand von 3:0 war auch in der Höhe verdient

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Kulinarische Hauptstadt Frankreichs: Doch selbst in Lyon darf es neben den beliebten Austern (links) mal ein Bier sein

Jahren Mittelstürmer des Vereins, eine Art französischer Gerd Müller – zumindest was den Umfang der Oberschenkel angeht. Er ist der Sonderberater des Präsidenten für sportliche Angelegenheiten gewor- den und die einfl ussreichste Persönlichkeit des Klubs. Er hat, was den sportlichen Bereich angeht, immer ein Wörtchen mitzureden. Dar- auf verzichtet er auch nie, selbst auf die Gefahr hin, dass er dabei sei- auch an dem Präsidenten, der ungewollt das Gesicht des Business- ne Grenzen überschreitet. So wies er vor einigen Jahren einen Nati- Fußballs verkörpert. Zahlreiche Lästerer werfen ihm immer noch vor, onalspieler bei OL darauf hin, dass dessen Beatnik-Haarschnitt nicht das Image seines Vereins an die Sponsoren und die Tribünenplätze an dem Image des Vereins entspreche. „Die, denen was nicht passt, die die Partnerfi rmen zu verkaufen. Die französischen Fußballamateure können mich mal!“, sagt er oft, und das gilt insbesondere denjenigen, haben lange ein schiefes Gesicht gezogen angesichts dieses Vereins, die ihn für einen reaktionären, alten Sack halten. der als zu glatt, zu zivilisiert, zu VIP, zu effi zient gilt, als wäre der sorgfältige und programmierte Aufstieg eher Ausdruck einer indus- Zu glatt, zu zivilisiert, zu VIP, zu effi zient – in Lyon ist triellen Strategie denn ein menschliches wie sportliches Abenteuer. Lyon ist in Frankreich Stufe für Stufe die Leiter hinaufgeklettert, oh- der Erfolg kein Abenteuer, sondern Strategie ne Geniestreiche und ohne plötzliche Sprünge. Der Verein hat die Freude über einen dritten, einen zweiten Platz kennen gelernt, bevor Dank ihm hat sich OL im Bereich der Neuverpfl ichtungen selten er den Meistertitel genießen konnte. geirrt, angefangen mit seiner Brasilianerkolonie. Am Ende des Spiels Selbst wenn die von der Mannschaft demonstrierte Spielqualität gegen Real Madrid waren es vier, die über den Rasen des Stade Ger- diese relative Verachtung seit der letzten Saison ein wenig gemindert land wirbelten, darunter Juninho. Durch dessen entscheidende Tore, hat, wirft man Lyon immer noch vor, Trophäen zu gewinnen, ohne insbesondere einige legendäre Freistöße, und seine große Zuneigung daran zu denken, die eigene Legende zu schreiben. Während sich die zum Verein ist der ehemalige Mittelfeldspieler von Vasco da Gama Fantasie der Fans aus epischen Spielen speist, die in letzter Minute zum wahren Kultobjekt für die Fans in Lyon geworden. Vielleicht gedreht wurden, aus dem mythenhaften 4:3, arbeitet OL mit sportli- liegt es auch an Lacombe, dass in Lyon der Verein wichtiger ist als die cher Logik. Der Verein gewinnt, wenn er besser ist, und verliert, Spieler – eine Ausnahme in Frankreich. Die Nationalspieler – 14 in wenn er schlechter ist. Dem Verein fehlt noch immer ein europä- der Aufstellung dieser Saison, darunter die Franzosen Coupet, Wil- isches Heldenepos, und zwar ein richtiges, um zusammen mit Saint- tord, Malouda, Réveillère, Pedretti und Abidal – heulen sich nie bei Etienne oder Marseille die Herzen der Franzosen erobern zu können. der Presse aus, wenn sie auf die Ersatzbank verbannt werden. Kon- Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr. Das Finale der Champions Lea- fl ikte werden intern ausgetragen, und der schädliche Einfl uss von gue fi ndet im Stade de France in Paris statt, einige hundert Meter ent- Scharfmachern bleibt begrenzt. fernt von der Basilika von Saint-Denis, in der sich über Jahrhunderte Trotz seiner Erfolge mangelt es OL immer noch an Anerkennung die französischen Könige krönen ließen. Die Lyoneser müssen darin auf kontinentaler und an Zuwendung auf nationaler Ebene. Das liegt ein Zeichen gesehen haben.

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rrund11_050_055_lyon_Meyer_NEUund11_050_055_lyon_Meyer_NEU Abs1:54Abs1:54 005.10.20055.10.2005 22:31:2022:31:20 UhrUhr GLEICHE HÖHE Meyers Taktiktafel

„WIR SOLLTEN KLINSMANN UNTERSTÜTZEN“ HANS MEYER war unter anderem Trainer beim FC Carl Zeiss Jena, FC Twente Enschede, Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC Berlin. Obwohl er sich mittlerweile aus dem Trainerberuf zurückgezogen hat und als Scout für Hertha BSC arbeitet, zählt der 62-Jährige zu den wichtigsten Institutionen im deutschen Fußball. Für RUND greift der durchaus ironiebegabte Brandenburger jeden Monat wichtige Fragen der Taktik und Fußballausbildung auf

Jürgen Klinsmann wird zum Teil heftig kriti- TAKTIK WURDE VERNACHLÄSSIGT konnten wir Holland mit Moral, Einstellung siert und mit Ratschlägen überhäuft. Das Pro- Dass die Abwehrkraft der Mannschaft öfter und Fitness ein 2:2-Remis abringen. Mit un- jekt Weltmeisterschaft wird in Frage gestellt, unzureichend ist, hat nichts mit dem System serer Mannschaft aber aktiv zu spielen, hat weil viele Experten und Halbexperten mei- zu tun, sondern mit dessen Umsetzung. Frü- nicht wie gewünscht geklappt. Gegen die Slo- nen, dass wir zu offensiv spielen und die De- her gab es eine Fußballweisheit: Hinten wer- wakei hat unser Nationalteam versucht, das fensive vernachlässigen. Es ist tatsächlich ein den Spiele gewonnen. In Abwandlung dieser besser zu machen: Nicht jedes Mal mit allen Problem, dass Klinsmann ein System spielen Erkenntnis behaupte ich: Das Spiel wird in Spielern in die eigene Hälfte zurückzugehen, lassen will, das nicht grundsätzlicher Bestand- der Organisation nach Ballverlust gewonnen. sondern weiter vorne aktiv zu stören. Das hat teil der Fußballkultur in der Bundesliga ist. Mit diesen mannschaftstaktischen Aufgaben in der Anfangsphase gut geklappt, doch mit Ist es dann überhaupt machbar? Ich denke ja. hat Jürgen Klinsmann schwer zu tun. Er will den Gegentoren war bis zur Halbzeit nichts Wir werden 2006 eine fi tte, junge und hoch etwas aufarbeiten, was im deutschen Fußball mehr zu sehen von gemeinsamer Abwehrar- motivierte Mannschaft erleben, die auf der seit Jahren vernachlässigt wird, nämlich der beit. Gegen Südafrika wiederum ist die Grundlage von gesundem Selbstvertrauen taktische Bereich. Selbst bei unseren Natio- Mannschaft – im Bestreben der eigenen Ab- und entsprechend risikofreudig im eigenen nalspielern sehe ich es immer wieder, dass wehr zu helfen –, zu dicht vor dem eigenen Land aktiv und selbstbestimmt spielen wird. sie sich in Räumen aufhalten, in denen sie Tor zum Stehen gekommen. Ich kann mich als Gastgeber mit der Erfolgs- bei einer funktionierenden Aufgabenvertei- geschichte des deutschen Fußballs und dem lung nichts zu suchen haben. Gerade mit den SÜDAFRIKA WAR EIN RÜCKSCHRITT Anspruch, diese WM zu einem Fest des Fuß- Niederländern können wir uns zurzeit spiel- Ein oft angesprochenes Problem – das balls zu machen, doch nicht hinten reinstel- technisch, aber auch in der taktischen Varia- schnelle Umschalten von der Abwehr in die len und abwarten, was die anderen machen. bilität nicht messen. Im letzten Länderspiel Offensive – ist nicht die Ursache, sondern die Folge davon, dass wir zu tief stehen. Wenn mei ne Stürmer an der Mittellinie und dahin- ter aushelfen und ich erobere den Ball, dann ist es mit viel Laufarbeit verbunden, ein für den Angriff sinnvolles Positionsspiel aufzu- ziehen. Die Wege nach vorn sind zu lang. Für mich war das Länderspiel gegen Südafrika taktisch eigentlich schlechter als das in der Slowakei. Die mangelnde Umsetzung des Systems wurde nur durch einen überragenden übertüncht, aber das Match war insgesamt ein Rückschritt.

DER WILLE, DAS SPIEL ZU GESTALTEN Nach den Reaktionen auf Bratislava be- fürchte ich, dass Klinsmann seine Grundge- danken nicht zu Ende bringen kann. Sein Verdienst ist es nicht, dass er uns amerikani-

LIEBE TRAINER, BITTE AUSSCHNEIDEN UND IM SAMMELORDNER „TRAININGSLEHRE“ ABHEFTEN! UND IM SAMMELORDNER „TRAININGSLEHRE“ BITTE AUSSCHNEIDEN LIEBE TRAINER, sche Athletiktrainer vorbeibringt, sondern dass er sein Team beseelt hat, mit dem Wil- len, das Spiel selbst zu gestalten. Er kann sie mit dem ausrüsten, was Fußballer in der Weltspitze ausmacht: das Spiel zu bestimmen und so schnell wie möglich, angriffswirksam zu werden. Dabei sollten wir ihn ohne Vorbe- Taktischer Diskurs vom Sofa mit Hans Meyer: „Südafrika war ein Rückschritt“ halte unterstützen. FOTOS BENNE OCHS

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rrund11_050_055_lyon_Meyer_NEUund11_050_055_lyon_Meyer_NEU Abs1:55Abs1:55 006.10.20056.10.2005 20:34:5920:34:59 UhrUhr GLEICHE HÖHE Fundstück

Stillleben mit Leibchen: das einstige Trikot von Uli Hoeneß über einer Thüringer Stuhllehne

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rrund11_056_057_Fundstueck_trikotund11_056_057_Fundstueck_trikot 5656 006.10.20056.10.2005 20:38:5320:38:53 UhrUhr GLEICHE HÖHE Fundstück WORTLOSER KLASSENFEIND

LOTHAR KURBJUWEIT hat 66 Länderspiele für die DDR gemacht, denfalls nicht erwischt zu haben: „Die West- spieler haben sich angeschrieen, da waren darunter auch das 1:0 gegen die BRD bei der WM 1974. Noch Äußerungen dabei, das war für uns undenk- heute hängt das Trikot von Uli Hoeneß in seinem Kleiderschrank. bar“, wundert sich Kurbjuweit noch 31 Jahre nach der Partie. Doch als er es im vergangenen Jahr signieren ließ, wunderte er Allerdings sei damals vieles zusammen ge- kommen, „was uns in die Karten gespielt hat“. sich über dessen ehemaligen Besitzer VON CHRISTOPH RUF, FOTO MICHAEL DANNER Noch im Hotel habe man vom Unentschieden zwischen Chile und Australien erfahren: „Wir Im Grunde fi ng alles mit einem Akt zivilen Kicker Kinder ihrer Zeit. Und damals, mitten waren also bereits in der Zwischenrunde und Ungehorsams an. Ohne den hinge Uli Hoe- im Kalten Krieg, lernte man im Westen, dass konnten befreit aufspielen.“ So mancher hat- neß’ Trikot heute jedenfalls nicht in einem Gott, der Herr, nichts Schlimmeres kenne te auch eine Rechnung mit der „Bild“-Zeitung Kleiderschrank im Thüringischen. Schließ- auf Erden als den Sozialismus und mithin die offen. Die hatte noch am Morgen des Spiels lich war es der DDR-Auswahl von vorneher- DDR. Kein Wunder, dass sich Kurbjuweit in („Warum wir heute gewinnen“) großmäulig ein streng verboten worden, nach dem Spiel jeder Sekunde des Turniers daran erinnern festgestellt, die BRD sei auf zehn von elf Po- gegen die vermeintlich übermächtige Bun- lassen musste, dass er in der BRD einzig und sitionen besser besetzt. Kurbjuweit nahm es desrepublik mit den Klassenfeinden aus dem alleine als Repräsentant eines verhassten als zusätzliche Motivation. „Es gab dann eine Westen die Leibchen zu tauschen. Lothar Landes angesehen wurde. Auch wenn kaum Busfahrt vom Hotel ins Stadion, während der Kurbjuweit erinnert sich sogar an einen re- einer seiner Mitspieler in Ekstase geriet, gesungen und gegrölt wurde.“ Ein paar Stun- gelrechten „Tumult“ im Kabinentrakt, als der wenn die alternden DDR-Funktionäre sie mal den später traf Sparwasser. Und Kurbjuweit erste Spieler im Überschwang der Emotionen wieder ermahnten, als „Diplomaten im Trai- bekam das Trikot seines Gegenspielers, der an nach dem 1:0-Triumph dennoch sein Trikot ningsanzug“ müssten sie die Überlegenheit diesem Tag nicht viel hinbekommen hatte. auszog und es wild entschlossen einem west- der sozialistischen Gesellschaftsordnung Letztes Jahr, beim Empfang zum 30-jähri- deutschen Spieler hinhielt. auch auf dem Platz dokumentieren. gen Jubiläum des geschichtsträchtigen Spiels, Kurz darauf hatten auch die verknöcherten Doch dort wurde allenfalls wechselseitiges hat Kurbjuweit das Textil dann signieren las- Funktionäre ein Einsehen, bestanden aber Desinteresse dokumentiert. „Das war eine sen. Nach dem Empfang im Münchner Rat- darauf, dass der anarchische Textilwechsel in ganz befremdliche Atmosphäre, die konnten haus und dem Eintrag ins Goldene Buch der geordneten Bahnen, beziehungsweise Wä- mit uns nichts anfangen und wir nichts mit Stadt. Und nach der Begrüßung durch Franz schekörben vonstatten zu gehen habe. In die denen. Wir hatten uns weniger zu sagen, als Beckenbauer – „eine Persönlichkeit, auch schmissen die DDR-Spieler ihre Hemden, wenn es gegen Rumänien gegangen wäre.“ wenn’s abgedroschen klingt“ –, der jedem kurz darauf wurden in einem anderen Korb Als von den Rängen vieltausendfach „Ul- DDR-Nationalspieler samt Gattin die Hand die Trikots der Westdeutschen hereinge- bricht-Schweine raus“ geschrieen wurde, ob- gegeben habe. Irgendwann, in einer Pause bracht. Und der Abwehrspieler Kurbjuweit wohl der zu der Zeit schon tot war, traf ihn zwischen den Gängen, ist Kurbjuweit dann hielt das Erinnerungsstück an einen Gegen- das aber doch: „Ich dachte mir nur, verfl ucht „einfach so rüber gegangen“, zu dem Mann, spieler in der Hand, mit dem er während des noch mal, was kann ich denn dafür?“ den er eher ehrfürchtig denn vertraut „den Spiels kein einziges Wort gewechselt hatte. Irgendwann wurde es dann auch auf dem Uli“ nennt. Und den er sich offenbar nicht Von Uli Hoeneß weiß er auch nach dem Wie- Platz laut, denn das Spiel verlief ganz anders, getraut hat zu fragen, ob er denn auch sein dersehen im vergangenen Jahr nicht, ob er als es sich die siegessicheren Westdeutschen Trikot genommen habe. Der Bayern-Manager im Gegenzug ein Trikot eines DDR-Spielers erhofft hatten. Kurbjuweit und seine Mitspie- unterschrieb, „dann war die Sache erledigt“. an sich genommen hat: „Ehrlich gesagt glau- ler wurden von Minute zu Minute selbstsi- Kein Wort, keine Frage, was man denn so ma- be ich aber nicht, dass die so großen Wert cherer: „Wir waren so ehrfürchtig, als wir che. Kurbjuweit, der dem Bayern-Manager darauf gelegt haben.“ Overath und Netzer neben uns auf dem Platz offenbar nicht einmal einen Smalltalk wert Das haben sie vermutlich wirklich nicht, gesehen haben, aber …“ Kurbjuweit hält kurz war, lächelt: „Das war dann meine Begeg- schließlich waren auch die westdeutschen inne. Einen guten Tag scheinen die Stars je- nung mit Uli Hoeneß.“

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rrund11_056_057_Fundstueck_trikotund11_056_057_Fundstueck_trikot 5757 006.10.20056.10.2005 20:39:0620:39:06 UhrUhr GLEICHE HÖHE Nationale Aufgaben

Puzzle für Weltmeister Die Bundestrainer Jürgen Klinsmann und Joachim Löw wollen mit einem ambitionierten Zweijahresplan Weltmeister werden. Noch nie wurde eine deutsche NATIONALMANNSCHAFT so systematisch auf eine WM vorbereitet. Löw kommt bei der Umsetzung des Masterplans eine ganz besondere Rolle zu

VON ROGER REPPLINGER UND RAINER SCHÄFER, FOTOS MARTIN KUNZE, TIM KUBACH UND BENNE OCHS

Da steht er. In der Bahnhofshalle. Schwarze gust 1996 bis Mai 1998 den VfB Stuttgart, mit drin vor sich geht. Löw fi ndet „die bisherige Haare, braungebrannt, Anzug, schwarze Lack- dem er 1997 den DFB-Pokal gewann und 1998 Entwicklung der Nationalmannschaft gut, schuhe. Er will ins Café im 17. Stock. Dort ist das Finale im Europapokal der Pokalsieger er- aber sie ist noch nicht abgeschlossen“. Er der Blick über das in mildes Sonnenlicht ge- reichte. Danach Fenerbahçe Istanbul, Karlsru- weiß, weder Ball noch Leben sind rund: „Uns tauchte Freiburg atemberaubend. Doch das he, Adanaspor, FC Tirol, 2002 österreichischer ist klar, dass wir nicht permanent auf dem Café hat geschlossen, so setzen wir uns ins Meister, und von Juni 2003 bis März 2004 Weg nach vorne sind. Den Rückschritt nach „Palladium“, in dem die Bedienung in fuß- Austria Wien. Seit August 2004 arbeitet Löw dem Confed-Cup und der kurzen Sommer- freundlichen Sandalen geht und auf Tom als Assistent neben Bundestrainer Jürgen pause haben wir erwartet.“ Jones steht. Ein Mann von der Dresdner Bank Klinsmann bei der deutschen Nationalmann- Löw hängt die Jacke seines Anzugs über die erkennt Joachim Löw, dienert, überreicht ei- schaft. Eine heikle Aufgabe: Der Chef hat ge- Stuhllehne. Zwei Hemdknöpfe offen. Muss ne Visitenkarte. Löw hat im Moment keinen sagt, er will 2006 Weltmeister werden. Seit- aus einem besonderen Stoff sein, das Hemd. Kopf für Geschäfte dieser Art, sondern nur dem noch mehr Fußball. Schim mert matt. Löw bestellt Milchkaffee einen Kopf für Fußball. In Löws Kopf werden Spiele auseinander und Apfelschorle. Das ist physiologisch klug Schon seit Jahren immer Fußball. Löw kick- genommen und wieder zusammengesetzt; zusammengestellt. Er unterscheidet zwischen te unter anderem für den SC Freiburg, den Spieler hin und her geschoben; gegnerische der Entwicklung der Mannschaft und den die- VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt und den Mannschaften zerlegt. Man muss dabei nicht se Entwicklung begleitenden Kommentaren. Karlsruher SC. Betreute als Trainer von Au- in Löws Kopf schauen, um zu wissen, was da Die Entwicklung ist wichtig. Einige Spiele

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rrund11_058_061_nationalmannschaftund11_058_061_nationalmannschaft 5858 006.10.20056.10.2005 12:04:4912:04:49 UhrUhr GLEICHE HÖHE Nationale Aufgaben

„DIE HÄRTE DER ANGRIFFE HAT UNS SCHON ÜBERRASCHT. EINIGE WAREN RESPEKTLOS“: DFB-TRAINER JOACHIM LÖW

Pfeile nach vorne: Die Nationalmannschaft wird für das Ziel Weltmeistertitel im Training offensiv ausgerichtet

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rrund11_058_061_nationalmannschaftund11_058_061_nationalmannschaft 5959 006.10.20056.10.2005 12:04:5312:04:53 UhrUhr GLEICHE HÖHE Nationale Aufgaben

beim Konföderationen-Pokal wurden beju- Die Fehler wurden vorher gemacht. In den Das ist kein Umschalten.“ Gegen Südafrika, belt, nach dem 0:2 in der Slowakei gab es 80er und 90er Jahren hat Deutschland – trotz nachdem die Mannschaft ein paar Tage zu- Haue. Die Leistungen im Pokal hatten Grün- WM- Sieg 1990 und EM-Titel 1996 – den An- sammen trainierte, ging das schon besser. de: Weil die Mannschaft längere Zeit zusam- schluss verpasst. „Wir waren arrogant“, sagt Nach Ende der Bundesligasaison hat Löw men trainieren konnte, verbesserte sie sich Löw, „und haben uns selbst belogen. Da ha- vier Wochen Zeit, in denen er die Spieler auf von Spiel zu Spiel. Löw wurde anschließend ben wir einige Jahre verloren auf Länder wie die WM vorbereiten kann: „Da werden die nicht euphorisch und nach dem Slowakei- Holland und Frankreich.“ Das muss man erst Abläufe automatisiert. Manche muss man ein Spiel nicht depressiv. Er ist 45 Jahre alt und mal aufholen. Dabei setzen der Bundestrainer paar hundert Mal üben. Wenn man nachts normalerweise immun gegen eine bestimmte und sein Assistent auf Systematik und Wis- aufwacht, muss man wissen, was die Aufga- Art von Kritik. Seine Spieler sind es nicht, sen schaft. Durch neue Trainingsmethoden – ben in Offensive und Defensive sind.“ vor allem die jungen: „Die Härte der Angrif- auch aus anderen Sportarten –, ausgeklügelte Gespielt wird 4-4-2, „das ist die Basis und fe hat uns schon überrascht. Einige waren Testverfahren, Psychologie, Ernährungstipps, wird von der Mannschaft relativ gut be- respektlos gegenüber unseren jungen Spie- sollen die deutschen Spieler besser werden. herrscht“, sagt Löw. Als Variante kommt ein 4- lern.“ Eine Niederlage ist kein Grund für Än- Noch nie in der Geschichte des deutschen 3-3-System dazu, weil „wir dann taktisch nicht derungen: „Wir haben uns für diesen Weg ent- Fuß balls hatten Nationalspieler so viele An- ausrechenbar sind und auch mal während ei- schieden, wir sind von diesem Weg überzeugt gebote, sich in Form zu bringen. Löw: „Es ist nes Spiels umstellen können“. Ein 4-3-3 hält und weichen nicht von ihm ab. Da kann die notwendig, dass sie über zwei Jahre ihr Leis- Löw für ein probates Mittel gegen spielstarke Welt einstürzen.“ Man zieht sofort den Kopf tungsvermögen entwickeln und ausreizen, Teams: „Man kann, wenn sich die Außenstür- ein, obwohl es nicht knirscht im Gebälk des im körperlichen, im taktischen, im spieleri- mer fallen lassen, defensiv zum 4-5-1 überge- „Palladium“. schen und im persönlichen Bereich. In der hen, bei Ballbesitz gehen drei, vier Mann im Bun desliga und bei uns.“ Jeder Spieler hat ei- Sprint nach vorne. Das haben wir gegen Ar- KLINSMANN UND LÖW WEICHEN nen individuellen Trainingsplan, seine „Haus- gentinien in Düsseldorf gemacht, die haben aufgaben“. Löw ist sicher, „dass es einem Spie- wir gut unter Druck gesetzt.“ NICHT VON IHREM WEG AB. ler nicht hilft, wenn man ihm sagt, er ist nicht Egal was gespielt wird, Michael Ballack soll DA KANN DIE WELT EINSTÜRZEN gut genug. Der Spieler möchte klare Lösun- zentral hinter den Spitzen agieren, eine Posi- gen, um seine Defi zite aufzuarbeiten.“ Die tion, die er zu oft aufgibt, wenn er sieht, dass In Löws Kopf ist ein Plan. Bis 2006 soll der bekommt er. es irgendwo brennt. Löw wünscht sich „dass Fußball aus dem Kopf auf den Platz. „Das ist Löw ist in Fahrt. Was ist mit der Defensive? er manchmal weiter vorne spielt, dort, wo die nicht viel Zeit“, sagt er. Umso wichtiger ist es, Er winkt ab und zählt die Wochen auf, in de- Gefahr ist. Wir wollen, dass er möglichst mit dem Plan zu folgen: „Wir ordnen alles ein: nen er die Jungs unter seinen Fittichen hatte. nur einem Pass die Spitzen erreicht.“ Wo stehen wir? Wie war die Entwicklung? Da muss man Prioritäten setzen. Zunächst Wo haben wir Schwächen? Auch wenn wir mal ging es um den Angriff: „Wir haben ein WENN DIE SPIELER NACHTS gewinnen. Von einem Spiel lassen wir uns Jahr intensiv an der Offensive gearbeitet, da nicht beeindrucken, weder in positiver noch sind wir eindeutig besser geworden. Wie spie- AUFWACHEN, MÜSSEN SIE IHRE im negativer Hinsicht.“ le ich schnell in die Spitze gegen Mannschaf- AUFGABEN WISSEN Löw ist in Schönau im Schwarzwald gebo- ten, die defensiv spielen? Wie sind die Laufwe- ren. Da haben die Menschen die Ruhe, aus ge, wie spiele ich durch die Mitte, wie über Dann schnurrt Löw Namen herunter: Lahm der sie so leicht nichts bringt. Löw ist kein Be- Außen, was gibt es da für Möglichkeiten?“ hinten links, Schneider woanders, Metzelder ckenbauer, verstrahlt kein Licht, das alle blen- Nun ist die Defensive dran. Die sah gegen eventuell, Mertesacker ziemlich sicher, Bo- det. Löw muss überzeugen: Spieler, Fans, Me- die Slowakei schlecht aus: „Weil unser Pres- rowski – warum nicht? Wichtiger ist, dass die dien. Er malt etwas auf ein Blatt, aber diese sing nicht funktioniert hat. Wir haben vorne „Positionen richtig interpretiert werden, dass modernen Spielsysteme sind so kompliziert, zu früh attackiert, sind hinten nicht konse- man die Systematik versteht. Ob Friedrich dass man sie nicht zeichnen kann. Löw hätte quent nachgerückt. Die Anspielstationen des oder Owomoyela rechts hinten spielen, ist gerne eine Taktiktafel mit magnetischen Stei- Gegners wurden nicht zugestellt. Das war tak- momentan nicht entscheidend. Wenn man nen, die man verschieben kann, um zu zeigen, tisch schlecht gelöst. Unsere Mannschaft war die Systematik verstanden hat, ist es relativ wie er sich das vorstellt. Gibt es im „Palladium“ zweigeteilt und zerrissen.“ Zwischen Angriff einfach sich einzuspielen.“ Das Handy klin- leider nicht. Dann zeichnet er doch etwas und Abwehr klaffte eine Lücke von 60 Me- gelt. Kurze Unterbrechung. „Wo waren wir?“, und zerreißt es gleich. Die meisten Pfeile auf tern, in der die Slowaken agieren konnten. ach ja, bei Dietmar Hamann. der Zeichnung zielen nach vorne. Löw und Am Ende gilt es, eine Balance zu fi nden. Die Offensive klappt, die Defensive kommt. Klinsmann wollen, dass die Mannschaft of- „Das ist im Fußball generell das Allerschwie- „Unsere Arbeit ist wie ein Puzzle, das irgend- fensiv spielt. Anders als bei der Europameis- rigste, diese Balance herzustellen. Wir wollen wann ein komplettes Bild ergibt.“ Darauf soll, terschaft 2004. „Wir haben festgestellt, dass offensiv und risikofreudig spielen, wissen man ahnt es, der Weltmeister zu sehen sein. wir unsere Spielweise ändern müssen. Bei aber, dass wir defensiv besser werden müssen. Löw verabschiedet sich, schlendert hinaus der EM wurde viel quer und zurück gespielt, Gegen die Slowaken sind nach Ballverlust in die Sonne. Er hat einen Ball im Kopf. Aber da gab es kaum Torchancen.“ sechs Leute stehen geblieben, das geht nicht. das merkt nur, wer dort selbst einen hat.

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rrund11_058_061_nationalmannschaftund11_058_061_nationalmannschaft 6060 006.10.20056.10.2005 21:29:5921:29:59 UhrUhr GLEICHE HÖHE Nationale Aufgaben

Alltag der Nationalen: Übungen aus den USA machen geschmeidig (Foto oben), geheime Trainingseinheiten machen erfinderisch

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rrund11_058_061_nationalmannschaftund11_058_061_nationalmannschaft 6161 006.10.20056.10.2005 21:30:0021:30:00 UhrUhr GLEICHE HÖHE Erbsenzähler

Sieben denkwürdige Mitgliederversammlungen deutscher Fußballvereine Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder eines Klubs, um über dessen Wohl und Wehe zu entscheiden. Meistens sind diese Termine sterbenslangweilig. Manchmal aber gibt es Höhepunkte, über die die Augenzeugen noch lange reden. Eine subjektive Auswahl.

DER HERZANFALL Alemannia , FAUSTSCHLAG 22. Januar 1989 Eintracht Frankfurt, 14. November 1988 Seit 1938 war Bert Schütt Alemanne, in den 50er Jahren war er gemeinsam mit Jupp Derwall für die Schwarz-Gelben 886 Mitglieder hatten sich bereits mit Äppler in der gestürmt. Als Geschäftsführer war er in ordentlich in Stimmung gebracht, als es um 23.37 Uhr Aachen allerdings nicht unumstritten. Nach heftigen nicht nur verbal auf die Zwölf gab. Als es ein Ordner wagte, persönlichen Angriffen der Opposition sank Schütt einen Redner nach Ablauf der Redezeit vom Podium zu holen, auf dem Podium stehend mit einem Herzanfall wurde er von diesem mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt. zusammen und verstarb noch Ähnlich rustikal nahm die Versammlung ihren Fortgang: In einer während der Versammlung, die Kampfabstimmung wurde der amtierende Vorstand um Klaus abgebrochen wurde. Gramlich und Klaus Mank abgewählt. Mank hatte in seiner Amtszeit EIN OSCAR durch kreative Lösungen bei der Verabschiedung FÜR CHARLY von Mitarbeitern geglänzt: Manager Wolfgang Schalke 04, Kraus hatte er die Kündigung unter der 2. Februar 1987 Toilettentür durchgeschoben.

SIEBEN MINUTEN FÜR DIE EWIGKEIT Dynamo Dresden, 17. Dezember 1992 SCHMIERENTHEATER Am Ende musste die FC St. Pauli, 21. November 2002 Vereinsoppo sition den Saal über eine Seitentreppe Ein vereinsinterner Machtkampf drohte den verlassen. Ordner sicherten Kiezklub zu zerreißen. 15 Aktivisten aus der ihr den Rückzug aus dem – Fanszene wollten auf der außerordentlichen Jahres- ausge rechnet! – Dresdner hauptversammlung ihren Beitrag leisten. Sie hatten Hygienemuseum. Dabei hatte minuziös die Rollenverteilung ihrer Wortbeiträge und die Mitgliederversammlung, Fragen einstudiert, um das Plenum zur Parteinahme für den zu der Präsident Wolf-Dieter damaligen Manager und Vizepräsidenten Stephan Beutel Ziegenbalg geladen hatte, zu animieren. Beutel wurde später dennoch entlassen, der nur sieben Minuten gedauert. Danach wurde eine einstweilige FC St. Pauli stieg in die Regionalliga ab. Verfügung des Dresdner Kreisgerichts zugestellt, wonach die Einladungen zu spät verschickt wurden und alles geplatzt war. Erwirkt hatte die Verfügung ein Freundeskreis Dynamo Dresden, der von der Mehrheit aber SEND nicht so recht als Freund wahrgenommen ME AN wurde. Man sah ihn später auf ANGEL der Seitentreppe.

BFC Dynamo Berlin, 26. November 2001

Von einigen neuen Präsidiumsmitgliedern war zu lesen, sie seien bei den „Hells Einer fuchtelte mit seiner Pistole Nein, Tumulte, Krawalle, Angels“. Das interessierte die Öffentlichkeit, herum. Dennoch lautete die eher Ausschreitungen und böse aber die Presse war nicht zugelassen, denn: schlichte Botschaft von Günter „Oscar“ Worte gab es nicht, als die „Wir haben hier eine Mitgliederversammlung.“ Siebert: „Schalke muss wieder Schalke Mitglieder des Berliner Vereins Als klar wurde, dass es auch bei dem früheren werden!“ Siebert kandidierte für eine nach dem wiederholten DDR-Serienmeister noch Mitglieder gab, die dritte Amtszeit als Schalke-Präsident, Bundesligaabstieg zusammen- kritische Fragen stellen wollten, hieß es: „Es ist und damit da nichts schief geht, hatte kamen. Es gab stattdessen hier keine Mitgliederversammlung, sondern Betreuer Charly Neumann zuvor auf eine tränenreiche, traurige Tiraden lediglich eine Informationsveranstaltung.“ eigene Kandidatur verzichtet. Die und ein Herthalied, selbst Verdiente Mitglieder trauerten: „Das ist nicht Mitglieder folgten ihrem Charly: Siebert gedichtet von einem treuen mehr mein Verein.“ Eine Ex-Präsidentin holte 554 Stimmen, Meya nur 420. Mitglied: „Hamburg, zog sich zurück: „Ich sage Außenstehende und Nüchterne waren München, Köln, Essen, Alles kein einziges Wort.“ überrascht: Der zuvor mit Schimpf und Schande aus längst passé. Uns gefällt Ex-Trainer Jürgen Bogs dem Amt gejagte Präsident hatte noch eine Woche zuvor am allerbesten Hertha befürchtete Ungemach: „Der im Exil auf Gran Canaria in seiner Gaststätte „Oscar’s Pub“ BeEsCe. Und wer ein echter Image schaden ist groß.“ Und Bier gezapft. Der Schalker mit Pistole wurde jedoch aus Fußballfan, Der leiht mir die Neu-Präsidialen mit dem Saal geführt. heut sein Ohr, Und wer die Hooligan-Vergangenheit und Fußballstimmung kennt, Der Rocker-Gegenwart wollten nicht singt mit mir im Chor: Hertha EIN HERTHA-LIED von der Pumpe, unser kleiner mal was zu ihrer Vita sagen: Hertha BSC Berlin, „Ich gebe keine Auskunft.“ 21. Mai 1991 Traum vom Glück.“

Die neue Preisfrage: Wer war der erste Exbundesligaprofi , der Präsident eines Bundesligisten wurde? Antworten bitte bis zum 14. November an: Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg, [email protected], Stichwort Profi präsident. Eine richtige Einsendung wird mit der Übernahme der Mitgliedsbeiträge für einen Bundesligisten nach Wahl prämiert. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Aufl ösung und Gewinner der Preisfrage aus 10/05 werden in der nächsten Nummer bekannt gegeben.

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rrund11_062_063_Erbsenzaehlerund11_062_063_Erbsenzaehler 6262 006.10.20056.10.2005 20:41:0620:41:06 UhrUhr GLEICHE HÖHE Erbsenzähler

Eintrittspreise in der Champions League (Auswahl; Tickets ohne Ermäßigung) Wer in der höchsten Klasse spielt, der kann auch Höchstpreise verlangen. Aber was muss man wirklich ausgeben, um europäischen Spitzenfußball live zu sehen? Vorsicht: Auch wenn Sie hier zur besseren Vergleichbarkeit nur Euro-Scheine sehen, einige Preise sind aus der Landeswährung umgerechnet.

AC Mailand Juventus Turin FC Schalke 04 Stadio Giuseppe Meazza 11-150 € Stadio Delle Alpi 15-110 € Veltins-Arena 20-56 €

OSC Lille FC Porto Benfica Lissabon Stade de France, Paris 20-45 € Estádio do Dragão 20-50 € Estádio da Luz 22-60 €

Werder Bremen Olympique Lyon FC Bayern München Weserstadion 23-56 € Stade de Gerland 24-100 € Allianz Arena 25-50 €

Rapid Wien Fenerbahçe Istanbul – Fenerbahçe FC Barcelona Ernst-Happel-Stadion 25-45 € ¸Sükrü Saraçog˘lu Stadyumu 27-169 € Camp Nou 29-85 €

Rosenborg Trondheim Ajax Amsterdam PSV Eindhoven Lerkendal Stadion 30-90 € Amsterdam Arena 31,25-75 € Philips Stadion 32,50-75 €

Manchester United FC Liverpool RSC Anderlecht Old Trafford 38-61 € Anfield 44-47 € Constant Vanden Stock 50-95 €

Legende: Die billigste Karte Der teuerste Platz

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rrund11_062_063_Erbsenzaehlerund11_062_063_Erbsenzaehler 6363 005.10.20055.10.2005 16:47:5216:47:52 UhrUhr GLEICHE HÖHE Heimspiel

„ICH HATTE NOCH NIE EINE PANNE“

ANDREAS REINKE ist der einzige Bundesligaprofi , der einen VW-Bus fährt. Der 35-jährige Torhüter vom SV Werder Bremen über 2800 Kilometer in drei Tagen, Pilze sammeln im Wald und entspannte Nächte auf vier Rädern am Strand AUFGEZEICHNET VON OLIVER LÜCK, FOTOS BENNE OCHS

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rrund11_064_065_Reinke_Heimspielund11_064_065_Reinke_Heimspiel 6464 006.10.20056.10.2005 21:00:5021:00:50 UhrUhr GLEICHE HÖHE Heimspiel

Ich hatte noch nie eine Panne, mein VW- Bus läuft super. Ich musste ihn nur rundum etwas liften, da der Lack an einigen Stellen ab geplatzt war. 160 Stundenkilometer schafft er, meist fahre ich aber nur so 130. Vor acht Jahren habe ich ihn gekauft. Es ist ein Mul- tivan Topstar mit Wohnmobilzulassung. Als ich ihn das erste Mal sah, dachte ich nur: Was ist denn das für eine hässliche Karre? Al- lein die Farbe: mintgrün – leuchtet sogar im Dunkeln. Nach drei Tagen wollte ich ihn aber nicht mehr hergeben. Obwohl er damals schon teuer war, fast 70.000 Mark habe ich bezahlt. Er war aber fast neu, ein Vorführwa- gen, gerade mal zwei Monate alt. GÜ ist das Kennzeichen für Güstrow, wo ich aufgewachsen bin. Dort sind auch früher schon viele meiner Bekannten Bus gefahren. Ich habe einen Lkw-Führerschein. Mit dem Einparken hatte ich daher nie Probleme. Ich war häufi g für die Firma meines Vaters mit „Wie auf einem Thron“: Andreas Reinke vor seinem „Bussi“, in dem er viel Zeit verbringt einem 7,5-Tonner und einem Anhänger un- terwegs – geladen hatte ich Fischdosen. Und als ich noch Amateur beim HSV war, bin ich nebenbei Laster gefahren, um Geld zu verdie- nen. Morgens um sechs aufstehen und eine Schicht fahren, das ist immer ehrlich – wür- Kindern im Bus unterwegs bin, ist das das aber auch schon mal aufgebrochen: Alle Kla- de ich heute noch machen. Mit meinem Bus Beste, was ich mir vorstellen kann. Für die ist motten waren durchgewühlt, geklaut wurde ist das auch ein bisschen wie im Lkw: Man das ideal: Es gibt viel Platz zum Spielen. Es nichts. Auch meine Torwarthandschuhe und hat die ganze Straße im Blick und fährt gelas- ist wunderschön, wenn sie mit so einem Ge- die ersten Fußballschuhe meines Sohnes, die sen vor sich hin, wie auf einem Thron. Es fühl von Freiheit aufwachsen können. am Rückspiegel hängen, waren noch da. Kei- kommt regelmäßig vor, dass sich Freunde Ich fahre rund 25.000 Kilometer im Jahr. ne Ahnung, was die bei mir gesucht haben. meinen Bus für Umzüge ausleihen. Und letz- Jetzt hat er rund 170.000 gelaufen – für einen tes Jahr im Mai sind sieben Leute zum Pokal- Diesel ist das nicht viel. Klar würde ich den „ICH HABE ALLE MEINE SACHEN UND endspiel gegen Aachen nach Berlin gefahren. Bus gerne häufi ger nutzen und regelmäßig Zu meinem Bussi habe ich eine richtige Be- übers Wochenende wegfahren. Solange ich EINEN WEINVORRAT IN DEN BUS ziehung aufgebaut. Obwohl ich schon einige noch Profi fußball spiele, geht das natürlich GESCHMISSEN UND BIN ERST MAL BIS gute Angebote hatte, werde ich ihn nie ver- nicht. Aber hin und wieder fahre ich gemein- kaufen – der ist unbezahlbar. Ich fühle mich sam mit meiner Freundin in den Wald, zum NACH BARCELONA“ ANDREAS REINKE frei, wenn ich im Bus unterwegs bin. Du hast Pilze oder Brombeeren sammeln. Mein gro- deine Ruhe, frische Luft und kommst überall ßer Traum ist es, mehrere Monate im Bus zu Die Strecke von Murcia nach Bremen habe hin. Einfach Tür auf und genießen. Wenn ich reisen, immer an der Atlantikküste entlang, ich in drei Tagen geschafft, immerhin 2800 die Rückbank umklappe, habe ich ruckzuck bis runter nach Portugal. Auch an der Nord- Kilometer. Das war Ende Juni vor zwei Jahren das beste Bett der Welt. Es gibt nicht viel küste Spaniens ist es wunderschön. Es gibt und mit einigen Zwischenstopps sogar sehr Schnickschnack bei mir. Die Getränkehalter dort unglaubliche Städte und Strände. entspannt: Ich habe alle meine Sachen und sind leider etwas kaputt und natürlich nur für Als ich noch in Murcia gespielt habe, bin einen Weinvorrat in den Bus geschmissen Saft. Eine Kühlbox, die über Zigarettenanzün- ich regelmäßig zum Strand und habe dort und bin erst mal bis nach Barcelona. Nach der läuft, ist der einzige Luxus. Die darf ich al- im Bus übernachtet. Mein damaliger Team- drei Stunden ging es weiter. Dann noch ei- lerdings nicht über Nacht anlassen, da sonst kollege Xavi Valero hatte auch einen VW-Bus nen Nachmittag in einem französischen Berg- am Morgen die Batterie leer ist – vielleicht – so gar selbst ausgebaut. Mit dem ist er auch dorf, etwas Stau vor Lyon und schon war ich baue ich bald mal eine zweite ein. Das Einzi- quer durch Europa gefahren, bis nach Irland in Kaiserslautern, wo ich noch einen Freund ge, was ich nachträglich noch eingerichtet ha- und Schottland rauf. Nach dem Training sind zum Geburtstag überraschen konnte. Abends be, sind die getönten Scheiben – we gen der wir in unseren Bussen oft gemeinsam durch kam ich in Bremen an, und am nächsten Mor- Kinder. Im Sommer würde es sonst zu heiß die Gegend. Im Verein nannte man uns die gen hatte ich mein erstes Training bei Werder. werden im Auto. Wenn ich mit meinen drei beiden Busfahrer. In Spanien wurde meiner Das war mein Sommerurlaub.

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rrund11_064_065_Reinke_Heimspielund11_064_065_Reinke_Heimspiel 6565 006.10.20056.10.2005 21:00:5721:00:57 UhrUhr RUND Im Abseits

IM ABSEITS Abseits ist regelwidrig. Dann ruht das Spiel. Das kann skurril sein und findet überall auf der Welt statt: „In Südkorea ging es zu wie beim Militär. Wir haben Schläge und Ohrfeigen bekommen,

wenn wir nicht schnell genug gelaufen sind“ DU-RI CHA

68 LÜGENDETEKTOR „Alkohol und Sex gehören dazu“ – Frankfurts Stürmer Du-Ri Cha sagt nichts als die Wahrheit 72 RASENKAVALIERE Das Geheimnis der Halme – eine Spurensuche nach dem Ort, an dem der WM-Rasen wächst 78 PUPPENSPIELER Der Penner der Kuscheltiere – Klaus Kuchheuser lebt auf der Straße und für den BVB 86 HANDICAP Therapie mit Suchteffekt – ehemalige Fußballer verraten, warum sie nichts lieber als Golf spielen

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Sum acillum sandre magna consequatue do dun

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rrund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseiteund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseite 6868 006.10.20056.10.2005 21:03:1621:03:16 UhrUhr IM ABSEITS Lügendetektor

„Alkohol und Sex gehören dazu “ Wenn DU-RI CHA, Stürmer bei Eintracht Frankfurt, nicht sprechen will, dann schafft es keine Macht der Welt, sein Schweigen zu brechen. Als der 25-Jährige an den RUND-Lügendetektor angeschlossen wurde, fi ng der Südkoreaner an, ohne Punkt und Komma zu reden. Verschwiegen wurde gar nichts INTERVIEW RAINER SCHÄFER UND SVEN LINDENBLATT, FOTOS KLAUS WÄLDELE

Welches Gebot ist für Sie am schwierigsten Glauben Sie an einen Fußballgott? einzuhalten? Nein, das ist doch Quatsch. Es gibt nur ei- Puh, das ist echt schwierig. (++++) Wenn nen Gott, der für alles zuständig ist. Auch für LÜGENLEGENDE man streng nach den biblischen Geboten Fußball. Pippi Langstrumpf ++++ lebt, ist nicht mehr viel erlaubt, was Spaß Sind Sie nachtragend? Pinocchio ++++ bringt. Alkohol und Sex gehören zum Leben Nein. (++++) Bei der WM 98 war mein Va- dazu, und ich bin auch nur ein Mensch. ter Trainer von Südkorea, da haben sie ihn in Baron Münchhausen ++++ Sie könnten nicht als Mönch leben? der Zeitung fertig gemacht. Da habe ich mir Robert Hoyzer ++++ Auf gar keinen Fall! Es gibt doch so viele geschworen, dass ich keine Interviews gebe, schöne Frauen. Wenn man sich so Nacktfotos wenn ich mal Nationalspieler werde. Auch Du-Ri Cha bedeutet im Koreanischen der anguckt, diese perfekten Körper, dann kann nicht, wenn ich ein Tor schieße. Koreanische Zweitgeborene. Gibt es Namen, die Sie nicht man schon schwach werden. Journalisten fl iegen nicht mehr nach Frank- gerne hören? Entstehen da Konflikte, wenn Religion und furt, weil sie wissen, dass bei mir nichts zu DU-RI CHA Chancentod. Das musste ich Lebenslust aufeinander prallen? holen ist. Als ich Nationalspieler wurde, war mir schon in Korea und in Deutschland an- Klar, gerade wenn man mal ein Mädchen die Hölle los. „Den darf man nicht für Korea hören. Dabei habe ich vergangene Saison in kennen lernt. Sex vor der Ehe ist für manche spielen lassen“, war überall zu lesen. Das hat Frankfurt richtig gut getroffen. Christen ein Problem, da überlege ich manch- mich geschockt. Inzwischen gucke ich schon Über Ihren Vater wurden sogar Gedichte mal ein bisschen länger. (++++) gar nicht mehr im Internet danach, was die geschrieben. Eckhard Henscheid schrieb Was würden Sie gerne an sich ändern? schreiben. Ich habe einfach den Stecker aus die „Hymne auf Bum Kun Cha“, den nicht Ich komme nicht so gut klar, wenn man zu dem Computer gezogen. lange fackelnden Freund aus dem Osten. viel von mir erwartet. Ich bin kein Kahn und Hatten Sie mal Ärger mit einem Trainer? Was würden Sie gerne über sich lesen? kein Effenberg, die ihre Mannschaft führen, Mit meiner Universitätsmannschaft haben Äußerlich sieht er aus wie ein Asiate, aber ich gehe hinterher. Ich wäre gerne egoisti- wir mal gegen ein unterklassiges Team grot- innerlich ist er ein Frankfurter. Manche be- scher, um mich besser durchsetzen zu kön- tenschlecht gespielt. Anschließend hat der haupten, dass ich sogar ein bisschen hessisch nen – nicht nur im Fußball. Ich wäre auch Trainer zu mir gesagt: „Du solltest aufhören spreche, aber ich merke das gar nicht. gerne selbstbewusster, in der Gegenwart vie- mit Fußballspielen und beim Lieferservice Sie gelten als religiös. Lesen Sie in der Bibel? ler und fremder Menschen fühle ich mich Pizza ausliefern.“ Danach habe ich versucht, Jeden Abend in der koreanischen Ausgabe schnell unsicher und unwohl. mich mehr zu quälen. Da ging es zu wie beim bevor ich schlafen gehe. Immer dieselbe Stel- le. Es geht darum, dass ich keine Angst haben muss: Wenn du etwas brauchst und zu Gott betest, dann gibt er dir alles. Das wievielte von den zehn Geboten ist „Du sollst nicht lügen“? Das weiß ich jetzt nicht auswendig. Aber ich kann ganz schlecht damit leben, wenn ich gelogen habe. Lügen belasten mich enorm. Haben Sie schon einmal gestohlen? Meiner älteren Schwester Hanna habe ich mal fünf Mark geklaut, bin direkt zum Kiosk gegangen und habe mir dafür Panini-Fußball- bilder gekauft – es gab richtig viele für das Geld. An dem Abend war ich fast tot, meine Mutter hat mich mit Hanna durch die ganze Großer Feind der Unwahrheit: Dem RUND-Lügendetektor bleibt Wohnung gejagt. keine Flunkerei der Fußballprofis verborgen

RUND 69

rrund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseiteund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseite 6969 006.10.20056.10.2005 21:03:2121:03:21 UhrUhr IM ABSEITS Lügendetektor

Militär, das war nicht normal. Wir haben Ohr- feigen und Schlä ge bekommen, wenn wir nicht schnell genug gelaufen sind. Sie sind doch sehr schnell. Das Problem ist, dass Fußball ein Teamsport ist. Ich war oft der Schnellste, aber wenn der Letzte in meiner Gruppe zu langsam war, ha- ben alle Schläge gekriegt. Haben Sie irgendwelche Macken? Nicht, dass ich wüsste. (++++) Ich rasiere immer meine Haare ab, einen Tag vor dem Spiel. Wenn wir im Hotel sind, rasiere ich mir den Kopf kahl. Ist Bartwuchs lästig oder männlich? Ich hätte gerne einen richtig starken Bart- wuchs, dann würde ich mir einen HipHop- Bart stehen lassen. Aber bei mir wachsen auf der Oberlippe leider nur an den Seiten ein paar Haare und in der Mitte gar nichts. Die anderen lachen mich aus, wenn ich mich ra- siere, aber wenn ich das stehen lasse, sieht das richtig ekelhaft aus. Sie sind eitel? Hmm, nicht so. (++++) Okay, ist ja gut. Als ich Nationalspieler geworden bin, wurden vie- le Fotos von mir gemacht, da guckt man schon öfter in den Spiegel. Aber jetzt nicht mehr. Haben Sie Angst vor Krankheiten? Ja, wenn sie wehtun wie Krebs. Ich kann Schmerzen nicht so gut aushalten. Ich bin nicht so der harte Typ. Wann werden Sie aggressiv? Wenn Leute schlecht über meinen Vater re- Schweiß auf der Stirn: Du-Ri Cha liest jeden Abend in der Bibel, den. Das überrascht mich manchmal selbst. kann aber dem Liebreiz schöner Frauen schlecht widerstehen Vielleicht liebe ich meinen Vater zu sehr? Er ist alles für mich. Gibt es Helden, die Sie bewundern? Meinen Vater. Als er 1978 nach Darmstadt Sind Sie faul? Was machen Sie, wenn Sie einen Monat über kam, haben erst mal alle gesagt: Jetzt kommt Nein. (++++) Ich gehe nicht gerne einkau- die Welt regieren könnten? das Schlitzauge und will ausgerechnet mit fen. Oft ist der Kühlschrank leer und ich Ich würde durchdrehen als Politiker, da will uns Fußball spielen. Er ist mit einer Tasche möchte noch Pudding oder Joghurt essen. Ich jeder etwas von dir. Ich bin doch nicht Super- angekommen, in einer Aldi-Tüte waren seine zögere das so lange hinaus, bis es nicht mehr man. Wenn ich so viel Macht hätte, würde Fußballschuhe drin. Er konnte sich nicht ver- anders geht. Dann kaufe ich tütenweise ein. ich die sofort an jemand anderen abgeben. ständigen und hat sich trotzdem durchge- Wie äußert sich Übermut bei Ihnen? setzt. Dafür bewundere ich ihn. Dann fange ich an zu reden. Dann rede ich Wie kommen Sie im Haushalt zurecht? mit allen, sogar mit Menschen, in deren Ge- FAZIT DES TESTS: Wäsche waschen habe ich drauf. Ich habe genwart ich mich sonst unwohl fühle. Um von Du-Ri Cha die volle Wahrheit zu erfah- zehn Jahre lang in Korea die Trikots der äl- Wenn Sie gesellig sind, tanzen Sie dann? ren, muss man ihn nicht an den Lügendetektor teren Spieler gewaschen, sogar von Hand. Ich kann überhaupt nicht tanzen. Das muss anschließen. Der in Hessen und Seoul aufge- Putzen und Kochen habe ich auch lange ge- ziemlich übel aussehen. Ich wurde schon öf- wachsene Stürmer mit Hang zu christlichen macht, darauf habe ich jetzt aber keine Lust ter aufgefordert, damit aufzuhören und mich Werten steht mit Lügen mächtig auf Kriegsfuß, mehr. (++++) wieder hinzusetzen. allein zu seiner latent ausgeprägten Eitelkeit Sie können kochen? Was würden Sie gerne ausprobieren, wenn möchte er sich nicht bekennen. Aber das Gerät Ja. (++++) Also mir schmeckt es, auffällig Sie etwas Unerlaubtes machen dürften? der Wahrheit lockert dem als notorisch schweig- ist aber schon, dass die anderen ihre Teller Ich würde einen Lamborghini klauen und sam geltenden Südkoreaner die Zunge: Du-Ri nicht leer essen. den ganzen Tag damit herumfahren. Cha redete, dass es eine Freude war.

RUND 70

rrund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseiteund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseite 7070 006.10.20056.10.2005 21:03:2721:03:27 UhrUhr IM ABSEITS Was wäre wenn …

DIE KAISERSLAUTERN-REGEL: DER AUFSTIEG ZÄHLT Wenn es nicht so läuft im eigenen Team, darf ein Fan schon einmal träumen. Eine kleine Änderung der Regeln, und schon steht der Lieblingsklub viel besser da. Niels Müller hat da eine Anregung für den DFB, wie der 1. FC KAISERSLAUTERN am Ende der Saison weiter oben in der Tabelle landet

Da ruft sie nun also, die Fee, die einem drei Wünsche gewährt. Richtung Stadion begeben. Unsere Spieler fahren mit dem Mann- Dabei habe ich nur einen. Dass ER bleibt. Weil wir in Kaiserslautern schaftsbus oder der dicken Karre an uns vorbei. Wir hingegen haben ja seit einiger Zeit nicht mehr ganz so viel Spaß an unserem Verein nach sieben Jahren Dauerkartenbesitz Knieprobleme und andere Ge- und den Leistungen unserer Spieler haben, ist Halil Altintop endlich lenkschäden. Das ist leider ein Nachteil am Betzenberg. Nicht dass wir wieder ein Lichtblick in Rot. Manche sagen: der einzige seit Jahren. nicht stolz darauf wären, dass unsere Heimstätte mitten in der Stadt, Also: ER möge bleiben! Doch, oh weh, das garstige Zauberweib schüt- im Wohngebiet liegt und nicht auf irgendeiner ehemaligen Mülldepo- telt den Kopf. Gegen die Kräfte des Marktes sei auch sie machtlos. Au- nie; oder dass bei uns mit dem Stadionnamen dem größten Fußballer ßerdem könne man dem sympathischen Mann nicht zumuten, in so des Vereins gedacht wird statt einer Versicherungsanstalt oder Brau- einer Mannschaft … auch als Fee sei man schließlich kein Unmensch erei. Doch wie gesagt: Die Aufstiege hoch auf den Betzenberg gehö- … Sorry, aber dafür müsse man sich wohl eine andere Fee suchen. ren wirklich nicht zu den größten Freuden des Wochenendes. Schon Doch immerhin konnte ich noch eine uns genehme Regeländerung gar nicht, seit die harmlosesten Teufel seit Erfi ndung der Hölle ihre durchsetzen: In Höhenluft erzielte Tore zählen ab jetzt doppelt. jahrelang gefürchtete Heimstärke verloren haben und Gegner wie Schließlich werden wir FCK-Fans zweifach geprügelt: vor und wäh- Hannover oder Mainz die Punkte mitnehmen. Also: Da unse re Jungs rend des Spiels. Das ist einmal mehr als andere Anhänger unseliger 17-mal pro Saison in der dünnen Höhenluft vor sich hinhecheln müs- Vereine und mithin unfair. Denn in keiner Stadt, in der Bundesliga sen, die Konkurrenz aber nur einmal, zählen ab jetzt alle Lauterer gespielt wird, müssen sich die Anhänger auf einen derart steilen Weg Heimspieltore doppelt. So schaffen wir sogar den Klassenerhalt.

Fans mit Ideen, mit welcher Regeländerung ihr Klub besser dastünde, wenden sich mit ihrem Vorschlag bitte an: [email protected]

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rrund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseiteund11_068_071_Luegend_Cha_Fanseite 7171 006.10.20056.10.2005 21:03:3021:03:30 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

DAS GEHEIMNIS DER HALME VON EBERHARD SCHADE, FOTOS CHRISTIAN JUNGEBLODT

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rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen 7272 005.10.20055.10.2005 22:52:3222:52:32 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

Nichts wird derzeit so geheim gehalten, WIE DER ORT, AN DEM DER RASEN FÜR DIE WELTMEISTERSCHAFT 2006 BEREITS SEIT MONATEN WÄCHST. Ein RUND- Reporterteam hat sich dennoch auf die Suche nach der Spielwiese der Superstars gemacht. Ein echter Rasenkrimi, der in einem Osnabrücker Labor beginnt UND TIEF IN DER NIEDERLÄNDISCHEN PROVINZ ENDET

Alle Spuren sind beseitigt. Die durchsichtigen Säcke mit den kleinen ret“, sagt er nur. Schließlich muss er nachher dafür geradestehen, Etiketten, auf denen die Abkürzungen großer deutscher Fußballare- wenn dem jungen Gras bis zur WM etwas zustößt. nen stehen: weg. Genauso die Kurven, die ausgedruckt an der Wand Lehmacher ist Westfale, durch und durch. Anfangs ein bisschen hingen und die genau zeigen, welche Korngröße der Sandboden un- stur, redet er jetzt gern und viel. Erzählt von Korngrößenverteilung, ter dem Grün hat. Die eine Linie ergeben, so exakt wie der Fingerab- Schlämmanalysen, Porenvolumenmessungen. Trockener Boden, tro- druck eines Menschen. Auch sie: nicht mehr da. Frau Schulz, die ckene Materie. Trotzdem dranbleiben, weiterfragen. Bis er schließ- rechte Hand von Engelbert Lehmacher, hat aufgeräumt lich erlaubt, den Züchter zu treffen. Ausnahmsweise. Um dabei zu Der resoluten Mitfünfzigerin ist der ganze Wirbel um ihren Chef sein, wenn im Stadion neuer Rasen nach Stoppuhr verlegt, die ganze suspekt. Sie hat versucht, den Besuch der Journalisten abzublocken. Logistik getestet wird. Gleich morgen. Treffpunkt: Rheinenergiesta- Höfl ich, aber bestimmt. Doch nun sind sie da. Und alles nur, weil dion Köln, Süd-Ost-Eingang. Lehmacher seit Herbst letzten Jahres im „Rasenkompetenzteam“ „Gehen Sie einfach rein, als gehören sie zur Kolonne des Züchters“, sitzt. Und zusammen mit einem Kollegen über Saatgut, Saatfl ächen, sagt Thomas Roth, der Kölner Headgreenkeeper am Handy. „Dann Ernte und das anschließende Verlegen der Rasenrollen in allen Sta- merkt die Security nichts.“ Minuten später sind wir drin, wenn auch dien der Fußball-WM wacht. In Insiderkreisen wird er deshalb längst beinahe überfahren von einem holländischen Gabelstapler. Der holt „der Rasenpapst“ genannt. 14 Meter lange Rollrasenstücke von einem Sattelschlepper, legt sie an Das Labor des Landschaftsarchitekten ist nicht viel größer als der den Längsrand des Spielfelds. Dort übernimmt ein Trecker. Holt je- Fünfmeterraum. Drinnen: ein gekacheltes Spülbecken, ein Ofen mit weils eine Sode zur Verlegemaschine. Die rollt sie dann ab wie einen Porzellanschälchen, stapelweise messingfarbene Dosen mit Siebbö- Teppichboden. Bahn für Bahn – bis der Platz fertig ist. Wir knien nie- den. Mehr braucht Lehmacher nicht. „Wir waschen den Boden, wie- der, wollen wissen, wie sich das Mini-WM-Gras anfühlt, als plötzlich gen ihn, und können dann sagen, wie viel Sand, Schluff oder Kies un- eine vertraute Stimme jede Hoffnung, wir könnten bereits am Ziel tergemischt werden muss, damit er der WM-Norm entspricht.“ sein, zerstört. „Nein, nein. Das ist nicht die WM-Mischung“, sagt En- Diesmal nämlich soll er in allen Stadien exakt gleich hart oder weich gelbert Lehmacher und verschwindet in den Katakomben. sein, bevor der heilige Rasen draufgewalzt wird. Ausgesät ist der Eine Stunde später haben wir ihn wieder. Zusammen mit Roth längst. Wo? Nein, das könne Lehmacher nicht verraten. „Ist top sec- sitzt er in einer verglasten VIP-Loge über der Osttribüne, Roths Büro.

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rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen 7373 005.10.20055.10.2005 22:52:3722:52:37 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

GRASHALMA UND RASENSCHACH: „WIR WASCHEN DEN BODEN, WIEGEN IHN UND KÖNNEN DANN SAGEN, WIE VIEL SAND, SCHLUFF ODER KIES UNTERGEMISCHT WERDEN MUSS, DAMIT ER DER WM-NORM ENTSPRICHT“, SAGT RASENPAPST ENGELBERT LEHMACHER (UNTEN LINKS)

„IST EBEN ALLES TOP SECRET“: ENGELBERT LEHMACHER UND SEINE MITARBEITER KÜMMERN SICH BEREITS SEIT MONATEN UM DAS GRÜN, AUF DAS IN ACHT MONATEN DIE GANZE WELT BLICKEN WIRD

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rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen 7474 005.10.20055.10.2005 22:52:3822:52:38 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

Die Tür ist angelehnt. Als der Greenkeeper uns sieht, zieht er sie ins Schloss. „Ist eben alles top secret“, sagt auch er später in breitem Rhei- nisch. „Wir haben einfach Angst, dass irgendwelche Leute den Rasen klauen, bösartig sind, da was draufspritzen.“ Roth weiß, wovon er spricht. Hat schon öfters erlebt, dass morgens ein paar Stücke Rasen weg sind. Selbst hier, im geschlossenen Stadion. „Was Rasen angeht“, sagt er, „sind die Leute ein bisschen verrückt.“ Nur, warum? Die botanische Formel steht fest: 75 Prozent Wiesen- rispe (Poa pratensis), 25 Prozent Weidelgras (Lolium perenne). „Ein festes, dichtes und kurz geschnittenes Gras, auf dem der Ball gut lau- fen kann“, beschreibt Lehmacher selbst etwas nüchtern die so wich- tige WM-Mischung. Will man das Ergebnis aber sehen, vielleicht ein- mal anfassen, be nehmen sich erwachsene Männer plötzlich wie kleine Jungs, die einen Schatz hüten. Bleibt der dritte Mann. John Hendriks, der Züchter. Er arbeitet weiter im Stadion, steht die ganze Zeit auf einer seiner Maschinen, macht nur kurz Pause. „Von mir aus“, sagt er und zuckt mit den Schul- tern, „gucken Sie sich meinen Betrieb an.“ Und nuschelt uns die Adresse in den Block: „Heythuysen. Caluna 17.“ Zwei Stunden später, 16 Kilometer hinter der holländischen Grenze. A 67, Abfahrt Helden. Vorbei an Maisfeldern, Bonsai-Baumschulen und Ponyweiden. Hier liegt Heythuysen, Heimat des WM-Rasens. Der erste Eindruck: ge- pfl egt. Sauber gestutzte Rosenbüsche zwischen Straße und Radweg, PALETTENWEISE WM-RASEN VON DER ROLLE: SATTES GRÜN IST, WENN MAN ES VON akkurat geschnittene Rasenkanten in den Vorgärten. Gleich rechts, UNTEN BETRACHTET, GANZ SCHÖN SCHWARZ hinterm Ortseingang, die Firma Vohamij Landmaschinen. „Guten Tag, sprechen Sie Deutsch?“ „Ja, ein bisschen.“ Weiterfahren, bis auf der linken Seite ein fl acher Klinkerbau zu se- „Wir suchen einen großen Rasenzüchter hier.“ hen ist. Davor wieder ein Schild: „Hendriks Graszoden Groep – Natu- „Was ist das, ein Züchter?“ ral Grass Solutions“. Auf dem Parkplatz: der schwarze Jeep von vor- „Der hat überall Gras.“ hin, sonst niemand. Es ist still, fast andächtig. Die Tür zum Büro: „Ahh, Hendriks!“, sagt der Mann und zeigt auf einen schwarzen Jeep, abgeschlossen. Drinnen, vor den Fenstern, hängen Lamellenvorhän- de gerade vom Parkplatz fährt. „Wenn Sie sich beeilen, kriegen sie ihn ge. Sie sind zugezogen. Dahinter brennt noch Licht. Wir klopfen. Kei- noch.“ Am zweiten Kreisverkehr hat uns Thys Hendriks abgeschüt- ne Antwort. Plötzlich fährt ein weißer Mercedes-Transporter auf den telt. Vielleicht hat John, sein Bruder, ihn gewarnt. Will doch nicht, Hof, in die Maschinenhalle hinterm Büro. Zwei Türen werden zuge- dass wir kommen. schlagen. Sekunden später steht John Hendriks vor uns. Viel Zeit hat Weiter auf der N279 Richtung Norden. Stopp in Roggel, im Café er nicht, sagt er. Ein bisschen aber will er uns erzählen. Gleich mor- am Marktplatz. Davor steht das Denkmal des Sensenmachers. Gras gen früh um sieben, bevor er wieder nach Köln muss. Wir fragen, ob schneiden, soviel steht fest, hat in der Gegend Tradition. Wo es aber wir uns auf dem schönen Feld am Caluna-Schild treffen wollen?“ wächst, das wollen wir endlich wissen. „Ganz einfach“, sagt die Bedie- Hendriks zögert, druckst rum. Sagt dann nur: „Nej, nej, lieber hier im nung, „nach vier Kilometern gleich hinter der Tankstelle links.“ Büro.“ Mehr sagt er jetzt nicht. Eine unscheinbare Stichstraße. „An der Heidebloem“ steht auf dem Schild, darunter die Hausnummern 1-5-7-9-24-26. Mehr steht da „MACHST DU ALLES RICHTIG, DANN KANNST DU nicht. Kein Caluna, keine 17. Wir biegen dennoch ab. Fahren weiter Richtung Westen, direkt in den Sonnenuntergang. Nach 200 Metern: ES NACH 15 MONATEN SKALPIEREN“ JOHN HENDRIKS endlich Rasen. Fest, dicht, kurz geschnitten. Eine Fläche von mindes- tens fünf, sechs Fußballfeldern. Der hintere Teil wird gerade ge- Dafür am Morgen. Da erzählt er, wie er mit seinen Brüdern ange- sprengt, vorne fährt ein umgebauter Mähdrescher mit riesigen Bürs- fangen hat. Vor 30 Jahren. Mit fünf Hektar Land, 1000 Mastschwei- ten aufs Feld, hinterlässt gleichmäßige, vertikale Streifen. An einer nen, 100 Kühen, den ersten Grasversuchen. Heute hat Hendriks nur Ecke: ein Schild mit der Aufschrift „Caluna“. Das muss er sein, den- noch Rasen, insgesamt 300 Hektar. Seine Züchtungen liegen in über ken wir. Das muss zumindest Fußballrasen sein. 40 Stadien und Arenen auf der ganzen Welt. „Mit Gras ist das wie mit

RUND 75

rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen 7575 005.10.20055.10.2005 22:52:5022:52:50 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

einem Baby“, sagt er, „anfangs musst du es hätscheln und pfl egen. Später ist es dann robuster, hat mehr Wurzeln und Halme. Machst du alles richtig, kannst du es nach 15 Monaten skalpieren.“ Wir sitzen in einem nüchternen Aufenthaltsraum, im Rücken eine Küchenzeile mit Kaffeemaschine, eine Pinnwand. Die Atmosphäre ist locker, wirklich weiter bringt uns das nicht. Hendriks blickt auf die Uhr, wir bitten schnell noch um einen Rundgang. Er nickt, holt Will, einen seiner Brüder. Der zeigt uns die Maschinen, die den Rasen bürs- ten, saugen und sprengen. Führt uns über die riesigen grünen Flächen um das Büro herum. Verrät aber nichts. Überhaupt ist er still. Spricht nur, wenn er gefragt wird. Will zeigt uns auch die Werkstatt, in der ein Prototyp der Erntemaschine für den WM-Rasen aufgebockt ist. Fo- tografi eren verboten. „Wenn die fertig ist, wisst ihr Deutschen, warum wir den Auftrag gekriegt haben“, sagt Will und versucht sich an einem Lächeln. Zum Abschluss führt er uns noch ins Saatgutlager, einen al- ten, umgebauten Schweinestall. Auch hier: keine Spuren. „Die lee- ren Säcke der WM-Mischung haben wir längst verbrannt.“ Alle Spu- ren verwischt, alle Beteiligten verschworen. Einen Kaffee noch und dann nichts wie weg von hier. Zurück im Aufenthaltsraum, ist John nicht mehr da, Will muss ans Telefon. Wir stehen frustriert vor der Kaffeemaschine. Diesmal mit KOPIEN VON LUFTAUFNAHMEN: DIE HOLLÄNDISCHEN BRÜDER JOHN (LINKS) UND dem Gesicht zur Pinnwand. Als unser Blick auf Kopien von Luftauf- WILL HENDRIKS SIND MÄCHTIG STOLZ DARAUF, DIE WM-HALME ZU BETREUEN, nahmen fällt. Zu erkennen sind eigentlich nur ein paar Straßen, die WOLLTEN ABER NICHTS VERRATEN Namen umliegender Höfe und ein paar Kreuze dort, wo früher Klös- ter und Kirchen waren. Und lauter rechteckige, farbig schraffi erte Felder. Hellgrün, dunkelgrün, hellgelb. Mit kleinen, sehr kleinen Zahlen und Buchstaben. Kaum lesbar. WL41/2006/SportWM90/10 steht auf einem, WL42/2006/SportWM90/10 auf einem angrenzen- den. Den Weg dorthin brennen wir uns ins Kurzzeitgedächtnis.

„SIE SOLLTEN MAL SEHEN, WIE DER VERHÄT- SCHELT WIRD. GEDUSCHT, GEFÖHNT“ THEI BOONE

Die erste Stichstraße links, dann schräg rechts, vorbei an einem langen Gewächshausblock. Ziemlich schnell merken wir, dass wir nur einen Steinwurf von dem Feld entfernt sind, auf dem sich John Hen- driks partout nicht mit uns treffen wollte. Jetzt wissen wir, warum. Vor uns liegt ein verlassener Hof. Nur eine Hand voll Saisonarbeiter ist im Feld, um Fincasträuche einzutopfen. Daneben, ein kleines, ein- gezäuntes Gehege mit einem Rudel Dammwild, vier Hühnern. Da, in- mitten dieser Idylle, liegt der WM-Rasen. Oder zumindest ein Teil da- von. Eingerahmt noch von Eichenwald und einer Wiese mit ganz profanem Gras. Nicht mal ein Zaun ist drum herum. „Klar ist er das“, sagt Thei Boone, Chef des Großhandels nebenan, der von seinem Schreibtisch jeden Tag auf den heiligen Rasen guckt. „Sie sollten mal sehen, wie der verhätschelt wird. Geduscht, geföhnt, mit feinem Sand trockengelegt.“ „Ja, fast wie ein Baby“, sagen wir. Knien draußen noch einmal nie- der. Streichen über die Halme. Und gehen.

RUND 76

rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen Abs1:76Abs1:76 005.10.20055.10.2005 22:52:5422:52:54 UhrUhr IM ABSEITS Rasenkavaliere

DIE LÖSUNG DES FALLS: WAS UNSCHEINBAR WIRKT, WIRD SCHON BALD DIE FUSSBALLWELT VERÄNDERN. DER WM-RASEN WÄCHST IN DER HOLLÄNDISCHEN IDYLLE AUF

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rrund11_072_077_WM-Rasenund11_072_077_WM-Rasen Abs1:77Abs1:77 005.10.20055.10.2005 22:53:0122:53:01 UhrUhr IM ABSEITS Puppenspieler

DER PENNER DER KUSCHELTIERE

KLAUS KUCHHEUSER lebt auf der Straße, seit vier Jahrzehnten. Der 54-Jährige verkauft Plüschtiere, die Menschen ihm schenken. Und er ist durch und durch Fan von Borussia Dortmund, auch wenn

er seit zwölf Jahren nicht mehr ins Westfalenstadion gehen konnte VON OLIVER LÜCK, FOTOS PAPU PRAMOD MONDHE

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rrund11_078_079_kuchheuser_bvbund11_078_079_kuchheuser_bvb 7878 006.10.20056.10.2005 21:07:3421:07:34 UhrUhr IM ABSEITS Puppenspieler

Die Stoffpuppen und Plüschtiere sprechen mit ihm. Sie kennen viele Geschichten. Alle haben sie ihre eigene. Es sind die Geschich- ten seines Lebens. Und sie erzählen sie ihm immer wieder. „Sie sind meine Familie“, sagt der Mann mit dem grauen Bart und den lie- ben Augen, „ich kotze mich auch bei denen aus, wenn es mir schlecht geht.“ Die, die eine besondere Geschichte zu erzählen wissen, wird er nie hergeben. Den kleinen Bären mit dem Herzen und dem Aufdruck „I’m Yours“ zum Beispiel, der von einer Reise ans andere Ende Europas und dem türkischen Mädchen weiß, das wie eine Prinzessin aussah. Die kleine hässliche Ente, die seit über zwanzig Jahren bei ihm ist, die ihn an Süditalien und an einige Tage bei der sizilianischen Mafi a er- innert. Oder der große braune Elch mit dem knalliggelben Geweih, der meist ganz vorne auf dem Lenker seines Fahrrads sitzt und aus einem dänischen Dorf gleich hinter der Gren- ze kommt, wo er einst im Büro des Bürger- meisters saß. „Hinter jeder dieser Stoffpup- pen steckt ein Mensch, dem ich irgendwann Klaus Kuchheuser inmitten seiner Familie: „Hinter jeder Stoffpuppe einmal begegnet bin“, sagt er. steckt ein Mensch, dem ich begegnet bin“ Viele, die Klaus Kuchheuser zum zweiten Mal begegnen, nennen ihn den „Penner der Kuscheltiere“. Er lebt auf der Straße, seit 40 Jahren, und er besitzt nicht viel mehr als sein perverletzung und Diebstahl ins Gefängnis, paar Mark übrig hatten, besuchten sie ge- Fahrrad und einen Anhänger voller Schmuse- für insgesamt 16 Jahre. Dreimal versuchte er meinsam im Westfalenstadion die Spiele der tiere. Rund 250 begleiten ihn immer. Und sich das Leben zu nehmen, zweimal wurde er Dortmunder Borussia. Kuchheuser ist in Her- täglich bekommt er neue geschenkt, von in die Psychiatrie eingeliefert. Im Vollrausch ne geboren. „Seit ich laufen kann, bin ich Menschen, die durch den bunten Berg auf fügte er sich mit Messern und einer Axt BVB-Fan.“ Nur selten verpasst er ein Spiel seinem Hänger angelockt werden. Regelmä- Schnitte am ganzen Körper zu. Das letzte der Borussia. Samstags am Radio. Im Westfa- ßig reißen Autofahrer die Glücksbringer von Mal wollte er vor neun Jahren „Schluss ma- lenstadion war er schon seit fast zwölf Jahren ihren Rückspiegeln und schmeißen sie ihm chen“, wie er es nennt. Er hielt sich eine alte nicht mehr. „Eintrittskarten kann man nicht hinterher. Sogar Kinder trennen sich bereit- Militärpistole an die Schläfe und drückte ab. essen“, sagt er. Ins Stadion wird er wohl auch willig von ihren Lieblingen. Kuchheuser lebt Kein Schuss löste sich. Als er aber nach vor- nicht mehr gehen, weil er nicht mehr so ger- davon, dass er seine bunten Begleiter wei- ne zielte, funktionierte die Waffe wieder. Er ne unter Menschen ist. Viel lieber feuert er terverkauft. Sicher 20.000 Stück, schätzt er, schoss das gesamte Magazin leer. „Gott oder seinen Klub allein am Radio an. „Wenn ich seien bereits durch seine Hände gegangen. der Teufel wollten mich noch nicht“, sagt er Fußball höre, mache ich es mir so richtig ge- Jedes gilt für ihn als kleiner Triumph, als Be- leise, als wolle er nicht, dass es jemand hört. mütlich und trinke ein Bier dazu“, erzählt er, stätigung für seine Art zu leben. Irgendwann Oft hat er noch an Selbstmord gedacht, es „ohne Bier bringt Fußball überhaupt nichts.“ habe er aufgehört, sich zu fragen, warum ge- aber nicht mehr gewagt. Noch immer hört er Seine Erinnerungen an den letzten Stadi- rade er dieses Leben abbekommen hatte. „Ich manchmal im Traum den Hall der Schüsse. onbesuch sind trotz vieler Biere noch ganz bin frei und zufrieden“, sagt der 54-Jährige al- Er trinkt aber nicht mehr so viel wie früher deutlich: „Es war Anfang Dezember in der lerdings auffällig häufi g. Es ist, als wolle er und fühlt sich stabiler. Saison 93/94, unter Flutlicht, Derby gegen mit seinen Wiederholungen die Wahrheit Der schwarz-gelbe Teddy mit der Mütze Schalke, natürlich ausverkauft. Bis kurz vor und vor allem sich selbst überzeugen. und dem Fanschal erzählt ihm oft die trau- Schluss haben wir hinten gelegen, dann kam Hinter der bunten Fassade aus Plüsch ist rige Geschichte seines besten Freundes, der der Auftritt von . Ein un- das Leben des Klaus Kuchheuser noch nie ku- an einer Überdosis Heroin in seinen Armen glaubliches Solo, drin war er. 1:1-Endstand. schelig gewesen. Eine Familie hatte er nie. starb. 17 Jahre ist das her. Trotz dieser Erinne- Mann, waren wir besoffen.“ Gesoffen wurde Als er ein Jahr alt war, brachten ihn seine El- rungen werde er den Bären behalten, „den viel im Leben des Klaus Kuchheuser. „Davon tern ins Heim. Mit 14 haute er ab. Immer nehme ich mit ins Grab, er kennt ja auch kommt man nie ganz weg“, sagt er, „es ist ge- wieder kam er wegen Landstreicherei, Kör- schöne Geschichten“. Immer wenn sie ein nau wie mit der Borussia.“

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rrund11_078_079_kuchheuser_bvbund11_078_079_kuchheuser_bvb 7979 006.10.20056.10.2005 21:07:4021:07:40 UhrUhr IM ABSEITS Sprechstunde

Hautnah am Star: Dr. Stavermann (mitte) hat bei Profifußballern wie Heinz Müller (rechts) ein ideales Milieu für Fußpilz entdeckt

„INTIMRASUR IST MODE“ Die Haut der Leistungssportler muss viel aushalten. Der Berliner Schadet das Rasieren der Haut sogar? DERMATOLOGE Dr. Thomas Stavermann über Fußpilzrisiko, das Ozonloch Haare haben stets Schutzfunktion, auch das Schamhaar. Jede Rasur ist erst einmal eine im Profi fußball und den sportlichen Wert der Ganzkörperrasur Reizung der Haut. Und die Gefahr von klei- INTERVIEW PETER AHRENS, FOTOS MATTHIAS KOSLIK, KLAUS MERZ nen Verletzungen und Eindringen von In- fektionen in die Haut, gerade wenn man viel schwitzt, wächst. Bei einer anderen Mode der Profi s wird diese Schutzfunktion, ob bewusst DR. THOMAS STAVERMANN An sich hät- Schu hen herumlaufen. Da können dann auch oder nicht, interessanterweise total ernst ge- te ich fürs Interview ja ein Schalke-Trikot an- Hightechsocken nicht gegen an. Wenn man nommen. Wenn sich Ballack oder Pizarro die ziehen müssen. Lederschuhe ohne Socken trägt wie Sie, dann Haare gelen, dann bedeutet das auch einen Das Trikot des Vereins, bei dem 80 Prozent der ist das übrigens auch nicht gut. Schutz der Haare vor Sonnenbelastung. Die- Spieler Fußpilz haben, wie eine Studie der Haut- Hmm. Gehen wir mal weg von den Füßen. se Kahlkopfmode unter Fußballprofi s dage- kliniken Bochum und Recklinghausen ergab. Was ist mit dem ständigen Duschen? Nach gen – die werden in 20 bis 30 Jahren sonnen- Das traf nicht nur die Schalker, die Dortmun- jedem Training, täglich. bedingte Schädigungen haben. der auch. Eigentlich kann eine Haut so etwas nicht Das Ozonloch als Thema im Profifußball? Fußpilz scheint ein echtes Problem für die tolerieren. Aber die Profi s haben mittlerwei- Die Sonnenbelastung in den Sommermona- Fußballer zu sein. le entsprechende Beratung. Darüber, welche ten ist erheblich. Die Spieler werden schon Sicherlich. Das sind Infektionen, gefördert Duschlotionen sie verwenden sollen. Mit sehen, was sie davon haben, wenn sie jetzt durch Duschen oder starkes Schwitzen in möglichst geringem Alkohol- und Duftstoffge- ständig kahlköpfi g durch die Gegend fl itzen. Schuhen. Dadurch weicht die Haut auf – ein halt. Alkohol greift den Fettfi lm der Haut an. Was wir jetzt aus Australien im Tennis ken- ideales Milieu für Pilze. Wir stellen zudem Was hat es damit auf sich, dass viele Profis nen, dass Schiedsrichter nur mit Kopfbede- fest, dass Fußballer verstärkt Nagelpilz ha- sich die Beine und womöglich noch woanders ckungen arbeiten dürfen, wird auch die Fuß- ben. Wenn die Nägel durch dauernde sportli- rasieren? Manche glauben, dass sie damit baller bald betreffen. Besonders bei diesen che Belastungen gestört werden, lässt der schneller sind. Intimrasur – bringt das was? Transfers, wenn auf einmal ein Blassgesicht Schutz vor Außeneinfl üssen nach. Dann kön- Das ist doch Blödsinn. Einen sportlichen aus Skandinavien in Italien spielt. nen sich Pilze in der Nagelplatte vermehren. Wert oder gar einen Spurtvorteil gibt es nicht. Kamerun ist ja mal in diesen engen Ein- Ex-Hertha-Profi Alex Alves musste gar Das ist einfach ein Trend: Junge Männer ra- teilern aufgelaufen. Müssten Fußballer mal wegen Fußpilzes unters Messer. Hat ihm sieren sich heute gern die Körperhaare. Auch aus medizinischer Sicht nicht am besten allerdings nur Spott eingebracht. mit Hygiene hat das nichts zu tun. Wenn Fuß- im Ganzkörpertrikot spielen? Zu Unrecht. Wenn Sie einen echten Nagel- baller sagen, sie tun das aus sportlichen Grün- Im Sommer sollten sie unbedingt mehr an- pilz haben und die Nagelplatte ins Bett ein- den, dann ist das nur eine Alibibehauptung. haben. Bei Fußballern würde ich Kleidung wächst, haben Sie eine dauerhafte Infektion. Das hat in Wirklichkeit wohl mehr mit den nie verringern. Vernünftig Fußball spielen geht damit nicht. Wünschen der Freundin zu tun als mit sport- FIFA-Chef Blatter hat für knappere Kleidung Und daran ändern moderne Schuhe nichts? lichen Motiven. Das ist nicht mehr als eine im Frauenfußball plädiert. Nein, wie sollten sie? Bedenken Sie, dass die Mode, die von jungen Frauen auf junge Män- Das ist Sexismus pur. Blatter und Becken- Fußballer acht Stunden am Tag in diesen ner übergeschwappt ist. bauer – die tun sich da besonders hervor.<

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rrund11_080_081_Dermatologe_Puppenund11_080_081_Dermatologe_Puppen 8080 006.10.20056.10.2005 12:07:4312:07:43 UhrUhr IM ABSEITS Spiel mit Puppen

Goldener Handschuh Dieses Mal in der grandiosen RUND-Puppen-Story: DER TANZ AUF DEM VULKAN – wie sich und Gianluigi Buffon in der Torwartdisco duellieren FOTOS STEPHAN PFLUG Monat für Monat erleben unsere runden Superhelden die unglaublichsten, wahnwitzigsten Abenteuer des Alltags Freitagabend – in die Torwartdisco „Zum Goldenen Handschuh“ kommen nur gute Torleute und tolle Olli swingt so gut, Mädchen rein. Olli er ist mein Favorit! Buffi gewinnt!! und Buffi bringen sich bereits mit einigen Tanzpa- raden in Schwung: Schade, dass Timo heute nicht da ist …

Vulkahn!!! Beide sind super, das Das Kahnbein-Ballett: Der Jackson-Griff: wird echt spannend!!! YEAH! Der Breakdancer: Der Yogatiefflug: 1:1 2:2 2:1 1:0

Als Olli die Discokugel Beide sind wieder die pariert, bleibt es beim 2:2. Besten – und das Ende Ob er seine Hand- ist nur noch Engtanz: schuhe auch nicht ausziehen kann!?

Im nächsten Heft:

Roy Makaayvan Nistelrooy und Ruud im Campingurlaub Wir danken der Firma Revell für die freundliche Bereitstellung der Kick-O-Mania-Puppen.

RUND 81

rrund11_080_081_Dermatologe_Puppenund11_080_081_Dermatologe_Puppen 8181 006.10.20056.10.2005 21:56:3821:56:38 UhrUhr rrund11_083_084_postkarte 2 u n d 1 1 _ 0 8 3 _ 0

8 POSTKARTEN ABTRENNEN, VERSENDEN UND FREUDE BEREITEN! 4 _ p o s t k a r t e

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5 0 0 2 . 0 1 . 6 „Der Kopf denkt, der Fuß versenkt.“ „Für mich gibt es nur 006.10.2005 21:03:27 Uhr GÜNTER NETZER ‚entweder – oder‘. Also entweder voll oder ganz.“ TONI POLSTER

RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN

www.rund-magazin.de www.rund-magazin.de FOTO ELIAS HASSOS

„Wer nur den Ball sieht, sieht nichts.“ „Im echten Manne ist NELSON RODRIGUES ein Kind versteckt: Das will spielen.“ FRIEDRICH NIETZSCHE 3

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RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN RUND > DAS FUSSBALLMAGAZIN 1 d n FOTO SEBASTIAN VOLLMERT FOTO SEBASTIAN www.rund-magazin.de C/O WALDMANNSOLAR.COM FOTO DIRK FELLENBERG www.rund-magazin.de u rrund11_083_084_postkarte 3 IM ABSEITS Patsches Patzer

DER ZWEITLIGAPROFI NICO PATSCHINSKI WEISS, WOVON ER SCHREIBT: AUTOWÄSCHE IM STRING-TANGA

FOTO TILLMANN FRANZEN Eine Frage bekomme ich als gebürtiger Hauptstäd- ter und gelernter Weltmann ständig zu hören: „Mensch Patsche, was hast du denn in Ahlen verloren? Das muss doch ein Kulturschock für dich sein.“ Als ob man ununter- brochen dabei wäre, Angebote zu sortieren, und sich nur noch entscheiden müsste zwischen Fußballklubs wie Bayern Mün- chen oder Wacker Burghausen. Inzwischen habe ich bei einigen Provinzvereinen und in Metropolen wie Berlin oder Hamburg ge- spielt und weiß, wovon ich rede: Der Reiz der Provinz liegt gerade da- rin, dass man sich ständig zwischen Kult und Kulturschock bewegt. Natürlich ist es schöner, vor einer großen Kulisse zu spielen, als jeden Zu- schauer per Handschlag und mit Vornamen zu begrüßen. Aber die familiäre At- mosphäre nach den Spielen in kleinen Klubs hat ihren eigenen Charme: Wenn man von Renate, die den Buletten- und Currywurststand betreibt, danach auf eine ih- rer Spezialitäten eingeladen wird, kann das manches Geld ersetzen. Der größte Unterschied zwischen Weltstadt und Provinz liegt aber in der Möglichkeit der Freizeitgestaltung. Während blond gefärbte Weltstars bis früh morgens durch acht bis zwölf Hauptstadt-Szeneclubs pendeln und meistens nüchtern Auto fahren, ist man in man- chen Regionen doch sehr eingeschränkt. Dort schwankt die Auswahl zwischen einem Kirchen- besuch, Enten füttern oder Kühe kippen. Und während einige ihren Rausch ausschlafen, wischen sich andere den Kuhschlamm von Mathilda von den Gummistiefeln. In Ahlen, wo ich versuche mich mit viel Engagement einzuleben, ist die größte Attraktion eine Baustelle. Vor drei Jahren wurde das neue Kino geplant, seit anderthalb Jahren wird tatsächlich daran gebaut und in einem Jahr soll es schon fertig sein. Wie die anderen 50.000 Ahlener habe ich es mir angewöhnt, auf dem Weg zur Arbeit am Kino vorbei- zufahren und mich am Rohbau unterhalten zu lassen. Ohnehin wird Unterhaltung hier groß geschrieben: Wenn ich mich entschließe, zum Fleischer zu fahren, weiß der das schon zehn Minuten bevor ich dort ankomme. Man kann so richtig Spaß haben in der Provinz, in Trier gerät man ununterbrochen in eine Weinverkostung, und wenn man mal ein Bier trinken geht, endet das oft damit, dass man eine Stunde später selber hinterm Tresen zapft. Ein- fach Weltklasse sind die Wetten auf dem Land. In Trier musste ich nach einer Wette mit einer Handballerin mal im String- tanga ein Auto waschen, worum wir gewettet haben, weiß ich gar nicht mehr. Die halbe Stadt stand vor der Fleischerei Mar- tin und hat gegeifert, als das Auto sauber war, wurden 1500 Euro gesammelt für die Tsunami-Opfer. Hätte ich den Wagen nackt geputzt, wie ich das erst machen wollte, wäre sicher noch mehr zusammengekommen. Soll doch jeder Profi selbst entscheiden, wenn er die Wahl hat: Zwischen den Bayern mit viel Geld und Stress. Oder Ahlen mit viel Ruhe und persönlicher Freundschaft zum Fleischermeister, der einem das Handschnitzel umsonst mitgibt. Ich weiß, es ist eine verdammt schwere Entscheidung.

EUER PATSCHE

Für RUND schreibt Nico Patschinski von LR Ahlen, der lustigste Zweitligaprofi der Welt, alle zwei Monate seine Kolumne „Patsches Patzer“. In der nächsten Ausgabe meldet sich wieder Thomas Broich mit „Broichs Bonbons“ zu Wort.

RUND 85

rrund11_085_085_Patscheund11_085_085_Patsche 8585 004.10.20054.10.2005 21:08:4921:08:49 UhrUhr IM ABSEITS Handicap

THERAPIE MIT SUCHTEFFEKT Warum spielen so viele Fußballer zum Ende der Karriere hin ? Was reizt sie daran, den großen Ball, den sie ganz gut beherrschen, mit einer kleinen Kugel zu tauschen, die ihnen nicht so richtig gehorchen will?

VON THOMAS LÖTZ UND MALTE OBERSCHELP (PROTOKOLLE), FOTOS MICHAEL DANNER

RUND 86

rrund11_086_089_Golfprofis_NEUund11_086_089_Golfprofis_NEU 8686 006.10.20056.10.2005 22:51:1522:51:15 UhrUhr IM ABSEITS Handicap

Was machen also die Herren Millionäre, die hoch bezahlten Fußballprofi s, wenn sie im Herbst ihrer Karriere nichts mehr zu tun ha- ben? Sie spielen Golf. Der Spieler merkt, er muss nachdenken über die Zukunft. Er weiß, er möchte einsam sein. „Muss zum Training“, zieht dann nicht mehr richtig. Gut, wenn er den Zeitvertreib als Sport deklarieren kann. Denn das kennt seine Frau ja schon. Noch ver- ständlicher wird es für sie, wenn der Mann dann auch noch sagen kann, er trifft sich mit sei nen alten Fußballkumpels. Wenn er auf die Frage „Wo“ antwortet: „Golfplatz“, dann ist auch die Frau zufrieden. Denn Golfplatz klingt elitär, nach älteren Damen und auch danach, dass die Kreditkarte von Männe der- weil schön weiter in den Boutiquen der Stadt durchgezogen werden kann. Für den Spieler bringt das Golfen neben „Der Ball wird immer kleiner“: Ehrenspielführer Uwe Seeler beim der Rück zugsmöglichkeit noch weitere Vor- Turnier der Golfenden Fußballer teile. Er kann den Sport mit Kniebeschwer- den oder -to talschäden, die in Fußballerkrei- sen nicht selten vorkommen, unproblematisch ausführen. Auch der Sportinvalide kann so- mit weiter Sport treiben. Außerdem übt der Franz den Sport auch aus. Und Beckenbauer ligen Angestellten der Dortmunder Borussia, kain-Entziehungskur vor sechs Jahren im ku- ist dem deutschen Fußballprofi schließlich wie Norbert Dickel, Erdal Keser, Michael banischen La Pradera auf. Inzwischen spielt das Leitthema für die Karriere danach. Gol- Skibbe, , Akki Schmidt und Lo- Maradona Berichten zufolge bis zu zehn fenden Fußballfans, das sei hier nur nebenbei thar Emmerich. Gofus steht für „golfende Stunden Golf am Tag. Laien sei gesagt: Eine erwähnt, ist das überdurchschnittlich gute Fußballer“. Inzwischen gehören fast 300 Mit- normale 18-Loch-Runde dauert in der Regel Handicap des Kaisers suspekt. Denn mit so glieder diesem freundlichen Lobbyistenver- um die vier Stunden. einem hackigen Schwung kann man wirklich band an. Darunter sind nicht nur ehemalige Es gibt natürlich auch gute Fußballer, die nicht auf 9,3 kommen. Profi spieler zu fi nden, sondern auch ein paar einfach Golfer geworden sind – des Sports Besonders wichtig scheint die Aufnahme potente Wirtschaftsvertreter und Sportjour- und nicht des Netzwerks oder der Therapie des Golfspiels übrigens für jenen Kickertypus nalisten. Auf dem Golfplatz werden also nicht halber. , ehemals bei Fortuna Düs- zu sein, der den Anschluss im Fußballbusi- nur Jobs, sondern auch Informationen ausge- seldorf, begann in den 80er Jahren auf dem ness nach seiner aktiven Karriere nicht hat tauscht. Die Erlöse von Benefizturnieren ersten öffentlichen Golfplatz Deutschlands halten können und heute eben nicht Auf- werden „an förderungswürdige Vereine, Stif- mit dem Spielen. „Ich mochte an Golf immer sichtsratsvorsitzender, Assistenztrainer oder tungen und Institutionen weitergegeben“. schon dieses Britische“, sagt Brei, der über Besitzer einer schlecht laufenden Fußball- Aber nicht allein die Zukunft im Berufsle- die Jahre schon auf „fast jedem British-Open- schule als Beruf angeben kann. Dieser Typ ben steht für Fußballer beim Golfspielen im Platz“ eine Runde absolviert hat. Dieter Brei hat sich Golf als Sportart ausgesucht, um den Zentrum. Für manche sind wohl klingende jedenfalls war einer der ersten deutschen Be- Anschluss zu halten. Zu „netzwerken“, wie er Geräusche wie das „Ping“ beim Abschlagen rufsfußballer, die mit dem Golfen angefangen inzwischen gelernt hat, sich auszudrücken. oder das „Plock“ beim Einlochen regelrecht haben. Er braucht keine Netzwerke mehr, Zudem will ja die Leasingrate für den SLK Therapie, möglicherweise gar Lebensrettung, denn der 54-jährige Exfußballer ist erfolgrei- auch noch regelmäßig abbezahlt werden. bevor sie dann ihrerseits in Sucht umschla- cher Manager: des Golfklubs im ostwestfäli- Nicht nur aus solchen Gründen sind vor gen. Der größte Fußballer aller Zeiten jeden- schen Gütersloh.< vier Jahren die „Gofus“ gegründet worden, falls greift auch längst zum Schläger. Diego Thomas Lötz 39 ist Chefredakteur interessanterweise überwiegend von ehema- Maradona nahm das Spiel während einer Ko- von „PLOCK! – Magazin für Golfer“

RUND 87

rrund11_086_089_Golfprofis_NEUund11_086_089_Golfprofis_NEU 8787 006.10.20056.10.2005 22:51:2122:51:21 UhrUhr IM ABSEITS Handicap

HELMUT KREMERS BUNDESLIGASPIELE: 273 (50) LÄNDERSPIELE: 8 HANDICAP: 5,7 Golfen ist extrem schön, das kann man sich nicht vorstellen. Was das für eine Lebensqua- lität ist – das muss man selbst erleben. Ich spiele seit zwölf Jahren. Einer meiner Freun- de wollte mich ständig mitnehmen, und ich meinte immer: Frag mich, wenn ich 65 bin, das ist was für alte Leute. Heute ärgere ich mich, dass ich nicht früher angefangen habe. Obwohl man Golf nie beherrschen wird, egal welches Handicap man hat. Um meins zu Zweikampf mit dem Ball: Uli Borowka verbessern, müsste ich richtig trainieren. Es ist schwer genug, das Handicap überhaupt zu mit infi ziert. Beim ersten Mal hat es mich spielen. Aber ich mache eigentlich zu wenig. nicht überzeugt, eigentlich hat es mich bis Ich spiele etwa zweimal die Woche. Im Win- heute nicht überzeugt – aber es macht ein- ter fl iegen wir auch mal nach Spanien oder fach einen Heidenspaß. Ich kann mir überall Schläger leihen oder meine eigenen mitneh- Für einen guten Zweck: Heinz Gründel men und auf Plätze gehen, in Amerika, auf den Bahamas oder was weiß ich wo, und spie- HEINZ GRÜNDEL le da vier, fünf Stunden die Runde – danach BUNDESLIGASPIELE: 161 (24 TORE) bin ich ein anderer Mensch. Ein Lieblings- LÄNDERSPIELE: 4 golfplatz? Ich habe das Glück gehabt, schon HANDICAP: 19 mal den St. Andrews Old Course in Schott- land spielen zu können. Das ist von der Tra- Sechs Stunden über den Golfplatz zu lat- dition her der Platz schlechthin und natür- schen, ist normalerweise nicht so mein Ding. lich ein Traum. Aber es ist überall eine schöne Aber wenn es für den guten Zweck ist, ist es Sache. Und ein bisschen was von Fußball hat okay. Richtig ernst spiele ich erst seit etwa es natürlich auch: der Rasen, die frische Luft zwei Jahren. Früher habe ich Tennis gemacht, – mir fehlen beim Golf nur die Zweikämpfe. heute spielen sie alle Golf. Das ist ja auch ein bisschen gesellschaftsfähiger geworden. Für mich ist das ein toller Ausgleich, immer an der frischen Luft – das fi nd ich gut. Einen Zwillingspaar: Helmut (li.) und Erwin Kremers Schlag, an den ich mich mein Leben erinnern werde, hatte ich noch nicht. Es gibt immer Portugal, um dort zu spielen. Ein Hole in one mal wieder welche, über die man nachdenkt ist mir schon drei Mal passiert, aber das ist ja – aber das sind keine guten gewesen. Wenn Glück. Warum so viele ehemalige Fußballer man richtig draufschlägt und der Ball liegt dabei sind, ist schwer zu erklären. Es spricht zehn Zentimeter weiter, dann fragt man sich sich herum – und irgendwann ist es Mode. schon: Wie hast du denn das gemacht? Natürlich sagt man das auch den jüngeren Spielern. Bei uns auf Schalke spielt manchmal ULI BOROWKA mit, und wir haben viel Spaß. BUNDESLIGASPIELE: 388 (19) LÄNDERSPIELE: 6 NORBERT DICKEL HANDICAP: 20 BUNDESLIGASPIELE: 123 (45) HANDICAP: 5,76 Ich habe in meiner Anfangszeit in Bremen mit dem Golfen angefangen, das war so um Ein großer Mann hat einmal gesagt: Golf 1990 herum. Wynton Rufer, der damals aus Gofus-Präsident: Norbert Dickel spielen ist wie zu einer Domina gehen. Man Neuseeland zu Werder kam, hat uns alle da- bezahlt jede Menge Geld und wird unheim-

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rrund11_086_089_Golfprofis_NEUund11_086_089_Golfprofis_NEU 8888 006.10.20056.10.2005 21:33:4721:33:47 UhrUhr IM ABSEITS Handicap

lich gedemütigt. Ich spiele trotzdem mit wei- terhin wachsender Begeisterung, seit 1989. Der Grund war, dass ich wegen meiner Knie- verletzung mit dem Fußball aufhören muss- te. Ich wollte es einfach mal probieren, und es hat von Anfang an riesigen Spaß gemacht. Das Faszinierende ist, dass man es nie lernt. Die Golfenden Fußballer Nie. Mein Handicap ist okay, aber gut ist es auch nicht. Zwei, drei ist gut – das ist tolles Golf. Ich durfte schon einmal mit dem Profi Rüdiger Abramczik Tino Schuster zusammen spielen: Das ist un- Klaus Allofs glaublich, was solche Jungs können. Eine an- dere Liga. Aber wenn man eine Runde mal Stefan Beinlich gut abschließt, das ist schon was tolles. Das ist wie ein kleiner Sieg im Fußballspiel. Mein Delron Buckley absoluter Lieblingsplatz ist in Florida, in der Ab in den Bunker: Uns-Uwe Seeler Jürgen Croy Nähe von Fort Lauderdale. Eagle Trace, ein Wolfgang de Beer TPC-Platz. Da spiele ich nie mein Handicap, Norbert Dickel aber er ist außergewöhnlich schön, mit viel spieler im Flight hat, dann macht es richtig Wasser. Den liebe ich.< Spaß. Und auch wenn es nicht so gut läuft: Ich nehme aus jedem Golfevent, bei dem ich dabei bin, etwas Positives mit. Thomas Helmer UWE SEELER BUNDESLIGASPIELE: 239 (137) LÄNDERSPIELE: 72 (43) HANDICAP: 26 Simon Jentzsch Golfen und Fußball – das ist der Unterschied zwischen dem großen und dem kleinen Ball. Sebastian Kehl Und alles, was mit Ball zu tun hat, interes- Erdal Keser siert Fußballer. Wir haben früher viel Tennis Andreas Köpke gespielt, aber jetzt, auch um mit den Frauen Martin Kree über den Platz gehen zu können, wollen wir Erwin Kremers es etwas gemütlicher haben. Obwohl es von der Logik andersherum ist: Der Ball wird im- mer kleiner, aber die Augen immer schlech- Günter Kutowski ter. Golf ist traumhaft schön, weil man mit Michael Kutzop Freunden in der Natur ist und sich bewegt. Willi Lippens Bitte einsteigen: Lothar Sippel Anschließend das gemütliche Beisammen- Andreas Möller sein, reden und alte Freunde treffen, ein Dieter Müller LOTHAR SIPPEL schönes Glas Bier trinken – das ist für mich BUNDESLIGASPIELE: 108 (23) das Schöne. Angefangen habe ich vor zehn Norbert Nigbur HANDICAP: 54 Jahren durch den Freundeskreis. Ein Teil hat Michael Preetz damals Tennis gespielt, ein Teil Golf, und ir- Ich habe vor zwei, drei Jahren angefangen, gendwann haben wir gesagt: Wir werden wobei ich meist nur das Gofus-Turnier mit auch nicht jünger, also spielen alle Golf. Mein Stefan Reuter den Fußballern gespielt habe. Das ist ein biss- Handicap reicht mir völlig, dafür dass ich das Frank Rost chen wenig eigentlich. Ich überlege aber im- eher so aus der hohlen Hand gemacht hab. Ulrich Stein mer wieder mal, richtig Golfstunden zu neh- Ich kann überall mitspielen. Nur ein Hole in men. Der Sport an sich kann einen schon zur One, das hatte ich leider noch nicht. Verzweifl ung bringen. Für mich ist Golf aber Eygolfur Sverrisson auch dazu da, dass man die ehemaligen Kol- Olaf Thon legen und Mitspieler trifft, und wenn dann Michael Zorc noch schönes Wetter ist und man nette Mit-

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rrund11_086_089_Golfprofis_NEUund11_086_089_Golfprofis_NEU 8989 006.10.20056.10.2005 21:34:0521:34:05 UhrUhr IM ABSEITS Weltklasse

Neues und Skurriles

aus derWelt ganzen des Fußballsrunden

IM STADION DES PHYSIKLEHRERS In Aserbaidschan wurde ein Stadion nach dem berühmtesten Sportsmann des Landes benannt – einem LINIENRICHTER Eine große Rolle spielte die Nationalmann- Baku, der aserbaidschanischen Hauptstadt, schaft von Aserbaidschan noch nie in der gro- wurde nach dem berühmtesten Sportsmann ßen, weiten Fußballwelt. Seit der Unabhän- des Landes benannt. Es sind allerdings nicht gigkeit des Landes 1991 gelten die Kicker aus Dimitrij Kramarenko oder Wadim Wasiljew, dem Kaukasus als zuverlässige Punkteliefe- die bekanntesten Spieler des Landes, nein, ranten bei der jeweiligen WM- und EM-Quali- der Namensgeber des 36.800 Menschen fas- fi kation. Wenn der nationale Fußballverband senden Stadions, an den dazu auch noch eine nicht gerade suspendiert war, wie 2002, als große Bronzestatue erinnert, ist der einzige sich Politiker allzu deutlich in den Sport ein- Mensch aus Aserbaidschan, der im Weltfuß- Hinter der Linie: auch die gemischt hatten, schloss die Nationalelf ihre ball jemals eine wichtige Rolle spielte: Tofi k Statue winkt für England Qualifi kationsrunden bisher bestenfalls auf Bachramow. Jener Mann, der beim WM-End- dem vorletzten Platz ab. Der größte Erfolg spiel 1966 zwischen England und Deutsch- des Teams war ein 2:1-Sieg über Serbien-Mon- land als Linienrichter das berühmte Wemb- tenegro im Juni 2003 bei der Qualifi kation ley-Tor gesehen haben wollte und den Eng- für die EM in Portugal. Trotzdem landeten ländern so zu ihrem ersten und bisher einzi- sie am Ende mit nur vier Punkten auf dem gen Weltmeistertitel verhalf. Durch diese letzten Platz ihrer Gruppe. Als das National- Entscheidung wurde der Physiklehrer aus Ba- team im Oktober 2004 nur 0:1 gegen Eng- ku weltberühmt. Und kam zu der Ehre, der land verlor, feierten das Tausende mit Auto- Namensgeber eines Stadions zu werden. korsos wie einen Sieg. Das Nationalstadion in SVEN LINDENBLATT, FOTO PIXATHLON

Spezialagenten im Einsatz Im Stadion von HANSA ROSTOCK arbeitet ein ganz besonderer Abschirmdienst – der RAD >Es ist schon merkwürdig, was auf der Welt so passiert. Sie haben sich doch sicher auch schon mal gefragt, warum im Rostocker Ostseestadion bei den Heimspielen des Zweitligisten FC Hansa bei strahlendem Sonnenschein Ordner mit übergroßen Regenschirmen herumstehen. Genau, weil im Alltag das Bedrohliche lauert. Im Alltag eines Profi fußballers sind dies Golfbälle, 50-Cent-Münzen, Flachmänner, Feuerzeuge oder was sich sonst gerade in den Hosentaschen des gemeinen Stadion- besuchers fi ndet und fl iegen kann. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, kein Zweifel. Deshalb entwarfen die wichtigen Männer beim FC Hansa einen kühnen Plan: „Bei jedem Heimspiel werden zehn Ordner mit Schirmen eingesetzt“, erklärt Axel Schulz, Pressesprecher des FC Hansa – als „prä- ventive Schutzmaßnahme gegen Wurfgeschosse aller Art“. Insbesondere bei Eckbällen wird der Aus- führende von zwei Beamten des Rostocker Abschirmdienstes (RAD) abgeschirmt. Sie fi nden, dass das eine gute Idee ist? Dann werden auch Sie Spezialagent des RAD. Ihr Beitrag könnte einfacher kaum sein: Aufspannen und abschirmen!

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Echter Dali für echte Tore

Shmuel Flato-Sharon hat es im Leben zu et- gleich, der die Chancen des Landes, eventu- was gebracht. Eine Weile war der iraelische Schnauzbart der ell doch bei der WM 2006 dabei zu sein, am Millionär Abgeordneter der Knesset. Und besonderen Art: Dalis Leben hielt. Wenn es dazu käme, hätte Flato- Markenzeichen schlägt Mitte September stand er auf einen Trai- selbst einen Sharon eine weitere Attraktion zu bieten: ningsplatz in dem Ort Ramat Gan herum, wo Kevin Kuranyi spielend Der erste Schütze eines WM-Tores für Israel die Nationalelf ein Trainingsspiel absolvierte. soll ein Appartment erhalten. Das großzügi- Dort übergab Flato-Sharon einen wertvollen als Flato-Sharon selbst. Während Flato-Sha- ge Angebot hat allerdings einen fußballhisto- Wandteppich, den der spanische Künstler ron sich vor allem für die Eröffnung der ers- rischen Haken: Das erste und bislang einzige Salvador Dali gestaltet hatte, an Adoram Kei- ten Spielbank in Israel einsetzte, erzielte Kei- WM-Tor Israels wurde bereits erzielt. Morde- si. Der Stürmer von Makkabi Haifa hatte sich si beim WM-Qualifikationsspiel gegen die chai Spiegler schoss es gegen Schweden bei nämlich um Israel noch verdienter gemacht Schweiz Anfang September den 1:1-Aus- der WM 1970 in Mexiko. MARTIN KRAUSS

„VERDIENT“, EINE INTERPRETATION „verdient“ nennt der Dichter sein Werk, damit andeutend, dass man sich dem Aufstieg des von ihm verehrten 1. FSV Mainz 05 in die erste Bundesliga auch mit ökonomischen Kategorien nähern muss. „unseren Aufstieg“ – das den Besitz anzeigende Fürwort schreibt Schmitz sympathisch klein, als wäre der Verein nicht auch der Besitz von Fans. „Aufstieg“ aber, dieses Wort schreibt er groß, genauso wie es der Vorgang, den das harmlose Wörtchen umschreibt, verdient. Ein Aufsteigen im Hegelschen Sinne ist es, vom Abstrakten, dem Traum von der Erstklassigkeit nämlich, das da stattgefunden hat, ins Konkrete. Und es hat sich nicht irgend- wo ereignet, nicht im Rheinhessischen, nicht im luftleeren Raum, sondern in „Fußball – Deutschland“. Geschrieben mit feinen, kaum wahrnehmbaren Leerzeichen, die andeuten, dass Fußball nicht nur mehr ist als Deutschland, sondern sich auch nie ganz an Deutschland ankoppeln darf. Eine feinsinnige interpunktuel- le Übung, die der Dichter bewusst an der Stelle wiederholt, an der er die Frage erörtert, wer eigentlich zu „Fußball – Deutsch- land“ gehören darf. Man könnte auch einen unsichtbaren Keil vermuten, der sich zwischen Fußball und Deutschland zwängte, aber diese Interpretation verlöre sich in der Weite des tiefen Rau- mes. Es geht dem Dichter eher darum, die zwei fremden Mächte Fußball und Deutschland eins werden zu lassen. „verdient“ ver- leiht dem FSV Mainz 05 eine große Bescheidenheit, die es nur in einer Welt geben kann, der Welt des Fußballs.

RUND 91

rrund11_090_091_Weltklasseund11_090_091_Weltklasse 9191 006.10.20056.10.2005 12:38:1012:38:10 UhrUhr RUND Spielkultur

SPIELKULTUR Spielkultur muss gepflegt werden. Oder auch zelebriert. Mit ihr werden Blumenpötte gewonnen. Oder die Galerie begeistert: „Es ist vor allem die sinnliche Oberfläche des Spiels, die

seinen medialen Wert bestimmt“ DOROTHEA STRAUSS

94 INTERVIEW „Real Madrid ist nicht arrogant“ – Schauspieler Oscar Ortega Sánchez über seinen Herzensklub 100 STEIN DES ANSTOSSES Das Auge stolpert – deutsche Klubs gedenken ihrer von den Nazis ermordeten Spieler 108 KUNSTRASEN Das Vertraute ist der Ball – in Berlin startet die Fußball-Kunst-Ausstellung „Rundlederwelten“ 116 AUSLAUFEN Der Weg ist das Ohr – Jörg Thadeusz bittet in seiner Kolumne zur Konferenzschaltung

RUND 93

rrund11_092_093_Vorschalt_Spielkulturund11_092_093_Vorschalt_Spielkultur Abs1:93Abs1:93 005.10.20055.10.2005 13:31:4113:31:41 UhrUhr SPIELKULTUR Interview

Königlicher Anhänger: Oscar Ortega Sánchez

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„Real Madrid ist nicht arrogant“

Der Schauspieler OSCAR ORTEGA SÁNCHEZ ist fußballbegeistert. Da war es ganz natürlich, dass der 43-Jährige die Rolle des abgehalfterten Stars Pablo Antonio Di Ospeo im Film „Fußball ist unser Leben“ übernahm. In Wahrheit schlägt sein Herz aber nicht für Schalke 04, sondern für den spanischen Fußball und Real Madrid

INTERVIEW MATTHIAS GREULICH UND EBERHARD SPOHD, FOTOS DIRK MESSNER

Wie wichtig ist Ihnen Fußball? Ist das das Erste, was Sie mit Fußball Da nimmt er das Ding, packt es, macht das OSCAR ORTEGA SÁNCHEZ Solange ich verbinden? Fenster auf und haut es aus dem zweiten denken kann, hat mich Fußball fasziniert. Als Meine erste Erinnerung ist eine Übertra- Stock auf den Gehweg. Es zerspringt in tau- kleiner Knirps, noch bevor ich zur Schule gung im Radio, ein Länderspiel von Spanien. send Teile. So wütend war er. Da habe ich ge- ging, habe ich jede Sekunde genutzt, um Fuß- Ich war fünf Jahre alt, und wir hatten noch dacht: Das muss wirklich wichtig sein, wenn ball zu spielen. Ich habe bis zum Alter von 20 keinen Fernseher. Der Empfang war schlecht, er sich so aufregt. jeden Tag Fußball gespielt. Ich bin bei Mann- mein Vater hat sich furchtbar aufgeregt. Das Wie ist die Berichterstattung in Spanien? heim aufgewachsen, und alle Schulpausen, Spiel muss wohl sehr spannend gewesen sein. Bei einer Reportage im spanischen Fußball die fünf Minuten im Schulhof, waren ein Fuß- Wir hatten ein altes Telefunken-Gerät, und geht die Post ab. Es geht wahnsinnig ins De- ballspiel mit einem Tennisball. der Empfang wurde und wurde nicht besser. tail. Charakteristisch ist da, dass es mehrere

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rrund11_094_099_interview_sanchez_NEUund11_094_099_interview_sanchez_NEU 9595 006.10.20056.10.2005 20:58:5820:58:58 UhrUhr SPIELKULTUR Interview

„BEI REAL GIBT ES SPIELER, DIE MEHR Wird der Fußball in Spanien anders angeschaut als hier zu Lande? GEFÜHL IN DER HACKE HABEN, ALS MANCHER Ich glaube, es gibt wenige Bereiche, die sich DEUTSCHER FUSSBALLER IM INNENRIST“ so stark unterscheiden in den beiden Ländern wie Fußball. Auch in deutschen Stadien gibt es ein fachkundiges Publikum. Aber die Wer- tigkeit ist eine andere. In Deutschland geht es nur darum, ob man gewinnt. Und wenn „DIE LETZTE PHASE, man gewonnen hat, ist man glücklich, wenn WENN DER TORERO nicht, dann nicht. Alles das, was mich an Fußball fasziniert, ist ja verpönt und wird lä- DEN STIER TÖTEN cherlich gemacht. Man darf gar nicht von Spielkunst reden, da wird man belächelt. Das Fach leute gibt, nicht nur einen Sprecher, der MUSS, IST MIT DEM geht von der obersten Spitze bis in die letzte die Namen der Spieler aufzählt. Da gibt es TORSCHUSS Bezirksliga: Schönspielerei ist ein Schimpf- den Hauptmoderator, der sich mit einem wort, brotlose Kunst heißt es. Alles was Fuß- Fachmann über das Spiel unterhält. Sie sind VERGLEICHBAR“ ball groß macht, wird in Deutschland zumin- aber nicht dafür zuständig, das Spiel zu be- dest belächelt, wenn nicht gar verachtet. schreiben, das wird alle paar Minuten dazwi- Was meinen Sie damit genau? schen geschnitten. Dann gibt es einen kur- eine Kunst auszuüben. Das kann im Sinne Es heißt immer wieder, Real spielt arrogant. zen, rasenden Bericht, was da gerade auf dem des fußballerischen Erfolgs funktionieren Das ist eine Fehlinterpretation. Das hat nichts Platz abgeht, dann wird zurückgeschaltet. oder auch nicht. Aber das Bemühen ist immer mit Arroganz zu tun. Das ist die Suche nach Die Übertragung ist interaktiver. Dadurch be- da. Natürlich ist es wichtig, ob die Mannschaft Kreativität, nach Inspiration. Dieses Bemü- kommt es etwas Umfangreicheres. Es geht gewinnt, aber es ist nicht das Wichtigste. Ein hen steckt dahinter. Dazu gehört natürlich, nicht nur um das aktuelle Spielgeschehen, Sieg, der mühsam und mit Glück errungen dass man den Ball mit der Hacke weitergibt. sondern auch um Hintergründe. Da wird sich wird, ist für die Madrilenen kein Sieg. Ein Dafür bekommt der Spieler in Deutschland über Taktik, Trainer und Spieler gestritten. Sieg muss schön herausgespielt werden, die vom Trainer auf die Fresse. Es ist aber so, dass Mit welcher Mannschaft haben Sie Mannschaft muss den Ball laufen lassen. die Hacke zum Fuß dazugehört, und es gibt mitgefiebert? Gibt es Gemeinsamkeiten mit dem Spieler, die mehr Gefühl in der Hacke haben Mit Real Madrid. Das hat über meinen Va- Stierkampf? als manch ein deutscher Fußballer im Innen- ter angefangen, der sich natürlich sehr für Es gibt viele Parallelen. Zum einen ist die rist. Warum soll er sie dann nicht einsetzen? die spanischen Teams interessierte. Ich wür- Fachkompetenz, die der Aficionado beim Abgesehen davon macht es Spaß. Alles was de mich nicht als Fan im eigentlichen Sinn be- Stierkampf und beim Fußball hat, sehr ver- schön ist, kann auch Spaß machen. Das muss zeichnen, als jemand, der bedingungslos zu gleichbar. Und bei beiden müssen so viele doch kein Widerspruch sein. seinem Klub steht, weil er da schon immer Komponenten zusammenkommen, um einen Wurde Ihnen die Schönspielerei in hingegangen ist. Es ist ein distanzierteres Ver- wirklich großen Moment zu erzeugen. Auch Mannheim ausgetrieben? hältnis. Ich habe eher so etwas wie eine gro- beim Stierkampf gibt es oft einzelne Momen- Als ich sieben oder acht war, habe ich über- ße Achtung, die in eine Liebe hineingeht, die te, die bewegend und großartig sind. Viel- legt, ob ich in einen Fußballverein gehe. Ich sich entwickelt hat. Die Tradition des Vereins, leicht ist sogar die letzte Phase, wenn der war allerdings mit sechs Jahren schon im die Philosophie, gefällt mir sehr gut. Aber Torero den Stier töten muss, vergleichbar mit Ringverein und habe es später immerhin in auch die Haltung der Madrilenen zu ihrem einem Torschuss. Das ist der große, entschei- die Zweite Liga geschafft. Das war meine ei- Verein, die einerseits eine fanatische, aber dende Moment. Wenn der Stierkampf schön, gentliche Sportart. Aber ich war so fußballfa- auch eine distanzierte Seite hat. anmutig, gekonnt und kontrolliert war, dann natisch, dass ich gedacht habe, ich könne in Sind die Spieler heute noch so königlich wie war es trotzdem kein großer Kampf, wenn beiden Vereinen aktiv sein. Dann bin ich in di Stefano und Puszkas? das Töten nicht perfekt vollzogen wurde. den Vorortklub SSV Vogelstang gegangen. Die Spieler wissen, dass sie bei den König- Man muss viele Stierkämpfe sehen, um einen Beim ersten Mal war ich begeistert: ein gro- lichen sind. Edler Charakter klingt ein biss- guten zu sehen. Afi cionados machen das. Sie ßes Fußballfeld mit Rasen. Aber davon haben chen pathetisch, so ist es aber. Dass man ver- gehen dahin und wissen: Wahrscheinlich wir überhaupt nichts gesehen. Der Trainer sucht, fair zu spielen. Dass man den Gegner wird es kein guter. Aber sie gehen trotzdem hat uns auf die Aschenbahn gestellt, dann nicht demütigt. Dass man selbst beim Torju- zum nächsten, in der Hoffnung, den großen mussten wir im Entengang um das Spielfeld bel bedenkt, dass es eine Etikette gibt. Leute, zu sehen, aber auch wegen der Angst, den laufen. Endlos. Und dann war irgendwann das die am Zaun hochklettern und daran rumzer- großen zu verpassen. Es gibt nichts Schreck- Training vorbei. Das ergibt doch keinen Sinn. ren, die das Trikot ausziehen oder sonst wie licheres als einen schlechten Stierkampf. Ein Wie soll man da Lust bekommen auf Fußball? aus fl ippen, das ist nicht der Style von Madrid. schlechtes Fußballspiel ist schlimm, und ich Wie soll man da das Spiel verstehen? Wie soll Je älter ich wurde, desto mehr habe ich ver- habe schon viele gesehen. Aber es ist nicht so man da den Ball lieben lernen? Da bin ich standen, worum es Real geht. Die versuchen, schlimm wie ein schlechter Stierkampf. nicht mehr hingegangen.

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rrund11_094_099_interview_sanchez_NEUund11_094_099_interview_sanchez_NEU 9696 006.10.20056.10.2005 20:59:2720:59:27 UhrUhr SPIELKULTUR Interview

Leidenschaftlicher Fan: Ortega Sánchez kann sein Team auch verachten

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Kein Stadiongänger: Oscar Ortega Sánchez

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rrund11_094_099_interview_sanchez_NEUund11_094_099_interview_sanchez_NEU 9898 006.10.20056.10.2005 20:59:5620:59:56 UhrUhr SPIELKULTUR Interview

„DAS AUSSCHEIDEN Schwarzmarkt was kosten lassen. Ich habe aber auch ein bisschen Angst davor. Ich hatte DER SPANISCHEN bei der letzten WM und bei der letzten EM NATIONALELF BEI DER große Hoffnungen. Das Ausscheiden der spa- nischen Nationalmannschaft bei der EM hin- EM IN PORTUGAL terließ mich einfach sprachlos. Ich hatte ein HINTERLIESS MICH Follow-your-Team-Ticket und die leise Hoff- nung, ein Halbfi nale oder Finale zu sehen. NUR SPRACHLOS“ Aber wenn man sich gegen Griechenland und Portugal nicht durchsetzen kann, dann tut mir das nicht einmal so richtig weh. Das ver- diente gar kein Mitleid oder Schmerz. Ich gönne ihnen noch nicht einmal die Anteil- Gehen Sie zu Bundesligaspielen ins Stadion? nahme. Ab nach Hause. Ich bin nicht so ein unbedingter Stadion- Wie war es bei der letzten WM? gänger. Zum Beispiel Borussia Dortmund, Da haben sie in der Vorrunde sehr guten ein faszinierendes Stadion. Alle zwei Wochen Fußball gezeigt, sehr offensiv, sehr gradlinig. kommen da 80.000 Leute hin. Eine wahnsin- Es klingt ja immer so, als ob man ein schlech- nige Atmosphäre, zweifellos. Aber was be- ter Verlierer wäre, wenn man sich über den komme ich da zu sehen? Borussia spielt aus Schiedsrichter beschwert. Ein Schiedsrichter der Abwehr heraus mit langen Bällen auf Kol- kann nicht schuld sein. Nur in dem Fall: Zwei ler; das ist die einzige Variante und das 40-, Abseitstore nicht anerkannt, obwohl es kein 50-mal im Spiel. Das muss ich mir nicht an- Abseits war, ein aus dem Spiel heraus erziel- gucken. Das schaue ich mir fünf Minuten in tes Tor nicht anerkannt, weil der Ball angeb- der Zusammenfassung an und sehe, ob er ei- lich im Aus war. Das war ein Wahnsinn. Da nen von den 40 Bällen verwertet hat. Ich ha- war ich wirklich am Boden zerstört. Nach be nicht diese Liebe zu einem Klub. diesem Spiel, nach dem Ausscheiden gegen Wie werden Sie die WM verfolgen? Auch vor Südkorea im Elfmeterschießen, da wusste ich dem Fernseher? nicht mehr, was ich sagen sollte. Das war ei- Das weiß ich noch nicht. Ich möchte vorher ner der schlimmsten Momente, die ich je er- wissen, welche Mannschaften ich mir an- lebt habe. Ich habe zwei Sekunden darüber schaue. Ich würde mir das auch auf dem nachgedacht, ob ich vor ein Auto laufe.<

„SO ABSURD DIE GESCHICHTE, SO ECHT SIND DIE FANS“ Fankurve auf. Ich stehe mit hochgerissenen Armen vor der Kurve. >Der Schauspieler Oscar Ortega Sánchez hatte schon Rollen in Die haben alle gedacht, dass ich bekloppt sei, was will der denn, den Filmen wie „Bunte Hunde“ von Lars Becker oder in Fatih Akins furio- kennen wir gar nicht. Der Freistoß wird ausgeführt, es fällt das sem „Kurz und schmerzlos“, bevor er 1999 in Tomy Wigands „Fußball Tor, auf einmal fangen Tausende an zu jubeln, und ich stehe vor ist unser Leben“ mitwirkte. Noch Wochen nach dem Filmstart riefen denen, als ob ich das Tor geschossen hätte. So etwas kannst du nicht die Schalke-Fans im Parkstadion seinen Namen: „Dios – Mios – inszenieren. Du kannst keine 20.000 Statisten da hinstellen.“ Fußballgott!“ Dios hat zwar nie wirklich auf Schalke gespielt, war Bei der Ballarbeit ließ sich der Dios-Darsteller ebenfalls nicht aber die stärkste Figur in der Komödie, die in Gelsenkirchen gedreht doubeln. „Das war auch nicht so wahnsinnig schwierig.“ Bis auf wurde. Sánchez verkörperte Pablo Antonio Di Ospeo, genannt Dios, einen Flugkopfball im Anschluss an eine Ecke. „Es regnete in der vor lauter Koks vergisst, Tore zu schießen. Strömen. Der Ball wurde immer schwerer, mein Schädel schmerzte, Für den Fußball-Aficionado waren es unvergessliche Erlebnisse, nachdem die Szene nach einem ganzen Nachmittag im Kasten war.“ denn es wurde auch während eines Bundesligaspiels von Schalke Einigen Kritikern kam der Film von Tomy Wigand reichlich gedreht: „Ich durfte mit auf die Trainerbank, und Rudi Assauer hat klischeehaft vor, als er 1999 in die Kinos kam. Immerhin waren die ein wenig mitgespielt. Dass ich mich am Spielfeldrand warmlaufe, Rollen der Schalke-Fans, die Dios entführen, um ihn wieder in Form war improvisiert. Wir hatten mehrere Kameras aufgebaut, um so viel zu bringen, mit Ralf Richter und Uwe Ochsenknecht prominent Material wie möglich zu bekommen. Dann gab es einen Freistoß besetzt. Oscar Ortega Sánchez und seine Kollegen waren für Milieu- 20 Meter vor dem Tor hinter der Fankurve. Ich hatte es im Urin, dass studien in vielen Fankneipen rund um den Schalker Markt ein- das ein Tor wird. Ich habe mir zwei Komparsen geschnappt und dem gekehrt. „Wenn man den Film sieht, denkt man vielleicht, das Kameramann Bescheid gesagt, dass gleich ein Tor fällt. Die beiden sei übertrieben. Zwei Tage Gelsenkirchen und man weiß Bescheid. Komparsen nehmen mich auf die Schulter, ich baue mich vor der So absurd der Verlauf der Geschichte ist, so echt sind die Fans.“<

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rrund11_094_099_interview_sanchez_NEUund11_094_099_interview_sanchez_NEU 9999 006.10.20056.10.2005 21:00:0821:00:08 UhrUhr SPIELKULTUR Stein des Anstoßes

DAS AUGE STOLPERT Immer mehr STOLPERSTEINE erinnern an die Ermordung jüdischer Mitbürger während der Nazizeit. Mit dem Hamburger SV gedenkt erstmals ein Bundesligist auf diese Weise seiner getöteten Spieler.

Aber nicht jeder Klub hält das für eine gute Idee VON HANS WILLE, FOTOS VALESKA ACHENBACH UND ISABELA PACINI

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Julius Hirsch und Gottfried Fuchs waren Stars. Das kongeniale Stürmerduo hat 1910 den Karlsruher FV zur Deutschen Fußball- meisterschaft geschossen. Auch in der Natio- nalmannschaft sorgten die beiden für viel Fu- rore: Legendär die zehn Tore von Fuchs beim 16:0 gegen Russland während der Olympi- schen Spiele 1912, unvergessen auch das 5:5 in den Niederlanden im selben Jahr. Vier To- re markierte dabei Hirsch, das fünfte Fuchs. Das Spiel in Zwolle galt lange Jahre als das beste der Nationalmannschaft. Noch 29 Jah- re später schwärmte das „Kicker Jahrbuch“ von dieser Partie: „Der Halblinke ließ wieder das Feuerwerk seiner Schießkunst steigen.“ Das war Julius Hirsch, dessen Name aber im ganzen Text nicht erwähnt wird. Erfinder der Stolpersteine: Der Kölner STÜRMERSTAR HIRSCH WIRD Künstler Gunter Demnig will an die Verbrechen der Nazidiktatur erinnern IN AUSCHWITZ GETÖTET Sein Verhängnis war, dass er Jude war, in Deutschland, im Jahr 1941. Zu diesem Zeit- punkt hatten die Nazis längst veranlasst, die Juden aus den Fußballannalen zu streichen. In der Nationalmannschaft gab es zwei: Juller Hirsch und Gottfried Fuchs. Doch deren Un- terdrückung begann schon frü her. Am 10. April 1933 las Hirsch in der Zeitung, dass die süddeutschen Spitzenklubs beschlossen hat- ten, ihre jüdischen Mitglieder auszuschlie- ßen. Um der Schmach zuvorzukommen, kün- digte er von sich aus nach 31 Jahren die Mitgliedschaft bei seinem KFV. Besonders Gottfried Fuchs war da schon längst ins Aus- für Deutschland gefallen. Am 1. März wird hat er darunter gelitten, dass Menschen, die land nach Kanada gefl üchtet. er von Karlsruhe nach Auschwitz deportiert. ihm vorher zugejubelt hatten, Fans, die ihm Julius Hirsch jedoch ging den Weg, den Zwei Tage später schreibt er eine Geburtstags- früher auf dem Bürgersteig zu seinem letzten Mil lionen europäischer Juden damals gingen. karte an seine Tochter; das ist sein letztes Le- Tor gratuliert hatten, nun die Straßenseite Im Februar 1943 kommt die Aufforderung, benszeichen. 1950 erklärt ihn das Amtsgericht wechselten. Er durfte nicht einmal mehr als sich zum Transport für einen „Arbeitseinsatz“ Karlsruhe für tot. Besucher das Fußballstadion betreten. Aus einzufi nden. Selbst als darauf ein befreunde- Der KFV hat kürzlich Insolvenz angemel- Liebe zu seinem Sport ging er weiterhin zu ter Postfahrer ihm zur Flucht verhelfen will, det und ist derzeit in Aufl ösung begriffen. den Spielen, aber nur, weil ein alter Kontrol- lehnt Hirsch ab. Er will noch immer nicht Vor dem maroden Stadion an der Hertzstraße leur ihn durch einen Hintereingang schleus- glauben, dass seine deutschen Landsleute ihm ehrt noch eine Bronzetafel die „Fürs Vater- te. Ab 1941 versteckte er den Judenstern hin- noch schlimmer zusetzen könnten. Immerhin land gefallenen Helden in treuem Gedenken“. ter einer Aktentasche. Sein Sturmpartner ist sein Bruder Leopold im Ersten Weltkrieg Auch Leopold Hirsch wird erwähnt. Aber für

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dessen Bruder Julius, neben Gottfried Fuchs Kurt Landauers Bruder Leo, der ebenfalls der größte Spieler, den der kleine Fußballver- Mitglied der Bayern war, wurde nach Majda- ein jemals hervorgebracht hat, hielt man kei- nek deportiert und dort ermordet. Und der ne Erinnerung für nötig. ehemaligen Jugendleiter Otto Beer ist in Kau- Das wollen Hirschs Enkel jetzt nachholen. nas ermordet worden. Auf die Anfrage, ob der Eine kleine Messingplatte soll in der Kronen- Rekordmeister Stolpersteine für diese beiden straße 62 daran erinnern, dass ihr Großvater jüdischen Vereinsmitglieder verlegen lassen aus diesem Haus heraus deportiert worden wolle, antwortete Markus Hörwick: „Wir ist. Der Kölner Künstler Gunter Demnig ver- möchten an dieser Geschichte nicht teilneh- legt seit einigen Jahren diese so genannten men.“ Die Begründung des Pressesprechers: „Stolpersteine“ in ganz Deutschland. Das Au- „Wir kriegen so viele Anfragen zu Dingen, die ge soll über die handtellergroße Plakette stol- wir tun könnten, wir konzentrieren uns auf pern, die ebenerdig im Bürgersteig eingelas- unsere Hauptaufgaben.“ sen wird und die Aufschrift trägt: „Hier wohn- Dass man auch offensiv mit seiner Vergan- te Julius Hirsch, Jg. 1892, deportiert 1943 nach genheit umgehen kann, beweist der Hambur- Auschwitz, ermordet in Auschwitz“. ger SV. „Als wir gehört haben, dass ehemali- ge HSV-Mitglieder für solche Stolpersteine in STOLPERSTEINE ERINNERN Frage kommen, haben wir ohne zu überlegen AN DIE DEPORTIERUNG gesagt: Klar, da machen wir mit“, so Christi- an Reichert, dritter Vorsitzender des Vereins. Nicht nur prominente Fußballer wie Fuchs „Selbstverständlich blenden wir die dunklen und Hirsch wurden Opfer der Nazis. Auch Kapitel unserer Vereinsgeschichte nicht aus.“ Tausen de von Hobbyspielern, die unter dem In diesem Monat lässt der HSV für zwei lang- Dach des DFB kickten, wurden ermordet. jährige Mitglieder Stolpersteine verlegen. Erst jetzt, 60 Jahre nach Ende des braunen Trotz seiner Hauptaufgaben. Terrors, stellt sich der DFB seiner Geschich- Infos unter www.stolpersteine.com te. Im September präsentierte er in Berlin ei- ne unabhängige Studie, in der die Rolle des Verbandes im Dritten Reich erforscht wird. Außerdem hat der DFB verkündet, dass er ab sofort jährlich einen Julius-Hirsch-Preis für Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Diskriminierung stiften wird, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Der erste Preisträger soll Bayern München werden, weil der Verein im Juli dieses Jahres ein Match of Peace zwischen seinem U17- Team und einer israelisch-palästinensischen Jugendauswahl ausgetragen hat. „Der FC Bay- ern München“, so die Begründung des DFB, „hat mit dieser Begegnung ein weithin deut- liches Zeichen für Frieden und Völkerverstän- digung gesetzt und damit eine soziale Tradi- tion ohnegleichen fortgesetzt. Damit schließt sich ein Kreis. In kaum einem anderen unse- rer Vereine haben sich die Fußballer so lange den Vereinnahmungsversuchen der NSDAP- Mitglieder widersetzt wie beim FC Bayern. Noch im Jahr 1940 zog der Verein den Zorn Erster Bundesligaklub: Im Oktober lässt der Hamburger SV zur der Nazis auf sich, als die Mannschaft geschlos- Erinnerung an zwei langjährige Mitglieder Stolpersteine verlegen sen ihrem ehemaligen jüdischen Vorsitzen- den Kurt Landauer, der in die Schweiz emig- rieren musste, einen Besuch abstattete.“

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Schnitzel à la Rau MARTINA RAU, die Mutter von Arminia Bielefelds Profi Tobias, über die Leib- und Magenspeise ihres Sohnes, der sich vor Kohlgerichten jeder Art fürchtet

INTERVIEW SVEN LINDENBLATT, FOTOS BENNE OCHS UND PRIVAT

Bei Familie Rau kommen nicht nur Schweineschnitzel auf den Tisch. Kleines Foto rechts: Tobias Rau (li.) mit Bruder Sebastian und Geflügel

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Frau Rau, seit Ihr Sohn Tobias wieder in Spinat oder Braunkohl (auch bekannt als weil er sich ein Schnitzel gemacht hat –, wuss- Ihrer Nähe wohnt, kommt er zwischen den Grünkohl, Anmerkung d. Red.) mit Bregen- te aber nicht, ob man das Wasser vorher ab- Trainingseinheiten sicherlich häufig zum Essen wurst mochte er nicht so gerne. Auch vor Ro- gießen muss. zu Ihnen, oder? senkohl oder Blumenkohl hat er sich gerne Hat er Sie schon mal bekocht? MARTINA RAU In den ersten sechs Wo- mal gedrückt. Irgendwann hatte er die Ausre- Als ich ihn mal in München besucht habe, chen, als er noch im Hotel bei Bielefeld ge- de, dass Blumenkohl keine Nährwerte ent- hat mir Tobias Nudeln mit Lachs vom Vortag wohnt hat, kam er zweimal die Woche zu uns halte, da wäre doch nur Wasser drin. noch mal warm gemacht. Es hat eigentlich nach Braunschweig. Mittlerweile allerdings, Als er Niedersachsen verlassen hat, um in gar nicht so schlecht geschmeckt, ich habe al- seit er eine eigene Wohnung hat, nicht mehr München Fußball zu spielen, haben Sie ihm lerdings nicht viel davon gegessen, weil ich ganz so regelmäßig. Rezepte nach Bayern mitgegeben? keinen großen Hunger mehr hatte. Wenn Was hat er zu Hause am liebsten gegessen? Nein, danach hat er nicht gefragt. Er ist ge- sein älterer Bruder Sebastian ihn besucht, ko- Seine Oma hat ihm früher häufi g Essen ge- meinsam mit seiner Freundin zu Bayern chen die beiden immer gemeinsam. Doch macht, wenn ich gearbeitet habe. Am liebsten München gegangen. Da wollte ich mich auch mittlerweile hat Sebastian in Tobias’ Woh- mochte er paniertes Schweineschnitzel, dazu nicht einmischen. nung Küchenverbot, weil er einmal eine Salzkartoffeln und Gemüse. Wenn die Jahres- Er hat nie nach einem Kochtipp gefragt? Pfanne zum Schmelzen brachte. zeit dafür war, auch mit Spargel. In der Anfangszeit in München hat er mich Kocht Tobias für seine Freundin? Erinnern Sie sich denn an Gerichte, die er gar mal angerufen. Er wollte eine Dose mit Erb- Ja, ich glaube schon. Aber meistens handelt nicht leiden konnte? sen und Möhren aufkochen – wahrscheinlich es sich dabei um Schnellgerichte.<

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rrund11_104_105_Essen_Wie_Die_Starsund11_104_105_Essen_Wie_Die_Stars 105105 006.10.20056.10.2005 10:28:4110:28:41 UhrUhr SPIELKULTUR Buchhalter

hatte bis dahin in Deutschland auch niemand gehört, und trotzdem hat „Der Traumhüter“ viele Leser gefunden. HM Die verlegerische Frage muss lauten: Wie hat ein Buch auszusehen, damit wir das Maximum der Leser erreichen? Ich glaube, dass es ein geheimes Mischungsverhältnis gibt. Es darf kein reines Fußballbuch sein à la Borussia Dortmund in der Saison 97/98. Un- sere Bücher müssen eine Ausstrahlung über den Fußball hinaus haben, psychologisch, politisch, gesellschaftlich interessant sein. Aber das kann auch kippen, wenn der Fuß- ball nur noch Aufhänger ist. Wie sieht denn der idealtypische Leser aus, für den Sie Fußballbücher machen? HM Das sind moderne, jüngere, intelligen- te, an allgemeinen kulturellen Themen inter- essierte Menschen. Der Fan mit Dauerkarte und Diplomarbeit? HM Ja, warum nicht? Wenn heute an der Uni das Seminar zu Ende ist, diskutiert man in der Mensa über Fußball. Das gab’s zu mei- ner Studienzeit noch nicht. Wir fangen ja schon an, uns zu fragen: Wann kommt der Überdruss an Büchern, die sich intelligent mit Fußball auseinander setzen? Gibt es zu viele Philosophen, Soziologen und Schrift- steller, die selbst ernannte Fußballexperten sind? Die den Fußball als Metapher für poli- „Jeder Depp schreibt ein Buch“ tische und kulturelle Themen benutzen? Ich Zur Buchmesse erscheinen wieder etliche Titel mit Sportbezug. kenne mittlerweile eine ganze Menge Leute, die die Nase voll haben von dieser theoreti- Aber was macht ein gutes Fußballbuch aus? Helge Malchow, Verleger, schen Überladung, die wollen einfach wieder und Lektorin Birgit Schmitz bei KIEPENHEUER & WITSCH in Köln ins Stadion gehen und das Spiel sehen. über triviale Biografi en der Marke Effenberg und Podolski-Witze Ihre Kollegen vom Werkstatt-Verlag INTERVIEW JOHANNES SCHWEIKLE, FOTOS SVEN VOGEL argumentieren sogar, dass die mediale Präsenz der WM das Publikum erschlagen werde. HM Die Weltmeisterschaft ist ein unüber- Es heißt, bei Kiepenheuer & Witsch seien Wie viele Fußballmanuskripte bekommt schaubarer Markt, und wir wollen nicht in Fußballbücher Chefsache. Wie kommt KiWi denn angeboten? dieses riesige schwarze Loch hinein Bücher das Genre zu dieser Vorzugsbehandlung? BIRGIT SCHMITZ In den letzten zwölf produzieren. Jede Zeitschrift macht ein Son- HELGE MALCHOW Das erste Fußballbuch, Monaten war das enorm, jede Woche kamen derheft, im Theater werden Fußballstücke das wir verlegt haben, war „Fever Pitch“ von zwei bis fünf Angebote. Wir haben aber früh aufgeführt, da kann es in der Tat zu einem Nick Hornby. Dieses Buch hat historische Be- entschieden, nicht direkt auf die Weltmeis- Overkill kommen. Dann haben die Leute deutung. Es hat die Welt des Fußballs von ih- terschaft zu reagieren, sondern Bücher zu schon vor dem Turnier die Schnauze voll von rem dumpfen Unterschichtimage befreit und publizieren, die auch nach dem WM-Finale allen Veröffentlichungen, wollen nur noch sie geöffnet für die Intellektuellen, die bis da- Bestand haben. Wir werden also keine Antho- ins Stadion – und Tor! hin mit schlechtem Gewissen zum Fußball logie deutscher Nationalspieler bringen. Als Heinrich Böll bei KiWi veröffentlicht hat, gegangen sind. „Fever Pitch“ hat die Grenz- Was braucht ein Fußballbuch, damit es auf war Franz Beckenbauer der einzige Fußballer, ziehung zwischen diesen beiden Welten auf- dem Markt ein Erfolg wird? der eine Biografie geschrieben hat. Heute wirft gehoben, und es hat den Markt für ambitio- HM Wenn wir das wüssten. Wir haben viele Bodo Illgner einen Roman auf den Markt, nierte Fußballbücher erst geschaffen. Alle gute Bücher verlegt, die kein Erfolg wurden. nachdem er seit Jahren keinen Ball mehr Fußballbücher, die wir seither machen, sind Ein prominenter Autor hilft natürlich. gehalten hat. eigentlich die Suche nach dem deutschen BS Aber wenige kannten den Journalisten HM Fußball hat sich von einer Subkultur zu Nachfolgebuch. Ronald Reng, von dem Torwart Lars Leese einem Teil der populären Kultur entwickelt.

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Ist der Preis für Lizenzen von Fußballbüchern weil die Schriftsteller überall diesen Satz le- denn gestiegen? sen und sich sagen: Ich bin doch kein Auf- HM Das kann man nicht sagen. Aber die tragsschreiber. So funktioniert das nicht, dass Autobiografi e von Ronaldinho würde schon sich ein Autor sagt: Ich schreibe jetzt einen teuer werden. Roman über Fußball oder über die Wende Was heißt teuer? oder über die Tour de France. Ihn interessieren HM Da ist man schnell bei 200.000 Dollar. Menschen und ihre Konfl ikte, und wenn sei- Wenn fünf Verlage dieses Buch wollen, trei- ne Figur eine Berührung mit dem Fußball hat, ben sie gegenseitig den Preis hoch. Aber sol- dann schreibt er auch darüber, aber nicht um- che Bücher sind meist sehr stromlinienför- gekehrt. Aber wenn er je geschrieben wird, mig, deshalb werden wir uns nicht darum dann werden wir ihn veröffentlichen. kümmern. Nur bei Lukas Podolski machen Von welchem Fußballbuch träumen Sie wir eine Ausnahme (grinst). beide? Wie bitte? HM Ich wünsche mir ein gutes Buch über HM Ein Kölner Literaturjournalist hat uns Fußballtraining. Die Trainer sind doch be- das ultimative Buch über ihn angeboten. kannt wie Popstars, aber 95 Prozent ihrer Ar- Aber das einzige, was ich mir da vorstellen beit spielen sich im Verborgenen ab. Da geht könnte, wäre ein Buch mit 30 Seiten, und auf es um Pädagogik, Psychologie, Medizin, da jeder Seite steht ein Satz, den er nach dem muss man wahrscheinlich auch raffi niert und Spiel gesagt hat … hinterhältig sein. Aber so lange jemand Trai- BS Das wäre dann das Pendant zu den Totti- ner ist, wird er dieses Buch nicht schreiben, Witzen in Italien. denn diese Erfahrungen sind sein Kapital. Wann kommt der große deutsche Fußball- Ihr Wunschautor? „Jede Woche zwei bis fünf Angebote“: Lektorin Schmitz roman? HM Otmar Hitzfeld. HM Ich vermute, dass die meisten Schrift- BS Ich bin sehr stolz auf „Calcio“ von Birgit steller zu weit vom Fußball entfernt sind. Schönau. In erster Linie natürlich, weil es ein Ein Fußballstar ist heute ein Popstar, und da- Aber mich erinnert das vor allem an die Fra- gutes Buch ist, das ganz leidenschaftlich über mit treten alle Mechanismen der populären ge, die alle paar Wochen von den Literatur- Fußball und Gesellschaft in Italien berichtet. Kultur auf. Dazu gehört auch, dass jeder Depp kritikern gestellt wird: Wann kommt der gro- Und ich bin froh, dass eine Frau dieses Buch ein Buch schreibt. ße deutsche Wenderoman? Der kommt nicht, geschrieben hat. Trifft es der Begriff der Trivialisierung? HM Natürlich. Bohlen schreibt seine Auto- biografie, und Naddel schreibt das Gegen- buch. Aber diese Bücher sind nur ein weiteres Glied in der Verwertungskette der Populärkul- tur. Im Buchhandel haben sie nur eine Ver- weildauer von vier Wochen. Zu Bölls Zeiten war das alles noch schön aufgeräumt. Er hat- te übrigens ein Haus in Müngersdorf, wo ihm die Fans am Samstag die Tür zugeparkt ha- ben. Deshalb hat er drei oder vier massive Po- lemiken gegen den Fußball losgelassen. Gibt es eine Sättigungsgrenze für den Voyeurismus der Bücher à la Effenberg? HM Die ist schon erreicht. Der Buchhandel hat schlechte Laune bekommen. Diese Trivi- albiografien werden in der „Bild“-Zeitung vorgestellt, dann steht da ein riesiger Stapel Beckenbauer im Laden, aber das Buch ver- kauft sich nicht gut und muss wieder zurück- geschickt werden. Wir dürfen also die Hoffnung schöpfen, dass der Markt sich selbst reinigt? BS Solche Bücher wird es natürlich immer geben, aber ich denke, mit Bohlen und Effen- berg wurde der Höhepunkt überschritten. „Bei Podolski machen wir eine Ausnahme“: Verleger Malchow

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rrund11_106_107_KIWIund11_106_107_KIWI 107107 006.10.20056.10.2005 12:12:2912:12:29 UhrUhr SPIELKULTUR Kunstrasen

Das Vertraute ist der Ball Am 20. Oktober wird in Berlin die Ausstellung RUNDLEDERWELTEN eröffnet. 73 internationale Künstler zeigen im Rahmen des WM-Kulturprogramms ihre Werke zum Thema Fußball. Dorothea Strauss hat sie zusammengestellt VON DIETRICH ROESCHMANN

Daniel Spoerri: Fortuna (1970)

TRAINER LIEBEN KUNST, KÜNSTLER LIEBEN FUSSBALL Kürzlich las Dorothea Strauss von einem Trainer, der seine Spieler regelmäßig in Ausstellungen schickt, weil er davon überzeugt ist, dass sie dadurch einen freien Kopf bekommen. Ein offener Geist, meinte er, schärft den Blick für das Geschehen auf dem Platz. Das Gleiche gilt auch umgekehrt. Seit es Fußball gibt, gehen Künstler ins Stadion, kicken selbst, rennen mit Vereinsschals durch die Gegend. Roderick Buchanan ist Fan von Celtic Glasgow, Jonathan Monk von Leicester City, L/B von den Young Boys Bern, Olaf Metzel von Herta BSC, Markus Lüpertz von Schalke 04 und Julie Henry strickt Klub-Pullis.

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rrund11_108_109_Austellungund11_108_109_Austellung 108108 006.10.20056.10.2005 20:47:5220:47:52 UhrUhr SPIELKULTUR Kunstrasen

man zu sehen glaubt, ganz anders zu sehen. „Darum geht es in ,Rundlederwelten‘: den Menschen Vertrautes zu zeigen, um ihnen den Weg zu unvertrauten Erfahrungen zu eb- nen.“ Das Vertraute ist der Fußball, das Stadi- on, die Sportschau; das Unvertraute ist der kulturelle Mehrwert, den Fußball erzeugt. Ein gutes Beispiel dafür liefert Esra Ersen. Die türkische Künstlerin beauftragte ein paar deutsche Studentinnen für Stundenlohn, von einer Deutschlandfl agge den schwarzen Bal- ken abzutrennen. Übrig blieb die rot-gelbe Vereinsfl agge des türkischen Pokalsiegers Ga- latasaray Istanbul. Sie hängt jetzt im Foyer des Gropiusbaus – als lässiges Statement über die fragile Macht der Symbole, über Nationalis- Werner Büttner: Ein kulturimperialistisches Bubenstück (1987) mus, Identität, Rassismus und Ausbeutung. Solche und andere Geschichten sind es, mit „UNSER BEGRIFF VON KULTUR HAT SICH IN DEN LETZTEN JAHREN SO denen Dorothea Strauss neben dem Kunstpu- RASANT ERWEITERT, DASS ER FAST JEDEN ASPEKT DES ALLTAGS UMFASST. blikum auch die Fußballfans für „Rundleder- welten“ begeistern will. Die Chancen dafür DAS GLEICHE GILT FÜR DEN FUSSBALL“ DOROTHEA STRAUSS stehen nicht schlecht. Wenn Künstler ins Ate- lier gehen und über Fußball nachdenken, geht Ein Sonntagabend im September. Dorothea getan werden. Unser Begriff von Kultur hat es ihnen nicht um das Andocken von Fuß ball Strauss kommt gerade aus Berlin zurück, von sich in den letzten Jahren so rasant erweitert, an die Kultur. Es geht um Leidenschaft, Witz, einem ihrer Routinefl üge, die sie in den letz- dass er nahezu jeden Aspekt des Alltags um- Ironie, Enttäuschung und um den Alltag des ten Wochen so oft gemacht hat: freitags in fasst. Das Gleiche gilt für den Fußball. Auch Spektakels. „Rundlederwelten“ spürt ihm in Zürich in den Flieger, Ankunft in Berlin, mit dort geht nichts mehr ohne kulturelle Kom- einer bislang nie gesehenen Dichte und Fülle den Technikern reden, Papierkram erledigen, petenz. Kreativität, Performance und Ästhe- nach, ist kurzweilig, klug und unangestrengt, Zoll, Versicherung, Transport, was so anfällt. tik sind spielentscheidend geworden – und ein bisschen wie das Reden und Trinken nach „Ziemlich viel“, sagt Strauss, die seit Juni zwar unabhängig vom Ausgang einer Partie. dem Spiel. „Kunst“, sagt Strauss, „ macht das künstlerische Direktorin am Haus Konstruk- Es ist vor allem die sinnliche Oberfl äche eines Leben aufregender – und ist eine tolle Frei- tiv in Zürich ist. Aber am Ende steht dann im- Spiels, die seinen medialen Wert bestimmt.“ zeitbeschäftigung“. Wie Fußball. Das will sie mer das professionelle Vergnügen. Das Treffen Strauss muss lachen, wenn sie sich so re den den Leuten zeigen. mit den Künstlern. Über deren Arbeiten re- hört. Eigentlich, sagt sie, sei das Thema Kunst den, über Konzepte und Fan-Sein. Und manch- und Fußball ein echtes Kuratorending. Wenn „Rundlederwelten“, Martin-Gropius-Bau, mal auch über Fußball. man erst einmal anfängt, darüber nachzu- Niederkirchnerstr. 7, Berlin. Dorothea Strauss ist die künstlerische Lei- denken, fallen einem die Verwandtschaften 20. Oktober 2005 bis 8. Januar 2006 terin des Ausstellungsprojekts „Rundleder- gleich dutzendweise ein: das Spielerische, die welten“, der Kunst-und-Fußball-Show, die im Regelverletzungen, der Kampf, die medialen Rahmen des Kulturprogramms der Bundes- Bilder. Von Erlösung und Heldentum ganz zu regierung zur WM 2006 am 20. Oktober in schweigen. Alles lässt sich mit Bedeu tung auf- Berlin eröffnet. Die Schau präsentiert Arbei- laden. Dem kann man nur entkommen, wenn ten von 73 internationalen Künstlerinnen und man Kunst Kunst und Fußball Fußball sein Künstlern. In weniger als einem halben Jahr lässt. „In der direkten Gegenüber stellung – hat Strauss so den weltweit umfangreichsten Erst ligaspiel gegen Malereiausstellung – kann und vielseitigsten Rundumschlag zum Thema die Kunst eh nur verlieren“, sagt Strauss. Der aus dem Boden gestampft, den es je gab. Fast Thrill ist ein anderer, die Intensitäten sind könnte man meinen, es sei wirklich etwas nicht vergleichbar, und überhaupt: Durch dran an diesem unbedingten „Grund-Wollen“, welches Museum geht schon La Ola, wenn mit dem André Heller den Fußball an die die Bilder gut hängen? Und wer bricht allen Kultur andocken möchte. Stimmt das? Ernstes in Tränen aus, wenn nicht? Nein, sagt Dorothea Strauss, das würde die Weshalb dann eine Ausstellung? Kunst, sagt Mühe nicht lohnen. „Fußball ist längst Be- Strauss, erzählt subjektive Geschichten, die standteil der Kultur. Da muss nicht mehr viel die Möglichkeit ins Spiel bringen, das, was Olaf Nicolai: Camouflage/Torwand 1-3 (2001)

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rrund11_108_109_Austellungund11_108_109_Austellung 109109 006.10.20056.10.2005 20:48:2420:48:24 UhrUhr SPIELKULTUR Buch

IM RUND-BÜCHERREGAL: Ein vom göttlichsten Fußballer aller Zeiten höchstpersönlich zusammengestellter Bildband erinnert an das Leben des DIEGO ARMANDO MARADONA– so

wie er es sah FOTOS BOMBUS VERLAG, BENNE OCHS

„ER IST KOMPLETT VERRÜCKT GEWORDEN“ Manchmal, wenn die Gegenwart nur noch Diego im roten Poncho, Diego mit schwarzer Herausgekommen ist eine sehenswerte schwer zu ertragen ist, ist der Blick zurück Perücke, Diego ein Clown. Sammlung, manchmal liebevoll, manchmal das Einzige, das hilft. Die Neuigkeiten aus Auch früher gab es Bilder wie diese: Diego aber auch mit einer Mischung aus Größen- dem Hier und Jetzt des Diego Armando Ma- in der Badewanne, Diego am Strand, Diego wahn und Paranoia von Maradona selbst kom- radona haben aus diesem Manchmal fast ein im Pelz. Gleichzeitig gab es aber auch immer mentiert. Seine ganz eigene Wirklichkeit Immer werden lassen. Erst lange Zeit Kuba, noch Bilder, die so herrlich waren wie nicht eben, die wahrscheinlich nirgends der Wahr- Koks und Koma. Dann die Wiederauferste- vieles. Sie zeigten: Diego am Ball. heit so nahe ist wie auf Seite 128, der letzten hung, 40 Kilogramm leichter dank Magen- Es muss ein lichter Moment gewesen sein, Seite seines Lebens in Bildern: „Manchmal band, als Moderator einer eigenen Show im als Diego Armando Maradona sich entschied, denke ich, dass ich immer ein Fußballspieler argentinischen Fernsehen, der lediglich der eine Auswahl dieser Fotos in dem Band „Mi bleiben werde, weil, wenn auch die Tage ver- Titel ein Stück weit alten Glanz verleiht: „La Vida En Fotos“ („Mein Leben in Bildern“) zu gehen, die Jahre vergehen, wenn ich einen noche del diez“ – „Die Nacht der Nummer veröffentlichen. Bilder, die ihn fast allesamt Ball an den Füßen habe, dann fühle ich mich zehn“. „Meinem Vater geht es nicht gut“, sag- als das zeigen, was er einmal war: als Fußbal- so glücklich wie früher, als ich durch Villa Fi- te sein unehelicher Sohn aus Neapel, Diego ler. Erst in den Straßen von Villa Fiorito, dem orito gelaufen bin.“

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rrund11_110_113_Buecher_film_NEUund11_110_113_Buecher_film_NEU 110110 006.10.20056.10.2005 20:39:2320:39:23 UhrUhr SPIELKULTUR Buch

VIELLEICHT GRÖSSER >In der Reihe der WM-Chroniken aus dem Fußball“ ebenfalls nach. Leider verzichtet er ALS FALCO UND MOZART Agon-Sportverlag ist mittlerweile der achte auf seine sonst so geschätzten Analysen und Band erschienen. Er handelt von der Welt- hat seinen Spaß damit, einfach all die Trou- meisterschaft 1930 in Uruguay – dort, wo al- vaillen aufzuschreiben, die ihm während sei- les begann. Die Autoren Folke Havekost und nes Lebens und seiner lang anhaltenden Be- Volker Stahl haben sich bei der Schilderung schäftigung mit Kicken und Kickern einmal des Turniers erfreulicherweise nicht mit Spiel- begegnet sind. Es sei ihm gegönnt, denn inte- berichten und den unvermeidlichen Statisti- ressant und amüsant sind seine Fundstücke ken zufrieden gegeben. Sie schildern sogar allemal.Am 23. November 1899, noch vor der Grün- ab. Erst dann rollt der Ball. Doch auch nach dung des DFB, spielte zum ersten Mal eine dem Abpfi ff gibt es genug interessante Ge- deutsche Auswahl gegen eine andere Nation. >Das sagt Krankl: „Ich bin ja kein Populist, schichten: vom Schicksal des Endspielballs, Grund genug für Holger Jenrich und den Car- ich bin ein Tribun.“ Wie Hans Krankl, der der für 51.000 Euro versteigert wurde, bis zur toonisten Burkh Fritsche, einen satirischen Fußballer, Trainer und Österreicher, das wur- abenteuerlichen Suche nach Filmmaterial in Rückblick auf über 100 Jahre deutsche Natio- de, beschreibt die Biografi e von Wolfgang M. Uruguayer Archiven.

>Listen helfen, das Leben zu strukturieren, wenn alle anderen Kategorien versagen. Ta- bellen geben eine Ordnung, allzumal im Sport. Auch in der Fußballliteratur werden gesammelte Kuriositäten geschätzt, von Chris- tian Eichlers „Fußballmythen“ bis hin zur „National Obsession“ der englischen Kom- mentatorenlegende John Motson zeugen un- zählige Werke von der Lust an der Kleintei- ligkeit. Der Journalist Christoph Biermann geht dieser Leidenschaft in „Fast alles über

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rrund11_110_113_Buecher_film_NEUund11_110_113_Buecher_film_NEU 111111 006.10.20056.10.2005 20:40:1920:40:19 UhrUhr SPIELKULTUR Film

IM RUND-KINO: Die spinnen, die Amerikaner: Sie brauchen einen Film wie „GOAL!“, der ihnen den Fußball näher bringen soll. Und dann verfilmt Hollywood auch noch Nick Hornbys

Fan-Autobiografie „FEVER PITCH“ neu – als Baseballkomödie FOTOS VERLEIH, BENNE OCHS

Das Rückflugticket in der Hand: Der Held erwägt das Ende seiner Karriere

BALLORIENTIERTES BRANDING Der Brite Mike Jefferies wird von einer gro- zierte Fußballfi lmtrilogie, deren erster Teil drei, geplanter Kinotermin Anfang 2007, ßen, nahezu unstillbaren Leidenschaft getrie- nun in unsere Kinos kommt. zeigt ihn als wertvolles Mitglied seines Nati- ben. Doch gilt sie weder einem speziellen „Goal!“ erzählt die Geschichte von Santia- onalteams bei der WM in Deutschland. Klub, dem er bereits in Kindheitstagen ver- go Munez (Kuno Becker), einem jungen, sehr Bemerkenswert daran ist nicht unbedingt fi el, noch der Verehrung des Fußballs im All- talentierten, wenngleich etwas ballverlieb- dieses zuweilen arg sentimental vorgetragene gemeinen. Nein, Jefferies Leidenschaft gilt ten US-Fußballer mexikanischer Herkunft, Aufsteigerdrama mit Fußballhintergrund; be- den Marktlücken. Wie müsste ein Film be- der zum britischen Profi club Newcastle Uni- merkenswert ist die intensive Zusammenar- schaffen sein, fragte er sich vor drei Jahren, ted wechselt, wo er sich nach anfänglichen beit mit der FIFA, die hier zum ersten Mal der dem Fußball bei der Erschließung neuer Schwierigkeiten – der dauernde Regen, das ein Filmprojekt offiziell unterstützt. Über Zielgruppen und Territorien helfen könnte; dauernde Grätschen und ein Coach, der will, den Fußballweltverband wurden auch die insbesondere der Märkte in Asien und den dass man auch mal abspielt – durchsetzt. In Kontakte zu Clubs wie Newcastle United und USA, wo Soccer noch immer eine etwas zwei- der Fortsetzung, die im Frühjahr 2006 star- Real Madrid hergestellt, die ihre Stars gleich felhafte Randsportart darstellt. Seine Ant- tet, wird Munez zu Real Madrid wechseln, reihenweise zu Gastauftritten abstellen. Im wort lautet „Goal!“, eine aufwändig produ- wo er in der Champions League glänzt. Teil ersten Teil gibt es zum Beispiel eine Szene, in

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IST DAS NOCH FUSSBALL? Wer schon immer eine schlechte Meinung von Amerika hatte – der Krieg im Irak! das Klimaprotokoll! Kaffee ohne Kaffeegeschmack! – und gleichzeitig Fußballfan ist, kann sich seine Vorurteile auch im Kino bestätigen lassen: Hollywood entweiht das beste aller Fußballbücher. „Fever Pitch“ von Nick Hornby wurde zum zweiten Mal verfi lmt, nur dass es statt um einen Arsenal-Fan diesmal um einen Anhänger des Baseballteams Boston Red Sox geht. Regie führten auch noch die Gebrüder Far- relly, die einst mit „Verliebt in Mary“ Sperma als Haargel mainstreamfähig mach- ten. Ist denen denn gar nichts heilig? Happy End: Santiago Munez als Profi in Newcastle Das „Fever Pitch“-Remake, vom deutschen Verleih „Ein Mann für eine Saison“ be- titelt, präsentiert uns den ehemaligen „Saturday Night Live“-Komiker Jimmy Fallon der Zidane, Raúl und Beckham ihren „Kolle- als Red-Sox-Oberfan Ben. Drew Barrymore spielt seine neue Freundin Lindsey, die gen“ Munez zu seinem Können beglückwün- selbstredend rein gar nichts mit Baseball am Hut hat. Boy meets Girl mit Hinder- schen. Wie die beteiligten Clubs stehen auch nissen – das klassische Schema. Schon die erste Verfi lmung mit Colin Firth und diese Spieler bei Adidas unter Vertrag, dessen Ruth Gemmell war streng genommen kein Film über Fußball, sondern einer über Produkte ungefähr ebenso häufi g im Bild zu Frauen und Männer. Genauso hält es „Ein Mann für eine Saison“, zuzüglich einer sehen sind wie der junge Hauptdarsteller. Portion Sarkasmus: Wenn Lindsay im Fenway Park den Ball an den Kopf kriegt und Jefferies ist ein absoluter Novize in der zu Boden geht, freut sich Ben erst einmal mit dem glücklichen Finder der Kugel. Filmbranche, doch mit seinen Reden über Und warum auch nicht? Schließlich können die Amerikaner nichts dafür, dass ihr Branding und Crossmarketing rannte er bei Fußball heute Baseball heißt. „Stolz und Patriotismus forderten eine einheimische den Verantwortlichen offenbar offene Türen Entstehung, unbefl eckt durch britische Abstammung“, haben Andrei Markovits und ein. Der Zugriff auf die Ressourcen der Ver- Steven Hellermann in ihrem Standardwerk „Im Abseits“ begründet, warum Fußball eine war jedenfalls beinahe unbeschränkt. in den USA als der Sport integrationsunwilliger Einwanderer galt. Doch wenn Lind- Real Madrid ließ das Filmteam sogar in die sey in der Fankneipe „Es ist doch nur ein Spiel“ herausrutscht, worauf alle Gesprä- Umkleideräume – bislang ein Heiligtum, das che verstummen und Ben sie unauffällig Richtung Tür schiebt, bevor es richtig Är- nicht einmal fotografi ert werden durfte. Auch ger gibt, dann haben Baseball und Fußball gar nicht mehr so wenig miteinander zu bei Newcastle konnte ungehindert gedreht tun. Dann wird klar, dass es in Wirklichkeit nicht um Sportarten geht, sondern um werden. Nur Spieltage waren tabu. An denen Obsessionen. Egal, auf welchem Platz sie stattfi nden.< MALTE OBERSCHELP immerhin durften sich die „Goal!“-Macher „Ein Mann für eine Saison“ läuft ab 27. Oktober in den Kinos neben den TV-Kameras postieren und sowohl Stadionatmosphäre als auch das Match in Ki- noqualität fi lmen. Das riesige Potenzial übersetzt sich leider nicht unbedingt in einen Film, der den Ereig- nissen auf dem Platz gerecht wird. Kamera- einstellungen, die zum Beispiel die Entwick- lung eines Spielzuges deutlich machen, fehlen nahezu völlig. Regisseur Danny Can- non (er drehte für die TV-Serie „CSI“) er- kennt im Fußball vor allem das Drama eines Einzelnen: Ob sein hübsch anzusehender US-Boy das weibliche Publikum in den USA und Asien an den Fußball führt, muss sich erst erweisen. Dass Cannon das vom Produ- zenten Jefferies geforderte Branding verin- nerlicht hat, zeigen seine Anstrengungen, die Gaststars von Newcastle ebenso ins rechte Licht zu setzen wie die Arenen oder andere Produkte. Insofern ist der Film vielleicht ein- fach nur ehrlich. In ihm fi ndet der Fußball als Teil einer milliardenschweren Unterhal- tungsindustrie seinen reinsten Ausdruck.< MATHIAS HEYBROCK „Goal!“ läuft ab 27. Oktober in den Kinos

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rrund11_110_113_Buecher_film_NEUund11_110_113_Buecher_film_NEU 113113 006.10.20056.10.2005 20:40:4720:40:47 UhrUhr SPIELKULTUR Leserbriefe

„Ich rechne mir große WM-Chancen aus“, RUND 10/05 Schwimmbad & Punktverlust Ich kann nicht nachvollziehen, mit welcher Selbstverherrlichung Christoph Metzelder sein Gesicht in jedes Objektiv hält. Sein Enga- gement in Ehren, aber durch den Besuch von Geburtstagsfeiern, Eröffnung von Schwimm- bädern, Werben für Sponsoren und Überneh- men der 20. Schirmherrschaft wäre er sicher ein geeigneter Außenminister, kostet aber den BVB Punkt um Punkt. Da noch den An- spruch anzumelden, der zweitbeste deutsche Innenverteidiger zu sein, kommt etwa drei Jahre zu spät, entbehrt jeder Grundlage und RUND-Ausgabe 10/05: Daniel van Buyten lächelt bundesweit, das klingt in den Ohren eines Dortmund-Anhän- Cover mit Christoph Metzelder erschien in Nordrhein-Westfalen gers nach Realitätsverlust. Felix Luksch, per E-Mail

Allgemein, RUND 10/05 Form und Sinn mertisch nicht lange vor Freundin und/oder Endlich gibt es ein Sportmagazin, das nicht Freunden dafür rechtfertigen muss, dass man mit hohlen Phrasen gefüllt ist, sondern einen – egal was gerade anderes anliegt – aufspringt intellektuelleren Weg beschreitet. Die Fotos, und sagt „18 Uhr, Sportschau!“ Scheint ein die ohnehin schon sehr gut gelungen sind, gutes Jahr für den Fußball und den Sportjour- werden durch sehr intensive und ausdrucks- nalismus zu sein! Und dafür noch mal Danke starke Texte komplettiert. an alle, die daran beteiligt sind. Frank Meinburg, per E-Mail Götz Gerhardt, per E-Mail

Aktuelle Qualität Erbsenzähler, RUND 10/05 Nachdem ich nun die dritte Ausgabe Ihres Meppen oder Nordhorn? Fußballmagazins erstanden habe, fällt doch Die aktuelle Ausgabe ist bis Seite 49 ganz nett ein wenig auf, dass die Qualität und Quantität gemacht. Aber die statistische Erhebung „Wo Ihrer Reporte abgenommen haben. Natürlich gibt es die meisten, wo die wenigsten Fußbal- können Sie das Niveau der erstklassigen Erst- ler in Deutschland“ machte den guten ersten ausgabe nicht halten, doch würde ich mir Eindruck sofort zunichte. Ich wohne in Nord- wünschen, dass Sie etwas mehr Aktualität horn, in der Grafschaft Bentheim, bin beim und mehr Hintergrundgeschichten in Ihr Ma- Nordoberligisten (4. Liga, wie Sie ja sicherlich gazin (re)integrieren. wissen) SV Eintracht Nordhorn unter ande- Bardya Djahanschiri, per E-Mail Wenn Knie flüstern, RUND 10/05 rem für die Vereinsmedien zuständig. Leider Das Kreuz mit Band erwähnen Sie nur unsere beiden schärfsten Ende der Scham In Ihrem Artikel über Jens Nowotny heißt es, Konkurrenten: den BVC Cloppenburg und Ich möchte der Redaktion einen herzlichen ein vorderer Kreuzbandriss sei seltener, kom- den SV Meppen. Wussten Sie, dass der SV Dank dafür aussprechen, dass es endlich mal plizierter, und der Heilungsprozess dauere Meppen und der SV Eintracht seit dem Zweit- geklappt hat, ein vernünftig anzuschauendes, länger. Tatsächlich ist es genau umgekehrt: ligaabstieg der Meppener immer in einer Liga unterhaltsames und nicht stumpf-oberfl ächli- Risse des hinteren Kreuzbandes sind weitaus spielten? Wussten Sie ferner, dass der SV Ein- ches Fußballmagazin auf die Beine zu stellen, seltener als die des vorderen, die Operation tracht im Meppener Emslandstadion schon für das man sich nicht schämen muss, wenn es ist komplizierter und der Heilungsprozess 5:2- und 4:0-Kantersiege landen konnte, in neben dem Bett liegt; insbesondere wenn die- dauert meist deutlich länger. Ich war jeden- Nordhorn gab’s sogar schon ein 6:1! Vom BVC ses Magazin in einem Jahr losgetreten wird, in falls froh, dass es bei mir nur das vordere er- Cloppenburg ganz zu schweigen - seit Jahren dem der HSV nach 22 langen Jahren wieder so wischt hatte. ist der SVE gegen den BVC ungeschlagen. spielt, dass man sich samstags am Wohnzim- Klaus Reuling, per E-Mail Andreas Lamann, per E-Mail

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe nicht oder nur gekürzt zu veröffentlichen. Zuschriften bitte mit Stichwort „Leserbrief“ an [email protected], Redaktion RUND, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg oder Fax: 040-80 80 686-99

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rrund11_114_115_Vorschau_Impr_Leserbriefeund11_114_115_Vorschau_Impr_Leserbriefe Abs1:114Abs1:114 006.10.20056.10.2005 20:53:4920:53:49 UhrUhr RUND Impressum

IMPRESSUM RUND #4 11 2005 VERLAG: Olympia-Verlag GmbH, Badstr. 4-6, D-90402 Nürnberg, Tel. 0911/216-0, Fax 0911/216 27 39 REDAKTION: RUND Redaktionsbüro Hamburg GmbH ARBEITEN IN DER REDAKTION FOTO BENNE OCHS & Co. KG, Pinneberger Weg 22-24, 20257 Hamburg Tel. 040/80 80 686-0, Fax 040/80 80 686-99 REDAKTIONSLEITUNG: Rainer Schäfer (verantwortlich für den Inhalt), Matthias Greulich (geschäftsführender Redakteur), Oliver Lück (stellv. Redaktionsleitung) ART DIREKTION: Anna Clea Skoluda REDAKTION: Martin Krauß (Chef vom Dienst), Eberhard Spohd (Textchef), Malte Oberschelp, Christoph Ruf REDAKTIONSASSISTENZ: Sabine Richter GRAFIK: Tanja Poralla, Anne-Katrin Ellerkamp SCHLUSSGRAFIK/INFOGRAFIK: Sabine Keller BILDREDAKTION: Henning Angerer, Jochen Hagelskamp ILLUSTRATION: Anne-Katrin Ellerkamp, Toni Schröder AUTOREN: Peter Ahrens, Joachim Barbier, Sven Bremer, Detlef Dreßlein, Steffen Grimberg, Ulrich Hartmann, Frank Heike, Mathias Heybrock, Thomas Kilchenstein, Wolfgang Laaß, Roland Leroi, Sven Lindenblatt, Thomas Lötz, Jörg Marwedel, Hans Meyer, Niels Müller, Nico Patschinski, Sven Recker, Roger Repplinger, Dietrich Roeschmann, Elke Rutschmann, Eberhard Schade, Bernd Schneiders, Johannes Schweikle, Jörg Stroh- schein, Olaf Sundermeyer, Klaus Teichmann, Jörg Thadeusz, Daniel Theweleit, Peter Unfried, Hans Wille, Jonathan Wilson KORREKTORAT: Janina Jentz ÜBERSETZUNGEN: Stefanie Knauer TITELBILD: Heiko Prigge FOTOS: Michael Danner c/o waldmannsolar.com, Dirk Fellenberg c/o waldmannsolar.com, Valeska Achenbach, Gerald von Foris, Tillmann Franzen, Elias Hassos, Christian Jungeblodt, Matthias Koslik, Tim Kubach, Martin Kunze, Klaus Merz, Dirk Messner, Papu Pramod Mondhe, Martin Nink, Benne Ochs, Isabela Pacini, Stephan Pfl ug, Sven Vogel, Sebastian Vollmert, Klaus Wäldele ANZEIGENLEITUNG: Werner A. Wiedemann (verantwortlich für Anzeigen), Tel. 0911/216 22 12 Torhüter, Telefon: Redakteure Rainer Schäfer (li.) und Martin Krauß (r.) Ekkehard Pfi ster, Tel. 0911/216 27 49, Gültige Anzeigenpreisliste Nr.1 vom 1. 7. 2005 REPRO: Fire Dept. GmbH, Hamburg DRUCK: heckel GmbH, Nürnberg VERTRIEBSLEITUNG: Andreas Bauer, Tel. 0911/216 22 60 ABONNEMENT UND KUNDENDIENST: Deutschland: RUND-Leser-Service, Badstr. 4-6, 90402 Nürnberg, [email protected], Tel. 0911/216 22 22, Preis des Einzelheftes 2,80 Euro, Jahresabonnement 33,60 Euro Österreich: RUND-Abonnenten-Service, Postfach 5, 6960 Wolfurt, [email protected], Tel. 0820/ 00 10 82, VORSCHAU 12 2005 Fax 0820/00 10 86, Preis des Einzelheftes 3,20 Euro, Jahresabonnement 38,40 Euro Schweiz: RUND-Leser-Service, Postfach, 6002 Luzern, [email protected], Tel. 041 3292233, Am 23. November erscheint die nächste Ausgabe: Fax 041 3292204, Preis des Einzelheftes 5,40 sFr, Jahresabonnement 64,80 sFr Der Nationalspieler des VfB Übriges Ausland: Jahresabonnement 33,60 Euro zzgl. Porto Stuttgart erzählt von seinen Hochs und Tiefs nach Erscheinungsweise: monatlich Für unverlangt eingesendete Manuskripte, Fotos, Dias, seiner Rückkehr aus der englischen Premier League Bücher usw. wird nicht gehaftet. Die gesamte Zeit- schrift einschließlich aller ihrer Teile ist urheberrecht- Carlos Kameni Der Kameruner gilt als bester Tor- lich geschützt, soweit sich aus dem Urheberrechts- gesetz und sonstigen Vorschriften nichts anderes wart Afrikas und spielt beim Espanyol Barcelona Stadionknast Eine ergibt. Jede Verwertung ohne schriftliche Zustimmung Reportage aus den Gefängnissen der Bundesliga – wie Fans 90 des Verlages ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover- Minuten Einzelhaft bekommen Erik Makaay Torwart, Bruder und filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Copyright für Inhalt und der mit Abstand beste Fischverkäufer Hollands Frauenbundesliga Gestaltung – falls nicht ausdrücklich anders vermerkt – by Olympia-Verlag 2005. ISSN 1860-9279 Was bei den Weltmeisterinnen besser läuft als bei den Männern

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Der Weg ist das Ohr Jeden Monat terrorisiert TV- und Radiomoderator Jörg Thadeusz in RUND liebevoll den Fußball. Dieses Mal erklärt er das Prinzip der friedlichen Zusammenschaltung

Jedes Wochenende gibt es sieben Fußball- nehmen Rücksicht aufeinander, man fällt Uhr am Heiligabend wäre nicht mehr die profi s, die immer ihre Höchstleistung abru- dem anderen nur aus gutem Grund – bei Elf- Zeit, wo rotweinschwere Gemeinheiten über fen. Die weitermachen, auch wenn ihr Kreuz- meter oder Tor – ins Wort. Sie interessieren die Familientafel gebrüllt werden. 21.30 Uhr band hinüber ist oder eine fi ese Grippe in sich für einander, fühlen miteinander und könnte die Schaltzeit sein. Eine stimmungs- den Nebenhöhlen nistet. Die selbst in eng- können ihre Gefühle auch in Worte fassen: volle Weihnachtskonferenz in schlanken 15 lischen Wochen noch Luft für die Nachspiel- „Ich beneide dich, Rolf-Reiner, ganz schön Minuten, kein Zank, sondern ein zufriedener zeit haben. Diese virtuosen Einzelkönner was los bei euch in der AOL-Arena.“ Wenn Onkel, der „alles in allem eine schöne Be- schalten sich im Radio zur Bundesligakonfe- alle Menschen so miteinander umgehen wür- scherung gesehen hat“ und weitergibt nach renz zusammen, geben dem Samstagnach- den – die Welt wäre ein besserer Ort. Delmenhorst zu seinem Bruder, wo es Pro- mittag mit dem dazwischengerufenen „Tor in Es ist allerdings noch nicht gelungen die- bleme mit dem Baum gegeben haben soll. Wolfsburg“ Charakter. Umgeben uns durch ses Begegnungsmodell auch in den fußball- Das Prinzip der Zusammenschaltung ist das übersichtliche Gewirr ihrer selbstbewuss- fernen Alltag einzubauen. Dabei ist die Lehre auch nicht überfordert, wenn große Leiden- ten Stimmen mit einer vertrauten Retrolau- ganz simpel: Selbst wer von größtmöglicher schaften im Spiel sind. Eine nach einem Sei- schigkeit, als wäre das böse Bezahlfernsehen Dramatik umgeben ist, kann sich friedlich zu- tensprung gefährdete Beziehung könnte in noch gar nicht erfunden. sammenschalten – der Weg ist das Ohr. Der einer Dreierkonferenz aufgehen. Dabei bietet NDR-Mann Alexander Bleick, der mit der Ansichtskartenstress der Sommersaison wä- die Fußballsprache Deckung: Nachdem der Gewandtheit eines norddeutschen Heringsfi - re passé. Anfang August, wenn alle unterwegs in die Beziehung Eingedrungene versichert, letierers das vor ihm liegende Spiel sauber se- sind, einfach zusammenschalten und die dass die Beteiligten auf seinem Platz nur sel- ziert. Der SWR-Titan Jens Jörg Rieck, dessen Zwischenstände abholen: „Wir haben hier in ten in Strafraumnähe gekommen sind, die Stimme eine Wucht hat wie Roberto Carlos Malaga 27 Grad, das sieht bei euch in Bolten- grundsolide Abwehrarbeit dann aber auch in den Hydraulikoberschenkeln. Der WDR- hagen bestimmt ganz anders aus, so mies wie Schlimmeres verhütet hat, gibt er ab an Mo- Hel dentenor Manfred Breuckmann, der eher die erste Hälfte des Sommers gelaufen ist, nika. Bei ihr ist dann entweder Schluss und seine Frau an der Raststätte vergessen würde, oder?“ Vielleicht könnte auf diesem Weg die sie gibt schnell weiter zum Gehörnten, weil als einen Satz unbeendet im Raum stehen zu geschwätzige Schwägerin auf 40 Sekunden sie wissen will, ob bei dem auch schon alles lassen. Sie sehen entsetzlich langweiliges Ge- runtergebremst werden, da sie weiß, dass sie aus ist. Oder sie überlässt alles dem versöhn- gurke und überschütten es verschwenderisch noch Bernd aus Nizza und Paula an der Ma- lichen Ende einer jeden Konferenz – und gibt großzügig mit ihrer eigenen Erregung. Sie surischen Seenplatte im Kreuz hat. Und 21.30 zurück ins Funkhaus. FOTO MATTHIAS KOSLIK

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