Das Thyssenkrupp Quartier Streifzug: Das Thyssenkrupp Quartier
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Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier Dauer: ca. 2 Stunden Länge: 3,6 km Ausgangspunkt: Limbecker Platz Haltestelle: Berliner Platz Limbecker Platz mit dem von Hugo Lederer Einleitung: geschaffenen Friedrich-Alfred-Krupp-Denkmal Was wäre Essen ohne Krupp? Diese Frage und dem Hotel Essener Hof um 1915 wird oft gestellt. Auf jeden Fall wäre die Ge- schichte und Entwicklung der Stadt deutlich überbaut ist, ein großes Denkmal für Fried- anders verlaufen. Kein anderes Unternehmen rich Alfred Krupp errichtet, dessen Haupt- hat in vergleichbarer Weise die Stadt Essen figur nun im Park der Villa Hügel zu finden geprägt. Lange Zeit waren Krupp und Essen ist. Vom Limbecker Platz aus führt unser Weg nahezu synonyme Begriffe. Von den bei- quer durch das Einkaufszentrum zum Berliner spiellosen betrieblichen Sozialleistungen der Platz, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg Firma Krupp zeugen heute noch viele sehens- als Teil des erweiterten Innenstadtrings ange- und vor allem bewohnenswerte Siedlungen legt wurde. Die hier beginnende Altendorfer des Werkswohnungsbaues in den Stadtteilen. Straße, ein Teil des Hellwegs, wurde Ende Der Zusammenhang zwischen Wohn- und des 18. Jahrhunderts auf Betreiben Preußens Arbeitsstätte ist hingegen kaum noch nach- ausgebaut, finanziert aus privaten Geldmitteln vollziehbar. Nur noch wenig erinnert an die der letzten Essener Fürstäbtissin Maria Kuni- gewaltige Krupp-Stadt, die vom Limbecker gunde. Der Berliner Platz wurde bis 2010 als Platz und der Bergisch-Märkischen-Bahn Kreisverkehr neu gestaltet. bis an den Rhein-Herne-Kanal reichte. Viele Jahrzehnte erstreckte sich westlich der Esse- Das frühere „Tor zur Fabrik“ (42) am Ber- ner Innenstadt eine riesige Industriebrache, liner Platz ist durch eine Eisenbahnbrücke die in weiten Teilen aus Angst vor Blindgän- der Werksbahn gekennzeichnet. Rundum gern nicht betreten werden durfte. Die verbo- hat sich ein beeindruckendes Gesamten- tene Stadt hat sich in den letzten Jahren als semble Kruppscher Werkshallen erhalten. „Krupp-Gürtel“ zu Essens neuer Seite ge- Der ursprüngliche Charakter der „Krupp- mausert, mit dem Berthold-Beitz-Boulevard, Stadt“, das dichte Geflecht der Ferti- dem Krupp-Park, dem ThyssenKrupp Quar- gungshallen, Hammeranlagen, Schmieden, tier und den restaurierten Baudenkmälern auf Walzwerke, Werkstätten, Fabriken und der Route der Industriekultur. Mit 230 Hektar Lagerplätze ist hier noch spürbar. Längst gilt das Areal als das größte citynahe Stadt- ist neues Leben in die Industriedenkmäler entwicklungsprojekt in Nordrhein-Westfalen. eingezogen: Die 8. Mechanische Werkstatt Unser Streifzug führt zu den historischen diente bis 2020 als Musical-Theater, hinter Zeugnissen des Krupp-Erbes und bietet ein- der Backsteinfassade des ehem. Press- und drucksvolle Beispiele zeitgenössischer Archi- Schmiedewerks verbirgt sich ein modernes tektur und Landschaftsgestaltung. Parkhaus. Die Krupp-Fabrik als Stadt in der Stadt, das Am bzw. in direkter Nähe zum Limbecker zeitweilig größte Industrieunternehmen Euro- Platz lagen das Kruppsche Privathotel Esse- pas, nahm eine Fläche von etwa 500 Hektar ner Hof, das ursprünglich für Besucher der ein. Mehrere öffentliche Straßen durchzogen Krupp-Werke bestimmt war, die 1899 eröff- das Gelände, von denen weitere, kleine Fa- nete werkseigene Bücherei und das Krupp- briktore (Portiers) zu den Arbeitsstätten führ- sche Beamtenkasino. 1907 wurde mitten auf ten. Das „Tor zur Fabrik“ mit den zu ihrem dem Platz, der heute vom Einkaufszentrum Arbeitsplatz eilenden Menschen war ein 73 74 Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier Das Streifzug: 46 45 44 43 42 H 47 (42) Tor zur Fabrik F (43) Tiegelgussdenkmal (44) Krupp-Stammhaus (45) ThyssenKrupp Quartier (46) Krupp-Park (47) Weststadthalle Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier 42 42 Tor zur Fabrik am Feierabend um 1905 ... … und heute beliebtes Postkartenmotiv. Der „Kruppsche bung Einflüsse des Jugendstils erkennen lässt. Esel“, die Werkssirene zum Schichtwechsel, Das auf der anderen Seite der Altendorfer war bis weit in die Stadt hinein zu hören. Lin- Straße stehende ehem. Press- und Schmie- ker Hand stand ein Denkmal für Alfred Krupp dewerk stammt von 1915-17. Hier arbeitete von 1892, das von den Werksangehörigen die damals größte Schmiedepresse der Welt. gestiftet worden war. Die Bronzeplastik, ge- Die vor dem Gebäude mündende Mittelstraße schaffen von den Bildhauern Alois Mayer und markiert die Grenze des Fabrikgeländes zum Josef Wilhelm Menges, steht heute im Ruhr Segerothviertel, in dem viele Krupp-Arbeiter Museum auf Zollverein, eine Kopie im Park mit ihren Familien wohnten. der Villa Hügel. Im Unterschied zum Krupp- Begleitet von den hohen Backsteinmauern Denkmal auf dem Marktplatz wurde hier das folgen wir der Altendorfer Straße. Auf der lin- besondere Engagement des Industriemagna- ken Straßenseite hat sich ein weiteres, denk- ten für das Gemeinwohl hervorgehoben. So malgeschütztes Fabrikgebäude, die ehem. gab es am Sockel neben einem Schmied eine Geschossdreherei, erhalten, die noch zu Leb- weibliche Allegorie der „Humanitas“. Das zeiten Alfred Krupps ab 1873 errichtet wurde. Denkmal nahm Friedrich Alfred Krupp zum Im Gebäude hat das an die Universität Duis- Anlass, in dankbarer Erwiderung den Krupp- burg-Essen angeschlossene Zentrum für Tür- schen Altenhof in Rüttenscheid zu stiften (vgl. keistudien und Integrationsforschung seinen S. 155). Hinter dem Denkmal befand sich der Sitz. 1985 wurde es zur Intensivierung der Kruppsche Bazar, das zentrale Warenhaus der deutsch-türkischen Beziehungen gegründet. Kruppschen Konsumanstalt. Die ringförmige Werksbahn wurde 1861 ein- Das Unternehmen Krupp gerichtet und war an die überregionalen Stre- Die Krupp-Geschichte ist oft beschrieben ckennetze angebunden. Die noch erhaltene und sogar verfilmt worden. Längst haben sich Brücke (heute Fußgängerüberweg) wurde zahllose Legenden um das Familienunterneh- 1872-74 gebaut. Eine moderne Treppenan- men und seinen beispiellosen Aufstieg (und lage dient als Entree für das 1996 eröffnete Niedergang) gebildet. Krupp hat gezielt zur Colosseum Theater (siehe Kulturadressen Entstehung dieser Mythen beigetragen. S. 192). Die 28 m hohe, denkmalgeschützte Schon lange vor der Gründung der Gussstahl- Industriehalle besitzt 1.640 Zuschauerplätze. fabrik waren die Krupps ein bedeutender Fak- Für die Aufführung von Musicals bietet sie tor in Essens Wirtschaftsleben. Helene Amalie einen stimmungsvollen Rahmen. Errichtet Krupp erwarb 1799 die Gutehoffnungshütte wurde das Gebäude 1900-01 als 8. Mechani- bei Sterkrade (heute Oberhausen). Ihr Enkel, sche Werkstatt, in der Objekte für den Loko- Friedrich Krupp, leitete vorübergehend die motiv- und Schiffbau produziert wurden. Bis Eisenhütte, bevor sie 1808 weiter veräußert zur Fertigstellung der 9. Mechanischen Werk- wurde. Nach dem Tode seiner Großmutter statt an der Frohnhauser Straße 1905 war die investierte er das Familienvermögen in die dreischiffige Halle die größte auf dem Krupp- Erzeugung von Gussstahl, den man damals Gelände. Die Stahlkonstruktion ist mit einer als „Tiegelstahl“ bezeichnete. Mit Hilfe eines Ziegelsteinhülle ummauert, deren Formge- eigenen Schmelzverfahrens gelang ihm 1816 75 Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier Gruß aus der Kanonenstadt die Erzeugung des heiß begehrten Materials. und ein über 2.000 kg schwerer Stahlblock, Prägestempel für Münzen waren eines der der mit höchstem Aufwand in Essen gefertigt ersten Qualitätserzeugnisse, die dem jungen worden war, erregten 1851 Aufsehen. Zehn Unternehmen Anerkennung verschafften. Vor Jahre später ging der Riesenhammer „Fritz“ dem Limbecker Tor, nahe der heutigen Alten- zum Schmieden gewaltiger Stahlblöcke in dorfer Straße konnte Friedrich Krupp 1818/19 Betrieb und war weltweit der größte seiner einen neuen Schmelzbau errichten. Der wirt- Art. Immer wieder verbesserte Alfred Krupp schaftliche Erfolg blieb gleichwohl aus, das die Herstellungsverfahren und meldete diver- Familienvermögen war bald aufgebraucht. se Patente an. 1871 baute er ein Martinwerk Verarmt und entehrt starb Friedrich Krupp im mit den ersten in Deutschland eingesetz- Alter von nur 39 Jahren. ten Siemens-Martin-Öfen. Im Krieg gegen Unternehmerisches Geschick verhalf seinem Frankreich spielten Krupp-Geschütze eine Sohn Alfred Krupp zum Aufstieg. Neben entscheidende Rolle und wurden auf Paris den Prägestempeln produzierte er Walzen abgefeuert. und Bestecke, schließlich auch Gewehrläufe. Ab 1861 wohnte Alfred Krupp mit seiner Fa- Von 1853 stammt das Patent, das Krupp für milie im so genannten „Gartenhaus“ mitten seine berühmten nahtlosen Eisenbahnreifen auf dem Fabrikgelände, bevor er den Kloster- eintragen lassen durfte. Die drei verschlun- buschhof in Bredeney erwarb und dort 1870 genen Radreifen mit dem Bau der Villa Hügel beginnen ließ wurden später zum (vgl. S. 111). Die Villa sollte vor allem re- Firmenlogo. Längst präsentativen Zwecken dienen und war mit- war Alfred Krupp tels eines Reitweges, den Alfred Krupp oft Stammgast auf den benutzte, an die Fabrik angeschlossen. Nicht großen Gewerbe- ohne Grund zeigt ihn das Denkmal auf dem und Weltausstellun- Markt demonstrativ im Reiteranzug. Als Al- gen, auf denen er u.a. fred Krupp 1887 starb, verfügte die Fabrik stählerne Antriebs- über 20.000 Arbeiter. wellen für Schiffe Sein Sohn Friedrich Alfred Krupp vergrößerte Alfred Krupp (1812- präsentierte. Seine die Betriebsfläche, modernisierte die Anlagen 1887) Gussstahlkanone und expandierte. Übernommen wurden u.a. 76 Streifzug: Das ThyssenKrupp Quartier Bergwerke in Lothringen, das Grusonwerk