Lbeispielsammlung Nachhaltige Gestaltung Von Verkehrsräumen Im Siedlungsbereich: Prêles (BE)
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Bundesamt für Umwelt BAFU März 2011 Beispielsammlung Nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen im Siedlungsbereich Prêles (BE) - Route de la Neuveville 1 Beschreibung des Verkehrsraumes Eckdaten und Funktionstyp Prêles liegt etwa 10 Kilometer südwestlich von Biel. Das Dorf erstreckt sich auf einer leichten Erhebung am Südrand der Hochfläche Montagne de Diesse oberhalb des Bielersees. Prêles hat rund 860 Einwohner (Stand 2009) und gehört zu den mittelgrossen Gemeinden des Berner Juras. Der nächste Autobahnanschluss befindet sich in ca. 8 km Entfernung (La Neuveville, A5 Richtung Lausanne) (vgl. Abb. 1). Die sanierte Ortsdurchfahrt ist Teil der Kantonsstrasse K1322. Sie ist eine wichtige regionale Verbindungsstrasse zwischen dem Seeland und dem Plateau de Diesse. Sie dient zudem der Erschliessung des Gebiets zwi- schen La Neuveville und Prêles/ Lamboing. Der Perimeter der Sanierung erstreckt sich über eine Länge von ca. 900 m zwischen dem westlichen Ortseingang des Dorfes (Strasseneinmündung des "Chemin de Louvin") und dem Funiculaire Gléresse-Prêles (vgl. Abb. 2). Bei der Ortsdurchfahrt von Prêles handelt es sich um den Funktionstyp "Dorf". Es gilt Tempo “genrell 50”. Der durchschnittliche Tagesverkehr beträgt ca. 1’700 Fahrzeuge. Auf der Strasse verkehren Schulbusse und öffentliche Linienbusse, welche die Verbindung zwischen La Neuveville und Nods sicherstellen. Sie verkehren über Prêles und Lamboing. Der Bus La Neuveville-Nods verkehrt im 2Stunden-Takt. Der Schwerverkehr hat einen Anteil von unter 4% am Gesamtverkehr. 2 Ausgangslage und Zielsetzungen Lokaler und übergeordneter Kontext Beim westlichen Ortseingang geht die Kantonsstrasse in gerader Linien- führung in die Ortsdurchfahrt von Prêles über. Es fehlte hier ein markan- tes Element, das den Beginn der Gemeinde verdeutlicht und damit auch eine Anpassung der Geschwindigkeit bewirkt. Auf dem untersuchten Streckenabschnitt fehlte vor der Neugestaltung ein strassenbegleitendes Trottoir. Die Fussgänger waren damit ungeschützt dem motorisierten Verkehr ausgesetzt, der zudem häufig mit überhöhten Geschwindigkeiten fuhr. Abb. 1: Übersichtsplan (Quelle: mapsearch.ch) 2 Nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen im Siedlungsberreich - Prêles (BE) - Route de la Neuveville Die Fahrzeuge parkierten direkt am Strassenrand (Senkrecht- und Schrägparkierung) und mussten beim Ausparken direkt auf die Kantons- strasse rangieren. Im bebauten Bereich der Ortsdurchfahrt waren zudem die Sichtverhältnisse bei den privaten und öffentlichen Einfahrten proble- matisch. Neben diesen Mängeln im Verkehrsablauf befand sich die Strasse in einem schlechten baulichen Zustand und sollte saniert werden. Zielsetzungen und Herausforderungen Mit der Sanierung der Route de la Neuveville sollte die Situation der Fussgänger verbessert werden. Die fehlenden Trottoirs sollten strassen- begleitend ergänzt werden. Mit einer ansprechenden Gestaltung wurde das Ziel verfolgt, die Attraktivität der Ortsdurchfahrt zu verbessern und zugleich die Einhaltung der signalisierten Geschwindigkeiten zu bewirken. Zudem sollten die problematischen Sichtverhältnisse an den Ein- und Ausfahrten verbessert werden. Funiculaire westlicher Ortseingang Abb. 2: Detailplan, Perimeter Route de la Neuveville (Quelle: mapsearch.ch) Nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen im Siedlungsberreich - Prêles (BE) - Route de la Neuveville 3 3 Planungs- und Realisierungsprozess Planung und Realisierung Anfang 2003 wurde mit Gemeindevertretern die Anordnung eines Trottoirs diskutiert. Dazu wurden die Bedürfnisse der Einwohner evaluiert. Aus der Diskussion ergab sich, dass ein Trottoir auf der südlichen Seite der beste- henden Strasse gebaut werden soll. Das Ingenieur- und Planungsbüro “A. Rufer” aus Prêles wurde beauftragt auf Grundlage der bestehenden Datengrundlagen (Verkehrszählungen, Unfallstatistik, etc.) ein Vorprojekt zu erarbeiten. Im Frühling 2004 fand die öffentliche Orientierung und Mitwirkung statt. Abb. 3: Route de la Neuveville, Strassenraumgestaltung (beim Funiculaire) Auf Drängen von mehreren Anliegern wurde der Flächenbedarf auf der südlichen Seite, durch die Reduktion der Fahrbahnbreite, auf ein Minimum beschränkt. Dadurch blieben die meisten der bestehenden Mauern erhal- ten und die privaten Parzellen wurden so wenig wie möglich tangiert. Von September bis Dezember 2004 fand die Vorprüfung des Projekts statt. Das Projekt wurde von allen konsultierten Stellen positiv bewertet. Um die Umgestaltung realisieren zu können, wurde Forstwirtschaftsland bean- sprucht. Die Forstwirtschaftsabteilung entschied zu Gunsten des Projektes und stimmt einer Umzonung und der Rodung zu. Betriebliche und gestalterische Lösung Die signalisierte Geschwindigkeit 50 generell wurde beibehalten. Im Rahmen des Projektes wurden die Strasse inklusive Entwässerung Abb. 4: Route de la Neuveville, Strassenraumgestaltung (beim Funiculaire) saniert. Die Fahrbahnbreite wurde angepasst und beträgt im Ortskern nur noch maximal 5.30m. Hinzu kommen nach 0.25m schräggestellter Doppelbundstein auf der südlichen Seite und 0.15m schräggestellter Bundstein auf der nördlichen Seite (vgl. Abb. 4). Mit der reduzierten Fahrbahnbreite sollte das Geschwindigkeitsniveau reduziert und die Querbarkeit verbessert werden. Die Anwohner, die sich gegen die Beanspruchung ihres privaten Grundstückes wehrten, bewirkten, dass die Fahrbahn streckenweise noch stärker verringert wurde als es im Vorpro- jekt vorgesehen war. Auf der Ortsdurchfahrt wurde ein strassenbegleitendes Trottoir von 1.50m Breite auf der südlichen Seite angelegt. Neben Schwarzbelag wurden die Trottoirflächen streckenweise gepflastert (vgl. Abb. 5). Abb. 5: Route de la Neuveville, Belagswechsel auf dem Trottoir 4 Nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen im Siedlungsberreich - Prêles (BE) - Route de la Neuveville Mit dem Belagswechsel auf dem Trottoir wurde das Ziel verfolgt, die Gleichförmigkeit im Streckenverlauf zu durchbrechen. Mit den Pflaster- steinen wird ein farblicher Kontrast geschaffen. Dadurch soll die Dominanz der Fahrbahn zurückgenommen und eine Geschwindigkeit reduzierende Wirkung erreicht werden. Zudem wird so der Seitenbereich von den Automobilisten besser wahrgenommen. Die Strassenbeleuch- tung konnte mit vier neuen Kandelabern verdichtet werden. Ein Kandelaber wurde im Zuge der Sanierung versetzt. Mit dem Bau einer Mittelinsel sollte beim westlichen Ortseingang der Siedlungsbeginn von Prêles betont und das Geschwindigkeitsniveau redu- Abb. 6: Route de la Neuveville, neues Trottoir und Senkrechtparkierung ziert werden. Die Insel ist mit einem Baum bepflanzt worden (vgl. Abb. 8). Wirkungsanalyse und Nachkontrolle Für die Fussgänger in Prêles steht heute ein Trottoir zur Verfügung. Mit den überfahrbaren Rändern bleibt die flexible Nutzung der Parkfelder gewährleistet. Die bestehenden Parkplätze wurden zum Teil angepasst und neue Parkplätze wurden angeordnet. Der Parkiervorgang erfolgt nun nicht mehr direkt auf die Kantonsstrasse. Es sind jedoch die Fussgänger auf dem Trottoir zu beachten. Die gestalterischen Massnahmen, insbesondere die Reduktion der Strassenbreite, sollten bewirken, dass ein gemässigtes Geschwindigkeits- niveau eingehalten wird. Messungen aus dem Jahr 2008 per Inforadar Abb. 7: Route de la Neuveville, neues Trottoir und Senkrechtparkierung haben jedoch gezeigt, dass die Geschwindigkeiten mit 55 km/h (v85) immer noch über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegen. Die voll- zogenen Massnahmen erscheinen damit als nicht genug wirkungsvoll. Die Mittelinsel am westlichen Ortseingang befindet sich mittig im Strassenraum. Die Ablenkungswirkung ist auf beiden Fahrbahnseiten nur sehr schwach. Unter Nutzung der Aufpflasterung ist praktisch eine Geradeausfahrt ohne horizontalen Versatz möglich. Dies ist in Richtung Ortszentrum unbefriedigend, da die geschwindigkeitsreduzierende Wirkung der Insel damit minimal ist (vgl. Abb. 8). Abb. 8: Route de la Neuveville, westlicher Ortseingang mit Mittelinsel Nachhaltige Gestaltung von Verkehrsräumen im Siedlungsberreich - Prêles (BE) - Route de la Neuveville 5 4 Fazit und Schlussfolgerungen In Prêles wurde anlässlich der anstehenden Sanierung der Strasse ein Projekt für die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt erarbeitet. Es sollten ins- besondere die Situation für die Fussgänger verbessert werden, denen bis- lang kein Trottoir zur Verfügung stand. Es fehlte am westlichen Ortseingang ein markantes Element, das den Beginn der Gemeinde ver- deutlicht. Die realisierten Geschwindigkeiten waren insgesamt zu hoch. Im bebauten Bereich der Ortsdurchfahrt waren darüber hinaus die schlechten Sichtverhältnisse bei den Einfahrten und an den Parkplätzen problematisch. Abb. 9: Route de la Neuveville, Strassenraumgestaltung Die Fahrbahn auf der Route de la Neuveville wurde in ihrem Querschnitt verringert. Auf Markierungen, wie Leitlinien und Randlinien, wurde ver- zichtet. Die Strasse wirkt dadurch weniger verkehrsorientiert (vgl. Abb. 9). Durch die Wahl unterschiedlicher Materialien konnte erreicht werden, dass Fahrbahn und Trottoir nicht als Einheit erscheinen. Visuell wirkt die Fahrbahn dadurch schmaler und dies kann zu einer vorsichtigeren Fahrweise führen (vgl. Abb. 10 und 11). In Prêles konnte die Geschwindig- keit mit den umgesetzten Massnahmen aber nicht wirksam reduziert wer- den. Die problematischen Ein- und Ausfahrtsmanöver und daraus entstehende Konflikte zwischen zwischen den Verkehrsteilnehmenden werden auf der südlichen Seite durch das Trottoir entschärft. Das Trottoir wirkt als Puffer Abb. 10: Route de la Neuveville, Strassenraumgestaltung zwischen Fahrbahn