1871 – Die Macht Und Die Musik (1 – 5) Folge 5: Richard Wagner

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1871 – Die Macht Und Die Musik (1 – 5) Folge 5: Richard Wagner SWR2 Musikstunde 1871 – Die Macht und die Musik (1 – 5) Folge 5: Richard Wagner Von Ines Pasz Sendung: 22. Januar 2021 Redaktion: Dr. Bettina Winkler Produktion: SWR 2021 SWR2 können Sie auch im SWR2 Webradio unter www.SWR2.de und auf Mobilgeräten in der SWR2 App hören – oder als Podcast nachhören: Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. 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Gestern haben wir Jacques Offenbach getroffen, der zwischen beiden Ländern steht, heute ist es Richard Wagner, der einige Jahre lang sogar in Paris lebt, trotzdem aber immer nach der Definition einer deutschen Kunst sucht, einer deutschen Musik. Am 19. Juli 1870, als der deutsch-französische Krieg ausbricht, bekommt er in seinem Haus in der Schweiz ausgerechnet Besuch von seinen lieben Freunden aus Paris, darunter Camille Saint- Saens. Sie hatten sich in München gerade das „Rheingold“ angehört und sitzen jetzt etwas ungebeten bei den Wagners. Richard findet, man könne in dieser Zeit eigentlich nicht mit Franzosen verkehren, aber sie abzuweisen trauen sich er und Cosima dann doch nicht. So entschließt man sich, nicht über Politik zu sprechen, aber es klappt nicht so richtig. Da hilft nur noch Musik. Camille Saint-Saens setzt sich ans Klavier und spielt, ja klar, natürlich Wagner. Musik 1: Wagner: Walkürenritt 4‘55 Der Walkürenritt aus der Oper „Die Walküre“ von Richard Wagner, bearbeitet für Klavier mit Jean-Yves Thibaudet. Richard Wagner lebt mit seiner Familie also in der Schweiz, als der deutsch-französische Krieg ausbricht. Nach bester Schweizer Manier bleibt der Alpenstaat neutral, aber die Sympathien der Eidgenossen gehören eher den Franzosen. Die Wagners spüren plötzlich Ablehnung und Fremdheit um sich herum, zumal Wagner sich auch kaum zurückhält mit seinem patriotischen Hurra Geschrei. „Erfüllt von großer Hoffnung auf den Sieg“, sei er, verkündet Wagner. „Der Gehorsam eines preußischen Offiziers, darin liegt ein tiefer Sinn und eine tiefe Erkenntnis“. Etwas harmonischer mit seinen Nachbarn in Tribschen wird es erst, als Wagner aus seiner wilden Ehe mit Cosima endlich eine gesetzliche macht. In der protestantischen Kirche von Luzern lassen sich die Beiden am 25. August 1870 trauen, ein paar Tage nach dem Untergang der französischen Armee in Sedan. Die Deutschen rücken auf Paris zu und Wagner schreibt ein Gedicht, “An das deutsche Heer vor Paris“, wo viel von Blut und Rhein und frommer Zucht die Rede ist. Als er es dann an Otto von Bismarck nach Berlin schickt, bedankt der sich artig für diese wie er sagt „vaterländischen Verse“. Für uns klingt das alles schrecklich und nicht nachvollziehbar, der blinde Nationalismus, der Hass auf die Franzosen, zumal Wagner einige der französischen Schriftsteller grenzenlos bewundert, zum Beispiel Honoré de Balzac. Aber in dieser aufgeladenen Zeit ist Frankreich eben ein Symbol, ein, wie wir heute sagen würden „Triggerpoint“ für den eigenen Nationalismus. Dabei hat Wagner Paris vorher immer wieder besucht, sogar einige Jahre lang dort gelebt. Nicht zufällig - Paris ist damals für die Oper die erste Adresse, zweifellos die Welthauptstadt der Musik. 2 3 Musik 2: Richard Wagner: „Steuermann, lass die Wacht“ 2‘35 „Der Fliegende Holländer“, inspiriert von einer stürmischen Schiffsreise auf der Ostsee, geschrieben aber hat Wagner die Oper in Paris. Innerhalb von sieben Wochen. „Steuermann, lass die Wacht“ war das daraus mit Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin unter Jiri Kout. Es ist Wagners erster Aufenthalt in der Stadt, und er lernt sie von ihrer schäbigsten Seite kennen. In jeder Beziehung. Armut allerorten, und aus seinen beruflichen Plänen wird auch nichts. Er bekommt einfach kein Bein auf den Boden. Also geht er wieder zurück nach Deutschland, nach Dresden und hat dann wenigstens da erste Erfolge. Aber immer wieder zieht es ihn nach Paris, die Stadt ist für die Oper einfach zu wichtig, und Wagner will den Erfolg. Den gibt es zwar nicht, dafür aber einen handfesten Skandal mit einer angeheuerten Truppe, die seinen „Tannhäuser“ niederzischt. Jetzt ist Wagner plötzlich bekannt in Paris, Mallarmé, Balzac, Verlaine und Baudelaire, die geistige Elite solidarisiert sich mit ihm, es ist der Beginn des französischen Wagerisme. Auf der anderen Seite des Rheins aber wächst der Nationalismus. Wagner hat bald kaum noch ein gutes Wort übrig für die Kultur der Nachbarn. Den deutsch-französischen Krieg erlebt er, wie viele andere deutsche Künstler auch als eine Art patriotisches Erweckungserlebnis. Dann am 18. Januar 1871 die Verkündigung des Deutschen Reiches. Wilhelm der Erste, der einstige König von Preußen, ist jetzt Kaiser, dieser Wilhelm, den Wagner noch ein paar Jahr vorher einen „schwachsinnigen Monarchen“ nennt, der als „Kartätschenprinz“ die Revolution von 1848 niederknüppelt, bei der Wagner mitkämpft an vorderster Front. Jetzt ist alles anders, jetzt sucht Wagner den Schulterschluss mit dieser neuen Macht. Für die Rückkehr der siegreichen Armee nach Berlin möchte Wagner gleich eine Feiermusik schreiben, auch zum „Gedenken an die Toten“. Berlin lehnt dankend ab. Man wolle bei dem Einmarsch der Truppen keine „peinlichen Eindrücke, „und“ keilt ein Zeitungsredakteur nach „Wagner solle nicht glauben, er habe den deutschen Geist für sich gepachtet.“ Der aber lässt sich nicht einschüchtern und komponiert trotzdem etwas für den festlichen Anlass. Seinen „Kaisermarsch“. Im Mai 1871 gibt es eine private Aufführung für das Herrscherpaar in der Königlichen Hofoper, am Dirigentenpult steht der Komponist persönlich. Musik 3: Richard Wagner: Kaisermarsch 6‘15 Ein musikalischer Kniefall vor dem Deutschen Reich, der Kaisermarsch von Richard Wagner, in der SWR2 Musikstunde mit dem Schottischen Nationalorchester unter Neeme Järvi. Man bekommt es nur schwer zusammen: Richard Wagner, der einstige Revoluzzer und Anarchist, der mit seinem Ring des Nibelungen die Demontage der Macht beschwört, zieht den Hut vor dem neuen Monarchen und seiner Macht. In seinem Ring geht es immerhin um das Scheitern großer Projekte, um Gier und Geiz, um die Auflösung der alten, verkommenen Welt. Wie kann es sein, dass sich der Komponist dieses genialen Untergangsszenarios so verstrickt in einen fast fanatischen Patriotismus? 3 4 „Wagner war weder ein politischer Einpeitscher noch ein Opportunist, sondern ein verhinderter Erlöser“, sagt Wagner Biograf Martin Gregor-Dellin, „Lohengrin der Zweite, der sich einer Welt verbinden will, in die er nicht gehört“. Musik 4: Richard Wagner: „Gralserzählung“ aus „Lohengrin“ 5‘40 Jonas Kaufmann als Lohengrin mit der Gralserzählung aus der Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner, begleitet vom Mahler Chamber Orchestra unter Claudio Abbado. Sie hören die Musikstunde auf SWR2 und da geht es in dieser Woche um das Jahr 1871 – Die Macht und die Musik“. Das Jahr der deutschen Reichsgründung und das Jahr, in dem Richard Wagner, mal wieder, wie eigentlich immer auf der Suche ist nach Geld. Aber dieses Mal ist sein Projekt wirklich riesengroß: Ein Festspielhaus, in dem nur seine Werke gespielt werden. Seine Musik, deutsche Musik. Eigentlich könnte doch der neue Reichskanzler helfen, Otto von Bismarck, findet Wagner. Schließlich geht es ja um ein nationales, kulturelles Symbol, das müsste den Fürsten doch interessieren. Aber Enttäuschung auf ganzer Linie. Wagner hatte sich so viel erhofft vom Deutschen Reich und kann gar nicht verstehen, dass man ihn so abblitzen lässt. Seine Grundidee, seine Vorstellung von einem Gesamtkunstwerk, das sei doch eine deutsche Angelegenheit. Noch 1867, vier Jahre vor der Reichsgründung, schickt Wagner Bismarck seinen Aufsatz „Deutsche Kunst und deutsche Politik“. Es gehe um eine, wie Wagner es nennt „dem Deutschen eigentümlichen Kultur“. Sein neues Theater, das alle Künste vereint, solle einen unwiderstehlichen Einfluss haben auf die Sitten, auf die „öffentliche Moralität“. Alles schön und gut, denkt man offensichtlich in Berlin, aber Geld gibt es deswegen noch lange nicht. Bismarck macht sich noch nicht mal die Mühe auf das Schreiben zu reagieren. 1875, in der letzten Bauphase steht Wagners geplantes Bayreuther Unternehmen kurz vor dem Ruin. Wagner greift zum letzten Strohhalm und bittet den Kaiser schriftlich um ein Darlehen. 30.000 Taler bräuchte er. Schnell. Der Kaiser reicht das Gesuch weiter an seinen Kanzler, der empfiehlt es an das Parlament. Wagner solle sich bitte
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