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WIRTSCHAFT

die Rothenbergers fünf Millionen Mark Das Geschäftsgebaren der Rothen- rikanischen Computerunternehmens zuschössen. bergers, sagt der für Vertragsmanage- stammt aus Deutschland und Erst in letzter Minute, als schon offen ment zuständige Treuhand-Direktor blickt meist grimmig. Selten ist ihm an- über einen Konkurs spekuliert wurde, Rüdiger Zinken, sei bislang kein „Fall zusehen, daß er sich auch freuen kann. gab „Güro“, Aufsichtsrat bei Fritz Wer- für den Staatsanwalt“. Aber „es wird ge- Dabei hätte Pfeiffer mehr als einen ner, nach und sagte die vergleichsweise prüft“. Grund, laut zu jubeln. bescheidene Summe zu. Offenbar po- Die Ostbetriebe, die unter dem Dach Vor drei Jahren wurde er als einer kerten die Brüder aus Sorge, ihr eigenes der Managementholding Autania AG der wenigen Ausländer, die amerikani- Geld nicht wiederzusehen. Knapp bei zusammengefaßt sind, können wohl nur sche Spitzenpositionen erreichten, zum Kasse können sie kaum sein, schließlich mit einem neuen Partner überleben. Compaq-Chef befördert. Seitdem hatten sie erst vor wenigen Monaten „Ich brauche 80 Millionen“, sagt Auta- hat er aus einer Firma, die Verluste Anteile an anderen Unternehmen für nia-Vorstand Wolfgang Mellinghoff, verbuchte, ein boomendes Unterneh- rund 300 Millionen Mark verkauft. „damit könnte ich den Schatz heben.“ Y men gemacht. Ihr gutes Leben läßt sich die Familie Die Amerikaner lieben solche Er- ohnehin nicht durch schlechtgehende folgsgeschichten. Vor allem hat ihnen Betriebe vermiesen. So kaufte Günter Computer imponiert, daß der Germane im te- Rothenberger für seinen dressurreiten- xanischen Houston fertigbrachte, den Sohn Sven, der nach einem Streit was lange unmöglich schien: Com- seines Papas mit deutschen Reiterfunk- paq hat gerade den Riesen IBM als tionären für Holland startet, das be- Schnell Marktführer bei Personalcomputern rühmte Vollblutgestüt Erlenhof bei Bad abgelöst. Homburg zum geschätzten Preis von Als Pfeiffer im Herbst 1991 in Hou- zwölf Millionen Mark. und leise ston Chef wurde, lag der Umsatz bei Kurz zuvor hatten die Gläubiger der 3,3 Milliarden Dollar. In diesem Jahr Rothenbergerschen Naxos AG bei ei- Mit typisch deutscher Gründlich- werden es mehr als zehn Milliarden nem Vergleich der fast bankrotten Fir- keit, meinen seine Bewunderer, Dollar sein. Auch die Gewinne fließen ma rund 26 Millionen Mark verloren. wieder reichlich. Pfeiffer wird in der Und kurz nach dem Gestütskauf muß- hat Compaq-Boß Eckhard Pfeiffer amerikanischen Wirtschaftspresse als ten mehrere Banken zur Rettung der die Firma zum Erfolg geführt. Supermann gefeiert. Pittler AG Forderungen in Höhe von Und was macht Supermann? Er über 15 Millionen Mark abschreiben. schaut ernst: „Wir haben das neunte Zudem forderte „Güro“ von den Be- rgendwer muß dem Mann mal den Quartal hintereinander einen Rekord- schäftigten, künftig bei gleichem Lohn wohlmeinenden Rat gegeben haben, umsatz erzielt.“ Er spricht dabei so lei- 40 statt 36 Stunden zu arbeiten. Über- Ier solle lächeln, wenn ein Fotograf se und monoton, als müßte er seinen stunden will er auch nicht extra honorie- auftaucht. Auf Pressebildern lacht Eck- Aktionären gerade den größten Ver- ren. Die sollen in ruhigen Tagen abge- hard Pfeiffer stets so breit, als sei er der lust verkünden. feiert werden. „Sie leben schließlich von ewige Sonnyboy. „Dieser Mann ist total beherrscht“, meinem Geld“, erklärte er den verdutz- Im richtigen Leben dagegen strahlt sagt einer, der schon seit Jahren mit ten Betriebsräten. Was macht es da Pfeiffer, 53, nicht. Der Chef des ame- Pfeiffer zusammenarbeitet. „Ich habe schon, daß die Arbeiter von Naxos mit- bei ihm noch nie einen unter monatelang auf ihre Löhne war- Temperamentsausbruch ten. erlebt.“ Noch unbekümmerter können die Er hat die erstaunliche Rothenbergers in ihren Ost-Betrieben Gabe, Ungeduld niemals auftreten. Bei den Verkäufen wurde die zu zeigen. Aber er gibt Treuhand offenbar ausgetrickst. selbst gern zu, daß er in So durften die Brüder mit ihrem Part- wichtigen Fragen nicht ner Volker Wagner, der ebenfalls eine lange fackelt. Wenn et- Firmengruppe dirigiert, in fast allen Fäl- was beschlossen ist, wird len den Immobilienbesitz vom Rest der es gemacht. Wer nicht Firma trennen. Geht ein Unternehmen mitzieht, wird geschaßt. pleite, bleiben die Grundstücke unbe- Auch das geschieht mit schadet im Besitz der Grundstücksge- Pfeifferscher Präzision – sellschaft. schnell und leise. Gerade 25 Millionen Mark zahlten die Sein deutscher Lands- Rothenbergers und ihr Verbündeter für mann Michael Spindler, ihre Firmen in Ostdeutschland. Dafür der vor etwa einem Jahr bekamen sie die Betriebe mitsamt beim Compaq-Konkur- Grundstücken von rund 1,1 Millionen renten Apple den Chef- Quadratmeter Größe und als Dreingabe posten übernahm, heißt eine Entschuldung plus Anschubfinan- wegen seines geräusch- zierung in Höhe von insgesamt gut 360 voll-wuchtigen Auftre- Millionen Mark. tens in seiner Firma „The Obwohl Investitions- und Arbeits- Diesel“. Für den still wir- platzzusagen nach Ansicht der Treu- kenden Compaq-Boß hat hand oft nicht eingehalten werden, noch niemand einen grif- scheut sie sich, die fälligen Vertragsstra- figen Spitznamen gefun- fen in Millionenhöhe geltend zu ma- den. Er ist nur der

chen. Sie will offenbar nicht die Pleite J. RUBIN „Eckhard“. Es fällt von Firmen riskieren. Compaq-Chef Pfeiffer: „Man muß Druck ausüben“ schwer, sich diesen

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Workaholic zu Hause bei der Gartenar- versity erwarb. 1983 ging er nach Mün- beit vorzustellen, die er als seine liebste chen zurück, diesmal für Compaq. Fir- Freizeitbeschäftigung bezeichnet. Pfeif- menchef Rod Canion hatte ihm einen fer hat bisher so viel Energie in seinen Scheck über 20 000 Dollar in die Hand Job gesteckt, daß er nicht einmal die gedrückt: Damit sollte er das Europa- Zeit hatte, sich die Green Card zu be- Geschäft auf die Beine stellen. schaffen, ohne die ein Ausländer in den Jetzt ist der Mann mit dem harten USA keinen Job annehmen darf. In sei- deutschen Akzent im ansonsten per- nem Paß hat er nur ein Visum, das ihn fekten Englisch wieder in Texas. Er offiziell noch immer als Entsandten der will beweisen, daß er seine 2,5 Millio- europäischen Compaq-Filiale ausweist. nen Dollar Jahressalär wert ist. Pflichtgemäß singt der Manager das Pfeiffer weiß, daß sein Aufstieg auch Hohelied der Teamarbeit: „Es geht ganz schnell wieder enden kann. Er- doch heute gar nicht mehr anders.“ folg und Mißerfolg liegen gerade im Doch sogleich folgt der wichtige Zusatz, Computergeschäft oft nur Monate aus- der ihn als Antreiber beschreibt: „Man einander. muß den notwendigen Druck ausüben, Das hat Pfeiffer hautnah in einem um Dinge zu bewegen.“ Gremium beobachtet, das die Bosse Compaq ist nicht Apple, und Pfeiffer der wichtigsten Computerfirmen regel- kein Steve Jobs, der einst den Personal- mäßig vereint: „Von den zehn Vertre- computer erfand. Vom Gründungsjahr tern, die bei meinem Antritt da saßen, 1982 an hat Compaq nur gemacht, was haben nur zwei überlebt.“ Y andere zuvor schon getan haben. Die Firma baute Personalcomputer wie IBM – nur besser als Big Blue. Konzerne Die Idee funktionierte bis Anfang der neunziger Jahre. Dann ging es bergab, weil auch andere gelernt hatten, ordent- liche Computer zu bauen. Wie in Firmenchef Canion sollte gehen, und Pfeiffer mußte Compaq eine neue Rich- tung geben. Der Deutsche hatte sich als der Natur Leiter von Compaq Europa in München einen Namen gemacht: Seine Geschäfte Die AEG kommt nicht aus den liefen besser als die der Compaq-Bosse Verlusten heraus. Es wird eng für in den USA. Pfeiffers Strategie war naheliegend den angeblichen Sanierer. und schlicht: Kosten runter und Preise auch. Mit immer neuen günstigen Ange- n die erste Vorstandssitzung mit ih- boten von Hardware löste Compaq, rem Chef Ernst Georg Stöckl, 50, zum Vergnügen der Kunden, Preiskrie- Aerinnern sich Manager des AEG- ge der Computerhersteller aus. Konzerns noch gut. Stöckl hatte kaum Unter Pfeiffers Regie wurden die den Raum betreten, da streifte er auch Computer weniger anspruchsvoll. Seit schon sein Jackett ab. der Deutsche der Boß ist, sind Compaq- Die Kollegen in der Frankfurter Kon- Geräte auch in den einst verpönten Bil- zernzentrale blickten zunächst indi- ligläden zu haben, in denen Beratung Mangelware und der Preis das beste Verkaufsargument ist. Im Hause hatte das Folgen. Sinkende Preise waren nur bei sinkenden Kosten möglich, und das hieß: Von 12 000 Be- schäftigten mußten 2600 gehen. „Er führt das Geschäft mit typisch deutscher Gründlichkeit“, sagt ein ehe- maliger Kollege voller Bewunderung. Sein Wissen hat Pfeiffer nicht nur an der Universität erworben. Studiert hat der gebürtige Schlesier erst, als er schon zwei Jahrzehnte im Beruf war. Nach der Kaufmännischen Berufsschule in Nürn- berg ging er zur deutschen Niederlas- sung von nach Mün- chen. Ein paar Jahre später saß er im Management. Die Firma schickte das Arbeitstier 1980 zur weiteren Verwendung in die

Zentrale nach , wo Pfeiffer neben DPA dem Job einen akademischen Grad AEG-Chef Stöckl (MBA) an der Southern Methodist Uni- Verhängnisvolle Extratouren

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