Hidden Champions und Stadtentwicklung

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung innovativer Unternehmen für Kleinstädte in peripherer Lage Hidden Champions und Stadtentwicklung

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung innovativer Unternehmen für Kleinstädte in peripherer Lage

Das Projekt des Forschungsprogramms „Allgemeine Ressortforschung” wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) durchgeführt. IMPRESSUM

Herausgeber Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Deichmanns Aue 31–37 53179 Bonn

Wissenschaftliche Begleitung Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Referat I 7 – Baukultur, Städtebaulicher Denkmalschutz Lars Porsche [email protected]

Begleitung im Bundesministerium Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Referat SW III 5 – Kleinere Städte in ländlichen Räumen, Grün in der Stadt Prof. Dr. Hagen Eyink Silke Andresen

Auftragnehmer Leibniz-Institut für Länderkunde Schongauerstr. 9 – 04328 Leipzig Dr. Thilo Lang, Franziska Görmar, Martin Graffenberger, Lukas Vonnahme Abteilung Regionale Geographie Europas

Stand August 2019

Gestaltung Druckerei Böhlau, Leipzig

Druck Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn 1. Auflage, 1.000 Exemplare

Bestellungen [email protected] Stichwort: Hidden Champions – Sonderveröffentlichung

Bildnachweis Titelbild: Stadtverwaltung Bad Berleburg

Nachdruck und Vervielfältigung Alle Rechte vorbehalten Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Bitte senden Sie uns zwei Belegexemplare zu.

Die vom Auftragnehmer vertretene Auffassung ist nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch.

978-3-87994-253-4 Bonn 2019 Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser, die Diskussion um gleichwertige Lebensverhältnisse dreht sich auch um die wirtschaftlichen Potenziale städtischer und ländlicher Regionen. Dass nicht allein die Wirtschaft in den Groß­ städten produktiv und innovativ ist, zeigt der Blick auf die so genannten Hidden Champions. Zu diesen zählen überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen, die hochspeziali­ siert sind und europa- beziehungsweise weltweit agieren. Mehr als 500 dieser Unternehmen – und damit knapp ein Drittel – sind in Deutschland in Kleinstädten beheimatet. Das geht aus einer umfassenden Bestandsaufnahme dieser Unternehmen hervor, die das Leibniz-Institut für Länderkunde für das BBSR erarbeitet hat.

Die Forschergruppe betrat für die vorliegende Studie Neuland, indem sie die Frage unter­ suchte, welche Bedeutung diese Unternehmen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung von peripher gelegenen Kleinstädten haben. Neben der Bestandsaufnahme standen Fallstudien im Mittelpunkt: Beispiele in Finsterwalde (Brandenburg), Bad Berleburg (Nordrhein-Westfalen) und Schierling (Bayern) zeigen, wie sich unternehmerisches Enga­ gement vor Ort auf die kleinstädtische Entwicklung auswirkt und gleichzeitig die Kooperation von Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft stärkt. Die Unternehmen engagieren sich vor allem für Kultur, Sport, Soziales und Bildung sowie Stadt als Wohnort. Bereiche, die für ein gutes Zusammenleben zielen und die Lebens- und Standortbedingungen verbessern.

Die Studie „Hidden Champions – Stabilisierungs- und Entwicklungsfaktoren von Kleinstädten in peripheren Lagen“ kann als Ausgangspunkt für eine umfassendere Analyse von unter­ nehmerischem Engagement in Kommunen und Regionen dienen. Sie gehört zum BBSR-For­ schungsschwerpunkt „Kleinstädte“. Die Vorhaben begleiten die Initiative Kleinstädte in Deutschland, die das Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) im Juni 2018 gestartet hat. Mit der Initiative will das BMI kleinere Städte als Wohn- und Wirtschafts­ standorte stärken und positive Entwicklungen in den Kommunen anstoßen.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Dr. Robert Kaltenbrunner Stellvertretender Leiter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung Inhalt 5

Inhalt

Kurzfassung 7 Summary 8

1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens 10

2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll 15 2.1 Ein Definitionsversuch 15 2.2 Standorte von Hidden Champions in Deutschland 17 2.3 Welche Hidden Champions befinden sich in Kleinstädten? 17 2.4 Geht es Kleinstädten mit Hidden Champions besser? 19 2.5 Fazit 20

3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung 21 3.1 Das Konzept der Corporate Local and Regional Responsibility 21 3.2 Unternehmen und Integrierte Stadtentwicklung 23

4 Fallstudien 4.1 Fallstudie Finsterwalde 25 4.2 Fallstudie Bad Berleburg 32 4.3 Fallstudie Schierling 40

5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung 46 5.1 Das Rollenverständnis der Akteure 46 5.2 Gelebte Entwicklungspartnerschaft 47 5.3 Was Unternehmen und Verwaltung bewegt: Motive der Zusammenarbeit 47 5.4 Fördernde und hemmende Faktoren für Beteiligung und Engagement von Unternehmen 51 5.5 Fazit 53

6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen 54 6.1 Kooperatives Handeln als Entwicklungsfaktor für Kleinstädte in peripherer Lage 54 6.2 Chancen und Risiken der Beteiligung von Unternehmen an Stadt- u. Regionalentwicklung 54 6.3 Handlungsempfehlungen 55

7 Literatur 60 6 Abbildungsverzeichnis/Abkürzungen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Arbeitsbereiche im Überblick Abb. 2: Unternehmensindikatoren Abb. 3: Bewertung der wirtschaftlichen Situation von Kleinstädten Abb. 4: Index zur Bewertung der wirtschaftlichen Situation von Kleinstädten Abb. 5: Matrix zur Fallauswahl Abb. 6: Unternehmenssitz von Hidden Champions nach Stadt- und Gemeindetypen, Raumtyp Lage des BSSR Abb. 7: Strukturmerkmale der Hidden Champions in Kleinstädten in peripherer Lage Abb. 8: Unternehmenssitze von Hidden Champions Abb. 9: Überblick zur Typisierung der Hidden Champions Abb. 10: Überblick zu Indikatorenwerten auf Gemeindeverbandsebene Abb. 11: Wirtschaftliche Situation von Kleinstädten in Deutschland Abb. 12: Übersichtskarte Finsterwalde Abb. 13: Überblick Finsterwalde zu Indikatoren für das Jahr 2014 Abb. 14: Übersichtskarte Bad Berleburg Abb. 15: Überblick Bad Berleburg zu Indikatoren für das Jahr 2014 Abb. 16: Übersichtskarte Markt Schierling Abb. 17: Überblick Schierling zu Indikatoren für das Jahr 2014 Abb. 18: Motive für die Beteiligung von Unternehmen an Prozessen der Stadtentwicklung

Abkürzungsverzeichnis

BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BSW Berleburger Schaumstoffwerke GmbH CDU Christlich Demokratische Union CLRR Corporate Local and Regional Responsibility DM Deutsche Mark EU Europäische Union GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft GVB Gemeindeverband HC Hidden Champion(s) IfL Leibniz-Institut für Länderkunde e.V. IFOK Institut für Organisationskommunikation GmbH INKAR Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung INSEK Integriertes Stadtentwicklungskonzept KMU Kleine und Mittlere Unternehmen Mio. Millionen NGO Non-Governmental Organisation (Nichtregierungsorganisation) ROG Raumordnungsgesetz SvB sozialversicherungspflichtig Beschäftigte VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. VEB Volkseigener Betrieb WKA Wittgensteiner Kliniken Allianz WZ-Codes Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kurzfassung 7

Kurzfassung

Kleinstädten in peripheren Lagen kommt im Kon­ Kernaktivitäten im Bereich Stadtentwicklung aus­ text einer ausgeglichenen Raumentwicklung eine gehen. Schlüsselposition zu. Gleichwohl sind sie häufiger als andere Stadt- und Gemeindetypen u.a. von so­ Folgende Ergebnisse sind zusammenfassend her­ zio-ökonomischen und demographischen Heraus­ vorzuheben: forderungen betroffen. Ein wesentliches Element zur Stabilisierung und erfolgreichen Entwicklung • Entgegen landläufigen Meinungen sind Klein­ von Städten besteht in der Gestaltung einer inte­ städte als Orte wirtschaftlicher Dynamik und grierten Stadtentwicklung. Der lokalen Wirtschaft Innovation aufzufassen. Hier entwickeln, pro­ kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu. Neben duzieren und vertreiben viele der weltweit ak­ lokalen wirtschaftlichen Effekten wie Erhalt bzw. tiven Unternehmen erfolgreich ihre Produkte. Schaffung von Arbeitsplätzen, Kaufkraft und • Hidden Champions stehen stellvertretend für Steueraufkommen kann unternehmerisches En­ zahlreiche ähnlich strukturierte, kleine und gagement vor Ort positiv auf Kleinstadtentwick­ mittelständische Unternehmen in Deutsch­ lung wirken. land. 518 der 1.691 identifizierten Hidden Champions haben ihren Stammsitz in Klein­ Die Studie hatte zum Ziel, (i) die wirtschaftliche städten, 174 davon in peripherer Lage. Rolle erfolgreicher Unternehmen für Kleinstädte • Die wirtschaftliche Situation von Kleinstädten in peripheren Lagen zu analysieren und daran an­ in peripherer Lage mit Hidden Champions ist knüpfend (ii) das freiwillige Engagement dieser insbesondere gegenüber Kleinstädten in peri­ Unternehmen an Prozessen der Stadtentwicklung pheren Lagen ohne Hidden Champions als sowie damit verbundene Motive in den Blick zu überdurchschnittlich zu bewerten. Die positi­ nehmen. Als Annäherung an wirtschaftlich erfolg­ ven Pendlersalden sowie die Gemeindesteuer- reiche und lokal wirkungsvolle Unternehmen wer­ kraft der Kleinstädte mit Hidden Champions den in der vorliegenden Studie beispielhaft Hid­ deuten ihre Arbeitsmarktzentralität bzw. ihr den Champions, kleine und mittelständische Un­ wirtschaftliches Potenzial für diese Kommu­ ternehmen mit überdurchschnittlichem wirt­ nen an. schaftlichem Erfolg, untersucht. • Die betrachteten Unternehmen wirken sowohl durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit als auch Im Forschungsprojekt wurde zunächst die wirt­ ihr lokales und regionales Engagement in viel­ schaftliche Bedeutung von Hidden Champions in fältiger Weise auf ihr unmittelbares Umfeld. den Blick genommen. Dazu wurden insbesondere Diese Wirkungen reichen von der Bereitstel­ quantitative Strukturdaten zu Hidden Champions lung von Arbeitsplätzen und der Sicherung von sowie Kleinstädten aufbereitet und analysiert Kaufkraft bis hin zu aktiver Beteiligung an (Kapitel 2). Anknüpfend wurden anhand von drei Stadtentwicklungsprojekten. qualitativen, kontrastiv angelegten Fallstudien, • Beteiligung und Engagement der Unterneh­ d.h. Kleinstädten in peripheren Lagen, die Sitz men sind zumeist auf die lokale und regionale mindestens eines Hidden Champions sind, die Be­ Umgebung ausgerichtet. Effekte des Engage­ teiligung dieser Unternehmen an Prozessen der ments sollen dem direkten Unternehmensum­ Stadtentwicklung sowie zugrundeliegende Mo­ feld sowie der eigenen Belegschaft zu Gute tive detailliert betrachtet. Um die Beteiligung und kommen. In besonderem Maße engagieren das Engagement der Unternehmen analytisch zu sich die Unternehmen in den Bereichen Bil­ fassen, beziehen sich die Autoren auf das Kon­ dung, Kultur, Sport und Soziales. zept der Corporate Local and Regional Responsi­ • Besonders intensiv ist die Beteiligung in Fel­ bility (zur Definition siehe Kapitel 3). Als Entwick­ dern, die die eigenen Interessen der Unterneh­ lungspartnerschaft verstanden, fokussiert das men betreffen. Themen wie Fachkräftesiche­ Konzept auf kooperative Elemente und stellt zu­ rung und -gewinnung oder Nachwuchsent­ dem einen konkreten Raumbezug von Engage­ wicklung sind eng mit Aspekten der Standort­ ment und Beteiligung her. Im Forschungsprojekt attraktivität verwoben. In diesen Bereichen wurden beispielhaft die Städte Finsterwalde gestalten Hidden Champions weiche Faktoren (Brandenburg), Bad Berleburg (Nordrhein-West­ vor Ort aktiv mit und stellen damit auch falen) und Markt Schierling (Bayern) betrachtet. Schnittmengen zu den Interessen anderer Ak­ Insgesamt beleuchtet das Projekt sowohl die teure (Verwaltung, Bürgerschaft) her. wirtschaftliche Bedeutung der Unternehmen vor • In den betrachteten Fallstädten wird das Ver­ Ort als auch die vielfältigen Wirkungen, die von hältnis von Unternehmen und Verwaltung den Unternehmen jenseits ihrer wirtschaftlichen grundsätzlich als positiv bewertet. Verwaltung 8 Kurzfassung

und Unternehmen sind regelmäßig im Ge­ geschaffen und kontinuierlich weiterentwickelt spräch, etwa über formalisierte Gesprächsfor­ werden. mate wie Unternehmerstammtische oder im • Unternehmen sollten die Beteiligung an Stadt­ Rahmen von strategischen Stadtentwick­ entwicklung und ihr freiwilliges Engagement lungsprozessen. Gleichzeitig spielen jedoch als Chance zur aktiven Gestaltung ihres Unter­ auch eher informelle Kanäle eine wichtige nehmensumfelds begreifen. Sicherung und Rolle in den örtlichen Kommunikationsstruktu­ Ausbau der Standortattraktivität kann langfris­ ren. tig nur im Zusammenspiel von Kommunen, Un­ ternehmen und Zivilgesellschaft gelingen. Die im Rahmen der Studie identifizierten förderli­ • Für Politikberatung und staatliche Institutio­ chen und hemmenden Faktoren zur Beteiligung nen, z.B. in den Bereichen Stadtentwicklung, von Unternehmen können zur Umsetzung koope­ Städtebauförderung und Wirtschaftsförde­ rativer Stadtentwicklungsprozesse in Kleinstäd­ rung, ist es sinnvoll, Kommunen und Unterneh­ ten, insbesondere solchen in peripheren Lagen, men für Themen kooperativer Stadtentwick­ genutzt werden. Aus dem Forschungsprojekt las­ lung zu sensibilisieren, sowohl in gemeinsa­ sen sich beispielsweise folgende, an unter­ men als auch in spezifisch auf die jeweilige schiedliche Adressaten gerichtete Empfehlungen Zielgruppe ausgerichteten Veranstaltungen ableiten: (z. B. Transferwerkstätten), insbesondere um Reflexionsprozesse anzustoßen und den • Kommunen sollten sich als Impulsgeber für ge­ Mehrwert strategischer Kooperationen vor Ort sellschaftliche Kooperation und ein zukunftsfä­ herauszustellen. Ergänzend dazu erscheinen higes Gemeinwesen verstehen. Dazu müssen Formate zum Erfahrungsaustausch, zur Ver­ entsprechende lokale Rahmenbedingungen wie mittlung und zur Verbreitung von Best Prac­ personelle Ausstattung in Abteilungen der tices sinnvoll. Um vorhandene Dynamiken zu Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung, stärken ist ein weiteres Augenmerk generell Infrastrukturen, Strategieentwicklung, Struktur­ auf die Förderung von Innovation und Wirt­ aufbau und Zuständigkeiten sowie Verbindlich­ schaft in Kleinstädten in peripheren Lagen zu keiten und Transparenz in Prozessen legen.

Summary

Small towns play a fundamental role in the con­ den Champions and small towns were analysed text of a balanced spatial development. At the (chapter 2). Based on three contrastive qualita­ same time, they are more frequently impacted by tive case studies on small towns in peripheral lo­ socio-economic challenges than other commu­ cations that are home to at least one Hidden nity types. An essential element for shaping the Champion, the research project explored the en­ stabilisation and development of towns and cities gagement of these companies in urban develop­ is the coordination of integrated urban develop­ ment processes as well as the underlying moti­ ment processes. The local economy plays a key ves. To grasp the notion of corporate engagement role here: in addition to local effects such as the analytically, the authors refer to the concept of creation of jobs, purchase power and tax rev­ Corporate Local and Regional Responsibility (for a enues, local engagement of businesses can have definition of the concept see chapter 3). Framed positive effects on small town development. as a development partnership, the concept focu­ ses on cooperative elements and establishes a The aim of the research project was (i) to analyse spatial reference regarding corporate engage­ and assess the economic role of successful com­ ment. The research project examined in detail the panies for small towns in peripheral regions and cases of Finsterwalde (Brandenburg), Bad Berle­ (ii) to explore the voluntary engagement of these burg (North Rhine-Westphalia) and Schierling companies in urban development processes as (Bavaria). Overall, the project highlights the eco­ well as the associated motivation of the various nomic relevance Hidden Champions as well as stakeholders. In the study, Hidden Champions are the various impacts resulting from the companies’ examined as an example of small and mid-sized engagement in urban development processes economically successful companies. beyond core economic activities.

The research project initially focused on the eco­ The following results can be summarized: nomic significance of Hidden Champions. As part • Contrary to popular opinions, small towns are of the project, quantitative structural data on Hid­ places of economic dynamism and innovation. Summary 9

From these locations, many of the globally entrepreneurial round tables and processes in active companies successfully develop, pro­ the context of strategic urban development duce and distribute their products. activities. Furthermore, more informal chan­ • Hidden Champions are representative for a nels also play a vital role in local communica­ large number of similarly structured, small and tion structures. mid-sized companies in . Out of 1,691 identified Hidden Champions, 518 have their The factors that promote and inhibit the engage­ head quarters in small towns, thereoff 174 in ment of companies, as identified in the present peripheral locations. study, can be used for implementing cooperative • The economic situation of small towns in peri­ urban development processes in small towns in pheral locations that are home to Hidden peripheral regions. Based on the study result, the Champions is, compared to small towns in pe­ following recommendations can be derived: ripheral locations without Hidden Champions, substantially better. Positive commuting balan­ • Communities should consider themselves to ces as well as local tax revenues of small be initiators of societal cooperation and of fu­ towns with Hidden Champions indicate their ture-oriented and functioning communities. labour market centrality and overall economic Important stimuli for this can be provided by potential. creating and shaping local framework conditi­ • The companies considered as part of the case ons such as adequate staffing in the depart­ studies impact on their immediate environ­ ments of urban and economic development, ments in a variety of ways, both through their infrastructure, strategy development, commu­ economic activities as well as their activities nication infrastructures, structural build up in terms of local and regional corporate enga­ and competencies in addition to accountability gement. Effects range from job creation and and transparency in processes. securing of purchasing power to active enga­ • Companies should see participation in urban gement in urban development processes. development processes and voluntary enga­ • Engagement of Hidden Champions primarily gement as an opportunity for pro-actively focuses on the local and regional environ­ shaping corporate and local environments. Lo­ ment. This is because effects should benefit cational attractiveness will only succeed in the direct company environment as well as the the long term if it is based on interaction with own workforce. In particular, companies are municipalities and civil society. actively engaged in fields like education, cul­ • Political consultants and state bodies, e. g. in ture, sport and social affairs. the fields of urban and economic development • Participation in fields that directly affect the as well as urban renewal, could increase com­ interests of companies is particularly pronoun­ munities’ and companies’ awareness for to­ ced. Topics such as securing and attracting pics related to cooperative urban develop­ skilled labour fource closely relate to aspects ment, both through joint events and events of locational attractiveness. In these fields, that are specifically directed at each target Hidden Champions actively shape soft factors group (e.g. transfer workshops), in particular and generate intersections with the interests to initiate reflection processes and to highlight of further local actors (administration, civil so­ the value added of cooperation. ciety). Furthermore, various formats for the exchange • In the case-towns considered, the relationship of information and diffusion of best practices between Hidden Champions and administra­ appear as sensible instruments. In general, it tion is generally deemed positive and pro­ is important to consider further supporting ductive. Administrations and company repre­ measures for the economy and innovation in sentatives are in regular exchange. This ex- small towns in peripheral areas. change relates to formalised formats such as 10 1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens

1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens

Ziele des Forschungsvorhabens men handelt es sich um zumeist unbekannte, je­ doch äußerst erfolgreiche Unternehmen (Simon Die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse 2012 – zur ausführlichen Definition im Rahmen der ist eine leitende Prämisse der Bundespolitik und Studie siehe Kapitel 2.1). Wie Studien zeigen, wei­ als zentrale raumordnerische Aufgabe im Raum­ sen sie häufig eine enge Verbindung zum Stamm­ ordnungsgesetz verankert (§1 ROG). Aus räumli­ sitz auf, die sich insbesondere aus der Firmenge­ cher Perspektive geht damit die Sicherung einer schichte, der Besitzstruktur und der Bindung zu gleichwertigen Entwicklung sowohl in verdichte­ Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ggf. weite­ ten als auch weniger verdichteten Räumen ein­ ren örtlichen Akteuren und Institutionen ergibt. Es her. Dieses Ziel wurde zuletzt auch im Koalitions­ wird daher vermutet, dass Hidden Champions mit vertrag der aktuellen Bundesregierung explizit Blick auf lokales Engagement potenziell wir­ festgeschrieben (CDU et al. 2018) und wird derzeit kungsvolle Unternehmen sind. Dabei ist anzumer­ durch eine eigene Regierungskommission bear­ ken, dass Hidden Champions vor allem in Klein­ beitet. In diesem Zusammenhang stehen speziell städten in peripherer Lage nicht nur einen signifi­ solche Räume im Fokus, die in besonderem Maße kanten Einfluss auf die wirtschaftliche Entwick­ von Strukturschwäche sowie den vielschichtigen lung haben, sondern auch Prozesse der Stadt- Prozessen des demographischen Wandels be­ und Regionalentwicklung an ihrem Standort ge­ troffen sind (Porsche und Milbert 2018). Insbeson­ stalten und damit zur positiven Entwicklung bzw. dere Kleinstädte in peripheren Lagen sind ver­ Stabilisierung der Kleinstädte und des jeweiligen stärkt von diesen Herausforderungen betroffen, Umlandes beitragen. u. a. weil finanzielle und personelle Ressourcen eingeschränkt und tendenziell rückläufig sind Die vorliegende Studie nimmt zunächst die direk­ (Kühn 2014). Gleichzeitig zeigt sich in den Ent­ ten Wirkungen von Hidden Champions durch ihr wicklungsmustern von Kleinstädten eine ausge­ Kerngeschäft in den Blick (Kapitel 2). So generiert sprochene Vielfalt, die deutlich macht, dass sich die lokale Wirtschaft in erheblichem Maße Ar­ die Herausforderungen vor Ort sehr verschieden beitsplätze, Kaufkraft, sowie lokal verfügbares darstellen (Maretzke und Porsche 2018; Porsche Steueraufkommen und trägt damit direkt zu loka­ und Milbert 2018). Zum einen ist eine Vielzahl von len und regionalen Entwicklungsprozessen bei. Kleinstädten mit anhaltenden und sich auswei­ Zudem können lokale und regionale Wirkungen tenden Peripherisierungsprozessen sowie Funkti­ der Unternehmen über die betrieblichen Kerntä­ onsverlusten konfrontiert (Mayer 2014; Bode und tigkeiten hinausgehen – beispielsweise durch un­ Hanewinkel 2018). Zum anderen haben sich die ternehmerisches Engagement in den Bereichen Wirtschaftskraft und Arbeitsmarktsituation vieler Bildung, Soziales, Kultur und Sport (Kapitel 3). Kleinstädte in den letzten Jahren dynamisch ent­ Welche Motive Verwaltung und Unternehmen ha­ wickelt (Mayer und Meili 2018; Porsche und Mil­ ben, weitere Akteure zu beteiligen bzw. sich bert 2018), wodurch ihre Zentralität gestärkt selbst zu beteiligen, sowie welche Faktoren för­ wurde (Steinführer 2017). Nichtsdestotrotz, oder dernd oder hemmend für eine entsprechende gerade deswegen, kommt Kleinstädten im Kon­ Beteiligung sein können, wird in Kapitel 4 be­ text einer ausgeglichenen Raumentwicklung eine leuchtet, während in Kapitel 5 abschließende Be­ Schlüsselposition zu. wertungen und Empfehlungen für Kommunen, Un­ ternehmen und Politikberatung sowie übergeord­ Das Forschungsvorhaben Hidden Champions nete Behörden ausgesprochen werden. adressierte dieses Spannungsfeld zwischen den vielschichtigen Herausforderungen von Klein­ städten in peripheren Lagen einerseits und deren Arbeitsbereiche und bedeutender Funktion innerhalb des Siedlungs­ Erhebungsmethoden systems andererseits. Im Hinblick auf Stabilisie­ rungs- und Entwicklungsfaktoren von Kleinstäd­ Das Forschungsvorhaben war in drei Arbeitsbe­ ten kommt der lokalen Wirtschaft eine zentrale reiche gegliedert. Arbeitsbereich A hat die wirt­ Bedeutung zu. schaftliche Rolle von Hidden Champions und ihre lokale Bedeutung in den Blick genommen. Neben Hidden Champions (HC) spielen dabei eine we­ umfassender Literaturrecherche wurden dazu sentliche Rolle und stehen beispielhaft für erfolg­ insbesondere quantitative Daten zu Hidden reiche, kleine und mittelständische sowie mit Champions und Kleinstädten aufbereitet und ana­ Blick auf ihr lokales Engagement potenziell wir­ lysiert. Daran anschließend wurden in Arbeitsbe­ kungsvolle Unternehmen. Bei diesen Unterneh­ reich B anhand von drei qualitativen, kontrastie­ 1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens 11

Themenblock 1: Wissenschaftliche Rolle von HC für Städte und Gemeinden Bereich A: Aufbereitung quantitativer Daten zu HC und Kleinstädten Themenblock 2: Lokale Bedeutung von HC Synopse: in Städten und Gemeinden Zusammenführung der Arbeitsergebnisse Bereich B: Explorative Fallstudien Themenblock 3: Aktive Mitwirkung an Stadt­ planung und –entwicklung

Abb. 1: Arbeitsbereiche im Überblick Quelle: eigene Darstellung 2018 renden Fallstudien, d. h. Kleinstädten in periphe­ des BBSR abgeglichen. Einen Überblick über die ren Lagen, die Sitz mind. eines Hidden Champions Verteilung der Hidden Champions auf alle Stadt- sind, die Beteiligung der Unternehmen an Prozes­ und Gemeindetypen bietet Abb. 6 in Kapitel 2. sen der Stadtentwicklung sowie zugrundelie­ gende Motive detailliert betrachtet. Die Ergeb­ Charakterisierung und Typisierung von Hidden nisse dieser Arbeitsbereiche wurden in einer ab­ Champions in Kleinstädten in peripherer Lage schließenden Projektsynopse zusammengeführt. (Unternehmensindikatoren): Im Projekt wurden raumwirksame Unternehmensindikatoren wie Arbeitsbereich A – Wirtschaftliche Rolle Größe und Beschäftigungspotenzial, Alter, Wirt­ von Hidden Champions und ihre lokale und schaftszweig und Besitzstruktur der Hidden Bedeutung Champions identifiziert und analysiert. (s. Abb. 2) Die deskriptiv-statistischen Auswertungen liefer­ Die Arbeiten in Bereich A gliederten sich in drei ten sowohl Rückschlüsse auf das wirtschaftliche Teilschritte. Potenzial, das von den Hidden Champions in der Identifizierung von Hidden Champions in Klein­ jeweiligen Gemeinde ausgeht, als auch erste Hin­ städten in peripherer Lage: Die Untersuchung weise zum unternehmerischen Engagement. Zur stützte sich auf eine Datenbank des IfL zu deut­ Typisierung der Unternehmen wurden für die vier schen Weltmarktführern. Diese umfasst eine Liste betrachteten Indikatoren zunächst Klassen gebil­ von Hidden Champions in Deutschland, ihren Un­ det (jeweils drei Klassen für Mitarbeiterzahl und ternehmenssitzen samt amtlichem Gemeinde­ Gründungsjahr, jeweils zwei Klassen für Leitungs­ schlüssel sowie ergänzende Unternehmensdaten struktur und Wirtschaftszweig), die miteinander (u. a. Umsatz- und Beschäftigtenzahlen, WZ 2008­ zu dominanten Klassen kombiniert wurden. Die Codes). Um Kleinstädte in peripherer Lage mit Hid­ am häufigsten vorkommenden Kombinationen den Champions zu identifizieren, wurde der Ge­ wurden zu drei Unternehmenstypen verdichtet meindeschlüssel für alle Unternehmenssitze mit (siehe Ergebnisse in Kapitel 2.3). den Gemeindetypen 2015 und den Lagetypen 2010

Unternehmen Erläuterung

Gründungsjahr Das Alter der Unternehmen dient als Annäherung an Verwurzelung und Tradition am Standort.

Mitarbeiterinnen- und Die weltweiten Beschäftigtenzahlen dienen als Annäherung an die Bedeutung Mitarbeiterzahl des jeweiligen Hidden Champions für die Gemeinde. Da Kernkompetenzen insgesamt i.d.R. am Stammsitz gebündelt sind, ist von einer Korrelation zwischen Personal weltweit und Personal am Stammsitz auszugehen.

Wirtschaftszweig Informationen zum Wirtschaftszweig dienen als Annäherung an die Qualität vorhan­ dener Beschäftigungsmöglichkeiten in den Unternehmen. Insbesondere der indus­ trielle Sektor zu dem u.a. der Maschinen- und Anlagenbau zählt, bietet überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsmöglichkeiten für spezialisierte Fachkräfte (VDMA 2016).

Anteil Familienunternehmen Wie Simon (2012) beschreibt, sind Familienunternehmen häufig eng mit ihren Beschäftigten und dem Standort verbunden.

Abb. 2: Unternehmensindikatoren Quelle: eigene Darstellung 2018 12 1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens

Datenbank zu Hidden Champions

Die Informationen zu Hidden Champions entstammen einer Datenbank des Leibniz-Instituts für Län­ derkunde (IfL). Als Ausgangspunkt der Datenbank dienten zwei Datensätze zu Weltmarktführern in Deutschland von Prof. Dr. Bernd Venohr, Autor des Lexikons deutscher Weltmarktführer (Langen­ scheidt und Venohr 2015) und dem Weissmann-Institut für Familienunternehmen. Diese wurden ent­ sprechend abgeglichen, überprüft und aktualisiert (Stand: Juli 2017). Vertiefende Informationen zu Kernindikatoren der Hidden Champions, wie Umsatz, Mitarbeiterzahl und Wirtschaftszweig wurden auf Basis einer Unternehmensdatenbank des Anbieters Bureau van Dijk (Markus-Datenbank) ergänzt. Nach Abgleich mit den Kriterien von Simon (2012) enthält die Da­ tenbank für Deutschland 1.691 Hidden Champions. Die Datenbank erhebt weder Anspruch auf Voll­ ständigkeit noch auf die korrekte Wiedergabe der tatsächlichen Marktpositionen der Unternehmen. Eine exakte und stets aktuelle Identifizierung aller Hidden Champions ist, u. a. aufgrund der schwieri­ gen Bestimmung von Marktabgrenzung und sowie der dynamischen Entwicklung von Märkten, kaum möglich. Grundsätzlich lassen sich die Unternehmen aber als überdurchschnittlich innovativ und in­ ternational agierend betrachten.

Bewertung der wirtschaftlichen Situation von Für die Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Kleinstädten in peripherer Lage: Um die wirt- Situation wurden alle Indikatoren gleichgewich­ schaftliche Situation der Kleinstädte in peripherer tet mittels eines Indexwertes ausgewertet. Auf- Lage mit Hidden Champion(s) abzubilden, wurden grund begrenzter Ressourcen wurde auf eine fünf sozio-ökonomische Indikatoren in den Berei­ stärkere Gewichtung einzelner Indikatoren ver­ chen Humankapital, Pendlerverflechtung, Demo­ zichtet. Dies wäre in einer vertieften Studie je­ grafie, Arbeitslosigkeit und Steueraufkommen für doch wünschenswert. Zur Erstellung des Index alle Kleinstädte in Deutschland (Gemeinde- und wurden Punkte für die einzelnen Indikatoren ver- Gemeindeverbandsebene) analysiert. Erläuterun­ geben (0 Punkte unteres Terzil, 1 Punkt mittleres gen zu den verwendeten Einzelindikatoren kön- Terzil und 2 Punkte oberes Terzil) und aufaddiert. (1) Bereiche zur Bewertung der wirt­ nen Abb. 10 in Kapitel 2 entnommen werden. Die Die Summe der Punkte (maximal 10 Punkte) schaftlichen Situation: 0–0,4: unter- Bewertung der wirtschaftlichen Situation wurde wurde durch die Anzahl der Indikatoren geteilt, durchschnittlich; 0,6–1,4: durch­ schnittlich; 1,6–2: überdurch­ in Abgleich mit vier Vergleichsgruppen durchge­ sodass der Wertebereich des Index zwischen 0 schnittlich führt (siehe Abb. 3). und 2 liegt.1

Alle Kleinstädte in Deutschland (n = 2.107)*

Kleinstädte in zentraler Lage Kleinstädte in peripherer Lage ohne Hidden Champions ohne Hidden Champions (n = 932) (n = 778)

Kleinstädte in peripherer Lage mit Hidden Champions (n 140) Kleinstädte in zentraler Lage mit Hidden Champions (n 257)

* für vier der insgesamt 2.111 Einheitsgemeinden bzw. Gemeindeverbände in Deutschland liegen keine Daten vor

Abb. 3: Bewertung der wirtschaftlichen Situation von Kleinstädten Quellen: Gemeindetypen und Anzahl der Kleinstädte entsprechend BBSR (o. J.) , Lagetypen BBSR 2012; eigene Darstellung 2018 1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens 13

Indikatoren auf Bewertung der GVB–Ebene wirtschaftlichen Situation

Humankapital

Überdurchschnittlich Pendlersaldo

Demografie Index Durchschnittlich

Arbeitslosigkeit

Unterdurchschnittlich

Gemeindesteuerkraft

Abb. 4: Index zur Bewertung der wirtschaftlichen Situation von Kleinstädten Quelle: eigene Darstellung 2018

Arbeitsbereich B – Qualitative, • Wirtschaftliche Situation der Kleinstädte: Be­ kontrastrierende Fallstudien rücksichtigung je einer Kleinstadt mit unter­ durchschnittlicher, durchschnittlicher und Arbeitsbereich B des Forschungsvorhabens be­ überdurchschnittlicher wirtschaftlicher Situa­ trachtete anhand von drei explorativen, kontrast­ tion (für die Analyseergebnisse zur wirtschaftli­ rierenden Fallstudien das Engagement und die chen Situation der Kleinstädte siehe Kapitel 2); Beteiligung von Hidden Champions mit Sitz in • Typisierung der HC: Berücksichtigung unter­ Kleinstädten in peripherer Lage an Prozessen der schiedlicher Typen von Hidden Champions; Stadtentwicklung. Ziel der Fallstudien war es, den • Lagetyp: Verteilung der Fallstudien auf die Re­ Einfluss von Hidden Champions auf Kleinstädte in gionen Ost (neue Bundesländer), Süd (Bayern, peripheren Lagen und deren Entwicklung jenseits Baden-Württemberg) sowie West/Nordwest; rein wirtschaftlicher Bezüge zu untersuchen. Da­ Berücksichtigung peripher und sehr peripher bei wurde der Fokus auf das Engagement und die gelegener Kleinstädte; Beteiligung von Unternehmen an Stadtentwick­ • Größe/funktionale Bedeutung: Berücksichti­ lungsprozessen gelegt. Innerhalb einer Fallunter­ gung kleiner und großer Kleinstädte und dem­ suchung wurden unterschiedliche Akteursgrup­ zufolge implizite Berücksichtigung der funktio­ pen einbezogen: Verwaltung, Unternehmen und nalen Bedeutung. Zivilgesellschaft. Durch die Berücksichtigung un­ terschiedlicher Akteursgruppen ergab sich ein in­ Anhand dieser Kriterien wurden für die detaillier­ tegriertes Fallstudiendesign (Yin 2014). Dieser in­ ten Falluntersuchungen die Kleinstädte Finster­ tegrierte Ansatz orientierte sich am Verständnis walde (Brandenburg), Bad Berleburg (Nordrhein- integrierter Stadtentwicklung, der, als kooperati­ Westfalen) und Markt Schierling (Bayern) ausge­ ver Prozess gedacht, ebenso unterschiedliche wählt (siehe Abb. 5). Akteursgruppen involviert (siehe Kapitel 3).

Um einen kontrastierenden Fallansatz sicherzu­ stellen, orientierte sich die Auswahl der Fallstu­ dien an folgenden Kriterien:

Wirtschaftliche Situation der Kleinstädte

Typisierung HCs unterdurchschnittlich Ø überdurchschnittlich

Typ 1 (n=73) – Bad Berleburg (2x) –

Typ 2 (n=48) Finsterwalde – Markt Schierling

Typ 3 (n=20) – – –

Typ 0 (n=33) – – –

Ost West/Nordwest Süd Abb. 5: Matrix zur Fallauswahl Quelle: eigene Darstellung 2018 14 1 Ziele und Methoden des Forschungsvorhabens

Datenerhebung und Datenauswertung: Die Da­ Synopse der Ergebnisse tenbasis der Falluntersuchungen bezieht sich auf unterschiedliche, miteinander kombinierte Me­ Die Erkenntnisse aus den Bereichen A und B wur­ thoden. Qualitative Interviews bildeten das zen­ den in einem letzten Schritt in einer Synopse zu­ trale Erhebungsinstrument der Fallstudien. Dazu sammengefasst. Dabei wurde kooperatives Han­ wurden vor Ort in den Fallkommunen Interviews deln als ein Entwicklungsfaktor für Kleinstädte in mit Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, peripherer Lage identifiziert und Chancen und Ri­ Unternehmen, Zivilgesellschaft und lokaler/regio­ siken der Beteiligung von Unternehmen bespro­ naler Presse geführt. Durch Leitfäden wurde si­ chen. chergestellt, dass trotz narrativer Ausrichtung der Gespräche in den einzelnen Fallkommunen ver­ Ergänzend wurden in allen drei Fallstädten Ergeb­ gleichbare Daten erhoben wurden. Zugleich dien­ nisworkshops durchgeführt. Zu diesen Work­ ten die Leitfäden für Interviewer und Interviewte shops waren alle Akteure, die im Laufe des For­ im Gespräch als thematische Orientierung. Die In­ schungsprozesses interviewt wurden, eingela­ terviewdokumentation erfolgte, basierend auf den. Ziel der Workshops war es, den Inter­ den Mitschnitten, mittels ausführlicher Protokolle viewpartnerinnen und -partnern die vorläufigen in einer an die leitenden Forschungsfragen ange­ Ergebnisse aus den Fallbetrachtungen zu präsen­ lehnten Dokumentationsmatrix. Durch Besuche tieren und im Anschluss gemeinsam zu diskutie­ vor Ort in den Fallkommunen erhielt das For­ ren und reflektieren und darüber sowohl kommu­ schungsteam umfassende Eindrücke zu den un­ nikative Validierung der Ergebnisse als auch Er­ tersuchten Kleinstädten. gebnistransfer sicherzustellen. Zudem konnten mittels der Workshops gemeinsame Diskussionen Flankierend zu den qualitativen Interviews wur­ und Reflektionen zwischen den Akteursgruppen den umfassende Dokumentenanalysen durchge­ zu den Themen Stadt- und Ortsentwicklung, so­ führt. Dazu wurden insbesondere kommunale wie unternehmerisches Engagement bzw. Beteili­ Strategiepapiere wie Stadtentwicklungspläne, gung angestoßen werden. Beiträge aus lokaler/regionaler Berichterstat­ tung, Broschüren, Webseiteninhalte und andere Im Verlauf des Forschungsprojekts wurden be­ Internetbeiträge gesichtet, zusammenfassend gleitend drei thematisch unterschiedlich gela­ analysiert sowie in Einzelfallschreibungen und gerte Projekt-Workshops durchgeführt. Aufgrund Querschnittsbetrachtungen integriert. der Teilnahme von Akteuren aus den Fallkommu­ nen an diesen Workshops konnte diese auch als Format genutzt werden, (Zwischen-)Ergebnisse zu präsentieren und zu diskutieren. 2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll 15

2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll

2.1 Ein Definitionsversuch Abgrenzung der Begriffe Hidden Champion und Weltmarktführer Seit den 1990er Jahren werden kleine und mittel­ ständische Unternehmen in Deutschland, die äu­ Oftmals werden die Begriffe Hidden Champion ßerst erfolgreich auf dem Weltmarkt agieren, in­ und Weltmarktführer synonym verwendet. We­ tensiv erforscht. Untersuchungen zeigen, dass sentliche Unterschiede bestehen hinsichtlich die Exportstärke Deutschlands nicht primär auf Größe und Bekanntheitsgrad der Unternehmen. Großunternehmen zurückzuführen ist (Simon So ist z. B. Volkswagen für bestimmte Produktseg­ 2012, S. 53), sondern vielmehr auf den Leistungen mente zwar Weltmarktführer, aufgrund der Größe kleiner und mittelständischer Unternehmen be­ des Unternehmens (insb. Umsatz) sowie Bekannt­ ruht, die in ihren jeweiligen Märkten international heitsgrad der Marke aber nicht als Hidden Cham­ führend sind und zunehmen auch in den wissen­ pion einzustufen. Hidden Champions sind also schaftlichen/gesellschaftlichen Fokus rückten. eine spezifische Gruppe von Weltmarktführern, die sich über Größe und Bekanntheitsgrad ent­ Mit der Einführung des Begriffs Hidden Champion sprechender Unternehmen abgrenzen lässt. hat Hermann Simon drei Kriterien definiert, an­ hand derer er Hidden Champions identifiziert: Die räumliche Wirkung von Hidden Champions auf lokaler und regionaler Ebene • Top-3-Unternehmen auf dem Weltmarkt oder Nr. 1 auf einem Kontinent Neben spezifischen Fragen zur Abgrenzung und • Umsatz unter 5 Mrd. Euro Identifikation von Hidden Champions werden vor • Geringe Bekanntheit in der Öffentlichkeit allem spezifische Eigenschaften wie die Marktfüh­ rerschaft, der Internationalisierungsgrad oder die Bezüglich der Marktstellung wird angemerkt, Unternehmensführung von Hidden Champions, die dass die Informationen auf den Angaben des je­ sie von ‚normalen‘, vergleichbar kleinen und mit­ weiligen Unternehmens beruhen und sowohl telständischen Unternehmen unterscheiden, ana­ Marktabgrenzung als auch Einschätzung zu lysiert. Damit gehen auch vertiefende Analysen Marktanteilen immer subjektive Elemente bein­ der Strategien und Charakteristika einher, die zum halten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass weltweiten Erfolg dieser Unternehmen beitragen. eine objektive Marktabgrenzung kaum durchführ­ Im Kontext des Forschungsvorhabens wurden an bar ist. Auch der Bekanntheitsgrad eines Unter­ dieser Stelle insbesondere raumwirksame Aspekte nehmens ist ein nicht exakt und objektiv zu quan­ der Unternehmen beleuchtet, während betriebs­ tifizierendes Merkmal (Simon 2012, S. 83 ff.). Um wirtschaftliche und organisationale Aspekte be­ dem Wachstum der Hidden Champions Rechnung wusst außen vor gelassen wurden. zu tragen, hat Simon die Umsatz-Obergrenze kon­ tinuierlich auf 5 Mrd. EUR erhöht – zunächst lag Folgende Merkmale von Hidden Champions sind diese bei 1,5 Mrd. DM und später bei 3 Mrd. EUR. mit Blick auf ihre räumliche Wirkung hervorzuhe­ Aktuelle Studien zu Hidden Champions folgen ben: weitestgehend diesen Abgrenzungskriterien (u. a. Rammer und Spielkamp 2015; Schlepphorst et al. • Überdurchschnittliches Wachstum: ein über­ 2016) – in Bezug auf Weltmarktführer wird auf die durchschnittliches Umsatz- und Beschäfti­ Umsatzobergrenze und den Einbezug des Be­ gungswachstum wird in vielen Studien belegt kanntheitsgrades verzichtet (z. B. Langenscheidt (u. a. Venohr und Meyer 2007; Simon 2012; Lan­ und Venohr 2015). Wie die Ausführung zu den De­ genscheidt und Venohr 2015; Rammer und finitionskriterien deutlich macht, ist eine exakte Spielkamp 2015) und als herausragendes und stets aktuelle Identifizierung aller Hidden Merkmal von Hidden Champions betont. Auf­ Champions kaum möglich. Im Projektkontext dient grund der globalen Aktivitäten kann jedoch das Konzept der Hidden Champions als primäre keine direkte Verbindung zwischen Wachstum Heuristik zur Annäherung an vergleichsweise und entsprechenden Umsatz- und Beschäfti­ hoch innovative und erfolgreiche Unternehmen. gungseffekten in Deutschland bzw. einzelnen Standorten hergestellt werden, denn etwa zwei Drittel aller neuen Stellen entstehen in ausländischen Tochtergesellschaften (Simon 2012, S. 368 f.). Allerdings geht die wachsende 16 2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll

internationale Präsenz häufig auch mit einer auch die Herausbildung lokaler Netzwerke bis bewussten Stärkung des Heimatstandortes hin zu Clustern befördert. Diese Einbettung einher, indem gerade am Stammsitz wettbe­ wird zudem durch die Besitzstruktur begüns­ werbsrelevante Aktivitäten, wie z. B. For­ tigt. Etwa zwei Drittel der Hidden Champions schung und Entwicklung, konzentriert werden sind in Familienbesitz – die Tendenz ist aller­ (Venohr 2015, S. 23). dings rückläufig. Häufig sind Eigentümerinnen und Eigentümer und/oder Managerinnen und • Innovation und Beschäftigte: da Hidden Manager vor Ort geboren und am Stammsitz Champions ihre Wettbewerbsvorteile weniger heimisch, was zur Identifikation mit dem über niedrige Kosten und Preise als vielmehr Standort und der Verbundenheit der Unterneh­ über Know-how, Qualität und Service sichern, men beiträgt. Venohr (2015) spricht in diesem sind die Unternehmen in besonderem Maße Zusammenhang von einer lokalen Veranke­ auf qualifiziertes Personal angewiesen. Des­ rung, die gerade in peripheren Regionen zu ei­ halb setzen Hidden Champions gerade an peri­ ner engen Bindung zwischen Beschäftigten pheren Standorten auf eigene Ausbildung und und der Region führt. eine hohe Ausbildungsintensität, da geeignete Fachkräfte mit dem benötigten Spezialwissen • Stammsitz in peripheren Regionen: zahlreiche sonst schwer zu finden sind. Dazu kooperieren Hidden Champions haben ihren Hauptsitz in sie häufig mit regionalen (Fach)Hochschulen ländlich geprägten, peripheren Regionen. Si­ und weiteren Bildungseinrichtungen. mon (2012, S. 381 ff.) identifiziert für diese Standorte spezifische Qualitäten: • Tradition und Unternehmenskultur: viele der – Unternehmen schätzen die Ruhe am Stand­ Hidden Champions in Deutschland blicken auf ort, die eine hohe Konzentration und Fokus­ eine lange Historie zurück: nur 25 % der Unter­ sierung auf die Kernaufgaben ermöglicht. nehmen sind jünger als 40 Jahre; 17 % sind äl­ – Es besteht eine wechselseitige Abhängig­ ter als 140 Jahre (Simon 2012, S. 86). Viele der keit von Unternehmen und Beschäftigten. Unternehmen haben über einen langen Zeit­ Gegenseitige Wertschätzung führt zu ge­ raum den ursprünglichen Standort geprägt steigerter Identifikation, geringer Fluktua­ und an ihre Bedürfnisse angepasst. Gerade tion sowie zu erhöhter Motivation der Be­ Hidden Champions mit Stammsitz in periphe­ legschaft. ren Regionen sind häufig größter lokaler/re­ gionaler Arbeitgeber und haben demnach eine Insgesamt deuten die genannten Aspekte auf die große Bedeutung für die Bevölkerung, Verwal­ wichtige wirtschaftliche Rolle und eine damit in tung, etc. vielerlei Hinsicht prägende Standortwirkung von Hidden Champions hin, die insbesondere für klei­ • Verbundenheit zum Stammsitz: in ihrer Ver­ nere Gemeinden und periphere Regionen hervor­ gleichsstudie zu britischen Hidden Champions gehoben werden kann. Neben den genannten Ab­ heben Witt und Carr (2014) die stärkere lokale grenzungskriterien zur Definition und Identifizie­ Einbettung deutscher Unternehmen in soziale rung von Hidden Champions sind auch die struktu­ und kulturelle Institutionen als zentralen Er­ rellen und qualitativen Merkmale der folgsfaktor hervor. Hier beobachten die Auto­ Unternehmen für die im Projekt angelegte Arbeits­ ren insbesondere eine enge Verbindung zu Bil­ definition von Hidden Champions von Bedeutung. dungs- und Forschungseinrichtungen, die

Definition Hidden Champions für die vorliegende Studie

Hidden Champions sind kleine und mittelständische Unternehmen, die auf dem Weltmarkt agieren, in der öffentlichen Wahrnehmung relativ unbekannt und wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreich sind. Neben ihrer globalen Präsenz kennzeichnet diese Unternehmen eine oftmals enge Verbindung zu ihrem Stammsitz, die sich insbesondere aus der Firmengeschichte, der Besitzstruktur und der en­ gen Bindung zur Belegschaft und ggf. weiteren Akteuren und Institutionen vor Ort ergibt. 2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll 17

2.2 Standorte von Hidden Auf Basis der identifizierten Hidden Champions Champions in Deutschland und Kleinstädte werden im Folgenden die Ergeb­ nisse zur Bewertung des wirtschaftlichen Poten- Die Datenbank des IfL zeigt, dass sich insgesamt zials der Unternehmen vor Ort sowie der wirt­ 174 der 1.691 Unternehmenssitzen von Hidden schaftlichen Situation der jeweiligen Kleinstädte Champions in Deutschland in Kleinstädten in peri­ präsentiert. pherer Lage befinden (siehe Abb. 6). Da in einzel­ nen Gemeinden bis zu vier Hidden Champions an­ Raumtyp 2010 – Lage gesiedelt sind, verteilen sich diese 174 Unterneh- men auf insgesamt 147 Kleinstädte. sehr zentral zentral peripher sehr peripher

Großstadt 403 45 0 0 448 Damit ist etwa jeder fünfte Hidden Champion in Deutschland außerhalb der Verdichtungsräume Mittelstadt 280 247 79 2 608 beheimatet, viele von ihnen in Kleinstädten, auch Größere Kleinstadt 86 132 79 4 301 solchen in peripheren Lagen. Gerade in Oberfran­ Kleine Kleinstadt 31 95 84 7 217 ken, in der württembergischen Hohenlohe, im Landgemeinde 4 31 75 7 117 Schwarzwald und im Südosten der Schwäbi-

Stadt- und Gemeindetyp 804 550 317 20 1691 schen Alb sind viele dieser Unternehmen mit einer führenden Position auf den globalen Märk­ Abb. 6: Unternehmenssitz von Hidden Champions nach Stadt- und Gemeindetypen, ten anzutreffen (siehe Abb. 7). Raumtyp Lage des BSSR Quelle: eigene Darstellung 2018

2.3 Welche Hidden Champions triebetriebe, die mit Nischenprodukten weltweit befinden sich in Kleinstädten? wettbewerbsfähig sind, allerdings über ein eher eingeschränktes Wachstumspotenzial verfügen. Die Strukturmerkmale der 174 Hidden Champions Insgesamt lassen sich 90 % der Unternehmen in Kleinstädten in peripherer Lage geben erste einem der drei dominanten Typen zuordnen. Aufschlüsse über ihre potenzielle örtliche Rele­ vanz. Bei diesen Unternehmen handelt sich über­ Anzahl der Mitarbeiter (n = 147, ohne Ausreißer) wiegend um recht große Unternehmen, die die Obergrenze von kleinen und mittleren Unterneh­ men (KMU) von 500 Mitarbeitern (IfM 2016) im

Mittel überschreiten. Die Betrachtung der Grün­ 0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 2000 2250 1500 dungsjahre verweist auf das hohe Alter der Hid­ den Champions. 50 % der Unternehmen wurden Gründungsjahr (n = 166, ohne Ausreißer) zwischen Mitte der 1910er- und Anfang der 1960er-Jahre gegründet, die Ursprünge einiger der Unternehmen gehen auf das 19. Jahrhundert und darüber hinaus zurück. 74 % der Unterneh­ 1800 1825 1850 1875 1900 1925 1950 1975 2000 2025 men sind als Familienunternehmen eingestuft. Die Einordnung der Wirtschaftszweige zeigt, dass es Besitzstruktur der Unternehmen (n =174) sich dabei zum Großteil um Industrieunternehmen handelt (98,3 %). Davon sind etwa 68 % den for­ schungsintensiven Industriezweigen wie dem Maschinen- und Anlagenbau zuzuordnen. 0% 20% 40% 60% 80% 100%

Familienunternehmen kein Familienunternehmen In der Zusammenschau verweisen die betrachte­ ten Indikatoren auf drei dominante Typen der Verteilung nach Wirtschaftssektoren (n =174) Hidden Champions. Die größte Gruppe besteht aus traditionsreichen, familiengeführten Mittel­ ständlern, für die eine enge und historisch ge­ 0% 20% 40% 60% 80% 100% wachsene Verbindung zum Standort anzunehmen Forschungsintensive Industrie Sonstige Industrie ist. Die weiteren Gruppen sind managementge­ Wissensintensive Dienstleistungen führte Industrieunternehmen sowie kleinere, Abb. 7: Strukturmerkmale der Hidden Champions in Kleinstädten in peripherer Lage überwiegend recht alte, familiengeführte Indus- Quelle: eigene Darstellung 2018 18 2. Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll

DK

Kiel

Rostock

Hamburg Schwerin

Bremen

PL

Ber in Hannover NL Potsdam Magdeburg

Bielefeld

Cottbus Essen Dortmund Halle/S.

Düsseldorf Kassel Leipzig Erfurt Köln Chemnitz Bonn

BE

Frankfurt/M. Wiesbaden CZ

Mainz LU

Mannheim Nürnberg Saarbrücken

FR Stuttgart

lm

München AT Freiburg i.Br.

CH 100 km © BBSR Bonn 2018 Unternehmenssitze von Hidden Champions Lage Datenbasis: Prof. Dr. Bernd Venohr „Datenbank Kleinstädte peripher Deutscher Weltmarktführer“ & WeissmanGruppe für Familienunternehmen, Ergänzungen und eigene Großstädte, Mittelstädte, Landgemeinden sehr peripher Recherchen des Leibniz-Institut für Länderkunde, Lagetypen des BBSR Anzahl Geometrische Grundlage: Verbandsgemeinden 1 (generalisiert), 31.12.2016 © GeoBasis-DE/BKG Bearbeitung: G. Krischausky 15 35

Abb. 8: Unternehmenssitze von Hidden Champions Quelle: BBSR 2018 2. Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll 19

Anzahl Mitarbeiter Gründungsjahr Familien- Wirtschafts­ weltweit unternehmen sektor

Unternehmenstyp* < 250 250–999 >= 1000 < 1945 1945 >= 1990 ja nein Ind. DL. –1989

Traditionsreiche, familiengeführte x x x x x x Mittelständler (n = 99)

Eher alte, managementgeführte x x x x x x Industrieunternehmen (n=33)

Traditionsreiche, kleinere x x x x x Familienunternehmen (n=22)

*Es wurden nur Unternehmen berücksichtigt, für die Informationen zu allen vier Indikatoren vorliegen.

Abb. 9: Überblick zur Typisierung der Hidden Champions Quelle: eigene Darstellung 2018

Für 125 der Unternehmen konnte zudem die Mitar­ 2.4 Geht es Kleinstädten mit Hidden beiterzahl am jeweiligen Stammsitz ermittelt wer- Champions besser? den. Demnach beschäftigen über 40 % dieser Un­ ternehmen vor Ort mehr als 500 Mitarbeiterinnen Neben der Betrachtung der einzelnen Hidden und Mitarbeiter. Der Abgleich mit der Gesamtzahl Champions ermöglicht die Analyse der wirt­ der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in schaftlichen Situation in den jeweiligen Klein- den jeweiligen Gemeinden (Statistische Ämter städten weitere Aufschlüsse zum Verhältnis der des Bundes und der Länder 2018) verdeutlicht die Unternehmen und ihrem Standort. Um die wirt­ herausragende Stellung der Hidden Champions schaftliche Situation der Kleinstädte in peripherer als Arbeitgeber vor Ort: im Mittel arbeitet knapp Lage mit Hidden Champion(s) abzubilden, wurden jeder fünfte Beschäftigte in der jeweiligen Klein­ fünf sozioökonomische Indikatoren in den Berei­ stadt für den örtlichen Hidden Champion. Folglich chen Humankapital, Pendlerverflechtung, Demo- gehen durch die Präsenz dieser Unternehmen grafie, Arbeitslosigkeit und Steueraufkommen für wesentliche direkte Beschäftigungs- und Einkom- alle Kleinstädte in Deutschland auf Gemeinde­ menseffekte aus. Darüber hinaus können weitere und Gemeindeverbandsebene analysiert. Die Mit­ indirekte Impulse entstehen. Unter anderem telwerte der einzelnen Indikatoren zur Indexkon­ durch Infrastruktur-Effekte (z. B. durch erhöhte struktion sind Abb. 10 zu entnehmen. Betriebsausgaben), Kaufkraft-Zuwächse als Folge erhöhter Beschäftigung und nicht zuletzt Die wirtschaftliche Situation ist dem Index zu­ durch erhöhte öffentliche Einnahmen als Folge folge für 19 % aller Kleinstädte als unterdurch­ von zusätzlichen Steuereinnahmen (Maier et al. schnittlich, für 62 % als durchschnittlich und für 2012; Farhauer und Kröll 2014).

Unteres Mittleres Oberes Indikator Drittel Drittel Drittel

Verhältnis junge (15 – < 20 J) zu alten Humankapital 54 85 105 (60 – < 65 J) Erwerbsfähigen in %

Pendlersaldo Pendlersaldo je 100 SvB am Arbeitsort -95 -71 -17

Anteil der Einwohner 65 Jahre und älter Demografie 26 21 18 an den Einwohnern in %

Arbeitslose je 1000 Einwohner im Arbeitslosigkeit 67 35 22 erwerbsfähigen Alter

Gemeinde- Gewerbesteuer in € je Einwohner 151 288 747 steuerkraft

Abb. 10: Überblick zu Indikatorenwerten auf Gemeindeverbandsebene Quelle: eigene Darstellung 2018 (Datenquelle: INKAR, eigene Berechnungen) 20 2 Hidden Champions – unbekannt, aber wirkungsvoll

19% als überdurchschnittlich einzustufen. Die dukte. Bei den 174 Hidden Champions mit Stamm- beiden Gruppen der Kleinstädte (zentral und peri- sitz in Kleinstädten in peripherer Lage handelt es pher) mit Hidden Champion(s) sind im Vergleich sich überwiegend um recht große, mehrheitlich zu den anderen Gruppen hinsichtlich ihrer wirt- familiengeführte Industrieunternehmen, für die schaftlichen Situation deutlich besser einzustu- eine bedeutende wirtschaftliche Rolle vor Ort an- fen. Hier überrascht, dass es nur marginale Un- zunehmen ist. Einige der Unternehmen beschäfti- terschiede zwischen den beiden Gruppen mit Hid- gen 500 und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbei- den Champion(s) gibt. In 32% der Kleinstädte in ter am Stammsitz. Damit arbeitet im Mittel knapp peripherer Lage ohne Hidden Champion ist die jede oder jeder fünfte Beschäftigte in der jeweili- wirtschaftliche Situation unterdurchschnittlich – gen Kleinstadt für den örtlichen Hidden Cham- mit Abstand der höchste Anteil über alle Gruppen pion. Folglich gehen durch die Präsenz dieser Un- hinweg. Verglichen damit ist die wirtschaftliche ternehmen vor Ort wesentliche direkte Beschäfti- Situation der Kleinstädte in peripherer Lage mit gungs- und Einkommenseffekte aus. Hidden Champion(s) insgesamt deutlich positiver. Denn nur in 6% dieser Kleinstädte ist die wirt- Die wirtschaftliche Situation von Kleinstädten in schaftliche Situation unterdurchschnittlich, bei peripherer Lage mit Hidden Champions ist insbe- 35% hingegen überdurchschnittlich. sondere gegenüber Kleinstädten in peripheren Lagen ohne Hidden Champions als überdurch- schnittlich zu bewerten. Über den Indikator Pend- 2.5 Fazit lersaldo konnte u.a. eine Annäherung an die be- deutende Funktion der Kleinstädte als Arbeitsorte Kleinstädte sind als Orte wirtschaftlicher Dynamik in ihrer jeweiligen Region erreicht werden. Zu- aufzufassen, auch in peripheren Lagen. Knapp ein dem deutet die erhöhte Gemeindesteuerkraft der Drittel der identifizierten Hidden Champions ha- Gemeinden mit Hidden Champions das wirt- ben ihren Stammsitz in Kleinstädten. Hier entwi- schaftliche Potenzial dieser Unternehmen für die ckeln, produzieren und vertreiben viele der welt- jeweiligen Kommunen an. weit aktiven Unternehmen erfolgreich ihre Pro-

Alle Kleinstädte (n = 2.107)

… in zentraler Lage ohne HC (n = 932)

… in zentraler Lage mit HC (n = 257)

… in peripherer Lage ohne HC (n = 778)

… in peripherer Lage mit HC (n = 140)

unterdurchschnittlich durchschnittlich überdurchschnittlich

Abb. 11: Wirtschaftliche Situation von Kleinstädten in Deutschland. Quelle: eigene Darstellung 2018 (Datenquelle: INKAR, eigene Berechnungen) 3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung 21

3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung

3.1 Das Konzept der Corporate Local (Osterhoff 2016). Dass die klassischen Aufgaben­ and Regional Responsibility zuweisungen, die innerhalb eines marktwirt­ schaftlichen Systems staatlichen und privaten Dass sich Unternehmen an ihrem Standort und Akteuren (z. B. Bürgerinnen und Bürger, Vereine, darüber hinaus gesellschaftlich engagieren und Verbände, Wirtschaftsunternehmen etc.) zuge­ an Stadtentwicklung beteiligen, ist keine neue schrieben werden, in zunehmender Weise ver­ Erscheinung. Bereits mit der Entwicklung des schwimmen, zeigen aktuelle Untersuchungen modernen Unternehmertums haben Unterneh­ (Braun 2010; Knieling et al. 2012; Nadler 2017). merinnen und Unternehmer Verantwortung Dennoch bleibt in einer Marktwirtschaft die zen­ übernommen, sich für ihre Mitarbeiterinnen und trale Aufgabe von betriebswirtschaftlich und ge­ Mitarbeiter eingesetzt und ihre Standorte zum winnorientiert handelnden Unternehmen die Ent­ Teil entscheidend geprägt. Entsprechende Bei­ wicklung und Produktion von Gütern und Dienst­ spiele finden sich im Wohnungsbau (z. B. die leistungen (Backhaus-Maul und Braun 2007; Fuggerhäuser in Augsburg, Meyersche Häuser Braun 2010). Demzufolge verwundert es nicht, in Leipzig, Margarethenhöhe in Essen), aber dass gesellschaftliches Engagement von Unter­ auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen. nehmen nicht selten betriebswirtschaftliche Be­ In Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung lange und unternehmerische Eigeninteressen stehen Städte und Regionen wie Unternehmen einschließt (Kiese und Schiek 2016). gleichermaßen vor besonderen Herausforde­ rungen, etwa wenn es um nachhaltige Entwick­ In Deutschland verfolgen Unternehmen unter­ lung und soziale Verantwortung geht. Hinzu schiedliche Strategien der gesellschaftlichen kommt, dass Stadtentwicklung ein zunehmend Teilhabe und setzen entsprechend verschiedene heterogener und kooperativer Prozess ist, in Instrumente ein. Im ersten Engagementbericht den sich sowohl Bürgerinnen und Bürger als der Bundesregierung (BMFSFJ 2012) werden drei auch Unternehmen aktiv einbringen können gestaffelte Bereiche unterschieden: (Deutscher Städtetag 2013). In peripheren Räu­ men spielt zudem eine erhebliche Rolle, dass • Corporate Giving, darunter sind finanzielle und sich die öffentliche Hand aufgrund angespann­ materielle Zuwendungen (Geld-, Sach- und ter Haushaltslagen und begrenzter Fördermittel Produktspenden, Sponsoring etc.) zu verste­ zusehends aus der umfassenden Daseinsvor­ hen; die häufigste Form des Engagements; sorge zurückzieht und insbesondere das Spek­ • Corporate Volunteering, das vor allem die Mit­ trum an freiwilligen Aufgaben zusehends redu­ arbeiterinnen und Mitarbeiter des Unterneh­ ziert. Folglich wird Akteuren aus den Bereichen mens durch Freistellungen oder auch das En­ Zivilgesellschaft und Unternehmertum eine zu­ gagement in Vorständen von Vereinen oder nehmend bedeutendere Rolle in der Stadtge­ NGOs aktiviert; und staltung zugeschrieben. Bürgerinitiativen und • Corporate Support als strategisch ausgerich­ Unternehmen sind gefragt, den komplexer wer­ tete Beteiligung und die Unterstützung Dritter denden Herausforderungen wie demographi­ in ihrem Engagement z. B. durch die Gründung scher Wandel, selektive Abwanderung oder von Unternehmensstiftungen oder der Mitwir­ Fachkräftemangel gemeinsam mit Politik und kung in Verbänden, Bürgerinitiativen oder im Verwaltung entgegenzutreten, neue Aufgaben Regionalmanagement. zu übernehmen und bestehende Aufgaben neu zu verteilen. Diese Verschiebungen lassen be­ Die Formen der Beteiligung reichen von eher re­ obachten, dass gerade im gesellschaftlichen aktiven Einzelmaßnahmen (Sponsoring, teilweise Bereich nicht nur die Bedeutung des Engage­ auch Maßnahmen des Corporate Volunteering), ments von Wirtschaftsakteuren wächst (z. B. über größere Projekte zur Lösung bestimmter Kiese und Schiek 2016; Danielzyk et al. 2017), Probleme, bis hin zu einer strategischen und pro­ sondern auch die Anforderungen und Erwartun­ aktiven Ausrichtung der Aktivitäten, die auf struk­ gen an unternehmerisches Engagement steigen turelle Veränderungen abzielen (Osterhoff 2016). (BMFSFJ 2012). Dabei sollte nicht außer Acht Abhängig von Intensität und Umfang einzelner gelassen werden, dass Engagement immer auf Beteiligungsformen und -aktivitäten ergeben sich Freiwilligkeit beruht und originär staatliche bzw. mehr oder weniger direkte Bezüge zu Stadtent­ kommunale Pflichtaufgaben, wie etwa im öf­ wicklungsprozessen und entsprechenden Hand­ fentlichen Nahverkehr, nicht ersetzen kann lungsfeldern (z. B. Ökonomie, Ökologie, Soziales) 22 3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung

Da Engagement und Beteiligung häufig lokal ver­ scher Bedeutung für Kommunen und Regionen ankert stattfinden, sind sie im Kontext des Unter­ sein, da im Idealfall unterschiedliche Akteurs­ nehmensstandorts zu betrachten. Der räumliche gruppen gesellschaftlicher Kernbereiche glei­ Kontext (z. B. Kommune, Region) eines Unterneh­ chermaßen eingebunden sind. Da kommunale mens bietet diesem wichtige materielle und im­ Verwaltungen in der Regel Kenntnisse über kon­ materielle Ressourcen (z. B. Beschäftigte, Infra­ krete Engagementbedarfe besitzen, lässt sich strukturen, Netzwerke etc.). Gleichzeitig wird der durch eine koordinierte Zusammenarbeit zwi­ räumliche Kontext auch durch die Tätigkeit des schen Kommune und Unternehmen das Engage­ Unternehmens geprägt, z. B. durch den Verbrauch ment am tatsächlichen Bedarf ausrichten (BBSR natürlicher Ressourcen, die Bereitstellung von 2015). Arbeitsplätzen, die Generierung von Steuermit­ teln etc. (Hohn et al. 2014). Aufgrund dieser und Nicht zuletzt trägt die Netzwerkbildung sowohl weiterer Wechselwirkungen zwischen Unterneh­ zwischen Unternehmen als auch zwischen Unter­ men und Region wird die räumliche Dimension nehmen und anderen Akteuren (Verwaltung, unternehmerischen Engagements seit einiger Zeit NGOs, bürgerschaftliche Initiativen) in einer Re­ verstärkt beleuchtet (Hohn et al. 2014; Kiese und gion zu einer positiven Entwicklung bei (Schiek Schiek 2016; Albers und Hartenstein 2017). Zudem 2017; Osterhoff 2016). In Netzwerken wie regiona­ zeigt sich, dass rund 90 % der engagierten Unter­ len Unternehmensinitiativen oder Regionalmarke­ nehmen vornehmlich lokal und regional tätig sind tingaktivitäten können Kompetenzen gebündelt (BMFSFJ 2012; Mittelstädt et al. 2013). und komplexe Herausforderungen gezielt ange­ gangen werden. Ebenso können Netzwerke auch Diese explizite Raumdimension im Engagement der Durchsetzung eigener (unternehmerischer) und der Beteiligung von Unternehmen spiegelt Interessen in politischen Entscheidungsprozes­ sich im Konzept der Corporate Regional Respon­ sen dienen (Knieling et al. 2012). sibility (Kiese und Schiek (2016) oder auch Corpo­ rate Local and Regional Responsibility (Hohn et al. Bislang lag das Forschungsinteresse zum Enga­ 2014) wider. Hierbei handelt es sich um eine ‚Ent­ gement und zur Beteiligung von Unternehmen wicklungspartnerschaft zwischen Unternehmen vorwiegend auf größeren Unternehmen oder Un­ und Region‘. Unternehmen übernehmen freiwillig ternehmensverbänden in (Groß-)Städten (Hohn et Verantwortung für gesellschaftliche Belange im al. 2014). Jedoch prägen gerade KMU das Wirt­ regionalen Umfeld ihres Hauptsitzes und/oder ih­ schaftsleben in Deutschland in großem Maße rer Betriebsstandorte. „Dabei stehen die exter­ (IfM o. J.) und zwar umso mehr abseits der Agglo­ nen Beziehungsrelationen des Unternehmens merationsräume. Zwar gibt es vereinzelte Stu­ und die auf externe Stakeholder (z. B. Nachbarn, dien, die sich auch mit CLRR in ländlichen oder die lokale Gemeinde, Politik und Behörden, Schu­ peripheren Räumen beschäftigen (Danielzyk et al. len und Forschungseinrichtungen, öffentliche In­ 2017), eine explizite Untersuchung zum lokalen teressensgruppen, Vereine, Verbände und NGOs) Engagement von innovativen (meist mittelständi­ gerichteten gesellschaftlichen Beiträge im Vor­ schen) Unternehmen in Kleinstädten steht jedoch dergrund.“ (Schiek 2017, S. 60). Eine so definierte noch aus. Diese Lücke möchte die vorliegende Entwicklungspartnerschaft kann von strategi­ Studie schließen.

Definition Corporate Local and Regional Responsibility im Rahmen der Studie

Corporate Local and Regional Responsibility (CLRR) wird in Anlehnung an Kiese und Schiek (2016) als ‚Entwicklungspartnerschaft zwischen Unternehmen und Region‘ sowie Kommune(n) definiert, in der Unternehmen sich freiwillig beteiligen und „für ökonomische, ökologische, soziale und kulturelle Be­ lange des betrieblichen Umfelds engagieren“ (Hohn et al. 2014, S. 123). Dieses Engagement kann in unterschiedlichen Handlungsfeldern auftreten: • punktuell in Form von Geld- oder Sachspenden (Corporate Giving); • projektbezogen, z. B. durch Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Projektaktivitäten (Corporate Volunteering); oder • strategisch, z. B. durch den Einsatz von Unternehmen für die langfristige lokale und regionale Entwicklung in Stiftungen, Bürgerinitiativen oder dem Regionalmanagement (Corporate Support). 3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung 23

3.2 Unternehmen und Integrierte Stadtentwicklung

Aktuelle Verständnisse integrierter Stadtentwick­ lung sowie die darauf bezogenen Planungspro­ zesse verstehen sich in gewisser Weise als Ant­ wort auf die Erkenntnis, dass relevante Akteure der Stadtgesellschaft in der Vergangenheit viel­ fach unabhängig voneinander Stadtentwicklung betrieben haben. Entsprechende Aktivitäten und Entscheidungsprozesse sind vielfach fragmen­ tiert verlaufen (Selle 2012; Kiese und Schiek 2016).

Mit dem Ziel, Bezüge zwischen den einzelnen Ak­ teursgruppen und den jeweiligen Motivlagen her­ zustellen sowie umsetzungsorientierte Kooperatio­ nen zu aktivieren, versucht integrierte Stadtent­ wicklung, Aktivitäten zu bündeln, Synergien zu schaffen und Fragmentierung zu reduzieren. Lei­ tende Prämisse ist, dass nachhaltige Stadtent­ wicklung nur als kooperatives Gemeinschaftswerk gelingen und gestaltet werden kann. Demnach re­ sultiert integrierte Stadtentwicklung aus dem kol­ lektiven Handeln unterschiedlicher Akteure, die an entsprechenden Prozessen nicht nur beteiligt wer­ den, sondern diese aktiv (mit)gestalten. In einem Positionspapier zur integrierten Stadtentwick­ lungsplanung benennt der Deutsche Städtetag (2013) insbesondere Politik und Verwaltung, pri­ vate Marktakteure sowie die Zivilgesellschaft als Bad Berleburg – „Stadt der Dörfer“: der integrierte Dorfentwicklungsprozess ist wesentliche Akteure der Stadtentwicklung, die Ergebnis der Leitbildprozesses, den die Gesamtstadt in den Jahren 2009–2011 trotz spezifischer Interessen entlang bestehender durchgeführt hat und an dem auch Unternehmer beteiligt waren Quelle: Christian l’Hiver und Kati Lückel, Stadt Bad Berleburg; Foto: Christian l‘Hiver Schnittmengen operieren. Um die erforderlichen Kooperationen zwischen diesen städtischen Ak­ teuren zu gestalten, ist es daher Aufgabe öffentli­ cher Akteure, einen Ausgleich zwischen konkur­ lungsprozessen beteiligt. Auch deshalb unter­ rierenden Interessen herzustellen (Deutscher streicht integrierte Stadtentwicklung explizit die Städtetag 2013; Kiese und Schiek 2016). Rolle von Unternehmen. Diese gelten als wesent­ liche stadtgesellschaftliche Akteure und sind Im Kern wird integrierte Stadtentwicklung somit durch ihr Engagement für das örtliche Gemeinwe­ als langfristiger Prozess verstanden. Trotz verän­ sen und die Beteiligung an Stadtentwicklungspro­ derter Rolle übernehmen öffentliche Akteure im zessen zunehmend als (Ko-)Produzenten der Akteursgeflecht weiterhin zentrale Funktionen, Stadt und des Städtischen sowie als aktive Mitge­ die zwischen hoheitlichen, koordinierenden und stalter des (Kommunal)Politischen zu sehen (Selle kooperierenden sowie zunehmend auch aktivie­ 2012; Weck 2014). Innerhalb solcher Konstellatio­ renden Aufgaben variieren (Selle 2012, Danielzyk nen können Kommunen von den vielfältigen Res­ et al. 2017). So gilt es seitens öffentlicher Akteure sourcen profitierten, die seitens der Unternehmen explizit Gelegenheiten für unternehmerisches und eingebracht werden (finanziell, personell, Wis­ zivilgesellschaftliches Engagement vor Ort zu sen, Netzwerke etc.). Gleichwohl ist Stadtent­ schaffen. Festzuhalten ist jedoch, dass breite Ak­ wicklung sowohl hinsichtlich Planung als auch teursbeteiligung an Stadtentwicklungsprozessen Umsetzung dem Gemeinwohl verpflichtet (Deut­ keineswegs ein neues Phänomen darstellt. Viel­ scher Städtetag 2013). Somit öffnet die Beteili­ mehr ist die Beteiligung unterschiedlicher Grup­ gung privater Akteure ein zentrales Spannungs­ pen als Kontinuität stiftendes Element innerhalb feld, dessen Spektrum sich zwischen unterneh­ eines sich koordinativ verändernden Rahmens zu mensbezogenem Eigeninteresse und befürchteter sehen. Dominanz privater über gemeinwohlorientierter Interessen und neuen Optionen für nachhaltige Traditionell haben sich Unternehmen in besonde­ Stadtentwicklung und die Bereitstellung öffentli­ rer Weise direkt und indirekt an Stadtentwick- cher Güter bewegt (Weck 2014). 24 3 Hidden Champions als Akteure der Kleinstadtentwicklung

Die Ziele integrierter und nachhaltiger Stadtent­ In Anbetracht dieser Querschnittsthemen stellt wicklung orientieren sich nicht nur daran, eine sich die Frage, inwiefern Unternehmen, auch Vielzahl örtlicher Akteure zu mobilisieren, son­ durch ihr wirtschaftliches Eigeninteresse moti­ dern folgen ebenso dem Ansatz, ein Gleichge­ viert, davon profitieren, sich aktiv an der Gestal­ wicht herzustellen zwischen ökonomischen, öko­ tung solcher Handlungsfelder zu beteiligen. Her­ logischen, sozialen und kulturellen Dimensionen vorzuheben ist, dass die Wettbewerbsfähigkeit zukunftsorientierter Stadtentwicklung (Deutscher von Unternehmen auch von den Gegebenheiten Städtetag 2013). Dieser multi-dimensionale An­ des lokalen und regionalen Umfeldes bestimmt satz hebt den Querschnittscharakter der Hand­ wird. Engagement und Beteiligung in der Stadt­ lungsfelder hervor, welche integrierte Stadtent­ entwicklung bieten Unternehmen somit die Mög­ wicklungsplanung adressiert. Zu diesen Quer­ lichkeit, ihr Umfeld mitzugestalten (Kiese und schnittsthemen, die insbesondere auch aus Un­ Schiek 2016) und sich darüber vor Ort als leis­ ternehmensperspektive von Bedeutung sind, tungsstarke Akteure zu positionieren (Danielzyk zählen beispielsweise: et al. 2017). In der Regel wählen Unternehmen ihre Engagementfelder daher frei aus. Erhalt und • Wirtschaft und Wissenschaft: Förderung der stetige Entwicklung eines attraktiven und lebens­ Standortvoraussetzungen; insbesondere für werten Wohn- und Arbeitsumfeldes sowie adä­ Wissensproduktion und Kreativität; Vernet­ quater Infrastrukturen sind dabei aus Unterneh­ zung von Wirtschaft und Wissenschaft; Erhalt menssicht wesentliches Element weicher Stand­ und Förderung gemischt genutzter Quartiere; ortfaktoren, die maßgeblich zur umfassenden Förderung lokaler Ökonomie; Profilierung der Standortattraktivität beitragen. Gerade diese wei­ Stadtregion; chen Faktoren gewinnen im Zuge des zunehmen­ • Stadt als Wohnort: Sicherung eines differen­ den Wettbewerbs um Fachkräfte an Bedeutung. zierten Wohnungsangebotes für unterschiedli­ Zudem kann unternehmerisches Engagement che Ziel- und Altersgruppen; Umbau und Mo­ ebenso dazu beitragen, Image und Bekanntheit zu dernisierung; Förderung des innerstädtischen fördern – gerade, wenn das Engagement gesell­ Wohnens und lebendiger Quartiere; schaftspolitisch akzeptierte Handlungsfelder wie • Kultur, Freizeit und Sport: Förderung einer le­ beispielsweise die Breitensportförderung betrifft bendigen Kulturlandschaft sowie vielfältiger (Backhaus-Maul und Braun 2007). Demzufolge Angebote für den Breitensport; Erhalt und Ver­ halten Danielzyk et al. (2017, S. 153) fest, dass „al­ besserung der Lebensqualität durch kulturelle truistisches Handeln von Unternehmern nicht vo­ Vielfalt und Spielräume für Kreativität; rausgesetzt werden kann; vielmehr erwarten Un­ • Bildung und Betreuung: Entwicklung anpas­ ternehmer einen Mehrwert (wie z. B. größere Be­ sungsfähiger Infrastrukturen; Ausbau der Bil­ kanntheit, Ansehen, Image), der sich aus den zu­ dungs- und Betreuungsangebote. sätzlichen Aktivitäten ergibt.“ 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde 25

4 Fallstudien

Aufbauend auf dem Stand der Forschung zu Corporate Local and Regional Responsibility wurden zwischen August und November 2018 die nachstehenden Fallstudien durchgeführt und ausgewertet. Neben einer Beschreibung der jeweiligen Stadtentwicklung und Kommunikati- onsstrukturen stand dabei vor allem die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der Hidden Champions vor Ort im Mittelpunkt.

4.1 Fallstudie Finsterwalde

Profil der Sängerstadt Finsterwalde

• Mittelzentrum und einwohnerstärkste Stadt Die Stadt ist ein bedeutender, historisch gewach- im Elbe-Elster-Kreis (Südbrandenburg), sener Standort der Metall- und Elektro- Sängerstadt industrie mit einigen größeren Industrie- und • Ortsteile: 2 Handelsunternehmen. Auch der im Kontext dieser Fallstudie betrachtete Hidden Champion, Kjell- • Fläche: 77,2 km2 berg Finsterwalde, ist diesem Wirtschaftsbereich • Einwohnerzahl 2018: 16.300 zuzuordnen. Des Weiteren ist auch der Dienst- • SvB am Arbeitsort (2018): 5.652 (2013: 5.536) leistungssektor in Finsterwalde von großer Be- • Bedeutender Standort der Metall- und deutung. Als größter Arbeitgeber spielt insbeson- Elektroindustrie dere das Elbe-Elster-Klinikum eine wichtige Rolle. Diese Aspekte machen deutlich, dass Finster- • Gewerbesteuer je Einwohner (2015): 207,1 € walde über eine ausgeprägte Arbeitsmarktzen- tralität verfügt, welche sich in einem positiven Finsterwalde ist ein Mittelzentrum im südlichen Pendlersaldo niederschlägt. Brandenburg in der Niederlausitz und übernimmt auf regionaler Ebene entsprechende überörtliche Funktionen (z. B. Elbe-Elster-Klinikum, die Stadtbi- bliothek, weiterführende Bildungseinrichtungen). Mit 16.300 Einwohnerinnen und Einwohnern (Ende 2017) ist Finsterwalde größter Ort im Landkreis Elbe-Elster. Das alle zwei Jahre stattfindende Sängerfest gilt als kultureller Höhepunkt.

Wie viele Städte in Ostdeutschland hat Finster- walde nach der Deutschen Einigung, einen tief- greifenden Strukturwandel durchlebt, dessen Auswirkungen zum Teil immer noch spürbar sind. Die Stadt weist eine relativ hohe Arbeitslosen- quote von 8 % auf (Agentur für Arbeit 2018) und befindet sich in einer eher schwierigen demogra- fischen Situation, die von anhaltender Abwande- rung, einer negativen natürlichen Bevölkerungs- entwicklung sowie Alterung gekennzeichnet ist. Abb. 12: Übersichtskarte Finsterwalde (Landkreis Elbe-Elster) Quelle: IfL 2019 Im Jahr 2000 hatte Finsterwalde noch über 20.000 Einwohner. In den letzten Jahren ist der Bevölke- Indikator Finsterwalde rungsrückgang allerdings deutlich abgeflacht. Diese demographischen Trends werden von loka- Verhältnis junge (15– <20J) len Akteuren als zentrale Herausforderungen für Humankapital zu alten (60– <65J) 42,2 Erwerbsfähigen in % die künftige Entwicklung gesehen, da dadurch Anpassungsdruck in Handlungsfeldern wie Woh- Pendlersaldo je 100 SV Pendlersaldo 5,1 nungsmarkt oder Kommunalfinanzen entsteht. Beschäftigte am Arbeitsort Auf der anderen Seite machen Initiativen wie die Anteil der Einwohner 65 Jahre und älter Demographie 28,7 Willkommensagentur Comeback Elbe-Elster deut- an den Einwohnern in % lich, dass sowohl im Landkreis Elbe-Elster als Arbeitslose je 1000 Einwohner Arbeitslosigkeit 144,5 auch in der Stadt Finsterwalde Zuwanderung und im erwerbsfähigen Alter insb. Rückkehrerinnen und Rückkehrer eine Rolle Gemeindesteuerkraft Gewerbesteuer in € je Einwohner 207,1 spielen und als Potenzial für zukünftige Impulse gesehen werden (complan Kommunalberatung Abb. 13: Überblick Finsterwalde zu Indikatoren für das Jahr 2014 GmbH 2015). Quelle: eigene Darstellung 2018 (Datenquelle: INKAR, eigene Berechnungen) 26 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde

Stadtentwicklung in Finsterwalde

Marktplatz Finsterwalde Foto: Paula Vogel 2018

Das erste integrierte Stadtentwicklungskonzept waltung/Politik, Unternehmen und Zivilgesell­ (INSEK) wurde in Finsterwalde im Jahr 2007 erar­ schaft gleichermaßen beteiligen. Dazu wurden beitet. Dieses Konzept wurde 2009 und 2015 fort­ zielgruppenspezifische und möglichst niedrig­ geschrieben. Im aktuellen INSEK sind insgesamt schwellige Beteiligungsformate eingesetzt: Zu­ fünf strategische Schlüsselmaßnahmen identifi­ kunftsdialoge, Beteiligungswoche, Projektwerk­ ziert und durch entsprechende Umsetzungsmaß­ stätten, Fokusgruppen, Planspiele, Zukunftsladen. nahmen untersetzt (complan Kommunalberatung Inhaltlich fokussierte der Prozess auf vier thema­ GmbH 2015): tische Felder: Leuchttürme in der Sängerstadt • Erhalt mittelzentraler Funktionen in der Stadt; (Erhalt/Vermarktung des kulturellen Erbes, Identi­ • Sanierung, funktionale Stärkung und Belebung tätsstärkung), Wohnlabor in der Innenstadt der Innenstadt; (Innenstadtaufwertung, Erprobung von neuen • Wirtschaftliche Entwicklung des Standortes Wohnmodellen), Kreativzentrum für junge Fami­ Finsterwalde/Massen; lien und Glasfaser-Campus (Kreativzentrum, Me­ • Sicherung von Wohnstandort und -qualitäten; dianhaus) und Smart-City (Digitalisierung). Die • Stärkung lokaler und regionaler Kooperatio­ Teilnahme der Stadt Finsterwalde am Wettbe­ nen zur Standortprofilierung. werb wurde durch einen zentralen bürgerschaft­ lichen Akteur, den Verein Generationen gehen Zur Revitalisierung und der Erneuerung der Innen­ gemeinsam G3, befördert. stadt wurden bereits Maßnahmen umgesetzt, da­ runter bspw. die Sanierung von Straßen und histo­ Der Verein G3 fungiert als wichtiger Multiplikator rischen Gebäuden im Innenstadtbereich. Hierzu im örtlichen Stadtgefüge und übernahm im Ge­ wurde seit 2009 auf Mittel aus verschiedenen samtprozess sowie in einzelnen Fokusgruppen Städtebauprogrammen, wie den Programmen eine aktivierende Rolle. Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungs­ maßnahmen, Kleinere Städte und Gemeinden so­ wie Aktive Stadt- und Ortsteilzentren zugegriffen. „Der Hinweis an die Stadt, am Wettbewerb Zukunftsstadt teilzunehmen, kam von unserem Verein. […] Vielleicht ist das auch das Interes­ (2) Seit dem Jahr 2015 wurden Planungen zur strate­ Der Wettbewerb Zukunftsstadt gischen Stadtentwicklungsplanung in Finster­ sante für die Stadtverwaltung. 2030 des BMBF umfasste drei Pha­ Wir haben Zugang zu den Bürgern, durch un­ sen. In der ersten Phasen wurden walde durch die Teilnahme am Wettbewerb Zu­ zur Visionsentwicklung 51 Kommu­ kunftsstadt 2030 des Bundesministeriums für Bil­ sere Initiativen und Aktivitäten, aber eben nen ausgewählt. Basierend auf der 2 auch Kontakt zu den Unternehmen.“ Visionsentwicklung hatten diese in dung und Forschung geprägt. Dadurch standen der zweiten Phase die Möglichkeit, und stehen Themen der Stadtentwicklung ver­ (Sven Guntermann, Verein G3) umsetzungsreife Konzepte zu erar­ stärkt auf der Agenda von Stadtverwaltung und beiten. Finsterwalde wurde als eine von 23 Städten für die zweite Wett­ anderen örtlichen Akteuren. Hauptintention der bewerbsphase ausgewählt. In der Teilnahme am Wettbewerb war, vor dem Hinter­ dritten Phase erhielten bis zu acht Kommunen die Möglichkeit, ihre grund des beschriebenen Anpassungsdrucks Konzepte in Umsetzung zu bringen. neue Ideen und Perspektiven für die Zukunft der Die Teilnahme Finsterwaldes am Wettbewerb endete mit der zwei­ Stadt zu entwickeln (Auras et al. 2016). Der Pro­ ten Phase. zess sollte explizit Akteure aus Bürgerschaft, Ver- 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde 27

Das Unternehmen Kjellberg Finsterwalde

Kjellberg Finsterwalde Foto: Lukas Vonnahme 2018

• 1922 in Finsterwalde gegründet; Lokale Verwurzelung des Unternehmens 1997 Gründung der Kjellberg-Stiftung Das Unternehmen blickt auf eine bewegte Ge­ • ca. 500 Beschäftigte, etwa 90 % aus der unmit­ schichte zurück. 1970 erfolgte die Umwandlung in telbaren Umgebung; Umsatz: ca. 60 Mio. € den volkseigenen Betrieb Schweißtechnik Finster­ • Produkte: Schweißelektroden und andere walde und die Eingliederung in das Mansfeld- Schweißtechnik, Plasmaschneider, Werk­ Kombinat. Nach der Wende wurde der Betrieb pri­ zeuge und Sondermaschinen; Weltmarktführer vatisiert, die neuen Eigner wollten das Unterneh­ im Bereich der Plasmaschneider men jedoch zerschlagen und den Standort Finster­ „Gesellschaftliche Verantwortung ist ein we­ walde aufgeben, wogegen die Belegschaft und die sentlicher Bestandteil unserer Unternehmens­ Stadt sich erfolgreich gewehrt haben. kultur. Wir fördern das Praxislernen von Schü­ lern, leisten einen Beitrag für die Ausbildung In der Folge wurde 1997 die Kjellberg-Stiftung ge­ junger Menschen an Fach- und Hochschulen, gründet, die zu einer Sicherung des Standortes in unterstützen soziale und kulturelle Projekte in Finsterwalde führte. Die Ziele der Kjellberg-Stif­ der Region und setzen uns für die Belange un­ tung adressieren beispielsweise die „Strukturför­ serer Mitarbeiter ein.“ derung der Regionen mit dem Ziel, […] in allen (www.kjellberg.de, Zugriff: 29.10.2018) Landesteilen gleichwertige Lebens- und Arbeits­ bedingungen zu schaffen und zu erhalten“ (Kjell­ Kjellberg Finsterwalde ist eine Unternehmens­ berg Finsterwalde 2018) und sind damit in Hinblick gruppe aus der Metall- und Elektroindustrie. Sie ist auf Beteiligung in der Stadtentwicklung besonders aus der Kjellberg Finsterwalde Elektroden und Ma­ interessant. Damit zeigt das Stiftungsziel die Ver­ schinen GmbH hervorgegangen. Der schwedische wurzelung des Unternehmens mit dem Standort Geschäftsmann Oscar Kjellberg hat das Unterneh­ Finsterwalde und der Sängerstadtregion, eine Ein­ men 1922 gegründet. Seither ist Finsterwalde Un­ schätzung, die sich in den Aussagen örtlicher Ak­ ternehmensstammsitz, Produktions- und For­ teure widerspiegelt. schungsstandort und hat sich zu einem weltweit führenden Anbieter in den Bereichen Schweiß­ Der Beschluss der Stadtverordnetenversamm­ elektroden, Schweißtechnik und Plasmaschneid­ lung im Jahr 2012 zur Umbenennung eines Teils anlagen entwickelt. Seit 1997 ist die Kjellberg-Stif­ der Leipziger Straße in Oscar-Kjellberg-Straße tung alleinige Gesellschafterin sowie Verwalterin verdeutlicht diese Verwurzelung noch einmal. Zu­ sämtlicher Vermögenswerte. Entsprechend der dem ist die Belegschaft ein wesentliches Binde­ Typisierung von Hidden Champions in Kapitel 2 ist glied zwischen Unternehmen und Stadt, da ein Kjellberg Finsterwalde als managementgeführtes Großteil der Beschäftigten aus Finsterwalde oder Industrieunternehmen einzuordnen. der direkten Umgebung stammt. Das Unterneh­ men ist darauf bedacht, diese lokalen/regionalen Bezüge zu erhalten und stellt gerne lokal verwur­ zelte Menschen ein. 28 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde

Bedeutung der wirtschaftlichen Aktivitäten von „Durch die schwierige Geschichte des Unternehmens Anfang der 1990er Jahre Kjellberg Finsterwalde für die Stadt ist ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein für die Stadt geblieben. Das verankert sich schon in den Köpfen. Das ist schon etwas Besonderes mit Kjellberg. […] Kjellberg Finsterwalde beschäftigt etwa 500 Mit­ Dazu kommt natürlich auch die innenstadtnahe Lage.“ arbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen (Sven Guntermann, Verein G3) Produktion, Verwaltung, Forschung und Unter­ nehmensleitung und ist regional einer der größ­ ten Arbeitgeber. Dadurch sichert das Unterneh­ „Das Unternehmen heißt ja auch Kjellberg Finsterwalde. Dass wir unseren men vor Ort in erheblichem Maße Kaufkraft und Stammsitz im Namen tragen und der Name in der ganzen Welt bekannt ist, ist Steueraufkommen. Zudem hat Kjellberg Finster­ eine Besonderheit. Der Name steht auf sämtlichen Produkten drauf, auf allen walde in der Vergangenheit notwendige Unter­ Maschinen, den Schweißelektroden.“ nehmenserweiterungen lokal (2008: Kunden- und (Dr. Norbert Pietsch, Kjellberg Finsterwalde) Anwendungszentrum in Finsterwalde), insbeson­ dere im Gewerbe- und Industriepark Massen Kommunikationsstrukturen zwischen (2008: Kjellberg Finsterwalde Elektroden und Zu­ Verwaltung, Unternehmen und Bürgerschaft satzwerkstoffe GmbH; 2018: neues Sozialge­ bäude) realisiert. Damit wurden zum einen neue Unternehmertreffen schaffen in Finsterwalde ein Arbeitsplätze vor Ort geschaffen. Die Investitio­ institutionalisiertes Kommunikationsformat zwi­ nen sind aber auch als Bekenntnis zum Standort schen Stadtverwaltung und Unternehmen sowie Finsterwalde zu verstehen. innerhalb der Unternehmerschaft. Die Treffen werden etwa halbjährlich ausgerichtet. Dabei Durch seine eigenen Aktivitäten stärkt Kjellberg präsentiert die Verwaltung gewöhnlich aktuelle Finsterwalde zu großen Teilen lokale und regio­ Vorhaben, ausgewählte Unternehmen stellen sich nale Wirtschafts- und Geldkreisläufe. Unterauf­ vor und es gibt externe Inputs zu ausgewählten träge werden, wenn möglich, an örtliche Unter­ Themen. Im sozialen Teil besteht die Möglichkeit nehmen und Handwerksbetriebe vergeben und zu informellem Austausch und Diskussion. Sei­ finanzielle Angelegenheiten (Einlagen, Kredite tens der Verwaltung wird hervorgehoben, dass etc.) bewusst über regionale Institute abgewi­ die Unternehmertreffen neben der Informations­ ckelt. Das lokale Beherbergungsgewerbe profi­ und Austauschfunktion auch als Forum zur Ver­ tiert von der Nachfrage durch die internationalen trauensbildung dienen. Kunden Kjellbergs. Zudem wirkt das Unterneh­ men über Verflechtungen zur landespolitischen Zwischen den größeren Industrieunternehmen Ebene (z. B. Stiftungsaufsicht) mittelbar auf Pro­ der Metall- und Elektroindustrie besteht als Aus­ zesse der Regionalentwicklung. Von diesem Lob­ tauschplattform zudem das Netzwerk „Metall bying ‚nach oben‘, etwa bei regionalen Infrastruk­ Finsterwalde“, in dem auch Kjellberg Finster­ turplanungen, kann auch die Stadt Finsterwalde walde involviert ist. Im Netzwerk werden unter profitieren. anderem auch Fragen der Standort- und Stadt­ entwicklung diskutiert. Die genannten Aspekte verdeutlichen die vielfäl­ „Es geht um Standortfragen. Im Grunde haben natürlich alle international agie­ tige Wirkung Kjellbergs auf Stadtentwicklung und renden Metall-Unternehmen in der Region die gleichen Probleme. Dazu tau­ Stadtgesellschaft durch wirtschaftlich-unterneh­ schen wir uns aus. Wir unterstützen uns auch im internationalen Vertrieb, und merische Aktivitäten. Laut eigener Aussage sind es geht um Fragen der Stadtentwicklung. diese der wesentliche Beitrag des Unternehmens (Dr. Norbert Pietsch, Kjellberg Finsterwalde) für die Stadt und deren langfristige Entwicklung.

„Unseren Hauptbeitrag zur Stadtentwicklung Zudem fungiert der Verein G3 im lokalen Akteurs­ leisten wir über die Arbeitsplätze […]. Der Sitz geflecht als kommunikative Schnittstelle. Der Ver­ eines international tätigen Unternehmens in ein steht in regelmäßigem Austausch sowohl mit einer Kleinstadt wie Finsterwalde hat Einfluss örtlichen Unternehmen, bspw. beim Thema Fach­ auf die Menschen, den Geldverkehr, auf die kräftegewinnung, als auch mit der Verwaltungs­ Regionalentwicklung.“ spitze und war als zentraler Akteur im Wettbe­ (Dr. Norbert Pietsch, Kjellberg Finsterwalde) werb Zukunftsstadt 2030 in diverse Projekte eingebunden. Durch die unterschiedlichen Aus­ tauschformate in Finsterwalde werden Ansprech­ partnerinnen und Ansprechpartner wechselsei­ tig, auch über persönliche Bekanntschaften, schnell identifiziert. Bei Bedarf kann daher häufig auf kurze Kommunikationswege zurückgegriffen werden. 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde 29

Einfluss des Unternehmens jenseits Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen des wirtschaftlicher Aktivitäten (CLRR) örtlichen Metall-Netzwerkes organisiert werden, erhalten materielle Zuwendungen und werden Corporate Giving personell durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kjellbergs unterstützt. Zudem führte Kjellberg Jenseits originärer Unternehmensaktivitäten Finsterwalde zwischen 2005 und 2012 am örtli­ bringt sich das Unternehmen auf freiwilliger Basis chen Gymnasium insgesamt fünf Mal eine Pro­ in unterschiedliche Felder der Stadtentwicklung, jektwoche unter dem Motto ‚Jugend denkt Zu­ insbesondere Bildung, Kultur und Soziales, ein. kunft‘3 durch. Als Teil der Projektwochen wurden Kjellberg Finsterwalde fördert zahlreiche Vereine unter Beteiligung von Unternehmen, Schule und sowie Kindergärten, Schulen und Musikschule, Verwaltung sog. Innovationsspiele durchgeführt. Freibad/Schwimmhalle und Tierpark durch finan­ Im Rahmen dieser Projektwochen wurde u. a. he­ zielle Zuwendungen und Sachspenden. rausgearbeitet, wie die Zukunft Finsterwaldes ge­ staltet werden kann, damit die Stadt für junge (3) Im Interview heben Stadtverwaltung und Verein G3 Menschen ein attraktiver Ort bleibt (Ministerium Das Schule-Wirtschaftsprojekt ‚Ju­ die Offenheit Kjellbergs zur finanziellen Unterstüt­ gend denkt Zukunft‘ wurde im Jahr für Infrastruktur und Landwirtschaft 2010, S. 40) 2005 durch das Institut für Organi­ zung hervor. Grundsätzlich setzt sich Kjellberg bzw. „welche Verbindungen es zwischen der sationskommunikation (IFOK), ein Finsterwalde insbesondere für identitätsbildende international tätiges Beratungsun­ Stadt und Kjellberg gibt und was dort verbessert ternehmen in der Kommunikations­ Einrichtungen und Veranstaltungen ein, wie bspw. werden kann“ (Dr. Norbert Pietsch, Kjellberg branche mit Schwerpunkt in Ana­ den Tierpark oder das Sängerfest. Des Weiteren lyse, Strategischer Beratung und Finsterwalde). Im Kontext Stadtentwicklung las­ Öffentlichkeitsarbeit, initiiert. Das unterstützt Kjellberg Finsterwalde Angehörige von sen sich diese Projektwochen differenziert be­ Projekt lief bis 2016. Insgesamt ha­ Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Studien-Sti­ trachten: als Instrument der Berufsorientierung ben sich im Projekt ‚Jugend denkt pendien und versucht darüber, junge, gut ausgebil­ Zukunft‘ über 320 Unternehmen und und als Beteiligungsformat unter expliziter Einbe­ Organisationen engagiert. dete Menschen in der Region zu halten und für das ziehung jugendlicher Zielgruppen – und somit www.ifok.de/projects/dialogveran­ eigene Unternehmen zu binden. staltungen/jugend-denkt-zukunft auch als Teil strategischer Entwicklungsplanung. (Zugriff: 20.12.2018)

Sponsorentafel Sängerfest Foto: Lukas Vonnahme 2018

Corporate Volunteering Im sozialen Bereich hat Kjellberg Finsterwalde in der Vergangenheit gemeinsame Projekte mit an­ Kjellberg Finsterwalde bringt sich vor Ort auch deren Unternehmen und dem Verein G3 durchge­ durch die Bereitstellung zeitlicher und personel­ führt (z. B. Perspektive 50plus). Zudem beteiligt ler Ressourcen für nicht direkt unternehmensbe­ sich Kjellberg Finsterwalde an der Durchführung zogene Zwecke ein. Dazu stellt das Unternehmen regionaler Ausbildungsmessen sowie auf Kreis­ (4) im Rahmen des jährlichen Musikfestes den Gar­ Die F60 wurde durch den VEB ebene initiierten Rückkehrer-Tagen. ten der Unternehmensvilla als Veranstaltungsort TAKRAF Lauchhammer (heute TAKRAF GmbH Lauchhammer) von zur Verfügung. Regelmäßig finden kleinere Kon­ In der Region unterstützt Kjellberg Finsterwalde 1989 bis 1991 erbaut. Die Brücke zerte der Musikschule in Räumlichkeiten des Un­ war von März 1991 bis Juni 1992 im die Entwicklung der Abraumförderbrücke F604 – Einsatz. Die Stahlkonstruktion ternehmens statt. eine der größten beweglichen Arbeitsmaschinen (502 m lang, 204m breit und nahezu 80 m hoch) wird auch als ‚Liegender der Welt – zu einem touristischen und industrie­ Aber auch der Bildungsbereich spielt eine wich­ Eiffelturm der Lausitz‘ bezeichnet. kulturellen Anziehungspunkt. www.f60.de/de tige Rolle. Berufsorientierende Schul-AGs, die in (Zugriff: 21.12.2018) 30 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde

Corporate Support 2030 recht komplex. Am Zukunftsprozess partizi­ pierten zwar Unternehmen und brachten ihre Per­ Über die genannten Bereiche hinaus bringt sich spektiven und Ressourcen in den Prozess ein, je­ Kjellberg Finsterwalde in die strategisch langfris­ doch handelte es sich dabei in erster Linie um tige Stadtentwicklungsplanung ein. Diese Aktivi­ kommunale Unternehmen wie Stadtwerke und täten gestalten sich differenziert und betreffen Wohnungsbaugesellschaft sowie kleinere örtliche die ideelle Unterstützung spezifischer Projekte Unternehmen (Auras et al. 2015, S. 11). Strukturbe­ und die Beteiligung an der Planung baulicher stimmende Unternehmen wie Kjellberg Finster­ Stadtentwicklungsprojekte. walde, andere Unternehmen der Metall- und Elek­ trobranche oder die Medizintechnik & Sanitäts­ Letzter Aspekt bezieht sich auf Planungen zur Er­ haus Harald Kröger GmbH waren hingegen nur am richtung einer zentralen Veranstaltungs- und Rande in diese konzeptionellen Überlegungen in­ Stadthalle in Finsterwalde, deren Realisierung be­ volviert. So wird seitens Kjellberg festgehalten, reits im INSEK von 2007 festgehalten ist. Bereits dass „was da [im Wettbewerb Zukunftsstadt] ab­ zuvor gab es die Idee zur Errichtung eines Hun­ läuft, tangiert uns als Stiftung, als Unternehmen dertwasserhauses. Diese Planungen wurden u. a. nicht direkt. […] Die Verbindung zu dem Projekt ist durch den Vorsitzenden der Kjellberg-Stiftung eher schwach.“ (Dr. Norbert Pietsch, Kjellberg entscheidend geprägt: „Ich habe mich für das Finsterwalde Projekt auch persönlich sehr engagiert“ (Dr. Nor­ bert Pietsch, Kjellberg Finsterwalde). Vorgesehen Gleichwohl erachten es lokale Akteure als wün­ war, dass das Hundertwasserhaus Konzertsaal, schenswert und im Kontext strategischer Stadt­ Hotel und gehobene Gastronomie (Stadtwerke im entwicklungsplanung auch als zielführend, ge­ Land Brandenburg 2010, S. 4 f.), sowie eine Art rade die größeren Unternehmen mit ihren Inte­ Boarding-House zur Unterbringung z. B. von Fach­ ressen, Ressourcen und Erfahrungen stärker an arbeiterinnen und Facharbeitern vereint (Lausit­ solchen Strategieprozessen zu beteiligen. Hier­ zer Rundschau, 19.11.2011). Letztendlich wurden durch können bestehende Potenziale übergrei­ diese Planungen nicht in die Tat umgesetzt. Die fend mobilisiert, Synergien geschaffen und Stadt­ Idee einer Stadthalle in Finsterwalde lebt jedoch entwicklung auch in strategischen Bereichen ko­ weiter und findet seitens der örtlichen Wirtschaft operativ gestaltet werden: breite Unterstützung. Kjellberg Finsterwalde un­ terstützt die Projektumsetzung ideell und auf­ „[Der Prozess Zukunftsstadt] ist eine einma­ grund der Nähe der geplanten Halle zum Stamm­ lige Chance für die Stadtentwicklung. Echte sitz des Unternehmens auch planerisch. Beteiligung unter Hinzuziehung vieler Akteure, auch aus der Wissenschaft. Aber die Unter­ Im Gegensatz zu diesen eher konkreten Projekt­ nehmen aus der freien Wirtschaft bzw. nicht­ ideen ist die Einbindung von Unternehmen in stra­ städtische Unternehmen fehlen derzeit fast tegische Stadtentwicklungsprozesse wie die Be­ komplett.“ teiligung am BMBF-Wettbewerb Zukunftsstadt (Sven Guntermann, Verein G3) 4 Fallstudien / 4.1 Fallstudie Finsterwalde 31

Nicht nur Hidden Champions engagieren sich: Das Beispiel Medizintechnik & Sanitätshaus Harald Kröger GmbH

Dazu zählen im Bereich des Corporate Giving umfassende Sponsoringaktivitäten, insbesondere in den Bereichen Sport, Soziales und Kultur. So werden u. a. Tierpark und Sängerfest umfassend finanziell unterstützt, örtliche Vereine und Initiati­ ven können die Räumlichkeiten von Kröger bei besonderen Anlässen nutzen. Die Geschäftsführerin des Unternehmens Petra Kröger-Schu­ mann unterstützt zudem die Planungen zur Stadthalle, und wirkte zeitweilig im Vorstand des Stadthallenvereins mit.

Darüber hinaus gab es in der Vergangenheit konkrete Überle­ gungen zur Einrichtung eines Betriebskindergartens, die aller­ dings nicht umgesetzt wurden. An der strategischen Stadtent­ wicklung partizipiert die Firma Kröger, ähnlich wie Kjellberg Finsterwalde, derzeit nicht unmittelbar. Stammsitz der Medizintechnik & Sanitätshaus Harald Kröger GmbH in Massen Foto: Franziska Görmar Die Beteiligung von Unternehmen an Stadtentwicklung ist kei­ „Es ist mir ein Herzensbedürfnis, [...] da zu sein, wenn die neswegs auf den spezifischen Unternehmenstyp der Hidden Stadt mein Engagement braucht.“ Champions beschränkt. In Finsterwalde bringt sich mit der (Petra Kröger-Schumann) Medizintechnik & Sanitätshaus Harald Kröger GmbH ein wei­ teres Unternehmen umfassend und in unterschiedlichen The- menfeldern in das Stadtleben ein.

Fazit aus der Fallstudie Finsterwalde

Kjellberg Finsterwalde ist hinsichtlich wirt­ fassend in unterschiedlichen Themenfeldern der schaftsbezogener Aspekte wie Beschäftigung, Stadtentwicklung, insb. in den Bereichen Kultur, Wertschöpfung und Steueraufkommen sowohl für Bildung und Soziales. Diese Beteiligung wird in die Stadt Finsterwalde als auch deren regionales erster Linie über finanzielle, materielle und perso­ Umfeld von großer Bedeutung. Durch die lange nelle Zuwendungen praktiziert (Corporate Giving Historie des Unternehmens am Standort, sukzes­ und Corporate Volunteering). Hingegen zeigt sich, sive Unternehmenserweiterungen, die spezifi­ dass die Einbindung in die strategische Stadtent­ sche Unternehmensstruktur (Stiftung) und über wicklungsplanung (Corporate Support) komplex die Belegschaft hergestellte lokale/regionale Be­ ist. An strategischen Aktivitäten im Rahmen des züge gilt Kjellberg Finsterwalde als Unternehmen Wettbewerbs Zukunftsstadt 2030 partizipiert Kjell­ mit ausgeprägter lokaler Verwurzelung. In Fins­ berg Finsterwalde inhaltlich am Rande. Direkte, terwalde existieren unterschiedliche institutiona­ unternehmensbezogene Relevanz des Prozesses lisierte Austauschformate, sowohl zwischen den ist für Kjellberg, wie auch andere bedeutende Un­ ortsansässigen Industrieunternehmen (Netzwerk ternehmen vor Ort, nicht klar erkennbar. Metall-Finsterwalde) als auch zwischen Unter­ nehmen und Verwaltung (Unternehmerstamm­ Die Fallstudie Finsterwalde illustriert zudem, dass tisch). Beide Formate dienen auch als Plattform Hidden Champions nicht die einzigen Unterneh­ um stadtentwicklungsbezogene Entwicklungen zu men sind, die sich potenziell in Stadtentwick­ kommunizieren/diskutieren. lungsprozesse einbringen. Neben Kjellberg-Fins­ terwalde ist in Finsterwalde insbesondere das Stadtentwicklung wird in Finsterwalde seitens umfassende Engagement der familiengeführten örtlicher Akteure primär als kommunale Aufgabe Medizintechnik & Sanitätshaus Harald Kröger verstanden. Gleichwohl beteiligt sich Kjellberg GmbH wahrzunehmen. Finsterwalde vor Ort freiwillig und teils sehr um­ 32 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg

4.2 Fallstudie Bad Berleburg

Profil Bad Berleburg

• Mittelzentrum im Landkreis Siegen-Wittgen­ städtischer Infrastrukturen. Mit knapp 20.000 Ein­ stein (Nordrhein-Westfalen) wohnerinnen und Einwohnern ist Bad Berleburg • Ortsteile: 23 größte Stadt in der näheren Umgebung und be­ • Fläche: 275 km² dient alle wesentlichen Funktionen der Daseins­ • Einwohnerzahl 2018: 19.515 vorsorge. • SvB am Arbeitsort (2018): 7.951 (2013: 6.809) • Gewerbesteuer je EW (2015): 400,3 € Wie der gesamte Kreis Siegen-Wittgenstein, ist • Bedeutender Industriestandort und Standort die Stadt vom demografischen Wandel und sei­ der Gesundheitswirtschaft nen Konsequenzen wie Abwanderung junger Menschen und stetiger Alterung betroffen. Über Bad Berleburg ist ein Mittelzentrum im Landkreis 20 % der Bevölkerung sind 65 Jahre und älter. Siegen-Wittgenstein, unweit der Landesgrenze zu Während die Einwohnerzahl in den 2000er Jahren Hessen gelegen. Bad Berleburg ist die zweit­ stetig sank, liegt sie in den letzten Jahren weitge­ größte Flächengemeinde in Nordrhein-Westfalen. hend stabil bei knapp unter 20.000 Einwohnerin­ Damit verbunden sind spezifische Herausforde­ nen und Einwohnern. Die Einwohnerentwicklung rungen hinsichtlich Erhaltung und Erneuerung ist hinsichtlich des Fachkräftebedarfs der zahlrei­ chen mittelständischen Unternehmen von beson­ derer Bedeutung. Lenne Die verkehrstechnische Anbindung (Schienen­ Schmallen­ netz und Straßennetz) wird von örtlichen Akteu­ Lennestadt berg Lenne ren als problematisch bewertet. Um auf diese Si­ Bigge­ talsperre NORDRHEIN­ tuation aufmerksam zu machen, hat sich 2011 un­ Bad Berleburg ter dem Label Route 57 eine Initiative aus Unter­ A 4 WESTF ALEN nehmen und Gewerkschaften gegründet, die sich Eder unter Vorsitz von Christian Kocherscheidt (EJOT) Eder KreuztalKreuztal hn für eine bessere Anbindung einsetzt. a A 45 Siegen- L Wittgenstein Sieg Wirtschaftlich ist Bad Berleburg durch eine diver­ SIEGEN hn sifizierte Unternehmenslandschaft mit zahlrei­ La chen mittelständischen Betrieben gekennzeich­ Sieg net. In der Vergangenheit war Bad Berleburg HESSEN stark durch die Gesundheitswirtschaft geprägt – RHEINLAND-RHEINLAND­ Dillenburg bis 2006 hatte die Wittgensteiner Kliniken Allianz (WKA) hier ihren Sitz. Nach dem Verkauf der IfL 2019 PFALZ Autor: M. Graffenberger k 0 10 m Kartographie: B. Hölzel, A. Kurth WKA, inzwischen zur Helios-Kliniken-Gruppe ge­ hörend, sind die vormals engen Beziehungen zwi­ Abb. 14: Übersichtskarte Bad Berleburg (Landkreis Siegen-Wittgenstein) schen Klinikmanagement und Kommune nun dis­ Quelle: IfL 2019 tanzierter. Die Gesundheitswirtschaft spielt nun­ Indikator Bad mehr eine weniger dominante Rolle, ist aber für Berleburg den Status als Kurstadt weiterhin von Bedeutung. Verhältnis junge (15 – < 20 J) Humankapital zu alten (60 – < 65 J) 47,0 Erwerbsfähigen in % Stadtentwicklung in Bad Berleburg Pendlersaldo je 100 SV Pendlersaldo -15,5 Beschäftigte am Arbeitsort Mit über 200 Vereinen verfügt Bad Berleburg

Anteil der Einwohner 65 Jahre und älter über eine lebendige Vereinslandschaft. Eine Be­ Demographie 21,2 an den Einwohnern in % sonderheit ist der 2005 gegründete Jugendförder­ verein, der mittlerweile 134 Einzelvereine als Mit­ Arbeitslose je 1000 Einwohner Arbeitslosigkeit 39,5 im erwerbsfähigen Alter glieder hat und deren Aktivitäten in der Stadt und Region bündelt. Der Jugendförderverein wurde Gemeindesteuerkraft Gewerbesteuer in € je Einwohner 400,3 vom derzeitigen Bürgermeister Bernd Fuhrmann noch in seiner Position als Stadtjugendpfleger ini­ Abb. 15: Überblick Bad Berleburg zu Indikatoren für das Jahr 2014 Quelle: eigene Darstellung 2018 (Datenquelle: INKAR, eigene Berechnungen) tiiert und hat sich zu einem bedeutenden Akteur 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg 33

Straßenansicht Bad Berleburg Foto: Martin Graffenberger 2018 der Stadtentwicklung herausgebildet – unter an­ im Jahr 2017 wieder einen ausgeglichenen Haus­ derem durch die Organisation zentraler örtlicher haltsentwurf zu präsentieren. Trotz der Einspa­ Veranstaltungen wie WeihnachtsZeitreise oder rungen wurde gleichzeitig die Realisierung von Sommerkonzert. Auch damit trägt der Verein er­ fünf Leitprojekten anvisiert: (1) Standortpaten in heblich zur Standortattraktivität und Willkom­ Bad Berleburg, (2) Versorgungsoffensive – mo­ menskultur der Stadt Bad Berleburg bei. dellhafte Einrichtung in den Eder-Elsoff-Dörfern, (3) Ederzentrum Via Adrina, (4) Jugendforum am Die schwierige finanzielle Situation der Stadt, be­ Markt und (5) Straßenbewirtschaftung im ländli­ gründet u .a. durch hohe Aufwendungen zum chen Raum.5 Diese Projekte befinden sich teils Erhalt des Gebäudebestandes und der großflächi­ noch in der Umsetzungsphase. gen städtischen Infrastrukturen, war und ist eine große Herausforderung. Die nötige Haushaltskon­ Das Leitbild ‚Meine Stadt Bad Berleburg 2020‘ (5) solidierung wurde jedoch als Möglichkeit begrif­ wurde im Rahmen des Projekts Global nachhal- Das Jugendforum am Markt, das fen, die weitere Entwicklungsplanung strategisch tige Kommune NRW zum Leitbild ‚Bad Berleburg Gemeindehaus Elsoff und das Eder­ zentrum Via Adrina wurden bzw. auszurichten und damit den Prozess ‚Bad Berle­ 2030‘ weiterentwickelt und im Februar 2018 ver­ werden mit Unterstützung der burg - Meine Heimat 2020‘ anzustoßen. Dieser Pro­ abschiedet. Dessen strategische Ausrichtung Städtebauförderung – Programm Kleinere Städte und Gemeinden – zess wurde zwischen 2009 und 2011 mit vier the­ verdeutlicht u. a. die Bedeutung der mittelständi­ überörtliche Zusammenarbeit und matischen Bausteinen durchgeführt: Leitbildent­ schen Wirtschaft für Stadt und Region: Netzwerke – umgesetzt. wicklung, Haushaltskonsolidierung, Dorfentwick­ lungsplanung und öffentliche Infrastruktur. „Wir wollen erreichen, dass die wirtschaftliche Basis durch zufriedene mittel­ ständische Unternehmen mit gut ausgebildeten Fachkräften erhalten und Zur Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie gestärkt wird. Bad Berleburg ist im Jahr 2030 eine moderne Kurstadt und ein war die Entwicklung eines Leitbilds unter breiter führender Gesundheits- und Tourismusstandort in der Region Südwestfalen mit Akteursbeteiligung zentral. In diesem Beteili­ naturnahen Alleinstellungsmerkmalen. Die Akteure bieten familienfreundliche gungsprozess wurden umfassende Maßnahmen Beschäftigungsverhältnisse und nutzen intelligente Informations- und Kommu­ beschlossen, die insgesamt ein Einsparungsvolu­ nikationstechnologien (Digitalisierung).“ (Stadt Bad Berleburg 2018, S. 34) men von 52 Mio. Euro in den Jahren 2012–2018 aufwiesen (darunter Schließung bzw. Veräuße­ rung kommunaler Gebäude, Personalabbau, suk­ zessive Erhöhung des Gewerbesteuerhebesat­ zes). Durch diese Maßnahmen ist es gelungen, das Haushaltssicherungskonzept umzusetzen und 34 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg

Das Unternehmen EJOT Holding GmbH & Co. KG

Unternehmensstammsitz von EJOT in Bad Berleburg Foto: Dominik Ketz • 1922 in Berghausen (Ortsteil von Bad Berle­ Kocherscheidt, Großneffe des Firmengründers. burg) gegründet, seitdem in Familienbesitz; Somit ist EJOT ein familiengeführtes, mittelständi­ • 1977 Entwicklung der EJOT PT® Schraube für sches Unternehmen, das am Stammsitz auf eine Thermoplaste, diese ist zentraler Grundstein lange Geschichte zurückblickt. für weitere Produktentwicklungen; 1993 Er­ werb des Schraubenwerks Tambach GmbH in Thüringen; Das Unternehmen BSW Berleburger • 33 Landesgesellschaften, weltweit über 3000 Schaumstoffwerk GmbH Beschäftigte, davon etwa 1.300 am Stammsitz in Bad Berleburg sowie der Region Wittgen­ • 1954 in Bad Berleburg gegründet; stein; Umsatz: 507 Mio. €; • BSW beschäftigt weltweit etwa 650 Mitarbei­ • Produkte: innovative Verbindungselemente, terinnen und Mitarbeiter, davon etwa 470 (in­ gewindefurchende Schrauben, technische klusive 40 Auszubildende) am Stammsitz in Umformteile, Befestigungslösungen für Ge­ Bad Berleburg; Umsatz etwa 120 Mio. €. bäudeinfrastrukturen und Wärmedämmver­ • BSW stellt elastische Werkstoffe auf Gummi­ bundsysteme; basis, Verbundschaum, Polyurethan-Kaut­ • Europäischer Marktführer im Bereich Verbin­ schuk, PUR-Schaumstoffen und Gummiform­ dungstechnik. teilen her und produziert u. a. Sportböden für Außen- und Innenanlagen, Fallschutzböden, EJOT ist eine mittelständische Unternehmens­ Balkon- und Terrassenböden, Trittschalldäm­ gruppe mit Spezialisierung auf Verbindungstech­ mungen und Antirutschmatten; nik, die auf eine knapp hundertjährige Geschichte zurückblickt. Im Jahr 1922 gründete Adolf Böhl in Die BSW Berleburger Schaumstoffwerk GmbH Berghausen, einem heutigen Ortsteil von Bad (BSW) wurde 1954 von Karl Pöppel und Carl Berleburg und immer noch Produktionsstandort, Schneider in Bad Berleburg gegründet. Im Jahr einen Betrieb für Nägel- und Schraubnägelpro­ 1981 begann mit dem Auf- und Ausbau des Ex­ duktion. Mit der Übernahme der 1947 in Bad portgeschäftes die Internationalisierung des Un­ Laasphe gegründeten Firma Eberhard Jäger wur­ ternehmens, welche durch die Gründung zahlrei­ den 1965 die Weichen für den weiteren Erfolg ge­ cher Tochtergesellschaften sowie den Ausbau stellt. Die Entwicklung neuer Produkte sowie die des Vertriebsnetzes vorangetrieben wurde. Erschließung neuer Vertriebswege führten zu einer dynamischen Unternehmensentwicklung. Am Standort Bad Berleburg unterhält die BSW ih­ Nach der Deutschen Einigung übernahm EJOT ren Stammsitz, drei Produktionsstandorte, die in­ 1993 das Schraubenwerk Tambach GmbH in Tam­ terne Forschungs- und Entwicklungsabteilung so­ bach-Dietharz (Thüringen). Geschäftsführender wie ein 2017 fertiggestelltes Logistikzentrum. Hier Gesellschafter der EJOT Holding ist Christian F. beschäftigt BSW etwa 470 Mitarbeiterinnen und 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg 35

Unternehmensstammsitz von BSW in Bad Berleburg Foto: Martin Graffenberger 2018

Mitarbeiter, davon etwa 40 Auszubildende in un­ gion konzentriert. Dazu gehören zum Beispiel der terschiedlichen Lehrberufen. Bis heute ist das Ausbau des ehemaligen Kurhauses zum EJOT Unternehmen in Familienbesitz und wird von den Forschungs- und Entwicklungsstandort (2010), Brüdern Ulf und Rainer Pöppel (Geschäftsführer) das neue EJOT Logistikzentrum und die Produkti­ sowie Dirk Pöppel (Finanzvorstand) geleitet. Die onshalle 4.0 (2015). Solche strategischen Ent­ BSW ist damit ein traditionsreicher, familienge­ scheidungen werden seitens örtlicher Akteure als führter Mittelständler. klares Standortbekenntnis verstanden (Lars Peter Dickel, Westfalenpost).

Lokale Verwurzelung der Unternehmen „Wir sind hier verwurzelt. Hier ist das Unternehmen gegründet worden. Hier haben wir Fachkräfte, die sich selbst und mit dem Unternehmen fortgebildet Beide Unternehmen sind mit dem Standort Bad haben. Diese Human Resources sind ein großes Potenzial und Kapital und hal­ Berleburg und der Region Wittgenstein verbun­ ten uns sicherlich ein Stück weit hier am Standort.“ (Rainer Pöppel, BSW) den. Bad Berleburg ist nicht nur Stammsitz der Unternehmen, sondern auch Wohnort der ge­ schäftsführenden Gründerfamilien. Dadurch zeigt sich eine spezifische Beziehung zur Stadt. Die Un­ Kommunikationsstrukturen zwischen ternehmerfamilien sind beispielsweise aktiv im Verwaltung, Unternehmen und Bürgerschaft örtlichen Vereins- und Gemeinwesen involviert. Ein weiterer Aspekt der Verwurzelung ist die enge In Bad Berleburg stehen Hidden Champions so­ Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie weitere örtliche Unternehmen in vergleichs­ beider Unternehmen, die zum Großteil aus dem weise engem und regelmäßigem Austausch mit unmittelbaren Umfeld stammen und eine lange der Verwaltung. Dieser Austausch wird zum einen Betriebszugehörigkeit aufweisen. Viele Beschäf­ durch unterschiedliche formelle Formate voran­ tigte sind ihrerseits durch Aktivitäten im Vereins­ getrieben. Dazu zählen die erwähnten Beteili­ wesen mit der Stadt verbunden. gungsrunden im Zuge kommunaler Leitbildent­ wicklungsprozesse. Deren zielgruppenspezifi­ EJOT und BSW weisen hohe Ausbildungsquoten sche Ausrichtung bot eine wertvolle Plattform auf und sind in die regionalen Strukturen zur Be­ zum Austausch und zur Strategieentwicklung wie rufsausbildung stark involviert, bspw. durch Mit­ auch zur Festlegung gemeinsamer thematischer gliedschaft (beide Unternehmen) und Vorstands­ Schwerpunkte zwischen Verwaltung und Wirt­ arbeit (BSW) beim Bildungszentrum Wittgenstein schaft (Manuel Spies, Stadtverwaltung Bad Ber­ GmbH – dieses wurde 1975 maßgeblich auf die leburg). Die finanzielle Beteiligung lokaler Unter­ Initiative von Hans-Werner Kocherscheidt als nehmen an der Umsetzung des Jugendforums am überbetriebliche Lehrwerkstatt gegründet (Pan­ Markt wurde zunächst in einer abendlichen Ge­ kow 2017). sprächsrunde mit mehreren Unternehmen direkt durch die Verwaltung angesprochen (Interview Aufgrund der Verwurzelung der Unternehmen in EJOT, Kocherscheidt). Dieser direkte Austausch Bad Berleburg werden neue Investitionen und zwischen Verwaltung und Wirtschaft wird seit Betriebserweiterungen auch weiterhin in der Re­ 2018 über das Format des Unternehmergesprächs 36 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg

forciert. Neben externen Inputs zu Querschnitts­ Beide Unternehmen haben die in den letzten Jah­ themen (z. B. Digitalisierung) stellt die Verwaltung ren erfolgte schrittweise Erhöhung der Gewerbe­ hier eigene Vorhaben und Planungen mit Rele­ steuer mitgetragen „und nicht torpediert“ (Bernd vanz für die örtliche Unternehmerschaft vor und Fuhrmann, Bürgermeister Bad Berleburg; Lars schafft darüber auch Möglichkeiten zur Vernet­ Peter Dickel, Westfalenpost) – auch wenn die zung. Auch das kürzlich gestartete kommunale „sensationelle“ Höhe der Gewerbesteuer in der Projekt Standortpaten – Netzwerk Fachkräftesi­ Unternehmerschaft natürlich nicht unumstritten cherung Wittgenstein fokussiert u. a. auf die Ver­ ist (Rainer Pöppel, BSW). In der Stadtverordne­ stetigung einer zielgerichteten Kommunikation tenversammlung wurde eine schrittweise Anhe­ zwischen Verwaltung, Unternehmen und Bürger­ bung der Gewerbesteuer in vier Schritten (2012, schaft im Bereich Fachkräftegewinnung und -bin­ 2014, 2016 und 2018) von einem Ausgangswert dung. von 403 % auf einen Hebesatz von 520 % (im lan­ desweiten Vergleich ein Spitzenwert) entschie­ Neben diesen formalisierten Austauschkanälen ist den (Stadt Bad Berleburg, 2017). Aufgrund der vo­ der informelle Austausch zwischen den Vertretern ranschreitenden Haushaltskonsolidierung wurde von Verwaltung, Unternehmen und Bürgerschaft jedoch die letzte Erhöhung ausgesetzt (aktueller von großer Bedeutung für den Informationsfluss Hebesatz 495 %). und ermöglicht direkte und konkrete An- und Ab­ sprachen zwischen den Akteuren. Insbesondere Ein weiterer Aspekt, der sich auch in den anderen das vielfältige und eng miteinander verwobene Fallstudien des Forschungsprojekts zeigt, ist die Vereinswesen und die aktive Mitgliedschaft han­ durch Hidden Champions erzeugte Außenwir­ delnder Personen (z. B. Jugendförderverein, Lions- kung. Als erfolgreiche Unternehmen erfahren Club, Rotary Club, Schützenverein, Sportvereine) beide Firmen erhöhte Aufmerksamkeit seitens der tragen wesentlich zum informellen Austausch bei Politik. Ein Besuch des nordrhein-westfälischen und befördern kurze Wege im Informationsfluss. Wirtschaftsministers oder eines Staatssekretärs Im Zentrum dieses Netzes steht der Jugendförder­ lenkt die Blicke nicht nur auf die Unternehmen, verein, der die Aktivitäten der ortsansässigen Ver­ sondern auch auf Stadt und Region und deren He­ eine koordiniert und darüber auch als Kommunika­ rausforderungen (z. B. bei der Verkehrsanbin­ tionsknoten fungiert. Diese unterschiedlichen, for­ dung). Außerdem tragen Marketing- und Recrui­ malen wie informellen, Vernetzungsmöglichkeiten tingmaßnahmen der Unternehmen dazu bei, auf tragen dazu bei, dass sich in Bad Berleburg ein ef­ Bad Berleburg und ihr lebenswertes Umfeld hin­ fektives Kommunikations- und Koordinationsnetz zuweisen (z. B. in Stellenanzeigen). gebildet hat (Lars Peter Dickel, Westfalenpost).

Einfluss der Unternehmen jenseits Bedeutung der wirtschaftlichen Aktivitäten der wirtschaftlicher Aktivitäten (CLRR) Unternehmen für die Stadt Die in Bad Berleburg ansässigen Hidden Champi­ Durch die Bereitstellung einer großen Anzahl von ons bringen sich über teils sehr umfassende Akti­ Arbeitsplätzen, tragen EJOT und BSW beträcht­ vitäten in das örtliche Gemeinwesen ein und tra­ lich zum lokalen Steueraufkommen und zu weiter­ gen somit (un)mittelbar zu Stadtentwicklungspro­ gehenden Kaufkrafteffekten bei. Zudem stärken zessen bei. Beide Unternehmen agieren thema­ sie die lokale Wirtschaft indirekt durch die Ver­ tisch recht breit, primär jedoch in den Bereichen gabe von Unteraufträgen an lokale Unternehmen. Kultur und Soziales sowie Bildung, Umwelt und Im Fall von Bad Berleburg sind zwei weitere As­ Sport. Die Aktivitäten von EJOT sind zudem nicht pekte besonders hervorzuheben. Zum einen ha­ nur lokal ausgerichtet, sondern nehmen ebenso ben beide Unternehmen am Standort gerade das regionale Umfeld in den Blick. Dies lässt sich enorm expandiert und damit nicht nur freie Ge­ auch dadurch begründen, dass EJOT neben dem werbe- und Industrieflächen belegt, sondern Stammsitz in Bad Berleburg weitere Standorte in ebenso ein langfristiges Bekenntnis zum Standort der Region hat. geliefert – aller verkehrsbezogenen Nachteile der Region zum Trotz. EJOT hat im Jahr 2010 mit dem „Wir helfen mit, um Ort und Region für unsere Kauf der ehemaligen WKA-Verwaltung sowie Mitarbeiter attraktiv zu halten.“ dem Kurhaus sowohl seine Unternehmensver­ (Christian Kocherscheidt, EJOT) waltung im Kernort konzentriert als auch einen neuen Forschungs- und Entwicklungsstandort ge­ Seitens der BSW wird explizit herausgestellt, schaffen. Dies ist auch städtebaulich von Belang, dass innerhalb des Leitungsgremiums Konsens da beide Objekte zentral gelegen und damit orts­ dazu besteht, Engagement und Beteiligung des bildprägend sind. Unternehmens auf das engere lokale Umfeld zu 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg 37

lenken und insbesondere örtliche Akteure und derverein sowie zahlreiche Sportvereine. Das En­ Prozesse zu unterstützen. Das Engagement der gagement der BSW ist dabei explizit auf den Unternehmen äußert sich durch Spenden bzw. Leichtathletik- sowie den Biathlonverein fokus­ Sponsoring (Corporate Giving), den Einsatz perso­ siert. EJOT ist zudem im Kirchenkreis Wittgenstein neller und zeitlicher Ressourcen (Corporate und dem dazugehörigen Abenteuerdorf Wittgen­ Volunteering) sowie durch langfristig angelegtes stein engagiert, das im Gegenzug für Events des Engagement (Corporate Support). Unternehmens genutzt wird. Auch lokale/regionale Schulen werden punktuell mit Sachspenden be­ Corporate Giving dacht (z. B. PC-Ausrüstung).

Beide Unternehmen unterstützen zahlreiche örtli­ Besonders hervorzuheben ist die umfassende fi­ che Vereine und Initiativen durch finanzielle sowie nanzielle Unterstützung des strategischen Leitvor­ materielle Zuwendungen. Dieses Sponsoring um­ habens ‚Jugendforum am Markt‘ durch beide Un­ fasst beispielsweise die Kulturgemeinde Bad Ber­ ternehmen. Dieses Projekt ist zudem auch Beispiel leburg e.V., die vor Ort ein breites Angebot an kul­ für eine weitergehende Beteiligung der Unterneh­ turellen Veranstaltungen organisiert, darunter men an strategischer Stadtentwicklungsplanung. zahlreiche Konzert- und Theaterveranstaltungen Es handelt sich dabei um eines der Leitprojekte sowie die etablierten Formate der Schlosskonzerte des Leitbildes ‚Meine Heimat 2020‘. Im Kern bein­ oder die Internationale Musikfestwoche auf haltet das Projekt ‚Jugendforum am Markt‘ den Schloss Berleburg. Weitere Veranstaltungen und Umbau des Bürgerzentrums zu einem multifunktio­ Initiativen, die seitens der Unternehmen unter­ nalen Veranstaltungs- und Begegnungszentrum stützt werden, sind die in der Vorweihnachtszeit und weiterhin die Renaturierung und Öffnung des stattfindende Bad Berleburger WeihnachtsZeit­ Areals zum Flusslauf der Odeborn. Das Jugendfo­ reise (EJOT), das Berleburger Literaturpflaster rum wird neben einem zentralen Veranstaltungs­ (EJOT und BSW) sowie das Artenschutz-Projekt und Konzertsaal über weitere Gruppenräume so­ und Naturerlebniszentrum Wisent-Welt Wittgen­ wie einen Multimedia-Raum verfügen. Zudem wer­ stein (EJOT). Über reine Sponsoringaktivitäten hi­ den die Büros der Stadtjugendpflege, der BLB- naus, stellen die Unternehmen teilweise auch ihre Tourismus GmbH sowie des Wisent-Vereins im Ju­ Geschäftsräume für Veranstaltungen zur Verfü­ gendforum untergebracht (Siegener Zeitung 2018) gung – z. B. für Lesungen des Literaturpflasters – oder unterstützen Musikfestwoche und Weih­ Eine Hauptintention des Projekts ist, in zentraler nachtsZeitreise durch Abnahme größerer Karten­ Lage einen Anlauf- und Kommunikationsort zu kontingente. Beide Unternehmen tragen somit schaffen. Die Gesamtinvestitionssumme für das dazu bei, „die Grundlage für ein hochwertiges kul­ Projekt beträgt etwa 2,5 Mio. Euro (Siegener Zei­ turelles Angebot in Bad Berleburg“ zu schaffen tung 2018; Westfalenpost 2018). Davon sind etwa 6 (6) (Kulturgemeinde Bad Berleburg). Des Weiteren 70 % Prozent über Fördermittel, insbesondere www.blb-kultur.de/news/ unterstützen beide Unternehmen den Jugendför­ durch die Städtebauförderung (etwa 1,7 Mio. Euro (Zugriff: 07.01.2019)

Studie zum Jugendforum am Markt in Bad Berleburg Foto: Pahl + Weber-Pahl Planungsgesellschaft mbH & Co. KG 38 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg

aus Bundes- und Landesmitteln), gedeckt. Durch „[…] dass mit der Einrichtung eines moder­ die Beteiligung der Unternehmen ist es gelungen, nen, multifunktionalen Veranstaltungs- und den kommunalen Eigenanteil von 30 % zu stem­ Begegnungszentrums für alle Generationen men: BSW und EJOT unterstützen das Jugendfo­ die Ortsmitte von Bad Berleburg nachhaltig rum am Markt mit jeweils etwa 200.000 Euro. Unter aufgewertet wird. […] EJOT und BSW beken­ anderem auch wegen der Beteiligung der beiden nen sich damit ausdrücklich zum Industrie­ Unternehmen, welche in der Folge auch andere standort und Lebensmittelpunkt Bad Berle­ private Akteure zur Beteiligung bewogen hat, wird burg sowie seiner Umgebung.“ das Jugendforum am Markt als „beispielhaftes En­ (gemeinsame Pressemitteilung von BSW und gagement aus der Region“ gesehen (Westfalen­ EJOT; Westfalenpost 2017) post 2018). Die Unterstützung der Unternehmen für das Projekt folgt der Überzeugung,

Richtfest Jugendforum am Markt in Bad Berleburg Foto: Pahl + Weber-Pahl Planungsgesellschaft mbH & Co. KG

Corporate Volunteering wicklung. Allerdings treten die Geschäftsführer hier nicht zwingend als Unternehmenslenker auf, Abseits der oben beschriebenen Sponsoring-Akti­ sondern nehmen auch aus persönlichen Motiven vitäten engagieren sich beide Unternehmen mit­ als Bürger der Stadt teil. Eine strikte Trennung zwi­ tels Personalfreistellungen, beispielsweise für die schen privater und unternehmensbezogener Be­ Freiwillige Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz teiligung an solchen Prozessen ist in diesem Fall oder das Technische Hilfswerk. Zeitliche Aufwen­ kaum möglich. dungen sind insbesondere auch auf den Bildungs­ bereich ausgerichtet. Sowohl BSW als auch EJOT „Man wird natürlich trotzdem immer auch als sind über Kooperationen mit örtlichen und regio­ Firmenboss wahrgenommen. Das ist vielleicht nalen Schulen verflochten und organisieren – auch eine Besonderheit einer Kleinstadt.“ auch vor dem Hintergrund der Fachkräftegewin­ (Holger Saßmannshausen, nung – Betriebspraktika, Tage der Ausbildung oder Jugendförderverein Bad Berleburg) Girls‘ Days. Beide Unternehmen sind Gründungs­ mitglieder des 1975 ins Leben gerufenen Bildungs­ Neben dieser (privaten) Beteiligung auf lokaler zentrums Wittgenstein, in dem aktuell die Ge­ Ebene sind beide Unternehmen zudem in strategi­ schäftsführung der BSW aktiv in die Vorstandsar­ sche Entwicklungsplanungen auf regionaler Ebene beit eingebunden ist. involviert. Beispielsweise wirkt Christian Kocher­ scheidt (EJOT) im erweiterten Vorstand der Loka­ Corporate Support len Aktionsgruppe (LAG) der Region Wittgenstein mit und ist somit über Entscheidungs- und Steue­ Beide Unternehmen beteiligen sich an strategi­ rungsfunktionen (u.a. zur Förderung von LEADER- scher Entwicklungsplanung sowohl auf lokaler als Projekten, Erfahrungsaustausch, Kontrolle und auch regionaler Ebene, wie etwa der Leitbildent­ Steuerung) mittelbar in das Regionalmanagement 4 Fallstudien / 4.2 Fallstudie Bad Berleburg 39

eingebunden. Ferner sind sowohl BSW als auch Sensibilisierung beigetragen, dass die nachhaltige EJOT über den Verein Wirtschaft für Südwestfa­ Entwicklung Bad Berleburgs nur gemeinschaftlich, len e.V. in das über die Südwestfalenagentur vo­ d. h. in Kooperation der örtlichen Akteure gelingen rangetriebene Regionalmarketing involviert. Darü­ kann. Systematische Herangehensweisen an kom­ ber hinaus gehört Christian Kocherscheidt (EJOT) munale Strategieprozesse scheinen die Akteurs­ dem Vorstand der Industrie- und Handelskammer beteiligung an diesen Prozessen maßgeblich zu Siegen an und engagiert sich für die Initiative befördern – unterstützt durch effektive informelle Route 57. Zur Verbesserung des Verkehrsan­ Kommunikationskanäle zwischen Verwaltung, schlusses fordert diese eine querende Ortsumge­ Wirtschaft und Bürgerschaft. hung im Rothaargebirge, wodurch sich auch die Verkehrsbelastung in einzelnen Ortschaften redu­ Beide Hidden Champions engagieren sich vor Ort zieren würde. umfassend in unterschiedlichen Handlungsfeldern wie Bildung, Kultur und Soziales. Neben finanziel­ len Zuwendungen (Corporate Giving) umfasst das Fazit aus der Fallstudie Engagement ebenso die Bereitstellung von zeitli­ Bad Berleburg chen Ressourcen und Räumlichkeiten (Corporate Volunteering). Des Weiteren wird deutlich, dass BSW und EJOT gehören zu den bedeutendsten Ar­ sich beide Unternehmen an strategischer Stadt­ beitgebern in Bad Berleburg und der Region Witt­ entwicklungsplanung (Corporate Support) beteili­ genstein und leisten über wirtschaftsbezogene gen – sowohl inhaltlich (Partizipation an Beteili­ Verflechtungen (Beschäftigung, Kaufkraft, Steuer­ gungsprozessen, Bildungszentrum Wittgenstein, aufkommen) einen wesentlichen Beitrag zur örtli­ Vorstandarbeit im Regionalmanagement) als auch chen und regionalen Entwicklung. Die Unterneh­ über die Gestaltung und Unterstützung konkreter men haben seit jeher ihren Stammsitz in Bad Entwicklungsvorhaben (z. B. Netzwerk Standort­ Berleburg und sind in dritter Generation familien­ paten) und Städtebauprojekte (Jugendforum am geführt. Dadurch ergibt sich, neben den wirt­ Markt). Trotz dieser umfassenden Aktivitäten wird schaftlichen Verflechtungen, eine weitere Dimen­ eine Trennung zwischen öffentlichen und privat­ sion lokaler Verwurzelung, die sich z. B. durch Mit­ wirtschaftlichen Aufgaben praktiziert und Beteili­ gliedschaft/Vorstandsarbeit der Unternehmens­ gung in Bereichen, die originär kommunale Aufga­ lenker in örtlichen Vereinen äußert. bengebiete umfassen (z. B. Infrastruktur etc.), aus­ geschlossen. Ein besonderes Element im örtlichen Das Beispiel Bad Berleburg macht deutlich, dass Akteursgeflecht Bad Berleburgs ist der Jugendför­ die angespannte kommunale Haushaltssituation derverein. Er fungiert als zentraler Knoten und Me­ (Haushaltskonsolidierungskonzept) in gewisser diator und bringt die unterschiedlichen örtlichen Weise als Auslöser neuer Beteiligungsformate so­ Akteure sowie deren Interessen zusammen. wie der Herausbildung einer partnerschaftlichen Kultur in der Stadtentwicklung gesehen werden Eine zentrale Erkenntnis aus der Fallstudie Bad kann. Vor dem Hintergrund der Sanierung kommu­ Berleburg ist zudem, dass die Unternehmer als naler Finanzen wurden in Bad Berleburg wieder­ Bürger der Stadt auch persönlich-emotional mit holt integrierte Stadtentwicklungskonzepte unter dem Standort verbunden und somit direkt von örtli­ breiter Beteiligung aus Bürgerschaft und Wirt­ chen Entwicklungen betroffen sind. Hieraus erge­ schaft erarbeitet und entsprechende Umsetzungs­ ben sich zusätzliche und spezifische Motive, sich projekte angestoßen. Diese Beteiligungsprozesse, vor Ort in unterschiedlichen Bereichen der Stadt­ unterstützt durch die vor Ort bestehenden institu­ entwicklung zu engagieren. Gleichzeitig resultiert tionalisierten Austauschformate (z. B. Unterneh­ die persönliche Betroffenheit auch darin, dass un­ merstammtisch) sowie direkte Ansprachen der ternehmerische und private Beteiligung nicht im­ Unternehmen durch die Verwaltung, haben zur mer klar zu trennen sind. 40 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling

4.3 Fallstudie Schierling

Profil des Marktes Schierling

• Grundzentrum im Landkreis Regensburg Marktes leben etwa 8.200 Menschen, davon etwa (Oberpfalz, Bayern) 5.400 im Hauptort Schierling. Mit insgesamt über • Gemeindeteile: 26 100 Vereinen verfügt der Markt Schierling über • Fläche: 77km2 ein vielfältiges Vereinswesen. In den vergange­ • Einwohnerzahl 2018: 8.208 nen 10 Jahren ist die Bevölkerungszahl, insbe­ • SvB am Arbeitsort (30.06.2018): 3.013 (2013: sondere durch ein positives Wanderungssaldo, 2.008) um etwa 1.000 Personen gestiegen. Eine solch dy­ • Bedeutender Gewerbestandort namische Bevölkerungsentwicklung ist für eine • Gewerbesteuer je Einwohner (2015): 234,3 € Kleinstadt in peripherer Lage bemerkenswert. Hervorzuheben ist jedoch, dass Schierling hin­ Schierling ist eine Marktgemeinde im Landkreis sichtlich Bevölkerungsentwicklung auch von Regensburg in Bayern. Sie ist südlich der Stadt einer guten Verkehrsanbindung, insbesondere Regensburg in der Oberpfalz gelegen und ent­ Richtung Regensburg, profitiert. wickelte sich in den letzten 50 Jahren zu einem Grundzentrum mit gewerblich-industriellem Die gewerbliche Funktion Schierlings wurde seit Schwerpunkt. In den 26 Gemeindeteilen des 2011 seitens der Gemeindeverwaltung durch die Entwicklung des neuen Gewerbegebietes (‚Am Birlbaum‘) gestärkt. Neben dem in Schierling an­ sässigen Hidden Champion, der Holmer Maschi­ nenbau GmbH, finden sich am Standort zahlrei­ Naab Regen che andere Industrieunternehmen. Neben einer A3 Vielzahl traditionsreicher Betriebe ist insbeson­ dere die Neuansiedlung der SMP Deutschland Regenstauf 3 GmbH (Automobilzulieferer, 750 Beschäftigte in BAYERN A9

Naab Schierling) aus dem Jahr 2015 zu nennen.

REGENSBURG Don au Darüber hinaus ist Schierling ein bedeutender I I A3 I I

I

I I I

I I Pendlerstandort und insbesondere mit der Stadt I I I I

I I I I I M I ai I n- I I D Regensburg eng verflochten. Im Jahr 2015 wurde I I o I n I au I I - Regensburg I I K I . I I I I I I I KELHEIM I I der Markt Schierling mit dem Bayerischen Quali­ I I I I au tätspreis in der Kategorie ‚wirtschaftsfreundliche n o D STRAUBING Schierling Gemeinde‘ ausgezeichnet. 93 Neustadt A a.d. Donau Die infrastrukturelle Anbindung Schierlings wird

IfL 2019 von örtlichen Akteuren als überaus positiv bewer­ Autor: M. Graffenberger Kartographie: B. Hölzel, A. Kurth 0 10 km tet. Hier ist insbesondere auf den Anschluss Schierlings an die Bundesstraße 15 neu (B15n) zu Abb. 16: Übersichtskarte Markt Schierling (Landkreis Regensburg) Quelle: IfL 2019 verweisen. Diese verläuft seit 2011 zwischen Re­ gensburg und Landshut und soll perspektivisch Indikator Schierling Richtung Rosenheim fortgeführt werden. Über den Bahnhof im Ortsteil Eggmühl ist die Gemeinde Verhältnis junge (15 – < 20 J) an den Personenverkehr angebunden, u. a. mit Di­ Humankapital zu alten (60 – < 65 J) 101,6 rektverbindungen nach Regensburg, Landshut Erwerbsfähigen in % und seit Ende 2018 zum Flughafen München. Pendlersaldo je 100 SV endlersaldo -40,9 Beschäftigte am Arbeitsort

Anteil der Einwohner 65 Jahre und älter Stadtentwicklung in Schierling Demographie 19,5 an den Einwohnern in %

Arbeitslose je 1000 Einwohner In Schierling wurden bereits mehrere gesamtört­ Arbeitslosigkeit 21,5 im erwerbsfähigen Alter liche Entwicklungsstrategien erarbeitet und in

Gemeindesteuerkraft Gewerbesteuer in € je Einwohner 243,3 Umsetzung gebracht. Als Vorläufer heutiger Pro­ zesse gilt der 1999 angestoßene Stadtmarketing- Prozess. Die dort angestoßenen Entwicklungs­ Abb. 17: Überblick Schierling zu Indikatoren für das Jahr 2014 Quelle: eigene Darstellung 2018 (Datenquelle: INKAR, eigene Berechnungen) strategien wurden ab 2009 in die Erarbeitung 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling 41

Straßenansicht Markt Schierling Foto: Martin Graffenberger, 2018 eines integrierten, gesamtörtlichen Entwicklungs­ Aktuelle Projekte, die im gesamtörtlichen Entwick­ konzeptes überführt und erweitert, sowie mit lungskonzept aus dem Jahr 2013 festgehalten sind, einem umfassenden Beteiligungsprozess (u. a. betreffen den Neubau eines Hotels durch einen Zukunftskonferenz, Planungswerkstatt, Len­ privaten Investor mit dem Ziel, Markt Schierling als kungskreis mit diversen lokalen Akteuren, Ju­ Wirtschaftsstandort und touristisches Ziel weiter gendtag DemoCrazy) verknüpft. Das Entwick­ zu entwickeln. Diese Hotelplanungen nehmen seit lungskonzept wurde 2013 beschlossen und ist bis Anfang 2019 konkret Gestalt an. Als Zukunftspro­ 2025 ausgelegt. Leitziel des Konzepts ist die jekte gelten ferner Erwerb/Sanierung von Dorf­ Schaffung geeigneter städtebaulicher Strukturen, mühle und Schloss, deren funktionale Kopplung die insbesondere auf die zu erwartenden Ent­ mit der Jesuiten-Meile sowie die Entwicklung des wicklungen in demographischen, wirtschaftli­ Areals zu einem ‚Energie-Erlebnis-Zentrum‘ mit chen, sozialen und ökologischen Handlungsfel­ Bildungscharakter. Erste Planungen sehen vor, dern ausgerichtet sind (Markt Schierling 2013). dass das ‚Energie-Erlebnis-Zentrum‘ als Satellit ei­ Unter der Leitprämisse der Innenentwicklung nes überregionalen Energie-Bildungszentrums sieht die Konzeption die Entwicklung Schierlings fungiert (Stadt Regensburg 2017). zu einem Mehrgenerationenort, Wirtschaftsort, Kulturort, Kommunikationsort vor – untersetzt Neben der Stärkung des Hauptortes wird die durch unterschiedliche Umsetzungsprojekte. Funktionssicherung in einzelnen Gemeindeteilen Dazu soll insbesondere der Ortskern im Hauptort durch entsprechende Aufwertungsmaßnahmen der Gemeinde aufgewertet und funktional ge­ vorangetrieben. Beispielhaft ist in diesem Zusam­ stärkt werden (Wohnfunktion, Versorgungsfunk­ menhang der Neubau eines multifunktionalen tion). Öffentlich-private Kooperationen spielen bei Dorfgemeinschaftshauses im Ortsteil Pinkhofen der Umsetzung von Standortentwicklungsprojek­ zu nennen. ten in Schierling eine tragende Rolle (Bayeri­ sches Staatsministerium des Inneren 2011).

Im Kontext der Innenentwicklung gilt die Realisie­ rung des Fachmarktzentrums (‚Haus der Begeg­ nung‘) im Jahr 2016 als zentrale Maßnahme. Das Fachmarktzentrum wurde an zentraler Stelle im Hauptort in Zusammenarbeit mit einem lokalen In­ vestor umgesetzt. Hierdurch wurde die innerörtli­ che Versorgungssituation gestärkt. Das Fach­ marktzentrum beherbergt einen Lebensmittelmarkt mit Bäckerei, ein medizinisches Versorgungszen­ trum, einen Familienstützpunkt, die Polizeiwache sowie die neu gestaltete Gemeindebücherei. 42 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling

Das Unternehmen Holmer Maschinenbau GmbH Lokale Verwurzelung des Unternehmens

• 1969 in Eggmühl gegründet; Die Eigentümerwechsel des Unternehmens wer­ • seit 2013 Teil der französischen Gesellschaft den seitens Gemeindeverwaltung und aktueller Exel Industries; 2015 Erwerb eines Areals im Geschäftsführung als turbulente Phase bewertet. neuen Gewerbegebiet, 2017 Inbetriebnahme Die Zukunft der Holmer Maschinenbau GmbH der Logistikhalle; schien zwischenzeitlich nicht gesichert. Trotz der • Insgesamt ca. 420 Beschäftigte, etwa 330 am externen Besitzverhältnisse agiert Holmer hin­ Stammsitz in Schierling; Umsatz: ca. 117 Mio. sichtlich Einkauf und Produktentwicklung eigen­ Euro; ständig. Weiterhin wird festgehalten, dass seit • Produkte u. a. Zuckerrübenvollernter, Träger­ dem Verkauf Holmers 2013 die Kommunikations­ fahrzeuge, Reinigungslader; und Vertrauensbasis zwischen Gemeindeverwal­ • Weltmarktführer im Bereich selbstfahrender tung und Unternehmen gestärkt wurde und die Zuckerrübenvollernter Verwurzelung des Unternehmens wieder aktiver praktiziert wird. Die Firma Holmer Maschinenbau GmbH wurde „10 Jahre in Private-Equity taten uns als Un­ 1969 durch Alfons Holmer gegründet. 1974 entwi­ ternehmen sicherlich nicht gut, gerade weil ckelte Holmer den ersten 6-reihigen, selbstfah­ auch diese Identifikation fehlte. […] Das war renden Zuckerrübenvollernter der Welt und stieg eine schwere Zeit.“ in diesem Segment zum Weltmarktführer auf. Das (Wolfgang Bergmann, Holmer) Unternehmen wurde bis zum Verkauf an die Afinum Management GmbH, eine branchenüber­ Im Jahr 2015 erwarb Holmer ein 14 Hektar großes greifende Beteiligungsgesellschaft, im Jahre 2004 Grundstück im neu erschlossenen Gewerbege­ von Alfons Holmer als Familienunternehmen ge­ biet, 2017 nahm das Unternehmen hier eine neue führt. 2006 wurde Holmer von Afinum an die Logistikhalle in Betrieb. Mittelfristig plant Holmer, AVIDA Group veräußert, ebenfalls eine Beteili­ sämtliche Aktivitäten von Eggmühl am neuen gungsgesellschaft aus dem Private-Equity Be­ Standort in Schierling zu konzentrieren. reich. Im Jahr 2013 wurde Holmer von der franzö­ sischen Gesellschaft Exel Industries übernom­ Derzeit beschäftigt Holmer am Stammsitz etwa men, zu der das Unternehmen bis heute gehört. 330 Beschäftigte in Produktion, Entwicklung und Exel Industries ist ein weltweit operierendes und Verwaltung. Damit ist das Unternehmen einer der agrarorientiertes Unternehmen. Hinter Exel In­ größten Arbeitgeber der Gemeinde und fungiert dustries steht ein französisches Familienunter- mit etwa 30 Auszubildenden in insgesamt sechs nehmen. Mit EXXACT verfügt die Exel Industries Lehrberufen auch als wichtiger Ausbildungsbe­ über eine Sparte zum Bau und Vertrieb von Zu­ trieb. Ein Großteil der Belegschaft stammt sowohl ckerrübenvollerntern – in diese wurde die Holmer aus dem unmittelbaren wie auch dem weiter ge­ Maschinenbau GmbH 2013 integriert. Somit ist fassten regionalen Umfeld. Neben unternehmeri­ Holmer als managementgeführtes Industrieunter­ schen Bezügen wie dem Bekenntnis zum Stand­ nehmen einzuordnen. ort Schierling (Gewerbegebiet), zeigt sich die lo-

Sitz der Holmer Maschinenbau GmbH im Gewerbegebiet ‚Am Birlbaum‘ Foto: Martin Graffenberger 2018 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling 43

kale Verwurzelung des Unternehmens insbeson­ Weiterhin werden sowohl von Seiten des Unter­ dere über die Belegschaft: nehmens als auch der Gemeinde anlassbezogene Möglichkeiten zum Austausch geschaffen. Bei­ „Für uns war [die Entwicklung des neuen spielsweise wird die Verwaltungsleitung von Hol­ Standortes] eine langfristige und strategische mer zu sozialen Veranstaltungsteilen auf größeren Entscheidung, die für uns die Zukunft sichert. Messen eingeladen. Dort ergibt sich die Möglich­ Wohl wissend, dass wir nicht überall hinge­ keit eines ungezwungenen Austauschs – und für hen können. Das geht nicht bei unserem Pro­ Gemeindevertreter auch die Möglichkeit mit Ver­ dukt […]. Hier sind unsere Know-how Träger tretern der französischen Eignerfamilie in Kontakt und hier sind wir verwurzelt. zu treten. Zudem fragt die Gemeinde zu bestimm­ (Wolfgang Bergmann, Holmer) ten Anlässen Unternehmensführungen bei Holmer an, bspw. wenn politische Vertreter der Landes­ ebene den Markt besuchen. Die überschaubare Kommunikationsstrukturen zwischen Größe Schierlings erlaubt es den Akteuren, die ört­ Verwaltung, Unternehmen und Bürgerschaft lichen Strukturen im Blick zu halten sowie zielge­ richtet mit anderen Akteuren in Kontakt zu treten: Formale, thematisch orientierte und institutionali­ sierte Austauschformate, in denen sektorenüber­ „Wir sind eben in einer Größenordnung wo greifend strategische Sachfragen diskutiert wer­ man sich kennt. Wo man einen direkten Draht den, existieren in Schierling nicht. Dies betrifft so­ zueinander hat.“ wohl den Austausch zwischen der Gemeindever­ (Manuel Kammermeier, Markt Schierling) waltung und den Unternehmen als auch den Austausch zwischen den Unternehmen selbst. Im Rahmen der Zukunftswerkstatt 2010 wurde ein Von großer Bedeutung in Schierling sind hinge­ Impuls zur Etablierung eines Unternehmerstamm­ gen informelle Austauschformate. Diese als „di­ tischs gesetzt. Der Ansatz wurde aufgrund gerin­ rekter Draht“ beschriebenen Kommunikations­ ger Resonanz innerhalb der örtlichen Unterneh­ wege werden akteursübergreifend als unkompli­ merschaft jedoch nicht fortgeführt. Stattdessen ziertes und zielgerichtetes Kommunikationsin­ wurden von der Gemeindeverwaltung Unterneh­ strument gesehen. Zudem zeigt sich, dass diese mensbesuche mit einer Möglichkeit zum direkten direkten Kommunikationswege auf unterschiedli­ Austausch initiiert. Einige Besuche werden zu­ chen Ebenen operieren und neben der Leitungs­ dem mit der Verleihung der Auszeichnung ‚Part­ ebene (Bürgermeister-Geschäftsführer) auch ner des Marktes Schierling‘ verbunden. handelnde Personen auf hierarchisch niedrigeren Ebenen über direkte Ansprechpartner in Verwal­ Der informelle Austausch zwischen den Unter­ tung bzw. Unternehmen verfügen. nehmen wird sporadisch durch den örtlichen

Fachmarktzentrum im Ortskern Schierling Foto: Martin Graffenberger 2018 44 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling

Gewerbeverein, insbesondere im Rahmen sozia­ Einfluss des Unternehmens jenseits originärer ler Vereinsaktivitäten, vorangetrieben, an denen Unternehmensaktivitäten (CLRR) neben kleineren Gewerbetreibenden auch die Geschäftsführer der ortansässigen Industrieun­ Corporate Giving ternehmen sowie die Verwaltungsspitze teilneh­ men. Seitens der Gemeindeverwaltung würde ein Die Holmer Maschinenbau GmbH bringt sich umfassenderer Austausch zwischen den größe­ auch jenseits originärer Unternehmensaktivitäten ren Industrieunternehmen begrüßt. Der Anstoß in unterschiedliche Stadtentwicklungsbereiche dazu, so die Sichtweise, müsse jedoch aus den ein. Diese freiwilligen Aktivitäten beziehen sich Unternehmen heraus kommen. insbesondere auf Sponsoring in den Bereichen Sport, Soziales und Bildung. Grundsätzlich wird Einfluss des Unternehmens durch seitens Holmer hervorgehoben, dass Sponsoring- wirtschaftliche Aktivitäten Aktivitäten dem unmittelbaren Unternehmensum­ feld zu Gute kommen sollen und demnach der Mit etwa 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Prämisse lokaler und regionaler Ausrichtung fol­ Produktion, Verwaltung, Entwicklung, Logistik und gen. Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. örtlicher Wiederherstellung ist die Holmer Maschinenbau Fußballverein in Eggmühl) wird dieses Sponsoring GmbH einer der größten Arbeitgeber der Ge­ nicht langfristig, sondern bedarfsorientiert und meinde. Diese Arbeitsplatzfunktion wird seitens punktuell praktiziert, d. h. die Unternehmensfüh­ der örtlichen Akteure als wichtiger Entwicklungs­ rung entscheidet/reagiert in der Regel auf Grund­ faktor betrachtet. Dadurch werden auf lokaler lage spezifischer Anfragen. Hervorgehoben wird, Ebene Kaufkraft und Steueraufkommen generiert dass auch in Vereinen/Initiativen engagierte Mit­ und der Gemeinde entsprechende Gestaltungs­ arbeiterinnen und Mitarbeiter solche Anfragen di­ spielräume erschlossen. Ein möglicher Konkurs rekt an die Geschäftsführung herantragen. Holmers hätte entsprechend beträchtliche Aus­ wirkungen auf die Gemeinde gehabt (Interviews Durch die Unterstützung diverser örtlicher Ver­ Stadtverwaltung; Allgemeine Laber Zeitung). eine mittels Sach- und Finanzspenden trägt Hol­ mer zum Erhalt des Vereinslebens in Schierling Soweit möglich richtet Holmer seine Lieferketten bei. Beispielhaft sind hier Zuwendungen an örtli­ kleinräumig aus und stärkt damit lokale/regionale che Sportvereine (Fußballverein, Skiverein, Ten­ Strukturen (bspw. Druckerei, Beschaffung von Ar­ nisverein) zu nennen. Darüber hinaus werden so­ beitskleidung etc.). Betont wird zudem, dass Hol­ ziale Einrichtungen gesponsert. Konkrete mer durch sein langfristiges Bekenntnis zum Beispiele sind gemeinsame Aktivitäten mit Malte­ Standort Schierling (langfristige Standortentwick­ sern, dem Altenheim oder dem Kinderkrebszen­ lung) einen substantiellen Beitrag zur wirtschafts­ trum in Regensburg. Auch der örtliche Kindergar­ bezogenen Stadtentwicklung leistet. Hintergrund ten in Eggmühl wurde zur Aufwertung des Spiel­ der anvisierten Unternehmensverlagerung vom platzes finanziell und durch Sachspenden unter­ Stammsitz in Eggmühl an den neuen Gewerbege­ stützt. bietsstandort ist u. a. die fehlende Wachstums­ perspektive am derzeitigen Stammsitz. Dieser ist Corporate Volunteering stark mit der Ortsstruktur verwoben und bietet keine weiteren Entwicklungsflächen. Der Prozess Über diese Sponsoring-Aktivitäten hinaus enga­ zur Standortentwicklung wurde in Abstimmung giert sich Holmer über Personalfreistellungen und zwischen Gemeindeverwaltung und Unterneh­ zeitliche Ressourcen (Corporate Volunteering). Be­ men realisiert. Als Resultat wurde, maßgeblich schäftigte werden für Aufgaben innerhalb der frei­ beeinflusst durch das konkrete Interesse Hol­ willigen Feuerwehr von betrieblichen Verpflichtun­ mers, das neue Gewerbegebiet mit einer Gesamt­ gen freigestellt. Im Rahmen des Aktionstags zum größe von 35 Hektar entwickelt. Insgesamt hat Projekt ‚Gesunder Markt Schierling‘ unterstützten sich Holmer mit 14 Hektar die größte Einzelfläche Holmer und die Belegschaft den Eggmühler Bene­ im Gewerbegebiet gesichert und entwickelt diese fizlauf. Umfassende und strategisch längerfristig nun sukzessive. Begonnen wurde mit der Errich­ ausgerichtete Beteiligung findet im Bildungsbe­ tung des neuen Logistikzentrums, welches 2017 in reich statt. Im Projekt ‚Technik für Kinder‘ koope­ Betrieb genommen wurde. 4 Fallstudien / 4.3 Fallstudie Schierling 45

riert Holmer mit der Placidus-Heinrich-Mittel­ sich das übergreifende kollektive Verständnis, schule. Die Auszubildenden des Unternehmens dass die Holmer Maschinenbau GmbH insbeson­ vermitteln Schülerinnen und Schülern in Werkkur­ dere über ihre wirtschaftlichen Kerntätigkeiten zur sen technische Zusammenhänge und Technikum­ Stadtentwicklung beiträgt (Arbeitsplätze, Kauf­ gang. Als Mitglied des örtlichen Gewerbevereins kraft, Gewerbesteuern, Standorterweiterung im fungiert Holmer im Rahmen der periodisch stattfin­ neuen kommunalen Gewerbegebiet). denden Gewerbeschau als Zugpferd der Veran­ staltung und macht seine Landmaschinen für die Dennoch wird deutlich, dass sich Holmer mittels breite Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich. Sponsorings (Corporate Giving) und projektbezo­ gener Maßnahmen (Corporate Volunteering), ge­ Corporate Support rade in den Bereichen Bildung und Soziales, vor Ort einbringt. Beteiligung an strategischen Prozes­ Die Beteiligung Holmers lässt sich vornehmlich sen der Stadtentwicklung (Corporate Support) fin­ eher niedrigschwelligen und weithin akzeptierten det jedoch kaum statt – von punktueller Mitwir­ Bereichen (Sport, Bildung und Soziales) zuord­ kung z. B. im Klimabeirat des Marktes sowie grund­ nen. Der Bereich langfristig-strategischer Stadt­ sätzlich ideeller Unterstützung für städtebauliche entwicklungsplanung (Corporate Support) spielt Vorhaben (Hotelbau, Fachmarktzentrum) abgese­ in den freiwilligen Aktivitäten dagegen kaum eine hen. Die Fallstudie zum Markt Schierling lässt zu­ Rolle. Als Ausnahme lässt sich die Beteiligung am dem vermuten, dass sowohl Gemeindegröße als Klimabeirat der Kommune nennen, ein Gremium, auch räumliche Lage auf örtliche Beteiligungs­ das die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts des strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten wirken. Marktes begleitet. Zwar werden konkrete Planun­ Es zeigt sich, dass thematische Handlungsfelder gen hinsichtlich Stadtentwicklung sowie entspre­ beispielsweise im Kulturbereich auch aufgrund chende Strategieprozesse der Gemeinde seitens der grundzentralen Funktion des Marktes sowie Holmers „genau beobachtet“ und, sofern im Inte­ der Nähe zur Welterbe-Stadt Regensburg eher resse des Unternehmens, auch ideell unterstützt, eingeschränkt sind. wie etwa die sich konkretisierenden Planungen zum Hotelbau im Ortskern. Es kommt jedoch nicht Während vor Ort neben regelmäßigem Austausch zu gemeinsamen strategischen Projekten. über den Gewerbeverein keine institutionalisierten Kommunikationsformate zwischen Verwaltung und In dieser Hinsicht zeigt sich das eingangs aufge­ Unternehmerschaft existieren, illustriert die Fall­ zeigt Selbstverständnis der Akteure und die in studie Markt Schierling die große Bedeutung und Schierling praktizierte Trennung zwischen priva­ Effektivität informeller Kommunikationskanäle. Da­ ten und kommunalen Zuständigkeiten. bei beschränkten sich diese kurzen Kommunikati­ onswege zwischen Verwaltung und Unternehmen „Strategische Kooperationen zur Entwicklung nicht auf die Achse Bürgermeister Geschäftsfüh­ der Kommune gibt es in dem Sinne nicht. Wir rung, sondern involvieren auch Personen auf an­ setzten uns nicht hin und entwickeln gemein­ deren Ebenen. Das Beispiel Schierling macht zu­ sam mit der Verwaltung einen langfristigen dem deutlich, dass Dynamiken in den Besitzver­ Plan.“ hältnissen von Unternehmen auch mit nachhalti­ (Wolfgang Bergmann, Holmer) gen örtlichen Wirkungen einhergehen können, bspw. hinsichtlich Unternehmensverwurzelung und Verbindung zur Verwaltung. Insbesondere Fazit aus der Fallstudie Schierling zeigt sich, dass die Übernahme Holmers durch ei­ nen französischen Familienkonzern, nachdem das Ein spezifischer Aspekt der Fallstudie zum Markt Unternehmen etwa zehn Jahre lang im Besitz un­ Schierling ist die konsequente Trennung zwischen terschiedlicher Private-Equity Gesellschaften war, kommunalen und privatwirtschaftlichen Aufgaben zu einer Verbesserung im Austausch mit der Ver­ und Zuständigkeiten. Diese Trennung setzt der Be­ waltung führte und auch die Pflege örtlicher Be­ teiligung von Unternehmen an Prozessen der züge wieder verstärkt in den Unternehmensfokus Stadtentwicklung klare Grenzen. Hieraus ergibt rückte. 46 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung

5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung

Im nachfolgenden Kapitel werden die Ergebnisse men ein Interesse an Orts- und Stadtentwicklung aus den Fallstudien zusammengefasst und fall­ haben. Dieses Interesse ist grundsätzlich durch übergeifend synthetisiert. Dabei wird explizit auf unternehmensbezogene Motive geleitet und zeigt das Rollenverständnis der Akteure, die Ausge­ gleichzeitig Schnittmengen zwischen Stadt- und staltung der Entwicklungspartnerschaft zwischen Unternehmensentwicklung. Neben harten Aspek­ Kommune und Unternehmen sowie auf die bei­ ten wie der Planung und Ausweisung von Gewer­ derseitigen Motive der Kooperation und entspre­ beflächen betrifft dies insbesondere Faktoren, die chend fördernde bzw. hindernde Faktoren einge­ an das Handlungsfeld der Standortattraktivität gangen. gekoppelt sind. So schließen sich praktizierte Aufgabentrennung und aktiv betriebenes, freiwil­ 5.1 Das Rollenverständnis liges Engagement von Unternehmen in Quer­ der Akteure schnittsfeldern, die für die weiter gefasste Stadt­ gesellschaft von Bedeutung sind (z. B. Attraktivi­ Das in den Fallstudien beschriebene Engagement tätssteigerung, Stadtkernsanierung, Bildung, Kul­ der Unternehmen soll nun vor dem Hintergrund tur), nicht aus, sondern spiegeln vielmehr ein der gesellschaftlichen Rolle von Unternehmen so­ ganzheitliches Verständnis von Stadtentwicklung wie Kommunen betrachtet werden. Auch wenn wider. Dies setzt jedoch voraus, dass Stadtent­ sich die Unternehmen teils umfassend an Prozes­ wicklung sowohl seitens der Kommunen als auch sen und Einzelprojekten zur Ortsentwicklung be­ seitens der Unternehmen als ganzheitlicher Pro­ teiligen, wird Stadt- und Ortsentwicklung nicht zess verstanden wird, der für Bürgerinnen und primär als unternehmensbezogene und private, Bürger, Kommune, Unternehmen und Beschäf­ sondern als kommunale und öffentliche Aufgabe tigte Mehrwerte schafft. gesehen. Die Falluntersuchungen legen zudem nahe, dass in Kommunen mit angespannter Haushaltslage „Unsere Hauptaufgabe ist nicht die Stadtentwicklung, sondern zu sehen, dass Verwaltung und Unternehmen enger zusammen­ unsere wirtschaftliche Entwicklung positiv ist.“ arbeiten. Wirtschaftliche Akteure können somit (Dr. Pietsch, Kjellberg-Stiftung) sogar zu Triebfedern bei der Ortsgestaltung wer­ den, nicht zuletzt hervorgerufen durch eine einge­ „[…] wir wünschen uns, dass die [örtlichen] Unternehmen gute Gewinne schränkte Gestaltungskraft der Kommunalpolitik, machen. Das generiert Steuereinnahmen und daraus finanzieren wir die insbesondere in Bereichen, die den freiwilligen öffentlichen Angelegenheiten.“ kommunalen Aufgaben zuzurechnen sind (Vortrag (Fritz Wallner, Markt Schierling) Backhaus-Maul 2018).

„Es kann ja nicht im Sinne der Unternehmen sein, sich mit Themen zu befas­ sen, die eigentlich die öffentliche Hand betreffen. Die Zuweisung unterschiedli­ „Man muss sehen, in welchen Bereichen wir cher Aufgaben macht ja Sinn. Unternehmen haben eine Meinung zu bestimm­ das Umfeld des Unternehmens unterstützen ten Themen, aber keine Zuständigkeiten. (Ulf Pöppel, BSW) können. Es ist sicherlich nicht unsere Haupt­ aufgabe, aber es gehört zum Gesamtportfolio Hieraus ergeben sich klare Grenzen des freiwilli­ dazu. Diese Aspekte gehören zum Gesamtbild gen Engagements und der Beteiligung von Unter­ […], es ist doch in der Logik des Unterneh­ nehmen, die nicht nur spezifische Zuständigkei­ mens, solche Prozesse zu unterstützen.“ ten, sondern ebenso spezifische Kompetenzen (Einlassung C. Kocherscheidt während des der Akteure betreffen. Kompetenzen und Zustän­ Ergebnisworkshops in Bad Berleburg) digkeiten der Unternehmen werden entsprechend im wirtschaftlichen Bereich, z. B. beim Unterneh­ mensmanagement, der Unternehmensentwick­ lung oder der Arbeitsplatzsicherung verortet, Stadtplanung und -entwicklung hingegen sind dem Zuständigkeits- und Kompetenzbereich öf­ fentlicher Akteure zuzuordnen.

Die Falluntersuchungen zeigen deutlich, dass ört­ liche Hidden Champions und weitere Unterneh­ 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung 47

5.2 Gelebte gend in Bad Berleburg durch BSW. Zudem wer­ Entwicklungspartnerschaft den für die Stadt wichtige identitätsstiftende In­ stitutionen und regelmäßige Veranstaltungen wie In allen Fallkommunen herrscht die Erkenntnis der Tierpark, die Musikschule oder das Sänger­ vor, dass Stadtentwicklung kein Prozess für „Ein­ fest in Finsterwalde, die Kulturgemeinde, der Ju­ zelkämpfer“ ist, sondern ganzheitlich gedacht gendförderverein oder das Jugendforum am werden sollte. In diesem Sinne ist auch der Be­ Markt in Bad Berleburg umfangreich unterstützt. griff der „Entwicklungspartnerschaft“ (Kiese und Schiek 2016) zu verstehen, der an dieser Stelle Beteiligung an strategischen Prozessen der Stadt­ noch einmal aufgegriffen werden soll. Diese Ent­ entwicklung wurde in den Fallkommunen vor allem wicklungspartnerschaft bezieht sich nicht nur auf dann beobachtet, wenn Unternehmen von der die wirtschaftliche Entwicklung der untersuchten Stadtverwaltung direkt und mit konkreten Beteili­ Kleinstädte, sondern im Kontext integrierter gungsperspektiven angesprochen wurden. Insbe­ Stadtentwicklung auch auf Bereiche wie Kultur, sondere die Stadtverwaltung befindet sich hier in Sport, Soziales/Bildung oder die Stadt als Wohn­ einer koordinierenden und aktivierenden Funktion ort – also auf Bereiche, die einen zumindest mit­ im Beziehungsgeflecht Politik/Verwaltung, Wirt­ telbaren Nutzen für das Unternehmen und/oder schaft und Zivilgesellschaft. Die Beteiligung an ihre Beschäftigten versprechen. Darüber hinaus strategischen Prozessen ist in den Fallstädten sehr werden freiwilliges Engagement und Beteiligung unterschiedlich ausgeprägt, u. a. auch begründet in den untersuchten Fallstädten als selbstver­ durch unterschiedliche persönliche Betroffenheit ständlicher Bestandteil der Unternehmensfüh­ der Unternehmensführung in familien- und ma­ rung angesehen. Dabei zeigen sich partner­ nagementgeführten Unternehmen. schaftliche Beziehungen vor Ort nicht nur zwi­ schen Unternehmen und Stadtverwaltung, son­ Ein herausragendes Themenfeld in allen unter­ dern schließen explizit auch Akteure der suchten Fallstädten ist der Bildungsbereich. Die­ Zivilgesellschaft ein. ser wird sowohl strategisch-langfristig als auch kurzfristig seitens der Unternehmen adressiert. Die wirtschaftliche Bedeutung der betrachteten Das bildungsbezogene Engagement reicht von Hidden Champions für ihre Standorte ist unbe­ der Unterstützung benachbarter Kindergärten stritten. Sie tragen wesentlich zur Sicherung von und Grundschulen bei der Ausgestaltung von Pro­ Arbeitsplätzen und Kaufkraft bei. Das generierte jektwochen und dem Angebot von Betriebsprak­ Steueraufkommen versetzt die Kommunen in die tika bis hin zu offiziellen Partnerschaften zwi­ Lage, handlungsfähig zu sein und eigene Aufga­ schen Unternehmen und Schulen (Holmer mit der ben wahrzunehmen. Dass die Stadt Bad Berle­ Placidus-Heinrich-Mittelschule in Schierling; burg nach vielen Jahren eines defizitären Haus­ EJOT mit der Ludwig-zu-Sayn-Wittgenstein- halts diesen im Jahr 2017 wieder ausgeglichen Schule in Bad Berleburg; Kjellberg Finsterwalde darstellen konnte, verdankt sie u.a. auch den stei­ mit der Oscar-Kjellberg-Oberschule). genden Einnahmen aus der Gewerbesteuer – auf­ grund der aktuell guten wirtschaftlichen Entwick­ lung der örtlichen Unternehmen (C. Kocher­ 5.3 Was Unternehmen und scheidt, EJOT). Zudem tragen die Unternehmen Verwaltung bewegt: zur Stärkung lokaler und regionaler Wirtschafts­ Motive der Zusammenarbeit kreisläufe und teils auch zur Regionalisierung von Geldkreisläufen bei. Folglich werden auch wei­ Motive der Unternehmen sich an Stadtentwick­ tere Unternehmen animiert, ihren Beitrag zur Ent­ lungsprozessen zu beteiligen wicklungspartnerschaft zu leisten. Die Motive von Unternehmen, sich vor Ort zu en­ gagieren und über dieses Engagement Prozesse Deutlich wurde auch, dass unternehmerisches der Stadtentwicklung direkt und indirekt zu ge­ Engagement eng mit bürgerschaftlichem Engage­ stalten, sind sehr divers und häufig miteinander ment verknüpft ist. Zivilgesellschaftliche Akteure verflochten. In Anlehnung an Schiek (2017) lassen werden vor allem durch materielle Formen des sich auf Basis der Falluntersuchungen drei Motiv­ Engagements (Corporate Giving; z. B. Sponsoring kategorien ableiten: unternehmensbezogene, für Sport- und Kulturvereine) oder durch perso­ orts- und regionsbezogene sowie personenbezo­ nelle Freistellungen (Corporate Volunteering; z. B. gene Motive. für die Freiwillige Feuerwehr, das Technische Hilfswerk oder den Benefizlauf im Markt Schier­ Unternehmensbezogene Motive ling) adressiert. In einigen Fällen ist auch langfris­ tiges Engagement zu beobachten, z. B. bei der Un­ Als Treiber lokaler und regionaler Beteiligung der terstützung der Leichtathletik- und Biathlonju­ Unternehmen fungieren in der Regel unterneh­ 48 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung

mensbezogene Motive. Diese fokussieren bspw. Orts- und regionsbezogene Motive auf die Sicherung und den Ausbau relevanter In­ frastrukturen (Beispiel Initiative zur Route 57 in In diesem Zusammenhang werden auch explizit Bad Berleburg und Umgebung). Darüber hinaus die orts- und regionsbezogenen Motive der Unter­ richtet sich das Augenmerk der Unternehmen ins­ nehmen deutlich. Seitens aller befragten Unter­ besondere auf Erhalt und Ausbau örtlicher und nehmen wird hervorgehoben, dass das unterneh­ regionaler Bildungseinrichtungen und -struktu­ merische Engagement grundsätzlich lokal und re­ ren. Das über unterschiedliche Kanäle prakti­ gional ausgerichtet ist, um sicherzustellen, dass zierte und generell recht umfassende Engage­ sich die Wirkungen im direkten Unternehmens­ ment der Unternehmen im Bildungsbereich ist umfeld entfalten. Diese vielfältige Motivlagerung insbesondere vor dem hohen Nachwuchsbedarf macht deutlich, dass Standortentwicklung sei­ der Unternehmen und der hohen Ausbildungs­ tens der Unternehmen ganzheitlich, d. h. über un­ quoten zu betrachten. Neben der Unterstützung ternehmensbezogene Perspektiven hinausge­ von Kindergärten und Grundschulen nehmen die hend, verstanden wird. Die aktive Gestaltung wei­ Unternehmen daher hauptsächlich weiterfüh­ cher Faktoren stellt damit Schnittmengen zu den rende Schulen, Berufsschulen und Berufsbil­ Interessen anderer Stadtentwicklungsakteure dungszentren, d. h. die Schnittstellen zur berufli­ (z. B. Verwaltung, Bürgerschaft) her und eröffnet chen Ausbildung, in den Blick. Kooperationspotenziale.

„Für uns ist es enorm wichtig, diese Schule [Mittelschule] zu haben. Wir ziehen Unternehmen verstehen örtliches Engagement dort Arbeitskräfte her, das ist für uns der Nachwuchs. Deshalb sind wir gerade ebenso wie eine vor Ort realisierte Unterneh­ mit der Mittelschule eng verzahnt […].“ mensexpansion als Standortbekenntnis. Die Mit­ (Wolfgang Bergmann, Holmer) wirkung an Kleinstadtentwicklung zielt somit im­ plizit auch darauf, die Motivation ihrer Beschäf­ Dabei sind der Bildungsbereich sowie die Themen tigten und deren Bindung an das Unternehmen Fachkräftesicherung und Fachkräftegewinnung sowie den Standort zu stärken. Diese Motive las­ sehr eng mit Aspekten der Standortattraktivität sen sich insbesondere hinsichtlich der Unterstüt­ verflochten. Erhalt und Ausbau eines attraktiven zung identitätsbildender Einrichtungen und Ver­ Wohn- und Arbeitsumfeldes werden als essen­ anstaltungen (z. B. Tierpark Finsterwalde, Sänger­ tielle Faktoren zur Bindung bestehender und zur fest in Finsterwalde, Jugendforum in Bad Berle­ Anwerbung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ burg) beobachten. ter gesehen. Durch gezieltes Engagement sehen die Unternehmen die Möglichkeit, relevante Fakto­ Weiterhin generiert lokales und regionales Enga­ ren und Entwicklungen des Standortes aktiv mitzu­ gement Sichtbarkeit und trägt somit zur Reputa­ gestalten. Dies betrifft neben der Bildungsinfra­ tion und zur Imagepflege des Unternehmens struktur die Bereitstellung lebendiger und vielfälti­ selbst bei. Es stärkt deren Wahrnehmung vor Ort ger kultureller und sozialer Angebote und somit als aktives und engagiertes Unternehmen und da­ den Bereich weicher Standortfaktoren. So kann mit attraktiver Arbeitgeber. Dieser Aspekt ist ge­ festgehalten werden, dass insbesondere Klein­ rade im Wettbewerb um Auszubildende und Fach­ städte in peripheren Lagen im Kontext Fachkräfte­ kräfte relevant: sicherung und Attraktivitätssteigerung vor beson­ deren Herausforderungen stehen – gerade hin­ „Die Unternehmen benötigen und suchen sichtlich der öffentlichen Wahrnehmung. Folglich Fachkräfte, sie müssen bekannt sein und ge­ unterstützen Unternehmen das örtliche Vereins­ schätzt werden.“ wesen, kulturelle und soziale Träger und Veran­ (Paula Vogel, Stadtverwaltung Finsterwalde) staltungen und beteiligen sich an Projekten, die zur Aufwertung des städtischen Gefüges beitragen Trotzdem wird Engagement seitens der befragten (z. B. Jugendforum am Markt): Unternehmen nicht immer öffentlichkeitswirksam inszeniert und nicht selten auch im Verborgenen „Wir helfen mit, um Ort und Region für unsere Mitarbeiter attraktiv zu halten. praktiziert. […] Immer, wenn wir das Gefühl haben, dass einige unserer Mitarbeiter einen Nutzen oder Freude daran haben, bringen wir uns ein.“ Die Falluntersuchungen machen weiterhin deut­ (C. Kocherscheidt, EJOT) lich, dass die Mitwirkung und Unterstützung von Stadtentwicklungsprojekten seitens der Unter­ „Wir sind natürlich daran interessiert, dass sich der Standort als Ganzes posi­ nehmen auch durch Ausbau bzw. Sicherung rele­ tiv entwickelt, damit unsere Kolleginnen und Kollegen gute Bedingungen [ha­ vanter Infrastrukturen motiviert ist. Dies gilt ins­ ben]. […]. Wir engagieren uns, um den Standort zu unterstützen, beispiels­ besondere, wenn entsprechende Planungen weise im kulturellen Bereich.“ nicht nur der allgemeinen Stadtgesellschaft zu (Dr. Pietsch, Kjellberg-Stiftung) Gute kommen, sondern auch aus Unternehmens­ 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung 49

perspektive mittelbare Wirkungen entfalten. Als private Ressourcen) für stadtgesellschaftliche Beispiel lassen sich die in Planung bzw. Umset­ Belange zur Verfügung zu stellen, miteinander zung befindlichen Stadthallenprojekte in Finster­ Hand in Hand. Diese Motive äußern sich im Ge­ walde und Bad Berleburg sowie die Planungen fühl, Mitverantwortung übernehmen zu wollen zum Hotelbau in Schierling anführen. Diese Pro­ und treten insbesondere, wenn auch nicht aus­ jekte werden unisono ideell, im Falle von Bad Ber­ schließlich, bei familiengeführten Unternehmen leburg auch finanziell und planerisch, durch die in Erscheinung. Dies liegt insbesondere an der fa­ Unternehmen unterstützt – gerade weil mit diesen miliär-emotionalen Bindung zur Kleinstadt, die Projekten auch positive Wirkungen auf die Unter­ nicht nur Unternehmenssitz sondern zugleich nehmen verbunden werden. auch Wohnstandort und Lebensmittelpunkt ist. Folglich ergeben sich in Hinblick auf Stadtent­ „Ich glaube, es ist wichtig, dass wir einen Ort wicklung auch ganz persönliche Interessen. bekommen, an dem nicht nur Kultur geboten Finanzielle Unterstützung, etwa zur Aufwertung wird, sondern den auch wir als große Unter­ des Tierparks in Finsterwalde, wird somit zu ei­ nehmen nutzen können.“ nem persönlichen ‚Herzensbedürfnis‘ und lässt (Petra Kröger-Schumann, Kröger) deutlich werden, dass die handelnden Personen nicht ausschließlich Unternehmensvertreterinnen und -vertreter, sondern gleichzeitig Bürgerinnen Personenbezogene Motive und Bürger der Stadt sind und sich entsprechend ihrer Kompetenzen, Ressourcen und Interessen in Als weitere leitende Motivkategorie lassen sich das örtliche Gemeinwesen einbringen. personenbezogene Motive identifizieren. Dabei gehen die lokale Verwurzelung der Unternehmen und persönlich-emotionale Motive der Entschei­ dungsträger, Unternehmensressourcen (wie auch

Unternehmensbezogene Orts- und Regionsbezogene Personenbezogene Motive Motive Motive

Unternehmensressourcen Motivation der Entscheidungsträger Fachkräfte sichern Bürger der Stadt Unternehmensentwicklung Standortverbundenheit, sichern … Verpflichtung …

Infrastrukturelle Rahmenbedingungen des Umfelds Verkehrliche Situation und technische Infrastruktur verbessern, Digitalisierung …

Zukunftsfähigkeit von Ort und Region Fachkräftepotenzial sichern, Lokale und regionale Verantwortung Bildungsangebote erhalten/ Lokale, regionale Verwurzelung, gestalten … und Verantwortung bekräftigen Standortkenntnis kommunizieren, Identifikation mit der Region steigern … Unternehmenssichtbarkeit Imagepflege, Reputationsaufbau …

Standortattraktivität Attraktivität von Wohn- und Arbeitsumfeld stärken, Mitarbeitern „etwas bieten“, …

Abb. 18: Motive für die Beteiligung von Unternehmen an Prozessen der Stadtentwicklung Quelle: eigene Darstellung 2018 (in Anlehnung an Schiek 2017) 50 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung

Motive der Kommunen, Unternehmen Entscheidungsträger auf Landes- und/oder Bun­ an Stadtentwicklungsprozessen zu beteiligen desebene.

Die Motive der Stadtverwaltungen, Unternehmen Über die wirtschaftlichen Aspekte hinaus sehen in Stadtentwicklung einzubeziehen, sind ebenso die von uns befragten Kommunalverwaltungen vielfältig wie die der Unternehmen sich einzubrin­ unterschiedlichen Bedarf, wenn es um die Einbe­ gen. Grundsätzlich lassen sich wirtschaftlich ori­ ziehung der Unternehmen in Stadtentwicklung entierte Motive und Motive zur Attraktivitätsstei­ und zur Gewährleistung der freiwilligen Aufgaben gerung und Identitätsstiftung differenzieren – geht. Dies ist v. a. mit einem unterschiedlichen wenngleich auch diese eng miteinander verfloch­ Selbstverständnis der Kommunalverwaltungen, ten sind. aber auch mit der unterschiedlichen Haushalts­ lage der Kommunen zu erklären. In Bad Wirtschaftlich orientierte Motive Berleburg werden die Unternehmen selbstver­ ständlich als Partner einer ganzheitlichen Stadt­ In allen drei Kommunen ist die wirtschaftliche entwicklung angesehen. Vor dem Hintergrund ei­ Entwicklung der Stadt insgesamt ein wichtiges ner Haushaltsnotlage sind privatwirtschaftliche Motiv. Dabei geht es zum einen um konkrete Mittel zudem eine notwendige Ergänzung von För­ Standort- und Gewerbeflächenentwicklungen dermitteln und kommunalen Eigenanteilen. und zum anderen um die allgemeine wirtschaftli­ che Entwicklung. Häufig sind Standortsicherung „Es braucht unterschiedliche Akteure. Es (wie im Fall von Holmer in Schierling) und Stand­ braucht aber auch systematische Strategie­ orterweiterung (in allen drei Städten) wichtige vorstellungen […] im Prozess.“ Themen zwischen Verwaltung und Unternehmen. (Bernd Fuhrmann, Stadtverwaltung Da diese häufig auch in Konkurrenz mit anderen Bad Berleburg) Interessen, etwa des Natur- und Umweltschutzes sowie ggf. benachbarter Wohnfunktionen stehen, ist ein intensiver Dialog unumgänglich. Im Gegensatz dazu wird in Schierling die Unab­ hängigkeit der Kommunalverwaltung von privat­ In allen Fallstädten wurde die finanzielle Bedeu­ wirtschaftlichen Akteuren betont. Stadtentwick­ tung der Hidden Champions für die Kommunen lung und ihre Umsetzung werden hier primär als betont. Die durch sie generierte Gewerbe- und Aufgabe der Kommune angesehen, wohingegen Einkommenssteuer stellen für die Kommunen eine sich die Bad Berleburger Verwaltung eher in ei­ finanzielle Basis zur Erfüllung kommunaler Aufga­ ner moderierenden und impulsgebenden Rolle ben sowie freiwilliger Aktivitäten dar. Damit ein­ sieht. hergehend sehen es die betrachteten Städte als ihre Aufgabe, ein wirtschaftsfreundliches Umfeld Trotzdem ist festzuhalten, dass in allen drei Fall­ zu schaffen. Dies zeigt sich z. B. in Schierling an­ kommunen Unternehmen (sowohl die untersuch­ hand des Preises ‚Wirtschaftsfreundliche Kom­ ten Hidden Champions als auch andere Unterneh­ mune‘ (2015 vom Land Bayern ausgezeichnet) men) in strategische Prozesse einbezogen werden oder in der Verleihung des Signets ‚Partner des – wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße. Die Marktes Schierling‘. In Bad Berleburg wird zudem Zusammenarbeit erscheint umso intensiver, je ‚Wirtschaft und Arbeit‘ als oberste Priorität im ak­ konkreter die Unternehmen betroffen sind. Als Bei­ tuellen Leitbild Bad Berleburg 2030 gelistet. spiele dienen hier der Gesundheitsausschuss in Bad Berleburg, die Leitbild- bzw. Zukunftsstadtpro­ Mit der wirtschaftlichen Entwicklung einher geht zesse in Bad Berleburg und Finsterwalde oder der die Entwicklung der Infrastruktur sowohl auf loka­ Klimaschutzprozess in Schierling. ler als auch regionaler Ebene. Dies betrifft neben dem straßen- und schienengebundenen Verkehr, Mittels dieser Prozesse ist es den Kommunen ge­ der für Unternehmen und Bevölkerung gleicher­ lungen, die Unterstützung der Unternehmen bei maßen wichtig ist, auch die digitale Infrastruktur. der Profilierung ihrer Stadt als Arbeits-, Wohn- und Lebensorte zu gewinnen. Unternehmen und Unternehmensverbände können hier ungeachtet von partei- und regionalpoliti­ Motive zur Attraktivitätssteigerung schen Interessen Lobbyarbeit betreiben, die der und Identitätsstiftung Verwaltung manchmal nicht möglich ist. Renom­ mee und Ansehen der Unternehmen nutzen auch Die Sicherung der Attraktivität und Schaffung ei­ dem jeweiligen Standort auf übergeordneten Ebe­ ner gemeinsamen Identität ist für Verwaltung und nen, z. B. hinsichtlich Messeauftritten der Unter­ Unternehmen gemeinsames Ziel, um Bewohne­ nehmen oder Besuchen hochrangiger politischer rinnen und Bewohner sowie Fachkräfte zu binden 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung 51 und anzuwerben. Besonders deutlich ist dies in 5.4 Fördernde und hemmende Finsterwalde. Die Stadt vermarktet sich erfolg­ Faktoren für Beteiligung und reich als Sängerstadt, ein Image, das auch von Engagement von Unternehmen Unternehmen wie Kjellberg aufgegriffen wird, z. B. indem Partnerunternehmen speziell zum In den Einzelfallstudien konnte eine Reihe an Fak­ Sängerfest in die Stadt geladen werden. toren identifiziert werden, die die Beteiligung von Unternehmen an Prozessen und Projekten der Es gibt jedoch ebenso Felder, in denen sich Kom­ Stadtentwicklung fördern bzw. hemmen können. munen mehr Beteiligung der Unternehmen wün­ Ähnlich wie die zuvor beschriebenen Motivlagen schen würden, wie etwa in Bad Berleburg im sind diese Faktoren nicht strikt voneinander zu Kontext Wohnraumentwicklung (temporäre und trennen. neue Wohnformen) oder hinsichtlich der Entwick­ lung von Gastronomie- und Übernachtungsange­ Fördernde Faktoren boten (z. B. Markt Schierling, Bad Berleburg). Grundlegend wirkt eine ganzheitliche, integrierte Die Fachkräftesicherung und, damit verbunden, der Perspektive auf Orts- und Stadtentwicklung sei­ Bildungsbereich werden in allen drei Fallkommu­ tens der örtlichen Akteure als wesentlicher Trei­ nen als fruchtbare Felder der Zusammenarbeit ge­ ber von Kooperation und unternehmerischem En­ sehen. Das Engagement der Unternehmen trägt gagement. Dies erfordert seitens der Gesamtheit dazu bei, junge Menschen in der Region zu halten. stadtgesellschaftlicher Akteure (Kommune, Zivil­ Zudem beziehen Kommunen bzw. zivilgesellschaft­ gesellschaft, Unternehmen etc.) ein gemeinsa­ liche Akteure die Unternehmen in mittel- und lang­ mes Verständnis von Orts- und Stadtentwicklung, fristige Prozesse ein, welche die Willkommenskul­ das nur dann zufriedenstellend in Umsetzung ge­ tur für Rückkehrer und Neuzugezogene stärken bracht werden kann, wenn diese Akteure im Kol­ (z. B. Standortpatenprojekt in Bad Berleburg, Rück­ lektiv handeln. Zwar wird Stadtentwicklung in al­ kehrerinitiative Finsterwalde). Hier wird es als Auf­ len untersuchten Fallkommunen grundsätzlich als gabe der Kommune gesehen, eine Atmosphäre zu kommunales Kompetenz- und Aufgabenfeld ver­ schaffen, damit Menschen langfristig in der Region standen. Jedoch impliziert ein integriertes und bleiben, in diese zurückkehren oder Neuangekom­ kooperatives Verständnis, dass sich privatwirt­ mene sich willkommen fühlen. Unternehmen kön­ schaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure auf nen diese Bemühungen aktiv unterstützen. vielfältige Weise mit ihren Ressourcen und Kompetenzen in diese Prozesse einbringen kön­ Mit diesen Aspekten eng verknüpft ist auch der nen/sollen, insbesondere wenn Unternehmen ih­ soziale Zusammenhalt in einer Stadt. Dabei spie­ rerseits konkrete Interessen und Motive an ganz­ len Vereine und v. a. die Freiwillige Feuerwehr heitliche Ortsentwicklung knüpfen. eine große Rolle. Ohne die Unterstützung der Un­ ternehmen z. B. durch Freistellungen und finan­ In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass kom­ zielles Engagement wäre deren Wirken oft nur munale Entscheidungsträger mittels Initiierung eingeschränkt möglich. Zudem wurde besonders bzw. Durchführung von Strategie- und Beteili­ in Bad Berleburg die Vorbildwirkung von größe­ gungsprozessen über Instrumente verfügen, um ren Unternehmen hinsichtlich Beteiligung und En­ Akteure für ganzheitliche Stadtentwicklung zu gagement herausgestellt, die auf andere Unter­ sensibilisieren und gemeinsame Entwicklungs­ nehmen ausstrahlen kann. prozesse anzustoßen und zu verstetigen. Über Beteiligungsprozesse erarbeitete, akteursüber­ Die hier aufgefächerte Breite an Motiven macht greifende Strategien schaffen eine gemeinsame deutlich, dass es ein besonderes Anliegen der Vision und Identität, fördern die Identifizierung Kommune sein muss, gegenseitiges Vertrauen gemeinsamer Ziele und Herausforderungen und und Verständnis für die Bedarfe und Zwänge der erzeugen trotz unterschiedlicher Interessen wert­ jeweils anderen Seite aufzubauen. Daran anknüp­ volle Synergien. Gleichzeitig können durch ge­ fend können Prozesse in der Stadtentwicklung meinsame Strategie- und Zielsetzung konkurrie­ ganzheitlich gestaltet und innovative Impulse in rende Vorstellungen zur Stadt- und Ortsentwick­ und für Stadt und Region gesetzt werden (Bernd lung identifiziert, moderiert oder gar vermieden Fuhrmann, Stadtverwaltung Bad Berleburg). werden. Kooperative Prozessgestaltung auf der 52 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung

Basis gemeinsamer Interessen ist ein zentrales gional verwurzelten Unternehmen generell vor­ Element. Jedoch zeigen die Fallstudien auch, handen zu sein scheint. Familiengeführte Unter­ dass die Einbindung in und aktive Beteiligung der nehmen, deren Entscheidungsträgerinnen und Unternehmen an kommunalen Strategieprozes­ Entscheidungsträger vor Ort leben, sind von örtli­ sen zwar weithin gewünscht, aber kein Selbstläu­ chen Entwicklungen auch persönlich betroffen. fer ist und seitens kommunaler Vertreter angesto­ Dies scheint deren Mitwirkung in unternehmeri­ ßen und umgesetzt werden muss. scher, aber auch privater Rolle zu fördern. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie auch Entsprechend der zuvor definierten Rollen und nicht-familiengeführte Unternehmen sowie Unter­ Aufgaben im städtischen Gefüge sollten Kommu­ nehmen, deren Führungsebene nicht dauerhaft nen konkrete Beteiligungsmöglichkeiten und vor Ort lebt, strategisch in die Gestaltung des ört­ -strukturen schaffen, um das Engagement der Un­ lichen Gemeinwesens eingebunden werden kön­ ternehmen zu aktivieren und zu sichern. Für die nen. Hier gilt es seitens der Kommunen sowie an­ Unternehmen müssen Sinnhaftigkeit und Passge­ derer Akteure vor Ort, über strategisch kluge, nauigkeit potenzieller Aktivitäten und Projekte so­ punktuelle Einbindung Relevanz und direkte Be­ wie eigene Betroffenheit klar ersichtlich sein. Um troffenheit der Unternehmen von lokalen Entwick­ Schnittmengen zu identifizieren, müssen sich Ver­ lungen herzustellen. treter von Verwaltung und Unternehmen der je­ weils gegenseitigen Interessen und Handlungs­ Hemmende Faktoren optionen bewusst sein. Folglich ist die Ansprache der Unternehmen in ihrer (impliziten) Funktion als Die zuvor diskutierten fördernden Faktoren zur Stadtentwicklungsakteure von zentraler Bedeu­ Einbindung von Unternehmen in Stadtentwick­ tung. lung lassen sich in Spiegelung jeweils auch als hemmende Faktoren anführen. So ergibt sich bei­ Die Fallstudien zeigen, dass solche Prozesse spielsweise aus der großen Bedeutung informel­ durch gezielten Austausch zwischen Vertreterin­ ler Kommunikation und der eher kurzen kommuni­ nen und Vertretern von Kommunen, Wirtschaft kativen Distanz im Kleinstadtkontext, dass per­ und Zivilgesellschaft befördert werden können. sönliche Differenzen auf übergeordnete Prozesse Dies betrifft sowohl institutionalisierte Formate wirken und diese ggf. blockieren können. Grund­ (z. B. Unternehmerstammtische) wie auch die in­ sätzlich lässt sich festhalten, dass hinsichtlich formelle und bilaterale Kommunikation (z. B. Un­ Beteiligung und Engagement von Unternehmen ternehmensbesuche). Gerade informelle Aus­ seitens der Kommunen eine Balance zu finden ist, tauschbeziehungen sollten nicht ausschließlich zwischen aktiver und konkreter Einbindung einer­ auf die Führungsebene Bürgermeister-Geschäfts­ seits und der Vermeidung einer Überbeanspru­ führung beschränkt sein. Vielmehr zeigt sich, chung andererseits. Stadtentwicklung ist ein dass Kommunikationskanäle zwischen Kommu­ komplexes Feld, das nicht in den Kompetenzbe­ nen und Unternehmen auf unterschiedlichen reich von Unternehmen fällt. Beteiligung kann für (Hierarchie-)Ebenen gestaltet werden sollten. die Unternehmen mit beträchtlichen Ressourcen­ Dies setzt jedoch das Wissen um konkrete An­ aufwendungen (finanziell, zeitlich, personell) ein­ sprechpartner und Zuständigkeiten voraus. Zu­ hergehen. Überbeanspruchung kann daher als dem bilden Transparenz, Offenheit und Augen­ hemmender Faktor wirken, gerade wenn in den höhe in der Kommunikation förderliche und ak­ Kleinstädten eine kritische Masse an Unterneh­ zeptanzschaffende Faktoren, unabhängig davon, men und anderen Akteuren nicht vorhanden ist. ob Austausch über institutionalisierte oder infor­ melle Kanäle praktiziert wird. Grundsätzlich legen Um eine solche Überbeanspruchung zu vermei­ die Fallbetrachtungen nahe, dass eine Balance den und um Stadtentwicklung als Gemeinschafts­ der Kommunikationsstrukturen zwischen institu­ aufgabe zu praktizieren, sollten sich Kommunen tionalisierten und informellen Formaten fördernd in ihrer Rolle als Aktivierer und Moderatoren nicht auf die Beteiligung von Unternehmen wirkt. Des auf die Einbindung einzelner weniger und bereit­ Weiteren fungiert gegenseitige Wertschätzung williger Unternehmen beschränken, sondern ver­ sowie kommunizierte Würdigung von Beteiligung suchen lokale Unternehmen möglichst zahlreich und Engagement als förderlicher Faktor. Wert­ und in der Breite einzubinden. Zudem erscheint schätzung erzeugt Sichtbarkeit und Resonanz in es geboten, gerade im Sinne einer integrierten der Stadtgesellschaft und trägt somit potenziell und kooperativen Stadtentwicklung, bei der Be­ auch dazu bei, dass Unternehmen ihre Beteili­ teiligung von Unternehmen zivilgesellschaftliche gung verstetigen. Akteure nicht zu übergehen, sondern aktiv einzu­ binden und entsprechende Prozesse zwischen Weiterhin wird deutlich, dass die Bereitschaft, den Akteuren der Stadtgesellschaft übergreifend sich vor Ort einzubringen, bei erfolgreichen, re­ zu gestalten. Weiterhin kann sich ein hemmender 5 Auf dem Weg zu kooperativer Stadtentwicklung 53

Faktor aus unterschiedlichen Zeithorizonten und ler Sicht vielfältige Motive zur Einbindung örtli­ Zeitvorstellungen hinsichtlich Planung und Um­ cher Unternehmen beobachten. Dazu zählen bei­ setzung von Projekten ergeben – gerade wenn spielsweise allgemein die wirtschaftliche Weiter­ eher schnell und kurzfristig agierende Unterneh­ entwicklung, die Mobilisierung zusätzlicher Res­ men bzw. Akteure des privaten Sektors nicht für sourcen, koordinierte Sicherung der Standortat­ die teils langwierigen Verwaltungsprozessen sen­ traktivität, Schaffung gemeinsamer Identität und sibilisiert sind. Stärkung des sozialen Zusammenhalts.

Im Rahmen der Falluntersuchungen konnte zu­ 5.5 Fazit dem eine Reihe fördernder bzw. hemmender Fak­ toren zur Beteiligung von Unternehmen an Stadt­ Die qualitativen Untersuchungen zeigen, dass ört­ entwicklungsprozessen identifiziert werden. Zu liche Hidden Champions und andere Unterneh­ den fördernden Faktoren zählt insbesondere ein men ein dezidiertes, primär durch unternehmens­ ganzheitliches, integriertes Verständnis von bezogene Motive geleitetes Interesse an Orts­ Stadtentwicklung – verbunden mit der Identifizie­ und Stadtentwicklung haben. Ortsentwicklung rung gemeinsamer Ziele und Herausforderungen. wird seitens der beteiligten Akteure nicht als pri­ Dieses Verständnis kann durch Initiierung und vates, sondern als öffentliches Kompetenz- und Durchführung von Strategie- und Beteiligungs­ Aufgabenfeld gesehen. Daraus ergeben sich für prozessen sowie institutionalisierte und infor­ die Beteiligung von Unternehmen klare Grenzen. melle Kommunikationsformate zwischen den be­ Nichtsdestotrotz wird in den Fallkommunen Stadt­ teiligten Akteuren gefördert und vor Ort verankert entwicklung als Entwicklungspartnerschaft prak­ werden. Zudem wirken Transparenz, Offenheit tiziert. In dieser Partnerschaft agieren Kommu­ und Augenhöhe in der Kommunikation, die Schaf­ nen, Unternehmen und Zivilgesellschaft in unter­ fung konkreter Beteiligungsmöglichkeiten sowie schiedlichen thematischen Handlungsfeldern gegenseitige Wertschätzung und kommunizierte (z. B. Bildung, Soziales, Kultur, Standortattraktivi­ Würdigung von Beteiligung förderlich. Die Spie­ tät). gelung dieser Faktoren zeigt zentrale Hemmnisse zur Unternehmensbeteiligung an Stadtentwick­ Die Motive der Unternehmen, sich an Stadtent­ lung auf. Aktive Einbindung der Unternehmen wicklung zu beteiligen, sind vielfältig und lassen sollte darüber hinaus nicht mit (finanzieller/zeitli­ sich in unternehmensbezogene Motive (z. B. cher/personeller) Überbeanspruchung einherge­ Fachkräftesicherung, Imagepflege und Reputati­ hen. Daher sollten sich Kommunen in ihrer Rolle onsaufbau), orts- und regionsbezogene Motive als Aktivierer und Moderatoren nicht auf die Ein­ (z. B. Gestaltung infrastruktureller Rahmenbedin­ bindung einzelner, bereitwilliger Unternehmen gungen, Förderung der Standortattraktivität) so­ beschränken, sondern versuchen lokale Unter­ wie personenbezogene Motive (z. B. lokale/regio­ nehmen möglichst zahlreich einzubinden – ohne nale Verwurzelung und Standortverbundenheit, zivilgesellschaftliche Akteure außen vor zu las­ Bürger der Stadt und persönliche Betroffenheit) sen. differenzieren. Ebenso lassen sich aus kommuna­ 54 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen

6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen

6.1 Kooperatives Handeln prozesse systematisch aufeinander aufbauen und als Entwicklungsfaktor für steuern. Ziel der Verwaltungen sollte daher sein, Kleinstädte in peripherer Lage Engagement zu fördern und gemeinsam mit Unter­ nehmen und anderen Akteuren die Merkmale Der Unternehmenserfolg von Hidden Champions funktionaler und an die örtlichen Gegebenheiten ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, son­ angepasster Stadtentwicklung zu definieren. Um dern muss kontinuierlich erarbeitet und langfristig eine gemeinsame Strategie zu erarbeiten, ist eine gesichert werden. Gleiches gilt für die Beteili­ differenzierte Ansprache der zu beteiligenden Ak­ gung der Unternehmen an Prozessen der Stadt­ teure entsprechend ihrer Rollen und Interessen entwicklung. Die Fallbeispiele zeigen, dass Hid­ essentiell. Hier ist auf Seiten der Verwaltungen auf den Champions sowohl im Bereich ihrer wirt­ Klarheit und Transparenz in den Prozessen zu ach­ schaftlichen Kerntätigkeiten als auch darüber hi­ ten. naus freiwillig Verantwortung übernehmen – Am Beispiel Bad Berleburg wird deutlich, dass beispielsweise in den Bereichen Kultur, Bildung eine Bündelung von Kompetenzen und Aufgaben, und Soziales. Besonders intensiv scheint das En­ hier im Jugendförderverein, positive Effekte, etwa gagement in Bereichen, welche die eigenen Un­ hinsichtlich Strukturen und Ansprechpartner aber ternehmensinteressen betreffen. Themen wie Bil­ auch der Intensivierung von Beziehungen zwi­ dung, Fachkräftesicherung und -gewinnung oder schen den Akteuren, auslösen kann. Vielfach Nachwuchsentwicklung sind eng mit Aspekten wurde in den Interviews betont, dass Stadtent­ der Standortattraktivität verflochten. In diesen wicklungsprozesse ganzheitlich gedacht und Bereichen gestalten Hidden Champions weiche praktiziert werden müssen und gesamtgesell­ Faktoren aktiv mit und verfolgen damit gemein­ schaftliche Herausforderungen wie Digitalisie­ same Interessen mit Verwaltung und Bürger­ rung, Klimawandel oder demographischer Wandel schaft. Das Engagement darf allerdings nicht als nur gemeinsam bewältigt werden können. Stadt­ selbstverständlich angesehen werden, sondern entwicklung kann somit nicht nur durch die Unter­ ist an verschiedene Faktoren wie etwa die wirt­ nehmen beeinflusst werden, sondern beeinflusst schaftliche Situation der Unternehmen oder die wechselseitig auch die Entwicklung der Unterneh­ Besitzverhältnisse der Unternehmen geknüpft. men selbst. Dabei kann insbesondere die (tempo­ Insbesondere inhabergeführte Unternehmen räre) Zusammenarbeit mit externen Partnern (z. B. scheinen sich öfter und längerfristig zu engagie­ Wissenschaftler und Studierende aus Hochschu­ ren. Dies wird am Beispiel Schierlings deutlich, len und Forschungsinstituten), oder regionalen und wo die Firma Holmer zwischen 2004 und 2013 zu überregionalen Akteuren wie Verbänden dazu bei­ unterschiedlichen Private Equity-Gesellschaften tragen, neue Ideen in die Region zu tragen und da­ gehörte und die Verbindung zum Standort ge­ mit die Innovations- und Zukunftsfähigkeit insge­ schwächt war. samt zu stärken.

„[…] in den Prozess binden wir sehr stark Stadtentwicklung wird heute zunehmend als ko­ junge Menschen mit ein und holen uns neue operativer Prozess verstanden, in den sich sowohl Ideen von außen. Wie kann ich sonst Fragen Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen zur Zukunft einer Stadt beantworten?“ aktiv einbringen können (Deutscher Städtetag (Bernd Fuhrmann, Stadtverwaltung 2013). Dies gilt ebenfalls für die Kleinstadtentwick­ Bad Berleburg) lung. Auf Basis des ExWoSt-Forschungsfelds „Po­ tenziale von Kleinstädten in peripheren Lagen“ spricht Dehne (2018) gar von einer „Ko-Produktion des Kleinstadtlebens“ und entwickelt daraus den Begriff der kooperativen Kleinstadtentwicklung 6.2 Chancen und Risiken der (siehe auch BBSR 2018b). Die Betrachtung sollte Beteiligung von Unternehmen daher vom Konzept der Corporate Local and Regio­ an Stadt- und nal Responsibility hin zu Cooperative Local and Re­ Regionalentwicklung gional Responsibility gerichtet werden (Vortrag Al­ bers 2018). Das Potenzial an Beteiligung und Ko­ Angesichts komplexer Problemlagen auf kommu­ operation, sowohl bei Unternehmen als auch in der naler Ebene ist für ein zukunftsfähiges und funk­ Zivilgesellschaft, kann sich v. a. dann entfalten, tionierendes Gemeinwesen eine neue Kultur der wenn Kommunen Entwicklungs- und Beteiligungs­ gesellschaftlichen Kooperation zwischen Staat, 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen 55

Zivilgesellschaft und Unternehmen notwendig. chen, können damit enorme Auswirkungen ein­ Unternehmen sind integraler Bestandteil der hergehen, beispielsweise hinsichtlich Gewerbe­ Stadtgesellschaft und sollten als solcher selbst­ steuer und Beschäftigungszahlen und damit letzt­ verständlich in Stadtentwicklungsprozesse ein­ endlich ggf. auch der Bevölkerungszahlen. Sol­ bezogen werden. Die Einbindung von Unterneh­ che Abhängigkeiten illustriert folgendes Zitat des men birgt im Kontext kooperativer Stadtentwick­ Bürgermeisters von Oberkochen: „Wenn Zeiss lung spezifische Chancen, aber auch Risiken. hustet, bekommen wir eine Lungenentzündung“ (Simon 2012, S. 383). Der Ort hat 7.800 Einwohne­ Unternehmen können ihre spezifische Perspek­ rinnen und Einwohner, Zeiss hat rund 4.000 Be­ tive und unternehmenseigenen Kompetenzen und schäftigte. Um solche Abhängigkeiten in Hinblick Ressourcen in diese Prozesse einbringen (z. B. auf Engagement und Beteiligung zu vermeiden, technisches oder betriebswirtschaftliches Know­ sind dezentrale Beteiligungsstrukturen anzustre­ how, Öffentlichkeitsarbeit) und durch finanzielles ben, die möglichst zahlreiche kleinere Unterneh­ Engagement kommunale Handlungsspielräume men sowie Unternehmen, die ihren Stammsitz im Bereich der freiwilligen Leistungen erweitern. nicht in der Kommune bzw. Region haben, einbin­ Das Engagement einzelner großer Unternehmen den. kann zudem ein Signal für andere Unternehmen, aber auch zivilgesellschaftliche und kommunale Nicht zuletzt hängt kooperative Stadtentwicklung Akteure sein, (noch) stärker als bislang zusam­ davon ab, dass sich die beteiligten Akteure auf menzuarbeiten. Kleinere Unternehmen beteiligen eine langfristige Zusammenarbeit und Strategie sich aufgrund ihrer starken örtlichen und persön­ verständigen und Vertrauen zueinander auf­ lichen Bindung im Rahmen ihrer Möglichkeiten bauen. Dies zu moderieren und zu steuern sollte teils ebenfalls sehr umfassend. im Kontext der Beteiligung von Unternehmen zur Gestaltung von Stadtentwicklung ein Hauptau­ Eine besondere Wirkung entfaltet das Engage­ genmerk von Stadtverwaltungen sein. ment von Unternehmen, wenn diese selbst mit an­ deren Unternehmen vor Ort und in der Region ko­ operieren. Diese kollektive CLRR wird von den je­ 6.3 Handlungsempfehlungen weils spezifischen Standortbedingungen einer Region beeinflusst. CLRR bezogene Kooperatio­ Das Forschungsvorhaben hatte zum Ziel, (i) die nen bieten sowohl einen Mehrwert für Unterneh­ wirtschaftliche Rolle von erfolgreichen Unterneh­ men als auch für Regionen, die über solche Ko­ men für Kleinstädte in peripheren Lagen zu analy­ operationen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken sieren und, daran anknüpfend, (ii) das freiwillige können. Akteurs-übergreifende Kooperationen Engagement dieser Unternehmen für Prozesse strukturieren und professionalisieren kollektive der Stadtentwicklung sowie damit verbundene CLRR und lassen im Idealfall regional stabile und Motivlagen unterschiedlicher Akteure zu be­ langfristige Unterstützungsstrukturen entstehen, trachten. Wie die Studie zeigt, sind Hidden Cham­ die sich durch konzertierte und zielgerichtete pions sowohl hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Maßnahmen auszeichnen. Kerntätigkeiten wie auch hinsichtlich ihres frei­ willigen örtlichen Engagements wichtige Akteure Problematisch ist allerdings, wenn Initiativen der der Stadtgesellschaft und tragen auf vielfältige Unternehmen in Konkurrenz zu den Anliegen der Wiese zur Stabilisierung und Entwicklung von Stadtverwaltung und anderen Akteuren treten Kleinstädten bei – gerade solchen in peripheren (z. B. im Bereich der Kinderbetreuung), oder von und sehr peripheren Lagen. einzelnen Unternehmen und deren Interessen do­ miniert werden. Dann stellt sich die Frage, wer in Auf Basis der Studie konnten zahlreiche Aspekte der Stadt die Prioritäten setzt und ob Unterneh­ zur weiteren Stärkung integrativer Stadtentwick­ men nicht zu sehr in die Stadtentwicklung eingrei­ lung identifiziert werden, aus denen sich Hand­ fen. Eine solche Dominanz einzelner Akteure kann lungsempfehlungen für unterschiedliche Adres­ zudem Akteure aus Zivilgesellschaft oder andere satengruppen ableiten lassen. Diese Handlungs­ Akteure aus der Wirtschaft davon abhalten, sich empfehlungen können in Hinblick auf Transfer aktiv in Stadtentwicklung einzubringen. Zudem zudem als wesentliche Ansatzpunkte zur Über­ steigt die Gefahr, dass Unternehmen Prozesse ini­ führung der Forschungsergebnisse in die prakti­ tiieren, die Kosten dafür aber die öffentliche Hand sche Umsetzung in anderen Kleinstädten, von Un­ tragen muss, nicht zuletzt, weil auch die Ressour­ ternehmen und überörtlichen Akteuren auf Regi­ cen der Unternehmen in der Regel begrenzt sind. ons-, Landes- und Bundesebene gefasst werden. Ein weiterer Aspekt ist die potenzielle Abhängig­ keit von einzelnen, größeren Unternehmen. Sollte Grundlegend ist die Bedeutung eines gemeinsa­ sich deren wirtschaftliche Dynamik abschwä­ men Verständnisses zu ganzheitlicher und inte­ 56 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen

grierter Stadtentwicklung herauszustellen in dem Sensibilisierung von und Zusammenarbeit Verwaltung/Politik, Wirtschaft und Zivilgesell­ mit Unternehmen schaft als gleichwertige Akteure der Stadtent­ wicklung der Stadtentwicklung agieren. Der kom­ Unternehmen engagieren sich vorrangig für The­ munalen Verwaltung kommt eine koordinierende men, die sie direkt betreffen – wie z. B. Bildung und steuernde Funktion zu, um Akteure aus Wirt­ und Fachkräftesicherung. Um langfristig gute Be­ schaft und Zivilgesellschaft mitzunehmen und die ziehungen aufzubauen, sind konkrete Projekte an­ Prozesse systematisch und aufeinander aufbau­ zustoßen, die diese Themen besetzen und im ge­ end voranzutreiben. Gemeinsame Strategien und genseitigen Interesse liegen. Als Beispiel kann Identität sowie das Gefühl ‚in einem Boot zu sit­ hier das Standortpatenprojekt in Bad Berleburg zen‘ erleichtert die Zusammenarbeit zwischen genannt werden, das als Türöffner für eine lang­ den stadtgesellschaftlichen Akteuren. fristige Kooperation zwischen Unternehmen der Gesundheitswirtschaft und der Stadtverwaltung dienen soll. Schaffung von Rahmenbedingungen auf kommunaler Ebene Kommunen sollten grundsätzlich Entscheidungs­ trägerinnen und Entscheidungsträger in Unter­ Kommunen sollten sich als Impulsgeber für ge­ nehmen zu strategisch wichtigen Prozessen bzw. sellschaftliche Kooperation und ein zukunftsfähi­ Aufgaben (z. B. in den Bereichen Digitalisierung, ges und funktionierendes Gemeinwesen verste­ Klimawandel, Gesundheit) informieren. Dies kann hen und die Bereitschaft für partnerschaftliche z. B. über formale Formate wie Unternehmerge­ Zusammenarbeit vorleben. Die Schaffung von lo­ spräche oder themenspezifische Veranstaltungen kalen Rahmenbedingungen sind hier entschei­ geschehen, aber auch über informellen Aus­ dende Impulse, dazu gehören: handelnde Perso­ tausch. nen, lokale Infrastrukturen, eine eigene Vision und Strategie für die Stadtentwicklung sowie Ver­ Bei der Ausgestaltung von Stadtentwicklungspro­ bindlichkeit in Zielen und Arbeitsweise. zessen sollte auf die zeitlichen Ressourcen der Beteiligten geachtet und Verlässlichkeit gewähr­ Kooperative Stadtentwicklung ist als Prozess zu leistet werden. Dies kann u. a. durch eine langfris­ verstehen, in dem sich über die Zeit lokale Rah­ tige Terminplanung, eine entsprechende Ortswahl menbedingungen und Akteursnetzwerke entwi­ für Treffen und Diskussionsrunden oder die ckeln. Deshalb ist es auf Seite der Kommunen grundsätzliche Beachtung von An- und Abwesen­ wichtig, kontinuierliche Strukturen aufzubauen, heitszeiten der Unternehmensvertreterinnen und möglichst mit einer verantwortlichen und das -vertreter (wenn diese z. B. nicht am Arbeitsort Thema vorantreibenden Person mit eigenen wohnen) geschehen. Handlungsspielräumen. Um Stadtentwicklung kooperativ zu gestalten, müssen für alle beteilig­ Dem Engagement aller Akteure sollte entspre­ ten Akteure klare Ansprechpartnerinnen und ­ chende Wertschätzung entgegengebracht wer­ partner in der Stadtverwaltung benannt sein. Dies den. Dahingehend kann Wertschätzung auch for­ betrifft nicht nur die Führungsebene, sondern mal praktiziert werden, z. B. mittels Auszeichnung auch die Ebenen darunter (z. B. Wirtschaftsförde­ oder offizieller Würdigung als Partner der Kom­ rung, Öffentlichkeitsarbeit etc.). mune (z. B. Partner des Marktes Schierling).

Belange örtlicher Akteure müssen bei der Ent­ Vor Ort sollten Gelegenheiten geschaffen wer­ wicklung von Visionen und Strategien für Stadt­ den, zu denen sich Unternehmen und gemeinnüt­ entwicklung umfassend einbezogen werden. zige Akteure zu ihren jeweiligen Bedarfen austau­ Dazu sollten in Leitbildprozessen und anderen schen können, z. B. mittels Speed Dating, Vermitt­ strategischen Fragen zur Stadtentwicklung örtli­ lungsbörse oder einem Markt der Möglichkeiten. che Akteure möglichst umfassend beteiligt wer­ den. Dies beinhaltet je nach inhaltlicher Ausrich­ tung einzelner Umsetzungsmaßnahmen und Pro­ Unternehmen als Akteure der Stadtentwicklung jekte auch die spezifische Ansprache einzelner Akteure und Akteursgruppen. Neben konkreten Unternehmen sollten die Beteiligung an Stadtent­ Empfehlungen an die direkt beteiligten Akteure im wicklung und ihr freiwilliges Engagement als Feld kooperativer Stadtentwicklung geben die Chance zur aktiven Gestaltung ihres Unterneh­ Projektergebnisse auch wichtige Hinweise an mensumfelds begreifen. Die Attraktivität des Forschung, Politikberatung und staatliche Institu­ Standorts und die darüber erzielte Lebensqualität tionen, um Kleinstadtentwicklung in Deutschland der Belegschaft wird im Wettbewerb um qualifi­ zu begleiten und zu fördern. zierte Fachkräfte eine zunehmend wichtige Rolle 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen 57

für die Unternehmen spielen. Beides zu gewähr­ nität, Wachstum und Innovation auch außerhalb leisten kann nur im Zusammenspiel von Kommu­ prosperierender Agglomerationsräume vorhan­ nen, Unternehmen und Zivilgesellschaft gelingen. den (BBSR 2018b). Die Politik auf Landes- und Bundesebene sollte daher Maßnahmen ergrei­ Um eine Signalwirkung zu entfalten, ist zu emp­ fen, um die vielfältigen wirtschaftlichen Poten­ fehlen, dass Unternehmen ihr Engagement nach ziale kleiner Städte anzuerkennen und sie be­ außen tragen. Dies kann in Geschäftsberichten, wusst zu stärken (z. B. durch entsprechend zuge­ auf Webseiten und über Social Media-Kanäle, schnittene Förderprogramme und Vernetzungs­ aber auch bei Fachveranstaltungen geschehen. formate). Damit präsentieren sie sich nicht nur gegenüber ihren Geschäftspartnern, sondern auch potenziel­ Wichtig ist weiterhin, dass die vielen mittelständi­ len Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als attrak­ schen Betriebe, die ihren Sitz in solchen Regio­ tive Arbeitgeber, die auf die Bedürfnisse ihrer Be­ nen haben, durch dezentrale Bildungspolitiken, schäftigten und ihres Umfelds achten. Fachkräfteinitiativen und Innovationsförderung in ihrer Bestandsentwicklung unterstützt werden. Wenn Unternehmen sich in kooperative Prozesse Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Un­ einbringen, sollte klar sein, in welcher Funktion ternehmen sollte unbürokratisch realisiert und dies geschieht. Klare Verantwortlichkeiten, nicht unterstützt werden. nur auf der Führungsebene, erscheinen unerläss­ lich. Damit zusammen hängt auch die Frage, durch welche Maßnahmen die Entwicklung zukünftiger Hidden Champions und innovativer Unternehmen Förderung kooperativer Stadtentwicklung gefördert werden kann. Auch hier muss die Inno­ vations- und Wirtschaftsförderung neue Wege Es erscheint sinnvoll, Kommunen und Unterneh­ gehen, um das innovative Potenzial von Unter­ men für das Thema der kooperativen Stadtent­ nehmensgründungen vor Ort zu fördern und zu er­ wicklung sowohl in gemeinsamen als auch in schließen. spezifisch auf die jeweilige Zielgruppe ausgerich­ teten Veranstaltungen, wie z. B. Transferwerkstät­ ten, zu sensibilisieren. In den Falluntersuchungen Forschung zu und beratende Begleitung von stellte sich heraus, dass sich Unternehmen weit­ Kleinstadtentwicklung gehend selbstverständlich für ihr näheres Umfeld engagieren, dies aber selten reflektieren. Speziell Grundsätzlich bedarf es einer stärkeren interdis­ darauf ausgerichtete Veranstaltungen können ziplinären, systematischen wie evidenzbasierten eine derartige Reflektion anstoßen und die Mehr­ Forschung zum Thema, wie dies auch vom ARL werte einer Zusammenarbeit für die Unterneh­ Ad-hoc-Arbeitskreis „Kleinstadtforschung“ ge­ men herausstellen. fordert wird. Dieser konstatiert, dass die Klein­ stadtforschung bislang vor allem durch Einzelfall­ Auf regionaler Ebene oder Landesebene können studien geprägt ist (ARL i.E.). Entsprechend sehen Vernetzungsformate über die Wirtschaftsförde­ wir vor allem bei den folgenden Punkten For­ rung der Landkreise und Länder, Verbände und schungsbedarf. sonstige Zuständige für Stadt- und Regionalent­ wicklung angeboten bzw. forciert werden. Wie Verbesserung der Datenverfügbarkeit: Die Ausar­ die Diskussionen während der Projekt- und Er­ beitungen zum Stand der Forschung und die Aus­ gebnisworkshops zeigten, scheinen insbeson­ einandersetzung mit verfügbaren Daten im Pro­ dere Formate zum Erfahrungsaustausch und der jekt zeigten, dass die Datenverfügbarkeit auf Ge­ Vermittlung von Best Practices sinnvoll. meindeebene sowohl für Unternehmens- als auch für Gemeindedaten ein großes Hindernis darstellt.

Förderung der Wirtschaftsstruktur in In der Studie wurde mit der Heuristik Hidden Kleinstädten in peripherer Lage Champions gearbeitet, um die wirtschaftliche Re­ levanz von einzelnen Unternehmen und deren Immer wieder werden Stimmen laut, die unter Einfluss auf Stadtentwicklungsprozesse zu unter­ Hinweis auf eine höhere Produktivität in den suchen. Um die Beschränkung, die sich durch Großstädten die Konzentration von Fördermitteln den Fokus auf diese relativ kleine Gruppe von Un­ auf dieselben befürworten (IWH 2019). Demge­ ternehmen ergibt, aufzubrechen, wäre ein breiter genüber haben es Kleinstädte in peripherer Lage Zugang zu Unternehmensdaten (z. B. zu Mitarbei­ zunehmend schwer, der Attraktivität der Metro­ terzahlen an einzelnen Standorten) auf Gemein­ polregionen entgegenzuwirken. Dabei sind Urba­ deebene hilfreich. Ohne einen besseren und ein­ 58 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen

facheren Zugriff auf Unternehmensdaten auf Be­ ßerdem werden über das Betrachten von Zeitrei­ triebsebene, wie sie die Forschungsdatenzentren hen Störfaktoren in den Datenreihen (wie singu­ der statistischen Ämter des Bundes und der Län­ läre Ereignisse, die z. B. zu höheren Gewerbe­ der vorhalten, wird eine evidenzbasierte For­ steueraufkommen in einzelnen Gemeinden füh­ schung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem ren) abgeschwächt. Weiterhin könnte durch den Aufwand möglich sein. Die Auseinandersetzung Einbezug weiterer Indikatoren sowie Abwägun­ mit privaten Anbietern von Unternehmensinfor­ gen zu deren Gewichtung – wie in der Analyse mationen (Markus-Datenbank) hat gezeigt, dass über den Einbezug eines Indikators zur Kaufkraft diese häufig unvollständig sind und sich insbe­ angedeutet – die wirtschaftliche Situation diffe­ sondere für räumliche Analysen kaum eignen, da renzierter betrachtet werden. So würden z. B. In­ Unternehmensstrukturen aus räumlicher Per­ formationen zum Bildungsniveau bzw. dem Grad spektive oftmals nicht hinreichend abgedeckt der Qualifizierung der Beschäftigten viel zu einem sind. Mit dem Status quo kann auch Politikbera­ besseren Verständnis der wirtschaftlichen Struk­ tung zum Thema nur unvollständig und vage blei­ turen und insbesondere der Bedürfnisse vor Ort ben. beitragen. Mehr Indikatoren würden nicht zuletzt zu einer besseren Einschätzung der Kausalitäten Eine ähnliche Problematik hat sich auch bei der zwischen einzelnen Merkmalen führen. Auswahl von sozioökonomischen Indikatoren auf Gemeindeebene ergeben, da viele Kennzahlen Umfassende Studien zu kooperativer Entwick­ nur aggregiert auf Kreisebene verfügbar sind. Auf lung im Kleinstadtkontext: Im Projekt wurde eine Grundlage einer besseren Datenverfügbarkeit deutliche Verbindung zwischen der wirtschaftli­ könnten fundiertere Aussagen zur wirtschaftli­ chen Situation vor Ort und den Möglichkeiten zur chen Situation, u. a. von Kleinstädten, erfolgen. Ausgestaltung von Stadtentwicklung aufgezeigt. Deutlich wurde aber auch, dass gelingende Flächendeckende Studien zu Fragen der Unter­ Stadtentwicklung und die Wahrnehmung als at­ nehmens- und Wirtschaftsstrukturen in Klein­ traktive und lebenswerte Stadt mit sozialen As­ städten: Grundsätzlich fehlt es, auch aufgrund der pekten, Teilhabemöglichkeiten und gesellschaftli­ eingeschränkten Datenverfügbarkeit, an flächen­ chem Zusammenhalt vor Ort verbunden sind. Dies deckenden Studien zu Fragen der Unternehmens­ gilt auch mit Bezug auf Kleinstädte (in peripheren und Wirtschaftsstruktur in Kleinstädten. Wie exis­ Lagen), deren spezifische Kontexte und Entwick­ tierende Studien, u. a. zur Abgrenzung und Typi­ lungsdynamiken beträchtliche Heterogenität ver­ sierung ländlicher Räume (Küpper 2016; Küpper muten lassen, die es im Rahmen umfassender und Peters 2019) und zur Analyse von Regionen Studien analytisch zu fassen gilt. Die im Rahmen mit Blick auf gleichwertige Lebensverhältnisse dieses Forschungsvorhaben erzielten Erkennt­ (BBSR 2017), zeigen, lassen sich über vielfältige nisse können als Basis für weitere Forschungsar­ Kennzahlen und detaillierte Mess-Ansätze Kon­ beiten dienen, welche sich beispielsweise an fol­ zepte und Begrifflichkeiten wie ‚ländlicher Raum‘ genden Leitlinien orientieren: oder ‚gleichwertige Lebensverhältnisse‘ durch­ aus objektiv fassen und analytisch zu interpretie­ Weitere Unternehmensanalysen: Hidden Champi­ rende Ergebnisse erzielen. Diese Studien deuten ons als spezifischer Unternehmenstyp können als die Potenziale an, die ähnliche Ansätze zur um­ Anker im Raum und als Kristallisationspunkte zur fassenden Analyse der wirtschaftlichen Situation kooperativen Stadtentwicklung verstanden wer­ auf Gemeindeebene bieten könnten. In ähnlicher den – gerade, wenn es sich dabei um familienge­ Weise trifft dies auch für die Charakterisierung führte Unternehmen handelt. Künftige Analysen der Unternehmen vor Ort zu. Mit mehr Ressour­ im Kontext kooperativer (Klein)Stadtentwicklung cen und einer besseren Datenverfügbarkeit könn­ sollten jedoch auch explizit die Beteiligung und ten auch auf kleinräumiger Ebene fundiertere und Funktion weiterer (örtlich verwurzelter) Unterneh­ wichtige Erkenntnisse zu wirtschaftlichen Poten­ men, z. B. KMU, örtliche Handwerksbetriebe und zialen erreicht werden. Insbesondere die damit Gewerbetreibende, kommunale Unternehmen, verbundenen Effekte auf lokaler Ebene könnten Sparkassen und Volksbanken, in den Blick neh­ wegweisende Impulse insbesondere für die men. Dies scheint gerade dahingehend sinnvoll, Kleinstadtforschung setzen. um unternehmerische Beteiligung an Stadtent­ wicklung auch in Kleinstädten zu erschließen und Vertiefte quantitative Studien zu wirtschaftlichen zu gestalten, die nicht Sitz von Hidden Champions Potenzialen in Kleinstädten: Im Projekt wird le­ sind. diglich der Ist-Zustand in den Gemeinden im Jahr 2015 analysiert, wohingegen eine dynamische Schnittstelle Unternehmen-Zivilgesellschaft: Zivil­ Perspektive noch deutlichere Vergleichsmöglich­ gesellschaftliche Akteure und das Vereinsleben keiten und Entwicklungsperspektiven bietet. Au­ übernehmen in Kleinstädten zentrale Funktionen, 6 Abschließende Bewertungen und Empfehlungen 59

beispielsweise in Hinblick auf Impulssetzung und Verbindung zwischen quantitativen und qualita­ Gestaltung von Stadtentwicklung, aber auch hin­ tiven Forschungsansätzen: Im Projekt wurden die sichtlich des gesellschaftlichen Zusammenhalts Vorzüge einer engen Verzahnung zwischen quan­ und der lokalen bzw. regionalen Identität. Daher titativen und qualitativen Forschungsansätzen im sollte in künftigen Vorhaben gerade der Gestal­ Kontext Stadtentwicklungsforschung deutlich. Zu tung der Schnittstelle Unternehmen-Zivilgesell­ Fragen hinsichtlich Unternehmens- und Wirt­ schaft detaillierter betrachtet werden. Dies be­ schaftsstrukturen sind quantitative Analysen trifft ferner auch die spezifischen Kommunikati­ kleinräumig erhobener kommunaler und unter­ onsstrukturen zwischen diesen Stadtentwick­ nehmensbezogener Daten unerlässlich. Es zeigt lungsakteuren. sich aber auch, dass zwischen wirtschaftlicher Situation und (Akteursbeteiligung an) Stadtent­ Langzeitperspektive: Im Kontext umfassender wicklung keine lineare Verbindung existiert. De­ Studien erscheinen zudem auch im qualitativen taillierte Einblicke in entsprechende Querverbin­ Bereich langfristig angelegte Vorhaben, d. h. das dungen, Prozesse und Motivlagen können mittels Aufgreifen einer Langzeitperspektive, zielführend. qualitativer Forschungsansätze und resultieren­ Solche (Begleit-)Forschungen sind ressourcen­ der kontextsensibler Narrative gewonnen wer­ intensiv, können im Vergleich zu konventionellen den. Daher gilt es, in künftigen Forschungsvorha­ Studien, die in der Regel nur statische Einblicke ben eine, je nach Ausrichtung, potenziell gewinn­ erlauben, jedoch umfassendere und fundiertere bringende Verzahnung quantitativer und qualitati­ Erkenntnisse liefern. Langfristig angelegte Unter­ ver Forschungsansätze zu berücksichtigen. suchungen können die Prozesshaftigkeit, als es­ sentielles Merkmal von Stadtentwicklung, adä­ quat und analytisch umfassend abbilden. 60 7 Literatur

7 Literatur

Albers, H.-H (2018): Stadtentwicklung als kooperativer Prozess – das Zusammenspiel von Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Vortrag im Rahmen des Workshops „Motive und Hürden für das Engagement von Unternehmen für die Stadtentwicklung” in Bonn, 10.11.2018

Albers, H.-H. und F. Hartenstein (2017): CSR und Stadtentwicklung: Unternehmen als Partner für eine nachhaltige Stadtentwicklung. , Heidelberg: Springer Gabler.

ARL – Ad-hoc-Arbeitskreis Kleinstadtforschung (im Erscheinen): Positionspapier Kleinstadtforschung. Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Positionspapier aus der ARL).

Auras, S., S. Guntermann, M. Thomas, M. von Popowski und B. Würdemann (2016): Wider die Ratlosigkeit – vorhandenes Bürgerengagement für die Zukunft der Stadt Finsterwalde nutzen! Ergebnisse im Wett- bewerb Zukunftsstadt 2030+ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Projektre- port. Finsterwalde/Berlin/Potsdam. Zugriff: www.finsterwalde.de/images/pdf/Wirtschaft/2016-05-20_ Dokumentation_Zukunftsstadt_Finsterwalde-com.pdf (abgerufen am 17.12.2018)

Backhaus-Maul, H. und S. Braun (2007): Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutsch land. Rote Seiten & Sponsoring 5/2007.

Backhaus-Maul, H. (2018): Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen – Wo beginnt hier Stadt- entwicklung? Vortrag im Rahmen des Workshops „Hidden Champions als Impulsgeber für die Klein- stadtentwicklung?“ in Leipzig, 24.01.2018

Bayerisches Landesamt für Statistik (2018): Statistik kommunal 2017. Eine Auswahl wichtiger statistischer Daten: Markt Schierling. Fürth. Zugriff: www.statistik.bayern.de/statistikkommunal/09375196.pdf (abgerufen am 06.12.2018)

Bayrisches Staatsministerium des Inneren (2011): 40 Jahre Städtebauförderung in Bayern. Themenheft 19. München.

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2018a): Urbane Kleinstädte. BBSR Sonder veröffentlichung. Bonn.

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2018b): Potenziale von Kleinstädten in peri- pheren Lagen. Ein ExWoSt-Forschungsfeld. ExWoSt-Informationen 50/3. Bonn.

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2017): Regionen mit stark unterdurchschnitt- lichen Lebensverhältnissen. Zugriff: www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Raumentwicklung/Raumentwick- lungDeutschland/Projekte/abgehaengte-regionen/abgehaengte_regionen.html (abgerufen am 28.01.2019)

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2015): Unternehmen und Stiftungen für die soziale Quartiersentwicklung. BBSR-Online-Publikation 13/2015. Bonn.

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) (2012): Raumabgrenzungen und Raum typen des BBSR, Analysen Bau.Stadt.Raum; Band 6. Bonn.

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (o.J.): Laufende Stadtbeobachtung – Raumabgrenzungen. Stadt- und Gemeindetypen in Deutschland. Zugriff: www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/ Raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/StadtGemeindetyp/Stadt Gemeindetyp_node.html. (abgerufen am 06.12.2018)

BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2012): Erster Engagementbericht (2012): Für eine Kultur der Mitverantwortung. Berlin. 7 Literatur 61

Bode, V. und C. Hanewinkel (2018): Kleinstädte im Wandel. IfL (Hrsg.): Nationalatlas aktuell. Zugriff: http://aktuell.nationalatlas.de/kleinstaedte-01_03-2018-0-html/ (abgerufen 09.04.2019)

Braun, S. (2010): Gesellschaftliches Unternehmensengagement in Deutschland im internationalen Kon­ text. In: Braun, S. (Hrsg.): Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen Der deutsche Weg im internationalen Kontext. 9-19. Heidelberg: VS Verlag.

Bundesagentur für Arbeit (2018): Gemeindedaten aus der Beschäftigungsstatistik.

CDU, CSU und SPD (2018): Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 19. Legislaturperi­ ode. Zugriff: www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1 (abgeru­ fen am 09.04.2019) complan Kommunalberatung GmbH (2015): Sängerstadt Finsterwalde 2035. Integriertes Stadtentwicklungs­ konzept (Fortschreibung). Potsdam. Zugriff: https://ratsinfo.finsterwalde.de/bi/vo0050.php?__kvonr=2426 (abgerufen am 19.12.2018)

Danielzyk, R., I. Klein, L. Lange, P. Steffenhagen-Koch, I. W. Voß und I. A. Weitkamp (2017): CSR und Orts­ entwicklung. In: H.-H. Albers und F. Hartenstein (Hrsg.): CSR und Stadtentwicklung: Unternehmen als Partner für eine nachhaltige Stadtentwicklung. 143–158. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler.

Dehne, Peter (2018): Kooperative Kleinstadtentwicklung. Eine Annäherung. Informationen zur Raument­ wicklung 6/2018: 86-101

Deutscher Städtetag (2013): Integrierte Stadtentwicklungsplanung und Stadtentwicklungsmanagement – Strategien und Instrumente nachhaltiger Stadtentwicklung. Berlin & Köln.

Farhauer, O. und A.H. Kröll (2014): Standorttheorien – Regional- und Stadtökonomik in Theorie und Praxis. Wiesbaden: Springer Gabler.

Hohn, U., C. Kleine-König und M. Schiek (2014): Corporate Local and Regional Responsibility: Gesell­ schaftliche Verantwortung von Unternehmen für Quartier, Stadt und Region. Geographie und Lan­ deskunde 88:123–152.

IfM – Institut für Mittelstandsforschung (2016): KMU-Definition des IfM Bonn. Zugriff: www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn/ (abgerufen am 27.11.2018)

IfM – Institut für Mittelstandsforschung (o. J.): Volkswirtschaftliche Bedeutung der KMU. Zugriff: www.ifm-bonn.org/statistiken/mittelstand-im-ueberblick (abgerufen am 12.06.2019)

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle – IWH (Hrsg.) (2019): Vereintes Land – drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall. Halle (Saale)

Kiese, M. und M. Schiek (2016): Unternehmerische Verantwortung in der Stadt-und Regionalentwicklung. Standort 40:9–12.

Kjellberg Finsterwalde (2018): Homepage der Unternehmensgruppe. Zugriff: www.kjellberg.de/Ueber-uns.html (abgerufen am 19.12.2018)

Knieling, J., F. Othengrafen und T. Preising (2012): Privatisierung von Stadt-und Regionalentwicklung: Ge­ sellschaftlicher Nutzen oder Verwirklichung von Unternehmenszielen? ”Corporate Spatial Responsibility” oder “Corporate Spatial Strategy“? Raumforschung und Raumordnung 70:451–464.

Kühn, M. (2014): Kleinstädte in ländlichen Regionen: Welche Potenziale hat die Peripherie? IRS Aktuell Juni 2014 79:5–7.

Küpper, P. (2016): Abgrenzung und Typisierung ländlicher Räume. Braunschweig: Thünen-Institut. Zugriff: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn057783.pdf (abgerufen am 28.01.2019) 62 7 Literatur

Küpper, P. und J.C. Peters (2019): Entwicklung regionaler Disparitäten hinsichtlich Wirtschaftskraft, so­ zialer Lage sowie Daseinsvorsorge und Infrastruktur in Deutschland und seinen ländlichen Räu­ men. Thünen Report 66. Braunschweig.

Langenscheidt, F. und B. Venohr (2015): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Köln: GA-BAL.

Lausitzer Rundschau (2011): Hundertwasser lebt wieder auf in Finsterwalde (Artikel erschienen am 19. November 2011).

Maier, G., F. Tödtling und M. Trippl (2012): Regional- und Stadtökonomik 2: Regionalentwicklung und Regionalpolitik. Wien: Springer.

Maretzke, S. und Porsche, L. (2018): Die Diversität von Kleinstädten in ländlichen Räumen, in Schmied, D. (Hrsg.) Große Dörfer – Kleine Städte. Göttingen: Cuvillier Verlag: 31–60.

Markt Schierling (2013): Gesamtörtliches Entwicklungskonzept. Evaluierung / Kommunale Selbstrefle­ xion. Schierling.

Mayer, H. (2014): Kleinstädte in Europa: Zwischen lokaler Verankerung und internationaler Vernetzung. IRS Aktuell Juni 2014 79:11–12.

Mayer, H. und R. Meili (2018): Wirtschaftliche Entwicklung von Kleinstädten. Informationen zur Raum­ entwicklung 6/2018:28–37.

Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (2010): Bleiben, Weggehen, Wiederkommen? Lebenszu­ friedenheit und Wanderungsmotive junger Menschen in Brandenburg. Potsdam. Zugriff: https://digital.zlb.de/viewer/metadata/15519498/1/ (abgerufen am 21.12.2018)

Mittelstädt, F., H. Backhaus-Maul und M. Kunze (2013): Gesellschaftliches und ökologisches Engagement von Unternehmen (CSR) in Sachsen-Anhalt: Ergebnisse einer Unternehmensbefragung von klei­ nen und mittleren Unternehmen. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg/Philosophische Fakultät III, Band 3 der Schriftenreihe des Fachgebiets Recht, Verwaltung und Organisation.

Nadler, R. (2017): The Elephant in the Room. Über das Verhältnis von demographischem Wandel, Da­ seinsvorsorge und zivilgesellschaftlichem Engagement in Deutschland. Raumforschung und Raumordnung 6/2017:499–512.

Osterhoff, F. (2016): Vernetztes Engagement von Unternehmen – Von gut gemeint zu gut gemacht. Stand­ ort 40:13–18.

Pankow (2017): EJOT Gruppe trauert um ihren Senior-Chef. Produktion. Technik und Wirtschaft für die deutsche Industrie. Zugriff: www.produktion.de/nachrichten/personen/ejot-gruppe-trauert-um-ih­ ren-senior-chef-118.html (abgerufen am 04.01.2019)

Porsche, L. und A. Milbert (2018): Kleinstädte in Deutschland. Ein Überblick. Informationen zur Raument­ wicklung 6/2018:4–21.

Rammer, C. und A. Spielkamp (2015): Hidden Champions – Driven by Innovation: Empirische Befunde auf Basis des Mannheimer Innovationspanels. ZEW-Dokumentation No. 15–03.

Raumordnungsgesetz (ROG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 2 G vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808, 2834).

Schiek, M. (2017): Corporate Regional Responsibility (CRR). Motive der kollektiven regionalen Verantwor­ tungsübernahme von Unternehmen am Beispiel von zwei CRR-Kooperationen. In: H.-H. Albers und F. Hartenstein (Hrsg.): CSR und Stadtentwicklung. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler.

Schlepphorst, S., N. Schlömer-Laufen und M. Holz (2016): Determinants of hidden champions – Evidence from Germany. IfM Working Paper Series 03/16. 7 Literatur 63

Selle, K. (2012): Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe? Integriert denken, kooperativ handeln. Vier Thesen zu Entwicklung und Stand der Kunst. In: A. Engel, U. Harteisen und A. Kaschlik (Hrsg.): Kleine Städte in peripheren Regionen. Prozesse, Teilhabe und Handlungsbefähigung. Integriertes Stadtentwicklungsmanagement. 29–44. Detmold: Rohn.

Siegener Zeitung (2018): Regionale-Projekt Jugendforum. Großes Ziel – kleine Schritte. Zugriff: https://www.siegener-zeitung.de/134341 (abgerufen am 07.01.2019)

Simon, H. (2012): Hidden Champions-Aufbruch nach Globalia: Die Erfolgsstrategien unbekannter Welt­ marktführer. Frankfurt/New York: Campus.

Stadt Bad Berleburg (2018): Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Bad Berleburg. Zugriff: www.bad-berleburg.de/media/custom/1746_7593_1.PDF?1530252921 (abgerufen am 14.12.2018)

Stadt Regensburg (2017): Integriertes Räumliches Entwicklungskonzept. Innovative Energieregion Regensburg – Fortschreibung 2017. Regensburg. Zugriff: www.regensburg.de/rathaus/aemteruebersicht/ planungs-u-baureferat/amt-fuer-stadt­ entwicklung/stadterneuerung-und-wohnungswesen/innovative-energieregion-regensburg-inte­ griertes-raeumliches-entwicklungskonzept-ire (abgerufen am 12.12.2018)

Städtetag, D. (2013): Integrierte Stadtentwicklungsplanung und Stadtentwicklungsmanagement. Strate­ gien und Instrumente nachhaltiger Stadtentwicklung. Berlin & Köln.

Stadtwerke im Land Brandenburg (2010): StadtWerke Zeitung – Ausgabe Finsterwalde. Zugriff: www.stadtwerke-finsterwalde.de/finsterwaldeGips/Finsterwalde/stadtwerke-finsterwalde.de/ Unternehmen/SWF_Zeitung/SWF_Zeitung/swz012010.pdf (abgerufen am 21.12.2018)

Steinführer, A. (2017): Kleinstädte in ländlichen Räumen – alte Funktionen, neue Entwicklungen? Land­ entwicklung aktuell: das Magazin des Bundesverbandes der Gemeinnützigen Landgesellschaften: 41–43.

VDMA – Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (2016): Tätigkeiten im Maschinen- und Anlagenbau: Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Zugriff: https://vws.vdma.org/documents/14969753/ 26150774/Fachkraefte-Spezialisten-Experten/5f4d94f4­ 03a9-50d3-173c-9182fb7754f0 (abgerufen am 28.01.2019)

Venohr, B. (2015): Das Erfolgsmodell der deutschen Weltmarktführer. In: F. Langenscheidt und B. Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. 3–20. Köln: GA-BAL.

Venohr, B. und K. E. Meyer (2007): The German miracle keeps running: How Germany's hidden cham­ pions stay ahead in the global economy. Working Papers of the Institute of Management Berlin at the Berlin School of Economics (FHW Berlin) 30.

Weck, S. (2014): Lokales Engagement von Unternehmen: Kooperative Strategien der Stadtentwicklung in Reaktion auf lokale Krisen. Berichte. Geographie und Landeskunde 88:169–184.

Westfalenpost (2017): Bürgerhaus Bad Berleburg wird für zwei Millionen optimiert. Zugriff: www.wp.de/staedte/wittgenstein/buergerhaus-bad-berleburg-wird-fuer-zwei-millionen­ optimiert-id209568767.html (abgerufen am 07.01.2019)

Westfalenpost (2018): Jugendforum am Markt in Bad Berleburg feiert Richtfest. Zugriff: www.wp.de/staedte/wittgenstein/jugendforum-am-markt-in-bad-berleburg-feiert-richt­ fest-id215452067.html (abgerufen am 07.01.2019)

Witt, A. und C. Carr (2014): Success secrets shared: Learning from the best Mittelstand and British global niche champions. Scottish Policy Now 8.

Yin, R.K. (2014): Case study research: Design and Methods. Thousand Oaks: Sage Publications. www.bbsr.bund.de