Auswirkungsanalyse

zur geplanten Ansiedlung eines Norma-Lebensmittelmarktes am Industrieweg in Jülich-Welldorf

für die Dierken Baumanagement GmbH Tiefer Weg 2 49424 Goldenstedt

Ihre Ansprechpartner Wirtschaftsgeogr. Claus Freuen, M.A. (Senior Consultant) Dipl.-Geogr. Rainer Schmidt-Illguth (Niederlassungsleitung)

BBE Handelsberatung GmbH Goltsteinstraße 87a 50968 Köln Deutschland

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Köln, im Dezember 2020 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Inhaltsverzeichnis

1 Aufgabenstellung und methodische Vorgehensweise ...... 4 1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung ...... 4 1.2 Methodische Vorgehensweise ...... 4

2 Planvorhaben und Projektdaten ...... 6

3 Standortseitige Rahmenbedingungen ...... 8 3.1 Makrostandort ...... 8 3.2 Mikrostandort ...... 12

4 Wettbewerbssituation ...... 15 4.1 Projektrelevanter Wettbewerb in Jülich ...... 15 4.2 Projektrelevanter Wettbewerb in ...... 18 4.3 Zusammenfassende Bewertung der Wettbewerbssituation ...... 19

5 Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftvolumen ...... 21 5.1 Einzugsgebiet des Planvorhabens ...... 21 5.2 Relevantes Nachfragevolumen im prognostizierten Einzugsgebiet ...... 23

6 Auswirkungsanalyse...... 24 6.1 Umsatzleistung des Planvorhabens ...... 24 6.2 Umsatzumverteilungseffekte ...... 27 6.3 Einordnung des Vorhabens in das kommunale Einzelhandelskonzept ...... 30 6.4 Einordnung des Vorhabens in die Ziele des Landesentwicklungsplans ...... 31

7 Städtebauliche Bewertung des Planvorhabens und Fazit der Analyse ...... 35

2 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Lageplanung ...... 6 Abbildung 2: Lage der Stadt Jülich und zentralörtliche Gliederung ...... 8 Abbildung 3: Einwohner der Stadt Jülich nach Stadtteilen ...... 10 Abbildung 4: Einzelhandels-Standortkonzept der Stadt Jülich ...... 11 Abbildung 5: Mikrostandort ...... 12 Abbildung 6: Mikrostandort und Umfeldnutzungen (Fotos) ...... 13 Abbildung 7: Fußläufiger Nahbereich* ...... 14 Abbildung 8: Relevante Wettbewerbsstandorte (Auswahl) ...... 16 Abbildung 9: Ergebnisse Haushaltsbefragung „Nahversorgungsstudie in den Jülicher Ortsteilen“ ...... 18 Abbildung 10: Relevanter Wettbewerb – Netto-Filiale in Rödingen-Höllen ...... 19 Abbildung 11: Nahversorgungsrelevante Angebotssituation nach Standortlagen ...... 20 Abbildung 12: Einzugsgebiet ...... 22 Abbildung 13: Nahversorgungsrelevantes Kaufkraftpotenzial im Einzugsgebiet ...... 23 Abbildung 18: Umsatzerwartung (in Mio. €) ...... 25 Abbildung 15: Marktanteile des Planvorhabens ...... 26 Abbildung 16: Umverteilungseffekte des Planvorhabens ...... 28 Abbildung 17: Gebietsentwicklungsplan Bezirksregierung Köln – Teilabschnitt Region ...... 31 Abbildung 18: Umsatz-Kaufkraft-Relation im Nahbereich des Norma-Marktes ...... 33

3 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

1 Aufgabenstellung und methodische Vorgehensweise

1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung

Die Dierken Baumanagement GmbH plant, auf einem Grundstück am Industrieweg in Jülich Welldorf ei- nen Norma Lebensmittelmarkt sowie ein Café / Bistro mit Backwarenverkauf zu errichten.

Das Vorhabengrundstück befindet sich heute im Außenbereich gemäß § 35 Baugesetzbuch (BauGB), so dass die Genehmigung des Vorhabens die Aufstellung eines Bebauungsplanes erfordert.

Der Markt wird auf eine Verkaufsfläche (VKF) von etwa 1.100 m² projektiert und damit die Schwelle zur Großflächigkeit überschreiten. Deshalb ist im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch aufzuzeigen, dass das Vorhaben mit den für den großflächigen Einzelhandel relevanten Zielen des Landesentwick- lungsplanes übereinstimmt.

Auch ist aufzuzeigen, dass für den Realisierungsfall negative Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbe- reiche sowie die wohnungsnahe Versorgung in Jülich und in den Nachbarkommunen ausgeschlossen werden können. Die BBE Handelsberatung GmbH wurde mit der Erarbeitung eines entsprechenden Gutachtens beauf- tragt. Die Ergebnisse der Analyse werden im Folgenden dargelegt.

1.2 Methodische Vorgehensweise

Die Grundlage der Analyse bilden Recherchen der Gutachter in Jülich sowie relevanten Angebotsstand- orten in Umlandkommunen. Die Ergebnisse der Untersuchung basieren insbesondere auf folgenden Da- tengrundlagen:

■ Durchführung von Vor-Ort-Recherchen zur Bewertung der Mikrostandort-Situation.

■ Erhebung relevanter Anbieter von nahversorgungsrelevanten Sortimenten. Hierzu gehören vor allem strukturprägende Lebensmittelmärkte (v. a. Lebensmittel-Discounter, Supermärkte und Ver- brauchermärkte) im Untersuchungsgebiet.

■ Umsatzschätzung für die erfassten Einzelhandelsbetriebe unter Berücksichtigung der standortbe- zogenen Rahmenbedingungen sowie branchen- und betriebsformenspezifischer Leistungskennzif- fern.

■ Verwendung von aktuellen Datenmaterialien der BBE Marktforschung (z. B. Kaufkraftkennziffern auf Gemeinde-Ebene und sortimentsspezifische Pro-Kopf-Ausgaben).

■ Aufbereitung relevanter sekundärstatistischer Daten und Informationsquellen (u. a. soziodemogra- fische Kennzahlen; Einzelhandels und Zentrenkonzept der Stadt Jülich1).

1 BBE Handelsberatung GmbH, 2014

4 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Die Ermittlung der derzeitigen und der durch das Planvorhaben beeinflussten zukünftigen Kaufkraftbewe- gungen wird unter Zugrundelegung der folgenden Faktoren durchgeführt:

■ Zeitdistanzen zwischen den Wohnortstandorten im Einzugsbereich und den projektrelevanten Ein- zelhandelsstandorten,

■ Einwohnerzahlen im Untersuchungsgebiet,

■ einzelhandelsrelevantes Kaufkraftniveau im Untersuchungsgebiet,

■ Attraktivität der untersuchungsrelevanten Einkaufsziele im Untersuchungsgebiet ausgedrückt durch das Verkaufsflächenangebot, die Angebotsstruktur und die Erreichbarkeit,

■ Bereitschaft der Konsumenten zur „Raumüberwindung“ beim Einkauf bestimmter Warengruppen.2

Das eingesetzte Prognosemodell wurde bereits in zahlreichen Praxissituationen erprobt und ver- feinert, so dass es zur Abschätzung der Auswirkungen von Einzelhandel auf die Kaufkraftbindung und die Wettbewerbssituation im Einzugsgebiet geeignet ist.

2 Während beispielsweise bei Artikeln des täglichen Bedarfes (v. a. Lebensmittel und Drogeriewaren) das Krite- rium der räumlichen Nähe des Einkaufszieles gegenüber dem Kriterium der Attraktivität relativ wichtiger ist, dominiert bei Artikeln des mittel- und längerfristigen Bedarfes (u. a. Sportartikel oder Bekleidung / Schuhe) das Kriterium der (vermuteten) Attraktivität.

5 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

2 Planvorhaben und Projektdaten

Wie einleitend bereits dargelegt, plant die Dierken Baumanagement GmbH, am Industrieweg in Jülich Welldorf einen Norma Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 1.100 m². Zudem ist am Stand- ort eine zusätzliche Ladeneinheit mit einer Mietfläche von rd. 140 m² geplant. Diese soll von einem Café mit angegliedertem Backwarenverkauf belegt werden, wovon der überwiegende Teil auf den gastrono- misch genutzten Teilbereich (Café) entfallen wird. Die für den Thekenverkauf von Backwaren vorgese- hene Verkaufsfläche wird sich mit rd. 30 m² demgegenüber deutlich unterordnen.

Wie die nachfolgende Grundrisszeichnung illustriert, soll der Neubau auf einem heute noch unbebauten Grundstück südlich des Finkelbachweges entstehen. Die Grundstückszufahrt soll über eine direkte Anbin- dung an die Landesstraße 213 erfolgen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Lageplanung

Quelle: Dierken Baumanagement GmbH / VDH Projektmanagement GmbH, Planungsstand 10.09.2020.

Ordnet man das Norma-Vorhaben in Jülich-Welldorf in die Distributionsstrukturen im Lebensmitteleinzel- handel sowie in die aktuellen Marktentwicklungen im Nahrungs- und Genussmittelsektor ein, so kann als Zwischenfazit Folgendes festgehalten werden: ■ Per Definition ist der zu untersuchende Norma-Markt dem Betriebstyp des Lebensmittel-Discoun- ters zuzuordnen, die im Zeitverlauf eine immer größer werdende Angebotstiefe im nahversor- gungsrelevanten Angebot aufweisen. So nehmen zwischenzeitlich die Frischeartikel (Obst und Gemüse, Backwaren und Fisch-, Fleisch- und Wurstwaren) im Sortimentsangebot der Discounter eine wesentlich größere Bedeutung ein als in früheren Filialkonzepten.

6 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

■ Damit übernimmt die Norma-Vertriebsschiene wie auch die anderen Discountmärkte nicht mehr nur die „preisorientierte“ Versorgung im Trockensortiment, sondern deckt einen deutlich umfas- senderen Teil der Nachfrage im Bereich der wohnungsnahen Grundversorgung ab. Dabei bleibt festzuhalten, dass in jeder Norma-Filiale – unabhängig von der Verkaufsfläche – das gleiche Sorti- ment angeboten wird. ■ Discounter der neusten Generation verfügen in der Regel über eine Verkaufsfläche von mindes- tens 1.200 m².

■ Insbesondere folgende Aspekte begründen die Notwendigkeit größerer Verkaufsflächen:

■ Verbreiterung der Gänge zwischen den Regalen zur besseren Durchgängigkeit,

■ Ausweitung der Regalmeter, um mehr Waren eines Artikels nebeneinander platzieren zu können und so die Sichtbarkeit des Warenangebots zu verbessern,

■ Reduzierung der Regalhöhen, um den Zugang zu Artikeln zu erleichtern,

■ Steigerung der Einkaufsatmosphäre durch kundenfreundlichere Warenpräsentation,

■ Standardisierung der Logistik, um den Betriebsablauf zu optimieren (beispielsweise die Erhöhung der Palettenanzahl im Getränkesortiment).

■ Norma beabsichtigt für den neuen Filialstandort eine Verkaufsfläche von rd. 1.100 m², die damit hinsichtlich der Größendimensionierung im (unteren) Mittelfeld neu errichteter Lebensmittel- Discounter anzusiedeln ist.

7 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

3 Standortseitige Rahmenbedingungen

3.1 Makrostandort

Die Stadt Jülich liegt im Südwesten des Landes Nordrhein-Westfalen und ist dem Regierungsbezirk Köln angehörig. Sie ist eine mittlere kreisangehörige Stadt des Kreises Düren, innerhalb dessen sie eine nörd- liche Lage einnimmt.

Abbildung 2: Lage der Stadt Jülich und zentralörtliche Gliederung

Quelle: Eigene Darstellung

8 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Angrenzende Städte und Gemeinden sind im Norden die Stadt , im Nordosten die Gemeinde Titz, im Südosten die Gemeinde Niederzier, im Süden die Gemeinde Inden sowie im Westen die Gemeinde .

Gemäß der zentralörtlichen Einstufung des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen übernimmt Jülich die Funktion eines Mittelzentrums, während es sich bei den unmittelbar angrenzenden Kommunen Linnich, Titz, Niederzier, Inden und Aldenhoven ausschließlich um Grundzentren handelt. Die nächstgele- genen größeren Zentren sind die Mittelzentren Düren, Bedburg, Hückelhoven und sowie die Oberzentren Aachen und Mönchengladbach. Die Stadt Aachen weist dabei aufgrund der geringen Dis- tanz von lediglich rd. 30 km sowie einer guten verkehrlichen Erreichbarkeit eine besondere Bedeutung als Versorgungs- und Wettbewerbsstandort auf. Gleiches gilt auch für die rd. 17 km entfernte, südlich gele- gene Kreisstadt Düren.

Hinsichtlich der verkehrlichen Erreichbarkeit weist die Stadt Jülich mit zwei Anschlussstellen an die Bun- desautobahn (BAB) 44 sowie den beiden Bundesstraßen 55 und 56 eine sehr gute Anbindung an das überregionale Straßennetz auf. An die Bundesautobahn 44, welche das Stadtgebiet in nordöstlicher- bzw. südwestlicher Richtung quert, ist Jülich mit den beiden Anschlussstellen „Jülich-Ost“ und „Jülich -West“ angeschlossen. Die BAB 44 stellt dabei in südöstlicher Richtung eine Anbindung an das Oberzentrum Aachen bzw. den Grenzübergang Lichtenbusch dar. Über das nordöstlich gelegene Autobahndreieck Jackerath bestehen zudem günstige Anbindungen an den Niederrhein.

Über die rd. 12 km entfernt gelegene Autobahnanschlussstelle „Düren“ besteht zudem ein Anschluss an die (Aachen – Köln).

Darüber hinaus stellen die beiden in Jülich beginnenden Bundesstraßen 55 (Richtung Elsdorf) und 56 (Richtung Niederzier / Düren) zwei regional bedeutsame Verkehrsträger dar.

Das übergeordnete System der vorgenannten Fernstraßen wird durch ein engmaschiges Netz an Lan- des- und Kreisstraßen ergänzt, welches Jülich mit den umliegenden Städten und Gemeinden verbindet.

Die Stadt Jülich in ihrer heutigen Form geht auf die Gebietsreform im Rahmen der kommunalen Neuglie- derung von 1972 zurück, in deren Rahmen gleichzeitig auch der damalige Kreis Jülich – ebenso wie der Regierungsbezirk Aachen – aufgelöst wurde.

Heute besteht die Stadt Jülich aus den folgenden Stadtteilen: Kernstadt Jülich, Altenburg, Barmen, Bourheim, Broich, Daubenrath, Güsten, Kirchberg, Koslar, Lich-Steinstraß, Mersch, Merzenhausen, Pat- tern, Selgersdorf, Stetternich und Welldorf (mit Serrest).

Mit rd. 53 % lebt rd. die Hälfte der Bevölkerung in der Kernstadt Jülich, die verbleibenden 47 % verteilen sich auf die umliegenden 15 Stadtteile, welche Einwohnerzahlen zwischen 200 und rd. 3.000 Personen aufweisen.

Kennzeichnend für die Siedlungsstruktur ist demnach eine starke Konzentration auf die Kernstadt, wäh- rend in den dünn besiedelten Stadtteilen ausschließlich dörfliche Strukturen vorhanden sind.

9 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 3: Einwohner der Stadt Jülich nach Stadtteilen

Stadtteil Einwohner abs. Einwohner in %

Altenburg 213 0,6 Barmen 1.293 3,8 Bourheim 920 2,7 Broich 1.110 3,3 Daubenrath 237 0,7 Güsten 1.132 3,3 Kernstadt 18.028 52,8 Kirchberg 1.631 4,8 Koslar 2.882 8,4 Lich-Steinstraß 1.192 3,5 Mersch 780 2,3 Merzenhausen 390 1,1 Pattern 463 1,4 Selgersdorf 798 2,3 Stetternich 1.696 5,0 Welldorf (mit Serrest) 1.348 4,0

Stadt Jülich gesamt 34.115 100,0

Quelle: Stadt Jülich, Stand: 31.12.2019; Rundungsdifferenzen möglich;

Das kommunale Einzelhandelskonzept weist der Jülicher Innenstadt als einzigem zentralen Versor- gungsbereich (=Hauptzentrum) eine gesamtstädtische Versorgungsfunktion zu. Weitere zentrale Versor- gungsbereiche sind im Stadtgebiet von Jülich nicht vorhanden.

Im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes wurde aufgezeigt, dass der innerstädtische nahversorgungsre- levante Einzelhandel eine wichtige „Doppelfunktion“ übernimmt: Die vorhandenen Lebensmittel- und Dro- geriemärkte fungieren dabei sowohl als integrierte Nahversorger der unmittelbar im Stadtzentrum leben- den Bevölkerung, gleichzeitig übernehmen sie wichtige Magnetfunktion für die Innenstadt.

Neben den innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches ansässigen nahversorgungsrelevanten Betrie- ben sind im Stadtgebiet darüber hinaus weitere Lebensmittelbetriebe ansässig, denen wichtige Aufgaben der wohnungsnahen Versorgung zufallen. Diese ergänzenden Nahversorgungsstandorte sind als Soli- tärstandorte mit hohem Wohngebietsbezug ebenfalls städtebaulich von großer Bedeutung.

Zu diesen „Nahversorgungsstandorten“ zählen:

■ Penny (Linnicher Straße), ■ Netto (Römerstraße) und ■ Netto (Koslar).

10 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 4: Einzelhandels-Standortkonzept der Stadt Jülich

Planstandort

Quelle: Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Jülich (2014), S. 67; eigene Darstellung

Darüber hinaus wird lediglich für die im nordöstlichen Siedlungsgebiet in Mersch, Pattern, Welldorf und Güsten lebende Bevölkerung ein weiterer (potenzieller) Nahversorgungsstandort vorgeschlagen, „die sich derzeitig nur unzureichend wohnortnah versorgen können.“3

„Prioritär sollte dabei ein geeigneter Standort im Siedlungsbereich Welldorf / Güsten verfolgt werden. Denn dieser verfügt [...] über ein deutlich höheres, lokales Bevölkerungspotenzial als die beiden Ortsla- gen Mersch / Pattern und ist im Regionalplan zudem bereits als Allgemeiner Siedlungsbereich darge- stellt.“4

Der Standort des geplanten Norma-Marktes stellt demnach den im Standortkonzept der Stadt Jülich ex- plizit berücksichtigten potenziellen Nahversorgungsstandort dar und stimmt somit standortseitig mit den Vorgaben der Stadtentwicklungsplanung überein.

3 Einzelhandelskonzept für die Stadt Jülich (2014); S. 51

4 Ebd.; S. 71

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3.2 Mikrostandort

Der Projektstandort ist dem ineinander übergehenden Siedlungskörper von Welldorf und Güsten mit rd. 2.500 Einwohnern zuzuordnen, der innerhalb des Stadtgebietes von Jülich eine nordöstliche Lage jen- seits der Bundesstraße B 55 einnimmt.

Angrenzende Stadtteile sind die rd. 4 km westlich gelegenen Ortslagen Mersch und Pattern mit insge- samt rd. 1.200 Einwohnern sowie die beiden der Nachbarkommune Titz angehörigen Ortslagen Rödingen und Höllen (rd. 1.800 Einwohner) in ebenfalls rd. 4 km.

Innerhalb von Welldorf nimmt der Planstandort eine Lage am südlichen Ortseingangsbereich ein.

Abbildung 5: Mikrostandort

Quelle: eigene Darstellung

Das Projektgrundstück ist aktuell landwirtschaftlich genutzt. Nördlich befindet sich das Betriebsgelände von Agrarhandel Lennards. Im Süden stellt der Bachlauf des Landwehrgrabens die Grenze des Projek- tareals dar.

Die Hauptzufahrt zum geplanten Lebensmittelmarkt soll über die Güstener Straße erfolgen, die Welldorf- Güsten sowohl an die rd. 6 km entfernt gelegene Kernstadt von Jülich als auch die östlich gelegenen Ortslagen anbindet. Zugleich stellt der als Landesstraße L 213 qualifizierte Verkehrsträger eine Anbin- dung an die rd. 750 Meter entfernt verlaufende B 55 her. Damit ist der Mikrostandortbereich verkehrlich gut in das lokale Straßennetz integriert. Auch die zu erwar- tenden Lieferverkehre wären aufgrund der zusätzlichen Erschließung über den Industrieweg gut abzuwi- ckeln.

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Abbildung 6: Mikrostandort und Umfeldnutzungen (Fotos)

Quelle: eigene Fotos

Mit dem ÖPNV ist das Areal durch die beiden Bushaltepunkte „Welldorf – Güstener Straße“ und „Güsten – Güsten Siedlung“ in jeweils rd. 600 Metern Entfernung erreichbar.

Für die in Welldorf-Güsten lebende Bevölkerung ist die fußläufige Erreichbarkeit des Planareals insbe- sondere über den bereits bestehenden „Industrieweg“ gesichert.

Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Struktur- wandel im Lebensmitteleinzelhandel und § 11 Abs. 3 BauNVO“ die Empfehlung ausgesprochen wurde, die Ausdehnung eines als fußläufig zu erachtenden Nahbereichs mit der Einwohnerdichte zu variieren, um den unterschiedlichen Anforderungen an eine verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung in ver- dichteten städtischen Bereichen einerseits und in dünner besiedelten ländlichen Räumen andererseits gerecht zu werden.

Den Empfehlungen folgend kann für den Siedlungsbereich Welldorf-Güsten mit einer Einwohnerdichte von unter 200 Einwohnern je km² ein Radius von bis zu 2.500 m als Nahbereich bewertet werden.5

5 Bei einer Gesamtfläche von rd. 15,6 km² und einer Bevölkerung von insgesamt rd. 2.480 Einwohnern lässt sich eine Einwohnerdichte von rd. 159 Einwohnern je km² errechnen.

13 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 7: Fußläufiger Nahbereich*

Quelle: Eigene Darstellung * Angaben der fußläufigen Entfernung gemäß Google Routenplaner

Wie die vorstehende Darstellung belegt, ist dem Vorhabenstandort demnach ein Nahbereich zuzuordnen, der den gesamten Siedlungskörper von Welldorf-Güsten umfasst. Alle in diesem Bereich vorhandenen Wohnquartiere sind fußläufig an den Standort angebunden, die Fußwege-Distanzen belaufen sich auf maximal 900 bis 1.700 Meter. Insgesamt verfügt dieser Nahbereich über ein Bevölkerungspotenzial von etwa 2.480 Einwohnern.

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4 Wettbewerbssituation

Um Aussagen über die wettbewerblichen Rahmenbedingungen sowie mögliche durch die geplante An- siedlung des Norma-Marktes hervorgerufenen städtebaulichen Auswirkungen treffen zu können, ist eine Betrachtung der Angebotsstrukturen im Wettbewerbsumfeld des Planstandortes notwendig.

Die Wettbewerbssituation wird wesentlich durch die vorhandenen Lebensmittelmärkte geprägt, während der kleinteilige Einzelhandel (Ladenhandwerksbetriebe, Lebensmittelfachgeschäfte) nur in begrenztem Maße von der geplanten Einzelhandelsentwicklung betroffen sein wird. Dies resultiert daraus, dass Sys- temwettbewerber (= Discountmärkte, Supermärkte, Verbrauchermärkte / SB-Warenhäuser) die größte Sortimentsüberschneidung mit dem Vorhaben aufweisen.

Da es sich bei dem Planvorhaben um die Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters handelt, und der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand für den (regelmäßigen) Einkauf nah- versorgungsrelevanter Sortimente stark begrenzt ist, konzentrieren sich die Wettbewerbsbetrachtungen im Wesentlichen auf die relevanten Angebotsstrukturen in Jülich sowie der benachbarten Gemeinde Titz. Hier stehen die zentralen Versorgungsbereiche im besonderen Fokus.

Den dabei erfolgten Umsatzschätzungen der BBE Handelsberatung GmbH liegen detaillierte Vor-Ort-Re- cherchen zu Grunde, die – ausgehend von betriebsformen- bzw. betreiberspezifischen Durchschnittswer- ten – weitere relevante Einflussfaktoren berücksichtigen (u.a. das ansprechbare Kaufkraftvolumen, die Wettbewerbssituation, die Attraktivität der Anbieter, die Verkaufsflächendimensionierung, die Stellplatzsi- tuation etc.) und in die jeweiligen Umsatzprognosen einbezogen werden.

Die empirischen Erhebungen erbrachten folgende Ergebnisse:

4.1 Projektrelevanter Wettbewerb in Jülich

Die nahversorgungsrelevante Einzelhandelsstruktur in der Stadt Jülich konzentriert sich in hohem Maße auf den Kernstadtbereich und entfällt hier im Wesentlichen auf neun Lebensmittelmärkte.

Mit deutlichem Abstand größter Anbieter ist das rd. 4.700 m² große, solitär gelegene Real SB-Waren- haus „An der Leimkaul“6, das mit einer Entfernung von rd. 6 Kilometern bzw. rd. 7 Pkw-Minuten7 auch aus Welldorf-Güsten sehr gut und in kurzer Distanz zu erreichen ist. Aufgrund einer nur unzureichenden funktionalen Anbindung an die umliegende Wohnbevölkerung des Kernstadtbereichs, dient das SB-Wa- renhaus allerdings vor allem dem Pkw-orientierten Versorgungseinkauf.

Auf etwas kürzerem Wege (rd. 5,5 km bzw. 5 Pkw-Minuten) kann sogar die im Sommer 2019 umfang- reich modernisierte Netto-Filiale an der Römerstraße erreicht werden, die im Vorkassenbereich zudem über eine attraktiven Cafébereich der Bäckerei Büsch verfügt. Neben der wichtigen Nahversorgungsfunk- tion für die im Umfeld lebende Bevölkerung – der Netto-Markt ist daher im Einzelhandelskonzept der

6 inkl. Getränkemarkt und Bäckerei Kamps

7 Alle Entfernungsangaben gemäß Googlemaps-Routenplaner (www.googlemaps.de).

15 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Stadt Jülich auch als „Nahversorgungsstandort“ qualifiziert worden – profitiert der Lebensmittelmarkt zu- dem von der Lage an der der wichtigsten Innenstadtzufahrt im Osten der Stadt, über die auch Welldorf- Güsten an die Kernstadt von Jülich angebunden ist.

Abbildung 8: Relevante Wettbewerbsstandorte (Auswahl)

Quelle: Eigene Darstellung

Ebenfalls im östlichen Stadtgebiet gelegen sind die beiden im Gewerbegebiet Königskamp ansässigen Filialen von Aldi (Rudolf-Diesel-Straße; rd. 7,0 km bzw. 10 Pkw-Minuten) und Lidl (Dürener Straße; rd. 7,1 km, 11 Pkw-Minuten). Dabei verfügt die Lidl-Filiale über einen deutlich attraktiveren Marktauftritt als der kleinflächige Aldi-Markt. Beide Filialstandorte weisen nur einen eingeschränkten Wohngebietsbezug auf und sprechen daher ebenfalls vor allem Pkw-Kunden an.

Das Lebensmittelangebot im Hauptzentrum von Jülich konzentriert sich im Wesentlich auf die im Früh- jahr 2017 im Ladenlokal des ehemaligen Kaiser’s-Supermarkt eröffnete, rd. 1.000 m² große Netto-Filiale an der Großen Rurstraße. Ergänzt wird das nahversorgungsrelevante Angebot von den beiden Drogerie- märkten Müller und dm sowie einer Vielzahl an kleinteiligen Betrieben, vor allem des Ladenhandwerks (Bäcker / Metzger).

Luftlinie rd. 200 Meter nördlich des Hauptzentrums - allerdings ohne fußläufige Anbindung an die Innen- stadt - befindet sich an der Aachener Straße ein in Standortverbund mit Trinkgut und Kik gelegener, klein- flächiger Norma-Discountmarkt, der zwischenzeitlich umfangreich modernisiert und geringfügig erweitert worden ist.

16 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Für die im Nordwesten der Kernstadt lebende Bevölkerung übernimmt eine rd. 700 m² große Penny-Fili- ale an der Linnicher Straße wesentliche Nahversorgungsfunktion. Aufgrund des hohen Wohngebietsbe- zugs ist der Angebotsstandort im Standortkonzept der Stadt Jülich ebenfalls als Nahversorgungsstandort qualifiziert worden.

Rd. 9 km bzw. rd. 15 Minuten vom Projektstandort entfernt befindet sich der im Gewerbegebiet Heckfeld gelegene, 2018 umfassend umgebaute und modernisierte Angebotsstandort mit Rewe Super- und Ge- tränkemarkt (inkl. Bäckerei/ Café) sowie ein benachbart gelegener Aldi-Discountmarkt. Ebenso wie die Lebensmittelmärkte im Gewerbegebiet Königskamp verfügen auch diese im Süden der Stadt Jülich gele- gene Wettbewerber nur über einen geringen Wohngebietsbezug.

Außerhalb des Kernstadtbereiches ist mit einem rd. 800 m² großen Netto-Discountmarkt lediglich in Koslar noch ein größerer Lebensmittelmarkt vorzufinden. Für die dort lebende Bevölkerung stellt er den wesentlichen Träger der wohnortnahen Versorgung dar, so dass auch dieser Markt im Einzelhandelskon- zept als ergänzender „Nahversorgungsstandort“ qualifiziert worden ist. Aufgrund der ausgeprägten Nah- versorgungsfunktion des Anbieters sowie der räumlichen Distanz zum Vorhabenstandort werden nur mar- ginale Wettbewerbsbeziehungen mit der projektierten Norma-Filiale bestehen.

In Welldorf-Güsten sind – ebenso wie in den benachbarten Jülicher Ortslagen Mersch und Pattern – hin- gegen keine Nahversorgungsangebote mehr vorzufinden. Während zum Zeitpunkt der Erhebungen zum kommunalen Einzelhandelskonzept im Jahre 2010 mit dem „Welldorfer Lädchen“ sowie dem Anbieter „Tabora Güsten“ zumindest noch zwei kleinteilige Lebensmittelanbieter eine Basisversorgung gewährleis- tet haben, ist die lokale Bevölkerung nunmehr vollständig auf Angebotsstandorte in anderen Stadtteilen bzw. den Nachbarkommunen angewiesen.

Die mit der ebenfalls 2010 erarbeiteten „Nahversorgungsstudie in den Jülicher Ortsteilen“8 aufgezeigten Einkaufsorientierungen dürfte sich demnach zwischenzeitlich sogar noch einmal verschärft haben. Bereits seinerzeit hat die in Welldorf und Güsten lebende Bevölkerung angegeben, den Lebensmittelein- kauf vor allem in der Jülicher Kernstadt zu tätigen (Welldorf: rd. 75 %; Güsten rd. 65 %), gefolgt von den Lebensmittelangeboten in der Nachbarkommune Titz (Welldorf: rd. 20 %; Güsten: rd. 30 %). Sonstige An- gebotsstandorte sind kaum relevant.

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Befragungsergebnisse hat mit 67 % bis 80 % der weit überwie- gende Teil der Bevölkerung die Frage „Wie wichtig ist / wäre für Sie ein Lebensmittelgeschäft im Ort?“ auch mit „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ beantwortet.

8 Büro für Regionale Strukturentwicklung und Wirtschaftsförderung; 2010

17 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 9: Ergebnisse Haushaltsbefragung „Nahversorgungsstudie in den Jülicher Ortsteilen“

Welldorf:

Güsten:

Quelle: Nahversorgungsstudie in den Jülicher Ortsteilen; Seiten 128 / 251; BBE-Darstellung 2020

4.2 Projektrelevanter Wettbewerb in Titz

Die einzigen wesentlichen Wettbewerber außerhalb der Stadt Jülich befinden sich in der angrenzenden Nachbarkommune Titz.

Hierbei hat sich die relevante Angebotssituation mit der erst im Sommer 2020 eröffneten Netto-Filiale in der benachbarten Ortslage Rödingen-Höllen merklich verändert. Denn mit einer Distanz von rd. 3,6 km bzw. rd. 4 Pkw-Minuten stellt diese auch für die in Welldorf-Güsten lebende Bevölkerung nunmehr den auf kürzestem Wege zu erreichenden Lebensmittelmarkt dar und wird vor diesem Hintergrund nun ent- sprechende Mehrumsätze aus dem angrenzenden Jülicher Stadtgebiet generieren. Bei dem kürzlich erst eröffneten Betrieb handelt es sich um einen modernen Marktteilnehmer, der gemeinsam mit der ebenfalls im Gebäudekörper untergebrachten Bäckerei Schneider eine attraktive Verbundlage darstellt.

18 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 10: Relevanter Wettbewerb – Netto-Filiale in Rödingen-Höllen

Quelle: Eigene Fotos

Bislang hatte sich das nahversorgungsbezogene Angebot im Grundzentrum Titz auf den rd. 8 km / rd. 9 Minuten entfernten, laut Einzelhandelskonzept der Gemeinde Titz9 „geplanten zentralen Versorgungs- bereich“ konzentriert, in dem ein auf Pkw-Kunden orientierter Verbundstandort eines großflächigen Aldi- Marktes und eines Edeka Supermarktes mit angeschlossenem Getränkemarkt (insgesamt rd. 2.000 m²; inkl. Bäckerei/ Café) angebotsprägend ist.10

Weitere Angebotsstandorte (u.a. in Elsdorf, Bedburg, Linnich) weisen aufgrund der zunehmenden räumli- chen Distanz allenfalls marginale Wettbewerbsbezüge zu der geplanten Norma-Ansiedlung auf und sind daher nicht wettbewerbsrelevant. Diese Einschätzung deckt sich auch mit den Befragungsergebnissen der „Nahversorgungsstudie in den Jülicher Ortsteilen“ (s.o.).

4.3 Zusammenfassende Bewertung der Wettbewerbssituation

Bereits mit dem 2010 erarbeiteten Einzelhandelskonzept ist für das nordöstliche Stadtgebiet von Jülich ein ausgeprägtes Nahversorgungsdefizit aufgezeigt worden, aus dem das planerische Ziel zur Entwick- lung eines ergänzenden Nahversorgungsstandortes abgeleitet wurde. Mit den zwischenzeitlich erfolgten Betriebsaufgaben der ehemals vorhandenen, kleinteiligen Anbieter in Welldorf / Güsten ist nicht einmal mehr eine rudimentäre Basisversorgung vor Ort gewährleistet.

Die nahversorgungsrelevante Kaufkraft kann demnach derzeit nicht vor Ort gebunden werden und wird bei den umliegenden Angebotsstandorten mit entsprechenden (Mehr-)Umsätzen einhergehen. Für die in Welldorf-Güsten lebende Bevölkerung stellen diesbezüglich neben den umfangreichen Angeboten in der Jülicher Kernstadt – hier vor allem das gesamtstädtisch ausstrahlende Real SB-Warenhaus sowie die

9 Einzelhandelskonzept der Gemeinde Titz, 2018

10 Der Verbundstandort soll neu aufgestellt und im Zuge dessen die Verkaufsfläche des Aldi-Marktes auf bis zu 1.350 m² und die des Edeka-Supermarktes auf rd. 1.500 m² aufgeweitet werden. Aufgrund des unklaren Um- setzungshorizonts wird im Rahmen dieser Untersuchung aber auf den derzeitigen Bestand abgestellt.

19 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

verkehrlich gut angebundene Netto-Filiale an der Römerstraße – auch die erst im Sommer 2020 eröffnete Netto-Filiale in der benachbarten Ortslage Rödingen-Höllen nahegelegene und gut zu erreichende Ein- kaufsalternativen dar.

Auch der rd. 8 km entfernte Verbundstandort von Aldi-Süd und Edeka ist diesbezüglich von Relevanz.

Demgegenüber weisen die sonstigen Angebotsstrukturen im Untersuchungsraum nur einen untergeord- neten Wettbewerbsbezug mit dem Planvorhaben auf.

Nach Wettbewerbslagen differenziert, stellt sich die relevante Angebotsstruktur in den nahversorgungsre- levanten Sortimenten (Nahrungs- und Genussmittel / Drogeriewaren) somit wie folgt dar:

Abbildung 11: Nahversorgungsrelevante Angebotssituation nach Standortlagen

Zentraler Versorgungsbereich / Standort Verkaufsfläche Umsatz*

in m² in Mio. €

Jülich, davon 13.400 55,1 Hauptzentrum (nur Netto, Bäckerei Leo, Bäckerei Mainz-Weitz, Bäckerei Moss, Bäcke- 1.110 4,9 rei Schneider) Nahversorgungsstandorte (nur Netto, Bäckerei Büsch / Römerstr.; Penny / Linnicher Str.; Netto / 2.460 10,7 Koslar) Sonstige Lagen (nur Real, Bäckerei Kamps / An der Leimkaul; Aldi / Rudolf-Diesel- 9.830 39,5 Straße; Lidl / Dürener Str.; Norma / Aachener Str.; Rewe Super- /Ge- tränkemarkt, Bäckerei Moss / Margaretenstr.; Aldi / Margaretenstr.)

Titz, davon 3.800 16,7

„geplanter zentraler Versorgungsbereich“ 2.970 12,9 (nur. Aldi, Edeka Super- / Getränkemarkt, Bäckerei Büsch) Rödingen-Höllen 830 3,8 (nur Netto, Bäckerei Schneider) Untersuchungsraum gesamt 17.200 71,8

* nur Nahrungs- und Genussmittel / Drogeriewaren Quelle: Eigene Erhebungen und Prognosen; Rundungsdifferenzen möglich

20 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

5 Nachfrageanalyse - Einzugsgebiet und Kaufkraftvolumen

5.1 Einzugsgebiet des Planvorhabens

Das Einzugsgebiet umfasst den Siedlungsbereich, in dem die Verbraucher überwiegend bzw. zu großen Teilen das Planvorhaben aufsuchen werden. Es stellt damit das Gebiet dar, in dem der geplante Norma- Lebensmittelmarkt eine hohe Versorgungsbedeutung übernehmen wird.

Unter Berücksichtigung der Angebots- und Nachfragesituation wird das Einzugsgebiet für das Untersu- chungsobjekt abgegrenzt. Dabei sind für die Einkaufsorientierung der Bevölkerung grundsätzlich folgende Faktoren von Bedeutung:

■ die Häufigkeit der Bedarfsdeckung in den geplanten Sortimentsbereichen,

■ der vom Verbraucher in der Regel akzeptierte Zeit- und Wegeaufwand,11

■ die projektrelevante Wettbewerbssituation, wie z. B. die Entfernung und die Attraktivität der rele- vanten Anbieter im Standortumfeld,

■ die Attraktivität der Projektvorhaben, die u. a. durch die Dimensionierung, die Leistungsfähigkeit und den Bekanntheitsgrad der Betreiber bestimmt wird,

■ die Lagegunst des Projektstandortes, die u. a. aus der verkehrlichen Erreichbarkeit, der Lage zu Siedlungsschwerpunkten sowie aus vorhandenen Agglomerationseffekten resultiert,

■ Barrierewirkungen ausgehend von z. B. topographischen, infrastrukturellen oder baulichen Gege- benheiten,

■ traditionelle Einkaufsorientierungen der Bevölkerung,

■ die zentralörtliche Funktion der Stadt bzw. des Stadtteils.

Das Einzugsgebiet eines Einzelhandelsbetriebs ist grundsätzlich nicht als statisches Gebilde anzusehen ist, sondern vielmehr als modellhafte Abbildung eines Teilraumes, aus dem potenziell der wesentliche Kundenanteil eines Betriebes / Standortverbundes stammt.

Für den zu untersuchenden Norma-Markt sind folgende Faktoren für die Reichweite des Kundenher- kunftsgebietes von Bedeutung:

■ Aufgrund des nahversorgungsbezogenen Angebotsschwerpunktes (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) des Norma-Marktes stellt der zum Einkauf akzeptierte Zeitaufwand für die Aus- dehnung des Einzugsgebietes grundsätzlich einen begrenzenden Faktor dar.

11 Mit zunehmender Häufigkeit der Bedarfsdeckung und abnehmendem spezifischen Wert des nachgefragten Gutes nimmt der zum Einkauf akzeptierte Zeitaufwand ab. Demzufolge sind bei einem Angebot der Grundver- sorgung die Aktionsradien räumlich enger als bei Angeboten des längerfristigen Bedarfsbereichs (z. B. Mö- belsortiment).

21 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

■ Im Umland (v.a. Kernstadt Jülich, Rödingen-Höllen, Titz) sind leistungsfähige Nahversorgungs- strukturen vorzufinden, die das Einzugsgebiet des Untersuchungsvorhabens räumlich begrenzen.

■ Gleichzeitig ermöglichen die umliegenden Angebote der dort lebenden Bevölkerung eine wohnort- nahe Versorgung. Wesentliche Einkaufsorientierungen auf das Planvorhaben sind daher nicht zu erwarten. Damit wird der geplante Lebensmittelmarkt in erster Linie die in Welldorf-Güsten lebende Bevölkerung ansprechen, für die das Planvorhaben zukünftig den wesentlichen Träger der Nahversorgung darstellen wird. Hier wird der Markt auch seine höchste Marktdurchdringung erreichen, sodass dieser Teilraum als Kerneinzugsgebiet abzugrenzen ist.

Gemäß den Ausführungen in Kapitel 3.2 entspricht das Kerneinzugsgebiet hierbei zugleich dem Nahbe- reich des Vorhabens. Denn aus allen in diesem Bereich gelegenen Wohnquartieren kann der Norma- Standort bei Distanzen zwischen 900 und 1.700 Metern auch von nicht-motorisierten Kunden in zumutba- rer Zeit erreicht werden.

Abbildung 12: Einzugsgebiet

Quelle: Eigene Darstellung

Darüber hinaus wird das Planvorhaben auch die in den umliegenden, ebenfalls unterversorgten Jülicher Ortslagen Mersch und Pattern sowie in der zu Titz gehörenden Ortslage Rödingen-Höllen lebende Bevöl- kerung ansprechen können. Allerdings sind hier aufgrund eigener (Netto in Rödingen-Höllen) bzw. alter- nativ zu erreichender Einkaufsmöglichkeiten (Kernstadtbereich Jülich / Verbundstandort Titz für Mersch- Pattern) bereits geringere Marktanteile zu unterstellen, sodass diese dem erweiterten Einzugsgebiet zu- zuordnen sind.

22 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Insgesamt verfügt das Einzugsgebiet über ein Bevölkerungspotenzial von rd. 5.600 Einwohnern, wo- von rd. 2.500 Einwohner dem Kerneinzugsgebiet zuzurechnen sind.

Weitere Siedlungsbereiche sind dem Einzugsgebiet angesichts der vorhandenen Wettbewerbsstrukturen und der siedlungsstrukturellen Gegebenheiten nicht zuzurechnen.

Über das abgegrenzte Einzugsgebiet hinaus sind nur in nachgeordnetem Maße zusätzlich Kunden von außerhalb zu erwarten. Dazu gehören v. a. Einwohner aus weiter entfernt gelegenen Ortslagen sowie Kunden aus den Verkehren der L 213 („Güstener Straße“). Diese werden im weiteren Verlauf der Unter- suchung als sog. „diffuse Umsatzzuflüsse“ berücksichtigt.

5.2 Relevantes Nachfragevolumen im prognostizierten Einzugsgebiet

Das vorhabenrelevante Kaufkraftvolumen errechnet sich aus der Multiplikation der Bevölkerungszahl im Einzugsgebiet mit dem statistisch ermittelten Pro-Kopf-Ausgabebetrag von aktuell ca. 2.871 € für nah- versorgungsrelevante Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren), gewichtet mit der örtli- chen Kaufkraftkennziffer.

Die Höhe der Kaufkraftkennziffer wird durch die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung bestimmt. Die Kennziffer gibt unabhängig von der Größe der Stadt das verfügbare Netto-Einkommen pro Einwohner im Verhältnis zum Gesamt-Einkommen der Bundesrepublik an, welches für die Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung steht. Das sortimentsspezifische Kaufkraftniveau für nahversorgungsrelevante Sortimente im Einzugsgebiet liegt bei rd. 102,3 und liegt somit leicht oberhalb des Bundesdurchschnitts (= 100,0).

Nach den Zahlen der BBE-Marktforschung steht, unter Berücksichtigung der erläuterten Parameter, im abgegrenzten Einzugsgebiet in den Sortimenten Nahrungs- und Genussmittel / Drogeriewaren ein Kauf- kraftvolumen in Höhe von insgesamt rd. 16 Mio. € im Jahr zur Verfügung. Davon entfallen rd. 7 Mio. € auf das Kerneinzugsgebiet und rd. 9 Mio. € auf das erweiterte Einzugsgebiet.

Abbildung 13: Nahversorgungsrelevantes Kaufkraftpotenzial im Einzugsgebiet

Einwohner1) Pro-Kopf-Kaufkraft2) Kaufkraft

in € in Mio. €

Einzugsgebiet, davon 5.578 2.936 16,4

Kerneinzugsgebiet / Nahbereich 2.480 2.906 7,2 (= Welldorf-Güsten) Erweitertes Einzugsgebiet (= Mersch-Pattern / Jülich; Rödingen-Höl- 3.098 2.960 9,2 len3) / Titz ) 1) Stadt Jülich, Stand 31.12.2019; Gemeinde Titz, Stand 31.12.2019 2) BBE/IFH-Verbrauchsausgaben 2020, basierend auf Marktdaten 2019 3) inkl. Bettenhoven Eigene Berechnungen; Rundungsdifferenzen möglich

23 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

6 Auswirkungsanalyse

6.1 Umsatzleistung des Planvorhabens

Unter Berücksichtigung der vorhandenen Wettbewerbsstrukturen im Untersuchungsgebiet, der Attraktivi- tät des Planvorhabens sowie des ansprechbaren Kaufkraftvolumens im Einzugsgebiet wird die zu erwar- tende Umsatzleistung für die geplante Norma-Filiale prognostiziert. Dabei bildet die Einschätzung der durch das Planvorhaben zu erwartenden Umsätze die Voraussetzung für die Prognose ausgelöster Um- satzumlenkungen und der hierdurch möglicherweise hervorgerufenen städtebaulichen Auswirkungen. Für das Planvorhaben sind diesbezüglich folgende Faktoren zu berücksichtigen:

■ Laut aktueller Veröffentlichung der auf Einzelhandelsimmobilien spezialisierten Hahn Gruppe – in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut GfK sowie des Immobiliendienstleisters CBRE - be- trägt der durchschnittliche Filialumsatz eines Norma-Marktes bei einer durchschnittlichen Ver- kaufsfläche von rd. 741 m² etwa 2,6 Mio. € (Brutto), die durchschnittliche Flächenproduktivität liegt bei rd. 3.530 € je m².12

■ Am Planstandort wird für den Lebensmitteldiscounter eine Gesamtverkaufsfläche von maximal 1.100 m² avisiert. Die Verkaufsfläche des geplanten Norma-Marktes wird im Hinblick auf ihre Di- mensionierung somit eine im Norma-Filialnetz überdurchschnittliche Verkaufsfläche aufweisen.

■ Kundenfrequenzstarke Einzelhandelsbetriebe, von denen das Planvorhaben profitieren könnte, sind im Umfeld des Planstandorts nicht vorzufinden. Auch perspektivisch ist mit einer Entwicklung größerer, frequenzstarker Einzelhandelsnutzungen im direkten Standortumfeld vor dem Hinter- grund der vorhandenen Wohnnutzungen nicht zu rechnen.

■ Da sich der Standortbereich des geplanten Norma-Marktes auch nicht in direktem Bezug zu der rd. 800 Meter südlich verlaufenden Bundesstraße 55 befindet und die L 234 vor allem lokale Er- schließungsfunktionen übernimmt, sind für das Planvorhaben auch nur untergeordnet Umsatzan- teile von außerhalb des Einzugsgebiets zu erwarten.

■ Zudem sind im räumlichen Umfeld – insbesondere im Kernstadtbereich von Jülich – eine Vielzahl an Lebensmittelmärkten vorzufinden, mit Real / An der Leimkaul auch ein weit ausstrahlender Vollsortimenter. Hierbei ist die lokale Wettbewerbssituation mit der im Sommer dieses Jahres erst erfolgten Eröffnung einer Netto-Filiale im benachbarten Rödingen-Höllen noch einmal deutlich an- gestiegen. Das Planvorhaben trifft somit auf ein stark ausgeprägtes, lokales Wettbewerbsumfeld.

Unter Berücksichtigung vorab genannter Aspekte gehen die Gutachter davon aus, dass der geplante Norma-Lebensmittelmarkt mit ca. 3.500 € je m² Verkaufsfläche bestenfalls eine Flächenleistung erzielen wird, die dem Filialnetzdurchschnitt entsprechen wird.13

12 Vgl. Retail Real Estate Report 2020/2021 der Hahn Gruppe in Zusammenarbeit mit der GfK und CBRE; Standort- und Flächenproduktivitätsentwicklung von Lebensmitteleinzelhändlern in 2018; S. 30/31

13 Tendenziell ist davon auszugehen, dass mit steigenden Verkaufsflächen der erzielte Umsatz nicht proportio- nal gesteigert werden kann und somit mit sinkenden Flächenproduktivitäten einhergeht.

24 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Bezogen auf die am Standort angestrebte Größendimension ergibt sich somit eine Umsatzleistung von rd. 3,9 Mio. €, die damit rd. 50 % über dem Durchschnittsumsatz innerhalb des Norma-Filialnetzes liegt (rd. 2,6 Mio. €) und auch vor diesem Hintergrund als Worst-Case anzusehen ist.

Auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente (Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren) entfallen hiervon etwa 3,3 Mio. € und auf Nonfood-Sortimente rd. 0,6 Mio. €. Bei den Nonfood-Sortimenten handelt es sich vornehmlich um die wöchentlich wechselnden Aktionswaren.14 Der Angebotsschwerpunkt der ge- planten Norma-Filiale liegt somit eindeutig im Bereich der nahversorgungsrelevanten Sortimente.

Abbildung 14: Umsatzerwartung (in Mio. €)

Café/ Sortiment Norma-Filiale Gesamtvorhaben Bäckerei

in Mio. €

Nahversorgungsrelevante Sortimente gesamt 3,3 0,2 3,5

Sonstige Sortimente 0,6 - 0,6

Einzelhandelsumsatz insgesamt 3,9 0,2 4,1

Quelle: BBE-Berechnungen 2020 Rundungsdifferenzen möglich

Für den Backwarenverkauf des am Standort ebenfalls geplanten Cafés ist eine Umsatzleistung von ma- ximal rd. 0,2 Mio. € anzusetzen.

14 Da die Aktionsware eines Lebensmittel-Discountmarktes häufig wechselt, sind Zuordnungen der Fläche und Umsätze auf einzelne Warengruppen nur bedingt möglich. Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Aktions- warenprogramm sämtliche Warengruppen des Einzelhandels umfasst, wobei insbesondere folgende Sorti- mentsbereiche regelmäßig im Angebot zu finden sind: Bekleidung / Textilien, Schuhe / Lederwaren, Papier / Schreibwaren / Bücher, Haushaltswaren, Spielwaren und Sportartikel, Elektrogeräte und Unterhaltungselekt- ronik sowie Heimwerker- / Gartenbedarf.

Nach gutachterlichen Berechnungen auf Basis von Branchenveröffentlichungen und Ergebnissen der BBE- Marktforschung stellt das Textilsortiment unter den Nonfood-Artikeln von Lebensmittel-Discountmärkten das umsatzstärkste Teilsortiment dar. Im Durchschnitt über alle Discountmärkte entfallen demnach ca. 6,0 % des Gesamtumsatzes auf das Textilsortiment. An zweiter Stelle folgt mit ca. 3,5 % des Umsatzes das Segment (Unterhaltungs-) Elektronik. Für die sonstigen Nonfood-Sortimente liegen die durchschnittlichen Umsatzanteile bei ca. 0,5 - 1,0 %. Eine tiefer gehende Flächen- bzw. Sortimentsdifferenzierung ist darüber hinaus nicht mög- lich.

Vor diesem Hintergrund werden in der weiteren Untersuchung ausschließlich die nahversorgungsrelevanten Sortimente Nahrungs- und Genussmittel und Drogeriewaren einer genaueren Betrachtung unterzogen.

25 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Damit wird sich die am Planstandort in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten getätigte Umsatz- leistung auf insgesamt rd. 3,5 Mio. € belaufen.

Hierbei kann das Vorhaben im Kerneinzugsgebiet (= Welldorf-Güsten) eine Kaufkraftbindung von maxi- mal 26 % bei den nahversorgungsrelevanten Sortimenten erreichen. Hierdurch wird ein Umsatz von rd. 1,9 Mio. € im Kernsortiment generiert, was einem Umsatzanteil von rd. 55 % entspricht.

Im erweiterten Einzugsgebiet (Mersch-Pattern, Rödingen-Höllen) ist aufgrund der räumlichen Entfernung sowie alternativer Versorgungsmöglichkeiten eine Kaufkraftbindung zwischen 10 – 15 % als maximal zu erachten. Aus diesem Teilraum des Einzugsgebietes stammen rd. 1,3 Mio. € bzw. etwa 37 % der nahver- sorgungsrelevanten Umsatzleistung.

Insgesamt entspricht dies einem Umsatz von voraussichtlich rd. 3,2 Mio. € im nahversorgungsrelevantem Kernsortiment, der mit den lokal im Einzugsgebiet lebenden Kunden erwirtschaftet wird.

Abbildung 15: Marktanteile des Planvorhabens

Kaufkraft- Norma Umsatzherkunft Umsatzanteil potenzial* (rd. 1.100 m² VKF)

MA** Umsatz in Mio. € in % in % in Mio. €

Kerneinzugsgebiet 7,2 26 1,9 55

Erweitertes Einzugsgebiet 9,2 14 1,3 37

Einzugsgebiet 16,4 20 3,2 91

Diffuse Zuflüsse ./. ./. 0,3 9

Nahversorgungsrelevante ./. ./. 3,5 100 Kernsortimente gesamt

Randsortimente ./. ./. 0,6 ./.

Umsatzleistung insgesamt ./. ./. 4,1 ./.

* in den nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten Nahrungs- und Genussmittel sowie Drogeriewaren ** MA = Marktanteil Quelle: BBE-Berechnungen, Rundungsdifferenzen möglich

Darüber hinaus werden etwa 0,3 Mio. € als Streuumsätze von außerhalb des Einzugsgebietes zufließen.

26 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

6.2 Umsatzumverteilungseffekte

Für die Betrachtung der zu erwartenden städtebaulichen Auswirkungen sind die durch das Vorhaben in- duzierten Umlenkungseffekte für die ansässigen Betriebe relevant. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der im Realisierungsfall am Standort zu erwartende Umsatz zwangsläufig Wettbewerbern an anderer Stelle verloren geht, da durch die Realisierung nicht mehr Kaufkraft entsteht, sondern diese lediglich zwischen den unterschiedlichen Wettbewerbern / Wettbewerbsstandorten umgelenkt wird.15 Im Hinblick auf die ab- satzwirtschaftlichen und städtebaulichen Auswirkungen ist der zu erwartende Umsatz als maßgebliche Bewertungsgröße heranzuziehen (rd. 3,5 Mio. €; vgl. Ausführungen in Kapitel 6.1), die Auslöser für Ver- änderungen von Kaufkraftströmen und in deren Folge für Auswirkungen auf bestehende Angebotsstruktu- ren sein kann.

Bei der Einschätzung der zu erwartenden Umsatzverlagerungseffekte werden folgende Annahmen zu- grunde gelegt:

■ In den Jülicher Ortslagen Welldorf, Güsten, Mersch und Pattern sind keine Nahversorgungsmög- lichkeiten (mehr) vorhanden. Die hier lebende Bevölkerung ist demnach auf umliegende Ange- botsstandorte angewiesen, was dort mit entsprechenden Mehrumsätzen einhergeht. Die von der Projektentwicklung ausgelösten Umsatzverschiebungen werden daher vor allem diejenigen Anbie- ter betreffen, die von der derzeitig defizitären Nahversorgungssituation im nordöstlichen Stadtge- biet von Jülich am stärksten profitieren.

■ Mit zunehmender Entfernung des Projektstandortes nimmt die Stärke der Umsatzverlagerungs- effekte ab. Dies bedeutet, dass gut zu erreichende Einzelhandelsbetriebe im näheren Umfeld des Projektstandortes stärker von Umsatzverlagerungen betroffen sind als weiter entfernt gelegene Einzelhandelsbetriebe.

■ Diese Annahme beruht auf dem Erfahrungswert, dass für den Verbraucher die Attraktivität von Einzelhandelsbetrieben mit zunehmender Zeitdistanz und des hiermit verbundenen steigenden Zeit- und Kostenaufwandes geringer wird.

■ Die Zeitdistanzempfindlichkeit der einzelnen Sortimente ist jedoch unterschiedlich und wird we- sentlich durch den Warenwert und die Häufigkeit der Nachfrage bestimmt. So weisen insbeson- dere Güter des täglichen Bedarfs wie - z. B. Lebensmittel und Drogeriewaren - aufgrund des rela- tiv niedrigen Warenwertes sowie der relativ hohen Einkaufsfrequenz eine hohe Zeitdistanzemp- findlichkeit auf. Die Folge hiervon ist, dass bereits nach relativ kurzer Zeitdistanz die Nachfrage nach diesen Gütern deutlich abnimmt.

Die vorstehenden Annahmen haben im Hinblick auf die geplante Ansiedlung der Norma-Filiale und den damit einhergehenden zu erwartenden Umsatzverlagerungen nach der BBE-Prognose folgende Konse- quenzen:

15 Dabei werden „Worst-Case-Annahmen“ u. a. hinsichtlich der Auswirkungen für städtebaulich integrierte Wett- bewerber (zentrale Versorgungsbereiche/ wohnungsnahe Standorte) getroffen.

27 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Abbildung 16: Umverteilungseffekte des Planvorhabens

Derzeitiger Zentraler Versorgungsbereich / Standort Umverteilung Umverteilung Umsatz1)

in % des derzeiti- in Mio. € in Mio. € gen Umsatzes

Jülich, davon 55,1 2,4 4 Hauptzentrum 4,9 0,2 4 (nur Netto) Nahversorgungsstandorte (nur Netto / Römerstr.; Penny / Linnicher Str.; Netto / 10,7 0,5 5 Koslar) Sonstige Lagen (nur Real / An der Leimkaul; Aldi / Rudolf-Diesel- Straße; Lidl / Dürener Str.; Norma / Aachener Str.; 39,5 1,7 4 Rewe Super- / Getränkemarkt / Margaretenstr.; Aldi / Margaretenstr.)

Titz, davon 16,7 0,8 5

„geplanter zentraler Versorgungsbereich“ 12,9 0,5 4 (nur. Aldi, Edeka Super-/ Getränkemarkt) Rödingen-Höllen 3,8 0,3 8 (nur Netto) Untersuchungsraum gesamt 71,8 3,2 4

Diffuse Umverteilung ./. 0,3 ./.

Umverteilungseffekte insgesamt ./. 3,5 ./.

1) nur Nahrungs- und Genussmittel/ Drogeriewaren * marginal; < 0,05 Mio. € bzw. < 0,5 % Quelle: BBE-Berechnungen 2020; Rundungsdifferenzen möglich

Das Planvorhaben wird nahezu den gesamten Mehrumsatz durch Umsatzumlenkungen innerhalb des Untersuchungsraumes generieren. Dies entspricht einer Umsatzreduzierung bei den projektrelevanten Anbietern (vgl. Kapitel 4) in Höhe von durchschnittlich 4 % und dabei primär zu Lasten der großen Le- bensmittelanbieter.

Bedingt durch die defizitäre Nahversorgungssituation im nordöstlichen Stadtgebiet von Jülich und den hieraus resultierenden Kaufkraftabflüssen werden von der Projektrealisierung vor allem diejenigen Wett- bewerber betroffen sein, die derzeit von den Kunden aus dem Einzugsgebiet des Planvorhabens häufig aufgesucht werden und deshalb heute von entsprechenden Kaufkraftzuflüssen profitieren. Vor diesem Hintergrund werden sich die höchsten (absoluten) Umsatzumverlagerungen gegenüber den verkehrlich gut angebundenen, dezentral im nördlichen bzw. östlichen Kernstadtbereich von Jülich ge- legenen Wettbewerbern einstellen, die aktuell eine hohe Versorgungsbedeutung für die nordöstlichen Stadtteile von Jülich übernehmen. Hierbei wird es sich vor allem um das gerade einmal rd. 7 Pkw-Minu- ten von Welldorf-Güsten entfernt gelegene Real SB-Warenhaus handeln. Von Umsatzumverlagerungen betroffen werden auch die Lebensmitteldiscounter Aldi (Rudolf-Diesel-Str.), Lidl (Dürener Str.) und Norma

28 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

(Aachener Str.). Mit Umsatzeinbußen von durchschnittlich rd. 4 % werden dort aber keine Umsatzverluste in existenzgefährdender Größenordnung erreicht. Auch gegenüber den für die wohnortnahe Versorgung bedeutsamen Nahversorgungsstandorten wer- den mit insgesamt rd. 0,5 Mio. € bzw. durchschnittlich rd. 5 % nur geringe Umsatzumverlagerungen aus- gelöst. Gleiches gilt für das Stadtzentrum von Jülich, das mit maximal rd. 2 % von nochmals geringeren Um- satzeinbußen tangiert sein wird. Darüber hinaus wird das Planvorhaben auch dazu in der Lage sein, derzeit in die benachbarte Gemeinde Titz abfließende Kaufkraft verstärkt vor Ort binden zu können.

Der mit maximal 8 % von den einzelbetrieblich höchsten Umsatzumverteilungen betroffene Lebensmittel- markt ist hierbei die rd. 3,6 km im benachbarten Rödingen-Höllen gelegene Netto-Filiale. Eine Aufgabe des erst im Sommer 2020 eröffneten Marktes ist aber nicht zu erwarten. Denn dieser kann allein in sei- nem Kerneinzugsgebiet – bestehend aus Rödingen-Höllen16 sowie dem benachbarten Elsdorf-Oberembt in rd. 2 Kilometern Entfernung – auf ein Kaufkraftpotenzial von knapp 9 Mio. € zurückgreifen. Damit liegt die lokale Kaufkraftpotenzialbasis der Netto-Filiale etwa 20 % oberhalb des Kaufkraftvolumens im Nahbe- reich des geplanten Norma-Marktes. Zudem verfügt die erst im Sommer 2020 eröffnete Netto-Filiale über eine marktgerechte und moderne Ladengestaltung, sodass der Markt auch vor diesem Hintergrund einer ansteigenden Wettbewerbsintensität standhalten und auch nach Realisierung des Norma-Marktes in Welldorf noch eine für das Netto-Filialnetz durchschnittlich zu bewertende Flächenleistung von über 4.100 € / m² VKF erreichen wird.

Die Umsatzumverteilungen gegenüber dem etablierten Angebotsstandort im geplanten zentralen Ver- sorgungsbereich von Titz (Aldi/ Edeka) fallen mit rd. 4 % - maßgeblich aufgrund der größeren Entfer- nung – bereits deutlich geringer aus und nehmen keinesfalls geschäftsgefährdende Größenordnungen an.

Der Umsatz des geplanten Backwarenverkaufs des Cafés wird sich nach Prognosen der Gutachter auf maximal 0,2 Mio. € belaufen. Die Projektrealisierung wird vor allem für die Jülich und Titz ansässigen Bäckereien eine Wettbewerbsintensivierung zur Folge haben. Durch den geplanten Backwarenverkauf entsteht zusätzlich eine Alternative zu den in den Supermärkten und Lebensmitteldiscountern angebote- nen, abgepackten Brot- und Backwaren, so dass im Zuge der Projektrealisierung auch die im Untersu- chungsraum vorhandenen Lebensmittelmärkte von Umsatzverlusten betroffen werden.

Angesichts der vergleichsweise geringen Umsatzhöhe des geplanten Backwarenverkaufs sowie der Viel- zahl der von der Umverteilung betroffenen Angebotsstandorte, können aber Umsatzverluste in existenz- gefährdender Höhe für alle potenziell betroffenen Betriebe ausgeschlossen werden.

Gegenüber sonstigen Anbietern wird ein Umsatzanteil von max. 0,4 Mio. € im Rahmen einer diffusen Umverteilung generiert. Neben Lebensmittelmärkten außerhalb des Untersuchungsraumes ist hier auch auf gastronomische Angebote zu verweisen, die einen Wettbewerbsbezug zu dem geplanten Café auf-

16 inkl. Bettenhoven

29 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

weisen (u.a. Café/ Konditorei, Schnellimbiss, Systemgastronomie). Aufgrund der geringen Höhe der prog- nostizierten Umverteilungseffekte sowie der Vielzahl an potenziellen Wettbewerbsbetrieben ist auch hier allerdings nicht davon auszugehen, dass einzelne Wettbewerber in ihrer wirtschaftlichen Tragfähigkeit gefährdet werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Umsatzumlenkungen gegenüber den umliegenden Le- bensmittelmärkten durchgängig nicht den wirtschaftlichen Fortbestand einer dieser Wettbewerber infrage stellen werden. Einzelbetriebliche Auswirkungen auf Anbieter in zentralen Versorgungsbereichen sowie der wohnortnahen Versorgung dienender Angebotsstandorte sind daher auszuschließen.

6.3 Einordnung des Vorhabens in das kommunale Einzelhandelskonzept

Mit dem kommunalen Einzelhandelskonzept der Stadt Jülich ist für die im nordöstlichen Siedlungsgebiet in Mersch, Pattern, Welldorf und Güsten lebende Bevölkerung ein (potenzieller) Nahversorgungsstandort vorgeschlagen worden. Denn die dort lebenden rd. 3.700 Einwohner konnten sich bereits 2014 „nur unzu- reichend wohnortnah versorgen““17

Den Empfehlungen des Einzelhandelskonzepts folgend sollte dabei prioritär „ein geeigneter Standort im Siedlungsbereich Welldorf/ Güsten verfolgt werden. Denn dieser verfügt [...] über ein deutlich höheres, lokales Bevölkerungspotenzial als die beiden Ortslagen Mersch/ Pattern und ist im Regionalplan zudem bereits als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellt.“18

Der Standort des geplanten Norma-Marktes stellt demnach den im Standortkonzept der Stadt Jülich ex- plizit für das nordöstliche Stadtgebiet berücksichtigten potenziellen Nahversorgungsstandort dar, so- dass das Planvorhaben den Steuerungsregeln des kommunalen Einzelhandelskonzepts entspricht.

17 Einzelhandelskonzept für die Stadt Jülich (2014); S. 51

18 Ebd.; S. 71

30 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

6.4 Einordnung des Vorhabens in die Ziele des Landesentwicklungsplans

Der geplante Lebensmittelmarkt wird auf eine Verkaufsfläche von etwa 1.100 m² projektiert und damit die Schwelle zur Großflächigkeit überschreiten. Deshalb ist im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auch aufzuzeigen, dass das Vorhaben mit den für den großflächigen Einzelhandel relevanten Zielen des Lan- desentwicklungsplanes Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) übereinstimmt.

Diese Prüfung wird im Folgenden durchgeführt.

Ziel 6.5-1: Standorte nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen

Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO dürfen nur in regional- planerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen dargestellt und festgesetzt werden.

Abbildung 17: Gebietsentwicklungsplan Bezirksregierung Köln – Teilabschnitt Region Aachen

Quelle: https://www.bezreg-koeln.nrw.de/extra/regionalplanung/zeichdar_aachen/ zeichnung/karten/show-zeich.php?20x16

Der derzeit gültige Regionalplan stellt für die dem Ortskern zugewandten Teilflächen einen „Allgemeinen Siedlungsbereich - ASB“ dar, während die süd-östlichen Gebiete als „Bereiche für den Schutz der Land- schaft und landschaftsorientierte Erholung (BSLE)“ mit dem Zielschwerpunkt „Erhalt, Schutz, Sicherung“ im „Allgemeinen Freiraum- und Agrarbereich“ dargestellt werden.

Berücksichtigt man die Maßstabsebene des Regionalplanes, kann für das Projektareal aber eine Zuord- nung zum ASB unterstellt werden. Folgt man dieser Einschätzung, entspricht der Planstandort den Vor- gaben von Ziel 6.5-1 LEP NRW.

31 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Ziel 6.5-2: Zentrenrelevante Kernsortimente: Standorte nur in zentralen Versorgungsbereichen

Dabei dürfen Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit zen- trenrelevanten Kernsortimenten nur:

■ in bestehenden zentralen Versorgungsbereichen sowie

■ in neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrierten Lagen, die auf- grund ihrer räumlichen Zuordnung sowie verkehrsmäßigen Anbindung für die Versorgung der Be- völkerung zentrale Funktionen des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs erfüllen sollen, dargestellt und festgesetzt werden.

Zentrenrelevant sind

■ die Sortimente gemäß Anlage 1 und

■ weitere von der jeweiligen Gemeinde als zentrenrelevant festgelegte Sortimente (ortstypische Sortimentsliste).

Ausnahmsweise dürfen Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit nahversor- gungsrelevanten Kernsortimenten auch außerhalb zentraler Versorgungsbereiche dargestellt und festge- setzt werden, wenn nachweislich:

■ eine Lage in den zentralen Versorgungsbereichen aus städtebaulichen oder siedlungsstrukturel- len Gründen, insbesondere der Einhaltung gewachsener baulicher Strukturen oder der Rück- sichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild nicht möglich ist und

■ die Bauleitplanung der Gewährleistung einer wohnungsnahen Versorgung mit nahversorgungsre- levanten Sortimenten dient und

■ zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Der Planstandort befindet sich außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches, insofern ist zu prüfen, ob für die geplante Ansiedlung die Ausnahmeregelung für den Lebensmitteleinzelhandel in Anspruch genommen werden kann.19 Mit der „Nahversorgungsausnahme“ im LEP NRW wollte der Plangeber die bestehenden Möglichkeiten zur Sicherung der Nahversorgung ergänzen und eine Ausnahme von der In- tegration in zentrale Versorgungsbereiche aufzeigen.

19 Wie der Umsatzprognose in Kapitel 6.1 zu entnehmen ist, weist der geplante Lebensmitteldiscounter seinen Angebots-/ Umsatzschwerpunkt eindeutig in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten auf.

32 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, die Ansiedlung des Norma-Marktes innerhalb eines abgegrenz- ten zentralen Versorgungsbereichs aus siedlungsstrukturellen Gründen nicht zielführend ist. Denn gemäß dem 2014 beschlossenen Einzelhandelskonzept der Stadt Jülich ist die Innenstadt als einziger zentraler Versorgungsbereich im Stadtgebiet qualifiziert. Dieser befindet sich allerdings in einer Entfernung von Luftlinie rd. 5 km und ist demnach nicht dazu geeignet, die in den nördlichen Ortslagen lebende Bevölke- rung wohnortnah zu versorgen.

Vor diesem Hintergrund wird mit dem kommunalen Einzelhandelskonzept für die in den nordöstlich der Bundesstraße 55 gelegenen Ortslagen Mersch, Pattern, Welldorf und Güsten lebende Bevölkerung vor- geschlagen, dort die Ansiedlung eines ergänzenden Einzelhandelsbetriebes mit nahversorgungsrelevan- tem Kernsortiment zu ermöglichen.

Mit der Realisierung des Planvorhabens würde somit die Empfehlung des Einzelhandelskonzepts umge- setzt.

Das Planvorhaben ist somit als wichtiger Beitrag zur wohnungsnahen Versorgung innerhalb der Stadt Jü- lich zu bewerten, die durch die Integration in den zentralen Versorgungsbereich nicht zu erreichen wäre.

Zudem ist nachzuweisen, dass die Bauleitplanung der Gewährleistung einer wohnungsnahen Versor- gung mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten dient. Bemessungsgrundlage hierfür ist regelmäßig der Verhältniswert aus vorhandener Kaufkraft im Nahbereich sowie der zu erwartenden Umsatzleistung. Werte < 35 % sind hierbei weitgehend unkritisch, Werte zwischen 35 und 50 sind noch als „wohnungs- nah“ zu bewerten und ein Verhältniswert über 50 % ist als Beleg einer über den Nahbereich hinausrei- chenden Versorgung zu interpretieren.

Wie bereits in Kapitel 3.2 aufgezeigt ist dem Nahbereich aufgrund der siedlungsstrukturellen Gegeben- heiten im ländlichen Raum neben der Ortslage Welldorf auch die benachbarte Ortschaft Güsten zuzuord- nen. Hier leben aktuell rd. 2.480 Einwohner mit einer nahversorgungsbezogenen Kaufkraft von rd. 7,2 Mio. €.

Abbildung 18: Umsatz-Kaufkraft-Relation im Nahbereich des Norma-Marktes

Nahversorgungsre- Nahversorgungsre- Umsatz- Bereich Einwohner levantes Kaufkraft- levante Umsatzer- Kaufkraft- potenzial wartung Relation

abs. in Mio. € in Mio. € in %

Nahbereich 2.480 7,2 3,3 46 (= Welldorf/ Güsten)

Quelle: BBE-Berechnungen 2020, Rundungsdifferenzen möglich

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Mit einem Verhältniswert von unter 50 % ist das Vorhaben – insbesondere unter Berücksichtigung der siedlungsstrukturellen Lage im ländlichen Raum – als wichtiger Nahversorger in diesem städtischen Teil- raum von Jülich zu bewerten.20

Dass das Vorhaben rd. 55 % seines Umsatzes mit Kunden aus dem Nahbereich generieren wird (vgl. Ab- bildung 15), ist als ein weiterer Nachweis für eine überwiegend auf die wohnungsnahe Grundversorgung ausgerichtete Versorgungsfunktion des geplanten Lebensmittelmarktes zu werten.21

Da von dem Vorhaben zudem keine zentrale Versorgungsbereiche wesentlich beeinträchtigt werden (s.u.), werden demnach sämtliche Anforderungen zur Inanspruchnahme der in Ziel 6.5-2 LEP NRW for- mulierten „Ausnahmeregelung“ erfüllt.

Ziel 6.5-3: Beeinträchtigungsverbot

Durch die Darstellung und Festsetzung von Kerngebieten und Sondergebieten im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit zentrenrelevanten Sortimenten dürfen zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Im Rahmen der vorliegenden Auswirkungsanalyse konnte nachgewiesen werden, dass von dem Vorha- ben keine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsstrukturen und keine Gefährdung städtebaulich schutzwürdiger zentraler Versorgungsbereiche ausgehen werden.

Das Beeinträchtigungsverbot wird somit gewahrt.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass das Planvorhaben zur Ansiedlung eines Norma Lebens- mittelmarktes in Jülich Welldorf den relevanten Zielvorgaben des LEP NRW entspricht.

20 Auch unter Berücksichtigung der mit dem Backwarenverkauf des Cafés erwirtschafteten Umsätze verbleibt die Umsatz-Kaufkraft-Relation unter 50 %.

21 vgl. OVG NRW, 02.12.2013, 2 A 1510/12; OVG Lüneburg, 28.09.2015, 1 MN 144/15

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7 Städtebauliche Bewertung des Planvorhabens und Fazit der Analyse

Für die städtebauliche Bewertung des Planvorhabens ist entscheidend, ob durch die induzierten Umsatz- verlagerungseffekte zentrale Versorgungsbereiche in ihrer Funktionalität beeinträchtigt werden oder die Nahversorgung in Wohngebieten gefährdet wird. Diese negativen Effekte wären dann zu unterstellen, wenn infolge der geplanten Norma-Ansiedlung solche Betriebe geschlossen werden, die für die Funkti- onsfähigkeit bestehender Versorgungszentren wichtig sind, ohne dass adäquate Nachnutzungen reali- siert werden können. Dabei sind die in Bezug auf die in §11 Abs. 3 (2) BauNVO bezeichneten Auswirkun- gen, insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihre Ortsteile, die Sicherung der ver- brauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebes zu berücksichtigen.

Folgende Faktoren sind hierbei relevant:

■ Im ländlich geprägten Jülicher Ortsteil Welldorf ist die Ansiedlung eines rd. 1.100 m² großen Norma-Lebensmittelmarktes geplant. Darüber hinaus ist die Errichtung ein separaten Cafés mit angegliedertem Backwarenverkauf vorgesehen.

■ Der Planstandort befindet sich außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches, ist im Einzelhan- delskonzept der Stadt Jülich allerdings als potenzieller „Nahversorgungsstandort“ für das nordöst- liche Stadtgebiet vorgesehen: Denn angesichts eines ausgeprägten Versorgungsdefizits bestehen dort aktuell hohe Kaufkraftabflüsse an umliegende Angebotsstandorte.

■ Aufgrund der Lage im dünn besiedelten ländlichen Raum22 ist dem Vorhabenstandort ein Nahbe- reich zuzuordnen, der den gesamten Siedlungskörper von Welldorf-Güsten umfasst. Hier wird der Markt auch seine höchste Marktdurchdringung erreichen, sodass dieser Teilraum als Kernein- zugsgebiet abzugrenzen ist.

■ Neben der in Welldorf-Güsten selbst lebenden Bevölkerung sind dem erweiterten Einzugsgebiet des Vorhabens lediglich noch die jeweils rd. 4 km entfernt gelegenen Ortslagen Mersch / Pattern (Stadt Jülich) sowie Rödingen / Höllen (Titz) zuzuordnen. Das Planvorhaben wird dabei insbeson- dere im derzeit unterversorgten Jülicher Stadtgebiet zu einer deutlichen Verbesserung der woh- nortnahen Versorgung beitragen.

■ Von dem im Worst-Case-Szenario maximal zu erwartenden Gesamtumsatz (rd. 4,1 Mio. €) wer- den etwa 3,5 Mio. € in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten erwirtschaftet. Der Angebots- schwerpunkt des Planvorhabens ist somit eindeutig in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten festzustellen.

■ Nach den Ergebnissen der Auswirkungsanalyse werden sich die im Zuge der geplanten Einzelhan- delsentwicklung stattfindenden Umsatzverluste in den nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Wesentlichen auf diejenigen Lebensmittelmärkte konzentrieren, die aktuell von dem bestehenden Versorgungsdefizit im nordöstlichen Stadtgebiet von Jülich profitieren. Hierbei konnte aufgezeigt werden, dass die durch das Neubauvorhaben maximal zu erwartenden Wettbewerbswirkungen durchgängig nicht die wirtschaftliche Tragfähigkeit einzelner Betriebe in Frage stellen werden –

22 mit einer Einwohnerdichte von < 200 Einwohnern je km²

35 Auswirkungsanalyse • Ansiedlung Norma-Filiale • Jülich-Welldorf, Industrieweg

negative Auswirkungen auf umliegende zentrale Versorgungsbereiche oder der wohnortnahen Versorgung dienende Angebotsstandorte sind demnach in jedem Falle auszuschließen.

■ Aufgrund der nur geringen und deshalb prognostisch nicht zu quantifizierenden Umverlagerungen gegenüber Standorten außerhalb des Untersuchungsraumes ist nicht davon auszugehen, dass auch dort die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche oder der wohnungsnahen Versor- gung beeinträchtigt wird und die Zutrittschancen von Betrieben gleicher Marktausrichtung durch das Planvorhaben eingeschränkt werden.

■ Im Bereich der sonstigen Sortimente / Non-Food-Sortimente ist mit einem Umsatz von rd. 0,6 Mio. € zu rechnen. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die entsprechende Kaufkraft derzeitig bereits überwiegend von größeren Lebensmittelmärkten gebunden wird. Somit kann un- terstellt werden, dass die hierdurch hervorgerufenen Umsatzverlagerungen in erster Linie Lebens- mittelmärkte / SB-Warenhäuser betreffen werden. Sonstige Einzelhandelsbetriebe werden dage- gen nur in einem sehr geringen Maß wettbewerblich tangiert, sodass die wirtschaftliche Tragfähig- keit des Facheinzelhandels in zentralen Versorgungsbereichen nicht gefährdet wird.

■ Damit können „mehr als unwesentliche Auswirkungen“ auf zentrale Versorgungsbereiche und die wohnungsnahe Versorgung in Jülich und den Nachbarkommunen gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO aufgrund der Vorhabenausrichtung auf die wohnungsnahe Versorgung ausgeschlossen werden.

■ Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den zu erwartenden Umsatzumlenkungen vor allem um lokale Kaufkraft aus dem nordöstlichen Stadtgebiet von Jülich handelt, die aktuell auf- grund der in diesem Teilraum defizitären Einzelhandelsausstattung an andere Einkaufsstandorte abfließt und die zukünftig durch den projektierten Lebensmittelmarkt wohnortnah gebunden wer- den kann.

■ Darüber hinaus konnte aufgezeigt werden, dass das Planvorhaben sich sowohl in das kommunale Einzelhandelskonzept der Stadt Jülich einordnet als auch den relevanten Zielvorgaben des Landes- entwicklungsplans NRW entspricht. Dabei liegen aufgrund der siedlungsstrukturellen Gegebenhei- ten die standortseitigen Anforderungen zur Inanspruchnahme der in Ziel 6.5-2 LEP NRW formu- lierten „Ausnahmeregelung“ vor. Bezogen auf die Einwohner im Nahbereich ist bei einer Umsatz- Kaufkraft-Relation von ca. 46 % zugleich ein hoher Nahversorgungsbezug aufgezeigt worden. Zudem wird das Vorhaben etwa 55 % seines Umsatzes mit Kunden aus dem Nahbereich gene- rieren und somit vorwiegend der verbrauchernahen Versorgung dienen. Die geplante Einzelhan- delsentwicklung ist daher grundsätzlich zur Gewährleistung einer wohnungsnahen Versorgung geeignet und trägt zugleich zu einer flächendeckenden Versorgung in Jülich bei. Als im Regionalplan dargestellter „Allgemeiner Siedlungsbereich“ erfüllt der Planstandort auch das landesplanerische Ziel 6.5-1 („Standorte nur in Allgemeinen Siedlungsbereichen“).

Abschließend lässt sich festhalten, dass durch die angestrebte Neuansiedlung des Norma-Mark- tes mit angegliedertem Café keine negativen Auswirkungen im Sinne des §11 Abs. 3 BauNVO auf zentrale Versorgungsbereiche bzw. der wohnortnahen Versorgung dienende Angebotsstandorte in Jülich sowie in umliegenden Städten und Gemeinden zu erwarten sind.

Als im Einzelhandelskonzept qualifizierter „Nahversorgungsstandort“ wird das Vorhaben viel- mehr in der Lage sein, die wohnortnahe Versorgung in diesem Teilbereich der Stadt auszubauen und langfristig zu sichern, ohne dass städtebaulich relevante Angebotsstrukturen in Jülich oder Nachbarkommunen gefährdet werden.

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Köln, im Dezember 2020 BBE Handelsberatung GmbH

i. V. Claus Freuen i. V. Rainer Schmidt-Illguth

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