Lehre und Forschung 2009-2010

Lehre & Forschung Die NRW School Schwerpunkte Ausblick Partner für NRW NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

2 Gliederung

gliederung

Grußwort von Univ.-Prof. Dr. Ulrich Radtke, Rektor der Universität -Essen ...... 4

Die NRW School of Governance: Unser Selbstverständnis. Von Univ.-Prof. Dr. Karl Rudolf Korte . . 6

1 Die NRW School of Governance ...... 10

2 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW ...... 36

3 Projektbezogene Themenschwerpunkte ...... 46

4 Fazit und Ausblick für 2011/2012: auf dem Weg zum Wissenschaftszentrum für angewandte Politikforschung ...... 114

5 Innovationen fördern: unsere Partner ...... 120

3 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Grußwort von Univ.-Prof. Dr. Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen

Die NRW School of Governance ist eine Ein­ Intensivere Betreuung von der Auswahl bis zum richtung an der Universität Duisburg-Essen und Abschluss und über das Kerncurriculum hinaus- besitzt Leuchtturmcharakter. In den Sozialwissen- reichende Angebote im Master-Studiengang schaften gehört sie zu den Vorreitern deutscher „Politikmanagement, Public Policy und Öffent­ Professional Schools mit spezifischen politik­ liche Verwaltung“ führen zu vermehrten und wissenschaftlichen Schwerpunktsetzungen und besseren Studienabschlüssen. Gleiches gilt für befindet sich darüber hinaus in öffentlicher das Pro­movendenkolleg und den Qualifizierungs- Trägerschaft. Diese Verbindung macht sie ein- bereich. Die NRW School of Governance leistet zigartig. Für die Universität Duisburg-Essen mit matching funds einen wichtigen Beitrag zur stellt die Duisburger Governance-Schule damit Verbesserung der wissenschaftlichen Ausbildung ein ganz besonderes Aushängeschild dar. Denn und beruflichen Qualifikationsmöglichkeiten im sie setzt Ausbildungs- und Forschungsschwer- Bereich Politikwissenschaft an der Universität punkte, die zu den zentralen Entwicklungszielen Duisburg-Essen. der Universität gehören. Universität und NRW School of Governance profitieren wechselseitig voneinander: Die An- bindung an das Institut für Politikwissenschaft und somit an eine öffentliche Universität mit gesellschaftlichem Bildungsauftrag ermöglicht

4 Grußwort

den Studierenden und Promovenden Zugang Im Namen der Universität Duisburg-Essen danke zu zahlreichen attraktiven Zentraleinrichtun- ich dem Team der NRW School of Governance für gen, unter anderem die Universitätsbibliothek, die gute Zusammenarbeit und wünsche weiter- das Zentrum für Informations- und Medien- hin viel Erfolg! dienste (ZIM), aber auch diverse Angebote zur Qualitätsverbesserung in der Hochschullehre (ZfH) sowie die Nutzung der Infrastruktur unter anderem in Form von attraktiven Seminar­ räumen und EDV-Systemen. Die Universität Duisburg-Essen stellt den Nährboden für die Univ.-Prof. Dr. Ulrich Radtke Lehre und Forschung der NRW School of Gover- Rektor der Universität Duisburg-Essen nance, aber auch für die Einwerbung weiterer Mittel dar. Zusätzliche Studiengebühren werden nicht erhoben. Die einmalige Verankerung der Governance-Schule an einer öffentlichen Uni- versität bietet somit Chancen für beide Seiten. Eines aber wird in jedem Fall deutlich: An erster Stelle profitieren immer die Studierenden von dieser modellhaften Symbiose.

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DIE NRW SCHOOL OF GOVERNANCE

Unser Selbstverständnis. Von Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte

Die NRW School of Governance ist eine Initiative Ein gemeinsamer Standard verbindet eine Viel- zur Exzellenzförderung im Bereich Politikwis- zahl von Governance-Schulen: die Erkenntnis, senschaft an der Universität Duisburg-Essen. Sie wie wichtig die Verbindung von Theorie und Pra- wurde im Jahr 2006 gegründet und ist angeglie- xis, das Zusammenwirken von wissenschaftli- dert an das Institut für Politikwissenschaft der cher Expertise und praxisorientierten Elemen- Universität Duisburg-Essen. Die Tätigkeiten las- ten sind. Zunächst fühlen wir uns den Kriterien sen sich in drei Teilbereiche, der Ausbildungs- fachübergreifender wissenschaftlicher Exzel- Trias der NRW School of Governance, unterglie- lenz (z. B. DFG Standards) verbunden; diese sind dern: eindeutig. Drei Bereiche werden stets hervorge- hoben: die Qualität der Forschung, der Anteil der Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte 1. Der Master-Studiengang Nachwuchsförderung und der Wissens­transfer ist Direktor der NRW School of „Politikmanagement, Public Policy in andere gesellschaftliche Bereiche. Governance und öffentliche Verwaltung“, Sicherstellung der Anwendungs- Mit der Anbindung an das Institut für Politikwis- orientierung im Studienangebot senschaft der Universität Duisburg-Essen bietet 2. Promotionskolleg und Postgraduierten- sich uns ein Fundament unterschiedlicher poli- Programme tikwissenschaftlicher Theorien und Forschungs- 3. Qualifizierungsbereich und perspektiven sowie mittlerweile fest etablierte Weiterbildungskomponenten Studienangebote, sodass insbesondere die ers- ten beiden Kriterien erfüllt sind. Die NRW School

6 Unser Selbstverständnis

of Governance erweitert dieses Fundament nun Beratungsleistungen sowie die Vernetzung mit um eine anwendungsorientierte Perspektive. berufsfeldspezifischen Institutionen (Regie- Folgende Kriterien legen wir bei unseren Tätig- rungsinstitutionen, Parlamente, Internationale keiten zugrunde: Organisationen und Nicht-Regierungsorganisa- tionen, Verbände, Parteien, Agenturen, Think Berufsfeldbezug und gesellschaftliche Tanks etc.). Durch entscheidungsnahe Politikbe- Relevanz ratung wird Expertise gewonnen, die unser Aus- Akademische Exzellenz und professionelle bildungscurriculum enorm bereichert. Orientierung bedürfen im Verständnis von an- wendungsorientierter Forschung immer eines Wissenstransfer und öffentliche Reputation konkreten Bezugs zu potenziellen Berufsfeldern. Wer anwendungsbezogen forscht, hat auch die Wenn der Zweck ein Wissenstransfer und die außeruniversitäre Öffentlichkeit im Blickfeld. In- Ver­besserung von Public Policy sein soll, sollte sofern bedeutet Exzellenz auch Veröffentli- über die Vernetzungsintensität und Vernetzungs- chung in Reihen und Bereichen von hoher öf- qualität auch ein Wirken in die politische fentlicher Wahrnehmung und Wirksamkeit. Die Gemeinschaft ablesbar sein. Mit den Koope­ Vermittlung forschungsbasierter Informationen rationspartnern, oder angeleitet durch sie, kön- an Nichtfachleute, nicht forschende Organisati- nen Forschungen zu politischen Problemlagen onen und die Öffentlichkeit ist hierbei zu bewer- abgeleitet werden. ten. Wissenschaftler haben eine Transmissions- aufgabe zur Übersetzung von Forschungsergeb- Vernetzung zu Entscheidungsträgern und nissen. Die Teilnahme am öffentlichen Diskurs politischen Institutionen wird als akademische Leistung anerkannt. Forschungen zur Politikberatung setzen Anwen- dungsbezug und die Vernetzung in die politi- Drittmittelakquise und Matching-Funds sche Praxis elementar voraus. Exzellenzkriterien Wer wie wir anwendungsbezogen forscht, sind hier Anzahl, Umfang und Nachfrager von braucht Drittmittel aus Unternehmen, Unter-

7 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Unabhängigkeit. Öffentliche Mittel der Univer- sität Duisburg-Essen werden für die NRW School of Governance eingesetzt, wenn private Mittel in einer bestimmten Höhe eingeworben wer- den. Dies fordert und fördert akademische Ex- zellenz.

Die NRW School of Governance nimmt in ihrer Struktur das Spannungsverhältnis von Theorie und Praxis auf: gleichzeitige Einbindung von Praktikern und Wissenschaftlern in gemeinsa- me Forschungs- und Lehrprojekte sowie akade- misch hochwertige Vermittlung („forschend lehren“!). Ein weiteres Qualitätskriterium ist der Erfolg der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt. Wir verfolgen keine grundlagentheoretischen, sondern sachproblemorientierte Fragestellun- Die Internetpräsenz der NRW School of Governance: www.nrwschool.de gen. In der forschungsgeleiteten Bearbeitung werden jedoch höchste wissenschaftliche Stan- nehmens-Stiftungen, Ministerien etc. Exzellenz dards eingehalten. orientiert sich an der Breite und Exklusivität der eingeworbenen Mittel in Bezug auf den konkre- Anbindung an die Fakultät für ten Verwertungskontext, an Effizienz sowie pra- Gesellschaftswissenschaften und xisrelevanter Funktionalität. Zudem gewährleis- das Institut für Politikwissenschaft ten wir durch Matching-Funds und eine Reihe Das Institut für Politikwissenschaft der Universi- unterschiedlicher Förderer wissenschaftliche tät Duisburg-Essen, als größtes politikwissen-

8 Unser Selbstverständnis

schaftliches Institut in Nordrhein-Westfalen, beiter –, 32 weiteren Beschäftigten und über bietet eine große Vielfalt an Forschungsfeldern 3.500 Studierenden zu einer der größten sozial- und Lehrangeboten sowie ein ausgewogenes wissenschaftlichen Fakultäten bundesweit. Verhältnis von fachlicher Breite und Spezialisie- rung. Neben einem grundständigen Bachelor- In Nordrhein-Westfalen verortet sowie Programm stellt das Institut inzwischen drei national und international vernetzt Master-Programme bereit, die mit ihren unter- Die NRW School of Governance hat organisato- schiedlichen Schwerpunkten – „Politikmanage- risch einen auf Nordrhein-Westfalen ausgerich- ment, Public Policy und öffentliche Verwaltung“, teten regionalen Schwerpunkt. Durch die zahl- „Internationale Beziehungen und Entwicklungs- reichen Projektpartnerschaften in Politik, Wirt- politik“ und „Development and Governance” schaft und der Zivilgesellschaft aus der Rhein- (DAAD-Master) – ein umfangreiches Angebot Ruhr-Region ist die NRW School of Governance bieten. Diese fachliche Breite verbindet sich mit regional verankert. Ausbildung und Forschung der Profilbildung in den Bereichen „Global, Regi- hingegen orientieren sich am Mehrebenen­ onal and Modern Democratic Governance“. Das system – von der kommunalen bis zur euro­ Institut für Politikwissenschaft gehört neben päischen Ebene. Auf die Anforderungen von dem Institut für Soziologie, dem Forschungsins- Politik und Regieren im nationalen und interna- titut für Entwicklung und Frieden (INEF) und tionalen Kontext wird somit eingegangen. dem Forschungsinstitut Arbeit und Qualifikati- on (IAQ) zur Fakultät für Gesellschaftswissen- Zweck und Anliegen des vorliegenden Berichts schaften. Die Fakultät für Gesellschaftswissen- ist, unseren Leitsatz „Forschend lehren!“ in seiner schaften zeichnet sich durch ein breites For- Umsetzung 2009 und 2010 zu dokumentieren. schungsspektrum mit zahlreichen Spezialisie- rungsmöglichkeiten für Studierende aus. Sie zählt mit ca. 140 Wissenschaftlern – darunter 23 Professoren und ca. 120 wissenschaftliche Mitar-

9 1 Die NRW School of Governance

Die NRW School of Governance ist am Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen verortet. Als Governance-Schule verbindet sie theoretische Ansätze mit einem ausgeprägten Praxisbezug. In den letzten zwei Jahren hat die NRW School of Governance ihre projektbezogenen Schwerpunkte erweitert und neue thematische Akzente gesetzt. Meilensteine konnten in der Ausbildungstrias – dem Master-Studiengang, dem Promotionskolleg und dem Qualifizierungs­ angebot – gesetzt werden.

1.1 Das Team ...... 12 1.2 Entwicklung 2009 - 2010: Überblick ...... 14 1.3 Ausbildungstrias und Meilensteine ...... 16 1.4 Fellows der NRW School of Governance ...... 31 1.5 Meilensteine: ein Zeitstrahl ...... 32 1.6 Studien der NRW School of Governance ...... 34 Lehre und Forschung 2009-2010

Die NRW School NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

1.1 Das Team

In den Jahren 2009 und 2010 haben die nachstehenden Personen an der Entwicklung der Juniorprofessur für NRW School of Governance in Forschung und Lehre mitgewirkt: Politikwissenschaft der Direktor Geschäftsführung WestLB-Stiftung Zukunft NRW

Univ.-Prof. Dr. rer. pol. habil. Dipl. Soz.-Wiss. Dipl. Soz.-Wiss. Marion Steinkamp, Prof. Dr. Andreas Blätte Dr. phil. Karl-Rudolf Korte Nico Grasselt Markus Hoffmann M.A. Politikvermittlung Wissenschaftlicher Mitarbeiter Anwendungsorien- und politische Betreuung des der Juniorprofessur für Forschungs­ tierung und Haniel Debatte, Qualifizie- Promotions- Politikwissenschaft der koordination Master Course rungsprogramme kollegs WestLB-Stiftung Zukunft NRW

Dr. rer. pol. Dipl. Soz.-Wiss. Julia-Verena Lerch, Niko Switek, Dipl. Soz.-Wiss. Simon Wiegand Timo Grunden Stefanie Delhees M.A. M.A.

12 Die NRW School of Governance

Prodekan für Studentische Qualifizierungs- Studien- Lehre, Studium und Mitarbeiterinnen programme beratung Weiterbildung Sekretariat und Mitarbeiter

Marvin Bender Steffen Bender Claudia Hertel Patrick Hintze Anne-Sophie Keller Judith Klose Kristina Weissen- Dr. rer. pol. Jan Treibel, M.A. Martin Florack, Anita Weber Jörg Kriewel bach, M.A. Melanie Diermann Akademischer Rat Teresa Murach Philipp Offergeld Anne Peters Maria Rieb Wissenschaftliche Mitarbeiter und Projektmitarbeiter Frank Rosenbrock Kaan Sahin Britta Schewe Jan Schoofs Jasmin Seiwert Julia Staub Susanne Steitz Michael Verspohl Matthias Bianchi, Dipl.-Pol. Dr. phil. Jörg-Uwe Dipl. Soz.-Wiss. Anna-Lena Wilde M.A. Frank Gadinger Nieland Andreas Jüschke

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1.2 Entwicklung 2009 - 2010: Überblick

In den letzten zwei Jahren hat sich die Duisburger Governance Schule ver- ändert und erweitert. Mit dem Einzug in neue Lehr- und Forschungsräum- lichkeiten am Duisburger Campus im Frühsommer 2009 konnten die wis- senschaftliche Ausbildung sowie die Lehrbedingungen weiter verbessert werden.

Des Weiteren wurde mit der Einrichtung der Ju- Die projektbezogenen Themenschwerpunkte niorprofessur mit Unterstützung der WestLB- wurden erweitert und neue thematische Akzen- Stiftung Zunkunft NRW – besetzt durch Prof. Dr. te etabliert. Andreas Blätte – zum Sommersemester 2009 die Lehre und Forschung in Bezug auf politische Politikmanagement: Die Themen „Regieren und Prozesse in Nordrhein-Westfalen intensiviert. Opponieren in Nordrhein-Westfalen“, „Regierungs- Mit einer Ausrichtung auf die Themenfelder zentralen“ und „Informelles Regieren“ wurden Strukturwandel und Landespolitik in Nordrhein- intensiviert sowie neue Akzente in dem Bereich Westfalen sowie Governance und politische „Bundespräsidenten und Bundeskanzler“ gesetzt. Steuerung auf Landesebene hat die Juniorpro- fessur ein in Deutschland einzigartiges Profil. Politikvermittlung: Die Themenschwerpunkte Auf diese Weise stärkt sie den Bildungsstandort „Politikvermittlung und politische Debatte“ und Duisburg-Essen, sie ergänzt das Profil der For- „Strategische Kommunikation“ wurden weiter schungsprogramme der NRW School of Gover- ausgebaut und die Projekte „Sprachstrategien in nance und des Master-Studiengangs „Politikma- der Politik“ und „Medien, Politik und Web 2.0“ nagement, Public Policy und öffentliche Verwal- neu etabliert. tung“ in idealer Weise.

14 Die NRW School of Governance

Vergleichende Studien und regionaler Schwer- Ein völlig neues Projekt der NRW School of punkt: Die Profilschwerpunkte „Landespolitik Governance stellt das Online-Magazin „Regierungs- Nordrhein-Westfalen“ und „Institutionen in forschung.de” dar. Dabei handelt es sich um das Demokratisierungsprozessen“ wurden vertieft deutschlandweit erste ausschließlich im Internet sowie ein neuer Fokus auf den Bereich „Transat- publizierte politikwissenschaftliche Fachmagazin. lantische Studien“ gelegt. Als Antwort auf den voranschrei­tenden Medien- umbruch und die andauernden Digitalisierungs- Policy und Governance Studien: Die Studien zu tendenzen werden hier Forschungsergebnisse, den Themen „Neue gesellschaftliche Konflikt­ politikwissenschaftliche Datensätze, Kurzana­ linien“ und „Organisationsformen zwischen lysen sowie Einschätzungen und Standpunkte Öffentlich und Privat“ wurden vertieft und von verschiedenen Autoren zu aktuellen politi- ein neuer Schwerpunkt zum Themenfeld „Re­ schen Entwicklungen publiziert. gierungspraktiken und politische Diskurse“ ent- wickelt.

Darüber hinaus hat die NRW School of Governance in den Jahren 2009 und 2010 Initiativen unter- stützt, die aus der Studentenschaft heraus ent- wickelt wurden. Dazu gehört zum einen das von Master-Studierenden herausgegebene Politma- gazin „Hammelsprung“. Zum anderen entwickel- ten die Studierenden des Master-Studiengangs im Rahmen der Taskforce Politikmanagement reale Projekte mit politischem Bezug, die sie in die Praxis umsetzten: DuisBürger gesucht, Imagekampagnen und die Landtagswahl NRW.

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1.3 Ausbildungstrias und Meilensteine 1.3.1 Master-Studiengang Seit dem Wintersemester 2006/07 wird am Ins- Die Ausbildungstrias ist Bestandteil des Leitbilds der NRW School of Gover- titut für Politikwissenschaft gemeinsam mit der nance. Im Master-Studiengang, dem Promotionskolleg und dem Qualifizie- NRW School of Governance der Master-Studien- rungsangebot wurden wichtige Meilensteine dieser Trias in den letzten gang „Politikmanagement, Public Policy und öf- Jahren gelegt. Darüber hinaus wurden in allen drei Bereichen fortdauernd fentliche Verwaltung“ angeboten. Der Master- Innovationen entwickelt und die Aktivitäten erweitert. Diese sind Kern des Studiengang umfasst vier Semester und soll die folgenden Berichts. Absolventinnen und Absolventen in kleinen Lern­einheiten auf Führungstätigkeiten in Politik, Verbänden, Unternehmen und Verwaltung vorbe- Promotions- reiten. Gastdozentinnen und Gastdozenten aus Kolleg Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft er- gänzen das Lehrangebot und vermitteln den Stu- dierenden die Studieninhalte­ nah an der Praxis. MA Politik- management Der Studiengang vermittelt im Bereich an­ge­ wandte Politikforschung Wissen über Organisa- tions-, Kommunikations- und Steuerungstech­ni­ ken sowie Kernkompetenzen zur Problemanaly- se und -lösung. Gegliedert ist der Studiengang Qualifizierung & in sieben Module (sogenannte Lern- und An- Qualitätssicherung wendungsmodule):

1. Modernes Regieren und Politikmanagement im Mehrebenensystem 2. Politikfeld- und Policy-Analyse

16 Die NRW School of Governance

School`s Out – Zweiter Jahrgang feiert erfolgreichen Masterabschluss

dorf und Berlin, Workshops und Ver­ anstaltungen mit Gastdozenten boten interessante Einblicke in das Master- Programm und die anwendungs­ orientierte Ausbildung der Duisburger Governance Schule. Dass bei einem professionellen Studiengang auch der Spaß nicht zu kurz kommen muss, zeigte Im Rahmen einer großen Absolventen- zum Beispiel der Einspieler aus dem feier am 19. Mai 2010, die in der „Alten Medientraining mit Harald Brand. Feuerwache“ in Duisburg-Hochfeld statt- gefunden hat, erhielten die 25 Studieren- Mit einem hochaktuellen Thema be- den des zweiten Masterjahrgangs ihre fasste sich Dr. Jorgo Chatzimarkakis, Abschlusszeugnisse. Unter dem Motto Mitglied des Europäischen Parlaments Governance in seinem Festvortrag „School’s out“ feierten Studierende, und Gastdozent der NRW School of unter dem Titel: „Europa vor seiner Angehörige, Dozenten, Förderer und größten Bewährung? Die Eurokrise und das gesamte Team der NRW School of die Folgen.“ Anschließend überreichte Governance die Leistungen der Absol- Karl-Rudolf Korte gemeinsam mit venten und ließen die vergangenen Christof Hartmann, Direktor des Ins­ti­ zwei Jahre noch einmal Revue passie- tuts für Politikwissenschaft, die Master- ren. urkunden an die stolzen Ab­solventen. Besondere Leistungen wurden dabei mit Fotostrecken der zahlreichen Exkursio- dem Förderpreis der Stiftung Mercator nen in die Regierungszentren Düssel- ausgezeichnet.

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„Ausgerechnet“ in Duisburg. Der Master-Studiengang „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung“ ein Erfahrungsbericht von der Absolventin Judith Klose

„Ausgerechnet“ hier waren wir nun renten und die nächste Exkursion. sei es aus der Parteien-, Medien- oder gelandet. In Duisburg. An dieser Schließlich hatten wir während unseres Verwaltungsperspektive. Wir Studie- NRW School of Governance. Auf einem Master-Studiums das Privileg, viele In- renden erlernten somit auf besondere Campus mitten in einem Wohngebiet. formationen über die Abläufe von Poli- Weise die Komplexität politischen Han- In einem runden Raum, der früher als tikentscheidungen, Strategien und Ver- delns zu erkennen und zu analysieren. Kreißsaal genutzt wurde. Und keiner waltungshandeln aus prominenter ers- wusste, was uns dort wirklich erwarten ter Hand erfahren: Neben den vielfältigen inhaltlichen würde. So schwirrten viele Fragen berichtete beispielsweise über die Komponenten des Master-Studien- durch den Raum: War der Studien­ Hergänge der Agenda 2010, Dr. Jorgo gangs standen eine Reihe von Praxis- verlauf wirklich so praxisnah wie auf Chatzimarkakis klärte uns über die modulen zur besonderen Qualifizie- der Hochglanzwebsite angepriesen? wirklichen Abläufe im Europäischen rung auf dem Lehrplan. Nach verschie- Was sollten wir uns unter einem Haniel Parlament auf, referierte denen mehr oder minder harten Trai- Master Course vorstellen? Wie würde über Haushaltskonsolidierung im fö­ nings wissen wir nun alle, wie wir uns wohl der aus Funk und Fernsehen be- deralen Mehrebenensystem … um nur vor TV-Kameras zu verhalten haben, kannte Karl-Rudolf Korte in Wirklichkeit einige der vielen klingenden Namen wie eine spannende Rede gestaltet wird sein? Die Aufregung am ersten Tag war aus Wissenschaft und Praxis zu nen- und wie Koalitionen geschmiedet wer- immens. nen, mit denen wir diskutieren konn- den. Im Rückblick auf das Planspiel im ten. Die Auswahl der Referenten war Landtag NRW: Das Planspiel im Som- Doch auch wenn diese Aufregung sich dabei immer sehr vielfältig und ab- mer 2008 hatte fast prophetische Züge. im Laufe der zwei Jahre legte, blieb eine wechslungsreich und bot unterschied- Am Ende wurde eine sozialdemokrati- täglich neue Neugierde: auf die nächste lichste Anknüpfungspunkte für Frage- sche Ministerpräsidentin an die Spitze Seminarsitzung, auf den nächsten Refe- stellungen des Politikmanagements – einer Minderheitsregierung gewählt.

18 Die NRW School of Governance

Bewerber Insgesamt waren es zwei sehr erfahrungsreiche und Studierende spannende Jahre. Dies ist zum einen dem abwechslungs­reichen Lehrplan des Master-Studiengangs ge- WS 06/07 WS 08/09 WS 09/10 WS 10/11 schuldet. Zum anderen ist dies auch dem Team der NRW School of Governance 3. Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und seiner Offenheit gegenüber neuen und strategische Kommunikation Ideen zu verdanken. Jeder Studierende 4. Öffentliche Verwaltung und Public war dazu eingeladen, seine Ideen und Management Wünsche einzubringen – sei es bezüg- 5. Verhandeln, vermitteln und lich eines Seminars, beim Aufbau eines kommunizieren Debattierclubs oder bei der Gründung 6. Praktikum eines Studierendenmagazins. So lag eine 7. Praktisches Politikmanagement der wenigen Schwächen des Studien- gangs, eine nur geringe Auswahlmöglich- Diese Verbindung aus Theorie und Praxis in ei- keit zwischen den Kursen, nah an der nem attraktiven Studien-Umfeld zieht jährlich größten Stärke: Jeder hatte mit Unter- wachsende Bewerberzahlen für den Master-Stu- stützung der NRW School of Governance diengang nach sich und ermöglicht eine Aus- die Möglichkeit, seine individuellen Inte- wahl aus einer Reihe qualifizierter und motivier- ressen zu verfolgen und seine persönli- ter Bewerber. chen Fähigkeiten weiter zu ent­wickeln.

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Zum Wintersemester 2010/11 ist der fünfte Entscheidungsformen und Verhandlungen Master-Jahrgang an den Start gegangen. Die werden daher vermittelt. ersten beiden Jahrgänge haben unter dem Mot- to „School´s out“ bereits ihr abgeschlossenes 3. Repräsentantion: Studierende werden Master-Studium gefeiert. darauf vorbereitet, Kosten, Kosten und Nutzen politischer Entscheidungen Die Studieninhalte des Master-Programms sind abzuwägen und dabei Kriterien wie so ausgerichtet, dass Nachwuchsführungskräf- Führungsanspruch und demokratische te auf zentrale Aufgaben in ihrem Berufsleben Legitimität zu berücksichtigen. vorbereitet werden. Sie werden in folgenden Kompetenzfeldern qualifiziert: 4. Politisch-strategisches Handeln: Neben der Lösung von Sachproblemen zählen in der 1. entscheidungsanalyse: Studierende werden Politik auch Durchsetzbarkeit und Kommu- dafür ausgebildet, Entscheidungen vor­ nizierbarkeit politischer Entscheidungen. bereiten und fällen zu können. Sie erlernen Studierende werden daher ausgebildet, Techniken, mit denen ungewisse, riskante beide Dimensionen – die Politikherstellung Entscheidungssituationen bei hohem („Entscheidungspolitik“) und die Politikver- Entscheidungsdruck durchdacht werden mittlung („Darstellungs­politik“) – erfassen können. und anwenden zu können.

2. Verhandlungsführung: Studierende werden 5. implementationsgestaltung: Die Studieren- im Beruf Entscheidungen oft nicht alleine den lernen die strukturellen, prozeduralen treffen, sondern müssen mit anderen und partizipativen Muster der Durchfüh- Ak­teuren arbeiten – mal in kontroversen, rung öffentlicher Aufgaben und Möglichkei- mal in adversen Konstellationen. Interaktive ten der (Um-)Gestaltung kennen.

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1.3.2 Promotionskolleg Klausurtagung des Das Promotionskolleg bündelt die Aktivitäten Promotionskollegs: der NRW School of Governance zur Promoven- Intensive Diskussionen denförderung. Über die finanzielle Unterstüt- im Altmühltal zung der Promotionsvorhaben durch Stipendien hinaus werden Konferenzteilnahmen und For- schungsreisen ermöglicht sowie Veranstaltun- Vier Tage tauschten sich die Teil- gen (Kolloquien, Klausurtagungen, Workshops nehmer des Promotionskollegs etc.) angeboten. Die gezielte Vermittlung von der NRW School of Governance Schlüsselqualifikationen fördert eine schnelle bei der Tagung 2010 im bayri- und erfolgreiche Promotion. Für Studentinnen schen Altmühltal in konzentrier- und Studenten des Master-Studiengangs Politik- ter Atmosphäre aus. management mit hervorragenden Studienleis- tungen besteht die Möglichkeit, in das Exzel- Neben intensiven Diskussionen lenzprogramm der Stiftung Mercator an der rund um die Promotionsvorhaben NRW School of Governance („fast track“) aufge- der Doktorandinnen und Dokto- nommen zu werden: Bereits während des Master- randen wurden theoretische und studiums wird in ein strukturiertes Promotions- me­thodische Grundlagen der Re- programm gewechselt. gierungsforschung diskutiert so- wie das wissenschaftliche Selbst- Förderer der Stipendienprogramme verständnis der NRW School of Stiftung Mercator Governance besprochen. Die Ta- WAZ Mediengruppe gung wurde durch die fi­nanzielle Welker-Stiftung Förderung der Welker-Stiftung und des PromovendInnen Netz- werks DokNet ermöglicht.

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Stipendiatinnen und Stipendiaten im Exzellenzprogramm der Stiftung Mercator Neue Stipendiatinnen und Stipendiaten seit 2009 Bastian Linsen Ilona Russius Jahrgang: 1981 Jahrgang: 1982 Studium: Politikmanagement, Public Studium: Politikmanagement, Policy und öffentliche Verwaltung an Public Policy und öffentliche Verwaltung der Universität Duisburg-Essen an der Universität Duisburg-Essen Abschluss: Master of Arts Abschluss: Master of Arts Studium der Politikwissenschaft an Studium: Sozialwissenschaften an der der Universität Bielefeld Universität Stuttgart und IEP Bordeaux Abschluss: Bachelor of Arts Abschluss: Dt.-frz. Bachelor Thema: Bundespräsidenten Studium der Betriebswirtschaftslehre und Bundeskanzler: Interaktionen, (FH für Ökonomie u. Managem. in Essen) Konflikte, Kooperationen Abschluss: Diplom-Kauffrau (FH ) Thema: Bundespräsidenten und Bundeskanzler: Interaktionen, Konflikte, Kooperationen Stipendiatinnen und Stipendiaten seit 2008 Jan-Frederik Tina Pannes Dobertin

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Weitere Stipendiatinnen und Stipendiaten im Promotionsprogramm der Stiftung Mercator

Markus Hilz Stephan Terhorst

Kristina Ines Lietzke Weissenbach

Stipendiatinnen und Stipendiaten im Promotionsprogramm der Welker-Stifung Neuer Stipendiat seit 2010 Matthias Bianchi Stipendiatinnen und Stipendiaten seit 2008 Jahrgang: 1982 Studium Politikmanagement, Public Policy Stefanie und öffentliche Verwaltung an der Universi- Neuffer tät Duisburg-Essen Abschluss: Master of Arts Studium: Bachelor in Economic & Social Sciences an der University of Manchester, UK Stefan Abschluss: Bachelor of Arts Vorderstraße Thema: Politikberatung über das Internet – Politisches Informationsmanagement und digitale Wissensorganisation

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Stipendiatinnen und Stipendiaten im Promotionsprogramm der WAZ Mediengruppe

Marvin Bender David Goertz Jahrgang: 1985 Jahrgang: 1978 Studium der Sozialwissenschaften, Studium Politikmanagement, Fachrichtung Politikwissenschaft, Public Policy und öffentliche Nebenfach Informatik an der Verwaltung an der Universität Universität Duisburg-Essen Duisburg-Essen Abschluss: Diplom Abschluss: Master of Arts Thema: Politik 2.0 – Studium der Politikwissenschaft, Parlamentarismus 2.0? Nebenfach Rechtswissenschaft an der Universität Bremen Abschluss: Diplom-Politologe Thema: Deliberation durch Online-Kommunikation? Potenziale und Grenzen des Internets bei der Konstituierung einer partizipativen Demokratie

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1.3.3 Qualifizierung Die NRW School of Governance konzipiert und organisiert Qualifizierungsprogramme für ex- terne Zielgruppen. In Seminaren werden unter anderem die inhaltlichen Bausteine des Master- Programms im Sinne eines Fortbildungsformats für berufstätige Gruppen, Institutionen und Un- ternehmen bereitgestellt.

Die Vermittlung von Forschungs- und Lehrinhal- ten erfolgt in adressatenorientierten Formaten wie Block-, Abend- und Wochenendseminaren sowie Inhouse-Schulungen. In praxisorientier- ten Workshops erhalten Berufstätige fachliche Einblicke über den Arbeitsalltag hinaus. Die Teil- nehmer steigern ihre Fachkompetenz sowie de- ren Umsetzung im individuellen Berufsalltag. Damit wird eine nachhaltige Qualitätssicherung der Kooperationspartner der NRW School of Qualifizierungsprogramm Governance gefördert. „Weiterbildung geht an die Schulen“ Im Rahmen des Qualifizierungsprogramms der Außerdem beinhaltet das Programm Formate für NRW School of Governance werden in Koopera- Schülerinnen und Schüler an weiterführenden tion mit der Sparda Bank West spezielle praxiso- Schulen in Nordrhein-Westfalen. Hier werden spe- rientierte Qualifizierungsprogramme für Schü- zielle praxisorientierte Qualifizierungsprogramme lerinnen und Schüler an weiterführenden Schu- für Jugend- und Bildungsarbeit angeboten. len in Nordrhein-Westfalen angeboten.

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Superwahljahr in Deutschland – Was ändert sich durch die Reform der Gemeindeordnung und des Kommunalwahlrechts in NRW? Eine Kooperation des WDR und der NRW School of Governance

Bürgermeister werden künftig per re­ von der Heinrich-Heine-Universität empirische Ergebnisse des Vergleichs lativer Mehrheitswahl gewählt, ihre Amts- Düsseldorf mit den Journalisten der WDR der Bürgermeisterwahlen 1999 und zeit wurde verlängert sowie Rats- und Regional­studios, welche Herausforde- 2004. Welchen unmittelbaren Einfluss Bürgermeisterwahlen entkoppelt. Am rungen sich aufgrund der politischen politische Veränderungen wie die Ab- 17. Oktober 2007 ist das nordrhein-west- Reformen für die politische (Wahl- schaffung der Sperrklausel, die Einfüh- fälische Gemeindeordnungs-Reformge- kampf-)Berichterstattung ergeben. rung der relativen Mehrheitswahl oder setz (GO-Reformgesetz) in Kraft getreten. die (Ent-)Koppelung von Wahlen auf In seinem Vortrag stellte Dr. David H. politische Berichterstattung haben Im gemeinsamen Workshop am 28. Mai Gehne die These der „Baden-Württem- können, wurde abschließend in Arbeits- 2009 diskutierten Univ.-Prof. Dr. Karl- bergisierung des rechtlichen Rahmens gruppen untersucht und in einer Panel- Rudolf Korte und Dr. David H. Gehne in NRW“ zur Diskussion und lieferte Diskussion reflektiert.

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Im Jahr 2010 wurden zum dritten Mal in Folge in Schulen der Region die drei Module „Parteien und Wahlen“, „Politik und Regieren“ und „Politik und Medien“ im Rahmen des Qualifizierungs- programms „Weiterbildung geht an die Schule“ angeboten.

Der Politik- und Sozialkundeunterricht an Schulen legt die Grundbausteine zur demokratischen und politischen Bildung von Jugendlichen, je- doch bleibt kaum Zeit für praxisorientiertes Nachfragen und die Diskussion mit Experten aus Politik, Verwaltung oder Medien. Um die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu überwin- den, wird in jedem Modul ein Experte aus dem jeweiligen Praxisfeld eingeladen. Ein Experte ist das Gründungsmitglied der Jugendlichen- Partei PETO, Daniel Zimmermann. Er steht für Fragen zur Gründung der Partei, zur inner­ parteilichen Willensbildung und zum Partei­ programm zur Verfügung. Darüber hinaus gibt er Einblicke in die alltägliche Parteiarbeit und die Herausforderung des Superwahljahrs 2009:

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Interview mit Daniel Zimmermann, Bürgermeister von Monheim und Gründungsmitglied der Jugendlichen-Partei PETO

NRW School of Gover- Sie wollen mit ihren Anliegen Ernst und muss zwangsläufig zu Enttäu- nance: Politikverdrossen- genommen werden und auch Verant- schungen führen. Manchmal fehlt den heit ist immer wieder ein wortung übernehmen. Das wird ihnen Parteien aber auch die notwendige Offen- Thema und gerade bei jedoch häufig verwehrt. Natürlich gibt heit für neue Mitglieder. Wenn zum Bei- Jugendlichen relevant. es immer auch Jugendliche, die sich spiel Jugendliche mit einer bestimmten Sie dagegen können als nicht für Politik interessieren. Von ihnen Idee auf eine Partei zugehen und dort das absolute Gegenbei- erreichen wir nur wenige. erst einmal erfahren, warum ihr Vor- spiel dienen. Sie haben NRW School of Governance: Was den- schlag nicht funktionieren kann, ist es sich schon früh politisch ken Sie, woher kommt das Phänomen wenig attraktiv für sie, in dieser Partei engagiert und eine eige- der Politikverdrossenheit und wo müsste mit­zumachen. Auch die Überalterung ne Partei gegründet. Wie motivieren Sie man Ihrer Meinung nach ansetzen, um vieler Ortsvereine ist ein Problem. Ju- Jugendliche, sich für politische Themen dem zu begegnen? gendliche beteiligen sich eher dort, wo zu interessieren? Zimmermann: Politikverdrossenheit ist sie auf Gleichaltrige treffen. Zimmermann: In den letzten Jahren ist keine Frage des Alters. Ich beobachte das NRW School of Governance: Warum das zum Selbstläufer geworden. Durch immer wieder auch bei älteren Men- haben Sie sich dazu entschlossen, unsere Erfolge und die größer geworde- schen, die sich enttäuscht abwenden, als Experte an dem Qualifizierungs­ ne Bekanntheit der Partei gibt es genug weil sie glauben, Parteien und Politiker programm mitzuwirken? Jugendliche, die mitmachen wollen. Ich könnten ihre Probleme nicht lösen. Zimmermann: Als angehender Lehrer würde auch erst einmal davon aus­ Teilweise ist das auch ein Problem der habe ich mich immer schon für die gehen, dass es viele Jugendliche gibt, Parteien selbst, die tatsächlich so tun, Arbeit mit Schülerinnen und Schülern die sich politisch interessieren. Diesen als hätten sie für jedes gesellschaftliche interessiert. Dass ich nach meinem Jugendlichen erschließen sich allerdings Problem eine Lösung parat. Dieses Staatsexamen als Bürgermeister ar­ häufig keine attraktiven Möglichkeiten. Versprechen ist schlicht nicht einlösbar beiten würde, war ja nicht geplant. Ich

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finde außerdem das Konzept sehr wich- falls vorhanden – in einem Jugendpar­ Dozentinnen und Dozenten der NRW tig, dass der Unterricht nicht nur von lament engagieren, man kann auch School of Governance. Lehrern organisiert wird. Für die Schüle- mal neugierig sein und in eine Jugend- NRW School of Governance: Welche rinnen und Schüler kann es sehr moti- organisation der Parteien hineinschauen Themen interessieren die Schülerinnen vierend sein, wenn externe Beteiligte oder man beteiligt sich einfach mal an und Schüler am meisten? Worüber dis- den Unterricht mitgestalten. Leider sind einer Postkartenaktion von Greenpeace kutieren Sie mit ihnen? die Schulen in ihren Lehrplänen sehr oder Amnesty International – auch das Zimmermann: Das Spektrum der The- festgelegt, sodass für eine Öffnung des ist Politik. men ist immer sehr breit. Ich bin jedes Unterrichts zu wenig Raum bleibt. Das NRW School of Governance: Welche Mal überrascht von den vielen guten Interesse am Angebot der NRW School Erfahrungen haben Sie im Qualifizierungs- Fragen und Diskussionsbeiträgen der of Governance war dennoch sehr groß. programm gemacht? Wie reagieren die Schülerinnen und Schüler. Die Themen- Das hat auch mich motiviert. Schülerinnen und Schüler auf einen Bür- vielfalt reicht von Aspekten der Parteien- NRW School of Governance: Welches germeister, der annähernd ihrer Alters- finanzierung oder der inneren Struktur Ziel verfolgen Sie bei den Besuchen in klasse entspricht? von Parteien bis hin zu der einfachen, den Schulen? Was möchten Sie den Zimmermann: Sie sind meistens sehr aber interessanten Frage, was ich eigent- Schülerinnen und Schülern mit auf den neugierig. Das Konzept, den Schülerin- lich als Bürgermeister den ganzen Tag Weg geben? nen und Schülern neben dem allge­ so mache. Zimmermann: Mein Ziel entspricht meinen inhaltlichen Wissen auch ein NRW School of Governance: Welche dem des Programms: Jugendliche für lebendes Beispiel aus der Praxis zu Aspekte nehmen Sie für sich aus dem Parteien und Politik zu interessieren. präsentieren und damit das Gelernte Projekt mit ins Rathaus? Dabei betone ich immer wieder, dass greifbar zu machen, ist meines Erach- Zimmermann: Ich nehme in jedem Fall es niemand meinen Freunden und tens in allen Programmmodulen sehr die Bestätigung mit, dass es sich lohnt, mir gleichtun und als Jugendlicher gut gelungen. Das liegt dann allerdings auf Schülerinnen und Schüler zuzu­ seine eigene Partei gründen soll. Es weniger an meinem Alter, sondern in gehen. Die meisten von ihnen haben geht auch viel einfacher. Die Möglich- erster Linie an der sehr schulgerechten viele gute Ideen. Sie werden nur zu selten keiten sind vielfältig. Man kann sich – Aufbereitung des Themas durch die gefragt.

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Workshop zu Politikberatung und Politikmanagement in Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

mit Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte zum Thema „Was ist Politik? Profile des Politischen“, erhielten die Teilnehmer eine wissen- schaftliche Verortung des Themenfelds „Politikberatung“ sowie Einblicke in das Agenda-Setting und den Policy-Zyklus mit Prof. Dr. Andreas Blätte. Ein weiterer Bestandteil des Workshops war der Block „Ethik und Politikberatung“ mit Dr. Martin Thunert (Universität Heidelberg) sowie das an- schließende Kreisgespräch mit den Politikberatern Dr. Tobias Korenke (Geschäftsführer und Partner Deekeling Arndt Advisors) und Heiko Kretschmer (Ethikbeauftragter der Wie definiert sich Politikberatung wissenschaftlich? Wie lässt de’ge’pol und geschäftsführender Gesellschafter von Johans- sich Politikberatung hinsichtlich des Gesetzgebungsprozesses sen + Kretschmer). Abgeschlossen wurde die Veranstaltung gestalten? Wie vollziehen sich Politikberatungsprozesse? Diesen in Dortmund durch den Themenblock „Politische Kommuni- und weiteren Fragen gingen die Teilnehmer des Workshops kation“ mit Dr. Timo Grunden. „Politikberatung und Politikmanagement: Wissenschaftliche Politikberatung an der Schnittstelle öffentlicher Institutio- nen, Verbände und Gesellschaft“ im Oktober 2010 nach.

Unter Einbezug von Experten aus Wissenschaft, Forschung und Praxis vermittelte der Workshop an drei Tagen wissen- schaftlich fundierte Kenntnisse zum Themenspektrum Politik- beratung auf Politics- und Polity-Ebene im Kontext eines ef- fektiven Politikmanagements. Nach dem gelungenen Auftakt

30 Die NRW School of Governance

1.4 Fellows der NRW School of Governance Die NRW School of Governance beruft regelmäßig Fellows aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien, um den Praxisbezug durch ein Mentoring-Programm zu stärken. Die Prak- tiker sollen den Master-Studierenden und Promovenden während ihres Studiums als Rat- und Ideen- geber zur Verfügung stehen und Kontakte in die jeweiligen Arbeitsbereiche erschließen.

Prof. Dr. Ulrich von Alemann: Prof. Dr. Gerd Mielke: Professur für Politikwissenschaft und Pro­rektor Honorar-Professur am Institut für Politikwissen- für Lehre und Studienqualität an der Heinrich- schaft der Johannes Gutenberg Universität Heine-Universität Düsseldorf, Fellow seit 2009 Mainz, Fellow seit 2008

Prof. Dr. Manuel Fröhlich: Ton Nijhuis: Professur für Internationale Organisationen Wissenschaftlicher Direktor des DIA und Globalisierung an der Friedrich-Schiller- (Deutschland Institut Amsterdam), Universität Jena, Fellow seit 2007 Fellow seit 2008

Dr. Jackson Janes: Stefan Raue: Executive Director des American Institute for Redaktionsleiter „blickpunkt“ in der Hauptre- Contemporary German Studies (AICGS), daktion Innenpolitik des ZDF, Fellow seit 2010 Fellow seit 2007

Michael Mertes: Frank Schindler: Staatssekretär für Bundes-, Europaangelegen- Leiter Lektorat Politikwissenschaft des heiten und Medien des Landes NRW (a.D.), VS-Verlags für Sozialwissenschaften, Fellow seit 2009 Fellow seit 2008

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1.5 Meilensteine: ein Zeitstrahl

September 2010 regierungsforschung.de – neues Online-Magazin August 2010 der NRW School of Governance geht an den Start Summer School zum Thema „Politische Sprache und politische Rede“ im nordrhein-westfälischen Landtag Juli 2010 Königsmacher oder Blockierer: Wie sehen sich die kleinen Parteien im Fünfparteiensystem selbst? Podiumsdiskussion Juni 2010 mit Vertretern von Grünen, FDP und LINKE in NRW Die Debatte: Streitgespräch zum Pro und Contra (mehr) direkter Demokratie mit den Gästen Prof. Dr. Hermann K. Heußner (Mehr Demokratie e.V.) und Christoph Schwennicke Mai 2010 (Spiegel-Journalist) Zweite Ausgabe des HAMMELSPRUNG mit dem Themenschwerpunkt Förderalismus und dem Titel „Wenigstens verdanken wir ihm den Tatort“ Sommersemester 2010 School´s out – Absolventenfeier des zweiten Master-Jahrgangs Der Journalist und ehemalige Chefredakteur des Spiegels Stefan Aust wird zum Gastprofessor für Politikmanagement der Stiftung Mercator 2010 ernannt. Januar 2010 Taskforce Politikmanagement zu den Landtags­wahlen in Podiumsdiskussion zum Thema: „Kultur(en)hauptstadt Nordrhein-Westfalen Ruhrgebiet 2010. Selbst- und Fremdbild einer Metropole“ in Zusammenarbeit mit der FES Hochschulgruppe und dem Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) Studierende besuchen für drei Tage die Bundeshauptstadt Berlin, um die Facetten der Strategien, Instrumente und Stile des Regierens in der Praxis mit Experten vor Ort zu diskutieren

32 Die NRW School of Governance

Dezember 2009 Dr. Jackson Janes, Executive Director des AICGS an der Johns Hopkins University in Washington D.C., wird zum Oktober 2009 Fellow der NRW School of Governance berufen Vierter Master-Jahrgang Die erste Ausgabe des HAMMELSPRUNG mit dem Titel wird im Duisburger Rathaus begrüßt „Politik und Internet – Strohfeuer und Dauerbrenner“ erscheint.

Juli 2009 August 2009 Interaktiver Talk mit Franz Müntefering zum Thema „Demokratie stärken“ Summer School im Landtag NRW zum Thema: „Politik zwischen Darstellung und Entscheidung“ Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Andreas Blätte, Juniorprofessor für Politikwissenschaft der WestLB-Stiftung Zukunft NRW Juni 2009 Mai 2009 Die Debatte: NRW-Minister Armin Laschet und SWR- Master-Studierende diskutieren mit dem niederländischen Chefreporter Thomas Leif im Streitgespräch über „Entfremdet Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende und Jürgen Rüttgers sich die CDU als deutsche Volkspartei von den Bürgern?“

März 2009 Sommersemester 2009 Neue Räume für neue Aufgaben – die NRW School of Governance zieht um Dr. ist Gastprofessorin für Politikmanagement der Stiftung Mercator Zwei Research Fellowships im Bereich trans­atlantische Studien werden in Zusammenarbeit mit dem AICGS und dem Land NRW ausgeschrieben Februar 2009 „Haushaltskonsolidierung im föderalen Mehrebenensystem“: Januar 2009 Hans Eichel, Bundesfinanzminister a. D., zu Gast im Start des Qualifizierungsprogramm Haniel Master Course „Weiterbildung geht an die Schulen“ Stiftung Mercator vergibt neue Stipendien im Exzellenzprogramm Haniel Master Course „vor Ort“: Dreitägige Exkursion zum Forschungsthema „Bundespräsidenten und Bundeskanzler: in die europäische „Hauptstadt“ Brüssel Interaktionen, Konflikte, Kooperationen“

33 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

1.6 Studien der NRW School of Governance Führung in Politik und Wirtschaft Instrumente, Stile und Techniken In Zusammenarbeit mit dem VS Verlag für Sozialwissenschaften veröf- Autoren: Nico Grasselt / Karl-Rudolf Korte fentlicht die NRW School of Governance eine praxisorientierte Schriften- VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2007, reihe. Bei den „Studien der NRW School of Governance“ handelt es sich um 229 Seiten, ISBN 978-3-531-15246-2. ein Format, das dem interessierten Publikum Forschungsergebnisse der Duisburger Exzellenzförderer näher bringt. Sie liefern zum einen theoretische Bilder machen Sieger – Sieger machen Erklärungsansätze und thematisieren zum anderen reale Fallbeispiele über Bilder die Komplexität von Entscheidungsprozessen. In den mehrmals jährlich Die Funktion von Pressefotos im Bundes- erscheinenden Studien werden dabei Fragestellungen aus den Bereichen tagswahlkampf 2005 „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung“ erforscht. Autor: Moritz Ballensiefen VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, 458 Seiten, ISBN 978-3-531-16488-5.

Politikberatung im Innenhof der Macht Zu Einfluss und Funktion der persönlichen Berater deutscher Ministerpräsidenten Autor: Timo Grunden VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, 421 Seiten, ISBN 978-3-531-16204-1.

34 Die NRW School of Governance

Regierungskommunikation im institutionellen Informelles Regieren Kontext moderner Demokratien Entscheidungsprozesse in Regierungs­ Autorin: Melanie Diermann formationen – Ein Analyseansatz (Arbeitstitel) VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, Autorin: Tina Pannes ca. 273 Seiten. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, ca. 350 Seiten. Parteienförderung im Transitionsprozess Eine vergleichende Analyse der parteinahen Stiftungen FES und KAS in Kenia und Südafrika (Arbeitstitel) Autorin: Kristina Weissenbach VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, ca. 376 Seiten.

Transformation der Kernexekutive Eine institutionentheoretische Analyse der nordrhein-westfälischen Regierungs­ organisation nach dem Regierungswechsel 2005 (Arbeitstitel) Autor: Martin Florack VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, ca. 291 Seiten.

35 2 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW

Die NRW School of Governance hat die Lehre und Forschung zur Landespolitik in Nordrhein-West­ falen in den letzten zwei Jahren intensiviert und erweitert. Durch die Juniorprofessur für Politikwissen- schaft konnte in diesem Themenschwerpunkt ein großer Erfolg erzielt werden. Prof. Dr. Andreas Blätte legt den Fokus seiner Forschung auf die Koalitions- und Regierungsbildung in NRW, den Wandel in der Migrations- und Integrationspolitik sowie auf bundesländervergleichende Policy-Analysen. Lehre und Forschung 2009-2010

Lehre & Forschung für NRW NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Juniorprofessur für Politikwissenschaft der WestLB-Stiftung Zukunft NRW an der NRW School of Governance

Zum Sommersemester 2009 wurde Prof. Dr. Andreas Blätte zum Junior- Von Anfang an konnte mit der Einrichtung der professor für Politikwissenschaft ernannt. Die Juniorprofessur konnte mit Juniorprofessur erhebliche Resonanz erreicht wer- Unterstützung der WestLB-Stiftung Zukunft NRW eingerichtet werden. den. So konnte die NRW School of Governance Mit einer Ausrichtung auf die Themenfelder Strukturwandel und Landes- zur Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Andreas Blätte politik in Nordrhein-Westfalen sowie Governance und politische Steuerung neben dem Rektor der Universität Duisburg-Essen, auf Landesebene hat die Juniorprofessur ein in Deutschland einzigartiges Prof. Dr. Ulrich Radtke, auch den damaligen Minis- Profil. Die Juniorprofessur soll durch entsprechende Forschung und Lehre ter für Innovation, Wissenschaft und Forschung das wissenschaftlich fundierte Verständnis politischer Prozesse in Nord- des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Andreas rhein-Westfalen fördern. Auf diese Weise stärkt die Juniorprofessur den Pinkwart, begrüßen. Er würdigte insbesondere Bildungsstandort Duisburg-Essen, sie ergänzt das Profil der Forschungs- das Modell dieser von einer Stiftung geförderten programme der NRW School of Governance und des Master-Studiengangs Juniorprofessur. In seiner Antrittsvorlesung mit „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung“ in idealer dem Titel „Landespolitik und der Wandel po­ Weise. litischer Handlungsfelder. Spurensuche im Treib- haus der Politik-Ideen“ entwickelte Prof. Dr. Andreas Blätte die Perspektive seiner Forschung: In der Publizistik und in der aktuellen politikwissen- schaftlichen Debatte sei eine pessimistische Sicht auf die Möglichkeiten von Landespolitik und die Länder im deutschen Bundesstaat weit verbreitet. Landespolitik würde vielfach als ent- kernte Fassade dargestellt; durch ihre bundes- politischen Mitwirkungsmöglichkeiten über den

38 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW

Interview mit Prof. Dr. Andreas Blätte

NRW School of Governance: Inhaltliche Einrichtung der Juniorprofessur ist, Schwerpunkte der Juniorprofessur für Landespolitik wirklich in den Mittel- Politikwissenschaft der WestLB-Stiftung punkt zu stellen. Hier gibt es viele un­ Zukunft NRW sind Landespolitik in gehobene Schätze. Nordrhein-Westfalen, der Strukturwan- NRW School of Governance: Welche del sowie Governance und politische Spezifika weist die Landespolitik in Steuerung auf Landesebene. Was macht dem bevölkerungsreichsten Bundes- es interessant, in diesem Bereich zu for- land Nordrhein-Westfalen auf? schen und zu lehren? Blätte: Nordrhein-Westfalen ist ein Blätte: Landespolitik als Gegenstand Trendsetter-Bundesland. Oft denkt man, von Forschung und Lehre muss nicht nur kleine politische Einheiten könnten durchopponieren geht auch nicht. Man gänzlich neu erfunden werden. Die Be- wendig sein. NRW ist groß – und erlebt ein Mehr an Argumentation. Hier deutung der Länder in der föderalen wendig. Wir sehen, dass viele politische lässt sich exemplarisch studieren, was Ordnung Deutschlands ist so offen- Programme und auch politische Kons- sich beim Regieren ohne Mehrheit sichtlich, dass es selbstverständlich tellationen zuerst in NRW erprobt verändert. Man kann die Minderheits­ eine Vielzahl von Studien zu Politik werden, bevor sie in anderen Ländern regieren gut oder nicht gut finden – aber auf Ebene der Bundesländer gibt. So oder auch im Bund versucht werden. vielleicht ist die Entwicklung in NRW wissen wir etwa einiges über Koalitions­ Bei neuen Koalitionsformaten ist das wieder einmal Vorbote des Wandels! bildungen in den Ländern, über regio- seit den 1960er Jahren regelmäßig der NRW School of Governance: Welche nale Parteiensysteme und es gibt auch Fall gewesen. Gerade erleben wir das Forschungsschwerpunkte legen Sie viele vergleichende Policy-Studien. Die Experiment der Minderheitsregierung. dann im Rahmen Ihrer Juniorprofessur? Auseinandersetzung mit Landespolitik Der Ausgang ist offen, aber man erlebt Welche Themen und Fragestellungen ist aber oft ein Nebenprodukt der einen veränderten politischen Stil. Es stehen im Zentrum Ihrer aktuellen Forschung. Die innovative Idee bei der kann nicht durchregiert werden, aber Forschung?

39 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Blätte: Die Beobachtung und Analyse Forschung. Wir erkennen die Spezifika sichtspunkt Politik in den Ländern nicht der Politik in Nordrhein-Westfalen ist der Politik in NRW erst dann deutlich, als Einzelfall untersuche, sondern den generell der Schwerpunkt meiner For- wenn wir sie in ein Verhältnis zur Politik Schritt zum Bundesländervergleich voll- schung. Besonders interessiere ich mich anderer Bundesländer setzen. Die länger- ziehe und mich dafür interessiere, wie aber für den Wandel in der Migrations- fristige Perspektive ist die Erfassung sich Politikideen in unserer föderalen und Integrationspolitik. In meiner Pro- der politischen Dynamiken bei der Kon- Ordnung verbreiten, dann stoße ich mit motion habe ich mich mit dem Zugang struktion politischer Handlungsfelder herkömmlichen Methoden an Grenzen. von Einwandererverbänden zu politischen und die Rolle der Bundesländer in Daher versuche ich, neben den bereits Entscheidungsprozessen in der Migra- solchen Prozessen. Meine Intuition ist, einigermaßen etablierten qualitativen tions- und Integrationspolitik beschäf- dass wir auf diese Weise etwas über und interpretativen Methoden für die tigt. Daran knüpfe ich an, allerdings unseren Föderalismus lernen können, Policy-Analyse einen quantifizierenden mit einer veränderten Perspektive: das uns den Blick über so weit verbrei- Ansatz zu entwickeln, mit dem ich Wie konstituiert sich eigentlich das tete Defizitanalysen hinaus eröffnet. größere Datenmassen bewältigen Handlungsfeld der Integrationspolitik? NRW School of Governance: Welche kann. Hier erprobe ich Verfahren der Integration wird in programmatischen methodische Vorgehensweise wenden linguistischen Korpusanalyse. Das ist integrationspolitischen Dokumenten Sie im Rahmen Ihrer aktuellen For- also ein stark interdisziplinäres Terrain. regelmäßig als „Querschnittsthema“ schungen an? Ich kann nicht versprechen, dass es definiert. Doch wie können politische Blätte: Die theoretische Grundlage schon morgen zu einem herzeigbaren Maßnahmen eines somit allgegen­ meiner Forschung ist ganz allgemein Ergebnis führt, aber das erscheint mir wärtigen, in allen Politikfeldern zu be- die Konzeption einer diskursiven Policy- als vielversprechender Weg, um die achtenden Themas koordiniert werden? Forschung. Das heißt: In meinen Analy- diskursiven Dynamiken in einem Bun- Ist dafür ein Integrationsministerium sen gehe ich von einer prägenden Rolle desstaat erfassen zu können. erforderlich, wie es zunächst in NRW diskursiver Prozesse – von Deutungs- NRW School of Governance: In der Lehre 2005 geschaffen worden ist? Das unter- mustern und ihrem Wandel – für die setzen Sie stark auf Praxisbezug. Im suche ich, allerdings mit der Ausrichtung Konstruktion politischer Handlungs­ Rahmen des Programms „Lehren und einer bundesländervergleichenden Policy- felder aus. Wenn ich unter diesem Ge- Lernen in Fällen aus der politischen

40 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW

Praxis“ erarbeiten Sie Teaching Cases, Darstellung eines politischen Sach­ver­ guten Lösung nutzbar sein. Begriffe ohne d. h. Falldarstellungen, zu unterschiedli- halts, der zu einer offenen Entschei- Anschauung sind leer: Das und die kon- chen Themen. Wie erfolgt das Case dungssituation führt. Das ist Grundlage sequente Handlungsorientierung sind Teaching und zu welchen relevanten Er- für eine Diskussion verschiedener Hand- bei dieser didaktischen Methode leitend. gebnissen sind Sie bereits gekommen? lungsoptionen, die in einer Seminar­ Man kann so beileibe nicht alles lehren, Blätte: Mit diesem Programm wollen diskussion gegeneinander abgewogen aber es macht Sinn und allen Beteiligten wir für die anwendungsorientierte Lehre werden müssen. Das lässt sich mit Freude, an einer Professional School so ein didaktisches Verfahren entwickeln, Arbeitsgruppenphasen oder der Anfer- zu unterrichten. Wir entwickeln an der mit dem ich während einer Dozenten- tigung schriftlicher Analysen koppeln. Juniorprofessur Fälle und hoffen, dieses tätigkeit an der Akademie Auswärtiger Entscheidend ist immer der Problembe- Verfahren weiter etablieren zu können. Dienst experimentiert habe. Eine Fall- zug, der hergestellt wird. Der Fall selbst Hier wollen wir eine Dienstleistung für diskussion beruht zunächst auf einer ist möglichst nicht theoretisch geladen, die NRW School of Governance, aber Falldarstellung. Der Fall ist eine sorg­ aber die Diskussion sollte Theorien her- auch für alle anderen Professional fältige, gut lesbare und detaillierte anziehen und für die Entwicklung einer Schools erbringen.

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Bundesrat träten die Länder in vielen Analysen Duisburg allerdings nicht: Andreas Blätte wurde primär als „Veto-Spieler“ – d. h. als Verhinderer auf. in Altötting in Oberbayern geboren. Von 1996 Dem stellte Blätte ein Interesse an den Ländern bis 2001 studierte er Politikwissenschaft, als Keimzellen neuer Politik-Ideen und als Trieb- Volkswirtschaftslehre und Europarecht an kräfte diskursiven Wandels gegenüber. Die For- der Ludwig-Maximilians-Universität München, schung der Juniorprofessur wird demnach von 1999/2000 an der University of Wales, den Thesen der Bedeutung diskursiven Wandels Aberystwyth. Nach dem Studium war Andreas für politischen Wandel und der Relevanz der Blätte von 2001 bis 2009 wissenschaftlicher Landespolitik in solchen Prozessen angeleitet. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Vergleichende Re- gierungslehre an der Staatswissenschaftlichen Zur Person: Ein Bayer wird „Prof. Dr. NRW“ Fakultät der Universität Erfurt. An der Universität In einem Bericht von WDR online über die Junior- Erfurt war er auch im akademischen Jahr professur wurde Andreas Blätte als „Prof. Dr. NRW“ 2005/2006 interimistisch stellvertretender vorgestellt. Unmittelbar in die Wiege gelegt war Direktor der Willy Brandt School of Public Policy der Weg nach Nordrhein-Westfalen und nach (damals: Erfurt School of Public Policy – ESPP).

42 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW

Durch seine Arbeit an einer Professional School setzt sich Simon Wiegand mit der Energie- und und durch eine Dozententätigkeit im Attaché- Klimaschutzpolitik Nordrhein-Westfalens im euro- Lehrgang der Akademie Auswärtiger Dienst päischen Mehrebenensystem auseinander. Un- (bis 2009) verfügt Blätte über Erfahrungen in terstützt wird die Juniorprofessur des Weiteren anwendungsorientierter Politikforschung und von den studentischen Mitarbeitern Anna von praxisorientierter Lehre. Im März 2009 wurde er Spiczak-Brzezinski (B.A.), Karina Hohl (B.A.) und zum Juniorprofessor für Politikwissenschaft am Stephan Zitzler (B.A.) (alle zugleich Studierende im Institut für Politikwissenschaft der Universität Master-Studiengang „Politikmanagement, Public Duisburg-Essen ernannt. Durch die Einbindung in Policy und öffentliche Verwaltung“). Bis Juli 2010 den Master-Studiengang „Politikmanagement, war Sophia Schönborn (M.A.) als studentische Public Policy und öffentliche Verwaltung“, in die Mitarbeiterin an der Juniorprofessur tätig, die Forschungsgruppe Regieren und verschiedene nun am Kulturwissenschaftlichen Institut in Es- Projektaktivitäten der NRW School of Gover- sen (KWI) arbeitet. Als Teamassistenz unter- nance stärkt er seither den Kern von Forschung stützt Anita Weber die Juniorprofessur. und Lehre an der NRW School of Governance. Die Juniorprofessur für Politikwissenschaft kann An der Juniorprofessur arbeitet als wissen- dank der Stiftungsförderung als eine besonders gut schaftlicher Mitarbeiter Dipl.-Soz.-Wiss. Simon ausgestattete Juniorprofessur bezeichnet werden. Wiegand. Er studierte von Oktober 1998 bis Sie ist im Institut für Politikwissenschaft ange- Januar 2005 Politikwissenschaft und Geografie siedelt und übernimmt Aufgaben für die NRW an der Universität Duisburg-Essen. Seine mit School of Governance wie beispielsweise die Be- dem Absolventenpreis des Jahres 2005 ausge- treuung des NRW Fellowship-Programms, das vom zeichnete Diplomarbeit hat er zur Sicherheits- Land Nordrhein-Westfalen unterstützt und in und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Kooperation mit dem American Institute for Deutschland im euro-atlantischen Integrations- Contemporary German Studies in Washington D.C. zusammenhang geschrieben. In seiner Promotion durchgeführt wird. Ziel dieses Programms ist die

43 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Aktuelle Publikationen von Prof. Dr. Andreas Blätte Beteiligung an der transatlantischen Netzwerk- bildung und die Förderung der vergleichenden Reduzierter Parteienwettbewerb durch kalkulierte Demobilisierung. Forschung zu NRW und den USA. Zudem koordi- Bestimmungsgründe des Wahlkampfverhaltens im Bundestagswahl- niert die Juniorprofessur das Programm „Lehren kampf 2009“, in: Karl-Rudolf Korte (Hg.), Die Bundestagswahl 2009. und Lernen aus Fällen der politischen Praxis“ am Analysen der Wahl-, Parteien-, Kommunikations- und Regierungsfor- Institut für Politikwissenschaft. Dabei handelt es schung. Wiesbaden: VS Verlag, 2010, S. 273-297. sich um eine anwendungsorientierte innovative − „Deutsche versus Zuwanderer“, in: Manuela Glaab, Werner Weidenfeld, Lehr- und Lernmethode in der Politikwissenschaft. Michael Weigl (Hg.), Deutsche Kontraste. Frankfurt a.M.: Campus,2010, S. 485-516. Schwerpunkt: Koalitions- und Regierungsbildung in NRW − „Der Föderalismus der Politikideen“, in: Hammelsprung. Magazin für Im nordrhein-westfälischen Wahljahr 2010 war politische Entscheidungen, Nr. 02/2010, S. 21-23. selbstverständlich die Beobachtung von Wahl- − „Schnappt die Zweisamkeitsfalle zu? Eine Bilanz der ersten hundert kampf, Koalitions- und Regierungsbildung ein Tage der Minderheitsregierung in NRW“, erschienen in: Regierungsfor- Schwerpunkt der Aktivitäten der Juniorprofessur. schung.de, Oktober 2010. Im Sommersemester 2010 wurde dies in einem − „Akteure, seht die Signale! Mobilisierungsprobleme und Symbolpolitik Lehr- und Forschungsprojekt gebündelt. Im Rah- in Politikbereichen mit Querschnittscharakter“, in: Martin Florack, men einer „Taskforce“ zu den Landtagswahlen im Master-Programm unter Leitung von Prof. Dr. Timo Grunden (Hg.), Regierungszentralen: Organisation, Steuerung Andreas Blätte und Martin Florack M.A. wurden und Politikformulierung zwischen Formalität und Informalität, Wies- Prozesse der Koalitionsbildung im Fünfparteien- baden: VS Verlag, 2011, S. 311-332. system – in NRW und in anderen Bundesländern – − „Islamische Verbände in verbandsökonomischer Perspektive. Begrenzte in Fallanalysen eingehend untersucht. staatliche Formung durch endogene Ressourcenbildung“, in: Hendrik Meyer / Klaus Schubert (Hg.): Politik und Islam, Wiesbaden: VS Verlag Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen in Nord- (im Erscheinen), 2011. rhein-Westfalen war eine Minderheitsregierung.

44 Themenschwerpunkt: Lehre und Forschung für NRW

Aber wie gestaltet die Minderheitsregierung in der parlamentarischen Praxis ihr Politikmanage- ment? Bestätigt sich die Vermutung, die Minder- heitsregierung könnte einen neuen Politikstil prägen? Diese Fragen führten zur Konzeption einer öffentlichen Veranstaltung anlässlich des Datums „100 Tage rot-grüne Minderheits­ regierung in Nordrhein-Westfalen“. Bei der von der Juniorprofessur organisierten Podiums­ diskussion diskutierten Britta Altenkamp, Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD- Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Mehrdad Mostofizadeh, stellvertretender Fraktionsvorsit- zender der Grünen, der SPD-Politiker und ehe- könnte, bestätigte die Landtagsabgeordnete malige NRW-Justizminister Wolfgang Gerhards und Parlamentarische Geschäftsführerin der sowie Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, Direktor SPD-Fraktion, Britta Altenkamp, nachdrücklich. der NRW School of Governance. Moderiert wurde Informelle Abstimmungsprozesse und partei- die Diskussion von Prof. Dr. Andreas Blätte. übergreifende Konsenslösungen seien im parla- mentarischen Ablauf im Düsseldorfer Landtag Die Diskutanten setzten sich mit den Erfahrungen noch wichtiger geworden. Die Diskutanten zeigten nach 100 Tagen parlamentarischem Betrieb beim sich einig, dass zwar die Suche nach Kompro­ Regieren ohne Mehrheit auseinander. Dabei missen im Kontext des Fünf-Parteiensystems wurde deutlich, dass die erforderliche ständige und auch im Hinblick auf kommende Wahlen Suche nach Mehrheiten den parlamentarischen komplexer werde, aber auch das Potenzial der Alltag verändert. Die These, dass es im Parla- Erprobung einer neuen Spielform der parlamen- ment „spannender“ und „aufregender“ werden tarischen Praxis in der Demokratie habe.

45 3 PROJEKTBEZOGENE THEMENSCHWERPUNKTE

Im Rahmen von verschiedenen projektbezogenen Themenschwerpunkten entwickelt die NRW School of Governance eine Vielfalt an Studien, Projekten und Analysen. Diese Schwerpunkte umfassen ein breites thematisches Spektrum:

3.1 Politikmanagement ...... 49 3.2 Politikvermittlung ...... 59

3.3 Vergleichende Studien und regionaler Schwerpunkt ...... 72 3.4 Policy und Governance Studien ...... 76 3.5 Haniel Master Course 2009-2010 ...... 83 3.6 Gastprofessur für Politikmanagement der Stiftung Mercator . . . 90 3.7 Studentische Initativen ...... 96

3.8 Regierungsforschung.de ...... 108 Zwei Jahre Lehre und Forschung in NRW | 2009 – 2010

Schwerpunkte NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Der Bereich Forschung und Lehre an der NRW School of Governance ist geprägt durch die Verbindung von Anwendungsorientierung und Wissenschaft. Unter dem Credo der Exzellenzbildung sind an der NRW School of Governance vielfältige Projekte, Studien und Analysen der angewandten Politik­ forschung angesiedelt. Eine Besonderheit ist die Einbindung zahlreicher studentischer Projekte und die erfolgreiche Zusammenarbeit und Vernetzung mit externen Partnern. Hierdurch wird die NRW School of Governance dem Anspruch, Lehre und Forschung unter die Leitbilder der Anwendungs­ orientierung und Herstellung von Praxisbezug zu stellen, gerecht.

Das Themenprofil der NRW School of Governance orientiert sich sowohl an aktuellen Fragestellungen des Politikmanagements und der Politikvermittlung als auch an der vergleichenden Policy- und Governance-Forschung. Einen regionalen Schwerpunkt bildet der Themenbereich „Politik und Regieren in Nordrhein-Westfalen“. Darüber hinaus wird eine Vielzahl von Fragestellungen auf überregionaler, europäischer und international vergleichender Perspektive behandelt. Die einzelnen Themenfelder spiegeln außerdem das vielfältige Spektrum der unterschiedlichen theorie- und methodengeleiteten Ansätze der politikwissenschaftlichen Forschung wider.

Im Folgenden werden die einzelnen Themenschwerpunkte sowie aktuelle Projekte und Arbeiten der NRW School of Governance vorgestellt.

48 Projektbezogene Themenschwerpunkte

3.1 Politikmanagement

Der Begriff des Politikmanagements verbindet Deutschland gegenüber. Es dominieren nor­ die Steuerbarkeit des politischen Systems mit mativ-funktionale Sichtweisen, staatsrechtliche der Steuerungsfähigkeit der wichtigen politi- Aufgabenbeschreibungen, Biografien und popu- schen Akteure. Dabei sind Sach- und Machtfra- lärwissenschaftliche Darstellungen. Das Politik- gen stets miteinander verwoben. Im Folgenden management des Staatsoberhaupts, also die werden exemplarisch einige Schwerpunkte in Frage nach der Durchsetzung politischer Ziele und diesem Forschungsfeld dargestellt: Bundes­ der Wahrung eigener Interessen bei gleichzeitiger präsidenten und Bundeskanzler, Regieren und Sicherung von Machtressourcen und Entschei- Opponieren in Nordrhein-Westfalen, Regierungs- dungsspielräumen, stellt jedoch ein Forschungs- zentralen sowie Informelles Regieren. desiderat dar.

Politikmanagement der Bundespräsidenten Genau hier setzen Ilona Russius und Bastian Linsen – Instrumente, Stile und Techniken mit ihrer Promotion innerhalb des Themen- Das Amt des Bundespräsidenten ist ein nahezu schwerpunkts „Bundespräsidenten und Bundes- unerforschtes Terrain. Politikwissenschaft und kanzler: Interaktionen, Konflikte, Kooperationen“ Öffentlichkeit wissen wenig über das Wirken der an. Die Studierenden haben sich durch aus­ Bundespräsidenten hinter den Kulissen der Poli- gezeichnete Leistungen für das Exzellenz­ tik, über ihre Strategien und Instrumente, mit programm der Stiftung Mercator qualifiziert. deren Hilfe sie versuchen, Einfluss zu nehmen. Neben einer finanziellen Förderung erfahren die Der weit verbreiteten Ansicht eines „machtlosen Stipendiaten eine intensive wissenschaftliche Staatsoberhaupts“ stehen kaum empirische und Betreuung durch Kolloquien und Seminarange- quellengesättigte Studien über die tatsächliche bote. Macht und den Einfluss der Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik

49 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Forschen am Puls der Zeit – Rücktritt des Bundespräsidenten erzeugt neues Interesse am Amt. Ein Beitrag von Ilona Russius und Bastian Linsen, Stipendiaten im Exzellenzprogramm der Stiftung Mercator

Selten stieß die Bundespräsidenten- sachsens, Christian Wulff, als Kandidat bekundungen im Gästebuch des Bundes- wahl auf derart breites Interesse, wie der Regierungsparteien und dem Bür- präsidenten seitens der Bevölkerung. es am 30. Juni 2010 der Fall war. Dies gerrechtler Joachim Gauck, als Über­ raschungskandidat von SPD Üblicherweise wäre im Vorfeld der Bun- und Grünen – sondern vor despräsidentenwahl wieder über Sinn allem am Auslöser der Neu- und Zweck des vorrangig repräsentati- wahl und dem Umgang der ven Amtes sowie dessen Möglichkeiten Regierungsriege mit die- und Grenzen räsoniert worden. Doch sem außergewöhnlichen diesmal galt es die Beweggründe des Umstand. Denn erstmals Rücktritts zu ergründen, die unter ext- hatte mit Horst Köhler remen Zeitdruck zu vollziehende Kandi- ein Bundespräsident seinen datenkür voranzutreiben und durch Rücktritt mit sofortiger Meinungsumfragen und Expertenein- Wirkung erklärt und das schätzungen die eigentliche Wahl vor- gerade einmal ein Jahr nach wegzunehmen. seiner Wiederwahl. Als schließlich Christian Wulff als offi­ Auf die äußerst knappe zieller Kandidat der schwarz-gelben Rücktrittserklärung folgten Bundesregierung bekannt gegeben dann sehr sparsame Reaktio- wurde und Rot-Grün mit der Nomi­ lag aber nicht nur an den beiden Favo­ nen seitens der Regierung, munteres nierung Joachim Gaucks ein medialer riten für das höchste Amt – dem da­ Kandidatenraten seitens der Medienland- Coup gelungen war, der eine deutlich maligen Ministerpräsidenten Nieder- schaft sowie empathische Sympathie­ kritische Berichterstattung und Kom-

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Regieren und Opponieren mentierung gegenüber Wulff und so- in Nordrhein-Westfalen mit auch der Bundeskanzlerin nach sich zog. Der Gegenkandidat Gauck hingegen Machtkonstellationen, die Wahrung von Hand- erhielt zunehmend den Ruf des über- lungsfähigkeit sowie Interaktions- und Organisa- parteilichen Botschafters der Demokra- tionsmuster bilden den Kern des Themenfelds tie. Ebenso spannend wie die Vorwahl- „Regieren und Opponieren in Nordrhein-Westfa- phase war dann auch die eigentliche len“. Die Analyse von SPD und Bündnis 90/Die Wahl, aus der Christian Wulff im dritten Grünen als Parteien mit wechselnder Regierungs- Wahlgang dann doch noch mit absoluter und Oppositionsmacht in NRW stellen hierfür ei- Mehrheit als Sieger hervorging. Dreier nen geeigneten Rahmen. Denn Rot-Grün regierte Wahlgänge hatten auch schon beliebte in NRW von 1995 bis 2005 mit drei Ministerpräsi- Amtsvorgänger wie Gustav Heinemann denten: Johannes Rau, Wolfgang Clement und oder Roman Herzog bedurft, allerdings Peer Steinbrück. Nach dem Verlust der absoluten waren diese nicht mit so komfortablen SPD-Mehrheit kam 1995 unter Johannes Rau in Mehrheitserhältnissen abgesichert, wie NRW ein Bündnis aus SPD und Bündnis90/Die es Wulff eigentlich gewesen ist. Grünen zustande, das rot-grüne Projekt währte zehn Jahre lang. Wolfgang Clement stritt heftig Nach seiner Wahl folgte dann die mit den Grünen über Energiefragen und Verkehrs- Diskussion darüber, ob nun nicht projekte, 2003 stand die Koalition unter Nachfol- nur die Kanzlerin, sondern auch Wulff ger Peer Steinbrück gar kurz vor dem Aus. Bei der geschwächt aus der Wahl hervorginge. Landtagswahl 2005 wurde sie als letzte auf Lan- Zumindest letztere Überlegungen schei- desebene bestehende rot-grüne Koalition abge- nen zu vergessen: Im jüngsten SPIEGEL- wählt, eine Überraschung war das also aufgrund Politikerranking rangiert Bundesprä­ der – auch aus dem Bund entsendeten – Vorboten sident Wulff auf Platz drei. des Machtwechsels keinesfalls. Vorausgegangen

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waren nicht nur koalitionsinterne Streitigkeiten, jeweiligen Rolle entweder die Handlungsfähigkeit sondern auch heftige Wahlniederlagen für die der Regierungsmehrheit oder die Kontroll-, Kritik- SPD, der Verlust von rot-grünen Regierungsbeteili- und Alternativfähigkeit organisatorisch und in- gungen in den Bundesländern, Steuerungsverlus- haltlich sicherzustellen. Weitere Forschungsfra- te, Kommunikationsdefizite sowie ein erheblicher gen in diesem Themenschwerpunkt sind: Wie ha- Ansehens- und Vertrauensverlust in der Bevölke- ben die Parteien und Fraktionen Willensbildungs- rung und eine verspielte Problemlösungskom- prozesse gesteuert, wie haben sie auf gestiegene petenz, auch auf Bundesebene. Die metaphorisch Anforderungen an politisches Entscheiden bin- als „Düsseldorfer Tsunami“ beschriebene Nieder- nenorganisatorisch reagiert, welche Rolle spielen lage der SPD in ihrem Stammland führte zu einem Koordination und politische Führung? Wie haben Regierungswechsel und einer grundlegenden SPD und Grüne (institutionelle und kommunikati- Zäsur. Die CDU/FDP Regierung unter Minister- ve) Handlungsressourcen genutzt und auf Hand- präsident Jürgen Rüttgers übernahm die Macht lungsrestriktionen reagiert? Welche Interaktions- in NRW – die SPD hingegen verlor nach 39 Jahren prozesse und Akteure charakterisieren interorga- die Herrschaft an Rhein und Ruhr und fand sich nisatorisch sowie intraorganisatorisch das Politik- in einem ungewohnten Oppositionsstatus wie- management von SPD und Grünen? Wie wirken der. Seit der Landtagswahl 2010 sind SPD und sich im Rahmen des Parteienwettbewerbs die Bündnis90/Die Grünen wieder in einer gemein- Metaziele vote-seeking, office-seeking und policy- samen Koalition – jedoch in einer Minderheits- seeking auf Aspekte der Koalitionsgeschlossen- regierung. Dabei handelt es sich um ein völlig heit oder Oppositionsführung aus? Wie gestaltet neues Experiment in Nordrhein-Westfalen. sich für beide Parteien das Lernen der politischen Prozesse nach dem Übergang in die Opposition, Der Themenbereich „Regieren und Opponieren“ und ist das Oppositionsprofil strategisch auf die befasst sich mit Fragen nach Zielen, Mitteln und Rückgewinnung der Regierungsverantwortung Strategien von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ausgelegt? als Regierungs- und Oppositionspartei, um in ihrer

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Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich Markus Hoffmann und Alexander Stock in ihrer Dissertation mit dem Thema: „Regieren und Op- ponieren in NRW – Kollektive Handlungs- und Strategiefähigkeit von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf subnationaler Ebene (2000-2010)“. Sie betrachten dabei zwei aufeinanderfolgende Le- gislaturperioden, zwei unterschiedliche Macht- verhältnisse und fünf Jahre Regierung bzw. fünf Jahre Opposition. Das Erkenntnisinteresse richtet sich auf die Feststellung von Typologien von Handlungsstrategien regierender und opponie- render Akteure. Besonders die Identifizierung von Prozessen und Akteuren, die Parteien in ihrer Rolle als Regierungs- und Oppositionspartei prägen, oder die innerparteiliche und -fraktionelle Neu- aufstellung nach Machtverlust stehen im Vorder- grund der Untersuchung.

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Regierungszentralen

Ziel des Projekts ist es, formelle und informelle vanz: Welcher informellen Strukturen und Ent- Steuerungs- und Entscheidungsprozesse in Regie- scheidungsprozesse bedient sich eine Staatskanz- rungszentralen zu identifizieren. Regierungszent- lei, um ihre formalen Funktionen und Aufgaben ralen wie das Bundeskanzleramt oder die Staats- erfüllen zu können? Welche Phänomene und kanzleien der Länder sind bedeutsame politisch- Muster der Informalität bilden sich intern? Wovon administrative Steuerungs- und Koordinationsins- ist die Entstehung und Ausprägung informeller tanzen von Regierungen. Dabei ist die Rolle von Strukturen und Prozesse abhängig? Im Hinblick Regierungszentralen im politischen System bis- auf den Einfluss von Regierungszentralen sind Fra- lang wenig untersucht worden. So liegen aktuell gen wie das Ausmaß des informellen Einflusses nur einige wenige, meist verwaltungswissen- einer Regierungszentrale auf das Handeln einer schaftlich geprägte Publikationen zur Organisati- gesamten Regierungsformation sowie die Erken- on und Struktur von Regierungszentralen vor. nungsmerkmale des Einflusses und die Abhängig- Wichtige politikwissenschaftliche Themenfelder keit des Einflusspotenzials von Interesse. Bezüg- blieben bisher unbearbeitet oder werden gerade lich der Funktionalität von Regierungszentralen erst für politikwissenschaftliche Forschungsarbei- wird folgenden Leitfragen nachgegangen: Wel- ten entdeckt. che Bedingungen müssen informelle Prozesse und Entscheidungsstrukturen erfüllen, um die Ef- Die Leitfragen dieses Themenkomplexes bezie- fektivität der formalen Organisation sicherzustel- hen sich auf drei zentrale Bereiche: Das Span- len? Gibt es Kriterien mit deren Hilfe die Funktio- nungsverhältnis zwischen Formalität und Infor- nalität bzw. Dysfunktionalität von informellen malität, den Einfluss von Regierungszentralen so- Strukturen und Prozessen bewertet werden kann? wie die Funktionalität von Regierungszentralen. Zum Spannungsverhältnis zwischen Formalität und Informalität sind folgende Fragen von Rele-

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Publikationen

Karl-Rudolf Korte: Das Bundeskanzler- mit den Folgen gesellschaftlicher Ver- amt in der Organisationsanalyse. änderungen anhalten, ohne dabei die Informalität als Erfolgskriterium, Perspektive der Betroffenen aus den S. 19-35, in: Augen zu verlieren. Heinz-Jürgen Dahme und Norbert Wohlfahrt (Hrsg.): Systemanalyse Politikberatung im Innenhof der Macht als politische Reformstrategie. Autor: Timo Grunden, VS-Verlag VS-Verlag für Sozialwissenschaften, für Sozialwissenschaften, 2009, 2010, 420 Seiten, ISBN 978-3531170374. 421 Seiten, ISBN 978-3-5311-6204-1. Die Beiträge des vorliegenden Bands tikel diesen Fragen nach. Es werden die versammeln Aufsätze, die sich aus der Timo Grunden: Die Berater der Rekrutierungsmuster für persönliche Perspektive einer reflexiven Systemana- Ministerpräsidenten. Funktion, Einfluss Berater dargelegt sowie ihre formalen lyse mit Entwicklungen in Politik und Ver- und Rekrutierung, S. 133 - 156, in: und informellen Handlungsressourcen waltung auseinandersetzen. Funktions- Zeitschrift für Politikberatung Nr. 2 / analysiert. Abschließend wird ihr Ein- probleme des politischen Systems, der 2008, VS-Verlag für Sozialwissen- fluss durch die Unterscheidung von vier Sozialpolitik, der öffentlichen Verwal- schaften, ISSN: 1865-4789. Machtderivaten systematisiert. tung und der sozialen Dienste werden Jeder Regierungschef schart einen Kreis theoretisch-empirisch analysiert und von Beratern um sich, sogenannte Transformation der Kernexekutive. mit Blick auf Modernisierungsprozesse „Küchenkabinette“ oder „graue Emi- Eine institutionentheoretische Analyse und Modernisierungsfolgen kritisch nenzen“. Wer sind diese Berater, was der nordrhein-westfälischen Regie- bilanziert. Systemanalyse als Reform- kennzeichnet ihre Arbeitsweise und wie rungsorganisation nach dem Regie- strategie will dabei auch Bewertungs- groß ist ihr Einfluss auf das Regierungs- rungswechsel 2005 (Arbeitstitel) maßstäbe produzieren und kenntlich handeln? Am Beispiel der Berater deut- Autor: Martin Florack, VS-Verlag für machen, die zur Auseinandersetzung scher Ministerpräsidenten geht der Ar- Sozialwissenschaften, 2011, ca. 291 Seiten.

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Regieren braucht Or- weiterung der Zugänge der Regie- rungszentrale macht. Das Spannungs- ganisation und Insti- rungsforschung durch die Methode der feld zwischen Formalität und Informa­ tutionen. Eine heraus- teilnehmenden Beobachtung. Drittens lität steht im Mittelpunkt der Beiträge ragende Rolle spielt geht es um den Anschluss des Themen- dieses Bandes. Sie widmen sich den hierbei die Kernexeku- felds an institutionalistische Theoriean- Mustern und Entstehungsbedingungen tive, die Regierungs- sätze. Die Studie zielt folglich auf einen von informellen Organisationsstrukturen handeln koordiniert Beitrag zu weiteren Theoriebildung im sowie den informellen Techniken und und steuert. Wie Feld der Regierungsforschung. Instrumenten zur Steuerung des Regie- verändern sich diese rungshandelns. Wie groß ist der infor- formalen und informellen Institutionen Regierungszentralen: Organisation, melle Einfluss einer Regierungszentrale nach einem Regierungswechsel? Wel- Steuerung und Politikformulierung auf das Handeln einer gesamten Regie- che Institutionen bleiben stabil, welche zwischen Formalität und Informalität rungsformation, und wovon ist das Ein- unterliegen grundlegendem Wandel? Herausgeber: Martin Florack und flusspotenzial abhängig? Welche Be- Wie groß ist der Einfluss politischer Ak- Timo Grunden, VS-Verlag für dingungen müssen informelle Prozesse teure auf die Regierungsorganisation Sozialwissenschaften, 2011, 337 Seiten, und Entscheidungsstrukturen erfüllen, und welche Mechanismen liegen dem ISBN: 978-3-531-17003-9. um die Effektivität der formalen Organi- Wechselspiel institutioneller Stabilisie- Bundeskanzleramt und Staatskanzleien sation sicherzustellen? Gibt es Kriterien rung und Veränderung zugrunde? gelten als „Innenhöfe der Macht“, als mit deren Hilfe die Funktionalität bzw. Über die Beantwortung dieser Fragen Führungs- und Steuerungszentren von Dysfunktionalität von informellen Struk- hinaus verfolgt die Studie drei weiter- Bundes- und Landesregierungen. Doch turen und Prozessen bewertet werden führende Ziele: Erstens geht es um eine dieser machtpolitische Status lässt sich kann? empirische Analyse der Kernexekutive nicht aus formalen Funktionen und Kom- in Nordrhein-Westfalen. Zweitens zielt petenzen ableiten. Es ist Informalität, die die Studie auf eine methodische Er­ aus einer Regierungskanzlei eine Regie-

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Informelles Regieren

Entstehung, Wandel und Funktionalität informel- „Informelles Regieren. Muster und Funktionalität informeller ler Institutionen und Entscheidungsprozesse sind Entscheidungsprozesse in Regierungsformationen“ zentrale Elemente des Themenfelds „Informelles Regieren“. Auf der Basis eines Analyseansatzes sol- Mit einem Analyseansatz zu diesem len durch Fallstudien die informellen Regelsyste- Thema beschäftigt sich Tina Pannes me und Entscheidungsprozesse in Regierungsfor- als Stipendiatin im Exzellenzprogramm mationen auf Bundes- und Landesebene syste- der Stiftung Mercator im Rahmen ihrer matisch untersucht werden. Besondere Berück- Dissertation. sichtigung erfährt dabei die Frage der informellen Steuerung durch Regierungszentralen, deren tat- sächliche Rolle bei der Herstellung kollektiver Handlungsfähigkeit der Regierungsformation he- rausgearbeitet werden soll. Leitfragen für die Ana- lysen in diesem Themenkomplex sind dabei: Wel- che Muster der Informalität lassen sich bei der Koordination des Regierungshandelns in verschie- denen Handlungsarenen identifizieren? Wann sind solche informellen Strukturen, die eine Regie- rungsformation ausbildet, zielstützend für den Akteur im Sinne politischer Rationalität einerseits und funktional im Sinne der Normen der Formal- struktur andererseits?

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Informelles Regieren Entscheidungsprozesse in Regierungsformationen – Ein Analyseansatz (Arbeitstitel)

Autorin: Tina Pannes VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, ca. 350 Seiten.

Regieren als Herbeiführen und Durchsetzen gesellschaftlich verbindlicher Entscheidungen ist durch den zugrundeliegenden gesetzlichen Rahmen nur unzureichend beschrieben. Die Wirklichkeit des Regierens wird wesentlich von nicht-gesatzten Kommunikations- und Ent- scheidungsprozessen geprägt, die die Beschlüsse formal legitimierter Gremien flankieren. Je- nen informellen Aspekten wird zwar in der Regierungsforschung große Bedeutung zuer- kannt, gleichzeitig fehlt es bisher aber an systematischer Einordnung des Faktors Informalität bei der Analyse politischer Entscheidungsprozesse. Dieser Forschungslücke soll im Rahmen dieser Arbeit mit einem theoretischen Ansatz zur Analyse informellen Regierens begegnet werden, der die Vielzahl an Partialtheorien und isolierten empirischen Befunden ordnet. Neben der Identifikation von Regel- und Gesetzmäßigkeiten, die die informelle Koordination des Regierungshandelns in verschiedenen Handlungsarenen prägen, steht die Frage nach dem Leistungspotenzial bzw. dem funktionalen Beitrag informeller Arrangements im Mittelpunkt.

58 Projektbezogene Themenschwerpunkte

3.2 Politikvermittlung

Grundsätzlich unterscheidet die Politikwissen- verantwortungsvolle Rolle des Landtags im poli- schaft zwei Dimensionen: einerseits die Her­ tischen System in NRW und der Bundesrepublik stellung von Politik („Entscheidungspolitik“) Deutschland zu wecken. Drittens sollen die an- und anderseits die Vermittlung von Politik gesprochenen Zielgruppen als Multiplikatoren zur („Darstellungspolitik“). Ein projektbezogener Vermittlung politischer Inhalte an weitere junge Themenschwerpunkt der NRW School of Gover- Menschen in NRW fungieren, um nachhaltig ein nance befasst sich mit der Politikvermittlung. Interesse an Politik, politischen Institutionen und Innerhalb dieses Schwerpunktes gibt es fol­ Akteuren zu aktivieren. gende Themenzweige: Politikvermittlung und politische Debatte, Sprachstrategien in der Poli- Ausbildungspartnerschaft mit dem tik, Strategische Kommunikation sowie Medien, Landtag Nordrhein-Westfalen Politik und Web 2.0. Seit Januar 2008 kooperieren die NRW School of Governance und der Landtag Nordrhein-Westfalen. Politikvermittlung und politische Debatte Bestandteile dieser Ausbildungspartnerschaft, Im Rahmen des Schwerpunkts „Politikvermittlung in der Jugendliche und junge Erwachsene nach- und politische Debatte“ werden insbesondere haltig für Landespolitik und parlamentarische drei Zielsetzungen verfolgt. Erstens soll die Prozesse interessiert werden sollen, sind unter Wahrnehmung der Tätigkeit der politischen Ins- anderem Summer Schools im Landtagsgebäude, titutionen des Landes Nordrhein-Westfalen bei Praktikumsbörsen und Podiumsdiskussionen. Jugendlichen und jungen Erwachsenen erhöht und somit die Popularität und Relevanz von parlamentarischer Arbeit gefördert werden. Zweitens wird beabsichtigt, bei den Adressaten der Fördermaßnahmen ein Bewusstsein für die

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Summer School 2010: Kamingespräch mit Erhard Eppler

Auch 2010 fand die Summer School im Rahmen der Kooperation zwischen der NRW School of Gover- nance und dem Landtag Nordrhein-Westfalen statt. Die Summer School stand unter dem Titel „Po- litische Sprache und politische Rede“ und ermöglichte 34 Studierenden u. a. im Rahmen eines Plan- spiels, die Arbeitsprozesse des Parlaments zu gestalten und nachzuempfinden.

Das Highlight der Summer School war für die teilnehmenden Studierenden der Universität Duis- burg-Essen und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein Kamingespräch mit Bundesminister a.D. Erhard Eppler. Eppler erläuterte den Teilnehmern die Chancen und Fallen der deutschen Sprache im politischen Sprachgebrauch. Dabei stellte er sich den Fragen der Studierenden und nahm die Teil- nehmer mit auf eine Reise durch die Entwicklung der politischen Sprache.

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Der Landtag Nordrhein-Westfalen Die Debatte Funktionen, Prozesse und Arbeitsweise Das Gesprächsformat „Die Debatte“ von NRW Herausgeber: Nico Grasselt, Markus Hoffmann School of Governance und Landeszentrale für Verlag Barbara Budrich, 2011, politische Bildung Nordrhein-Westfalen dient der 240 Seiten, ISBN 978-3-86649-337-7. Darstellung von zwei Standpunkten zu einem Wie arbeitet der Landtag Nordrhein-Westfalen? gesellschaftspolitischen Thema, die durch zwei Was sind die Funktionen dieses Landesparla- Diskutanten vorgestellt und vertreten werden. ments? Welche Rolle kommt ihm im politischen Integraler Bestandteil dieses Debattenformats ist, System in Nordrhein-Westfalen zu? Diese und dass das Publikum zu Beginn und im Anschluss an mehr Fragen über den Landtag Nordrhein- die Debatte eine Wertung mit „pro“ oder „contra“ Westfalen, seine Funktionen und Arbeitsweise, über die Fragestellung abgibt. Hier ist von großem beantworten Nico Grasselt und Markus Hoffmann Interesse, ob es zu einem veränderten Abstim- in ihrem Buch „Der Landtag Nordrhein-Westfalen – mungsverhalten auf Seiten des Publikums über Funktionen, Prozesse und Arbeitsweise“. den Verlauf und durch die Debatte gekommen Die Grundlagen des Parlamentarismus werden ist. Durch diesen interaktiven Umgang mit Politik durch Erläuterungen zum Wahlsystem und den wird Demokratie geübt; über den Verlauf dieser Parteien in Nordrhein-Westfalen verständlich in sich geschlossenen Debatte lässt sich beob- gemacht. Anschaulich illustrierte Grafiken und achten, wie Diskurse sich verändern, wie ein Bilder über den organisatorischen Aufbau des leichter Zugewinn an Stimmen ein Meinungsbild Landtags und Beispiele aus der politischen Ar- verschieben kann und wie hoch die Kraft des beitsweise der Parlamentarier dienen der praxis- Arguments in politischen Auseinandersetzungen nahen Vermittlung der Funktionen, Prozesse zu bewerten ist. und Arbeitsweise der Volksvertretung in Nord- rhein-Westfalen.

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Die Debatte – Armin Laschet (damaliger NRW-Minister) und SWR-Chefreporter Thomas Leif im Streitgespräch In den zwei bislang stattgefundenen Streitge- sprächen wurde über zwei kontroverse Themen „Entfremdet sich die CDU als deutsche Volkspartei von den Bürgern?“ so debattiert. Im Juni 2009 diskutierten der da­ lautete die Frage der Eröffnungsdebatte zur Veranstaltungsreihe „Die De- malige NRW-Minister Armin Laschet und batte“ von NRW School of Governance und Landeszentrale für politische SWR-Chefreporter Thomas Leif über die Frage Bildung Nordrhein-Westfalen am 17. Juni 2009. „Entfremdet sich die CDU als deutsche Volks- partei von den Bürgern?“. Im Juni 2010 stand Durch limitierte Sprechzeiten konnten die Debattierer Armin Laschet, da- dann die übergeordnete Fragestellung „Weisheit maliger Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration des oder Wahn der Vielen? Pro und Contra (mehr) Landes Nordrhein-Westfalen, und der SWR-Chefreporter Dr. Thomas Leif, direkter Demokratie“ zur Debatte. Diskutanten an Politikwissenschaftler und Buchautor „angepasst & ausgebrannt. Die Par- diesem Abend waren Prof. Dr. Hermann K. Heußner teien in der Nachwuchsfalle“, die Thematik schnell und abwechslungsreich von der Fachhochschule Osnabrück und Mitglied von allen Seiten beleuchten und ihre Standpunkte deutlich machen. des Kuratoriums Mehr Demokratie e. V. und der Journalist des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Christoph Schwennicke.

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Laschet: „Die CDU ist eine Volkspartei! Wir heute an einem starken Legitimations- leichte Änderung des Meinungsbilds haben Integrationskraft und verbinden defizit. „Parteien haben nur wenig Kon- beim Publikum. Votierten 67 Prozent der die vielfältigen Strömungen des heuti- takt mehr zur Gesellschaft, es gibt keine Zuschauer zunächst für die Position von gen gesellschaftlichen Lebens.“ Doch offenen Diskurse und eine Willensbil- Laschet, waren es nach der Debatte nur Dr. Thomas Leif konterte und argumen- dung von oben nach unten; aus diesen noch 64 Prozent. Dies zeigte einmal tierte gegen „die Wohlfühl-Euphorie der Defiziten ergeben sich deutliche Legiti- mehr, wie hoch die Kraft des Arguments Parteien, die die objektiven Krisenten- mationsschwächen.“ in politischen Auseinandersetzungen zu denzen und das Heer der Nichtwähler“ Durch ein Abstimmungsverfahren zur bewerten ist und wie leicht sich durch nicht wahrnehmen. Denn seiner Meinung aufgeworfenen Diskussionsfrage vor öffentliche Debatten Meinungsbilder nach leide die Parteien-Demokratie und nach der Debatte zeigte sich eine beim Bürger verschieben können.

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Sprachstrategien in der Politik „Sprachstrategien und Rollen politischer Akteure in der parlamentarischen Arena. Was „politische Sprache“ auszeichnet, ist bis- Eine Inhaltsanalyse der Haushaltsdebatten lang in der politikwissenschaftlichen Forschung am Beispiel Nordrhein-Westfalen kaum behandelt. Insbesondere der Prozess der zwischen 2000 und 2010“ Begriffsbildung und der Sprachstrategien im lautet der Titel des Dissertationsprojekts von politischen Raum ist kaum untersucht. Deshalb Dipl.-Soz.-Wiss. Stephan Terhorst. ist ein Forschungsfeld der NRW School of Gover- nance „Sprachstrategien in der Politik“. Zum ei- Kommunikation ist das zentrale Instrument in der Politik. Ohne Kommunika- nen beschäftigt sich Stephan Terhorst in seinem tion, genauer gesagt ohne Sprache, ist keine Politik möglich. Durch politische Dissertationsprojekt mit den Sprachstrategien Sprache lassen sich Normen und Werte vermitteln, Identitäten können er- in der parlamentarischen Arena am Beispiel von zeugt und Realität erläutert werden. Über Sprache gewinnen politische Haushaltsdebatten. Zum anderen befassen sich Akteure die entscheidende Machtressource in der Demokratie: Legitimation. Dr. Jörg-Uwe Nieland im Rahmen eines am Insti- Sprache ist also nicht nur irgendein „Instrument der Politik, sondern über- tut für Medien- und Kommunikationspolitik haupt erst die Bedingung ihrer Möglichkeit“ (Heiko Girnth). (IfM) durchgeführten Projekts mit der „Sprache des Politischen in der Klima- und Integrations- Das Ziel des Dissertationsprojekts ist, Sprachstrategien in der parlamenta- politik“. rischen Debatte auf Landesebene im Zusammenhang mit der Einnahme von Rollen politischer Akteure zu identifizieren und eine Typologisierung vorzunehmen. Dazu werden jeweils die Haushaltsdebatten zwischen 2000 und 2010 vor und nach Landtagswahlen analysiert. Dem Forschungsinter- esse liegen dabei folgende Forschungsfragen zugrunde: Welcher Sprach- strategien bedienen sich politische Akteure aufgrund ihres Rollen­ verständnisses in der parlamentarischen Arena, um Inhalte, Werte und Annahmen zu bewerben? Welche Sprachstrategietypen lassen sich identi- fizieren?

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Regierungskommunikation im institutionellen Kontext Strategische Kommunikation moderner Demokratien In modernen Gesellschaften bedarf Autorin: Melanie Diermann die Kommunikation und Vermittlung VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, von Politik bestimmter Strategien ISBN 978-3-531-17980-3, 200 Seiten. und Methoden, um entsprechende Ziele und Intentionen zu transpor- Wäre Barack Obama auch in Schweden erfolgreich? Hätte tieren. Die NRW School of Gover- Tony Blair auch als Regierungschef in Deutschland New Deals nance erforscht im Themenfeld mit Arbeitssuchenden durchsetzen können, während Gerhard „Strategische Kommunikation“ die Schröder als Bundeskanzler daran scheiterte? Wirkung von verschiedenen Kom- Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel zu klären, inwieweit Regie- munikationsmitteln und den Einsatz von Medien rungskommunikation in sozialpolitischen Diskursen von dem jeweiligen für die Politikvermittlung. Leitfragen in diesem institutionellen Kontext moderner Demokratien abhängt, vor dem sie Themenkomplex sind: Wie lassen sich wohl- geschieht. Die Beantwortung dieser Fragestellung erfolgt auf der Basis fahrtsstaatliche Reformen am Besten kommu­ eines eigenen Modells zur Kontextualisierung von Regierungskommu­ nizieren und wie versuchen Regierungen ihre nikation. Auf dieser Basis wird Regierungskommunikation in zentralen Reformvorhaben zu vermitteln? Inwieweit prägen sozialpolitischen Diskursen in fünf Länderbeispielen moderner Demokratien systemische und kulturelle Rahmenbedingungen analysiert und verglichen. Daraus resultiert eine politikwissenschaftlich Regierungshandeln und Regierungskommunika- neue Einordnung von Regierungskommunikation, die künftig eine systema- tion? Welche Rollen spielen Visualisierung und tischere Einschätzung hinsichtlich der Übertragbarkeit von erfolgreichen Darstellungspolitik in der Politikvermittlung? Kommunikationsstrategien von Land A auf Land B ermöglicht. „Von Obama lernen“ können auf diese Weise in Zukunft auch Regierungen in Groß­ britannien, Schweden oder Nordrhein-Westfalen – und zwar ohne dass sie Gefahr laufen, am „blinden“ Imitieren zu scheitern.

66 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Medien, Politik und Web 2.0

Im Themenschwerpunkt „Medien und Politik“ Machtprämie. Parteien, politische Institutionen wird der Funktions- und Aufgabenwandel der und dem Journalismus stellen sich damit neue Medien systematisch analysiert. Dabei werden Anforderungen. die Veränderungen in der politischen Kommuni- kation und Politikvermittlung durch die neuen Seit 2010 analysieren MB und DG als Stipen­ Technologien begünstigt; die Chancen und Kon- diaten des WAZ-Promotionsprogramms den sequenzen, die sich durch den zunehmenden Funktions- und und Aufgabenwandel der Medien Einsatz neuer Medien für traditionelle Partei­ unter den Herausforderungen des Web 2.0. organisationen, die Partizipationsmöglichkeiten In ihren Dissertationsprojekten legen beide in Parteien und die parlamentarische Arbeit er- unterschiedliche Untersuchungsschwerpunkte. geben sowie der Einfluss der Web 2.0-Elemente So beschäftigt sich Marvin Bender mit dem auf das Demokratieverständnis untersucht. Thema: „Web 2.0 - Parlamentarismus 2.0?“ und untersucht, ob und wie einflussreich die Parla- Mit der Etablierung des als „Mitmachnetz“ be- mentsfunktionen des Deutschen Bundestages zeichneten Web 2.0 nimmt politische Kommuni- durch den Einsatz „neuer Medienformate“ um- kation im Internet eine neue Qualität an. Web gesetzt werden. „Deliberation durch Online- 2.0 Anwendungen ermöglichen nicht nur ein Kommunikation“ ist dagegen das Thema von Höchstmaß an politischer Information, sondern David Goertz. Seinen Schwerpunkt bildet die haben aufgrund ihrer Rückkanalfähigkeit auch Untersuchung von Potenzialen und Grenzen ein interaktives und partizipatives Potenzial. Auf des Internets bei der Konstituierung deliberati- der bisherigen Einbahnstraße der Kommunikati- ver Demokratiekonzepte. on herrscht nun Gegenverkehr. In diesem verän- derten System wird Kommunikationskompe- tenz mehr denn je zu einer entscheidenden

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„Web 2.0 – Parlamentarismus 2.0“? Interview mit dem Stipendiaten Marvin Bender

NRW School of Governance: aktivität und Reichweite für die Politik Bender: Die Chancen sind vielfältig und In Ihrem Promotionsprojekt relevant. mögliche Konsequenzen sind, wie auch gehen Sie von einem Wan- NRW School of Governance: Wie ve ­ für das ganze politische System, nur del des Mediensystems aus. rändern sich politische Kommunikation schwer abzuschätzen. Mit Blick auf die Wie sieht dieser Medien- und Politikvermittlung durch die neuen Abgeordneten hat sich die direkte wandel aus? Welche Fak­ Technologien? Wählerkommunikation durch E-Mails toren sind dafür charakte­ Bender: Politische Kommunikation und deutlich vereinfacht. Mit Blick auf poli- ristisch? Politikvermittlung verändern sich zum tische Willensbildungs- und Entschei- Bender: Der Medienwandel einen dahin gehend, dass politische dungsprozesse besteht durch die neuen wurde bereits zu Beginn der Akteure beim Transport ihrer Bot­ Medien die Möglichkeit, die Öffentlich- 1990er Jahre durch die schaften nicht mehr an die klassischen keit viel einfacher an Entscheidungen Verbreitung des Internets Massenmedien gebunden sind. Das ist teilhaben zu lassen. Dies ist bereits durch ausgelöst. Verstärkt wurde er jedoch insbesondere für schwache politische den Einsatz von Online-Konsultationen insbesondere durch das Aufkommen Akteure ein wichtiger Faktor, die sich so punktuell versucht worden. Aktuell wur- der Web 2.0-Formate vor einigen Jahren. Gehör in der Öffentlichkeit verschaffen den für die Enquete-Kommission „Inter- Die Auswirkungen in der Gesellschaft können. Zum anderen haben die Wähler, net und Digitale Gesellschaft“ auch sind deutlich erkennbar. Längst macht z. B. über eine E-Mail, nun einen „direk- namhafte Blogger und Netzaktivisten das Internet dem Fernsehen als primäre ten Draht“ zu ihren Abgeordneten. als Experten eingeladen. Über das Inter- Informationsquelle Konkurrenz, übrigens NRW School of Governance: Welche net kann man an Diskussionen teilneh- auch im politischen Bereich. Des Chancen und Konsequenzen ergeben men und Dokumente abrufen. Inwie- Weiteren sind einige Aspekte dieser sich durch den zunehmenden Einsatz weit dadurch eine größere Qualität von „neuen Kommunikation“ wie Partizi­ neuer Medien für die parlamentarische Demokratie erreicht wird, wird sich erst pation, Transparenz, Vernetzung, Inter- Arbeit? in der nächsten Zeit zeigen.

68 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Web 2.0 – Parlamentarismus 2.0? Deliberation durch Online-Kommunikation? Potenziale und Grenzen des Internets Unser Mediensystem befindet sich unbestritten bei der Konstituierung deliberativer im Wandel. Neue Kommunikationsformate im Demokratiemodelle Internet sind im Begriff, die komplette Kom­ munikation der Gesellschaft zu verändern. Aus Entwicklungen der Kommunikationstechniken reinen Nutzern von Medieninhalten werden haben immer auch Einfluss auf die Form und gleichzeitig Produzenten von Inhalten. Hinzu die Ergebnisse demokratischer Entschei­ kommt eine Vernetzung mit Freunden und dungen gehabt. Beeinflussten im 20. Jahr­ Gleichgesinnten in Sozialen Netzwerken wie hundert Radio und Fernsehen die politische StudiVZ oder Facebook. Auch die Politik ent- Willensbildung, wird heute digitalen Kom­ deckt mehr und mehr das „Soziale Netz“, auch munikationstechno­logien eine ähnliche Wirkung über Wahlkampfzwecke hinaus. Geht man nun zugeschrieben. Indem sie alle früheren Me­ davon aus, dass ein Wandel des Mediensystems dienentwicklungen inkorporieren, ermöglichen beispielsweise mit Veränderungen politischer sie ein Höchstmaß an politischer Information Institutionen, politischen Handelns und politi- und haben aufgrund ihrer Rückkanalfähigkeit scher Prozesse einhergeht, so ist auch davon auch ein interaktives und partizipatives Potenzial. auszugehen, dass der aktuelle Medienwandel Demokratische Entscheidungsfindung in Form erneut Änderungen in den Sphären des Politischen von Diskursen nimmt in deliberativen Demokra- hervorbringt. tietheorien eine Schlüsselstellung ein. Ihre Umsetzung wird bislang eher skeptisch be­ Im Rahmen des Forschungsvorhabens des Stipen- urteilt. Ent­wicklungen im Bereich der Kom­ diaten Marvin Bender soll untersucht werden, munikations­medien haben indes potenziell ob und in welchem Umfang Social Web-Formate dazu geführt, strukturelle Hindernisse für die für die politische Entscheidungsvorbereitung Verwirklichung deliberativer Demokratiemodelle durch Bundestagsabgeordnete eingesetzt werden. zu verringern.

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Deliberation durch Online-Kommunikation? Potenziale und Grenzen des Internets bei der Konstituierung deliberativer Demokratiekonzepte Interview mit dem Stipendiaten David Goertz

NRW School of Governance: In Ihrem NRW School of Governance: Ein Goertz: Mit deliberativen Demokratie- Dissertationsprojekt gehen Sie der Frage Schwerpunkt Ihrer Untersuchung bildet konzepten sind die Hoffnungen auf nach, welches Potenzial das Internet das Web 2.0. Welche Chancen sehen Sie eine erhöhte Legitimation und Qualität für deliberative Demokratie bereithält. im sogenannten „Mitmach-Web“ für von Entscheidungen verknüpft. Bislang Was versteht man unter deliberativer deliberative Demokratie? sind online generierte Themen aber Demokratie? Goertz: Das Web 2.0 ist in den letzten darauf angewiesen, Aufmerksamkeit Goertz: Grundsätzlich basieren alle Jahren immer stärker mit unserer in den klassischen Massenmedien zu Ansätze deliberativer Demokratie auf Gesellschaft verwachsen. Web 2.0 An- erzeugen, um die aus deliberativer einer Grundannahme: der Verwendung wendungen strukturieren und unter- Sicht wichtige Verschränkung zwischen von reflektierenden kritisch-rationalen stützen den Prozess der Vernetzung, Zivilgesellschaft und politischem Ent- Argumenten in einem Kommunika­ Interaktivität und Reflexivität. Insge- scheidungszentrum herbeizuführen. tionsprozess, in denen Meinungen zu samt haben Web 2.0 Anwendungen Auch werden Zweifel geäußert, ob einem Thema mit öffentlichem Inter­ von ihrem Potenzial her eine hohe die medieninhärenten Eigenschaften esse einer Überprüfung unterzogen Affinität zu deliberativen Demokratie- des Internets eine dialogische Form werden. Idealtypisch werden politi- konzepten. Ob dieses Potenzial von öffentlicher Meinungsbildung fördern. sche Entscheidungen also auf Basis seinen Nutzern auch umgesetzt wird, ist So fürchtet man durch das Wegfallen von durchdachten und logisch auf­ allerdings eine offene Forschungsfrage. traditioneller Gatekeeper-Funktionen gebauten Argumenten getroffen. De­ NRW School of Governance: Wo sehen Qualitätseinbußen. Online-Debatten liberative Demokratie lebt – mit Sie die Stärken deliberativer Demokratie- können darüber hinaus Fragmentie- den Worten von Habermas – von konzepte? Welche Probleme treten bei rungstendenzen politischer Öffentlich- dem zwanglosen Zwang des besseren seiner Übertragung auf neue Medien keit Vorschub leisten. Dem kann man Arguments. auf? ent­gegenhalten, dass die einseitigen

70 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Vor dem Hintergrund wird in der Dissertation von David Goertz untersucht, inwiefern sich durch den Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien im Web 2.0 deli- Öffentlichkeitsstruk- berative Demokratiekonzepte verwirklichen las- turen traditioneller sen. Dabei werden sowohl Potenziale und Gren- Mas­senmedien, einer zen als auch die medieninhärenten Folgeproble- partizipativen, netz- me der spezifischen Eigenschaft der Internet- artigen und inter­ kommunikation analysiert. aktiven Kommunika- tion weichen, die sowohl Optionen für Teilöffentlichkeiten und punktuelles En- gagement zwischen räumlich entfern- ten Nutzern bietet als auch traditionelle Öffentlichkeitsstrukturen einen Raum eröffnet.

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3.3 Vergleichende Studien und regionaler Schwerpunkt

Die NRW School of Governance hat einen auf dem Ausbau des transatlantischen Netzwerks Nordrhein-Westfalen ausgerichteten regiona- mit einem Fellowship-Programm. Dieses Fel- len Schwerpunkt. Durch vergleichende Studien lowship-Programm wird in Kooperation mit im Bereich von transatlantischen Beziehungen dem American Institute for Contemporary Ger- sowie Transitions- und Transformationsprozes- man Studies (AICGS) an der Johns Hopkins Uni- sen werden darüber hinaus überregionale For- versity in Washington D.C. durchgeführt und schungsschwerpunkte gesetzt. von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein- Transatlantische Studien Westfalen gefördert. Jährlich werden zwei Fel- Im projektbezogenen Themenschwerpunkt lows ausgewählt, die sich an der transatlanti- „Vergleichende Studien und regionaler Schwer- schen Netzwerkbildung beteiligen und in den punkt“ beschäftigt sich ein Forschungsbereich USA am AICGS vergleichend zu NRW und den mit transatlantischen Studien. Dabei wird den USA forschen. Im Mittelpunkt stehen dabei für Fragen nachgegangen, welche Zukunftsthemen Nordrhein-Westfalen relevante Forschungsfel- für Nordrhein-Westfalen und die USA gleicher- der, wie zum Beispiel Politische Steuerung, Inst- maßen von Relevanz sind, wie der transatlan­ rumente, Stile und Techniken landespolitischer tische Austausch intensiviert werden kann, Governance, Strukturpolitik, Strukturwandel, sodass beide Länder voneinander profitieren Standortpolitik sowie Politikmanagement und können sowie welche Antworten und Lösungen Politikvermittlung. Die Ergebnisse des Fellow- die USA für Herausforderungen in Nordrhein- ship-Programms werden der Öffentlichkeit in Westfalen bieten. Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt und fließen in die wissenschaftliche Diskussion Die NRW School of Governance beteiligt sich im ein. Bereich der Wissenschaft seit dem Jahr 2009 an

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Finding Security in an Age of Uncertainty: Landespolitik Nordrhein-Westfalen German and American Counterterrorism Policies Die NRW School of Governance hat einen auf Nordrhein-Westfalen ausgerichteten Fokus. Im Autoren: Frank Gadinger/Dorle Hellmuth Themenschwerpunkt „Zukunft NRW“ werden AICGS Policy Report 41 unterschiedliche Studien, Veranstaltungen und American Institute for Contemporary Expertenpanels zu den Bereichen Landespolitik German Studies, und Landesparlamentarismus veranstaltet. In- 43 Seiten, ISBN 1-933942-24-X. haltlich befasst sich der Themenschwerpunkt über NRW-spezifische Themen hinaus mit bun- Der Policy-Report analysiert aus verglei- desländervergleichender Politikforschung, poli- chender Perspektive die unterschiedlichen tischer Steuerung und Governance im Mehr­ Strategien der Terrorismusbekämpfung auf innen- und außenpolitischer ebenensystem sowie Politikbereiche mit Quer- Ebene im transatlantischen Verhältnis. Frank Gadinger beschreibt das schnittscharakter, insbesondere Migrations- deutsche Verständnis der Terrorismusbe­kämpfung, erläutert die getroffe- und Integrationspolitik. nen Maßnahmen seit dem 11. September 2001 und fokussiert sich bei sei- ner Analyse vor allem auf die deutsche Beteiligung am Kriegseinsatz in Ein Projekt der NRW School of Governance unter Afghanistan. Der Report kommt zu dem Ergebnis, dass die Veränderungen der Leitung von Prof. Dr. Andreas Blätte erforscht sowohl auf der innenpolitischen Ebene in Form neuer Anti-Terror-Gesetze diesbezüglich „Das Organisationsmodell der In- als auch auf der außenpolitischen Ebene mit dem lange Zeit öffentlich ig- tegrationsministerien“. Seit Beginn der Zuwan- norierten deutschen Einsatz in Afghanistan weitaus fundamentaler sind, derungsdebatte kommt es im Politikbereich der als dies die bisher kaum stattfindende Debatte in Deutschland vermuten Migrations- und Integrationspolitik zu Verände- lässt. Als Gründe für diese ambivalente deutsche Position lassen sich einer- rungen der Regierungsorganisation. Eine insti- seits das Fehlen einer umfassenden Anti-Terror-Strategie identifizieren, tutionelle Innovation auf der Ebene der Bundes- andererseits beschränkt die außen­politische Kultur den Handlungsspiel- länder ist die Schaffung von Integrationsminis- raum der Bundesregierung ent­scheidend. terien bzw. von Integrationsabteilungen. Das

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erste Integrationsministerium wurde in NRW Institutionen in Demokratisierungsprozessen geschaffen, weitere Bundesländer folgen die- sem Vorbild. Das Projekt „Institutionenpolitik Einen weiteren Schwerpunkt im Rahmen der für die Integration“ setzt sich mit der Genese, vergleichenden Studien stellt die Analyse von In- Diffusion und Realisierung der politischen Idee stitutionen im Prozess der demokratischen Tran- der Schaffung von Integrationsministerien aus- sition dar. einander. Das Projekt umfasst zwei unterschied- lich ausgerichtete Studien. Zum einen eine Insti- Für die demokratische Konsolidierung in Transi- tutionalisierungsstudie, die den Prozess der Ge- tionsstaaten sind formale Institutionen wie poli- nese und der Umsetzung der politischen Idee tische Parteien, transparente Parteienfinanzie- der Schaffung von Integrationsabteilungen ana- rungsregime oder demokratische Wahlsysteme lysiert. Dazu werden die Möglichkeiten der Erklä- von hervorgehobener Bedeutung. Ihnen werden rung der Schaffung der Integrationsabteilungen im Transitionsprozess entscheidende Konsoli- eruiert. Die Studie folgt einem theoretischen In- dierungsfunktionen zugesprochen. Über diese teresse an der Bearbeitung von Politikbereichen Erkenntnis herrscht weitgehend Übereinstim- mit Querschnittscharakter durch „Institutionen- mung in der Parteien- und Transitionsforschung politik“. Zum anderen eine Koordinationsstudie, – egal ob bezogen auf Osteuropa, Afrika, Asien in der untersucht werden soll, ob die mit der oder Lateinamerika. Gleichzeitig kann in den Schaffung der Integrationsabteilungen verbun- meisten Ländern dieser Kontinente – die ge- denen Hoffnungen auf eine bessere Koordinati- meinhin als „junge Demokratien“ gebündelt on integrationspolitisch relevanter Aktivitäten werden – bislang von nur schwach institutionali- erfüllt werden. sierten politischen Institutionen gesprochen werden.

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Parteienförderung im Transitionsprozess Konsolidierungsprojekt Südafrika Eine vergleichende Analyse der parteinahen 15 Jahre Post-Apartheid Stiftungen FES und KAS in Kenia und Südafrika Herausgeber: Werner Distler und Autorin: Kristina Weissenbach Kristina Weissenbach Studien der NRW School of Governance Nomos Verlag, 2010. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, ca. 376 Seiten 260 Seiten, ISBN 978-3-8329-4935-8.

Die parteinahen Stiftungen Deutschlands kooperieren seit über Wie weit ist die Konsolidierung der 30 Jahren mit Parteien in Transitionsstaaten. Dennoch war jungen Demokratie Südafrikas seit diese Form der Parteienförderung bisher nur selten Gegen- dem Ende der Apartheid und nur wenige stand empirischer Analysen: Welche Handlungsmöglichkeiten Wochen vor Beginn der ersten Fußball- besitzen die parteinahen Stiftungen auf dem Feld der Parteien- weltmeisterschaft auf afrikanischem förderung? Welche Konzepte liegen ihren Fördermaßnahmen Boden vorangeschritten? Die elf Autoren zugrunde? Wie werden diese Konzepte in der Praxis umgesetzt, des Konzeptbands diskutieren diese und welche Herausforderungen müssen dabei bewältigt Frage aus Perspektive von Institutionen werden? und politischem System, Gesellschaft Am Beispiel der Parteienförderprogramme der Friedrich-Ebert- und wirtschaftlicher Entwicklung so- und Konrad-Adenauer-Stiftung in Kenia und Südafrika geht wie regionalen und internationalen die vorliegende Studie diesen Fragen nach. Dabei stehen nicht Beziehungen. Angesichts der verhältnis- zuletzt die Voraussetzungen für erfolgreiche ‚Transformations- mäßig kurzen Zeitspanne von 15 Jahren effekte‘ durch Parteienförderung im Mittelpunkt der ver­ sind die erzielten demokratischen Er­ gleichenden Analyse. Die Arbeit konzipiert ein Phasenmodell rungenschaften Südafrikas immens. der Parteienförderung und stellt mit dem Kontinuum der Doch gesellschaftliche und soziale Probleme wie Armut, Parteieninstitutionalisierung ein Instrument zur Analyse und Arbeitslosigkeit, Ungleichheit, Kriminalität und HIV/AIDS Weiterentwicklung von Parteienförderung vor. sind der Nährboden für Konsolidierungsrückschläge.

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3.4 Policy und Governance Studien

Ein weiterer projektbezogener Themenschwer- Sprechhandlungen und kollektiven Praktiken der punkt der NRW School of Governance sind Policy Akteure im politischen Alltag sowie in politischen und Governance Studien. Innerhalb dieses Diskursen. Die sprachliche Vermittlung, das prak- Themenschwerpunkts wird der Fokus auf drei tische Wissen in Handlungsroutinen und die tiefer Forschungsgebiete gelegt: erstens die Rekons­ liegenden diskursiven Strukturen stellen nicht nur truktion von Regierungspraktiken und politischen die zentralen performativen Kräfte in der Erzeugung Diskursen in unterschiedlichen Politikfeldern politischer Realitäten dar, sie bilden auch die ent- und nationalen Kontexten, zweitens Organisa­ scheidenden Ansatzpunkte des Forschungspro- tionsformen zwischen Öffentlich und Privat jekts: Regierungspraktiken und politische Diskurse. sowie drittens neue gesellschaftliche Konflikt­ linien und der damit einhergehenden zunehmen- Politische Diskurse lassen sich als permanente den Komplexität von Politik. Aushandlung konkurrierender Narrative, Story­ lines oder Deutungsmuster begreifen, in dem Regierungspraktiken Akteure in der Überzeugungsarbeit des politischen und politische Diskurse Alltags um die sprachliche Dominanz ringen und Die zentrale Bedeutung von Wissen in der Politik versuchen, ihrem jeweiligen Deutungsangebot wird weder von politischen Entscheidungsträgern autoritative Geltung zu verschaffen. Allerdings noch von Politikwissenschaftlern bestritten. Sieht wurde in der bisherigen diskursanalytischen Aus- man Wissen jedoch nicht allein in strategischen richtung das kreative Handlungsvermögen von Interessenkalkülen oder zementierten Vorstel- Akteuren in der sprachlichen Gestaltung dieser lungen kultureller Identitäten, muss man sich Narrative nur unzureichend berücksichtigt. An damit abfinden, dass Wissen eine fließende Ka- dieser Stelle setzt das Projekt der NRW School tegorie im politischen Prozess ist, die sich nur in of Governance an: Aus einem interpretativen, übersetzter und damit verborgener Form zeigt: in methodologischen Verständnis wird versucht,

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Regierungspraktiken und politische Diskurse in Zu diesem Themenfeld werden zurzeit zwei Dis- unterschiedlichen Politikfeldern und nationalen sertationen angefertigt. Zum einen beschäftigt Kontexten zu rekonstruieren. Im Zentrum steht sich Frank Gadinger mit der Rechtfertigung von die Frage, wie intersubjektiv geteilte Deutungen Außenpolitik am Beispiel der US-amerikanischen als Narrative oder Storylines den politischen Wurzeln des „war on terrorism“. Zum anderen Diskurs dominieren und welche Rolle politische erforscht Nico Grasselt die politischen Deutungs- Akteure in der Aushandlung dieser sprachlichen angebote und Deutungsmuster in Zeiten der Konstruktionsarbeit spielen. Wie gelingt es Großen Koalition. Akteuren, Narrative zu erzeugen, in Diskursen zu intervenieren und die bestehenden Wissens­ Dipl.-Pol. Frank Gadinger: Die Rechtfertigung ordnungen damit zu verändern? Dazu wird der von Außenpolitik: Die US-amerikanischen Frage nachgegangen, welche Funktion Narra­ Wurzeln des „war on terrorism“ tive oder Deutungsmuster in der Regierungs­ Im Zentrum der Dissertation steht die Frage, praxis haben und ob sie sich im Regierungs­ wie es möglich geworden ist, dass der „war on prozess gezielt steuern oder kontrollieren lassen. terrorism“ als sinnstiftendes Narrativ der US- Weitergehende Fragen in dem Forschungsfeld Politik so dominant geworden ist. Zur Unter­ lauten: Welche Regierungspraktiken lassen suchung der Frage wird eine Untersuchungs- sich bei der Erzeugung von dominanten Narra­ heuristik entwickelt, die neuere Ansätze der tiven als besonders bestimmend identifizieren? französischen pragmatischen Soziologie mit der Wie unterscheiden sich Regierungspraktiken Außenpolitikforschung verknüpft und dadurch in unterschiedlichen Politikfeldern und natio­ außenpolitischen Wandel angemessen beschrei- nalen Kontexten? Wie unterscheiden sich poli­ ben kann. Im Kern der interpretativen Forschung tische Diskurse als Aushandlungsarenen kon­ steht die Rekonstruktion der sozialen Verhand- kurrierender Narrative in unterschiedlichen lung und Übersetzung der amerikanischen Außen- Politikfeldern und jeweiligen nationalen Kon- politikkultur – verstanden als Repertoire von sechs texten? zentralen Rechtfertigungsprinzipien – sowohl

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im außenpolitischen Entscheidungsprozess als kennzeichnet aber einen politischen Diskurs? auch in Feldern der amerikanischen Alltagswelt Was unterscheidet ihn von anderen Diskursen? (Schule, Militär, Filmindustrie). Die Entwicklung des Hier hilft zunächst ein Blick in die Sphäre, in der Narrativs „war on terrorism“ zu einem unhinter- politische Diskurse stattfinden. „Politik“ – zu jeder fragten hegemonialen Diskurs, der durch Sicher- Zeit – ist der Wettstreit verschiedener Problem- heitspraktiken eines permanenten Ausnahme- wahrnehmungen und -lösungen im öffentlichen zustands stetig reproduziert wurde, lässt sich Raum. Politische Entscheidungen sind dabei dadurch verstehen, dass es der Bush-Administ- in vielerlei Hinsicht vermittlungsbedürftig. Je ration gelang, aus dem Repertoire der amerikani- konkreter die Deutungsangebote konstruiert schen Außenpolitikkultur (Exceptionalism, Hege- werden, desto höher ist die Chance, Deutungs- monie, Liberaler Internationalismus, Militärische macht in politischen Diskursen zu erlangen. Das Stärke, Realpolitik, Technokratie), ein überzeu- Promotionsvorhaben beschäftigt sich mit den gendes Narrativ zu konstruieren, das auf allen Deutungsangeboten und Deutungsmustern der gesellschaftlichen Ebenen der USA akzeptiert Großen Koalition 2005-2009. Welche Deutungs- wurde und dadurch die nationale Identität angebote entwickelten die beteiligten Akteure stabilisierte. der Großen Koalition und welche politischen Ideen verbergen sich dahinter? Welche Deutungs- Dipl.-Soz.-Wiss. Nico Grasselt: Politische angebote und Deutungsmuster haben sich durch- Deutungsangebote und Deutungsmuster gesetzt und durch welche Diskurspraktiken wurde in Zeiten der Großen Koalition? diese Durchsetzung forciert? Diese Aspekte Zentrale politische Vorhaben werden stets durch werden nach Durchführung der handlungs­ politische Diskurse befördert oder behindert. feldbezogenen Inhaltsanalysen und Experten­ Folglich ist die Realisierung dieser Vorhaben eng interviews systematisch ausgewertet. an den Erfolg oder Misserfolg der Beeinflussung dieser Diskurse geknüpft, um Öffentlichkeit und Entscheidungseliten zu überzeugen. Was

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Organisationsformen zwischen Öffentlich und Privat

Im Rahmen des Promovendenprogramms der Governance-Formen erkennen, deren Blickwinkel Stifung Mercator geht Markus Hilz unter dem wesentlich stärker auf die Außendimension der Titel „Hybride Organisationsformen zwischen Verwaltung – etwa im Sinne von Netzwerken, an Öffentlich und Privat“ veränderten organisatio- denen beispielsweise staatliche, halbstaatliche nalen Arrangements auf den Grund. und private Organisationen beteiligt sein können – gerichtet ist. In den letzten Jahren haben neue Formen der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung, wie etwa Insofern stellt sich die Frage, welche Bedeutung Privatisierung, Outsourcing oder Public Private die Einführung ökonomischer Modelle in den Partnership, stark zugenommen. Eine typische öffentlichen Sektor für die Trabanten der staatli- Erscheinung dieser Governance-Anordnungen chen Verwaltung inter- und intraorganisatorisch sind Organisationsformen zwischen politisch- hat und wie sich die Interaktionsformen dadurch administrativem System und Wirtschaftssystem. verändern. Im Fokus der Studie befinden sich insbesondere organisationale Netzwerke sozialer Im Rahmen des New Public Management (NPM) Dienstleistungen am Arbeitsmarkt und sozialer In- unterlag die öffentliche Verwaltung seit Anfang frastrukturprojekte aus vergleichender Perspektive. der Neunziger Jahre ganz massivem Reform- druck. Nun legen Wissenschaft und Praxis den Um theoretische Aussagen in diesem Bereich Schluss nahe, dass neben diesen, sehr stark die empirisch unterfüttern zu können, wurden im Binnenperspektive der Verwaltung betonenden Rahmen des Forschungsvorhabens Dokumen- Reformen, zunehmend auch das organisationale tenanalysen und Experteninterviews bei derar- und politische Umfeld der Verwaltungen in den tigen institutionalisierten Organisationsformen Blick geraten sollte. Es lassen sich unterschiedliche durchgeführt.

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Neue Gesellschaftliche Konfliktlinien Hintergrund entsprechender Konflikte – geför- Der Themenschwerpunkt „Neue Gesellschaftli- dert werden? Wie kann man die Qualität der De- che Konfliktlinien“ befasst sich mit den Folgen mokratie durch mehr Beteiligung von Bürgerin- und Auswirkungen einer zunehmend komple- nen und Bürgern verbessern und somit die Res- xen Politik. Neue und sich kontinuierlich wan- ponsivität politischer Institutionen für neue delnde Lebenswelten lösen die großen gesell- Konflikte verbessern – speziell auf der kommu- schaftlichen Lager ab, und während bestimmte nalen Ebene? gesellschaftliche Konflikte bestehen bleiben, bilden sich neue Konfliktlinien heraus. Exempla- Diese Fragen bedürfen der sozial- und politik- risch seien hier genannt: die Abkoppelung und wissenschaftlichen Aufarbeitung durch For- Entstehung einer neuen unteren Mittelschicht, schungsvorhaben. Die Welker Stiftung fördert die nicht mehr solidarisch, sondern oppositio- daher seit 2008 zwei Stipendiaten, die sich mit nell zu werden drohende Gegenüberstellung ihren Arbeiten an der Frage nach den neuen ge- von „Jung“ und „Alt“ – bekannt als die demogra- sellschaftlichen Konfliktlinien orientieren. Stefa- fische Frage – oder auch die teils drohende, teils nie Neuffer befasst sich mit Frauen am Arbeits- real stattfindende Abkoppelung und Entste- markt und Prekarität sowie dem wechselseiti- hung von Teilgesellschaften, wie Migrations- gen Zusammenhang von Familienleitbildern und Integrationsfragen. und Frauenerwerbstätigkeit, wohingegen Ste- fan Vorderstraße den Faktor Zeit in Prozessen Die Leitfragen dieses Forschungsfelds sind dem- politischer Problemverarbeitung und die Her- zufolge: Welche Anforderungen an die Parteien ausforderungen sozialer Gleichzeitigkeit an die sowie das politische System als Ganzes stellen Politik in der modernen Gesellschaft eruiert. neue gesellschaftliche Konfliktlinien? Wie kann das friedliche und tolerante Miteinander in einer von einem weitreichenden Strukturwandel er- fassten Region wie dem Ruhrgebiet – vor dem

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Dipl.-Soz.-Wiss. Stefanie Neuffer: Frauen am Arbeitsmarkt und Prekarität – Zum wechselseitigen Zusammenhang von Familienleitbildern und Frauenerwerbstätigkeit

Die Diskussion um die Erosion des Nor- weitung sozialer Unsicherheit einher. sammenhang von malarbeitsverhältnisses in Deutschland Unterschiedliche Beschäftigungsformen prekärer Beschäfti- ist keine neue Debatte, sondern hält bergen unterschiedliche Prekaritäts­ gung und Geschlecht. bereits seit vielen Jahren an. Arbeitsver- potenziale für die Betroffenen im Um diese Fragen be- hältnisse, die nicht dem Nor­mal­ Bezug auf die materielle und soziale antworten zu kön- arbeitsverhältnis entsprechen – also Sicherung, aber auch auf die Chancen nen, wird untersucht, nicht stabil und dauerhaft, sozial abge- zur beruflichen Weiterbildung und Auf- welche Anreize und sichert und in abhängigen Vollzeitar- stiegschancen, die Beschäftigungssta- Barrieren vom deut- beitsverhältnissen organisiert sowie bilität und Benachteiligung. Atypische schen Sozialstaat und mit einem entsprechenden Einkommen Beschäftigungsverhältnisse, denen ein dem rechtlich-insti- verbunden sind, nicht der Weisungs­ erhöhtes Prekaritätspotenzial zuzu- tutionell verankerten gebundenheit des Arbeitgebers unter- schreiben ist, werden besonders stark Familienleitbild sowie vorherrschenden liegen und/oder keine Möglichkeit zur von Frauen eingegangen. Fast jede zwei- Arbeitsmarktstrukturen ausgehen, die betrieblichen Mitbestimmung bieten – te Frau in Deutschland ist atypisch be- zu unterschiedlichen Erwerbssituatio- nehmen in ihrem Ausmaß in Deutsch- schäftigt. Somit besteht ein erheblicher nen und -biografien bei Frauen und land zu. Die Ausweitung der atypischen Zusammenhang zwischen atypischer Männern führen. Weiterhin wird mittels Beschäftigungsformen, also insbeson- Beschäftigung und Geschlecht bzw. vor- quantitativer Datenanalyse untersucht, dere der geringfügigen und sozialversi- herrschenden Geschlechterrollen und in welchen Haushaltskonstellationen cherungspflichtigen Teilzeitarbeit, der Fa­milienleitbildern. Da atypischen Be- prekär Beschäftigte leben und inwieweit Leiharbeit und der befristeten Beschäf- schäftigungsverhältnissen auch ein er- im Haushaltskontext Prozesse der tigungsverhältnisse sowie der Niedrig- höhtes Prekaritätsrisiko zugeschrieben Ent-Prekarisierung beobachtet werden lohnbetroffenheit, geht mit einer Aus- wird, stellt sich die Frage nach dem Zu- können.

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Stefan Vorderstrasse, M.A.: Der Faktor Zeit in Prozessen politischer Problemverarbeitung: Eine Analyse der Herausforderungen sozialer Gleichzeitigkeit an die Politik in der modernen Gesellschaft Das Verhältnis von dem sie über verschiedene Einrichtun- Politik(-beratung) und gen und Formen der Politikberatung Zeit wird in der Politik- gerecht zu werden versucht. wissenschaft oftmals Der Fokus des Forschungsvorhabens vernachlässigt. Vor dem liegt deshalb auf der Untersuchung der Hintergrund der funk­ Bedeutung des Faktors Zeit im Zusam- tional differenzierten menhang mit Strukturen und Prozes- Gesellschaft stellen sen der Politikberatung – einem bisher typische Beschleuni- gänzlich unbearbeiteten Forschungs- gungsprozesse der feld. Auf der Folie systemtheoretischer (Post-)Moderne die Konzepte soll der Frage nachgegangen Politik vor große Herausforderungen: werden, ob und mit Hilfe welcher Bera- Die verschiedenen gesellschaftlichen tungseinrichtungen und -formen Poli- Teilbereiche, wie die Wirtschaft oder tik den Anforderungen sozialer Gleich- die Massenmedien, operieren nicht nur zeitigkeit in der modernen Gesellschaft gleichzeitig (soziale Gleichzeitigkeit), gerecht werden kann. sondern auch unterschiedlich schnell oder langsam (divergierende Zeithori- zonte). Politik wird auf diese Weise mit einem enormen Koordinierungs- bzw. Synchronisationsbedarf konfrontiert,

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3.5 Haniel Master Course 2009-2010

Der Haniel Master Course vermittelt Nach- che Einrichtungen, die Politikberatung in Fach- wuchskräften fundiertes und anwendungsori- ressorts als Zusammenspiel zwischen administ- entiertes Expertenwissen über verschiedene rativer und politischer Führung sowie die Politik- Aufgabenprofile ihres späteren Berufslebens. Es beratung innerhalb einer Fraktion. Für die handelt sich um eine wöchentliche Veranstal- Studierenden des dritten Semesters lautete das tungsreihe, die über diese praxisbezogenen Im- Thema: „Bausteine und Strategien der Verwal- plikationen hinaus jedes Semester einen neuen tungspolitik“. Im Rahmen dieses Kurses wurden thematischen Schwerpunkt setzt. unter anderem Problematiken wie die Haus- haltskonsolidierung, die Vermittlung von Ver- Durch einen personalisierten Gedankenaus- waltungsthemen durch die Medien, Korrupti- tausch mit Praktikern aus Politik, Wirtschaft und onsbekämpfung, New Public Management so- Zivilgesellschaft können die Teilnehmer Einblick wie die Rolle von Staatsleitbildern aus parteipoli- in verschiedene Berufsfelder erlangen. Für die tischer Perspektive thematisiert. Organisation und Durchführung des Haniel Master Course wurde die Haniel Stiftung als Pro- jektpartner gewonnen.

Highlights aus den Jahren 2009-2010 Im Wintersemester 2008/09 beschäftigten sich die Studierenden des ersten Semesters mit der Thematik: „Politikberatung: Strategien, Instru- mente, Stile des modernen Regierens“. Im Fokus dieses Kurses stand unter anderem die Politik- beratung durch Think Tanks und wissenschaftli-

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Haushaltskonsolidierung im föderalen Mehrebenensystem Hans Eichel zu Gast im Haniel Master Course

Exklusiv für Studierende des Haniel Master Course, unter Leitung von Prof. Dieter Grunow, hielt der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel, MdB im Februar 2009 einen Vortrag über die Schwierigkeiten der Haushaltskonsoli- dierung im föderalen Mehrebenensys- tem und stellte sich im Anschluss inter- essierten Nachfragen der Studieren- den. Bewusst verzichtete Eichel dabei auf kleinteilige Zahlen und Fakten, sondern versuchte den Studierenden die größe- ren Zusammenhänge der Finanzpolitik näherzubringen. Ein Hauptaugenmerk richtete er dabei nicht nur auf die euro- päische Ebenen, sondern auch auf die veränderten Bedingungen während Krisenzeiten.

84 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Im Wintersemester 2009/10 befassten sich die Studierenden des ersten Semesters im Rahmen des Haniel Master Course mit dem Thema „Poli- tikberatung: Strategien, Instrumente, Stile des modernen Regierens“ unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Blätte. Im Dialog mit Prof. Dr. Andrea Römmele von der International University in Bruchsal hatten die Studierenden die Möglich- keit, das komplexe Feld der Politikberatung kon- kreter zu erfassen und erhielten interessante Einblicke in die praktische Tätigkeit und die Ver - zahnung von Sach- und Machtfragen. Des Wei- „Strategische Kommunikation und Diskursinter- teren wurde in diesem Kurs über Politikberatung vention in der Großen Koalition“ war das Thema in Form von Lobbying sowie Politikberatung un- des Haniel Master Course im Sommersemester ter dem Einfluss nationaler Rahmenbedingun- 2009. Gegenstand der Diskussion waren in die- gen und Traditionen und die spezielle Rolle von sem Kurs die politische Führung im Rahmen der Think Tanks in diesem Beratungsfeld themati- vergleichenden Leadership-Führung, die politi- siert. Höhepunkte in diesem Kurs waren vor al- sche Diskursführung der Regierungsparteien, lem die Berlinexkursion sowie der Besuch von der gesundheitspolitische Diskurs der Großen Dr. Frank Fischer von der Rutgers University New Koalition sowie der Rentendiskurs und die Re- Jersey, der einen Gastvortrag zum Thema „Policy Marktplatz der Ideen – form der Rente mit 67. Im Rahmen einer Exkursi- Expertise in Public Deliberation“ gehalten hat. Studierende des Haniel Master on in die nordrhein-westfälische Landeshaupt- Course in der Bundeshauptstadt stadt erhielten die Studierenden zudem Einblicke Berlin in die politische Praxis.

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Politischer Diskurs in allen Facetten

Während der Exkursion des HANIEL parlamentarischer und öffentlicher Master Course in die Landeshauptstadt Arena zu diskutieren. Düsseldorf im Juni 2009 konnten die Im Anschluss hatten die Kursteilnehmer Studierenden die Bedeutung von politi- die Gelegenheit, Andreas Hahn zu tref- schen Diskursen in der Praxis aus ver- fen, Mitarbeiter von Butter, eine Agentur schiedenen Perspektiven betrachten und für Werbung, die auch eine Reihe von SPD diskutieren. Programmpunkte waren da- Wahlkampfkampagnen koordiniert hat. bei ein Besuch des Landtags Nordrhein- Der letzte Programmpunkt war ein Be- Westfalen, der Werbeagentur Butter such des WDR Studios in Düsseldorf. und des WDR Landesstudios. Nach einer Führung durch die Hörfunk- In einem ersten Programmpunkt und Fernsehstudios, diskutierte die wohnten die Master-Studierenden auf Gruppe mit dem stellvertretenden Lei- der Besuchertribüne einer von CDU und ter der Redaktion Landespolitik, Jochen FDP beantragten „Aktuellen Stunde“ im Trum. Der politische Diskurs in der Plenarsaal des Landtags bei. Anschlie- Mediendemokratie war dabei ebenso ßend trafen sie den damaligen CDU- Thema, wie die Arbeitsweisen im Re- Generalsekretär Hendrik Wüst (MdL), daktionsalltag bezüglich Informations- um den politischen Diskurs zwischen selektion und Agenda Setting.

Jochen Trum (links), Hendrik Wüst (Mitte) Andreas Hahn (rechts)

86 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Deliberation kann Wissenschaft, Politik und Bürger vereinen

Im Rahmen des Haniel Master Course und Betroffene verständliches Politik- „Politikberatung: Strategien, Instru- feld zu kreieren, hat Dr. Fischer ein Ana- mente, Stile des modernen Regierens“ lysemodell vorgestellt, das die Lücke von Professor Andreas Blätte, hat Dr. zwischen wissenschaftlicher Expertise Frank Fischer von der Rutgers Universi- und der sozio-kuturellen Wahrneh- ty New Jersey im Januar 2010 einen mung eines Problems überwinden soll. Gastvortrag zum Thema „Policy Exper- In seinem Fazit wies Fischer auf die Be- tise in Public Deliberation“ gehalten. deutung von deliberativen Elementen Unter der Leitfrage, welche lebenswelt- der Politikberatung hin, um die Partizi- lichen Rationalitäten berücksichtigt pationsmöglichkeiten der Bürger zu werden müssen, um ein für alle Akteure steigern. Die Wissenschaft dagegen müsse sich von dem rati- onalen Wissenschafts- denken trennen und ver- stärkt sozio-kulturelle Faktoren in ihre Expertise einbeziehen, um ein ge- genseitiges Verständnis zu schaffen. Bei einem anschließenden Empfang hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, mit Prof. Fi- scher über seine Arbeiten zu diskutieren.

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Die Studierenden des dritten Semesters besuchten Unter dem Thema „Politische Akteure und stra- im Wintersemester 2009/10 den Haniel Master tegische Kommunikation in modernen Gesell- Course „Praxis der Politikgestaltung: Verhan- schaften“ wurde der Haniel Master Course im deln, Vermittlen, Kommunizieren“, der als Sommersemester 2010 angeboten. Hier gab Anwendungsmodul des Master-Studiengangs es die Gelegenheit, exklusiv mit Experten über angelegt ist. So erlernten die Studierenden hier Fragen des strategischen Kommunikations­ zum Beispiel, im Rahmen eines Workshops unter managements in Politik, Wirtschaft und Medien der Leitung von Dr. Alexander Schmidt-Gerning – zu diskutieren. Über strategische Kommunika­ Redenschreiber des damaligen Ministerpräsiden- tion in Politik und Wirtschaft berichtete der ten Jürgen Rüttgers – politische Reden zu ver­ Vordenker und Strategieexperte Wolfgang fassen und im Medientraining mit dem WDR- Nowak, Reformkommunikation am Beispiel Medienexperten Harald Brand das richtige der Agenda 2010 war das Thema von Florian Verhalten vor der Kamera. Im Rahmen einer Gerster, Hans-Hermann Langguth von der öffentlichen Veranstaltung diskutierten sie mit Agentur „Zum Goldenen Hirschen“ und Frank dem ehemaligen MTV Moderator Markus Kavka Stauss von der Düsseldorfer Werbeagentur zu dem Leitthema „Wandel der öffentlichen „Butter“ referierten zum Thema „Strategien Kommunikation: Neue Formate der Politikver- politischer PR und Wahlkampfkommunikation mittlung“ über Tendenzen der Mediatisierung, und der bekannte Fernsehproduzent und neue Webformate und die daraus entstehenden Journa­list Friedrich Küppersbusch diskutierte Möglichkeiten und Kon­sequenzen für die Politik mit den Studierenden schließlich über strate­ und Strategien der Politikvermittlung. gische Kommunikation in den Medien.

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Erfolgreiche Reformkommunikation Florian Gerster zu Gast im Haniel Master Course

Am Beispiel der Arbeitsmarktpolitik kation des Kommunikators mit der zu haben die Studierenden der NRW School vermittelnden Reform. „Man muss erst of Governance im Rahmen des Haniel selbst glauben was man sagt, bevor man Master Course „Politische Akteure und es kommuniziert“, so der ehemalige strategische Kommunikation in mo­ Landes- und Bundesparlamentarier. dernen Gesellschaften“ mit Florian Gerster, dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit, über die Notwendigkeit einer erfolgreichen Reformkommunikation diskutiert. Nach einer Einführung in die Thematik der Reformkommunikation vermittelte Florian Gerster wertvolle Erfahrungen rund um das Thema. Besonders bezog sich der ehemalige Minister für Arbeit und Soziales des Landes Rheinland- Pfalz auf die Kommunikation der Hartz- Gesetze. Gerster, der sowohl mit der parlamentarischen als auch mit der ad- ministrativen und ökonomischen Kom- munikationsarena vertraut ist, betonte explizit die Notwendigkeit der Identifi-

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3.6 Gastprofessuren für Politikmanagement der Stiftung Mercator

Das Institut für Politikwissenschaft an der Univer- mit seiner exzellenten politikwissenschaftlichen sität Duisburg-Essen bietet in der deutschen Ausbildung und Forschung zusätzlich gestärkt. Hochschullandschaft ein außergewöhnlich viel- Die Nutzung externer Kompetenzen für die seitiges und hochwertiges Portfolio aktiv leh- Dauer der Verleihung der Professur von jeweils ein bis zwei Semestern ermöglicht die Ergänzung der Lehre um weitere Schwerpunkte innerhalb der Thementrias von Politikmanagement, Public Policy und öffentlicher Verwaltung – so kann das Lehrangebot und die Forschungsbreite er- gänzt und erhöht werden.

Die Träger der Gastprofessur für Politikmanage- ment der Stiftung Mercator werden dabei voll- ständig in die Lehre und Forschung einbezogen und bieten den Studierenden die Vermittlung der Inhalte ihres spezifischen Kompetenzfeldes. Die Träger der Gastprofessur für Politikmanagement der Stiftung Mercator sind u. a. in folgenden Be- rufskontexten tätig: Inhaber einer Universitäts- oder Hochschulprofessur, Forschende in der render Universitätsprofessuren. Durch die Einrich- Wissenschaft, an einer Forschungseinrichtung tung der Gastprofessur für Politikmanagement oder einem -institut, einer Stiftung oder einer der Stiftung Mercator wird der Universitäts- Hochschule, sowie berufstätige Experten aus standort in der Metropolregion des Westens Politik, Verwaltung, Medien und Verbänden.

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Sommersemester 2009: Dr. Antje Vollmer Bücher und Filme bewegt. Dr. Antje Vollmers Im Sommersemester 2009 wurde die Gast­ Engagement in einem so sensiblen und politisch professur für Politikmanagement an Dr. Antje verminten Thema war damit zugleich ideales Vollmer, ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Anschauungsmaterial, um ihr persönliches Bundestages und Abgeordnete für BÜNDNIS 90/ Politikmanagement zu verstehen – und davon DIE GRÜNEN verliehen. An fünf Terminen nahm zu lernen. sich die ehemaligen Bundestagsabgeordnete exklusiv für Studierende des Master-Studien- Thema des zweiten Seminars war die Einführung gangs die Zeit, um zu verschiedenen Themen eines neuen Stiftungsrechts in Deutschland aus Rede und Antwort zu stehen. Die Initiative Sicht des Politikmanagements. Äußerst anschau- des Dialogs mit inhaftierten RAF-Terroristen zu lich erklärte Dr. Antje Vollmer den Studierenden Beginn der 1980er Jahre war Gegenstand des und Promovenden der NRW School of Gover- ersten Exklusivseminars von Dr. Antje Vollmer. Ein nance, wie sie im Jahr 1997 die Idee, das Stiftungs- Thema, welches bis heute auch die aktuelle Ge- wesen zu reformieren, auf die politische Agenda neration Studierender, die nicht durch diese Phase bringen konnte und welchen systemischen und deutscher Geschichte sozialisiert wurde, durch personellen Blockaden sie dabei begegnete. Schnell wurde hierbei deutlich: Es sind viele differenzierte Verhandlungsprozesse nötig, um eine Idee in die Praxis umsetzen zu können.

In einer öffentlichen Vorlesung am 08. Juni 2009 war Vollmer zu Gast bei der Stiftung Mercator und beschäftigt sich mit dem Thema „China-Tibet“. Bei dieser Gelegenheit präsen- tierten Dr. Bernhard Lorentz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stiftung Mercator, und

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Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, Direktor der NRW reichen tätig, unter anderem war er Gründer von School of Governance, stolz die neue Gastpro- SPIEGEL TV sowie Chefredakteur des Nachrichten- fessorin. „Wir suchen Akteure wie Frau Vollmer“, Magazins DER SPIEGEL. Der Autor und Medien- erklärte Univ.-Prof. Dr. Karl Rudolf Korte. „Denn sie profi behandelte in mehreren Seminaren und lebt nicht nur von anekdotischer Empirie, sondern einer öffentlichen Vorlesung folgende Themen- verleiht ihren Aussagen auch einen analytischen bereiche: Welche Bedeutung haben die Massen- Rahmen.“ In Anlehnung an ihre Vorlesung zum medien für die bundesdeutsche demokratische Thema „Chancen für einen Dialog in der China- Ordnung? Wie gestaltet sich die Praxis der Politik- Tibet-Frage“, hat Antje Vollmer mit den Master- vermittlung aus der Perspektive eines heraus­ Studierenden anschließend die Initiative „deutsch- ragenden Journalisten und Chefredakteurs? chinesischer Rechtsdialog“ diskutiert. Im Jahr 2001 hat sie als Mitinitiatorin den deutsch-chinesischen Seine Antrittsvorlesung hielt er unter dem Thema Rechtsstaatsdialog als neues Instrument etab- „Der Mauerfall – Die medialste Revolution der liert und dadurch ein Mittel geschaffen, um den Welt“ ab. „Ich möchte berichten, was ich selbst politischen Diskurs mit China wieder vorantrei- erlebt habe“, erklärte der Journalist den rund ben zu können. Der Rechtsstaatsdialog löste Dis- 300 Studierenden zu Beginn seiner ersten Vor­ kussionen zum Thema Menschenrechte ab, den lesung. Die Wahrnehmung des deutschen Eini- die Chinesen eher nachlässig verfolgt hätten. gungsprozesses aus Sicht des Journalisten und die besondere Rolle der Medien standen dabei im Sommersemester 2010: Stefan Aust Mittelpunkt der Veranstaltung. So habe der ehe- Im Sommersemester 2010 verlieh die NRW School malige Spiegel-Chefredakteur am 9. November of Governance in Kooperation mit der Stiftung 1989 bewusst entschieden, ein Fernsehteam am Mercator die Gastprofessur für Politikmanage- Grenzposten an der Bornholmer Straße in Berlin ment der Stiftung Mercator an den renommierten zu positionieren, um später festzuhalten, wie und preisgekrönten Journalisten und Autor Stefan die ersten Ostberliner am Grenzposten vorbei Aust. Er war journalistisch in verschiedenen Be- in den Westen strömten. „Es war die wohl best-

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gefilmte Revolution der Welt“, erklärte Aust und betonte hierbei die besondere Macht der Bilder. „Die Wiedervereinigung war ein Fernsehereig- nis“, so Aust. Denn nicht das geschriebene Wort, sondern das gezeigte Bild bestimme die Ge- schichte. Anhand des Mauerfalls verdeutlichte Aust auch die beschleunigende Wirkung der Massenmedien und den Einfluss technischer Entwicklungen. Aus dieser historisch verglei- chenden Perspektive schilderte er in weiteren Veranstaltungen die Bedeutung der Massenme- dien für die bundesdeutsche demokratische Ord- nung und den Wandel von Medienfunktionen sowie die praktische Ausgestaltung der media- len Politikvermittlung. Bundesregierung wollte sich und der Öffentlich- In einem Seminar mit den Master-Studierenden keit nicht eingestehen, dass in Afghanistan Krieg diskutierte Stefan Aust am Beispiel des Afgha- herrscht“, erklärte Aust, „daher haben sie alles nistan-Einsatzes der Bundeswehr den strategi- vermieden, was in der Öffentlichkeit nach Krieg schen Zusammenhang von Politik und Medien aussah.“ So habe die Realität lange verdrängt und die Verantwortung der Akteure gegenüber werden können. Am Beispiel Afghanistan zeigte der Öffentlichkeit. Im Mittelpunkt stand die Aust außerdem Grenzen der Medienmacht auf. Frage, wie politische Akteure den medialen So könne man von Medien nicht erwarten, Druck und öffentliche Forderungen nach einer grundsätzliche politische Entscheidungen zu er- Ausrüstungsverbesserung der Soldaten in zeugen. „Medien sind nur zur Berichterstattung Afghanistan lange Zeit ignorieren konnten. „Die da“, resümierte Aust. Gleichzeitig kritisierte der

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Journalist den Trend zur leichtgläubigen „Main- Auftritt in der Elefantenrunde 2005 als „Stern- stream-Gesellschaft“. „Wenn die Menschen stunde des Deutschen Fernsehens – authentisch, nichts über Afghanistan lesen wollen, berichten ehrlich und emotional“. die Medien auch nicht darüber“, erklärte der Gastprofessor und rief zu mehr Mut und kriti- Stefan Aust stellte sich als einen Gastprofessor scher Berichterstattung auf. dar, der sehr facettenreich ist und sich als Experte für viele Themen erwiesen hat. Neben den Ver- Unter dem Titel „Das System Schröder – Strate- anstaltungen im Rahmen der Gastprofessur hat gische Kommunikation von Politikern und die er ein Interview für die Ausgabe „‘Wenigstens Verantwortung der Medien“ stand ein weiteres verdanken wir ihm den Tatort‘. Der Föderalismus – Seminar von Stefan Aust. Zunächst wurde das Ver- Aktuelle Perspektiven“ des hammelsprungs ge- hältnis des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard geben. Damit hat er seine Expertise zu einem Schröder und den Medien, speziell dem Magazin weiteren Lehr-Thema des Master-Studiengangs Spiegel, analysiert. So wies Aust den Vorwurf „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche einer Medienkampagne gegen den Alt-Bundes- Verwaltung“ bewiesen. Hier sind Auszüge aus kanzler von sich und bezeichnete Schröders dem Interview.

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„Der Föderalismus kommt der Globalisierung sehr entgegen“ – Stefan Aust im Interview im Studierendenmagazin „hammelsprung“ im April 2010. Autor: Alexander von Freeden

Herr Aust, schon häufiger haben Sie die Menschen sehr viel schneller ver­ heute Helmut Schmidt dazu befragen, kritisch Stellung zum deutschen Fö­ loren. Sich als Bayer oder Niedersachse dann wird er antworten, dass das damals deralismus bezogen – würden Sie zu identifizieren, kann dieses Gefühl für sehr fortschrittlich gehaltene gemein- ihn aber auch verteidigen, etwa vor der Verlorenheit ein Stück weit auf­ schaftliche Finanzierungsprojekt – etwa staunenden Besuchern aus Japan? fangen (…). im Bildungsbereich – ein großer Fehler Ja, das würde ich. Zunächst einmal hat Der deutsche Föderalismus krankt je- war. der deutsche Föderalismus tiefe his­ doch an einigen Ineffizienzen. Wie Inwieweit können die Medien dazu torische Wurzeln: Deutschland ist könnte denn das Verhältnis zwischen beitragen, die Umgestaltung des Föde- schließlich aus vielen kleinen Fürsten- Bund und Ländern besser geregelt ralismus auf die Agenda zu setzen? tümern entstanden, deren Zuschnitt werden? Viel! Zum Beispiel habe ich im Jahr 2003 auch die großen regionalen Unter­ Das schwerwiegendste Problem über- eine Titelgeschichte in Auftrag gege- schiede reflektierte. Zum anderen sehe haupt ist die unklare Verteilung der ben mit der Forderung, das Grundge- ich, dass in einer zunehmend globalen Zuständigkeiten. In vielen Bereichen ist setz komplett zu überholen. Der Föde- Gesellschaft, in der die Unterschiede es höchst problematisch, dass der Bund ralismus sollte einmal wirklich unter die zwischen den Staaten verschwimmen bezahlt, die Länder aber darüber be- Lupe genommen werden. Diese Ge- und die Grenzen durchlässiger werden, stimmen – oder umgekehrt. Ich denke, schichte – Thomas Darnstädt hat sie sich bei vielen Leuten eine Rückbe­ dass es viel besser wäre, die finanzielle geschrieben – hat damals wirklich viel sinnung auf die Region vollzieht. Und Verantwortung der Ebene zu übertra- in Bewegung gesetzt, das muss ich insofern kommt der Föderalismus – gen, die auch die inhaltlichen Kompe- schon sagen. Sie war einer der Anstöße auch wenn sich das zunächst absurd tenzen besitzt. Dieser Meinung sind dafür, dass es die Föderalismuskom­ anhört – der Globalisierung sehr ent­ auch diejenigen, die die Gemeinschafts- mission gegeben hat. Ihr Ergebnis, also gegen, denn in einem zentralistischen aufgaben zur Zeit der ersten großen Ko- die Föderalismusreform I, ließ jedoch zu Staat wie in Frankreich fühlen sich alition eingerichtet haben. Wenn Sie wünschen übrig.

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3.7 Studentische Initiativen

Die NRW School of Governance unterstützt Initi- herausgegeben wurde, heißt so. Kooperations- ativen, die aus der Studentenschaft heraus gebo- partner sind die Design-Fachbereiche der Fach- ren werden. In den letzten beiden Jahren gehör- hochschulen Düsseldorf und Dortmund. Ziel der ten dazu das von Master-Studierenden heraus- unkonventionellen Studierendeninitiative ist, gut gegebene Politmagazin „hammelsprung“, von lesbare und interessant gestaltete Beiträge zu dem bereits die dritte Ausgabe erschienen ist. aktuellen politischen Debatten zu liefern. Ge- Darüber hinaus entwickeln die Studierenden des sellschaftliche Fragestellungen sollen aus ver- Master-Studiengangs jedes Jahr im Rahmen der schiedenen Perspektiven beleuchtet werden, um Taskforce Politikmanagement ein reales Projekt Anstöße für eine differenzierte Auseinanderset- mit politischem Bezug, das sie in die Praxis um- zung mit dem jeweiligen Themenschwerpunkt setzen. In den Jahren 2009 und 2010 gehörten zu ermöglichen. dazu folgende Projekte: DuisBürger gesucht, Imagekampagnen und die Landtagswahl NRW. Zum Ende des Superwahljahres 2009 stand das Spannungsfeld „Politik und Internet – Strohfeuer hammelsprung und Dauerbrenner“ im Mittelpunkt der 72-seitigen Mit „hammelsprung“ wird nicht nur ein beson- Erstausgabe im Sonderformat. Diese beiden deres parlamentarisches Abstimmungsverfahren Begriffe sind spätestens seit der Wahl Barack bezeichnet, bei dem die Abgeordneten den Plenar- Obamas auch in der breiten Öffentlichkeit eng saal verlassen und ihn zur Zählung ihrer Stimmen miteinander verbunden. Beleuchtet wird, wie das durch eine von drei Türen betreten, die jeweils Internet neue Formen des sozialen und politischen für Ja, Nein oder Enthaltung stehen. Auch ein kos- Miteinanders provoziert – mit weitreichenden tenloses „Magazin für politische Entscheidungen“, Folgen für die Kommunikation in Politik, Wirt- das im Dezember 2009 erstmals von Master- schaft und Gesellschaft. Einzelbeiträge befassen Studierenden der NRW School of Governance sich unter anderem mit dem Internet als Garant

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für Meinungsfreiheit, terroristischen Drohge- miteinander verschränkt, von bärden im Internet, YouTube als europäischer der kommunalen Ebene bis hin- Dialogplattform, twittern als Politikum, im Krieg auf auf das rutschige Parkett der mit staatlichen Filtern oder auch den Chancen EU. Die Vielseitigkeit des Themas und Risiken von Computerspielen. Führende ist evident – jedoch ist es das Politiker geben Auskunft zu ihren Erfahrungen Ziel dieser Ausgabe, auch neue und Einschätzungen zum Online-Wahlkampf. Perspektiven zu eröffnen sowie aktuelle Debatten zum Födera- Im Frühjahr 2010 erschien die zweite Ausgabe lismus gewinnbringend zu er- des hammelsprungs. Themenschwerpunkt der gänzen. Ausgabe mit dem Titel „Wenigstens verdanken wir ihm den Tatort“ ist der Föderalismus. Erneut „Die neue Zeitschrift ist ein konnten namhafte Autoren und Interviewpartner gutes Beispiel dafür“, so Univ.- wie etwa Stefan Aust oder Jürgen Trittin für Bei- Prof. Karl-Rudolf Korte, „dass in träge gewonnen werden. Zentral ist in dieser der NRW School of Governance Ausgabe die Frage, was Brüssel mit Landespolitik auf das Engagement zurück­ aus Düsseldorf und letztlich sogar mit einem Fa- gegriffen wird, das jeder der denkreuz gemeinsam hat, das Sonntagabends Master-Studierenden mit ein- regelmäßig über deutsche Bildschirme flimmert? bringt: ein sehr kreatives Labor Thematischen Anlass für diese hammelsprung- von vielfältigen bundesweiten Universitätsab- Ausgabe lieferte die Landtagswahl in NRW: Ab- schlüssen, eigenen persönlicher Erfahrungen seits allerdings von kurzatmiger Wahlberichter- und selbstständigem Engagement. So können stattung liegt der Fokus auf dem Föderalismus – wir als Lehr- und Lerngemeinschaft riskantes diesem komplexen Ordnungsprinzip, das den Denken, das Alternative und Provokation im Ver- Staatsaufbau der Bundesrepublik konstituiert hältnis zu etablierten Bedeutungen, Werte und und letztlich alle politischen Prozesse regelt und Logiken sein will, gemeinsam praktizieren.“

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Isabelle Sonnenfeld und Alexander von Freeden, die Chefredakteure des hammelsprungs, im Interview – erschienen in dem Studierendenmagazin „pflichtlektüre“ im Februar 2010:

bereichen und schaffen dadurch eine Der Ausdruck „Hammelsprung“ be- große Vielfalt. Der „hammelsprung“ ist zeichnet ein politisches Abstimmver- aber nicht nur was für Politik-Studenten, fahren. Wie sind Sie auf den Namen auch meine Mutter kann das Magazin gekommen? lesen und verstehen. Sonnenfeld: Wir wollten einen neutralen Gibt es denn nicht schon politische Namen, der etwas Politisches aussagt. Magazine, die diese Themen abdecken? Von Freeden: Vor allem einen Namen, Sonnenfeld: In dieser Form nicht. Es gibt der neugierig macht. Der Ausdruck an der Uni Duisburg zwar diverse Ma- „Hammelsprung“ ist zwar ein gängiger gazine, wir wollten aber kein Campus- politischer Begriff, doch die Bedeutung magazin machen, das vor der Mensa ver- kennt kaum einer. Ich werde oft gebe- teilt wird. Wir wollten was Handfestes ten, den Namen zu erklären. Das schafft machen mit mehr Substanz. direkt Aufmerksamkeit. Was zeichnet den „hammelsprung“ Wer hatte die Idee, ein Magazin her- Im Winter 2009 erschien die erste Aus- Ihrer Meinung nach aus? auszugeben? gabe. Wie waren die Reaktionen? Sonnenfeld: Wir versuchen, Politik so Sonnenfeld: Alex hatte die Idee, ein po- Von Freeden: Durchweg positiv. Allein darzustellen, dass jeder etwas im litisches Magazin zu machen, Anfang das Cover und das Layout kamen super Magazin findet, das ihn anspricht und November 2008. Wir haben dann per an. Die meisten hatten wohl weniger interessiert. Dazu beleuchten wir politi- E-Mail zu einem Treffen eingeladen, um erwartet und waren alleine vom Aus­ sche und gesellschaftliche Themen aus die Idee Interessierten vorzustellen. Die sehen des Magazins begeistert – ohne verschiedenen Perspektiven. Die Autoren erste Redaktionssitzung fand dann im die Texte überhaupt gelesen zu haben. kommen aus unterschiedlichen Fach- Januar 2009 statt. Wie finanziert sich das Magazin?

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Taskforce Politikmanagement Im Master-Studiengang spielt die Vermittlung von für den späteren Beruf relevanten, prakti- schen Inhalten eine besondere Rolle. Fester In- Von Freeden: Insgesamt ist es eine halt des Studienplans ist daher die Bildung einer Mischfinanzierung. Die NRW School auf ein spezifisches politisches Thema gerichte- of Governance, der Förderverein, die te „Einsatztruppe“ aus Studierenden, die sich der Druckerei und ein privater Sponsor Herausforderung – ein reales Projekt mit politi- unterstützen uns. schem Bezug in die Praxis umzusetzen – stellen. Sonnenfeld: Professor Korte, der Direk- In den letzten Jahren wurden drei unterschiedli- tor der NRW School of Governance, war che Projekte entwickelt: DuisBürger gesucht, begeistert von unserer Idee und hat Imagekampagnen und die Landtagswahl NRW. sich dafür eingesetzt, Gelder für das Magazin zu gewinnen.­ Wir wollen ver- Taskforce Politikmanagement im Winter- suchen, Werbung von externen priva- semester 2008/2009 – DuisBürger gesucht ten Sponsoren zu vermeiden. Ausgangspunkt dieses Taskforce-Projekts war Planen Sie Änderungen für die nächste die Beobachtung, dass es der Stadt Duisburg of- Ausgabe? fensichtlich nur unzureichend gelingt, die Stu- Von Freeden: Wir sind mit dem Magazin dierenden der Universität an die Stadt zu bin- eigentlich total zufrieden und wollen den. Dies zeigt sich insbesondere an der gerin- das Konzept so beibehalten. Es wird nur gen Zahl von Studierenden, die ihren Wohnsitz zu kleineren Änderungen kommen. Wir in der Stadt haben. Auch die Online-Umfrage wollen z. B. mehr kürzere, auflockernde der NRW School of Governance, an der ca. 6900 Elemente einbauen. Studierende teilnahmen, offenbarte Schwächen des Studienorts. 63% der Umfrageteilnehmer befanden das Duisburger Stadtimage als ledig-

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lich ausreichend oder mangelhaft. 78,1% der Be- fragten stuften die Duisburger Kneipenszene als befriedigend bis mangelhaft ein. Noch schlech- ter schnitt das lokale Nachtleben ab, das von 86,8% der Studierenden ebenfalls als befriedi- gend bis mangelhaft bewertet wird. Bessere No- ten gab es einzig für das Sport- und Erholungs- angebot und für das Univiertel der Ruhrgebiets- stadt. Dies hat, so die Ausgangsüberlegung, ne- gative Folgen für die Stadt und ihre Entwicklung. Ziel des Projekts war es, den Ursachen für das angedeutete Problem auf den Grund zu gehen, adäquate Lösungsvorschläge zu entwickeln und diese kommunalpolitisch umzusetzen.

Dazu planten die Studierenden einen Ideen- wettbewerb, bei der die Kreativität aller Duisburger gefragt war. Unter dem Motto „DuisBürger gesucht! Raus aus dem Hörsaal – Rein in die Stadt“ standen folgende Fragen im Mittelpunkt des Ideenwettbewerbs: Wie kann Duisburg für Studierende attraktiver werden? Was bringt Uni und Stadt näher zusammen? Wodurch werden Studierende stärker an ihren Studienort gebunden? Wie kann sich Duisburg stärker als Universitätsstadt präsentieren? Die

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Taskforce-Mitglieder waren begeistert von der Die Präsentation der Ergebnisse und die Diskus- positiven Resonanz, die der Ideenwettbewerb sion der Fragestellungen erfolgten am 21. April ausgelöst hatte. Die eingereichten Ideen und 2009 in einem öffentlichen Workshop am Duis- Konzepte wurden der fünfköpfigen Jury aus burger Campus, zu dem Vertreter der Stadt und WDR-Moderatorin Asli Sevindim, Oberbürger- der Universität sowie externe Experten geladen meister Adolf Sauerland, Universitätsrektor Prof. waren. Dr. Ulrich Radtke, Hannah Rosenbach (Schülerin am St.-Hildegardis-Gymnasium) und Murat Gü- müs (stellv. AStA-Vorsitzender) übermittelt. In der Kategorie „Marketing“ überzeugte der Vor- schlag zur Internetseite www.du-und-ich.biz, die mit kompakten Informationen rund ums Le- ben in Duisburg Studierende werben und (neue) Studierende besser integrieren soll. In der Kate- gorie „Studentisches Wohnen“ fiel das Votum der Jury auf die pragmatischen Ideen für die stu- dentische Wiederbelebung des Viertels im Be- reich Schifferstraße, Marientor, Steinsche Gasse und Schwanenstraße. Das Rennen um das beste Gesamtkonzept entschied der Duisburger Stu- dent Marcel Schwarzkopf für sich. Sein Konzept, das nicht nur ein Flächen- und Wegekonzept für den Campus Duisburg und den Stadtteil Neu- dorf beinhaltet, konnte die Jury durch seine Prä- gnanz und Konstruktivität überzeugen.

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DuisBürger gesucht Ein Interview mit dem Dozenten Martin Florack

NRW School of projekte zum Thema Netzwerkbildung Martin Florack: Wir haben die Ergeb­ Governance: Der zwischen Stadt und Universität, war nisse öffentlich vorgestellt und sowohl Ideenwettbewerb das eine hervorragende Ergänzung. von Seiten der Hochschulleitung als „DuisBürger ge- NRW School of Governance: Wer konn- auch aus Politik und Verwaltung der sucht” war die te an dem Wettbewerb teilnehmen und Stadt Duisburg haben uns zahlreiche zweite Taskforce wie war die Resonanz? ergänzende Anfragen erreicht. Hier Politikmanage- Martin Florack: Alle Studierende, aber sind wir auf viele offene Ohren und ment. Wie kam es auch alle Bürger der Stadt Duisburg auch Unterstützung gestoßen. Einige zu der Idee eines waren zur Teilnehme eingeladen. Von Maßnahmen wurden tatsächlich um- Wettbewerbs zu der großen Resonanz aus allen Teilen gesetzt. Viel wichtiger aber war, dass diesem Thema? der Stadt waren wir sehr überrascht. es gelungen ist, das Thema im Be­ Martin Florack: Es Vor allem haben wir uns über die Ini­ wusstsein vieler Beteiligter zu ver­ ging vor allem tiativen und Beiträge von Menschen ankern. Dieses Agenda-Setting wirkt darum, Öffentlichkeit herzustellen, auf gefreut, die auf den ersten Blick mit der noch immer nach. das Gesamtprojekt aufmerksam zu Universität nichts zu tun haben. Genau machen und vielfältige Ideen aus der diese Form einer engeren Verknüpfung Stadt Duisburg und der Universität zu von Stadt und Universität wollten wir ja sammeln. Meistens werden solche mit dem Projekt erreichen. Projektvorhaben durch breitere Betei­ NRW School of Governance: Was ist ligungsformen besser und das hat mit den Ergebnissen des Ideenwett­ sich auch bei dem Ideenwettbewerb bewerbs geschehen? Wurden sie von gezeigt. Da der Wettbewerb zudem der Universität oder der Kommunal­ eingebettet war in viele andere Teil­ politik aufgegriffen?

102 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Taskforce Politikmanagement im Sommer- semester 2009: Imagekampagnen Zentrale Fragen der Taskforce „Imagekampag- nen“ waren unter anderem, wie eine erfolgrei- che Werbekampagne aufgebaut wird, welche Besonderheiten im Bereich der Wahlwerbung zu beachten sind und wie eine professionelle Kom- munikationsstrategie entwickelt wird. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte und Dr. Timo Grunden haben die Studierenden ge- lernt, die wissenschaftlichen Disziplinen der Regierungs-, Kommunikations- und Wahlfor- schung in die Praxis umzusetzen. beflächen im Raum Duisburg-Essen zur Verfü- Ziel dieser Taskforce war es, eine Kommunika- gung stellte, um die Sieger-Kampagnen drucken tions- und Werbestrategie für zwei reale Kun- und präsentieren zu können. den zu entwickeln. So konnten sowohl die Indus- trie- und Handelskammer Duisburg als auch das Die Kampagne der IHK hatte das Ziel, den Be- Essener Premierenkino „Lichtburg“ als Kunden griff des Mittelstands aufzuwerten und ver- gewonnen werden, für welche die Studierenden ständlicher zu machen. Mit dem präsentierten eine Plakatkampagne entwickelten. Fachliche Ergebnis, der Mittelstand als Deutschlands Jo- Unterstützung erhielten sie dabei von Rüdiger ker, zeigte sich Hartmut Schauerte, Mittel- W. Storim, dem Geschäftsführer der Ströer standsbeauftragter der Bundesregierung und Deutsche Städte Medien GmbH, der die Studie- Parlamentarischer Staatssekretär im Bundes- renden im Bereich der Wirkung von Out-of- wirtschaftsministerium, sehr zufrieden. „Das Home Medien unterstützte und zahlreiche Wer- Deutschland Exportweltmeister ist, hängt mit

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Taskforce Politikmanagement im Sommer- semester 2010: NRW Landtagswahl Im Rahmen der Taskforce zur Koalitionsbildung auf Länderebene im Master-Programm, unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Blätte und Martin Florack M.A., wurden Prozesse der Regierungs­ bildung im Fünfparteiensystem – in NRW und in anderen Bundesländern – in Fallanalysen ein- gehend untersucht.

Am Anfang stand die Analyse des Landtags- wahlkampfs in NRW. Die Wahlkampfdynamik der so genannten „heißen Wahlkampfphase“ konnten die Studierenden der Taskforce unter dem erfolgreichen Mittelstand zusammen“, das anderem bei Besuchen der Townhall-Meetings würden viele vergessen, betonte Schauerte. Auf- der beiden Spitzenkandidaten beobachten. Be- klärung und Öffentlichkeit würden daher von sondere Aufmerksamkeit widmete die Taskforce großer Bedeutung sein. Auch die Vertreter des dann dem Kandidatenduell zwischen Minister- Premierenkinos Lichtburg hatten die Qual der präsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Hannelore Wahl und mussten aus vier Kampagnenstrategi- Kraft (SPD) sowie der „Elefantenrunde“ mit den en wählen. Gewonnen hat der Werbespruch Spitzenkandidaten aller Parteien. Im Rahmen ei- „Laster – Leichen – Lichtburg“. „Letztlich hat uns nes Kooperationsprojekts mit Prof. Dr. Thorsten der provokative Slogan überzeugt“, erklärte die Faas (Universität Mannheim) und Dr. Christoph Leiterin des Kinos, Marianne Menze und lobte Bieber (Universität Gießen) wurde der TV-Wahl- zugleich die bisherige Resonanz auf die Plakat­ kampf der Parteien aus verschiedenen wissen- aktion. schaftlichen Perspektiven analysiert.

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In der Taskforce erlangten die Studierenden zu- nächst Kenntnisse über einschlägige politikwis- senschaftliche Theorien zur Koalitions- und Re- gierungsbildung. Anschließend wurden diese in fallbezogene Analysen übersetzt. Zur Schärfung und empirischen Sättigung der Analysen lud die Taskforce im Rahmen einer Podiumsdiskussion und eines Workshops Experten aus der Praxis ein. Unter dem Titel „Königsmacher oder Blo- ckierer – wie sehen sich die kleinen Parteien im Fünfparteiensystem selber?“ diskutierten Ver- treter der nordrhein-westfälischen Grünen, FDP und Linkspartei die Bedeutung der sogenannten „kleinen“ Parteien im Fünfparteiensystem. Bei einem ganztägigen Workshop wurden zum einen Koalitionsbildungsprozesse aus der Perspektive von zwei Medienvertretern – Dr. Reiner Burger (FAZ) und Stefan Raue (ZDF) – diskutiert, und zum anderen berichteten Experten aus ihrer Praxis. Aus der Binnenperspektive schilderte Michael Donnermeyer, ehemaliger Senats­ in NRW, der die inhaltliche Einflussnahme von sprecher unter Klaus Wowereit, die Koalitions- Verbänden auf die Koalitionsbildung beschrieb. bildung nach der Wahl zum Berliner Abgeordne- Die Berichte aus der Praxis und die Diskussionen tenhaus 2006. Die Perspektive eines Verbands mit Experten gaben wichtige Impulse für die als externen Akteur erläuterte Josef Tumbrinck, Analyse von Regierungsbildungen in den deut- Vorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) schen Ländern.

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„Jede Partei muss sich bewegen“ Podiumsdiskussion der NRW School of Governance über die Herausforderungen des Fünfparteiensystems

Die Studierenden des Master-Studien- Gesprächsstoff vor mehr als siebzig in- gangs „Politikmanagement, Public Policy teressierten Zuhörern. und öffentliche Verwaltung“ haben im Arndt Klocke, der für die Grünen auf dem Rahmen der Taskforce Politikmanage- Podium saß, betonte gleich zu Anfang, ment Vertreter von FDP, Grünen und dass die kleinen Parteien eben nicht mehr Linkspartei in NRW zu einer Podiums- klein seien, sondern zusammen einen diskussion eingeladen, um die Bedeu- großen Teil der Wählerschaft repräsen- tung der sogenannten kleinen Parteien tierten. „Die Blockbildung wird aufhö- im Fünfparteiensystem und bei der ren“, prophezeite Klocke. Zum Thema Koalitionsbildung zu beleuchten. Dabei „Ausschließeritis“ vor der Wahl äußerte kam es zu lebhaften Gesprächen zwi- sich Marcel Hafke (FDP) selbstkritisch: schen den Politikprofis. Moderator der „Es war ein strategischer Grundfehler, Veranstaltung war Stefan Raue (ZDF). vor der Wahl etwas auszuschließen“, so zwischen SPD, Grünen und FDP als „gut Königsmacher oder Blockierer – wie sehen Hafke. Dies würde nur die Politikver- für die Atmosphäre“ bezeichnete, warf sich die kleinen Parteien im Fünf­ drossenheit weiter fördern. Jede Partei Sagel Grünen und SPD vor, das Gespräch parteiensystem selber? Wird es in müsse sich bewegen, das sähen vor allem über eine rot-rot-grüne Koalition sei Zukunft nur noch Dreierbündnisse oder die Jüngeren so. Koalitionsaussagen nicht ernsthaft geführt worden. „Dies eine Große Koalition geben? Wie stabil seien nicht mehr zeitgemäß. war kein Sondierungsgespräch, sondern sind Minderheitsregierungen? Vor dem Beim Thema der Koalitionsverhand­ ein Scheitergespräch“, so Sagel. Diesen Hintergrund der Landtagswahl in NRW lungen erhitzten sich die Gemüter der Vorwurf wies Klocke deutlich von sich. und der Bundesversammlung in Berlin Diskutanten auf dem Podium. Während Die Sondierung sei kein Schein ge­ gab es für die geladenen Gäste reichlich Arndt Klocke die Ampelverhandlungen wesen.

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Besonders spannend war für die Zuhörer Rot-Grün. Auch Hafke sieht in einer rungsgespräche gezeigt hätten, was nicht sowie für die Diskutanten die Frage, wie Minderheitsregierung die Möglichkeit, gehe. Er sieht allerdings zwischen Sozial- es nun in NRW mit einer rot-grünen punktuell mitzubestimmen. „Wichtig ist demokraten und Grünen eine rund Minderheitsregierung weitergehen wird. aber der Stil und das Miteinander. Wenn 80 Prozent thematische Schnittmenge. Rüdiger Sagel von der Linkspartei bezeich- man fünf Jahre regieren will, muss man „Nun gab es zwei Möglichkeiten: Ent- nete die für Deutschland bisher unty­ die anderen Parteien auf Augenhöhe weder eine Minderheitsregierung mit pische Minderheitsregierung als einen respektieren“, mahnte der Liberale in wechselnden Mehrheiten oder Neu- „interessanten, offenen Feldversuch“, Richtung Rot-Grün. Es könne nicht sein, wahlen.“ Man müsse aber vor allem den befürchtet aber eine Degradierung der dass eine Partei das fünfte Rad am Wagen Wählerwillen im Blick haben und „die anderen Parteien im Parlament durch sei. Arndt Klocke erklärte, dass die Sondie- Leute wollen, dass regiert wird.“

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3.8 Regierungsforschung.de

Das Online-Maga- www.regierungsforschung.de werden For- zin „Regierungs- schungsergebnisse, politikwissenschaftliche Da­ forschung.de“ ist ten­sätze, Kurzanalysen sowie Einschätzungen seit September und Standpunkte von verschiedenen Autoren zu 2010 online. Mit aktuellen politischen Entwicklungen veröffent- dem von der licht – und dies ohne an feste Erscheinungs­ Welker-Stiftung termine gebunden zu sein. Dabei ist das Ma­ geförderten Pilot- gazin an international anerkannten wissen- projekt verfolgt schaftlichen Standards ausgerichtet und bietet die NRW School neben einem Begutachtungsverfahren für of Governance das wissenschaftliche Beiträge feste Redaktions- Ziel, ein neues strukturen sowie ein wissenschaftliches Bera- Magazin-Format tungsgremium. in der deutsch- sprachigen Politikwissenschaft zu etablieren. Inhaltlich deckt das Magazin die Kernbereiche Regierungsforschung.de ist dabei eine Symbiose der modernen Regierungsforschung ab: In fünf aus einem Wissenschaftsmagazin und einer In- Rubriken wird Forschung aus den Themenbe­ ternet-Plattform: reichen politische Kommunikation, Politik­ management und Politikberatung, Parteien- und Online | www.regierungsforschung.de Wahlforschung, Regieren in Nordrhein-Westfalen sowie einem halbjährlich wechselnden Themen- Regierungsforschung.de ist deutschlandweit schwerpunkt präsentiert. Im Fokus stehen wis- das erste ausschließlich im Internet publizier- senschaftliche Erklärungen zur Rationalisierung te politikwissenschaftliche Fachmagazin. Auf von politischen Entscheidungen.

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Kolumne vom 17.11.2010 auf Regierungsforschung.de Blick hinter den Schleier der Harmonie Von Niko Switek Eigentlich hätte man für den gerade zu Ende gegangenen CDU Bundesparteitag in Karlsruhe heftige Diskussionen und turbulente Debatten erwarten können: Das erste Jahr der schwarzgelben Bundesregierung wird allseits als durchwachsen bewertet; es stand eine hohe Zahl an Personalwechseln an; die Tagesordnung umfasste Fragen, die das Selbstverständnis der Partei berühren, wie die Aussetzung der Wehrpflicht und das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID). Das gilt umso mehr, da der Parteitag letztes Jahr nicht stattgefunden hatte. Zwar muss er der Satzung nach nur zweijährig abgehalten werden, seit 1982 fand aber jedes Jahr ein CDU-Parteitag statt. Nun ist es keine taufrische politikwissenschaftliche Erkenntnis, dass Parteitage als satzungsgemäß höchste Gremien von den Parteiführungen für Werbefunktionen genutzt werden. Sie sind durchorchestrierte Veranstaltungen, bei denen wenig dem Zufall überlassen wird. Parteitage dienen der Präsentation von Geschlossenheit, sowohl nach außen wie nach innen. Oberstes Ziel ist es, Führungsstärke zu vermitteln: „Wir können das!“ Dementsprechend schaltete die CDU-Führung dem Parteitag Regionalkonferenzen vor, auf denen die Basis Dampf ablassen konnte. Die Antragskommission sortierte strittige und heikle Anträge im Vorfeld aus, vor allem die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung war hiervon betroffen. Schließlich nutzte die Parteivorsitzende Angela Merkel ihre Eröffnungsrede, um auf die Bedeutung des Parteitags für die 2011 anstehenden Landtagswahlen zu verweisen. Auf den ersten Blick finden sich daher keine großen Überraschungen: Alle Kandidaten wurden gewählt, zumal es keine einzige Kampfkandidatur gab. Man segnete die Aussetzung der Wehrpflicht ab und bestätigte das im Grundsatzprogramm verankerte Verbot der PID.

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Kolumne vom 17.11.2010 auf Regierungsforschung.de Wie kann man dennoch hinter dem Schleier der Harmonie auf Konturen des Stimmungsbilds in der Partei schließen? Zunächst hilft die Exegese der Wahlergebnisse: Zwar gibt es selten tatsächlich eine Auswahl und niemand wird nicht gewählt, aber der diachrone (wie war das Ergebnis auf dem letzten Parteitag?) und der synchrone (wie schneiden die Kandidatinnen und Kandidaten im Verhältnis zueinander ab?) Vergleich ist aufschlussreich. Angela Merkel erhielt ihr zweitschlechtestes Ergebnis, das eigentlich noch etwas niedriger anzusetzen wäre, da ungültige Stimmen und Enthaltungen nicht mit eingerechnet wurden. Trotz des langen Beifalls nach ihrer Rede äußerte sich hier Unzufriedenheit – ohne ihre kämpferische Ansprache wäre das Ergebnis wohl unter 90 Prozent gefallen. Norbert Röttgens bestes Ergebnis bei den Wahlen der Stellvertreter lässt sich als Lohn für sein Risiko der Kampfkandidatur um den Landesvorsitz in NRW deuten – er verfügt nun über eine machtvolle Position in der Partei. Wolfgang Schäuble erhält fast exakt das gleiche Ergebnis wie vor zwei Jahren: die Partei signalisiert ihm, dass sie ihn trotz der Misstöne im Vorfeld des Parteitags zum jetzigen Zeitpunkt nicht gehen lassen will. In der Gesamtschau verweist allein die Tatsache, dass 14 von 38 Vorstandsposten neu besetzt wurden, auf die innerparteiliche Bewegung. Inhaltlich überdeckt das Ergebnis der PID-Abstimmung als Bestätigung der bisherigen Parteilinie, dass vorher lange und intensiv über die Frage des Verbots diskutiert wurde. Für die Redebeiträge gab es keine Zeitbeschränkung und der zwischenzeitlich vorgebrachte Antrag von Sitzungsleiter Stefan Mappus zum vorzeitigen Ende der Debatte wurde abgelehnt – die Delegierten waren vier Stunden merklich mit Elan und Interesse bei Sache. Das Ergebnis fiel mit 51 Prozent knapp aus, mit einem so engen Ausgang hatte die Parteiführung wohl nicht gerechnet. Das zeigt: Erstens ist selbst in einem Gremium mit 1.000 Delegierten eine offene Diskussion für die Parteiseele bedeutender Themen möglich. Zweitens gibt es Grenzen für die von der Parteispitze angestrebte Geschlossenheit. Auf Parteitagen ist somit durchaus einiges über die Stimmungslage einer Partei zu lernen – es gilt eben nur, den Schleier der Harmonie ein wenig zu lüften.

110 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Warum überhaupt ein Online-Magazin? Aufwand einem großen Publikum präsen- Der voranschreitende Medienumbruch und die tiert werden. andauernden Digitalisierungstendenzen betreffen zunehmend auch wissenschaftliche Fachlitera- Wissenstransfer und Anwendungsorientie- tur. Regierungsforschung.de wurde von Grund auf rung: Die Bereitstellung und Nutzbarmachung als reines Online-Magazin konzipiert, um diesen von Ergebnissen sowie den dazugehörigen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Dabei bietet Forschungsdaten und -quellen unterstützt den ein digitales Publikationsmodel diverse Vorteile Wissenstransfer und generiert im Idealfall für die Wissenschaft: Folgeforschung. Für den anwendungsbezoge- nen politikwissenschaftlichen Ansatz der NRW Transparenz: Der Zugang zu Fachliteratur in School of Governance bieten sich zudem Aus- digitaler Form ermöglicht eine in dieser Form tausch- und Anknüpfungsmöglichkeiten zu nie vorher da gewesene Forschungstrans­ Akteuren aus Politik, Verwaltung und anderen parenz. Denn nebst Forschungsergebnissen forschungsrelevanten Berufsgruppen. können in digitalen Journalen ebenso die da- zugehörigen Datensätze angefügt werden. Vernetzung und Innovation: Durch die (na - So wird wissenschaftliche Intersubjektivität hezu) unbegrenzten Speicher- und Bereit- gefördert, Ergebnisse nachprüfbar und nach- stellungsmöglichkeiten für Informationen vollziehbar gemacht. im Internet können wissenschaftliche Er­ gebnisse dynamischer und interaktiver Zugänglichkeit und Sichtbarkeit: Transpa- gestaltet werden. Durch Verweise auf ver- renz wird auf Regierungsforschung.de mit gleichbare Forschungsprojekte, auf Autoren, Zugänglichkeit gepaart: Sämtliche Inhalte Quellen und Datensätze kann aktiv Vernet- sind kostenlos, offen zugänglich und können zung innerhalb der Politikwissenschaft und jederzeit weltweit abgerufen werden. zu angrenzenden Forschungsbereichen be- Forschungsergebnisse können somit ohne trieben werden.

111 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Regierungsforschung.de in Zahlen Projektentwicklung von Seit dem Start von Regierungsforschung.de im Regierungsforschung.de September 2010 sind bereits deutlich mehr als Im Segment wissenschaftlicher Magazine ist die 50 wissenschaftliche Beiträge (Stand 01. Dezem- Reputation das wertvollste Gut. Langfristig kön- ber 2010) veröffentlicht worden, darunter mehr nen wissenschaftliche Magazine – on- wie auch als 15 zu dem ersten halbjährlichen Themen- offline – nur bestehen, wenn dort regelmäßig schwerpunkt „Regierungsbildung in Nordrhein- qualitativ hochwertige Beiträge eingehen und Westfalen“. Die inhaltliche Beitragsspanne veröffentlicht werden. Ein Meilenstein in der reicht dabei von Einschätzungen zu aktuellen Projektentwicklung von Regierungsforschung. Themen bis hin zu theoretisch/methodisch ge- de steht im Februar 2011 an: die Einführung des prägten Beiträgen und Forschungs­berichten. Begutachtungsverfahrens. Zwei Mal im Jahr werden dazu themenschwerpunktspezifische Die Besucherzahlen von Regierungsforschung. Call for Papers (wissenschaftliche Texteinforde- de pendeln sich seit dem Projektstart im Sep- rungen) präsentiert. Den Beginn markiert das tember 2010 auf konstantem Niveau ein. In der Schwerpunktthema „Politische Sprache und po- Online-Branche sind nicht Auflagenzahlen, son- litische Rede“. Die zu dem Themenkomplex ein- dern „Klicks“, „Visits“ und „Page Views“ die ge- gereichten Manuskripte werden von jeweils handelte Währung. Im Schnitt interessieren sich zwei unabhängigen Fachexperten anonym be- rund 2500 Besucher pro Monat für die Texte auf gutachtet und bewertet. Dieses Verfahren wird Regierungsforschung.de. zunächst für die beiden Formate „wissenschaft- liche Aufsätze“ und „Essays“, die sich jeweils the- oretisch und/oder empirisch mit relevanten Themenbereichen und Fragestellungen aus der wissenschaftlichen Regierungsforschung be- schäftigen, angeboten.

112 Projektbezogene Themenschwerpunkte

Neben diesem begutachteten Bereich wird auf mentsysteme, sollen Qualität und Service des Regierungsforschung.de ebenfalls Raum für die Online-Magazins beständig ausgebaut werden. Entwicklung neuer Ideen, erster Thesen, für die Präsentation von Zwischenergebnissen und Textentwürfen gegeben. Denn das Internet ist ein rückkanalfähiges Medium – und somit kön- nen Kritik, Anregungen und Hinweise direkt von den Lesern an die Autoren gerichtet werden, zum Beispiel in der Form von „Working Papers“, die auf Regierungsforschung.de von anderen Nutzern kommentiert und besprochen werden können. Zudem wird Studierenden und Nach- wuchswissenschaftlern die Möglichkeit gege- ben, hervorragende wissenschaftliche Arbeiten erstmalig zu publizieren.

Beide Bereiche werden auf Regierungsfor- schung.de über das Jahr 2011 beständig aus­ gebaut. Zudem befindet sich derzeit ein Online-Archiv für politische Dokumente (z.B. Koalitionsverträge und Wahlprogramme) und politikwissenschaftliche Datensätze im Aufbau. In Kombination mit diversen technischen Neue- rungen, so etwa eine Funktion zur Integration der auf Regierungsforschung.de veröffentlich- ten Texte in elektronische Literaturmanage-

113 4 FAZIT UND AUSBLICK FÜR 2011/2012: AUF DEM WEG ZUM WISSENSCHAFTSZENTRUM FÜR ANGEWANDTE POLITIKFORSCHUNG

Die NRW School of Governance hat mit neuen Themenschwerpunkten, der Juniorprofessur und dem Online-Magazin „Regierungsforschung.de” in den Jahren 2009 und 2010 neue Akzente gesetzt. In den kommenden Jahren wird es unter anderem mit dem Lehrstuhl „Ethik in Politik- management und Gesellschaft“ sowie der Veranstaltungsreihe zum Thema „Krisendeutungen: Folgen für Deutschland und die EU“ neue Meilensteine auf dem Weg zum Wissenschaftszentrum für angewandte Politikforschung geben. Zwei Jahre Lehre und Forschung in NRW | 2009 – 2010

Ausblick NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

der angewandten Politikforschung zu etablieren, ein gehöriges Stück näher gekommen.

Durch den Bezug der neuen Lehr- und Forschungs- räumlichkeiten, die von der Universität Duisburg- Essen zur Verfügung gestellt wurden, zeigt sich eine zunehmende Professionalisierung und Förderung der akademischen Ausbildung. Die neuen Räume werden vor allem als Ort des kreativen und lebendigen Austauschs und der produktiven und interdisziplinären Zusammen- arbeit verstanden und sind Anlaufstelle für Studierende, Nachwuchswissenschaftler und Lehrende zugleich.

Auch die Exzellenzbildung konnte weiter ausge- baut werden. So sind in den vergangenen zwei Jahren nicht nur neue Themenschwerpunkte und eine Juniorprofessur entstanden, sondern Unsere Ziele, Vielseitigkeit in Lehre und Forschung auch die Qualifizierungs- und Stipendiaten­ zu stiften und die Etablierung der NRW School programme konnten durch neue Kooperations- of Governance als Einrichtung für hervorragende partner wie das American Institute for Contem- akademische Ausbildung am Standort Duisburg, porary German Studies (AICGS) weiter aus­ konnten wir in den vergangenen Jahren umset- gebaut und erweitert werden. Das Master- zen. Die NRW School of Governance ist ihrem Programm, in dem derzeit bereits der fünfte Ziel, sich als Wissenschaftszentrum im Bereich Jahrgang betreut wird, wird von Studierenden

116 Fazit und Ausblick für 2011/2012

als außergewöhnlich praxisorientiert wahrge- außergewöhnlichen Lehr- und Förderangebot nommen und ist eine attraktive Chance zur Wei- für Studierende und Nachwuchswissenschaftler terbildung für zahlreiche Absolventen. der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften und der NRW School of Governance leisten. Die Mit dem neuen Online-Magazin „Regierungs­ NRW School of Governance erweitert ihr An­ forschung.de” ist deutschlandweit das erste gebot in Zusammenarbeit mit der Duisburger ausschließlich im Internet publizierte politikwis- Welker-Stiftung um den Johann-Wilhelm Welker senschaftliche Fachmagazin online gegangen. Lehrstuhl „Ethik in Politikmanagement und Ge- Ein Meilenstein in der Projektentwicklung von sellschaft“ an der Fakultät für Gesellschafts­ Regierungsforschung.de steht im Februar 2011 wissenschaften, um die Ausbildung der Stu­ an: die Einführung des Begutachtungsver­ dierenden künftig um das Verständnis einer fahrens. Zwei Mal im Jahr werden dazu themen- kritischen Urteilsfindung zu erweitern. Im Master- schwerpunktspezifische Call for Papers in Form Programm „Politikmanagement, Public Policy von wissenschaftlichen Aufsätzen und Essays und öffentliche Verwaltung“, in dem die Füh- präsentiert. Darüber hinaus wird der Entwick- rungskräfte von Morgen ausgebildet werden, lung neuer Ideen, erster Thesen, der Präsentation soll so die Ver­mittlung und Diskussion ethischer von Zwischenergebnissen und Textentwürfen, Maßstäbe gewährleistet werden. Zwar existieren zum Beispiel in der Form von „Working Papers“, in den Wirtschaftswissenschaften Lehrstühle für Raum gegeben. Beide Bereiche werden auf Wirtschaftsethik und in der Politikwissenschaft Regierungsforschung.de über das Jahr 2011 be- wird Politische Ethik als Teil der politischen ständig ausgebaut. Zudem befindet sich derzeit Philosophie und Theorie studiert und erforscht, ein Online-Archiv für politische Dokumente und es fehlt aber die Verbindung der beiden Welten politikwissenschaftliche Datensätze im Aufbau. (speziell vor dem Hintergrund einer gezielten Praxis- und Berufsorientierung – wie sie etwa im Die Ziele für die Jahre 2011/2012 sind ambitio- Master-Programm „Politik­management, Public niert und sollen einen aktiven Beitrag zu einem Policy und öffentliche Verwaltung“ realisiert ist).

117 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Der Themenschwerpunkt „Ethik in Politik­ konnten, konnte für das Sommersemester 2011 management und Gesellschaft“ kann in dieser der ehemalige NRW-Ministerpräsident und Kombination klassische ethische Fragestel­ Bundesminister a. D. Peer Steinbrück als Gast- lungen unter einem neuen Blickwinkel der professor gewonnen werden. In Vorlesungen politikwissenschaftlichen Forschung zugänglich und Seminaren wird Steinbrück dabei exklusiv machen. Die Stiftungsprofessur, deren Dauer für die Studierenden des Master-Studiengangs auf fünf Jahre angelegt ist, wird im Mai 2011 von „Politikmanagement, Public Policy und öffentli- Dr. Christoph Bieber angetreten und erweitert che Verwaltung“ zur Verfügung stehen und das Profil der Themenschwerpunkte der NRW seine politische Expertise und Erfahrungen an School of Governance und des Master-Studien- die Studierenden weitergeben. gangs „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung“. Finanziert wird die Ein weiteres Projekt ist die Konzeption einer Professur durch die Welker-Stiftung. Veranstaltungsreihe zum Thema „Krisendeu- tungen: Folgen für Deutschland und die EU“, Durch die Vergabe der Gastprofessur für Politikma- welche im Rahmen eines Diskussionsforums der nagement wird sich das Institut für Politikwis- Hans-Böckler-Stiftung an der Fakultät für Gesell- senschaft an der Universität Duisburg-Essen im schaftswissenschaften der Universität Duisburg- Bereich der Lehre auch in Zukunft um ein außer- Essen stattfinden soll. Jenseits des massenme- gewöhnlich vielseitiges und hochwertiges Port- dialen Mainstreams soll das universitäre Forum folio aktiv lehrender Universitätsprofessuren eine Chance bieten, Entstehung, Prozesse und bemühen. Die Gastprofessur ist fester Bestand- Deutungen der letzten finanz- und wirtschafts- teil des Master-Programms, und nachdem Stefan politischen Krisenjahre (2008-2009) aufzudecken, Aust, Antje Volmer und Wolfgang Clement den diese akademisch zu hinterfragen und darüber Studierenden interessante und vielseitige Ein­ hinaus Lösungsansätze zu entwickeln. Ziel ist blicke in die Praxis des Vermittlungsdreiecks es, Wissenschaft und Praxis in einem entschleu- aus Politik, Medien und Öffentlichkeit bieten nigten, diskursiven Umfeld zusammenzuführen,

118 Fazit und Ausblick für 2011/2012

um die aktuellen Krisenmerkmale unter reflek- tierten und deeskalierenden Bedingungen be­ arbeiten und diskutieren zu können. Die Veran- staltungsreihe hat bereits begonnen und wird durch die Kooperation von NRW School of Governance (Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte) zusam- men mit dem Institut für Politikwissenschaft, dem Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) (Prof. Dr. Gerhard Bosch) und dem Institut für Soziologie der Universität Duisburg-Essen (Prof. Dr. Gerhard Bäcker) ermöglicht.

119 5 INNOVATIONEN FÖRDERN: UNSERE PARTNER

Unternehmen, Verbände und öffentliche Institutionen fördern die NRW School of Governace durch Innovations-, Modul- und Ausbildungspartnerschaften. Im Folgenden werden die Partner der NRW School of Gvoernance im Einzelnen vorgestellt. Zwei Jahre Lehre und Forschung in NRW | 2009 – 2010

Partner NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für Unternehmen, Verbände und öffentliche Institutionen bestehen durch die Einbindung in unsere Förder- philosophie. Dabei werden drei Modelle angeboten: Innovations-, Modul- und Ausbildungspartnerschaften.

Innovationspartnerschaften Modulpartnerschaften Innovationspartnerschaften fördern die NRW Modulpartner unterstützen die NRW School of School of Governance als Gesamtprojekt. Sie Governance durch Geld- oder Sachspenden für zeichnen sich durch umfassende Integration in thematisch klar umrissene Fördermodule, in deren die Aktivitäten der School aus. Bereitgestellte Rahmen der Förderer in die öffentliche Kom­ Mittel in einer Mindesthöhe von jährlich 70.000 munikation einbezogen wird. Modulpartner- Euro oder Sachspenden in vergleichbarer Höhe schaften setzen eine Unterstützung in Höhe sind dabei nicht projekt- oder aufgabengebunden. von 25.000 bis 70.000 Euro oder durch Sach- Der Förderer wird umfassend in die Kommunika- spenden in vergleichbarer Höhe voraus. tionsstrategie der School integriert. Ausbildungspartnerschaften Von Ausbildungspartnerschaften profitieren unsere Studierenden und Promovenden un­ mittelbar, vor allem in Form von Stipendien, Praktikumsplätzen oder durch die Förderung spezifischer Studienprojekte. Als Gastdozenten können die Partner darüber hinaus der NRW School of Governance Praxiseinblicke in ihr spezifisches Wirkungsfeld geben. Ausbildungs- partnerschaften haben daher keinen oder einen kleineren finanziellen Umfang.

122 Innovationen Fördern –Unsere Partner

UNSERE PARTNER 2009-2010

Die Georgsmarienhütte Holding GmbH

Die Georgsmarienhütte Holding GmbH unter- Die Georgsmarienhütte Holding führt eine Un- stützt die NRW School of Governance insbeson- ternehmensgruppe von über 42 mittelständisch dere durch die Finanzierung folgender Baustei- ausgerichteten Unternehmen im Bereich der ne: Stahl-, Guss- und Aluminiumindustrie an. Die Holding organisiert die interne wie die externe Personelle und administrative Ausstattung Kommunikation dieser Unternehmensgruppe der NRW School of Governance und entscheidet über die Verwendung von Fi- nanzmitteln sowie über wesentliche Personal- und Organisationsfragen. Die Holding fördert zudem den internen Know-How-Transfer und erbringt übergreifende Serviceleistungen.

123 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Die Haniel Stiftung

Die Haniel Stiftung unterstützt die NRW School geben. Unter diesen Aspekten hält die Haniel of Governance insbesondere durch die Finanzie- Stiftung Ausschau nach neuen, innovativen rung folgender Bausteine: Projekten an deutschen und internationalen Universitäten. Haniel Master Course Besonderer Bestandteil der Kooperation der Personelle und administrative Ausstattung Haniel Stiftung ist der „HANIEL Master Course“ zur Unterstützung des Master-Studien- der NRW School of Governance. Er stellt eine gangs „Politikmanagement, Public Policy anwendungsorientierte Ergänzung des zwei­ und öffentliche Verwaltung“ jährigen Master-Studiengangs „Politikmanage- ment, Public Policy und öffentliche Verwaltung“ Die Haniel Stiftung wurde 1988 als gemein­ dar. Dabei werden Praxiserfahrungen und di­ nützige Stiftung des privaten Rechts von der rekter Erfahrungsaustausch mit Experten und Franz Haniel & Cie. GmbH in Duisburg-Ruhrort Entscheidungsträgern aus dem Berufsleben an gegründet. Das Stifterunternehmen ist seit der Schnittstelle zwischen Politik, Wirtschaft 250 Jahren im Besitz der Familie Haniel, eine der und Öffentlichkeit vermittelt. großen Gründerfamilien im Ruhrgebiet. Die Philosophie der Stiftung entspricht dem Selbst- verständnis der Familie Haniel und des Unter- nehmens: Leistungsbereitschaft und Mut zu unternehmerischem Handeln in gesellschaft­ licher Verantwortung zu fördern. Ihre Leitlinien sind: Neues anstiften, Weltsicht vermitteln, Querverbindungen schaffen und Denkanstöße

124 Innovationen Fördern –Unsere Partner

Die Stiftung Mercator

Die Stiftung Mercator fördert die NRW School of hard Mercators fördert sie Vorhaben, die den Governance mit einer Million Euro im Zeitraum Gedanken der Weltoffenheit und Toleranz durch von 2006 bis 2011. Die Stiftung Mercator will da- interkulturelle Begegnungen mit Leben füllen mit ihren Beitrag zum Ruhrgebiet als Wissen- und die den Austausch von Wissen und Kultur schaftsstandort leisten. Die Stiftung Mercator anregen. Die Stiftung zeigt neue Wege auf und unterstützt mit ihrer Förderung folgende Bau- gibt Beispiele, damit Menschen – gleich welcher steine: nationalen, kulturellen und sozialen Herkunft – ihre Persönlichkeit entfalten, Engagement ent- Gastprofessur für Politikmanagement der wickeln und Chancen nutzen können. So möchte Stiftung Mercator sie Ideen beflügeln. Ihre Arbeitsweise ist geprägt von einer unternehmerischen, internationalen Förderpreise der Stiftung Mercator und professionellen Haltung. Dem Ruhrgebiet, der Heimat der Stifterfamilie, fühlt sie sich in Promotionsstipendien der Stiftung Mercator besonderer Weise verbunden.

Exzellenzprogramm der Stiftung Mercator In der Arbeit der NRW School of Governance sieht die Stiftung einen vorbildlichen Weg zum Personelle und administrative Ausstattung Aufbau exzellenter Betreuungsstrukturen an der NRW School of Governance einer öffentlichen Hochschule, die effektiv dazu beitragen, dass viel versprechende Nachwuchs- Die Stiftung Mercator gehört zu den großen kräfte ausreichend gefördert und gefordert deutschen Stiftungen. Sie initiiert und unter- werden. stützt Projekte für bessere Bildungsmöglichkei- ten an Schulen und Hochschulen. Im Sinne Ger-

125 NRW School of Governance | Lehre und Forschung 2009-2010

Die WAZ Mediengruppe

Die WAZ Mediengruppe unterstützt die NRW NRW-Titel „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ School of Governance insbesondere durch die (WAZ), „Westfälische Rundschau“ (WR), „Neue Finanzierung folgender Bausteine: Ruhr / Neue Rhein Zeitung“ (NRZ) und „West­ falenpost“ (WP) haben eine Druckauflage von Qualifizierungsprogramm für politische rund 1 Million Exemplaren. Die Anzeigenblätter Journalisten der WVW/ORA sind Marktführer in Deutschland und Europa mit einer wöchentlichen Auflage Promotionsstipendien der WAZ Medien- von über 5 Millionen Exemplaren allein in NRW. gruppe Die WAZ Mediengruppe, für die 18.000 Mitar- beiter tätig sind, hält Mehrheitsbeteiligungen Praktikumspool bei der WAZ Mediengruppe an elf lokalen Radiosendern in NRW und betreibt für Studierende des Master-Studiengangs Deutschlands größtes regionales Internetportal, „Politikmanagement, Public Policy und DerWesten.de. Auf dem Fernsehmarkt hat sich öffentliche Verwaltung“ das Haus an NRW.TV und dem albanischen Sender „Vizion+“ beteiligt. Im Magazinbereich Die WAZ Mediengruppe mit Hauptsitz in Essen besitzt die WAZ-Gruppe unter anderem den ist eines der bedeutendsten europäischen Münchener Gong Verlag („Gong“, „TV direkt“), Medienunternehmen. Zu ihr gehören allein im den Westdeutschen Zeitschriften-Verlag („Neue Printbereich 32 Tages- und 18 Wochenzeitungen, Welt“, „Frau im Spiegel“) sowie zahlreiche Tier-, 176 Publikums- und Fachzeitschriften, 107 An­ Rätsel- und Fachzeitschriften. zeigenblätter und 400 Kundenzeitschriften. In Deutschland gibt das Unternehmen elf Tages- zeitungen in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Niedersachsen und Nordbayern heraus. Die vier

126 Innovationen Fördern –Unsere Partner

Welker-Stiftung

Die Welker-Stiftung unterstützt die NRW School ge für ältere Menschen. Nach einer Satzungs­ of Governance insbesondere durch die Finanzie- änderung im Jahr 2006 wurden in Anpassung rung folgender Bausteine: an die besondere Situation Deutschlands – Stichwort „Wissensgesellschaft“ – die neuen Promotionsstipendien Förderschwerpunkte Wissenschaft, Forschung und Bildung/Ausbildung geschaffen. Im Sinne Promotionsbegleitende Fördermaßnahmen des Stifters liegt die Förderung in den nachste- henden Bereichen: Ausbildung des wissen- Personelle Ausstattung des Promotions­ schaftlichen Nachwuchses, Begabtenförderung, kollegs Kooperationen Universität/Schule und Wirtschaft, Innovative Projekte im Schul- und Ausbildungs- Online-Magazin www.regierungsforschung.de bereich, neue Studiengänge an Universitäten/ Hochschulen, Untersuchungen zur Bedeutung Johann-Wilhelm-Welker Stiftungsprofessur religiöser Bildung für Gesellschaft und Politik, für Ethik in Politikmanagement und Untersuchungen zur Stabilisierung der Familie Gesellschaft im gegenwärtig schwierigen Umfeld.

Die Welker-Stiftung, Duisburg, wurde errichtet als testamentarisches Vermächtnis des im Jahre 1962 verstorbenen Dr. J. W. Welker, der mehr als zwei Jahrzehnte als Generaldirektor die Firma Franz Haniel & Cie, Duisburg-Ruhrort, leitete. Die Stiftungsziele lagen zunächst vorwiegend im sozialen Bereich, insbesondere in der Fürsor-

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WestLB-Stiftung Zukunft NRW

Die WestLB-Stiftung unterstützt die NRW Das Alleinstellungsmerkmal der durch die West- School of Governance insbesondere durch die LB-Stiftung geförderten Juniorprofessur ist ihre Finanzierung folgender Bausteine: schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die The- menfelder Strukturwandel, Landespolitik NRW, Juniorprofessur der WestLB-Stiftung an der Governance und politische Steuerung auf Lan- NRW School of Governance desebene. Die Stiftung einer Professur im Fach Politikwissenschaft stärkt den Bildungsstandort Verantwortliches und nachhaltiges Handeln für Duisburg-Essen in herausragender Weise. das Land NRW und seine Bürger ist das Leitbild der WestLB-Stiftung Zukunft NRW. Es bestimmt seit 1995, ihrem Gründungsjahr, die Fördertätig- keit der Stiftung. Vor dem Hintergrund des lang anhaltenden Strukturwandels in Nordrhein- Westfalen verfolgt die WestLB-Stiftung mit der Förderung innovativer und beispielgebender Projekte und Maßnahmen in den Bereichen Wis- senschaft, Wirtschaft und Forschung die Ziel- setzung, den wirtschaftlichen Wandel im Land vorausschauend und aktiv zu begleiten. In die- sem Zusammenhang ist auch das Engagement der WestLB-Stiftung Zukunft NRW an der NRW School of Governance einzuordnen.

128 Innovationen Fördern –Unsere Partner

Netzwerk und Kooperationspartner der NRW School of Governance

Ausbildungspartnerschaften mit über vierzig re- gionalen und überregionalen Projektpartnern gewährleisten den Studierenden und Promo- venden Einblicke in spätere Berufsfelder. Durch den Anwendungsbezug in Forschung und Lehre vernetzen wir unsere Studierenden mit Instituti- onen aus Politik, Wirtschaft, Medien und Ver- Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und waltung. Zudem ist es ein Ziel der NRW School Gesellschaftsbildung e.V. (ASG) of Governance, politikwissenschaftlich interes- sierte Menschen miteinander in Kontakt zu brin- Sparda-Banken gen. Kooperationspartner der NRW School sind unter anderem: „politik & kommunikation“: Zeitschrift zur politischen Kommunikation und Public Landtag Nordrhein-Westfalen Affairs in Deutschland

Unternehmen und Online-Angebot des American Institute for Contemporary Westdeutschen Rundfunks (WDR) German Studies - Johns Hopkins University, Washington D.C. VS Verlag für Sozialwissenschaften Niederrheinische IHK Deutschland Institut Amsterdam Ministerin für Bundesangelegenheiten, Centrum für angewandte Politikforschung Europa und Medien des Landes Nordrhein- der Universität München (C.A.P.) Westfalen

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Impressum

NRW School of Governance Universität Duisburg-Essen Institut für Politikwissenschaft Lotharstraße 53 D-47057 Duisburg www.nrw-school.de

Redaktion: Britta Schewe Gestaltung & Satz: Ralf Schneider www.rasch-multimedia.de

Duisburg, April 2011

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