No. 24/2015

Zwei Weltmeister erinnern sich Zum 100. von Helmut Schön 2 CDN-MAGAZIN 24/2015

EDITORIAL AUF DEM WEG ZUR EURO 2016 Nationalspieler als Basisbotschafter für Freude Von // Voller Rasanz hat sich seit und Erfolg in immer mehr Vertrauen zu Jogis Jungs – der ersten EM 1960 die Welt des Fußballschulen // Gedenken an Helmut Schön – Fußballs verändert // Bein, Riedle, Abschied von „MV“ Gleiche Höhe ist Mill & Co.: Die Fußball- Jetzt freie Fahrt KEIN Abseits 16 Spaßmacher 26 nach Frankreich 04

AKTUELL IM BLICKPUNKT

100. GEBURTSTAG VON HELMUT SCHÖN

Die Weltmeister Vogts und Grabowski über den erfolgreichsten Bundestrainer aller Zeiten // Gentleman mit RÜCKGRAT 06

AKTUELL IM BLICKPUNKT SERIE

25. JAHRESTAG „ITALIA ’90“ DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER Wiedersehen der Weltmeister von 1990 und der Geist von Kaltern // Abwehrspezialist Hier ist alles GOLD Konrad Weise über die was glänzt 20 Duelle mit den welt- Franz Beckenbauers besten Stürmern // Jubiläumssommer // Bilderbogen // „Es war mir Der „Kaiser“ ist 70 12 Un’estate italiana 22 eine Freude“ 30 3

Soziales Engagement: DIAGONALPÄSSE von Nationalspieler verbinden Popu- De Bruyne entthront 42 larität mit Wohltätigkeit // Kostbare Ehrung für Weltmeister nutzen Joachim Löw 42 ihren Ruhm 34 Fußballmuseum öffnet am 23. Oktober die Pforten 42

Auch jetzt Fernseh-Experte 43

AKTUELL IM BLICKPUNKT Deutsches EM-Camp 2016 steht schon bereit 43 Viel Prominenz und beste Stimmung beim Regionalen Seppl-Herberger-Platz in CdN-Stammtisch in Frankfurt // Mannheim eingeweiht 43 Netzers Socken und die Wasserschlacht 38

Vier Sterne bewegen Millionen von Fans 43

JUBILÄEN/ RUNDE GEBURTSTAGE 44

IMPRESSUM 47 4 CDN-MAGAZIN 24/2015

Uwe Seeler: Vertrauen zu Jogis Jungs – Gedenken an Helmut Schön – Abschied von „MV“ Freie Fahrt nach Frankreich

Na also, wenn es gilt und drauf an- ­verdienten Siegen ist mit der Über- unheimlich kommt mir Thomas Mül- kommt, ist auf Jogis Jungs Verlass. nahme der Tabellenführung in unse- lers Torriecher vor, der auch in Nachdem sie in der vergangenen rer Qualifikationsgruppe wieder alles Schottland zur richtigen Zeit an den ­Saison aus verschiedenen Gründen im grünen Bereich. richtigen Stellen im gegnerischen wie Rücktritte wichtiger Leitfiguren, Strafraum war. So hat Jogi Löw jetzt Verletzungen und ein mentales Nach- Jogis Jungs haben weiterhin mein den Rücken frei, um in den nächsten lassen unter dem frischen Eindruck volles Vertrauen, weil sie über­ Spielen bereits mit Blick auf die EM- des WM-Titelgewinns nicht richtig zeugend zeigten, was der Anspruch Endrunde die eine oder andere der in Tritt gekommen war, hat unsere eines Weltmeisters sein sollte und wenigen noch offenen Baustellen zu ­Nationalmannschaft jetzt unter von ihm erwartet werden kann: schließen. Ich kann ihn nur ermun- ­einem gewissen Druck Klasse und ­Souveränität und Selbstvertrauen, tern, weiterhin an seiner absolut Nervenstärke gezeigt. Ein tolles Spiel Stabilität und Effizienz. Dies im Ein- ­gerechtfertigten Zielsetzung festzu- gegen Polen sowie die souverän klang mit spielerischer Klasse und halten, nach der WM 2014 nun auch ­bestandene Kraft- und Geduldsprobe einem Torjäger der ganz besonderen die EM 2016 zu gewinnen. in Schottland – das heißt jetzt: Freie Art, Thomas Müller. Fahrt nach Frankreich zur EM 2016, Ein solcher Doppelschlag gelang in wofür die Planungen konkret voran- Als ehemaliger Stürmer hat mich auf der deutschen Fußballgeschichte getrieben werden können. Ein kraft- der Tribüne in Frankfurt unser Offen- bislang nur Helmut Schön. In um­ voller Zwischenspurt in Frankfurt sivspiel gegen die starken Polen gekehrter Reihenfolge triumphierte und in Glasgow: Nach zwei hoch ­absolut begeistert. Und schon fast der „Lange“, wie wir ihn liebevoll 5

nannten, 1972 und 1974. Als National­ Abschied nehmen musste der deut- um die gezielte Nachwuchsförderung spieler und Kapitän habe ich den „Mann sche Fußball vor wenigen Wochen mit richtungsweisenden Impulsen mit der Mütze“ zunächst in der Rolle von Gerhard Mayer-Vorfelder. Er war, und gezielten Weichenstellungen des Assistenten von ­ wie Wolfgang Niersbach in seinem ­insbesondere beim Ausbau der Leis- und von 1964 an als Bundestrainer­ Nachruf sagte, „eine prägende Figur tungszentren erworben. „MV“ war als einen groß­artigen, gradlinigen des deutschen Fußballs“. Bei zahl­ ein Mann mit Haltung, mit dem sich Menschen, einen hervorragenden losen Länderspielen habe ich ihn in herrlich und bisweilen sehr hart, aber Trainer und Taktikfuchs sowie als der DFB-Delegation, die er als Präsi- immer fair diskutieren ließ. ­einen feinfühligen Psychologen mit dent häufig geleitet hat, mit starker dem richtigen Finger­spitzengefühl Entschlossenheit und großer Kompe- Herzliche Grüße erlebt und hoch geschätzt. tenz erlebt. Klar, „MV“ war in erster Linie eine bedeutende Führungsfigur Euer Am 15. September dieses Jahres des Profifußballs gewesen und wäre Helmut­ Schön 100 Jahre alt dabei treibender Pol und Motor zur ­geworden.­ Auf den nachfolgenden Eigenständigkeit der . ­Seiten erinnern sich mit Doch „MV“ war ein ebenso leiden- und Jürgen Grabowski­ zwei seiner schaftlicher Fan der Nationalmann- ­Weltmeister von 1974 in einem schaft mit einem engen Verhältnis zu ­Doppelinterview an diesen wunder- vielen einzelnen Spielern. Und er hat Uwe Seeler baren Menschen. sich nicht zuletzt große Verdienste CdN-Vorsitzender AKTUELL IM BLICKPUNKT 6 100. GEBURTSTAG HELMUT SCHÖN

Die Weltmeister Vogts und Grabowski über den erfolgreichsten Bundestrainer aller Zeiten Gentleman mit RÜCKGRAT

Am 15. September wäre Helmut Schön 100 Jahre alt geworden. Als Weltmeister 1974, ­Europameister 1972, Vize-Weltmeister 1966, Vize-Europameister 1976 und WM-Dritter 1970 avancierte der einstige 16-malige Nationalspieler (17 Tore) aus Dresden während seiner 14 Jahre (1964 bis 1978) zum erfolgreichsten Bundestrainer der DFB-Historie. Berti Vogts und Jürgen Grabowski erinnern sich im Exklusivinterview an die „Goldene Ära“ unter dem „Mann mit der Mütze“, wie ihn Udo Jürgens beim Abschied besang. Zwei Weltmeister von 1974 über einen herausragenden Trainer und feinen Menschen, der am 23. Februar 1996 mit 80 Jahren in seiner Wahlheimat Wiesbaden starb.

CDN-MAGAZIN: Sie debütierten liga nicht alltäglich war. Doch Helmut nach Frankfurt kommen und hatte unter Helmut Schön in der Natio- Schön war von mir überzeugt und hat meinen Pass nicht dabei. Das waren nalmannschaft und Sie beendeten mir den Weg in die Nationalmann- die Umstände, unter denen ich zu unter ihm auch Ihre Zeit als Natio- schaft schneller als erwartet geebnet. meinem ersten Länderspiel kam. nalspieler. Welche Bedeutung hatte Dann haben wir auch noch 0:1 ver­ Schön für Ihre Spielerkarriere? VOGTS: Helmut Schön war neben loren und mein Gegenspieler Skoblar der wichtigste machte das Tor. Naja, das war ein GRABOWSKI: Für mich war er Mensch, den ich als Fußballer gehabt turbulenter Einstand. von überragender Bedeutung. Als ich habe. Er hat alles für mich getan und 1965 von Wiesbaden-Biebrich zur Ein- mir die Türen geöffnet zum interna­ GRABOWSKI: Mir hat Schön bei tracht kam, hatte ich dort das Glück, tionalen Bereich. Über ihn kann ich nur meinen ersten beiden Länderspielen mit Elek Schwarz, dem Erfolgscoach lobende Worte finden, über den Men- 1966 in Irland und Nordirland erst von Benfica Lissabon, auf einen Trai- schen und den Trainer Helmut Schön. mal die Nervosität genommen. Mit ner zu treffen, der mit technisch­ star- meinen 21 Jahren habe ich ja nicht ken Spielern gerne gearbeitet hat, CDN-MAGAZIN: Wie hat Ihnen nur im Wortsinn zu ihm hochge- siehe Eusebio bei Benfica. Er sagte zu Helmut Schön diese Türen geöffnet? schaut. Und er hat gleich gezeigt, uns nach den ersten paar Trainings- welch guter Psychologe er ist, weil er einheiten, der Grabowski spielt in ei- VOGTS: Meine Premiere fand 1967 mir als Neuling das Doppelzimmer nem Jahr im Nationalteam. Dies sollte beim EM-Qualifikationsspiel in Jugo- mit Uwe Seeler zuwies, unserem sich bereits im April 1966 bewahrhei- slawien statt. Ich wurde nachnomi- ­Kapitän und dem damals sicherlich ten, was zu jener Zeit nach gerade mal niert, musste damals von einem bedeutendsten deutschen Spieler. Das sieben, acht Monaten in der Bundes­ ­Bundesligaspiel direkt zum Abflugort hat meinen Einstand sehr erleichtert. 7

BISHER EINZIGES DEUTSCHES „DOUBLE“: SCHÖN WIRD MIT DER NATIONALMANNSCHAFT 1972 EUROPAMEISTER (OBEN) UND ZWEI JAHRE SPÄTER IM EIGENEN LAND WELTMEISTER (RECHTS).

CDN-MAGAZIN: Wie verhielt sich 1974 nach dem WM-Endspiel sofort gang zum offiziellen Bankett ver- Schön Ihnen gegenüber, als Sie aufhörten beim DFB. Ich selbst wehrt worden war, zusammen mit ihm das Ende Ihrer Laufbahn als habe mir die damalige Entscheidung und Gerd Müller Nationalspieler ankündigten? sehr schwer gemacht und bin mir zurückgetreten war, sollte meiner heute noch nicht sicher, ob es richtig Meinung nach unbedingt reaktiviert VOGTS: Ich war ja ab 1977, nach war. Und Schön war mit der Entwick- werden. Zudem wollte ich Ulli Stie- Beckenbauers Weggang in die USA, lung nach dem WM-Gewinn, als seine like, damals bei Real Madrid, und Kapitän der Mannschaft. Auch weil gestandene Mannschaft auseinan- selbst , zu jener einige andere wie Overath, Breitner, derbrach, sicherlich nicht begeistert. Zeit in New York, die wegen ihrer Gerd Müller und auch Jürgen nach ­Engagements im Ausland, das muss dem WM-Titelgewinn 1974 zurück­ CDN-MAGAZIN: Deswegen wollte man sich heute mal vorstellen, getreten sind. Er wollte, als ich ihm Schön Sie, Jürgen, wegen Ihrer nicht erwünscht waren, wieder dabei meinen Entschluss in Argentinien bei ­herausragenden Leistungen in der haben. der WM 1978 mitgeteilt hatte, dass Bundesliga bei Eintracht Frank- ich unbedingt weitermachen und furt zur WM 1978 zurückholen ins CDN-MAGAZIN: Warum waren als seinen Nachfolger Nationalteam. Schöns Überredungsversuche bei unterstützen sollte. Doch meine Ihnen, Jürgen, vergeblich? ­Entscheidung war endgültig, da gab VOGTS: Eigentlich war ich dabei der es kein Hin und Her mehr. treibende Pol. Nicht nur in Sachen GRABOWSKI: Die Jahre zwischen Grabi. Auch , der wegen 1974 bis 1980 waren meine beste GRABOWSKI: Er war bestimmt großen Ärgers nach dem Titelgewinn Zeit als Fußballer. Im Nationalteam sehr desillusioniert, dass wir Vier 1974, als den Spielerfrauen der Zu- spielte ich ja Rechtsaußen, der Posi­ AKTUELL IM BLICKPUNKT 8 100. GEBURTSTAG HELMUT SCHÖN

CDN-MAGAZIN: Als Welt- und Spieler wieder aufgemuntert und ­Europameister wurde Helmut Schön ­damit wieder aufgebaut hat. Er hat der erfolgreichste aller National- immer unglaublich viel investiert in die trainer beim DFB. Was war das Spieler. Leider haben wir es ihm beim ­Geheimnis seiner Erfolge? Abschluss seiner Karriere 1978 in Argentinien nicht zurück­zahlen können. GRABOWSKI: Zum einen war er selbst ein guter Fußballer und Natio- GRABOWSKI: Er war wirklich kein nalspieler gewesen. Darüber hinaus Polterer, sondern ein Mensch der war er eine Respektsperson, die eine ­leisen Töne und ein guter Typ, von natürliche Autorität ausgestrahlt dem man unwahrscheinlich viel an- hat. Allein schon die erste Kaffee­ genommen hat. Dass Helmut Schön tafel am Sonntagnachmittag vor keinem wehtun wollte, war sicherlich ­einem Mittwoch-Länderspiel war nicht immer positiv. Deswegen hat er ­etwas Besonderes. Schön verstand es manchmal versäumt oder zu lange es mit seiner Aura, ein ganz spe­ gezögert, einem zur rechten Zeit eine tion, der ich alles zu verdanken hatte, zielles Flair, eine tolle Atmosphäre harte Entscheidung mitzuteilen. obwohl ich dort oft weitab vom im Kreis der Nationalmannschaft Schuss rumgelaufen bin, aus weni- herzustellen, was mir immer sehr CDN-MAGAZIN: Zum Beispiel? gen Möglichkeiten aber doch recht ­imponiert hat. viel zustande gebracht habe. Nach GRABOWSKI: Nach unserem his­ der WM konnte ich aber bei Eintracht VOGTS: Sein Geheimnis war seine torischen 3:1-Sieg im April beim Frankfurt als Spielmacher mit der menschliche Größe. Das riesige Ver- EM-Viertelfinale 1972 in England hat Nr. 10 meine gestalterischen Fähig- trauen, das er seinen Spielern entge- er mir gesagt: „Jürgen, schone Dein keiten mehr ins Spiel bringen. gengebracht hat. Er war der Erste, Knie, ich brauche Dich in sechs der einen Spieler, wenn er sich ver- ­Wochen beim Halbfinale und Finale CDN-MAGAZIN: Zu einem Zeit- letzt hatte, anrief oder sogar be­ in Belgien.“ Dann hat er mir drei Stun- punkt, als mit Overath und Netzer suchte. Er war der Erste, der einen in den vor dem EM-Endspiel 1972 in die großen Regisseure der ver­ der Öffentlichkeit hart kritisierten Brüssel mitgeteilt, dass er, obwohl gangenen Jahre nicht mehr dabei waren ...

GRABOWSKI: ... und Helmut Schön mich als Eintracht-Spielmacher praktisch vor seiner Wiesbadener Haustür spielen sah und mich daher vor der WM 1978 unbedingt zum ­Comeback in Argentinien überreden wollte. Ich blieb aber bei meinem Rücktritt, und auch diese Ent­ scheidung habe ich mir nicht leicht gemacht. Auf ­jeden Fall empfinde ich es auch heute noch als ein Rie- senkompliment, dass mich ein Nati- onaltrainer wie Helmut Schön nach vier Jahren noch mal reaktivieren­ wollte. Umso mehr tut es mir auch heute noch leid, dass ich diesen Mann, den ich wegen seiner Intel­ ligenz, seinem Sachverstand und seiner Menschenfreundlichkeit be- wundert habe, enttäuscht­ habe.

FEINGEFÜHL: BUNDES­TRAINER SCHÖN MIT JÜRGEN GRABOWSKI­ BEIM CROCKETSPIEL WÄHREND DER WM ’70 IN MEXIKO. SUCHTE IMMER DIE NÄHE UND DAS PERSÖNLICHE GESPRÄCH MIT SEINEN SPIELERN: HELMUT SCHÖN UND BERTI VOGTS BEI DER VORBEREITUNG AUF EIN LÄNDERSPIEL.

ich im Halbfinale gespielt habe, auf geholt hat, waren die Leader, die GRABOWSKI: Was die Zimmer­ mich verzichtet. Das hätte er mir Stars in ihren Vereinen. Von daher belegung betrifft, Berti, so hat er bei auch einen Tag früher sagen können. war es für ihn kein leichtes, aber mir 1970 bei der WM in Mexiko die ­dennoch ein angenehmes Arbeiten, Konkurrenzsituation bevorzugt und CDN-MAGAZIN: Die großen Titel- als Dreh- und Angelpunkt mit der mich zusammen mit Stan Libuda gewinne und Endspiel-Teilnahmen berühmten Mütze auf dem Kopf alle ­wohnen lassen. Auch dabei hat er sich unter Schön – waren sie vor allem diese herausragenden Spieler zu einer was gedacht. Und es ist tat­sächlich der Trainings- und Coaching-­ guten Truppe zusammenzufügen. gut gegangen zwischen uns beiden Qualität des damaligen Bundes­ Rechtsaußen. Sensationell gut gegan- trainers zuzuschreiben oder eher CDN-MAGAZIN: Sein Training und gen, obwohl jeder hoffen musste, den dem Zufall, dass während seiner Coaching waren angesichts von Stammplatz des anderen zu ergat- Amtszeit fünf, sechs Jahrhundert- vier Endspiel-Teilnahmen, zwei Titel­ tern. Ich war seitdem einer der weni- spieler gleichzeitig zur Verfügung gewinnen und einem dritten Platz gen, denen der Stan auch nach Ende standen? bei den EM- und WM-Turnieren seiner Laufbahn wirklich vertraut hat. während seiner Amtszeit über jeden „Dreh- und Angelpunkt mit Zweifel erhaben? CDN-MAGAZIN: In der Endphase der Mütze auf dem Kopf“ der Schön-Ära waren Sie, Berti, VOGTS: Er hat im Vorfeld eines Kapitän der Nationalmannschaft. VOGTS: Ich würde diese Konstel­ Spiels bei der Einstellung auf den Wie ging der Bundestrainer dabei mit lation nicht als Zufall bezeichnen. Gegner die richtigen Worte gefunden. Ihrer und seiner Führungsrolle um? Wichtig ist, dass man die Qualitäten Und er hat während des Spiels stets und das Talent dieser Spieler erkennt. ausgezeichnet reagiert. Sein Kunst- Helmut Schön hat allen diesen Spie- stück war, aus dem großen Angebot lern als 18-, 19- oder 20-Jährigen an Klassespielern die elf Akteure zu- ­ihre Chance gegeben. Da war noch sammenzubringen, von denen einer keiner von ihnen ein so genannter für den anderen läuft und arbeitet. Jahrhundertspieler. Er hatte einen Daher hat er die Doppelzimmer zu- unheimlich guten Blick für die be­ meist nicht nach der Vereinszugehö- sondere Begabung eines Spielers. rigkeit belegen lassen, sondern nach den Aufgaben, die sie gemeinsam zu GRABOWSKI: Dennoch war es Tat- lösen hatten. Wenn ich zum Beispiel sache, dass Helmut Schön ange- das Zimmer mit Horst Höttges zu sichts der großen Auswahl an über- teilen hatte, wusste ich, wir beide ragenden Spielern aus dem Vollen stehen als Verteidiger in der An- schöpfen konnte. Die Spieler, die er fangsformation. AKTUELL IM BLICKPUNKT 10 100. GEBURTSTAG HELMUT SCHÖN

VOGTS: Er hat die Funktion des daher spielt heute auch mal für auseinanderbrach. In Argentinien ­Kapitäns sehr ernst genommen und mich“. Da kann man nur voller Ironie kam 1978 dann die politische Situa­ hat sich vor der endgültigen Nominie- feststellen, dass wir dies ja dann tion mit der dortigen Militär-Diktatur rung häufig Ratschläge vom Kapitän ­genau so, wie von ihm gewünscht, hinzu, worauf die Mannschaft me- eingeholt. Und bei der WM in Argen­ umgesetzt haben. dienmäßig vielleicht besser hätte tinien war ich, dieses Gefühl hatte ich, vorbereitet werden müssen. ein wichtiger Ansprechpartner für ihn. CDN-MAGAZIN: Und dann habe, so hieß es damals, zunächst Franz CDN-MAGAZIN: Was würden Sie CDN-MAGAZIN: Höchst kritisch Beckenbauer in Eurem WM-Camp als Ihr persönlich schönstes war die Lage 1974 nach der 0:1-Nie- in Malente das Kommando über- Erleb­nis mit Helmut Schön be- derlage gegen die DDR während nommen? zeichnen? der WM in Deutschland. Wie haben Sie beide Helmut Schön dabei erlebt? VOGTS: In einer großen Zeitung GRABOWSKI: Als er mir 1974 vor stand, Franz Beckenbauer hätte auf dem WM-Endspiel sagte, dass ich GRABOWSKI: Diese Niederlage hat den Tisch gehauen. Diesen Tisch von Anfang an spielen würde. An ihn ganz tief getroffen. Damit hat er ­suche ich in Malente immer noch. ­meinem 30. Geburtstag. Und dies nicht gerechnet und auch wir nicht. zusammen mit Bernd Hölzenbein als Er stand ganz deutlich unter Schock. GRABOWSKI: Dieser Meinung vom Linksaußen. Mit der Frankfurter Berti kann ich mich nur anschließen. ­Flügelzange zum WM-Titel! Da hat VOGTS: Als er nach diesem Spiel in Klar, die Bayern waren mit ihren Schön ganz starkes Rückgrat bewie- die Kabine kam, brachte er allein ­sieben Spielern im Kader, darunter sen und sich nicht beeinflussen schon mit seiner für ihn so typischen sechs in der Stammelf, eine geballte ­lassen. Der „Holz“ und ich waren Körpersprache seine Enttäuschung Kraft. Als ich nach dem DDR-Spiel doch angesichts der Münchner Macht und Niedergeschlagenheit zum Aus- zunächst aus der Mannschaft flog, und der starken Lobby vom Rhein druck. Diesen Blick vergesse ich nie. wurde mir zugetragen, dies hätten praktisch Einzelkämpfer gewesen. Vor allem weil er vor dem Anpfiff die Bayern ausbaldowert. Ich habe noch gesagt hatte, „also Jungs ihr daraufhin Franz Beckenbauer zur VOGTS: Zunächst einmal sollte man wisst ja, ich bin in Dresden geboren, ­Rede gestellt, und er hat mir glaub- deutlich herausstellen, was er Groß- haft versichert, dass dies nicht stim- artiges geleistet hat bei den WM-­ men würde. Dass Franz als Kapitän Turnieren 1966 und 1970 in England mit dem Bundestrainer über die und Mexiko, wie er 1972 mit der viel- ­aktuellen Probleme geredet hat, leicht besten deutschen National- war völlig normal. Doch es wäre total mannschaft der Geschichte Europa- unfair zu behaupten, Helmut Schön meister wurde und zwei Jahre später wären die Zügel aus der Hand ge- Weltmeister. Das ist Helmut Schön! nommen worden. Das verbinde ich mit ihm. Er hat wirk- lich ganz, ganz Großartiges für den VOGTS: Helmut Schön hat sich deutschen Fußball vollbracht. ­einen Tag lang total zurückgezogen, danach dann Einzelgespräche ge- „Schön wäre auch heute führt. Mich hat er zum Beispiel ein Erfolgstrainer“ ­gefragt, ob ich jetzt gegen Jugoslawien seinen ersten WM- GRABOWSKI: Genau das ist es, Einsatz zutrauen würde. Schön wusste was zählt und was Helmut Schön genau, wie er sich in dieser schwie­ unvergesslich macht. Persönlich rigen Situation zu verhalten hatte. kommt hinzu, dass wir beide in Wies- baden wohnten, dennoch aber eine CDN-MAGAZIN: Ihre Zusammen- natürliche Distanz zwischen uns arbeit als Kapitän mit dem Bun­ ­beiden herrschte. destrainer war 1978 geprägt vom Scheitern bei der WM-Titelver­ CDN-MAGAZIN: Was unterschied teidigung in Argentinien. Wie groß Helmut Schön von einem Erfolgs- war Schöns Anteil an diesem vor- trainer der heutigen Zeit? zeitigen Aus? VOGTS: Einen solchen Vergleich VOGTS: Er hatte überhaupt keine halte ich einfach für unzulässig. Gar Schuld gehabt. Die Hauptschuld lag nicht zu vergleichen ist zum Beispiel in der Nacht nach dem WM-Gewinn die Medienlandschaft der damaligen 1974, als unser Weltmeister-Team mit der heutigen Zeit. Zu Schöns Zeit zählten acht bis zehn Journalisten zum harten Kern der Nationalmannschafts-­ Berichterstatter. Heute sind es rund 100. Es war eine ganz andere Zeit.

GRABOWSKI: Trotzdem bin ich überzeugt, dass Helmut Schön auch in der heutigen Zeit als Trainer her- vorragend zurechtgekommen wäre und sich der Medienlandschaft ange- passt hätte. Okay, Schön hat gerne in Harmonie gelebt. Und der eine oder andere Journalist, mit dem er nicht klar kam, hat ihm Magenschmerzen verursacht. Dennoch hätten ihn seine Kompetenz, Erfahrung und seine „DER MANN MIT DER MÜTZE“: MIT DIESEM MARKENZEICHEN ganz persönliche Art auch heute zu WAR SCHÖN EINE MARKE IN DER FUSSBALLWELT. einem Erfolgstrainer werden lassen.

CDN-MAGAZIN: Berti, in welcher auf die Nuss. Beispielhaft war für überragenden Bundestrainer gespielt Hinsicht war Helmut Schön für mich zudem, wie er große Talente zu haben, der unsere Nationalmann- Ihre Aufgabe als Bundestrainer aus den DFB-Nachwuchsteams be- schaft in die Weltspitze geführt und den beispielhaft und wegweisend? hutsam und ziel­strebig an große deutschen Fußball geprägt hat. Einer, Aufgaben heranführte. den ich auch heute noch vermisse. VOGTS: Mit seinem zwischen- menschlichen Verhalten bei der CDN-MAGAZIN: Wie werden Sie VOGTS: Als einen ganz feinen ­Führung der Mannschaft. Er hat nie ihn über seinen 100. Geburtstag ­Menschen. Und als einen ganz großen einen Spieler in der Öffentlichkeit hinaus in Erinnerung behalten? Trainer. Als einen Gentleman im aller­ kritisiert. Unter vier Augen bekam besten Sinn. der eine oder andere, wenn es sein GRABOWSKI: Dass ich das Glück musste, aber dennoch kräftig was hatte, zu meiner Zeit unter einem Interview: Wolfgang Tobien

Der „Lange“, der zum Größten wurde AKTUELL IM BLICKPUNKT 12 FRANZ BECKENBAUERS JUBILÄEN

Franz Beckenbauers Jubiläumssommer

Der „Kaiser“ ist 70

Am 11. September wurde Franz Beckenbauer 70 Jahre alt. Überschattet ist dieser Geburtstag wie auch das Jubiläum des 50. Jahrestags seines Debüts als Nationalspieler vom allzu frühen Tod seines Sohns Stephan, der am 31. Juli einem Gehirntumor erlag. Im engsten Familien- kreis hat der „Kaiser“ seinen Ehrentag verbracht. Ein Blick auf die ­fantastische Karriere und das außergewöhnliche Leben eines eindrucksvollen Menschen.

2015 – eigentlich ist es das Jahr der 70. Geburtstag überschattet von haben wollte, nachdem ich in meiner Jubiläen für den „Kaiser“. Am 8. Juli ­diesem Schicksalsschlag. ersten Ehe, als ich in jenen Jahren war der 25. Jahrestag des WM-­ pausenlos unterwegs war, meine Titelgewinns 1990 in Italien. Am 26. Schon lange vor dieser familiären ­Familie sehr vernachlässigt hatte September jährt sich zum 50. Mal Tragödie hatte er geplant, diesen und meine Söhne ohne mich groß sein Debüt als Nationalspieler 1965 ­runden Geburtstag im ganz kleinen ­geworden sind.“ in Schweden. Und dazwischen, am Kreis zu verbringen. „Mit der Heidi 11. September, wurde Franz Becken- und unseren beiden Kindern, und „Der Fußball bleibt weiter bauer 70 Jahre alt. Eigentlich Grund dann einige Zeit später noch mit eini- Mittelpunkt meines Lebens“ genug, anlässlich dieser Meilensteine gen mir sehr nahe stehenden Men- voller Freude auf eine einzigartige schen, aber ausschließlich Familie.“ Der Fußball aber, so sagt er, ist und Vita und Karriere zurückzublicken. bleibt weiterhin „der Mittelpunkt Irgendwann in naher Zukunft wird meines Lebens“. Dem Fußball, dem Doch über diesen Sommer der Jubi- Deutschlands mit Abstand popu­ er selbst so viel vermittelt und gege- läen hat sich ein tiefer Schatten ge- lärster Fußballer, der zudem welt- ben hat, habe er, so betont er, alles zu legt. Das Schlimmste, was Eltern weit zu den anerkanntesten und füh- verdanken. Daher hat sein erstes passieren kann, dass eines ihrer renden Persönlichkeiten des Sports Länderspiel gegen Schweden, da- ­Kinder vor ihnen stirbt, ist für Franz zählt, gleichwohl zurückkehren in die mals vor 50 Jahren am 26. Septem- Beckenbauer traurige Wirklichkeit öffentliche Wahrnehmung. ber 1965 in Stockholm, einen sehr geworden. Am 31. Juli verlor sein hohen Stellenwert. „Das erste Län- Sohn Stephan den Kampf gegen Und wieder eintauchen in die Welt derspiel ist immer etwas ganz Be- den Gehirntumor. Im Alter von nur des Fußballs. sonderes. Speziell in meinem Fall. 46 Jahren. Wenn wir dieses WM-Qualifikations- 2011 ist der Sohn eines Postober­ spiel damals nicht gewonnen hätten, Während einer sehr emotionalen und sekretärs, der mit neun Jahren beim wären wir nicht zur Endrunde nach anrührenden Trauerfeier nahm die SC 06 in seiner Geburtsstadt Mün- England gekommen, wo mir ein Jahr Familie am 7. August zusammen mit chen mit dem Fußball anfing und später der internationale Durchbruch zahlreichen Freunden und Trauer­ 1958 mit seinem Wechsel zum FC gelang und für mich alles losging.“ gästen aus der Welt des Fußballs Bayern den Grundstein für eine un- Abschied von seinem dritten Sohn. vergleichliche Laufbahn legte, von Ein halbes Jahrhundert später fasst Danach zog sich Franz Beckenbauer allen offiziellen Ämtern im Fußball Beckenbauer zusammen: „Die Grund- aus der Öffentlichkeit total zurück zurückgetreten. Was er „nicht be- lage meines Lebens bleibt der Fuß- und sagte bis Mitte September alle reut“ hat, weil er in seiner dritten Ehe ball. Er komplettiert auch weiterhin Termine ab. So war denn auch sein „endlich mehr Zeit für meine Kinder mein Leben. Alle Sponsoren, die ich

AKTUELL IM BLICKPUNKT 14 FRANZ BECKENBAUERS JUBILÄEN

WELTMEISTER ALS SPIELER: DEUTSCHLAND WIRD 1974 IM EIGENEN LAND ZUM ZWEITEN MAL WELTMEISTER.

VOR 50 JAHREN: BECKENBAUER IN SEINEM ERSTEN LÄNDERSPIEL IM SEPTEMBER 1965 GEGEN SCHWEDEN.

habe, meine TV-Tätigkeit bei Sky, das nur denkbaren Klubwettbewerben, in voller Enthusiasmus einher kam alles hat mit Fußball zu tun. Ich New York bei Cosmos seine großartige und damit ganz Franz Beckenbauers freue mich, dass ich noch immer die Spielerkarriere beendete. So war es Naturell von Souveränität und Non- Möglichkeit habe, auch im Fernsehen in Rom, als er nach dem Endspiel der chalance entsprach. als Experte bei Sky, mich einzu­bringen WM 1990 in Italien sein letztes Spiel und zu betätigen rund um den Fußball.“ als Teamchef hinter sich gebracht Franz Beckenbauer, der Fußball-Kai- hatte und nun auch in der Trainer- ser und Kosmopolit, genialer Libero Vor zehn Jahren, an seinem 60. Geburts­ Rolle als Weltmeister bejubelt wurde. auf dem Spielfeld und leidenschaft­ tag, war er, wie man so sagt, noch licher Stratege auf der Trainerbank. „voll im Geschäft“. Als Präsident des So war es am 6. Juli 2000 in Zürich, München, New York, Rom, Zürich, Organisationskomitees für die Welt- als es „beim schönsten und glück- Berlin – fünf Metropolen als wichtige meisterschaft 2006 in Deutschland lichsten Moment in meinem Leben Etappenziele in Beckenbauers nun- hatte er damals einen fünfteiligen mit dem Fußball hieß ,And the winner mehr 70-jährigem Leben. Sie stehen Gratulationsmarathon zu bewältigen. is ... Deutschland‘ und wir damit den für Vollbrachtes. Sie symbolisieren Bei der FIFA im ­marokkanischen Zuschlag für die WM 2006 er­hielten“. aber auch die Unabhängigkeit eines Marrakesch, beim Freistaat Bayern, Und Beifall umrauscht war schließ- Weltbürgers, der nicht verharrt im bei der Stadt München, beim FC Bayern lich das Ende der 18. Fußball-WM, Augenblick, sondern sich so frei fühlt und beim ZDF. Ein Jahr später erlebte als am 9. Juli 2006 mit dem Endspiel und so frei ist, stets zu neuen Ufern Beckenbauer dann bei der WM im in Berlin die größte Mission seines aufzubrechen. ­eigenen Land, auch in seiner per­ Lebens ausklang. sönlichen Wertung, den Höhepunkt Die Freiheit, die er meint, die nahm seiner außergewöhnlichen Karriere. „Wir wollten, dass die Menschen da- sich der Mann, der Zeit seines Lebens nach sagten, ihr seid gute Gastgeber Menschen jeglicher Couleur mit einer Wobei einmal mehr deutlich wurde: gewesen“, lautete sein Wunsch. Die- selbstverständlichen Herzlichkeit Wann immer Franz Beckenbauer eine ser war, zahllose Dankschreiben aus und Leichtigkeit begegnet, welche die Aufgabe übernommen und zu Ende aller Welt bestätigten es, eindrucks- dahinter stehende Selbstdisziplin gebracht hatte, waren ihm Bewunde- voll in Erfüllung gegangen. Dank- und das Arbeitsethos nicht spürbar rung und Applaus gewiss. So war es schreiben für ein Festival des Welt- und erkennbar werden lassen, diese 1983, als er, Weltmeister 1974, Europa­ fußballs, das als unbeschwertes Freiheit nahm er sich, als er sich vor meister 1972 und Gewinner in allen Sommerfest fröhlich, friedlich und vier Jahren aus allen offiziellen 15

„SOMMERMÄRCHEN“: DER „KAISER“ ALS ZENTRALFIGUR BEIM GELINGEN DER WM 2006 IN DEUTSCHLAND.

WELTMEISTER ALS TRAINER: TITELGEWINN MIT TEAMCHEF BECKENBAUER VOR 25 JAHREN IN ITALIEN.

­Ämtern verabschiedete. Nicht mehr als zu den Zeiten rund um die WM um den Tätigkeiten nachzugehen, die von innen, sondern von außen hat 2006, als ich Jahre hatte mit 330 ich für wichtig und richtig halte“. Franz Beckenbauer seitdem den Reisetagen. Diesen Irrsinn kann ich ­Fußball im Visier. mir heute gar nicht mehr vorstellen.“ Wenn sich erst einmal der tiefe Generell sei er, so betont er, „ein zu- Schatten einigermaßen verzogen Anders sei dieser Fußball in den ver- friedener Mensch. Das halte ich für hat, der Franz Beckenbauers Jubi­ gangenen Jahren geworden, hat er sehr wertvoll.“ Und so freut er sich, läen in diesem Sommer überlagert. von diesem Beobachtungsposten aus „dass ich eine intakte Familie habe. festgestellt. „Noch professioneller, Und dass ich gesund und fit genug bin, Wolfgang Tobien auch außerhalb des Spielfelds, wo immer mehr Menschen und Instituti- onen mitmischen. Das Fernsehen in „Weltstar ohne Allüren und erster Linie. Und auf dem Platz wird viel schneller und intensiver mitein- ein ganz wertvoller Freund“ ander gespielt. Längst wird nicht mehr so viel mit dem Ball gelaufen wie zu meiner Zeit“, stellt er fest und resümiert: „Nie wurde besser Fußball gespielt als heute.“

In seinem Privatleben konzentriert er sich an seinem Wohnort Salzburg auf seine Familie und kümmert sich intensiver um sein eigenes gesund- heitliches Wohlbefinden. „Ich gehe gerne in die Berge, unternehme Wan- derungen, spiele Golf, mache Ski- langlauf im Winter und Aqua-Jogging in meinem Schwimmbad, bin also wieder richtig in Bewegung. Anders AUF DEM WEG ZUR EURO 2016 16 DER FUSSBALL IM WANDEL DER ZEIT

Voller Rasanz hat sich seit der ersten EM 1960 die Welt des Fußballs verändert

Gleiche Höhe ist KEIN Abseits

Vorbei sind die alten Zeiten mit den alten Sitten, Bräuchen und Regeln. Überhaupt war früher rund um den Fußball alles ganz anders, vom Fernsehen bis zu den Prämien – und der ­ Münzwurf ersetzte bei einem EM-Turnier noch das Elfmeterschießen. Ein nostalgischer Blick zurück, ehe mit der EM 2016 in Frankreich (mal wieder) ein neues Fußball-Zeitalter beginnt.

Es dauert noch fast ein Jahr bis zur im Wandel der Zeit. Die Fortschritte wegen wachsender Faszination auf- Fußball-EM in Frankreich. Aber auch sind ungeheuer. Bei der EM 1992 gestockt werden auf 24 Teams, und diese Endrunde wirft ihre Schatten ­telefonierte Wolfgang Niersbach als 2020 wird aus Platzgründen quer schon voraus; in Form rätselhafter damaliger Pressechef noch mit der durch ganz Europa gespielt. Meldungen, wonach unfassbare Din- Urvariante des Handys: „Es war eines ge geschehen. Beispielsweise mel- dieser Funksprechgeräte wie bei „Der Ball ist rund und ein Spiel dauert den die Haftpflichtversicherungen, der Bundeswehr“, erinnert sich der 90 Minuten“, hat Herberger seinerzeit dass immer mehr Hausfrauen beim heutige DFB-Präsident, „es lag mir gesagt – aber längst dauert jedes Morgenputz mit dem Besenstiel aus schwer wie ein Brikett in der Tasche, Spiel länger, und der Ball ist zwar in Versehen den Bildschirm einschla- und die Hose hat es mir bis zum Knie der Tat noch rund, aber inzwischen gen. Oder sie rutschen auf einer runtergezogen.“ Heute muss er auf- (man frage die Torhüter) ein „Scheiß- ­Teppichfalte aus und stürzen kopfüber passen, dass ihm sein Smartphone Flatterball“ und nicht mehr diese alte in ihr TV-Gerät, das prompt klirrend nicht wie ein Schmetterling aus der Schweinsblase unter handgenähten zerspringt. So ist das vor jedem gro- Hemdtasche fliegt. Rindslederecken, die sich bei Regen ßen Fußballturnier: Die Schadens- so vollsaugten, dass der Ball schwer meldungen verdoppeln sich, und die So rasant hat sich auch der Fußball wurde wie eine Bowlingkugel und die Betrugsquote steigt auf 70 Prozent. verändert. Die EM zum Beispiel fing Spieler sich beim Kopfball bleibende Das Motiv ist stets dasselbe, im 1960 mickrig an, mit vier Mann­ Spätschäden zuzogen. ­Verhör gestehen die Gesetzesbre- schaften und ohne uns („Zeitver- cher ihre Gier nach einem immer schwendung“, fand Bundestrainer Regen, das war der Albtraum. Beim ­größeren und perfekteren Fernsehbild. Sepp Herberger). Heute aber ist sie Wunder von Bern, behaupten die Wir reden über die sich verändernden die drittgrößte Sportveranstaltung „adidas“-Gutachter, „waren zwei Rahmenbedingungen beim Fußball der Welt. Die Endrunde 2016 muss ­Faktoren besonders ausschlagge- FAST FAMILIÄR GING’S DAMALS ZU: BUNDESTRAINER HELMUT SCHÖN BEI EINER PRESSEKONFERENZ IM GARTEN DES MANNSCHAFTSQUARTIERS WÄHREND DER WM 1970 IN MEXIKO.

bend – das Gewicht der Schuhe und musste man die Leute erst beiseite und mitten hinein in den Sturmwirbel die Stollen“. Adi Dassler, der dama­ schieben. Und als ich einmal ein­ von Real drohte die Regie aus der lige DFB-Zeugwart, schraubte beim werfen wollte, saß da ein Opa an der Heimat dem Kommentator Rudi 54er-Endspiel, als es wie aus Kübeln Linie, der mich mit seinem Krück- ­Michel: „Wir müssen womöglich zu regnen begann, seine modernen, stock am Fuß festhielt.“ raus, wegen der Pressekonferenz schlanken und hohen Nylonstollen von Chrustschow in Paris.“ auf die Stiefel. Die Ungarn hatten nur Andere Zeiten, ihre genagelten Lederstollen, und andere Krücken. Der frühe Fußball im Fernsehen war während sich das Gewicht ihrer im stets vom Blackout bedroht. Lange Dauerregen aufgeweichten Schuhe Man sah in den Flimmerkisten jener bevor uns die ARD wegen eines nach und nach auf drei Pfund ver­ prähistorischen TV-Phase schumm- Streits um 6.000 Mark Mehrwert- doppelte, wogen die der Deutschen rige Bilder von nicht identifizierbaren steuer die Übertragung des histo­ nur die Hälfte – auf federleichten Männchen, die hinter etwas her­ rischen Büchsenwurf-Thrillers zwi- Stollen schwebten sie zum Sieg. rannten, das als Ball nur schemen- schen Gladbach und Inter Mailand haft zu erkennen war. Und wenn der verweigerte, mussten wir schon die Fußball damals, Fußball heute – „da Kalte Krieg tobte, war selbst der tor- WM 1962 irgendwie überstehen. Live ist allerhand passiert“, haben wir reichste Fußball gefährdet, wie anno ging aus Chile nichts, es gab keinen Uwe Seeler einmal sagen hören. 1960 das 7:3 im Europacupfinale der Satelliten. Die Filmrollen wurden aus ­Fußball war kein Wattepusten und Landesmeister zwischen Real Madrid Santiago also mit der Lufthansa nichts für Feiglinge, denn wie sagte und . Während heimgeflogen und die Spiele mit Schalkes unvergessener National- sich Loy, Lutz und Lindner mannhaft zweitägiger Verspätung übertragen. rechtsaußen : „Wenn wehrten, forderten die Sowjets den Als Konserve. Wer prophezeit hätte, man eine Ecke schießen wollte, Abzug der Alliierten aus Westberlin, dass es eines Tages ein „Public AUF DEM WEG ZUR EURO 2016 18 DER FUSSBALL IM WANDEL DER ZEIT

­Viewing“ vor großen Videoleinwän- Nationalmannschaft bei so man- Wahr ist: Der Bewegungsradius von den auf gigantischen Fanmeilen chem großen Turnier bis 1986 mit Gerd („Bomber“) Müller war etwa so ­geben würde, wäre mit dem Lasso den Reportern Wand an Wand unter groß wie der Umfang seiner zweifel- eingefangen, mit Blaulicht in die einem Dach wohnte. Wie bei der WM los imponierenden Oberschenkel. nächste geschlossene Anstalt einge- 1978 in Argentinien. Wenn man Professor Jürgen Buschmann von liefert und gegen Visionen behandelt ­damals als Griffelspitzer im DFB- der Sporthochschule Köln hat er- worden. Camp in Ascochinga spätabends rechnet: „Der erfolgreichste Mittel- noch rasch einen zündenden O-Ton stürmer aller Zeiten hat es in „Wie die Welt sich verändert hat“, benötigte, schaute man im Pyjama ­manchem Spiel auf 3,5 Kilometer staunte vor Jahren Franz Becken- geschwind gegenüber bei Klaus gebracht, während heute schon die bauer einmal fassungslos, als er bei ­Fischer vorbei, und der Schalker durchschnittliche Laufstrecke eines einem Länderspiel in eine Presse­ ­Torjäger sagte: „So spät noch? Torwarts zwischen vier und fünf konferenz mit ungefähr 44 Kameras Hereinspaziert!“­ ­Kilometern liegt.“ und 256 Reportern geriet. Nein, das war nicht mehr die heile Welt, in der Heute ist alles anders. Selbst gesi- So oder so: Ihr Geld waren die „Sitz- er als junger Kaiser noch dunkel­ chert geglaubte Erkentnisse müssen fußballer“ mehr als wert: „10.000 haarig vor einer Handvoll Reporter nachträglich neu festgezurrt werden. Mark vom DFB hat’s als Prämie ge­ saß, um ihnen bei der WM 1974 Zum Beispiel dachten lange Zeit alle, geben, und adidas hat noch 10.000 das 0:1 gegen die DDR zu erklären. der Ramba-Zamba-Fußball der dazugelegt“, sagt heute Beckenbauer: „Fünf Journalisten ­Europameister von 1972 sei in seiner und lacht über die Peanuts. Die Hel- waren’s, im Hinterzimmer einer Gast- Virtuosität unübertrefflich. „Traum- den von Bern hätten sich über eine stätte in Malente haben wir denen fußball“, schwärmte die Welt. „Stand- solch üppige finanzielle Zuteilung mitgeteilt, was für einen Mist wir fußball war das!“, hat dann aber ­riesig gefreut. Als sie damals heim- gespielt­ haben.“ plötzlich Rudi Völler gefaucht. In kehrten aus der Schweiz, schilderte seiner legendären Wut-Rede gegen Kapitän die Geschenk- Diese Überschaubarkeit ist sogar Günter Netzer. Oder hat er sogar korbsituation bei der Zwischen­station zeitweise so weit gegangen, dass die „Sitzfußball“ gesagt? auf dem Kaufbeurer Bahnhof so: „Aus

ZUM ZWEITEN MAL DIE BESTEN IN EUROPA: KAPITÄN MIT EM-POKAL 1980 IN ROM.

„STANDFUSSBALL ODER SITZFUSSBALL?“: VIELE HALTEN DIE EM-SIEGER 1972 FÜR DAS BESTE DEUTSCHE TEAM ALLER ZEITEN. 19

ENTSCHEIDUNG DURCH MÜNZWURF: KÖLN SCHEIDET 1965 MIT (MITTE) AUS DEM EUROPAPOKAL AUS.

DAS „GOLDEN GOAL“ ALS SCHLUSSPUNKT DER EURO 1996: JUBELNDE DEUTSCHE, NIEDERGESCHLAGENE TSCHECHEN.

dem fürchterlichen Nebeneinander andere Vorschrift: „Gleiche Höhe ist richter wirft nochmal, Liverpool jubi- von Allgäuer Käse, Porzellanfiguren, kein Abseits.“ liert – und jeder glaubt, das sei jetzt Aschenbechern wurde bald ein der spannendste Moment in der Durcheinander von Pralinen, Wein­ Viel schneller als die Regel, wonach ­Geschichte des Münzwurfs gewesen. flaschen und Kuhglocken.“ Später bis 1990 gleiche Höhe jahrzehnte- bekam jeder auch noch einen bayri- lang tatsächlich Abseits gewesen Doch drei Jahre später ist auch im schen Löwen aus Nymphenburger war, hat man diesen „jähen Tod“ EM-Halbfinale zwischen Italien und Porzellan, flankiert von einem Kühl- ­wieder abgeschafft. Denn er war der Sowjetunion ein Losentscheid schrank, einem Fernseher und einem ­unmenschlicher als das Schlimmste, nötig. Der Mannheimer Schieds­ Rasierapparat. das es im Fußball je gegeben hat – richter Kurt Tschenscher fingert aus der Münzwurf. der Hosentasche eine Münze. Andere Zeiten, andere Sitten. Andere ­„Machen wir einen Probewurf“, bittet Prämien, andere Regeln. Sie kamen EM-Halbfinale ’68 mit Italiens Verbandschef Franchi seinen und sie verschwanden wieder – wie Münzwurf entschieden Kollegen Granatkin. Die Münze fliegt das „Golden Goal“. durch die Luft und landet so, dass die sollte gelegentlich mit dem Licht­ Für alle, denen diese Folter dank der Sowjets die Sieger wären. Doch was bildervortrag seiner EM-Heldentat Gnade der späten Geburt erspart ge- zählt, ist der zweite Wurf. Die Italie- von 1996 auf Tournee gehen und den blieben ist, hier ein kurzer Griff ins ner schreien vor Glück – und Granat- Jüngeren erklären, dass es das tat- verstaubte Albtraumarchiv. 24. März kin fleht: „So etwas darf es nie mehr sächlich einmal gab: Diesen „sudden 1965, Europacup der Landesmeister, geben.“ Also wurde kurz danach das death“, den er damals in Wembley 1. FC Köln gegen FC Liverpool, Elfmeterschießen eingeführt. den Tschechen zufügte, gleich zu Viertel­finale. Nach Verlängerung ­Beginn der Verlängerung. Tor! Aus! steht es 2:2. Es regnet, im Morast Uns Deutschen kann das alles egal Deutschland Europameister! am Mittelkreis versammelt sich sein. Wir wissen, was nächstes Jahr eine Menschentraube aus Spielern im EM-Finale in Paris, sollten wir Am 30. Juni 1996 war das in London. und Funktionären, der Schiedsrichter ­dabei sein, zu tun ist, wenn es in der Genau einen Monat früher hat der Hip wirft seine Münze – und dieses Verlängerung eng wird. Wir machen Hop-Musiker Sven Mikolajewicz sein Dreckstück von Geldstück bleibt im es wie im WM-Finale 2014 in Rio, mit Solo-Debütalbum veröffentlicht. Wir Schlamm stecken, senkrecht, auf der unserer eigenen Regel, an der keiner erwähnen dies hier deshalb, weil der Kante. Alle sind fix und fertig, kreide- rüttelt: Schürrle auf Götze ... Titel der LP unter Fußballfans so bleich schließen Millionen vor dem heiß diskutiert wurde wie kaum eine Bildschirm die Augen, der Schieds- Oskar Beck AKTUELL IM BLICKPUNKT 20 WIEDERSEHEN DER WELTMEISTER 1990

Wiedersehen der Weltmeister von 1990 und der Geist von Kaltern Hier ist alles GOLD was glänzt

Von seiner Magie hat er nichts eingebüßt. Zum Silbernen Jubiläum faszinierte und leuchtete der goldene World Cup wie damals vor 25 Jahren in der Nacht von Rom. Als er herein getragen wurde mit den Klängen des Triumphmarschs aus Verdis „Aida“ in das festliche Ambiente am Kalterer See, machte sich Ergriffenheit breit unter den 100 geladenen Gästen. Um 21.56 Uhr, auf die Minute genau wie ein Vierteljahrhundert zuvor an jenem 8. Juli, ließ DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Übergabe-Zeremonie von damals wiederholen: Eine fesche Südtirolerin im Dirndl übergab Lothar Matthäus noch einmal die goldene Trophäe.

„Mit ein bisschen Wasser in den geradezu magnetischen Anziehungs- hessen. Oder Rudi Völler, der den ­Augen“, nahm der Kapitän die offi­ kraft dieses vergoldeten Sieges­ Heimflug von seinem griechischen zielle Replica der FIFA entgegen und preises. Solo und in immer wieder Urlaubsort auf Mykonos in München betonte unter Hinweis auf den Ort wechselnder Zusammenstellung unterbrochen hatte und mit einem des aktuellen Geschehens: „Hier in ­ließen sie sich mit dem World Cup Leihwagen ankam. Kaltern wurde der Grundstein für fotografieren, streichelten ihn oder ­unseren Titelgewinn gelegt.“ Sprach’s nahmen ihn in die Arme. Kaltern hat für die Gold-Jungs von und reichte den Pokal weiter an seine Rom, die 1990 den dritten Stern damaligen Mitspieler. Kaltern, dieser Südtiroler Gebirgsort nach Deutschland holten, besondere in den Dolomiten, ist für das Welt- Bedeutung. Der Geist von Kaltern, Der Höhepunkt der dreitägigen Jubi- meister-Team von 1990 fast schon er ließ das Wiedersehen der Welt­ läumsfeier zum 25. Jahrestag des zu einem mythischen Ort geworden. meister zu einer Zeit intensiver Be- WM-Titelgewinns von 1990 war er- Gewiss, die vierte Wiedersehens-­ gegnung werden. Golf war angesagt reicht. „Ich habe in diesem Moment Feier der „Recken von Rom“ war nach mit , Sepp Maier und in die Gesichter meiner Kollegen Starnberg (1995), Rom (2000) und als den Siegern des inter- ­geschaut. Da waren einige richtig Rust in Südbaden (2010) von der nen Turniers. Oder man genoss bei ­glücklich, als sie den Cup noch mal in ­Anreise her sicherlich nicht die ein- Kellerbesichtigungen die besten den Händen hielten, so wie ich auch. fachste gewesen. Doch sie war mit Tropfen der Südtiroler Weinhochburg. Von diesem Pokal geht selbst 25 Jahre Sicherheit die stimmungsvollste. Beim Galadinner ließen sie dann, an- später eine ganz eigenartige Faszi­ gefeuert von einem hoch emotiona- nation aus“, sagte . Die einen wie Littbarski, Häßler, Mill, len Film, bei dem auch der zum allge- Steiner und Hermann waren mit meinen Bedauern leider abwesende Immerhin 15 der 22 Weltmeister von ­etlichen der damaligen Betreuer im Endspiel-Siegtorschütze Andreas 1990 waren gekommen. „Eine stolze neuen Mannschaftsbus der National- Brehme eine Hauptrolle spielte, alle Anzahl, wenn man bedenkt, wie viele mannschaft von München aus gemeinsam Episoden, Anekdoten von uns andere Verpflichtungen zu angereist. Andere wie Uwe Bein „auf und spezielle Erinnerungen Revue erledigen haben“, so Matthäus. Sie eigene Faust“ mit achtstündiger passieren. Beim Rückblick auf jenen alle erlagen an diesem Abend der ­Anfahrt im Privat-Pkw aus Nord­ traumhaften Sommer 1990, wobei 21

auch diesmal Gianna Nanninis Melo- wunderbare Mannschaft immer wie- ­komplett draußen saßen und, weil die über die „magischen Nächte“ der mal zusammenzubringen“, sagte nicht gelistet, nur zuschauen konn- beim damaligen Triumph immer wie- Wolfgang Niersbach und gab eine der ten. Ich war dreimal der Loser und der live (und lautstark) angestimmt schönsten Geschichten, die an diesen viermal die Bratwurst und habe wurde: Un’estate italiana. Tagen die Runde machten, zum ­dieses fantastische Turnier im Kreis ­Besten: Dr. Wolfgang Schäuble, dieser tollen Mannschaft dennoch in „Was der Geist von Malente für unsere ­seiner Zeit Bundesinnenminister, sei vollen Zügen genossen. Seitdem ist Erfolge in den 70er-Jahren war, das bei einem Besuch in Kaltern zum die Freundschaft unter uns allen ist Kaltern für die 90er-Weltmeister. Trainingsplatz gekommen. Da habe noch unverkrampfter und inten- Hier holten wir uns auf der ersten ihm Torwarttrainer Sepp Maier, da- siver geworden.“ Weil, wie Kapitän Station auf italienischem Boden den mals „natürlich völlig unberechtig- Matt­häus sagte, „es bei uns keinen letzten Schliff. Kaltern, das ist fast so terweise ohne Fahrerlaubnis“, über einzigen Stinkstiefel gab und gibt, etwas wie Lourdes“, meinte der da- das Spielfeld entgegen gerufen: und gerade die, die nicht so in Er- malige Teamchef Franz Beckenbauer. „Herr Minister, haben Sie mir meinen scheinung getreten sind, sich super Und er erklärte mit Anspiel auf den Führerschein mitgebracht?“ verhalten haben.“ franzö­sischen Wallfahrtsort in den Pyrenäen unter dem Beifall der „Die Freundschaft ist noch Kaltern oder: Hier war, ist und bleibt ­zahlreichen regionalen und lokalen intensiver geworden“ alles Gold, was glänzt. So verwies Honoratioren um den einstigen auch Pierre Littbarski auf „dieses ­Süd­tiroler Landeshauptmann Luis Welcher Geist in dieser Mannschaft einmalige Gemeinschafts- und Zu- Durnwalder, der damals dem DFB nach wie vor herrscht, verdeutlichte sammengehörigkeitsgefühl, das un- Kaltern als Trainingslager ans Herz , vor 25 Jahren einer der sere Mannschaft in sich trägt. Wir gelegt hatte: „Du musst nach Kal- Edelreservisten ohne Einsatzzeit bei waren bei dieser Wiedersehens-Feier tern, dann kann nichts schief gehen“. Italia Novanta: „Damals gab es ­neben so aufeinander fokussiert, dass ich den Stammkräften die Loser, die auf manchmal das Gefühl hatte, wir Nichts schief gehen, wie jetzt bei der dem Spielberichtsbogen standen, ­würden noch einmal zu einer WM Rückkehr der Weltmeister. „Es ist mir aber vergeblich auf ihren Einsatz aufbrechen“. eine Herzensangelegenheit, diese hofften, und die Bratwürste, die Wolfgang Tobien

25 JAHRE DANACH: , THOMAS HÄSSLER, HOLGER OSIECK, LOTHAR MATTHÄUS, HANS PFLÜGLER, , PAUL STEINER, , RUDI VÖLLER, FRANZ BECKENBAUER (HINTEN VON LINKS); PIERRE LITTBARSKI, STEFAN REUTER, UWE BEIN, SEPP MAIER, ANDREAS KÖPKE, (VORNE VON LINKS). AKTUELL IM BLICKPUNKT 22 WIEDERSEHEN DER WELTMEISTER 1990 23 AKTUELL IM BLICKPUNKT 24 WIEDERSEHEN DER WELTMEISTER 1990 25 AKTUELL IM BLICKPUNKT 26 NATIONALSPIELER BETREIBEN FUSSBALLSCHULEN

Nationalspieler als Basisbotschafter für Freude und Erfolg in immer mehr Fußballschulen

Bein, Riedle, Mill & Co.: Die Fußball-Spaßmacher

Sie waren selbst ganz oben in ihrem Traumberuf: als Nationalspieler und Fußballprofis. Denen, die ihnen nacheiferten, dienten sie als leuchtende Beispiele für Karrieren mit Gipfel- perspektive. Inzwischen sind diese Meister ihres Sports wieder da angekommen, wo auch für sie alles begann: an der Basis, bei den Kindern, in der Grundschule des Fußballs, wo sich die Begeisterung für das beliebteste Ballspiel der Welt noch austoben darf. In den Fußball- schulen, die in unterschiedlicher Ausprägung bundesweit immer stärkeren Zulauf finden.

Wenn eine Vorlage nicht irgendwo, in der Bundesliga für seinen Heimat- ­Angebote der Fußballcamps unter sondern bei einem Mitspieler ankom- verein Dynamo Dresden und den prominenter Regie keine Rede sein. men, ein Dribbling nicht versanden, 1. FC Köln aktiv war, und viele andere Karl-Heinz Körbel, der sechs Länder- sondern Räume öffnen und ein Tor- mehr. Als Leiter von Fußballschulen, spiele bestritt, spricht von „4.000 bis schuss nicht übers Tor fliegen, son- die in den zurückliegenden Sommer- 5.000 Kindern pro Jahr, die zu uns dern im Tor landen soll, dann leisten ferien Hochkonjunktur hatten, teils kommen“. Der 60 Jahre alte Gründer sie gern und vor allem kompetente aber auch ganzjährig geöffnet sind. der überaus erfolgreichen Eintracht Hilfestellung. Karl-Heinz Körbel zum Frankfurt-Fußballschule, die seit Beispiel, mit 602 Punktspielen der Die hochdekorierten Musterprofis 2001 im Rhein-Main-Gebiet blüht Rekordmann der Bundesliga und bringen den lieben Kleinen und den und gedeiht, sagt: „Wir sind komplett ­deshalb nicht nur eine Legende von schon etwas älteren Jungen und ausgebucht und haben jedes Jahr Eintracht Frankfurt. Mädchen zwischen sechs und fünf- Wartelisten.“ zehn Jahren die Kunst des richtigen Oder und Karl-Heinz Riedle, Umgangs mit dem Ball bei. Und ver- Um den Schülerstau bestmöglich Weltmeister 1990 und zu ihrer Zeit gessen dabei an der Schnittstelle aufzulösen, expandiert Körbels Fuß- zur Elite der deutschen Premium- zwischen Kinderspiel und Jugend­ ballunternehmen, gestützt von einer stürmer zählend, und , der fußball nie, dass der Fußball zu- effektiven Administration und Trai- Bremer Europameister von 1996. nächst einmal allen, die ihm hinter- nern mit Nationalmannschafts- wie Auch Uwe Bein, Weltmeister 1990 herjagen, Spaß machen soll. Wäre Eintracht-Vergangenheit. „Wir wollen und einer der besten Spielmacher der dem nicht so, blieben die Fußball- im nächsten Jahr parallel zu dem, Bundesliga-Historie, , schulen der Größen von gestern was wir in Frankfurt an der Commerz­ der frühere Schalker Nationalspieler ­vermutlich leer und leblos. bank-Arena machen, in 15 Vereinen und Angreifer par excellence in den im Umland durchführen.“ In einem 70er-Jahren, oder Ralf Hauptmann, Davon aber kann beim Blick auf die Radius von 100 Kilometern rund um der für die DDR-Auswahl antrat und vielfältigen, jahrgangsgerechten Frankfurt wollen Körbel und sein 27

„DAS RUNDE MUSS INS ECKIGE“: UWE BEIN BEI DER EINWEISUNG ZUM TORSCHUSSTRAINING.

MIT JUGENDLICHEN NACHWUCHS- KICKERN: RALF HAUPTMANN, LEITER DER FUSSBALLSCHULE DRESDEN.

Trainerteam, zu denen die früheren die an Behinderungen oder den Folgen sia Mönchengladbach und Borussia DFB-Auswahlprofis , einer Krebserkrankung leiden. „Mit Dortmund, tourt als Ausbildungs­ Ralf Weber und , aber diesen Kindern zu arbeiten, ist un- leiter des kommerziellen Unter­ auch Eintracht-Idole wie der „ewige glaublich beeindruckend“, sagt Körbel. nehmens Kids Active mit seinen Mit- Oka“ Nikolov oder Cezary Tobollik streitern durch Deutschland, bietet gehören, ihre einwöchigen Schulun- Auch da, wo der Ernst des Berufs aber auch im Ausland, etwa in einem gen in den künftigen Partnervereinen Fußballprofi noch weit entfernt der griechischen Robinson Clubs unter Einbeziehung der dort aktiven scheint, kann eine Karriere im Klei- während der Sommerferienzeit, Fuß- Trainer anbieten. nen beginnen. So zum Beispiel bei ballkurse an. „Die Kinder“, sagt er, Sebastian Rode, der für den FC Bayern „wollen Spaß am Fußball haben. Wir Sebastian Rode in Körbels München spielt und bei Eintracht machen keine Talentsichtung. Wenn Fußballschule entdeckt Frankfurt seine Bundesliga-Vita be- ich aber mal ein verheißungsvoll gann. Als 14-jähriger Jugendspieler bei ­anmutendes Talent sehe, gebe ich Die ganzjährig geöffnete Eintracht Viktoria Griesheim in der Nähe von berufenen Kollegen eine Empfehlung, Frankfurt-Fußballschule boomt und Darmstadt fiel er 2004 den ­Spähern sich den Jungen mal anzusehen.“ sieht sich nicht nur in der Pflicht, dem von bei einem Tur- begabten Nachwuchs die richtigen nier der besten Talente aus Körbels Der Essener ist anders als Körbel Wege zum jungen Fußballglück zu Schule in Frankfurt derart positiv auf, und Eilts, in Bremen Leiter der weisen, sondern auch in der Verant- dass die Kickers Rode 2005 nach ­„Werder-Fußballschule“, oder Haupt- wortung, Kindern und Jugendlichen ­Offenbach holten und die Eintracht mann, der Kopf der „Dynamo Dres- in Not zu helfen. Aus der Kooperation mit dem Jungprofi 2008 dessen den-Fußballschule“, nicht mit einem mit der Bundesliga-Stiftung, der ­ersten Bundesligavertrag ­besiegelte. spezifischen Verein verbandelt. Eine Deutschen Krebshilfe und der Aktion Situation, die auch sein Allgäuer Mensch zum Beispiel sind Fußball­tage Frank Mill, zu seiner Bundesligazeit Weltmeister-Kollege Riedle schätzt, mit Mädchen und Jungen entstanden, ein ausgebuffter Angreifer bei Borus- eine Ikone von AKTUELL IM BLICKPUNKT 28 NATIONALSPIELER BETREIBEN FUSSBALLSCHULEN

als Doppeltorschütze beim 3:1-Sieg der ganz großen Karriere nichts für die DDR-Auswahl im Mittelfeld im Champions League-Finale 1997 wird. In die Bundesliga kommen nur für Ordnung sorgte, heute darum, die über Juventus Turin. „Unser Fußball- ganz wenige.“ regionale Komponente bei Dynamo camp soll mehr ein Urlaub sein und Dresden wieder stärker zu verankern. kein Intensivtraining für den Verein Hauptmann: „Wollen für Er kann sich noch gut daran erinnern, daheim“, sagt Riedle, der in Ober­ ­Dynamo Dresden werben.“ wie der beliebteste Fußballklub der staufen ein Vier-Sterne-Hotel besitzt DDR in seiner frühen Staatsamateur- und nebenan auf pädagogisch Dem Spaß in der Mill-Schule hat der zeit eine „Bezirksauswahl“ gewesen ­liebenswerte Weise die Freude an Realismus des Schulleiters noch nie sei, die „Titel gewonnen und regel­ seinem Sport hochhält. geschadet, zumal alle Fußball­ mäßig im Europapokal gespielt hat“. schulen, die auf sich halten, ihre Kids Ein Revival auf hohem Niveau ist Mill ist Riedles Bruder im Geiste, der auch mit Trikots, kleinen Wettbewer- zwar heutzutage, da die Profis welt- mit einer Vielzahl prominenter Hono- ben, Preisen, Essen und Trinken bei weit zu Wanderarbeitern geworden rartrainer wie den ehemaligen Natio- Laune halten. „Das Positive muss sind, unvorstellbar, aber ein bisschen nalspielern , Matt­ sich auf die Kinder und Eltern über- mehr Lokalkolorit, davon ist Haupt- hias Herget, oder tragen“, sagt Körbel, dessen Schule mann überzeugt, täte der SG Dynamo Guido Buchwald seine Feriencamps sich wie diejenigen anderer ehema­ immer noch gut. zu einem Sommervergnügen für liger Nationalspieler aus den Bei­ Mädchen und Jungen macht. Mill trägen für die Lehrgangsteilnahme Auch deshalb baute Hauptmann eine weckt auch keine falschen Karriere­ und, mal mehr, mal weniger, aus „mobile Fußballschule auf, die in hoffnungen bei denen, die bei ihm Sponsorengeldern finanziert. ­Zeiten nachlassender ehrenamt­ noch ein bisschen mehr über die Ge- licher Mitarbeit in den Raum geht, heimnisse der Fußballkunst erfahren Beim Arbeitsablauf jener Fußball- aus dem früher die Dresdner Spieler wollen. „Mit 14, 15 ist ja im Prinzip schulen, die zum Programmangebot gekommen sind“. Sein Grundge­ Ende“, sagt er, „da merken auch die eines Bundesligaklubs zählen, danke, „in die Vereine zu gehen, Ver- meisten Jugendlichen, dass es mit kämpft Ralf Hauptmann, der viermal eine zu unterstützen und emotional

VERMITTELT DIE GRUNDLAGEN DER ENGEN BALLFÜHRUNG: DER 45-MALIGE NATIONALSPIELER KLAUS FISCHER, VIZE-WELTMEISTER 1982. 29

MIT 4.000 BIS 5.000 KINDERN PRO JAHR KOMPLETT AUSGEBUCHT UND LANGE WARTELISTEN: DIE EINTRACHT FRANKFURT-FUSSBALLSCHULE VON BUNDESLIGA-REKORDSPIELER KARL-HEINZ KÖRBEL.

ein Stück weit für Dynamo Dresden Spaß, den auch Uwe Bein mit seiner ­inzwischen ­geschlossen, auch weil zu werben“, hat sich ausgezahlt. seit bald 15 Jahren bestehenden ihr Chef als Sportdirektor von Bayer „Wir wollen“, sagt Hauptmann, „die ­mobilen Fußballschule vermittelt. Leverkusen ganzjährig gefordert ist. Vereine unterstützen, die uns schon Zusammen mit der „Sparkassenver- früher Talente geschickt­ haben und sicherung“ führt das einstige „Pass- Völler, Seeler, Overath es hoffentlich wieder tun werden. genie“ rund 30 Veranstaltungen im als Gründerväter Damit frischen wir eine Dresdner Jahr durch, ist mit seinem Trainer- Tradition wieder auf.“ team und dem kompletten Trai- Seine Kollegen Nationalspieler, die in ningsequipment (Light-Bälle für die den Fußballschulen von heute Basis- Da er in Hans-Jürgen („Dixie“) Dörner Jüngsten, Prellwände für Technik- botschafter ihres Sports sind, haben eine Dynamo-Lichtgestalt und ein training, Schaumstoffmatten für Er- sich dieser Aufgabe im Schatten der DDR-Fußballidol an seiner Seite hat, folgserlebnisse bei Fallrückziehern großen Öffentlichkeit mit ebenso viel gewinnt das Training mit den Kindern und Flugkopfbällen, Pokal und Son- Herzblut und Hingabe verschrieben und Jugendlichen zusätzlich an Reiz derpreise für die trainingsbesten wie einst Völler oder noch davor Uwe und Qualität. Rund 1.500 Teilnehmer Spieler etc.) mobil unterwegs zu Seeler und Wolfgang Overath, die melden sich pro Jahr in der Dynamo- ­Fußballvereinen vor Ort an deren Schirmherren der ersten deutschen Schule an und buchen eines der Trainingsstätten. „Ich möchte den Fußballschule, betrieben von dem ­verschiedenen Angebotspakete für Kindern zeigen, dass sie Spaß im sportfreundlichen Dietzenbacher Anfänger und Fortgeschrittene. Dass ­Training haben können, haben sollen“, ­Unternehmen Portas. am Ende trotzdem nur wenige Kids betont der 54-jährige Nordhesse. sportlich den Sprung zu Dynamo Alle, die aus eigener Erfahrung bei Dresden schaffen, weiß der Schul­ Fußball mit hohem Spaßfaktor, das den Kindern noch mehr Freude am leiter. Macht aber nichts, denn „wir ist die Basis aller Schulen, zu deren Fußball geweckt haben, sind dabei wollen eher emotional etwas bewe- Gründervätern Weltmeister Rudi jung und unternehmungslustig ge- gen und die Begeisterung für unseren ­Völler gehörte, der auf Mallorca für blieben. Eine Win-Win-Situation für Verein wecken. Das Ganze ist eine ein Touristikunternehmen Kindern die Kleinen und die Großen. rundum bunte Geschichte, an der alle und Jugendlichen den „Extra-Kick­ im Spaß haben.“ Urlaub“ anbot. Völlers­ Schule hat Roland Zorn SERIE 30 DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER

Einst waren sie bekannt, populär, beliebt und bewundert. Teilweise sogar erfolgreiche WM- und EM-Teilnehmer. Doch inzwischen sind sie aus dem Rampenlicht verschwunden, haben sich zurückgezogen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, stehen abseits der Schlagzeilen. Manch einer ist in Vergessenheit geraten, zum Teil sogar einsam geworden. Nationalspieler im Verborgenen. Aus unterschiedlichen Gründen, wie unsere Serie im CdN-Magazin zeigt. Teil 5: Konrad Weise (64). Wenn man ihn trifft, begegnet man einem freundlichen und sehr ­bescheidenen Menschen. Dieser Mann soll in den 70er-Jahren ein gefürchteter Stürmerschreck gewesen sein?

Abwehrspezialist Konrad Weise über die Duelle mit den weltbesten Stürmern

„Es war mir eine Freude“

Verblüffend ist Konrad Weises Credo „gern“ bestätigen. Auch sie und viele 7.7.14, den Tag kann ich mir sehr gut als Fußballer und es bestätigt das andere internationale und nationale merken, bin ich Opa geworden!“ Urteil all derer, die ihn bei Carl Zeiss Angriffsgrößen hat der schnelle und ­Dabei strahlt er wie früher, als er Jena und in der DDR-Auswahl­ zweikampfstarke, aber stets faire nach erfolgreichen Spielen vom mannschaft haben spielen gesehen: „Terrier“ während seiner Glanzzeit ­Rasen kam. „Es war mir eine Freude, dem Gegner als Abwehrspezialist in die Schran- den Ball abzujagen!“ ken gewiesen. Ihm war es eine Gemessen an Lorbeer und Trium- ­Freude. Und seinen prominenten phen, ist er einer der erfolgreichsten Möglichst viele Tore schießen oder ­Gegenspielern …? DDR-Auswahlspieler überhaupt: Traumpässe schlagen? Weit gefehlt! Klar, WM-Teilnehmer 1974 und Olym- Konrad Weises Stärke war die kom- Heute lässt es der Thüringer, der vor piasieger 1976. Auf dem Weg zum promisslose und saubere Abwehr­ wenigen Tagen 64 Jahre alt wurde, Gold-Triumph in Montreal war er als arbeit. So galt der „Schattenmann“ gemächlicher angehen. Es ist ruhig einziger Akteur in allen elf Qualifika- bei der WM 1974 als einer der besten um ihn geworden. Das Sportgeschäft tions- und Endrundenspielen jeweils Abwehrspieler des Turniers. Johan in seiner Heimatstadt Greiz musste über die volle Zeit dabei. Weise, der Cruyff oder Gerd Müller werden es er im Sommer 2013 nach rund Dauerbrenner. „Tatsächlich? Das ist 15 Jahren aufgeben. Schuld daran mir wirklich neu“, reagiert er über- das Hochwasser der Weißen Elster. rascht. Um im gleichen Atemzug zu „Im Laden stand das Wasser manns- gestehen: „Da fällt mir ein, ich muss hoch“, erklärt Weise und winkt ab: meine Goldmedaille endlich mal „Wir hätten noch einmal komplett ­reparieren lassen. Da ist die Kette von vorn beginnen müssen.“ So fiel von der Medaille abgerissen.“ das zweite Standbein weg, das er sich irgendwann parallel zum unsicheren Im Sommer 1966 war der gebürtige Trainer-Job aufgebaut hatte. Greizer zum FC Carl Zeiss nach Jena gekommen. Seine ersten Erfolge Doch so wie er erzählt, wirkt ­feiert der junge Verteidiger auf Nach- er grundzufrieden. „Bin ich auch“, wuchs-Auswahlebene. Da hat er sagt „Konny“ Weise und fügt, wie ­gerade eine Lehre als Werkzeug­ aus der Pistole geschossen, an: „Am macher abgeschlossen. Beim dama- „SCHÖNSTER KARRIEREMOMENT“: EHRUNG DER OLYMPIASIEGER 1976 MIT JÜRGEN CROY, GERD WEBER, HANS-JÜRGEN „DIXIE“ DÖRNER, KONRAD WEISE, LOTHAR KURBJUWEIT UND REINHARD LAUCK (VON LINKS).

ligen UEFA-Turnier, vom Rang her Von der Tribüne aus verfolgt er die er sofort zu einem anderen Verein ­eine U 18-Europameisterschaft, darf ersten 45 Minuten gegen den Irak, ist wechseln. Weise gleich zweimal ran: „Durch sprachlos: „Das war kein Freund- Münzwurf habe ich 1969 Silber ge- schaftsspiel, die Iraker haben ge- Im Mai 1971 ist es aber endlich so kriegt und ein Jahr später in Schott- holzt wie verrückt!“ In der Halbzeit- weit. Im Leipziger Zentralstadion land Gold. Da war ich Kapitän der pause läuft er Trainer Buschner über steht der 19-Jährige bei seinem drit- Mannschaft.“ Die Bilder flimmern den Weg. „Hast Du Dein Zeug mit?“, ten Länderspiel in der Startelf gegen noch in Schwarz-Weiß über den Bild- fragt der Coach und legt ohne Zögern Jugoslawien. Weises Gegenspieler schirm, das Elfmeterschießen zur fest: „Zieh Dich um und komm auf die im EM-Qualifikationsspiel ist Links- Entscheidungsfindung gibt es noch Bank!“ So hockt Konrad Weise mit außen Dragan Dzajic: „Das war für nicht. Verdammt lang her, im nächs- Beginn der zweiten Hälfte direkt am mich 90 Minuten Horror! Dzajic ten Jahr wird er 50 Jahre in Jena Spielfeldrand. Zwanzig Minuten spä- hat mich zur Minna gemacht, aber sein. Beim Rückblick landen wir ter kommt er als Rechtsverteidiger Buschner wechselte mich nicht aus.“ ­unweigerlich bei seinem seltsamen in die Partie und sorgt bei seinem Nach 20 Minuten liegt die DDR 0:2 Debüt in der Auswahlmannschaft. Debüt kurz vor Schluss mit seinem zurück, das Duell Weise – Dzajic ist Treffer für den 5:0-Endstand. spielentscheidend. Doch der Trainer Gold und Silber nimmt den Debütanten sogar in der dank dem Münzwurf Am nächsten Tag nimmt ihn Busch- Spielauswertung in Schutz. Monate ner zur Seite: „Du bist noch kein danach ist der junge Verteidiger so- Georg Buschner, erfolgreicher Klub- ­Nationalspieler! Das bestimme ich, wohl Stammspieler in seinem Verein Trainer der Zeiss-Elf, hatte im wie es weitergeht!“ Die folgende als auch in der Auswahl. ­Sommer 1970 auch die DDR-Aus- ­Saison soll für das Abwehrtalent zur wahlmannschaft übernommen. So Geduldsprobe werden. Er schmort in 40 Jahre später macht Konrad gehen das erste Trainingslager sowie der „Zweiten“ von Jena und muss in Weise eine ganz andere Erfahrung. das erste Länderspiel praktischer- Böhlen, Steinach oder Tiefenort ran. Als Sportdirektor beim Frauenteam weise in Jena über die Bühne. Weise, Dazu Weise: „Als einziger Spieler des FF USV Jena staunt er über den zarte 18 Lenze jung, ist einer von drei ­unserer Gold-Truppe von Schottland enormen Ehrgeiz der Mädchen und Nachwuchsspielern, die den Aus- ging mir das so. Alle anderen spielten jungen Frauen, sich ständig verbes- wahlkader auf dem Trainingsplatz da schon erste Liga.“ Dieser Umstand sern zu wollen. Allerdings muss er ergänzen und fühlt sich geehrt. lässt ihn grübeln. Am liebsten würde sich in der Kommunikation völlig SERIE 32 DER „VERBORGENE“ NATIONALSPIELER

­umstellen. Gleich nach seiner Vor- und muss vom Platz getragen wer- ­Finale den Titelverteidiger und WM- stellung nimmt Weise eine Spielerin den. Als er mit einem Verband zurück Dritten Polen bezwungen zu haben. zur Seite und gibt ihr einen gut ge- aufs Spielfeld will, glaubt er sich im Und dabei im Endspiel den Welt­ meinten Rat: „Wenn du, wie soeben, falschen Film und verhört zu haben: klassestürmer und Turnier-Schützen­ Kritik am Trainer äußerst, dann mach Rot! Heute ist er sich sicher: „Der könig Andrzej Szarmach ausgeschaltet das nicht mehr vor versammelter Schiri hatte nichts gesehen, wollte zu haben. Mannschaft. Mach das nur unter vier aber das Spiel so nicht entscheiden. Augen.“ Als daraufhin bei der Ange- Deshalb flogen wir beide vom Platz.“ Oder zwei Jahre nach dem Bronze- sprochenen die Tränen kullern, weiß Lorbeer bei Olympia ’72 in München der Ex-Auswahlspieler, dass die Die DDR-Auswahl verliert durch die WM 1974! Mit dem legendären ­mitunter raue, aber übliche Gangart ­diese Aktion völlig den Faden und 1:0-Triumph über Beckenbauer, in der Ansprache im Frauenfußball das Spiel noch mit 2:3. La Ling ­Müller und Co. „Mit Frisuren wie eher ungeeignet ist. ­rühmte sich später, er hätte etwas ­Perücken!“, lacht „Konny“ und sieht machen müssen, um dem Spiel eine schon beim Stichwort die eine oder Der schlimmste Moment seiner Kar- Wende zu geben. Darüber ärgert sich andere Szene vor sich. Wie sie im Bus riere aber ist sein Platzverweis im Weise bis heute. singend ins Volksparkstadion zum Qualifikationsspiel für die EM 1980 Gruppenfinale gegen die DFB-Aus- gegen die Niederlande. Die DDR führt Der fantastische Weg zum wahl fuhren. Singend deshalb, weil an diesem 1. November 1979 kurz Olympiasieg ’76 Chile gegen Australien nur Unent- vor der Pause mit 2:0. Auch Weise schieden gespielt hatte und somit wähnt sich schon bei der EM-End­ Und die schönsten Momente? Natür- beide deutsche Teams bereits vor dem runde in Italien. Plötzlich spürt er lich der Olympiasieg 1976! Verbun- Anpfiff für die zweite Finalrunde qua- ­einen Schmerz. La Ling hat ihm im den mit diesem unbeschreiblichen lifiziert waren. Und: Nach dem Sensa- Vorbeilaufen mit dem Ellbogen ge- Gefühl, auf dem Weg zum Titel im tionserfolg stand Berti Vogts plötz- troffen, der Schiedsrichter aber Viertelfinale Frankreich (mit Platini), lich mit einem Packen verschwitzter nichts gesehen. Weise geht zu Boden im Halbfinale die UdSSR und im DFB-Trikots in der DDR-Kabine.

LEGENDÄRER 1:0-SIEG DER DDR-AUSWAHL 1974 GEGEN DEN SPÄTEREN WELTMEISTER: WEISE IM ZWEIKAMPF MIT GERD MÜLLER, DEM „BOMBER DER NATION“. 33

„SHAKE HANDS“: GRATULIERT KONRAD WEISE ZUM SIEG IM DEUTSCH-DEUTSCHEN DUELL BEI OLYMPIA ’72 IN MÜNCHEN.

DEM FUSSBALL NACH WIE VOR VERBUNDEN: KONRAD WEISE AUF DER TRIBÜNE DES JENAER ERNST-ABBE-SPORTFELDS.

Besonders skurril aber war ein Mo- wir bekamen sie nach Hause gelie- liste der DDR- an erster ment nach der Rückkehr von der WM fert.“ Und das hat funktioniert? Stelle steht. Vor Dynamo Berlin und bei der Ankunft in Berlin-Schönefeld. ­„Erstaunlicherweise! Die West-Ver- Dynamo Dresden. Unmittelbar nach der Landung wer- packung war zwar getauscht gegen den die Spieler in einen separaten grauen Karton. Aber die Abrechnung Den jüngsten Triumph der Zeiss-Elf Raum gebeten. Dort bekommen sie stimmte bis auf den Pfennig!“ im DFB-Pokal bekam Konrad Weise von einem ranghohen DTSB-Funk­ nur aus der Ferne mit. Eigentlich ist tionär ihre WM-Prämie ausgezahlt. Die größten DDR-Erfolge mit er ja Stammgast bei den Heim­spielen, In bar und in West. Konrad Weise Weises Namen verbunden aber Anfang August war er in einer verschwindet auf die nächste Toilet- Fußballschule in Auerbach tätig. te, muss sich erst einmal setzen Eng verbunden mit Weises erfolg­ ­Natürlich war er vom sensationellen und zählt die Scheine. Wohl wissend, reicher Fußball-Laufbahn sind Jenas 3:2 nach Verlängerung des heute dass der Besitz von D-Mark in der Erfolge im nationalen Cup-Wettbe- viertklassigen Regionalligisten über DDR offiziell verboten ist. werb. Dreimal gewann Carl Zeiss mit den Hamburger SV begeistert. dem schnellen „Terrier“ den DDR- Schließlich hängt sein Herz an dem Gleich am nächsten Tag steht er in Pokal. Zuletzt 1980. Einziger Wer- Verein, in dem er über 30 Jahre lang Plauen in einem Intershop, um mutstropfen: Während sich Jena in der als Spieler und Trainer gewirkt hat. ­Mutter und Schwester einen Wunsch folgenden Saison im Europapokal der Davon 20 Jahre als Abwehrspezialist zu erfüllen. Nach dem nächsten Trai- Pokalsieger bis ins Finale vorkämpfte, auf höchstem Niveau, in denen die ning in Jena werden die Auswahl- konnte Konrad Weise, wie schon bei größten Erfolge des DDR-Fußballs spieler zusammen gerufen. Weise: den Spielen zuvor, wegen Verletzung ganz eng mit seinem Namen verbun- „Wir sollten das West-Geld wieder beim Endspiel gegen Dynamo­ Tiflis den waren. Und wobei Konrad Weise abgeben. Nach einigem Hin und Her (1:2) in Düsseldorf nicht mitwirken. nicht nur beim sagenhaften 1:0 musste es auf ein Konto eingezahlt Nicht zuletzt Konrad Weise hat mit 1974 in Hamburg, sondern auch werden, wir erhielten West-Kataloge seiner Klasse und Konstanz als über- bei so manch anderer Gelegenheit und konnten daraus bestellen. ragender Abwehrspieler entschei- ­fest­stellen konnte: „Im Fußball ist ­Irgendwer hat die gewünschten Arti- dende Weichen mitgestellt, damit alles möglich.“ kel dann in West-Berlin gekauft und Carl Zeiss Jena in der ewigen Rang- Uwe Karte AKTUELL IM BLICKPUNKT 34 SOZIALES ENGAGEMENT

Soziales Engagement: Nationalspieler verbinden Popularität mit Wohltätigkeit

Weltmeister nutzen ihren Ruhm

Immer häufiger gründen Fußball-Millionäre Stiftungen unter ihren Namen. Franz Beckenbauer ging 1982 voran, als er anlässlich seines Abschiedsspiels eine Million Mark als Gründungs­ kapital für seine Stiftung spendete. Zuletzt folgten auch immer mehr Weltmeister von 2014 seinem Beispiel. Das ist ehrenhaft. Und hilft nebenbei ihrem Image und ihrem Gewissen.

Lukas Podolski hat fast 7,5 Millionen ­hohen Ertrag zu erzielen“, stellt Finanziell nimmt der Ex-Spieler von Fans auf Facebook. Wenn jeder einen ­Niederdrenk fest. Real Madrid eine Top-Position ein. Euro spenden würde, kämen Millionen Jedes Jahr kommen mehr als zusammen. Doch so einfach lässt zählt seit 2010 zu den 250.000 Euro an Spenden zusam- sich Popularität im Fußball nicht in erfolgreichsten Spendensammlern men. Knapp 200.000 Euro fließen bare Münze verwandeln. unter den Fußballstars. Zwischen in Projekte, mit dem Rest erhöht 300.000 und 500.000 Euro im Jahr ­Metzelder das Vermögen seiner Stif- „Nicht jeder Poldi-Fan unterstützt seien in den vergangenen drei Jahren tung. Inzwischen beträgt es mehr als auch seine sozialen Themen“, weiß zusammengekommen, sagt Nieder­ zwei Millionen Euro, sagt Metzelder. Lisa Niederdrenk, seine Marketing- drenk. Das Geld fließt in Projekte Das ist ein Spitzenwert unter den Managerin. Die Resonanz der Fans wie die Arche für Kinder. Für die ­inzwischen zahlreichen Stiftungen von darauf ist oft gering, obwohl er „sehr ­Warschauer Arche fand Podolski Fußballern, bestätigt Tobias ­Wrzesinski, mit dem Herzen dabei“ sei. Die mit RTL sogar einen Helfer aus der stellvertretender Geschäftsführer ­Anhänger wollen lieber wissen, was Wirtschaft. der DFB-Stiftungen Egidius Braun er gerade isst. Den gebürtigen Polen und Sepp Herberger, auf Basis einer schreckt das nicht. Als großen Erfolg „Absolut notwendig, ­Umfrage aus dem Jahr 2013. verbucht Niederdrenk eine Aktion, die sich selbst zu engagieren“ sie über die Versteigerungsplattform Mehr als 30 Fußball-Stiftungen gibt United Charity abwickelte. Podolski Das gelingt bei großen Projekten es in Deutschland, von Verbänden, habe Freunde um Sachspenden ge- ­immer öfter. Der Ex-Nationalspieler Vereinen und Spielern. Jährlich beten. Stars wie Basketballer Dirk Christoph Metzelder stellt große ­fließen der Umfrage zufolge bis zu Nowitzki, Rennfahrer Nico Rosberg, Spendenbereitschaft bei Unter­ 12,5 Millionen Euro in Projekte. Sprinter Usain Bolt oder Kumpel nehmen und Vermögenden fest und ­ spendeten bietet ein Modell an. Seine Stiftung Vorbild für Podolski und Co. ist Franz Souvenirs. bürgt in Form seiner Person für Beckenbauer, der bereits 1982 seine ­Seriosität, liefert das Wissen rund Stiftung mit einer Million D-Mark Fast 100.000 Euro brachte die um Projekte und setzt diese um. Mit ausstattete. Die meisten Spieler-­ ­Auk­tion, allein 15.000 Euro ein Tri- gut einem Dutzend Unternehmen Stiftungen entstanden nach 2000. kot, auf dem alle Weltmeister von ­arbeitet er regelmäßig zusammen. Rechenschaft müssen die oft als ge- 2014 unterschrieben hatten. „Die meinnützig anerkannten Einrich­ Online-­Versteigerung ist die effi­ Ungewöhnlich ist bei ihm nicht nur tungen nur gegenüber dem Fiskus zienteste Möglichkeit, um einen das hohe persönliche Engagement. ablegen – da werde auch nachgehakt, LUKAS-PODOLSKI-STIFTUNG: HILFE UND UNTERSTÜTZUNG FÜR SOZIAL BENACHTEILIGTE ­KINDER UND JUGENDLICHE.

GOLFEN ZUGUNSTEN DER CHRISTOPH-METZELDER- FOUNDATION: LARS BENDER UND PATRICK OWOMOYELA.

berichten Kenner der Szene. Steuer- sprach er. Auch seine Frau Jessica Soziales Engagement zeigen aber sparen spielt insofern eine Rolle, weil beteiligt sich. Das Rheinland hat sich auch etliche Nationalspieler, ohne Spenden abzugsfähig sind. der gebürtige Ostdeutsche für seine dabei mit einer Stiftung öffentlich in Projekte ausgesucht, weil seine Fa- Erscheinung zu treten. Uwe Bein zum Eine Stiftung bringt viel Arbeit mit sich, milie in Köln ein Haus besitzt und er Beispiel, Weltmeister von 1990, orga- sei es in den Projekten, durch Spen- öfter dort sein wird. nisiert „im kleinen Rahmen“ Golf­ denaktionen oder in Verwaltung und turniere für wohltätige Zwecke, rief Organisation. Für einen viel beschäf- Zur Marke eines Stars hierfür kürzlich namhafte Fußball- tigten Fußballer ist damit ein erheb­ zählt auch eine Stiftung und Handballspieler zu Gunsten der licher Zeitaufwand verbunden. Ohne Joachim-Deckarm-Stiftung zusam- das läuft es aber nicht, betont Stif- Alle Stars begründen ihr Engage- men oder lässt die kleinen weißen tungs-Profi Metzelder: „Es ist absolut­ ment mit ihrer Rolle in der Gesell- Kugeln fliegen, um mit dem damit notwendig, sich selbst zu ­engagieren.“ schaft. Sie hatten Glück, blieben von verbundenen Geldeinsatz krebs­ Verletzungen weitgehend verschont kranken Kindern zu helfen. Eine Stiftung ist eine Verantwortung und konnten eine Fußballkarriere für ein ganzes Leben, was die Super- starten, die ihnen viele Millionen ein- Aus der Sicht von Spall sind ein stars aber schon in jungen Jahren bringt und sie zu Idolen macht. Sie ­aktives Engagement des Stifters und nicht schreckt. Metzelder und möchten jenen helfen, die weniger die bewusste Auswahl der Projekte ­Po­dolski sind keine Einzelfälle. Die Glück im Leben hatten, und etwas entscheidend. Diese müssten zur Ex-Nationalspieler zurückgeben, persönlich, durch ihr Person und zu den Werten des Fuß- (Bayern München) und Per Mertes- Engagement oder durch Geld. ballers passen. Das habe öffentlich acker (FC Arsenal) gingen bereits vor eine wesentlich höhere Wirkung, weil Jahren voran. Torwart Manuel Neuer In erster Linie geht es um die gute es glaubwürdiger sei. (Bayern München) folgte. Kürzlich Sache. Gleichzeitig gehört eine Stif- reihten sich auch die Weltmeister tung zum öffentlichen Bild eines Die jüngste Gründung von Sami Khedira und Toni Kroos ein. Stars, zu seiner Marke. Die Kon­ entspricht dem. Für seine Projekte sumenten erwarteten, dass ein hat Kroos bereits durch Spenden und Kroos (Real Madrid) sammelt nun ­Fußballer mehr mache als seinen Zusagen rund 200.000 Euro zur Geld für kranke Kinder in Köln und Job, urteilt Markenberater Chris­ ­Verfügung. Das ist, wie der Vergleich Düsseldorf. „Diese Stiftung werde topher Spall aus Nürnberg. Der mit Podolski und Metzelder zeigt, ich leben vom ersten Moment an, es Druck, sich zu engagieren, sei um ansehnlich.

ist eine Herzensangelegenheit“, ver- ein Vielfaches höher als früher. Thomas Schmitt Erschienen am 13. Juli 2015 im Handelsblatt | Autor: Thomas Schmitt | ©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten AKTUELL IM BLICKPUNKT 36 SOZIALES ENGAGEMENT

Stiftungen prominenter Nationalspieler

1982 1995 FRANZ BECKENBAUER JÜRGEN KLINSMANN Der Weltmeister von 1974 und 1990 hat bereits früh Der Ex-Bundestrainer nennt seine Stiftung Aga­ den Maßstab bei Spieler-Stiftungen gesetzt. Viele pedia. Gefördert werden hilfsbedürftige Kinder in Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Sport und Medien Deutschland, Rumänien, Bulgarien und in der unterstützen den „Kaiser“, der regelmäßig Golf- ­Republik Moldau. Das Grundvermögen liegt bei Turniere zu Gunsten seiner Stiftung veranstaltet. 1,6 Millionen Euro.

1996 2006 UWE SEELER CHRISTOPH METZELDER Der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Der Ex-Nationalspieler und heutige Werbemanager Vorsitzende des Clubs der Nationalspieler hat baut seine Stiftung mit Hilfe von Unternehmen ­anlässlich seines 60. Geburtstages eine Stiftung ­systematisch aus. Viele Prominente helfen ihm, gegründet. Zweck der Stiftung ist vor allem Hilfe ­etwa Bundesverteidigungsministerin Ursula von für Kinder und Behinderte. der Leyen. 37

2006 2007 PER MERTESACKER PHILIPP LAHM Der Weltmeister von 2014 kommt aus der Region Ein Besuch in den Townships von Südafrika ging Hannover. Dort fördert er Kinder, die sozial be­ dem Kapitän der Weltmeister-Mannschaft von nachteiligt sind, einen Migrationshintergrund oder 2014 so nahe, dass er anschließend eine Stiftung eine Lernbehinderung haben. gründete.

2010 2015 MANUEL NEUER TONI KROOS In , der Heimatstadt des National­ Der Weltmeister von 2014 will kranken Kindern torwarts, leben besonders viele arme Kinder. helfen, persönlich und durch Spenden. Dafür hat er ­Diesen will der heutige Bayern-Spieler und Welt- Familie, Freunde und Partner um sich geschart meister von 2014 Chancen und Perspektiven für und eine Stiftung gegründet. Fast 200.000 Euro hat ihr Leben geben. er schon gesammelt. AKTUELL IM BLICKPUNKT 38 CDN-TREFFEN IN FRANKFURT

Viel Prominenz und beste Stimmung beim Regionalen CdN-Stammtisch in Frankfurt

Netzers Socken und die Wasserschlacht

Aus Anlass des Länderspiels gegen Polen (3:1) fand nun auch in Frankfurt der erste Regionale Stammtisch des Clubs der Nationalspieler (CdN) statt. Zahlreiche ehemalige Internationale der Eintracht um die Weltmeister Grabowski und Hölzenbein (1974), Bein und Berthold (1990) waren der Einladung gefolgt. Dazu „special guests“ aus der deutschen Länderspielgeschichte.­ Bei einem Meeting voller Anekdoten und Episoden wie der WM-Wasserschlacht 1974 mit dem gleichen Gegner an gleicher Stelle.

Mitternacht war vorüber, als sie abgehakt. Jetzt war nur noch totales Bernd Hölzenbein. „Flachpasskombi- ­einander Lebewohl sagten. Jürgen „Weißt-du-noch“-Gefühl angesagt. nationen waren ebenso unmöglich Grabowski, Bernd Hölzenbein und So steckten der „Grabi“, der „Holz“ wie Dribblings, weil der Ball immer Günter Netzer. Drei Weltmeister von und der „Jünter“ die Köpfe zusam- wieder in den riesigen Pfützen hän- 1974. Unten auf dem Spielfeld der men und ließen noch einmal die gen blieb. Das einzige Mittel waren Commerzbank-Arena hatten ihre ­Szenen des wohl denkwürdigsten halbhohe lange Pässe, um irgendwie Nachfolger um Thomas Müller und Länderspiels in diesem Stadion das Spiel nach vorne zu bringen“, Mario Götze ihr Soll erfüllt und mit ­Revue passieren. Die legendäre ­ergänzte Jürgen Grabowski. dem 3:1-Sieg gegen Polen die Tabel- „Wasserschlacht von Frankfurt“ vor lenführung in ihrer Qualifikations- 41 Jahren, als es im vorletzten deut- Nichts am Hut mit dieser Plackerei gruppe für die EM-Endrunde 2016 in schen Spiel bei der WM 1974 gegen im Matsch hatte Günter Netzer. Mit Frankreich übernommen. Entspre- Polen um den Einzug ins Finale ging. einer hartnäckigen Muskelverletzung chend locker, gelöst und ausdauernd aus Madrid zu dem damaligen WM- war die Stimmung nicht nur bei die- Sintflutartige Regengüsse hatten Unternehmen angereist, war für sem weltmeisterlichen Trio, sondern das Spielfeld in eine Seenlandschaft den angeschlagenen Real-Star sein auch bei allen anderen Teilnehmern verwandelt. „Dieses Spiel hätte Turnier-Einsatz bei jener WM nach am ersten Regionalen Stammtisch eigent­lich gar nicht angepfiffen wer- der denkwürdigen Niederlage gegen des Clubs der Nationalspieler in den dürfen. Doch der Terminplan ließ die DDR beendet, er blieb aber den- Frankfurt. den Organisatoren ja keine andere noch im Mannschaftskreis. Wahl. So mussten wir hinaus in den Die Tagesordnung war mit dem Auf- Schlamm und die Wasserwüste des Daher also saß Netzer im Block der trag, den die Spieler von Joachim Waldstadions und machten mit dem Spielerfrauen oben auf der Tribüne Löw souverän erfüllt hatten, schnell 1:0-Sieg das Beste daraus“, erklärte und präsentierte sich dort von seiner 39

EHEMALIGE FUSSBALLGRÖSSEN MIT DFB-PRÄSIDENT: , ERWIN STEIN, WOLFGANG NIERS- BACH, PETER REICHEL, UWE SEELER, BERND HÖLZENBEIN, , JÜRGEN GRABOWSKI, DIETER MÜLLER, , , HORST TRIMHOLD (VON LINKS).

GUTE STIMMUNG BEIM REGIONALTREFFEN IN FRANKFURT: BERND HÖLZENBEIN, JÜRGEN GRABOWSKI, GÜNTER NETZER.

hilfsbereiten Seite. Direkt vor ihm guests“ aus der deutschen Länder- „Ich bin sehr froh, dass ich der Ein­ Uschi Müller und neben ihm Helga spielgeschichte. ladung zu diesem Treffen gefolgt bin, Grabowski, die sich jetzt am CdN- denn mit Grabi und Holz, Lutz, Charly Stammtisch noch einmal genau er­ Heese als „Eisenschädel“ Körbel und Peter ­Reichel habe ich innerte. „Die Uschi hatte völlig durch- einst in den Schlagzeilen hier fünf meiner ehemaligen Jungs nässte Schuhe und eiskalte Füße. getroffen, die dann auch zu National- Da erbarmte sich der Günter, zog seine­ Neben Grabowski und Hölzenbein spielern wurden“, sagte Ribbeck, der Socken aus und gab sie der Uschi, die waren in Uwe Bein und Thomas Bert- 1968 mit 31 Jahren als jüngster Bun- sie dankbar annahm.“ Und Gerd Müller? hold zwei ihrer Nachfolger aus dem desliga-Trainer seine fünfjährige Der machte kurz danach mit seinem Weltmeister-Team von 1990 erschie- Amtszeit bei der Eintracht begann. Siegtreffer gegen die Polen alles klar nen. Dazu Eintrachts Bundesliga-­ Und sich jetzt auch ganz besonders und ebnete damit den Weg zum Ge- Rekordspieler Karl-Heinz Körbel. über das Wiedersehen­ mit Horst winn des WM-Titels vier Tage später. Oder und Hans Weil­ Heese freute, der in jener Zeit als bächer, die 1959 mit der Eintracht kopfballstarker „Eisenschädel“ auf Es sind Anekdoten und Episoden wie deren ersten und bislang einzigen der Mittelstürmerposition für Schlag- diese, die den Zusammenkünften der deutschen Meistertitel erkämpften. zeilen gesorgt hatte. ehemaligen Nationalspieler ihre Dazu Wolfgang „Der Brasilianer“ Solz ­besonders charmante Note geben. sowie die früheren Frankfurter Bundes- Ein Mittelstürmer und Torjäger der Diese Premiere des CdN-Regional- liga-Trainer Erich Ribbeck und Horst besonderen Art war zu seiner Zeit treffens am Main, sie war eine unge- Heese, die mit der Schilderung ihrer auch Erwin Stein gewesen. 267 Tore mein stimmungsvolle Zusammenkunft Erlebnisse bei dem Frank­furter Tra- hat er in 340 Spielen für die Eintracht der großen Frankfurter Fußballfami- ditionsverein ebenfalls bis nach Mit- zwischen 1959 und 1966 erzielt, da- lie. Garniert und flankiert mit „spezial ternacht für Hochstimmung sorgten. von allein 98 in 148 Punktspielen. AKTUELL IM BLICKPUNKT 40 CDN-TREFFEN IN FRANKFURT

JÜRGEN SPARWASSER, EBERHARD VOGEL

DIETER MÜLLER, THOMAS KROTH

JOACHIM STREICH , ERICH RIBBECK

Sein einziges A-Länderspiel, bezeich- Selbst eine überragende erste meister von 1976 und 2008, Dieter nenderweise gegen Polen, bestritt er ­Saison bei der Eintracht, die er im Müller und , sowie mit jedoch kurz vor seinem Wechsel zur Mai 1960 mit zwei Toren im un­ Thomas Kroth und Maurizio Gaudino Eintracht in Hamburg am 20. Mai vergessenen Europapokal-Endspiel weitere ehemalige Frankfurter Natio- 1959 als Amateur des Frankfurter gegen Real Madrid (3:7) in Glasgow nalspieler und nicht zuletzt Masseur- Vorortklubs SpVgg Griesheim 02 und abschloss, konnte Herberger nicht Legende Adolf Katzenmeier begrüßen. verhinderte dabei mit seinem Treffer umstimmen. beim 1:1 eine Niederlage. „1959 war „Ich kann Wolfgang Niersbach nur mein Traumjahr. Da habe ich ge­ Umso mehr freute sich der inzwi- sehr dankbar sein, dass ich eine sol- heiratet, wurde Nationalspieler und schen (noch ungemein mobile) che Veranstaltung in diesem Kreis bekam einen Profivertrag bei der 80-Jährige jetzt am Stammtisch des miterleben kann. Der Club der ­Eintracht“, erzählte er jetzt am Clubs der Nationalspieler mit den ­Nationalspieler ist eine wunderbare CdN-Stammtisch. Größen späterer Jahre zusammen Sache“, so Erwin Stein. „Und als gekommen zu sein. Neben den ge- ­regionales Treffen“, so beteuerte Zugleich bedeutete 1959 aber auch nannten Eintracht-Hauptdarstellern Uwe Bein, der als genialer Spiel­ das Ende seiner damals von vielen konnte DFB-Präsident Wolfgang macher in der ersten Hälfte der 90er- Experten vorausgesagten großen Niersbach, der 2008 den Club der Jahre den „Fußball 2000“ am Main Länderspielkarriere. „Sepp Herber- Nationalspieler gegründet hat, initiiert und zelebriert hatte, „eine ger hat mir einfach nicht verziehen, ­zusammen mit Uwe Seeler, dem perfekte Ergänzung zu den nun schon dass ich als Profi zur Eintracht CdN-Vorsitzenden, Legenden des traditionellen Jahrestreffen, wenn wechselte und damit der Amateur- DDR-Fußballs wie Joachim Streich, der gesamte Club der Nationalspieler Nationalmannschaft, für die er mich Jürgen Sparwasser oder Eberhard zusammenkommt.“ ­zunächst noch vorgesehen hatte, Vogel, den Europameister von 1996 nicht mehr zur Verfügung stand.“ Stefan Kuntz und die Vize-Europa- Wolfgang Tobien GÜNTER NETZER, JENS LEHMANN UWE BEIN, THOMAS KROTH

HANDBALL-IKONE KURT KLÜHSPIESS, HORST HEESE, BERND HÖLZENBEIN, ERICH RIBBECK HORST R. SCHMIDT

ERICH RIBBECK, PETER REICHEL, ERWIN STEIN WOLFGANG NIERSBACH, PETER REICHEL, UWE SEELER, BERND HÖLZENBEIN, STEFAN KUNTZ

ADOLF KATZENMEIER, FRIEDEL LUTZ UWE BEIN, HORST TRIMHOLD 42 CDN-MAGAZIN 24/2015

Kostbare Ehrung für Joachim Löw

Die nächste Ehrung für Joachim Löw (55). Und diesmal war es eine ganz besondere. Im Rahmen einer Benefiz-Gala in der Hamburger Handelskammer wurde der Bun- destrainer des Deutschen Fußball- Bundes am 12. September mit der diesjährigen „Goldenen Sportpyra- mide“ ausgezeichnet. Damit ehrte die Stiftung Deutsche Sporthilfe den Coach des aktuellen Fußball- Weltmeisters für dessen sportliche und berufliche Leistungen sowie ERÖFFNUNGSTERMIN AM 23. OKTOBER: DEUTSCHES FUSSBALLMUSEUM. für sein gesellschaftliches Engage- ment. Gewählt wurde Löw von den Fußballmuseum öffnet am des deutschen Fußballs ihre Pfor- bisherigen Preisträgern, darunter 23. Oktober die Pforten ten, die zwei Tage später dann auch die DFB-Ehrenspielführer Franz für das Publikum zugänglich sein Beckenbauer und Uwe Seeler, so- Vom 23. Oktober an wird deutsche wird. Gestartet mit einem großen wie vom Sporthilfe-Stiftungsrat. Fußball-Geschichte nun wirklich Vorplatzfest dokumentieren in der Das Preisgeld in Höhe von 25.000 erlebbar. An diesem Tag findet die „Heimat der großen Momente“ Euro geht traditionell an ein vom Eröffnungsgala im Deutschen Fuß- rund 600 Exponate und wertvolle Preisträger benanntes Projekt im ballmuseum am Königswall in Leihgaben, die zum größten Teil Sport. Gleichzeitig mit dieser seit Dortmund statt. In Anwesenheit multimedial präsentiert werden, dem Jahr 2000 durchgeführten von DFB-Präsident Wolfgang Niers- auf 7.000 Quadratmetern die denk- Wahl wird Joachim Löw in die „Hall bach und Nordrhein-Westfalens würdige Vergangenheit des deut- of Fame des deutschen Sports“ Ministerpräsidentin Hannelore schen Fußballs von der National- aufgenommen. Kraft öffnet die Erinnerungsstätte mannschaft über die Bundesliga bis zum Amateursport.

Manuel Neuer von De Bruyne entthront

Manuel Neuer, Torwart des Welt- meisters von 2014, ist die Titel­ verteidigung bei der höchsten ­Einzelauszeichnung im deutschen Fußball nicht gelungen. Bei der diesjährigen Wahl zum „Fußballer des Jahres“ wurde Neuer von Kevin­ De Bruyne entthront. Der Mittel- feldstar des amtierenden DFB-­ Pokalsiegers VfL Wolfsburg ge- wann vor den Profis des aktuellen Deutschen Meisters Bayern Mün- chen, und Neuer. Der 24-jährige belgische National- spieler ist nach Ailton (2004), ­Ribéry (2008), (2009) und Robben (2010) erst der fünfte aus- DEUTSCHLANDS „FUSSBALLER DES JAHRES“ 2015: . ländische Sieger in der Historie DIAGONALPÄSSE 43

dieser vom kicker seit 1960 durch- geführten Journalisten-Wahl. In wurde ebenfalls ein Wolfsburger zum „Trainer des ­Jahres“ gewählt. Der 50 Jahre alte Fußballlehrer setzte sich knapp vor Markus Weinzierl (FC Augs- burg) und (Borussia Mönchengladbach) durch.

Auch Steffen Freund jetzt Fernseh-Experte

In das aktuelle Geschehen der Qualifikation für die EM-Endrunde 2016 in Frankreich ist jetzt auch Steffen Freund als TV-Experte ein- gebunden. Bei RTL Nitro gibt der GEMEINSAM IM DENKMAL VEREWIGT: EVA UND SEPP HERBERGER. 21-malige Nationalspieler und ­frühere DFB-Trainer seine große wichtig“, verweist Nationalmann- meister von 1954 ist. Im Waldhof internationale Erfahrung, darunter schafts-Manager Oliver Bierhoff wurde Herberger 1897 geboren. Profi-Engagements in England und auf die dem DFB während der EM Für den SV Waldhof und den VfR Deutscher Meister, Champions exklusiv zu Verfügung stehende Mannheim absolvierte er 1921, League-Sieger, Weltpokalgewinner­ Anlage ­sowie auf den nur 45 Kilo- 1924 und 1925 drei A-Länder­spiele. mit Borussia Dortmund, seit An- meter entfernten Flughafen Genf 1977 erlag Sepp Herberger ­wenige fang September an die Fernseh­ und das lediglich einen Kilometer Wochen nach seinem 80. Geburts- zuschauer weiter. So war der entfernte Trainingszentrum „Stade tag in einem Mannheimer Kranken- ­Europameister von 1996 bei den Camille Fournier“. haus einem Herzinfarkt. EM-Begegnungen Niederlande ­gegen Island am 3. September, Spanien gegen Slowakei am Seppl-Herberger-Platz in Vier Sterne bewegen 5. September und Türkei ­gegen Mannheim eingeweiht Millionen von Fans die Niederlande am 6. September am Mikrofon. Zeitlebens waren sie füreinander Auch im Social-Media-Bereich da. Jetzt wird auch optisch deut- klettert die deutsche National- lich, dass Sepp und Eva Herberger mannschaft als Weltmeister zu Deutsches EM-Camp 2016 unzertrennlich waren und bleiben. Spitzenplätzen empor. Als sie vor steht schon bereit Bei der kürzlich erfolgten feier­ einem Jahr in Brasilien den vierten lichen Einweihung des „Seppl-­ Stern holte, kannte der Jubel Eine wichtige Voraussetzung für Herberger-Platzes“ im Stadtteil auch im Netz keine Grenzen. Kurz ihre erfolgreiche Teilnahme an der Waldhof, mit dem die Stadt Mann- nach dem Finale von Rio wurde, EM-Endrunde 2016 in Frankreich heim einen ihrer berühmtesten passend zum vierten WM-Titel, die ist für die deutsche Nationalmann- Söhne ehrt, wurde eine Stele ent- Vier-Millionen-Fans-Grenze­ auf schaft bereits geschafft worden. hüllt, die ein Bild des langjährigen Facebook überschritten. Inzwi- Im Fall der erhofften EM-Qualifi­ Bundestrainers zusammen mit schen wurde mit fünf Millionen die kation wird das Team des amtie- ­seiner Frau Eva zeigt. „Hier in ­nächste Schallmauer durchbro- renden Weltmeisters während des Waldhof hatten sich die beiden chen. Zudem hat auch der Twitter- Turniers sein Quartier am Genfer einst unweit des Platzes kennen Auftritt der DFB-Auswahl um See aufschlagen. Basecamp ist und lieben gelernt. Der Erfolg des ­Manuel Neuer und Toni Kroos dann das „Hotel Ermitage“, ein ‚Chefs‘ war auch ihr Erfolg“, er­ ­inzwischen fast zwei Millionen 1909 erbautes und 2010 komplett klärte DFB-Vizepräsident Eugen Fol­lower. In Asien folgen über die renoviertes Vier-Sterne-Hotel Gehlenborg während der Einwei- beiden Kanäle Sina Weibo und oberhalb der Stadt Evian-les- hung. Unter den Ehrengästen weil- Tencent Weibo insgesamt fast Bains. 125 Meter über dem See te auch Horst Eckel, der unter Sepp drei Millionen Fans dem DFB- liegt die Her­berge in einem 19 Hek- Herberger zu einem der „Helden Team. Und auf Instagram werden tar großen Park und verfügt über von Bern“ avancierte und inzwi- mehr als 500.000 Fans mit Fotos 80 Zimmer. „Für das Quartier sind schen zusammen mit Hans Schäfer rund um die Eliteauswahl des uns Kompaktheit und kurze Wege der letzte noch lebende Welt­ DFB versorgt. 44 CDN-MAGAZIN 24/2015

RUNDE GEBURTSTAGE (10) am 1. September; WALTER (In Klammern Anzahl KELSCH (4) am 3. September; der Länderspiele) GERD BRAUER (4) am 7. Sep­ tember; KARL-HEINZ RUMME- NIGGE (95) am 25. September; 60 Jahre HANS-PETER BRIEGEL (72) am 11. Oktober; LOTHAR HAUSE DIETER STROZNIAK (6) am (9) am 22. Oktober; NORBERT 14. Januar; UWE REINDERS (4) EDER (9) am 7. November; am 19. Januar; MICHAEL NOACK ­ (39) am (2) am 7. Februar; BER ND ­ 14. November; KURT NIEDER- MARTIN (1) am 10. Februar; MAYER (1) am 25. November; ­MARTIN HOFFMANN (66) am FRANK UHLIG (1) am 8. Dezem- 22. März; CALLE DEL’HAYE (2) ber; HANS-JÜRGEN RIEDIGER am 18. August; GERD STRACK (41) am 20. Dezember. JÜRGEN KOHLER

50 Jahre

OLIVER RECK (1) am 27. Februar; FRANK ORDENEWITZ (2) am 25. März; THOMAS HELMER (68) am 21. April; JENS ADLER (1) am 25. April; (7) am 3. Juli; HEIKO MÄRZ (1) am 9. Juli; RONNY TEUBER (1) am 1. September; (61) am 7. September; KARL- HEINZ RIEDLE (42) am 16. Sep- tember; MANFRED BINZ (14) am 22. September; MATTHIAS LINDNER (22) am 5. Oktober; JÜRGEN KOHLER (105) am 6. Oktober; (100) am 4. Dezember. UWE REINDERS ­MARTIN HOFFMANN

WALTER KELSCH KURT NIEDERMAYER ULF KIRSTEN JUBILÄEN/RUNDE GEBURTSTAGE 45

JUBILÄEN (Spieler mit fünf und mehr Länderspielen)­

Debütantenball vor 30 Jahren (1985)

THOMAS BERTHOLD (insgesamt 62 Länderspiele, Alter und Verein beim ersten Länderspiel: 20 Jahre, Eintracht Frankfurt) am 29. Ja- nuar gegen­ Ungarn (0:1); OLAF WOLFGANG STEINBACH HANS-JÜRGEN DÖRNER MARSCHALL (17, 19 Jahre, 1. FC Lokomotive Leipzig) am 19. März gegen Ecuador (3:2); UWE WEIDEMANN (10, 21 Jahre, FC Rot-Weiß Erfurt) am 6. April ­gegen Bulgarien (0:1); UL F KIRSTEN­ (100, 19 Jahre, Dyna- mo Dresden) am 8. Mai gegen ­Dänemark (1:4).

CHRISTIAN BACKS NORBERT ­MEIER

Abschiedsspiel JÜRGEN DÖRNER (100, 34 Jah- vor 30 Jahren (1985) re, Dynamo Dresden) am 18. Mai gegen Luxemburg (3:1); ANDREAS WOLFGANG STEINBACH (ins­ BIELAU (9, 27 Jahre, FC Carl gesamt 28 Länderspiele, Alter und Zeiss Jena) am 16. Oktober gegen Verein beim letzten Länderspiel: Schottland (0:0); NORBERT 30 Jahre, 1. FC Magdeburg) am MEIER­ (16, 27 Jahre, SV Werder 13. März gegen Algerien (1:1); ­Bremen) am 16. Oktober gegen CHRISTIAN BACKS (9, 22 Jahre, Portugal (0:1); JÜRGEN HEUN (17, Berliner FC Dynamo) am 6. April 27 Jahre, FC Rot-Weiß Erfurt) am gegen Bulgarien (0:1); HANS- 16. November gegen Bulgarien (2:1). THOMAS BERTHOLD

OLAF MARSCHALL UWE WEIDEMANN ANDREAS BIELAU 25 Jahre Fußball-Einheit Gala im neuen Fußball-Museum am 20. November HERAUSGEBER: VERANTWORTLICH GASTAUTOREN: Deutscher Fußball-Bund FÜR DEN INHALT: Oskar Beck, Uwe Karte, Otto-Fleck-Schneise 6 Ralf Köttker Thomas Schmitt, Roland Zorn 60528 Frankfurt/Main (DFB-Direktor Kommunikation Telefon: (0 69) 67 88-0 und Öffentlichkeitsarbeit) BILDQUELLEN: Telefax: (0 69) 67 88-2 04 dpa, Getty Images, E-Mail: [email protected] CHEFREDAKTION/ Imago Sportfoto www.dfb.de KONZEPTION: Wolfgang Tobien (c/o DFB) GESAMTHERSTELLUNG: PROJEKTLEITER CLUB DER Braun & Sohn NATIONALSPIELER: REDAKTIONELLE MITARBEIT: Druckerei GmbH & Co. KG Michael Kirchner (c/o DFB) Gereon Tönnihsen, Thomas Dohren Am Kreuzstein 85, 63477 Maintal

Die Ausgabe Nr. 24/2015 des CdN-Magazins ist, ebenso wie alle bisherigen Ausgaben, online unter „www.nationalspieler.dfb.de“ abzurufen.