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WEISSBUCH DER VVN In Sachen Demokratie WEISSBUCH In Sachen Demokratie Herausgegeben von der VVN 1960 Neu herausgegeben von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten 2003 Mit einer Einleitung von Ulrich Sander Herausgeber: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) 1960 Unveränderte Neuauflage 2003 Copyright 2003 by VVN-BdA. druckwerkstatt renchen · druck + verlag Weidenstraße 30 · 77871 Renchen Alle Rechte vorbehalten ISBN Satz / Umschlag: Helmut Sander / Redaktion: Ulrich Sander Die Illustrationen wurden dem Original von 1960 entnommen Druck: Druckwerkstatt Renchen Weißbuch – In Sachen Demokratie Renchen : druck + verlag, 2003 ISBN Inhaltsübersicht Einleitung zur Neuausgabe 7 Vorwort zur Erstausgabe 1960 15 Wir sprechen im Namen 16 I. Die Ziele des deutschen Widerstandes haben ihre Bedeutung behalten 19 II. Die gefährliche Perspektive der Bonner Politik 21 Über die Aufrüstung zur „Neuordnung” 21 Bundesregierung lehnt Abrüstungsvorschläge ab 24 Bundesminister Strauß fordert Atomwaffen 27 Aufrüstung – das große Geschäft 32 Einschränkung der demokratischen Freiheiten – Kehrseite der Aufrüstung 37 Politik des Kalten Krieges verhindert Wiedervereinigung 40 III. „Wer ist wer” in Ministerien und Behörden? 45 Bundesminister des Innern, Dr. Gerhard Schröder 45 Der Fall Oberländer 52 Bundesminister für Verkehr, Dr. h. c. Seebohm 55 Bundesminister für Justiz, Dr. Fritz Schäffer 58 Bundesminister Hans-Joachim von Merkatz 59 Staatssekretär Dr. Hans Globke 61 Staatssekretär Dr. Felix von Eckardt 66 Professor Dr. Wilhelm Grewe 66 Professor Dr. Walter Hallstein 69 Herbert Blankenhorn 70 Vom Ribbentropschen zum Brentanoschen AA 71 Die unbewältigte Vergangenheit in der Justiz... 82 …und in den bundesdeutschen Amtsstuben 85 Wer schützt Demokratie und Demokraten vor Polizei und Verfassungsschutz? 90 SS-Führer als Kripo-Chefs 103 Blühendes Spitzelwesen 104 NS-Pensionäre leben gut 108 IV. Von Hitlers Wehrmacht zur Bundeswehr 117 Hitler verschwand – seine Generäle blieben 117 Die Bundesmarine 126 INHALTSÜBERSICHT 6 V. Die rechtsradikalen Marschierer 133 Hitlers alte Garde (Hiag) 133 Auch der „Stahlhelm” ist wieder da 141 Für jede Einheit ein „Traditions”-Verband 146 Freikorps unter neuen Namen 148 Freikorps Deutschland 151 Die Anders-Gruppe 152 „Stoßtrupp gegen bolschewistische Zersetzung” 153 Die Bruderschaft 154 VI. Geistige Falschmünzerei und ideologische Kriegsvorbereitung 158 Das politische ABC des Geschichtsunterrichtes 158 Ganze 14 Zeilen über die Judenausrottung 162 Schröders „Lexikon für Staatsbürger” 164 Verlage, die von der Vergangenheit leben und ihre Erzeugnisse 165 „Ostforschung” im Spiegel der bundesdeutschen Politik 167 Die Politik der Landsmannschaften 172 Die restaurative Entwicklung und die antisemitischen Exzesse 174 Die Deutsche Reichspartei – ein Sammelbecken der Neonazis 181 Vll. Die demokratischen Kräfte gegen Nazismus und Militarismus – für Demokratie und Frieden! 189 Proteste aus allen Schichten der Bevölkerung 189 Gegen SS-Offiziere in der Bundeswehr 189 Gegen die nazistische Durchsetzung des öffentlichen Lebens 191 Verteidigung der VVN – Beitrag zur Erhaltung der Grundrechte und Freiheiten des Volkes 193 Stellungnahme des Präsidiums der Vereinigungen der Verfolgten des Naziregimes (VVN) 195 Register der Namen 197 Anstelle eines Nachworts 201 7 Einleitung zur Neuausgabe von Ulrich Sander Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifa- schistinnen und Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (VVN-BdA) legt erneut ihr „Weißbuch” von 1960 „In Sachen Demo- kratie” vor. Die Neuherausgabe erscheint notwendig, weil heute vie- les in Vergessenheit geraten ist, was damals das öffentliche politi- sche Leben unheilvoll prägte und nachhaltig unheilvoll blieb. Nach dem Sieg über Nazideutschland und seine Verbündeten herrschte in allen deutschen Besatzungszonen der Wille zu antifa- schistischem Konsens vor; er verband die demokratischen Kräfte und prägte die damals in Deutschland neu entstehenden Verfassun- gen. Eingedenk der Lehren aus dem antifaschistischen Kampf trat die VVN – damals noch ohne den Zusatz „BdA”, mit dem später den nachgewachsenen Generationen der Weg in die VVN-BdA eröffnet wurde – stets für eine friedliche Zusammenarbeit der Staaten und freundschaftliches Miteinander der Völker ein, für ein demokrati- sches und soziales Nachkriegsdeutschland und ein ebensolches Eu- ropa, frei von Faschismus und Rassismus, von Nationalismus und Revanchismus. In der Bundesrepublik geriet eine solche Politik bald in den Stru- del des Kalten Krieges. Ab 1960 betrieb die Bundesregierung unter Konrad Adenauer das Verbot der VVN, obgleich oder weil diese sich auf die Positionen des antifaschistischen Widerstandes der Völker und der Antihitlerkoalition gründete. 1960 waren, wenn vom Wiederaufleben nazistischer Tendenzen die Rede war, noch immer vor allem die alten Nazis gemeint, neona- zistische Nachwuchskräfte traten erst einige Jahre später massiv in Erscheinung. 1964 entstand die NPD. In den fünfziger Jahren hatte sich das Gesetz von 1951 „zur Rege- lung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen” verheerend ausgewirkt. Dieses gestattete etwa 150.000 Beamten, Angestellten, ehemaligen Wehrmachts- und Ar- beitsdienstangehörigen, die wegen ihrer Tätigkeit in der Nazizeit nach 1945 aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden waren, volle Versorgungsansprüche zu stellen bzw. erneut in den Staats- dienst zu treten. Das Gesetz verpflichtete zudem Bund, Länder, Ge- meinden, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Bundes- bahn und Bundespost, 20 Prozent der Besoldungsmittel für Einstel- lung dieser Personengruppen zu verwenden. Unter dem Paragra- phen 13 hieß es: „Die Zahl ... muß mindestens zwanzig von Hundert 8EINLEITUNG ZUR NEUAUSGABE der Gesamtzahl der Planstellen jedes Dienstherrn erreichen.” Para- graph 19 bestimmte: „Die Beamten zur Wiederverwendung sollen entsprechend ihrer früheren Rechtsstellung als Beamte auf Lebens- zeit oder auf Zeit in ein gleichwertiges Amt übernommen werden. ...” Dem 131er-Gesetz stand das Bundesentschädigungsgesetz ge- genüber, das zahlreiche Widerstandskämpfer und große Opfergrup- pen ausgrenzte. Während die ehemaligen NS-Berufsbeamten per Gesetz wieder in den öffentlichen Dienst kamen, wurden zahlreiche Antifaschisten per Blitzgesetz daraus entfernt oder per Paragraph 6 des Bundesent- schädigungsgesetzes ihrer Entschädigungs- und Wiedergutma- chungsleistungen beraubt, vor allem, wenn sie Kommunisten waren. Und dies galt oft auch für ihre Kinder und Enkel, so diese in den Staatsdienst – z.B. als Lehrerinnen und Lehrer – aufgenommen wer- den wollten. Die Berufsverbote per Erlass der Ministerpräsidenten von 1972, erlassen noch in der Ära Schrübbers, jenes Präsidenten des Verfas- sungsschutzamtes mit NS-Vergangenheit, wurden vor allem gegen Linke exekutiert. Für alte Nazis im Erziehungswesen, an Hochschulen, in der Justiz, aber auch in der Presse und in Kunst- und Kultureinrichtungen galt nichts Entsprechendes. Erst nachdem die NS-Aktiven aus Alters- gründen oder gut versorgt mit staatlichen Pensionen aus dem Be- rufsleben ausgeschieden waren, begannen die einzelnen Zweige der Wissenschaften auf ihren Kongressen ihre Vergangenheit zaghaft „aufzuarbeiten”, wie man es nannte, als gehe es um die Wiederher- stellung eines alten Möbelstückes. Dem Auswärtigen Amt wurde seinerzeit nachgesagt, in ihm seien zahlreiche leitende Personen tätig, die schon vor 1945 im Nazi- Außenministerium gedient hatten. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages, im Oktober 1951 gebildet, antwortete auf die Fra- ge: „Wurden oder werden im Auswärtigen Dienst, insbesondere auch im Auswärtigen Amt Personen beschäftigt, deren Verhalten während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geeignet ist, künftig das Vertrauen des In- und Auslandes zur demokratischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden?” mit einem klaren Ja. Auf die zweite Frage: „Auf welche Einflüsse ist ei- ne Beschäftigung solcher Personen zurückzuführen?” lautete die Antwort: „Es steht fest, dass mit Vorwissen und unter Duldung un- mittelbarer Vorgesetzter eine Gruppe ehemaliger Nationalsozialis- ten am Werke gewesen ist, die durch einen außerhalb des Amtes ge- führten Briefwechsel versucht hat, Personen, die während der na- tionalsozialistischen Gewaltherrschaft durchaus nicht immer ein EINLEITUNG ZUR NEUAUSGABE 9 einwandfreies Verhalten an den Tag gelegt haben, zu reaktivieren.” Bundeskanzler Adenauer wiegelte ab: „Man kann doch ein Aus- wärtiges Amt nicht aufbauen, wenn man nicht wenigstens zunächst an den leitenden Stellen Leute hat, die von der Geschichte von früher her etwas verstehen... Ich meine, wir sollten jetzt mit der Na- ziriecherei Schluss machen. Denn verlassen Sie sich darauf: Wenn wir damit anfangen, weiß man nicht, wo es aufhört.” Eine ähnliche Feststellung hatte der Bundeskanzler auch zur Bun- deswehr getroffen. Zum Aufbau der Bundeswehr wurden schon An- fang der 50er-Jahre hohe und höchste Hitler-Generäle herangezo- gen, wie etwa jener Adolf Heusinger, der dem Nürnberger Kriegs- verbrechertribunal 1945 eine eidesstattliche Erklärung abgegeben hatte, mit der die Teilnahme der Wehrmacht am Holocaust bestätigt wurde. Aus ihr zitierte der amerikanische Ankläger Telford Taylor: „Es war schon immer meine (Heusingers) persönliche Ansicht, dass die Behandlung der Zivilbevölkerung im Operationsgebiet und die Methoden der Bandenbekämpfung im Operationsgebiet der obers- ten politischen und militärischen Führung eine willkommene Gele- genheit