Aizu in Der Meiji-Restauration
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Aizu in der Meiji-Restauration Vom Beschützer Kyōtos zum „Feind des Kaiserhofs“ Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie in der Philosophischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen vorgelegt von Valentin Gack aus Brüssel 2017 Gedruckt mit Genehmigung der Philosophischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen Dekan: Prof. Dr. Jürgen Leonhardt Hauptberichterstatter: Prof. Dr. Robert Horres Mitberichterstatter: Prof. Dr. Klaus Antoni Tag der mündlichen Prüfung: 13.02.2017 Universität Tübingen, TOBIAS-lib INHALT 1. Einleitung …..............................................................................................5 1.1 Thema.................................................................................................5 1.2 Forschungsgeschichte...........................................................................9 1.3 Forschungsstand................................................................................18 1.4 Quellenlage und Literatur..................................................................25 1.5 Gang der Untersuchung.....................................................................28 2. Aizu im Bakuhan-System der Edo-Zeit.....................................................33 2.1 Kaiserhof und Bakuhan-System im 19. Jahrhundert..........................33 2.2 Die Aizu-Matsudaira und das Fürstentum Aizu.................................39 2.3 Beziehung zur Tokugawa Familie und dem Bakufu............................41 3. Landesöffnung und Systemkrise................................................................43 3.1 Konfrontation mit den Ausland und Reformversuche........................43 3.2 Ungleiche Verträge und Nachfolgestreit.............................................46 3.3 Das Ende der alten Ordnung.............................................................54 4. Aizu wird Teil der nationalen Politik – Reformen und Kooperation von Schwert- und Hofadel...............................................................................61 4.1 Bunkyū-Reformen.............................................................................61 4.2 Matsudaira Katamori wird Beschützer von Kyōto..............................64 4.3 Reise des Shōgun nach Kyōto und Konferenz der Fürsten..................73 4.4 Coup d'État – Aizu und Satsuma vertreiben Chōshū.........................80 4.5 Die zweite Konferenz der Fürsten......................................................85 5. Machtkampf um den Kaiserhof – Aizus politischer Aufstieg und Fall........95 5.1 Aufstand am Hamaguri-Tor...............................................................95 5.2 Strafexpedition gegen Chōshū.........................................................101 5.3 Konfrontation zwischen Kyōto und Edo..........................................105 5.4 Wechsel der Allianzen......................................................................113 5.5 Krieg zwischen Chōshū und dem Bakufu........................................122 5.6 Politische Isolation Aizus.................................................................130 6. Das Ende des Bakufu..............................................................................137 6.1 Der letzte Shōgun – Tokugawa Yoshinobus Reform des Bakufu.......137 6.2 Der Shōgun tritt zurück...................................................................147 3 Inhalt 6.3 Umsturz oder Systemtransformation?..............................................154 7. Aizu im Boshin-Krieg.............................................................................163 7.1 Zusammenstoß bei Toba und Fushimi.............................................163 7.2 Yoshinobus Kapitulation..................................................................169 7.3 Unterwerfung oder Konfrontation?…..............................................175 7.4 Krieg und Niederlage.......................................................................183 8. Fazit........................................................................................................191 8.1 Bakumatsu-Zeit und Meiji-Restauration..........................................191 8.2 Die Rolle Aizus................................................................................196 8.3 Historische Japanforschung zur Meiji-Restauration..........................199 9. Quellen- und Literaturverzeichnis...........................................................203 9.1 Quellenverzeichnis...........................................................................203 9.2 Literaturverzeichnis.........................................................................204 10. Anhang.................................................................................................211 10.1 Glossar...........................................................................................211 10.2 Index.............................................................................................213 4 1. EINLEITUNG 1.1 THEMA Japans Übergang in die Moderne und Anschluss an die industrialisierte Staatenwelt ging ein Systemwechsel voraus, den man zwar nicht als gänzlich unblutig bezeichnen kann, der jedoch im Vergleich zu Regimewechseln mit vergleichbarer politischer Tragweite, wie der Französischen oder Russischen Revolution, nur sehr wenige Menschenleben gefordert hat. Die Meiji- Restauration von 1868 stellt den größten Einschnitt in der modernen japani- schen Geschichte dar. Durch die radikale Modernisierung entging Japan dem Schicksal seiner asiatischen Nachbarn und wurde nicht zu einer Kolonie der Europäer oder Amerikaner. Bis zur Niederlage im Zweiten Weltkrieg waren Männer aus den ehemaligen Fürstentümern Chōshū und Satsuma dominie- rend in Politik und Militär. Im Jahr 1868 hatten ihre Vorfahren erfolgreich die Macht im Land an sich gebracht und daraufhin den modernen japanischen Staat aufgebaut. Erst das desaströse Scheitern der japanischen Großmacht- politik und die schmerzhafte Niederlage im Zweiten Weltkrieg diskreditierte diese Eliten, beschädigte das Bild der vermeintlichen Helden der Meiji- Restauration und führte zum Ende der Dominanz Westjapans in Politik und Militär. Der unspektakuläre Übergang von der Edo- in die Meiji-Zeit ist, hält man sich die Umstände der Zeit und den politischen Kontext genau vor Augen, mehr als ungewöhnlich. Das Tokugawa-Bakufu, das bis 1868 Japan für ungefähr 250 Jahre Frieden und Stabilität gebracht hatte, hatte sich nicht mit allen verfügbaren militärischen Mitteln gegen seinen eigenen Untergang gewehrt und somit ein Blutvergießen im Stile der meisten Revolutionen verhindert. Dennoch kam es von 1868 bis 1869 zu bewaffneten Konflikten im Nordosten Japans, die im Japanischen als Boshin-Krieg bekannt sind. Beim Krieg in der Tōhoku-Region waren die Kontrahenten der Armee der Meiji- Regierung allerdings nicht das Bakufu, sondern das Fürstentum Aizu1 und 1Das Fürstentum Aizu der Bakumatsu-Zeit wurde im Jahr 1643 gegründet, als Hoshina Masayuki (1611–1673) das Lehen, das zuvor der Familie Gamō gehört hatte, zugewiesen bekam. Das Fürstentum umfasste den heute westlichen Teil der Präfektur Fukushima in der historischen Provinz Mutsu. Die Hoshina Matsudaira von Aizu waren kamon Daimyō mit einem offiziellen Reisertrag (omotedaka) von 230.000 koku. Da sie aber zur gleichen Zeit auch Gebiete in Ōnuma, Iwase und Shioyagun (Shimotsuke no Kuni) mit 50.000 koku anvertraut bekamen, die zwar zeitweise vom Bakufu direkt verwaltet, aber die meiste Zeit dem Fürstentum unterstanden, verfügte Aizu die längste Zeit seines Bestehens über einen tatsächlichen Reisertrag (jitsudaka) von 280.000 koku. Im Jahr 1864 gingen diese Gebiete 5 Einleitung dessen Verbündete. Mit der Belagerung und Zerstörung Wakamatsus scheiterte die vermeintliche Gegenrestauration am Ende. Die Verlierer zahlten einen hohen Preis und wurden hart bestraft. Ihr Daimyō, Matsudaira Kata- mori2, musste sich, als Feind des Kaiserhofs gebrandmarkt, aus dem öffentli- chen Leben zurückziehen. Auf seine Vasallen wartete ein bittereres Schicksal: Die Umsiedlung in die karge und unwirtliche Gegend im äußersten Norden Honshūs, die dann eine Auswanderungswelle in die USA nach sich zog. Doch warum bekämpfte Aizu die neuen Machthaber, obwohl sich die Tokugawa Familie dazu entschieden hatte, genau dies nicht zu tun? Welche Rolle spielte das Fürstentum Aizu in der Bakumatsu-Zeit und was führte zur Konfron- tation mit der neuen Regierung? Was bewegte Aizu dazu, weitestgehend auf sich alleine gestellt, einen Krieg zu beginnen, der, wenn überhaupt, dann doch nur eine sehr geringe Chance auf Erfolg hatte? Was war das Ziel dieses Krieges? In dieser Arbeit will ich die Rolle Aizus in der Bakumatsu-Zeit untersuchen und einen Beitrag zur politischen Geschichte der Meiji-Restauration leisten. Die Geschichte der Gewinner wurde bereits in mehreren Monographien erzählt3. Mit dem Perspektivwechsel zur Betrachtung der Verlierer dieses politischen Wandels möchte ich versuchen, den Anschluss an die derzeitige Forschung in Japan zu finden, wo es bereits zahlreiche Arbeiten über das Bakufu und Akteure außerhalb der Gruppe der Meiji-Oligarchen gibt4. Diese Arbeit geht davon aus, dass für ein objektives Verständnis dieser Zeit die schließlich in das Lehen Aizus über. Für den Dienst als Beschützer von Kyōto wurden dem Fürstentum Aizu in der Bakumatsu-Zeit zusätzlich 50.000 koku bereitgestellt, was das Gesamteinkommen auf ungefähr 330.000 koku erhöhte (Hanshi Daijiten 1: 318–321). 2Matsudaira Katamori (1836–1893) war kamon Daimyō von Aizu. Katamori wurde 1836 als sechster Sohn Matsudaira