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Band 2, Heft 1: 1-72 Zeitschrift Wiesbaden, Mai 1982 für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, - Oberste Naturschutzbehörde - Herausgeber: Der Hessische Minister für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten — Oberste Naturschutzbehörde — Redaktion: W. Bauer (Frankfurt am Main); Dr. H.-.I. Bohr (Wiesbaden); K. Fiedler (Offenbach am Main); Dr. W. Keil (Frankfurt am Main); V. Lucan (Wolfhagen) Druck: C. Adelmann, Frankfurt am Main Wiesbaden (1982) Alle Rechte vorbehalten. Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren verantwortlich. 0
Band 2, Heft 1: 1-72 Zeitschrift Wiesbaden, Mai 1982 für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis Seite
G. MERKEL: Jäger und Flurneuordnung— Praktische Hinweise zur Ausführung der Hegepflicht 3
W. BAUER, W. GRAF, K. GREBE & G. KRAPF: Die Entwicklung des Naturschutzgebietes „Rhäden von Obersuhl" (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) 15
J. HOLLAND-LETZ: Eine Überlebensstrategie für die letzten Weißstörche im Auenverband der Schwalm (Nordhessen) 33
H. LINGEMANN & E. THÖRNER: Braunkohlenbergbau und Naturschutz in der Wetterau (Hessen) 43
H.-1. BOHR & C. KRAFT: Hessens neue Naturschutzgebiete (6) 49
Kleine Mitteilungen:
J. C. TAMM: Karmingimpel (Carpodacus erythrinus) übersommerte 1980 und 1981 in Marburg/Lahn 59
J. C. TAMM: Zwergschnäpper (Ficedula parva) bei Marburg/Lahn 61
V. LUCAN & G. SCHUMANN: Zum sichtbaren Wanderzug der Meisen (Blau-, Kohl- und Tannenmeise — Parus caeruleus, P. major, P. ater) im Kreis Kassel 1979-1982 61
Mitteilungen der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen Rheinland-Pfalz und Saarland
R. ROSSBACH: Vogelschutz und Modellflugsport 63
Aus der Hessischen Landesanstalt für Umwelt
H.-J. BOHR: Vogel- und Naturschutz in Recht und Gesetz (6) Regenerationsgebiete 69
Neue Literatur 13 14, 58, 68, 72
2 Zum Deutschen Naturschutztag in Kassel
Aus Anlaß des Deutschen Naturschutztages, der nach 25 Jahren auf Ein- ladung der Hessischen Landesregierung wieder in Kassel durchgeführt wird, finden im nordhessischen Raum Exkursionen zu Naturschutzgebieten und interessanten Biotopen statt, die für die Redaktion der Zeitschrift „Vogel und Umwelt" Anlaß zu entsprechender Berichterstattung sind.
Die deutschen Naturschutztage mit ihrer großen Tradition haben gerade in den letzten Jahren unter Beweis gestellt, daß sich eine immer größere An- zahl von Bürgern für die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege interessiert. Hervorgegangen aus einer sehr aktiven Vogelschutzbewegung der fünfziger und frühen sechziger Jahre hat sich das Umweltbewußtsein heute zu einer umfassenderen Denkweise entwickelt. Damit werden aller- dings die Aufgaben des Vogelschutzes nicht minder wichtig, sind es doch gerade die Vögel, die neben anderen Arten eine überragende Indikator- eigenschaft besitzen. „Vogel und Umwelt" hat diese Fragen auch in der Vergangenheit immer wieder aufgegriffen und deren Bedeutung vertieft und verdeutlicht. Ich hoffe, daß gerade das Forum des Deutschen Natur- schutztages mit seinem auch über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausreichenden Echo ein geeigneter Ort für die Diskussion dieser Fragen und der Bedeutung des Vogel- und Naturschutzes ist. Die Teilnehmer des Deutschen Naturschutztages werden auf den vielfältig an- gebotenen Exkursionen mit den Problemen des Naturschutzes in einer Landschaft konfrontiert, die, im Gegensatz zu Südhessen, noch weniger belastet ist.
Dennoch sind auch hier bereits Entwicklungen erkennbar, die zu einem Artenschwund geführt haben. Ich habe auf diese Entwicklung mit großer Besorgnis in meinem vor wenigen Wochen vorgelegten „Umweltbericht 1982" hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, daß es schließlich eine Überlebensfrage nicht nur unserer, sondern auch kommender Genera- tionen ist, die auch heute noch vorhandene Artenfülle als wertvolles gene- tisches Ausgangspotential zu erhalten. Der Naturschutz muß daher ver- suchen, der zwar interessierten, aber häufig nur gering informierten Be- völkerung die weltweite Bedeutung dieser Fragen klarzumachen und an die Verantwortung der heutigen Generation zu erinnern, die für das Über- leben und die Erhaltung der Lebensgrundlagen der Menschen des kom- menden Jahrtausends verantwortlich ist.
Der Bericht an den amerikanischen Präsidenten „Global 2000" hat noch einmal all die Warner der frühen Stunde bestätigt, die als belächelte Na- turapostel oder Vogelschützer in den fünfziger Jahren weitgehend auf ver- lorenem Posten gestanden haben. Die Ausgangssituation ist heute eine andere. Ich hoffe, daß sich die Erkenntnis weitgehend durchsetzen wird, daßTier- und Pflanzenarten ebenso eine Existenzberechtigung auf unserem Planeten haben, wie wir Menschen, die wir ebenfalls nur eine Art in der großen Fülle weltweit vorkommender Arten darstellen. ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen, den Organisationen des, Deutschen Naturschutztages 1982, aber auch den vielen freiwilligen Mitar- beitern der Zeitschrift „Vogel und Umwelt" für ihre aufopferungsvolle Mit- arbeit zu danken, weil nur dadurch unser Ziel erreicht werden kann, die gesamte Bevölkerung von der Bedeutung des Naturschutzes zu überzeu- gen. Der Staat kann diese Aufgabe nur zum Teil erfüllen. Er ist dabei auf die Mitarbeit von engagierten Bürgern angewiesen, wie dies in Hessen in einer Weise vorbildlich praktiziert wird, die ich als einmalig bezeichnen möchte. Die in den hessischen Naturschutzorganisationen zusammengeschlossenen etwa 300.000 Bürger haben einen entscheidenden Anteil daran, daß der Stellenwert von Natur und Landschaft in diesem Lande in einem Maße gestiegen ist, wie das vor wenigen Jahren noch undenkbar war.
Der Hessische Minister für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten
(Karl Schneider) Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 2: 3-13 (1982)
Jäger und Flurneuordnung - Praktische Hinweise zur Ausführung der Hegepflicht -* von GERHARD MERKEL, Hanau
Jäger und Flurneuordnung scheinen auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang zu stehen. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Begriffen wird erst deutlich, wenn sie weiter gefaßt werden und durch Naturschutz auf der einen Seite bzw. durch Land- wirtschaft und Landentwicklung auf der anderen Seite ersetzt werden. Damit ergeben sich zwei Positionen, die von den meisten bisher immer als besondere Gegensätze bei der Landnutzung gesehen wurden. In vielen Fällen waren auch in der Vergangenheit Landwirte und Naturschützer Kontra- henten, die jeder.für sich ihre eigenen Standpunkte vertraten und sich viel zu wenig mit den Belangen des Anderen befaßt haben. Durch das neue Bundesjagdgesetz und die Neufassung des Hessischen Ausführungs- gesetzes zum Bundesjagdgesetz ist nun ein Schritt auf dem Weg zum Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft getan worden, denn zur Erfüllung des Gesetzes- auftrages, gerade des jeweiligen Paragraphen 1, ist eine große Kooperationsbereit- schaft notwendig.
Bundesjagdgesetz In § 1 des Bundesjagdgesetzes vom 1. April 1977 wird nämlich mit dem Jagdrecht auch zwingend die Pflicht zur Hege verbunden. Das Ziel dieser Hege ist „die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen ange- paßten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen ... ".
Hessisches Ausführungsgesetz Diesen Auftrag des Bundesgesetzes hat auch das Hessische Ausführungsgesetz vom 24. Mai 1978 in seinem § 1 zugrunde gelegt, wo es heißt: „In jedem Jagdbezirk sollen ausreichende Flächen für die Anlage von Wildäsungs- flächen bereitgestellt werden. Das Nähere regeln die Durchführungsvorschriften." Dieser gesetzliche Auftrag zur Hegepflicht geht über die bisherige „Hege mit der Büchse" wesentlich hinaus. Mit der „Pflege und Sicherung der Lebensgrundlagen" des Wildes bzw. mit dem Auftrag zur Anlage ausreichender Flächen für die Wildäsung ist hier. der neue Begriff der Biotophege hinzugekommen. Wenn dies auch in Form einer Sollvorschrift gefaßt ist, so heißt dies jedoch nicht, daß der Hegepflichtige sich dieser Forderung nach Belieben entziehen kann. Wird nämlich einem Bürger durch eine Sollvorschrift eine Verpflichtung auferlegt, so bedeutet dies, daß er dieser Verpflichtung im Normalfall nachzukommen hat. Nur in besonders begründeten und überprüften Ausnahmefällen kann diese Verpflich- tung entfallen. Das gesetzlich auferlegte „Sollen" ist also regelmäßig mit einem „Müssen" gleichzusetzen. Die Sollvorschrift gibt auch der überwachenden Behörde kaum die Möglichkeit, von ihrer Vollziehung abzusehen. * Vortrag von Ltd. Regierungsdirektor Gerhard Merkel, Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung Hanau, bei den Fortbildungstagungen des Landesjagdverbandes Hessen e. V. am 10., 17. und 24. 3. 1979
3 Mit der Biotophege verlangt der Gesetzgeber die Erhaltung bzw. Gestaltung der Lebensräume des Wildes, d. h. der Nahrungs- und Deckungsflächen, die durch zivili- satorische Eingriffe immer mehr eingeengt werden. Dabei spielt sich die Biotophege in zwei großen Nutzungskomplexen ab: 1. Im Wald und in der Waldgemengelage findet das Wild zu seinem Schutz ausrei- chende Deckungsmöglichkeiten. Im Minimum sind hier Freiflächen, die das Wild für eine artgerechte Äsung braucht. 2. In der Feldlage hingegen sind Äsungsflächen meist ausreichend vorhanden. Hier fehlen aber vorwiegend Deckungsflächen, d. h. Refugien, in die das flüchtende Wild unterschlupfen kann, oder wo es seinen Einstand und seine Kinderstube hat, wenn rundherum eine hochmechanisierte Landwirtschaft betrieben wird.
Der zweite Komplex, nämlich die Schaffung von Feldholzinseln, soll im folgenden näher betrachtet werden, wobei unter Feldholzinseln allgemein Großgrün verstanden wird. Die Biotophege hat in der Praxis einzusetzen, wenn in einer Feldgemarkung Hecken, Bäume, Raine, Brachen oder andere Feldgehölze stark im Minimum sind. Dabei schwanken die Vorstellungen über den anzustrebenden Flächenanteil solcher Feld- holzinseln an der Feldgemarkung noch zwischen 0,5-1,0'90, wobei im folgenden von 0,5 0/0 ausgegangen wird. Man sollte nicht gleich mit maximalen Forderungen an die Grundeigentümer heran- gehen. Es kommt vielmehr darauf an, mit realistischen Vorstellungen das Machbare durchzusetzen, als mit überzogenen Ansprüchen den Trotz der Betroffenen heraus- zufordern und sich in zeitaufwendige Auseinandersetzungen einzulassen. Der neuralgische Punkt der neuen Gesetzesforderung ist die Flächenbeschaffung. Die gesetzliche Bestimmung der Hegepflicht — auch in Form der Biotophege — richtet sich ganz eindeutig an die Jagdrechtsinhaber, d. h. an die Grundstückseigentümer im Jagdbezirk. Das Problem der Flächenbereitstellung wird sich dabei ganz verschieden stellen. In marginalen Bereichen, d.h. in den von der Natur benachteiligten Gebieten des Mittel- gebirgsraumes, dürfte — wenn überhaupt notwendig — die Flächenbereitstellung kaum auf Schwierigkeiten stoßen. Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten sind diese Räume durch hohe Waldanteile, kleinräumige Strukturen mit Gemengelagen von Wald und landwirtschaftlichen Nutzflächen und eine vielfältige Gliederung durch Hecken, Gebüsch- oder Baumgruppen gekennzeichnet. In einer solchen Landschaft steht dem Wild bereits ein so großes Potential an Feld- holzinseln und Waldrändern zur Verfügung, daß es in den meisten Fällen ausreichende Deckungsmöglichkeiten findet. Die Schwierigkeiten bei der Flächenbereitstellung für Feldholzinseln wachsen mit der Bodengüte, besonders in den intensiv bewirtschafteten Ackerbaugebieten wie z. B. in der Wetterau, in der Schwalm oder im Hessischen Ried. Die landwirtschaftlichen Nutz- flächen stellen hier nicht nur den Minimumfaktor bei der landwirtschaftlichen Betriebs- organisation dar, sondern werden auch täglich durch außerlandwirtschaftlichen Bedarf wie Straßenbau und Siedlungserweiterungen immer weiter eingeengt. Die Folge ist, daß bei dem großen Landhunger der Landwirte jeder Quadratmeter einer nachhaltigen Bewirtschaftung unterzogen wurde. Diesem ökonomischen Zwang fiel dann oft auch der letzte natürliche Bewuchs in der Feldgemarkung zum Opfer. Das Ergebnis war eine ausgeräumte Landschaft, ein gestörter Lebensraum für das Wild sowie eine Ver- armung der Tier- und Pflanzenarten. Gerade hier, wo es am dringendsten ist, wird aber der gesetzliche Auftrag besonders schwer durchzusetzen sein. Die Biotophege durch Schaffung von Feldholzinseln, die für eine Wiederbesiedlung des Raumes mit wild- lebenden Tieren dringend notwendig ist, steht hier in harter Flächenkonkurrenz mit den Landwirten.
4 Hier können die Flurbereinigungsbehörden wertvolle Hilfe leisten. Mit der Flurneu- ordnung kann in Gemarkungen, in denen der natürliche Bewuchs im Minimum ist, das Vollzugsdefizit von Biotopflächen gegenüber den landwirtschaftlichen Flächen ge- mindert werden. Aber nicht nur die Flurneuordnung kann zur Biotophege beitragen.
Ämter für Landwirtschaft und Landentwicklung
Die Aufgaben der Ämter für Landwirtschaft und Landentwicklung, die im Zuge der Funktionalreform 1978 durch Zusammenlegung der Flurbereinigungsverwaltung und der Landwirtschaftsverwaltung entstanden sind, gehen nämlich weit über die reine Flurneuordnung hinaus. Der Bogen spannt sich von — der Agrarstrukturellen Vorplanung über — die Landschaftspflege und Landschaftsplanung, — die Durchführung des Hessischen Naturschutzgesetzes, — die ländliche Siedlung, — die landwirtschaftliche Förderung und Beratung und — die Dorferneuerung bis hin zu — den Aufgaben als Träger öffentlicher Belange. Alles Bereiche, in denen das Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung täglich mit den Problemen der Landschaftspflege und des Naturschutzes befaßt ist und wo auch die Interessen der Biotophege ganz hautnah berührt werden. Aus der Aufzählung ist zu erkennen, daß ein wesentlicher Teil der Aufgaben unserer Behörde der Landwirt- schaft gewidmet ist. Hier ist es das Ziel, das organisch gewachsene System der bäuerlichen Landwirtschaft, d. h. das ausgewogene Nebeneinander von Haupterwerbs- und Nebenerwerbslandwirtschaft zu erhalten. Denn nur so ist es möglich, eine reich gegliederte Landschaft und gesunde Umwelt einigermaßen zu sichern. Wir wenden uns deshalb auch gegen den weiteren Anstieg der industriellen Produktion von Nah- rungsmitteln mit allen ihren negativen Begleiterscheinungen. Durch die ebenfalls zum Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung gehörende land- wirtschaftliche Fachschule sowie die landwirtschaftliche Berufsausbildung und Er- wachsenenfortbildung ist es außerdem möglich, die Ziele des Natur- und Landschafts- schutzes und — darin eingeschlossen — auch die Biotophege umzusetzen. Die Aufklärung der Bürger vor Ort über die Ziele der Landschaftspflege und Biotop- hege ist eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung von Feldholzinseln, die ja nicht nur dem jagdbaren Wild zugute kommen, sondern auch dem Schutz der vorhandenen Tiere und Pflanzen dienen. Die Schaffung von Feldholzinseln für die Biotophege als eine flächenbeanspruchende Maßnahme wäre verfahrenstechnisch in zwei Arbeitsschritte aufzuteilen:
1. die planerische Vorbereitung, die in der Agrarstrukturellen Vorplanung erfolgen müßte, wo im Zuge der Flächenfunktionsplanung zu untersuchen wäre, — in welchem Umfang bereits Feldholzinseln zur Biotophege vorhanden sind, — wieviele und wo neue geschaffen werden müssen und — ob dies in einem Flurbereinigungsverfahren oder nur außerhalb der Flurneuord- nung erfolgen kann; 2. die praktische Durchführung, die im Flurbereinigungsverfahren erfolgt.
Agrarstrukturelle Vorplanung
Bei der planerischen Vorbereitung hat die Agrarstrukturelle Vorplanung Vorgaben zu leisten. Als überörtliche fachliche Entwicklungsplanung im ländlichen Raun ist sie eine Gemeinschaftsarbeit der Ämter für Landwirtschaft und Landentwicklung, der Forstämter sowie der Wasserwirtschaftsämter.
5 Neben der Erfassung der Planungsabsichten aller Planungsträger im ländlichen Raum werden hier z. B. Aussagen über — die landwirtschaftliche Betriebsentwicklung, — die Nutzungseignung der landwirtschaftlichen Flächen, — die notwendigen Landentwicklungsmaßnahmen, — landschaftspflegerische Entwicklungsmaßnahmen sowie — forstliche und wasserwirtschaftliche Planungen erarbeitet. Aufgrund der neuen Jagdgesetzgebung und der Durchführungsvorschrif- ten ist dann auch die Biotophege in die Flächenfunktionsplanung dieser Agrarstruk- turellen Vorplanung mit aufzunehmen. Denn hier auf Gemeindeebene mit überschau- baren Planungsräumen fallen bereits wichtige Vorentscheidungen für die spätere Flächenwidmung. Unter Abstimmung der Flächenansprüche der verschiedenen Land- nutzer kann beispielsweise hier bereits erörtert werden, ob und gegebenenfalls wie- viele Feldholzinseln in den in der Gemeinde befindlichen Jagdbezirken notwendig werden. Nur wenn alle Landnutzer ihre Vorstellungen und Ziele hier einbringen, kann eine ausgewogene Planungsaussage zustande kommen. Die Menschen gewöhnen sich an neue Dinge nur langsam. Oft kommt dann die Ausrede, man habe nichts ge- wußt, wenn vom eigenen Versagen abgelenkt werden soll. So könnte es auch in Fällen der Biotophege werden. Wenn aber bereits in der Agrarstrukturellen Vor- planung die Ziele der Biotophege klar formuliert und in die Flächenfunktions- planung eingegangen sind, dann ist damit auch sichergestellt, daß sie bei der späte- ren Durchführung berücksichtigt werden können. Diese Durchführung der Biotophege kann dann in der Praxis in Flurbereinigungsver- fahren erfolgen.
Aufgaben der Flurneuordnung
Durch die Flurneuordnung kann das jeweilige Verfahrensgebiet „zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie zur Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Landentwicklung . . . neugeordnet werden". Bei diesen Maßnahmen im agrarstrukturellen Interesse ist die Flurneuord- nung also gleichzeitig dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet, d. h. sie hat einer Vielzahl öffentlicher Interessen, u. a. auch denen des Jagdwesens, Rechnung zu tragen, wie es in § 37 des novellierten Flurbereinigungsgesetzes verankert ist. In der Flurneuordnung werden deshalb die vielfältigen Aufgaben und Ziele der Land- entwicklung sichtbar. Dabei stehen nicht nur die Beseitigung der Besitzzersplitterung oder der landwirtschaftliche Wegebau im Vordergrund, sondern auch Flächenbereit- stellungen für gemeinschaftliche und öffentliche Interessen. Zu nennen sind hier als Beispiele Flächen für den Straßenbau, die Wasserversorgung und Abwasserbehand- lung, den Naturschutz, die Landschaftsgestaltung oder für Erholungseinrichtungen. Die Flurneuordnung ist deshalb zum wichtigsten Instrument bei der Neuordnung des gesamten ländlichen Raumes geworden. Durch das novellierte Flurbereinigungsgesetz von 1976 wurde die Aufgabenstellung der Flurneuordnung, insbesondere auf dem Gebiet der Landespflege, wesentlich er- weitert. Damit haben sich die Berührungspunkte zwischen Landwirtschaft und Landes- pflege erheblich verstärkt. Dies erfordert aber von beiden Seiten eine erhöhte Koope- rationsbereitschaft und ein vermehrtes Verständnis für die Anliegen des Anderen. Insbesondere diese Kooperationsbereitschaft ist notwendig, wenn Feldholzinseln für die Biotophege in einem Flurbereinigungsverfahren geschaffen werden sollen. Denn hier ist die Jagdgenossenschaft auf die Zusammenarbeit mit der Teilnehmergemein- schaft angewiesen. Vor der Erläuterung der für eine Flächenausweisung relevanten Verfahrensschritte im Flurbereinigungsverfahren ist grundsätzlich noch etwas vorauszuschicken:
6 Was im folgenden zur Schaffung von Feldholzinseln im Flurbereinigungsverfahren ausgeführt wird, geht davon aus, daß der Träger solcher Feldholzinseln nur die Ge- meinschaft der Jagdrechtsinhaber, also die Jagdgenossenschaft, sein kann. Als Genos- senschaft des öffentlichen Rechts kann die Jagdgenossenschaft, die vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen wurde, auch grundbuchlich als Eigentümer der Feldholzinseln auftreten.
Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens
Die obere Flurbereinigungsbehörde kann auf Vorschlag des örtlich zuständigen Amtes für Landwirtschaft und Landentwicklung ein Flurbereinigungsverfahren in die Wege leiten, wenn sie dies für notwendig und zweckmäßig hält. Dabei kommt es auf das wohlverstandene, auf sachlichen Erwägungen beruhende Interesse an. Dies trifft ins- besondere zu, — wenn zersplitterter oder unwirtschaftlich geformter ländlicher Grundbesitz nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zusammengelegt und gestaltet werden muß, — wenn durch Straßen- oder Wegebau Siedlungen oder Einzelhöfe sowie land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen zu erschließen sind, — wenn punktuell wasserwirtschaftliche Maßnahmen notwendig werden, — wenn Flächen für öffentliche oder gemeinschaftliche Anlagen, wie Straßen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen oder sonstige Infrastruktureinrichtungen, bereit- gestellt werden müssen oder — wenn durch Großbaumaßnahmen, wie z. B. Autobahnen, Straßen oder Hochwasser- rückhaltebecken, verursachte Durchschneidungsschäden oder sonstige landeskul- turelle Nachteile zu beseitigen sind. Die Ergebnisse der Agrarstrukturellen Vorplanung werden dabei zugrunde gelegt. Vor der Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens werden die Grundstückseigen- tümer in einer Aufklärungsversammlung über das geplante Neuordnungsverfahren eingehend informiert und über Sinn und Zweck der anstehenden Flurneuordnung, über die ihnen dadurch gebotenen Möglichkeiten sowie den zeitlichen und verfahrenstech- nischen Ablauf aufgeklärt. Gleichzeitig werden den Teilnehmern die voraussichtlich anfallenden Kosten und deren Finanzierung eingehend erläutert.
Anordnung der Flurneuordnung — Flurbereinigungsbeschluß
Danach ordnet die obere Flurbereinigungsbehörde das Verfahren durch den Flurberei- nigungsbeschluß an. Es entsteht damit die Teilnehmergemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Teilnehmer sind alle Eigentümer und Erbbauberechtigte der zum Verfahrensgebiet gehörenden Grundstücke. In der Mehrzahl der Gemarkungen wird dabei die Teilnehmergemeinschaft bei der Flurneuordnung in etwa identisch mit der Jagdgenossenschaft sein. Unterschiede er- geben sich bei Eigentümern von Flächen, die zwar im Flurbereinigungsgebiet liegen, aber nicht zum Jagdbezirk gehören oder umgekehrt. Bei Gemarkungen mit mehreren Jagdbezirken und damit auch mehreren Jagdgenossenschaften wird dann die Summe aller in etwa der Teilnehmergemeinschaft entsprechen. Für ihre Vertretung wählt die Teilnehmergemeinschaft einen Vorstand, dessen Mit- gliederzahl je nach Größe und Struktur des Verfahrensgebietes von der Flurbereini- gungsbehörde bestimmt wird.
§ 38 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG)
Nach der Anordnung der Flurneuordnung stellt die Flurbereinigungsbehörde die Ziel- vorgaben zusammen, die mit Hilfe des Flurbereinigungsverfahrens erreicht werden
7 sollen. Dazu ist erforderlich, daß alle Behörden, Organisationen und sonstigen Stellen, deren Interessen durch das Flurbereinigungsverfahren berührtwerden können, von der Flurbereinigungsbehörde aufgefordert werden, ihre Zielvorstellungen für die Neuord- nung des Verfahrensgebietes zu nennen. Die Flurbereinigungsbehörde sammelt diese Angaben und stimmt die Forderungen untereinander ab, wobei die übergebietlichen und grundsätzlichen Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung sowie die Agrarstrukturelle Vorplanung berücksichtigt werden. Eine ständige Beteiligung des Teilnehmervorstandes ist dabei unabdingbar. Die so zusammengestellten Vorgaben und Forderungen für die zweckmäßige Neu- gestaltung des Flurneuordnungsgebietes werden dann in einem gemeinsamen Termin mit allen gehörten Stellen nochmals erörtert und abgestimmt. Dieser in § 38 FlurbG verankerte Verfahrensabschnitt ist deshalb auch für die Jagd- genossenschaft wichtig. Denn hier wird ihr Verlangen auf Feldholzinseln mit den Flächenanforderungen anderer geprüft, gegeneinander abgewogen und miteinander koordiniert. Lage, Form und Größe der erforderlichen Feldholzinseln können hierbei schon in Grundzügen zwischen Flurbereinigungsbehörde, Teilnehmervorstand und Vorstand der Jagdgenossenschaft besprochen werden. Die Flurbereinigungsbehörde kann zu diesen Besprechungen auch den Jagdpächter als Nebenbeteiligten am Ver- fahren hinzuziehen.
Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan Die Ergebnisse dieses Termines nach § 38 FlurbG bilden dann mit die Grundlage für die Aufstellung des Wege- und Gewässerplanes mit landschaftspflegerischem Begleit- plan. Dieser Plan umfaßt alle vorgesehenen Ausbau- und Gestaltungsmaßnahmen von ge- meinschaftlichen und öffentlichen Anlagen. Der landschaftspflegerische Begleitplan, der mit dem Wege- und Gewässerplan eine rechtliche Einheit bildet, enthält beispielsweise Aussagen — über erhaltenswürdige Landschaftsbestandteile und Grünbestände, wie Hecken, Feldholzinseln, Buschgruppen, — über Baum- oder Buschgruppen, die aus technischen Gründen an manchen Stellen entfernt werden müssen und an anderer Stelle wieder neu anzupflanzen sind, — über Neuausweisung von Flächen zur Landschaftspflege wie z. B. Feldholzinseln, — über Verbesserung und Sicherung vorhandener Anlagen durch Erweiterung bzw. zusätzliche Begrünung, — über erforderliche Pflegemaßnahmen an den Beständen sowie — über Planungen zur Förderung der Erholungsfunktion im Flurbereinigungsgebiet. Bei allen diesen Vorhaben ist ein Hauptziel des Wege- und Gewässerplanes, die für diese Pflanzungen notwendigen Flächen so genau festzulegen, daß sie bei den Arbei- ten im Flurbereinigungsverfahren von vornherein berücksichtigt werden können. In den Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan können deshalb die noch erforderlichen Feldholzinseln als Zweckgrundstücke aufgenommen werden. Für den Fall, daß die vorhandenen Feldholzinseln den Anteil von 0,5°/o an der Freifläche nicht erreichen und Flächenbereitstellungen für die Biotophege erforderlich werden, wäre folgendes Vorgehen sinnvoll: 1. Von der freien Feldmark werden zunächst die Unruhebereiche abgezogen, die in einem Mindestabstand von 50 m um Siedlungs- und Verkehrsflächen, Sportanlagen, Parkplätze u. ä. liegen. Diese Unruhezonen sind zur Anlage von Deckungsflächen wenig geeignet. 2. Ebenfalls können die Flächen entfallen, die in einem Bereich bis maximal 250 m vom Waldrand entfernt liegen, da hier das Wild in Fluchtdistanz ausreichend Deckungsmöglichkeiten findet. 8 3. Auf den verbleibenden Flächen ist dann die Anlage von Feldholzinseln vorge- sehen, wobei bei der Festlegung des Gesamtumfanges dieser Flächen der vor- handene Gehölzbestand, der zur Biotophege geeignet ist, abzuziehen wäre. Im weiteren Ablauf des Flurbereinigungsverfahrens wird dann der aufgestellte Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan in Text und Karte an die Träger öffentlicher Belange verschickt.
Anhörungstermin nach § 41 FlurbG und Planfeststellung
In einem Anhörungstermin nach § 41 FlurbG, der vier Wochen später stattfindet, wird dann der Plan mit den Trägern öffentlicher Belange einschließlich der landwirtschaft- lichen Berufsvertretung erörtert. Durch die flächenbezogenen Bestimmungen der neuen Jagdgesetzgebung werden im Flurbereinigungsverfahren die hoheitlichen Aufgaben der unteren Jagdbehörde un- mittelbar berührt. Die untere Jagdbehörde ist deshalb sowohl bei der Aufstellung all- gemeiner Grundsätze für die zweckmäßige Neugestaltung des Flurbereinigungsgebie- tes als auch bei der Feststellung des Planes nach § 41 FlurbG zu beteiligen. Eine wesentliche Aufgabe des Anhörungstermines nach § 41 FlurbG ist die Prüfung der im Flurbereinigungsverfahren vorgesehenen Veränderungen auf ihre Umweltver- träglichkeit. Dabei kommt es ganz besonders darauf an, in der Verhandlung die jewei- ligen Normadressaten, also die Behörden, die Betreiber einer Maßnahme und die be- troffenen Teilnehmer, zu tragfähigen umweltschonenden Kompromissen zu bewegen. Anschließend wird der Plan der oberen Flurbereinigungsbehörde zur Feststellung vor- gelegt.
Vermessung und Ausbau der Anlagen Nach der Planfeststellung kann mit der Vermessung sowie dem Ausbau der vorgese- henen Wege, Gräben und Pflanzungen begonnen werden. Hier wäre auch der Beginn für die Anlage der Feldholzinseln.
Neuzuteilung der Grundstücke Die Neuzuteilung der Flächen des Flurneuordnungsgebietes beginnt mit dem Plan- wunschtermin. Hier werden die Wünsche der Grundeigentümer bezüglich der Lage ihrer künftigen Grundstücke angehört und schriftlich festgehalten. Nach Abschluß des Planwunschtermines wird ein Rahmen für die Neuzuteilung auf-, gestellt, wobei zwischen den vielen oft überlagernden Wünschen ein Ausgleich zu schaffen ist. Dieser Vorschlag des Amtes wird dann nochmals mit jedem Teilnehmer abgestimmt und mit diesem dann eine schriftliche Vereinbarung über die Lage seiner neuen Grundstücke getroffen. Anschließend kann die vorläufige Besitzeinweisung, d.h. die Zuweisung der Grundstücke an die neuen Grundstückseigentümer erfolgen.
Flächenbereitstellung für Biotophege in der Flurneuordnung Die Bereitstellung von Land für Feldholzinseln kann in diesem Verfahrensabschnitt wie folgt geschehen:
1. Flächenbereitstellung nach § 40 FlurbG Wenn Jagdbezirk und Flurneuordnungsgebiet sich decken, sind die Jagdrechts- inhaber zugleich auch Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren. Da die Anlage von Feldholzinseln im öffentlichen Interesse liegt, sind die erforderlichen Flächen von den Teilnehmern nach § 40 FlurbG aufzubringen. Hier ist jedoch zu beachten, daß eine Flächenbereitstellung für Anlagen, die einem öffentlichen Interesse dienen,
9 nur in verhältnismäßig geringem Umfang möglich ist. Es wird deshalb notwendig sein, hier von Fall zu Fall nach Prioritäten zu entscheiden. Ist der Jagdbezirk kleiner als das Flurbereinigungsgebiet, dann dient die Flächen- bereitstellung nicht allein dem wirtschaftlichen Interesse aller Teilnehmer. Die Jagd- genossenschaft hat in diesem Fall für die nach § 40 FlurbG aufgebrachten Flächen der Teilnehmergemeinschaft einen angemessenen Kapitalbetrag zur Verfügung zu stellen. Die Flächen für die Biotophege werden der Jagdgenossenschaft, die als Genossenschaft des öffentlichen Rechts grundbuchfähig ist, zu Eigentum zugeteilt.
2. Ankauf von Flächen nach § 52 FlurbG Die Teilnehmergemeinschaft kann für die Jagdgenossenschaft Flächen zur Schaf- fung von Feldholzinseln ankaufen. Die Möglichkeit dazu gibt § 52 FlurbG, wonach Teilnehmer mit ihrer Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefun- den werden können. Die eventuell erforderlichen Mittel dafür kann die Teilnehmer- gemeinschaft durch Aufnahme eines Darlehens aufbringen, das von der Jagdge- nossenschaft zu übernehmen und innerhalb von 10 Jahren zurückzuzahlen ist. Dafür ist eine bindende Verpflichtungserklärung der Jagdgenossenschaft zur Übernahme der Flächen und Kosten notwendig. Die Jagdgenossenschaft wird dann in die Zweckgrundstücke eingewiesen. Beim Ankauf von Flächen durch die Jagdgenossen- schaft besteht allerdings zur Zeit noch Unsicherheit darüber, ob Grunderwerbsteuer zu zahlen ist. Hier wäre es notwendig, mit der Finanzverwaltung Klärung herbeizu- führen.
3. Die Jagdgenossenschaft oder der Jagdpächter als Eigentümer von Flächen im Verfahrensgebiet Haben die Jagdgenossenschaft oder der Jagdpächter bereits Flächen im Eigentum, dann sind sie Beteiligte des Flurbereinigungsverfahrens und können entsprechend dem Wert des eingebrachten Altbesitzes in die Zweckgrundstücke eingewiesen werden.
Aufstellung des Flurbereinigungsplanes Der endgültige rechtliche Schritt der Neuzuteilung der Grundstücke erfolgt jedoch erst mit dem Flurbereinigungsplan. Er beinhaltet die Festsetzungen des Wege- und Ge- wässerplanes mit landschaftspflegerischem Begleitplan und die Neuzuteilung der Flächen an die Beteiligten. Für Festsetzungen, die im gemeinschaftlichen Interesse der Beteiligten oder im öffentlichen Interesse getroffen werden, hat der Flurberei- nigungsplan die Wirkung einer Gemeindesatzung. Für eine Jagdgenossenschaft, die Grundstücke zur Schaffung von Feldholzinseln zu- gewiesen bekommen hat, würde dies bedeuten, daß im Flurbereinigungsplan auch festgesetzt werden kann, wie diese Feldholzinseln zu bepflanzen und anschließend zu pflegen sind. Der Flurbereinigungsplan ist durch die obere Flurbereinigungsbehörde zu genehmigen. Er wird dann den Beteiligten in einem Termin bekanntgegeben. Widersprüche sind hier oder innerhalb von zwei Wochen schriftlich vorzubringen. Sind die Widersprüche vom Amt nicht auszuräumen, werden diese der Spruchstelle bei der oberen Flurbereinigungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt. Gegen deren Entscheidung können die Beteiligten Klage beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof erheben. Soweit zum formellen Ablauf eines Flurbereinigungsverfahrens. Ergänzend soll jetzt noch ausgeführt werden, wie in einem Flurbereinigungsverfahren die landschafts- pflegerischen Vorhaben technisch durchgeführt werden und welche Schwierigkeiten sich dabei — speziell auch bei der Schaffung von Feldholzinseln — ergeben können.
10 Forderungen von Landwirtschaft und Naturschutz als Gegensatz
Eingangs wurde bereits auf die Konfliktlage von Landwirtschaft und Landschaftspflege hingewiesen. Die Landwirtschaft fordert heute von der Flurneuordnung den möglichst größten wirt- schaftlichen Erfolg. Bei der immer weiter fortschreitenden Mechanisierung ist die, Landwirtschaft natürlich für eine möglichst großzügige Planung empfänglich, die in jedem Fall einen einwandfreien großflächigen Maschineneinsatz gewährleisten soll. Auf der anderen Seite verlangt der Naturschutz möglichst wenige Änderungen am Landschaftsbild. Es ist verständlich, daß es hier häufig zu Interessenkonflikten kommen kann. Die Verwirklichung allein der landwirtschaftlichen Vorstellungen und Forderungen würden schmerzliche Eingriffe in den natürlichen Bewuchs der Gemarkungen verur- sachen und ausgeräumte Landschaften hinterlassen. Andererseits würde eine Flur- neuordnung, bei der alles beim alten bleibt, ihrem Auftrag zur Verbesserung der Pro- duktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft nicht gerecht werden. Ein Kompromiß ist deshalb in jedem Fall notwendig. Die Flurbereinigungsbehörde vermeidet deshalb von vornherein einseitige Positionen und geht bei der Konzeption z. B. des neuen Wegenetzes vom vorhandenen Bewuchs in der Gemarkung aus. Es wird dabei versucht, den topographischen Verhältnissen entsprechend, die neuen Wege entlang von bestehenden Hecken zu legen, um diese Hecken dann mit in öffentlichen Besitz überführen zu können. Damit wird das Neue in das Bestehenbleibende eingegliedert. Aber nicht alle Hecken und Bäume können dabei stehenbleiben. Eine neue Feldeintei- lung bedingt, daß teilweise Eingriffe in den Bewuchs unvermeidbar sind. Solche Maßnahmen erfolgen aber nicht wahllos. Im § 37 FlurbG, der konkret die Neu- gliederung des Flurneuordnungsgebietes regelt, fordert der Gesetzgeber die „Beach- tung der jeweiligen Landschaftsstruktur". Darunter sind im allgemeinen in der Praxis nicht nur die Erhaltung des Erscheinungsbildes eines „Landschaftstypes" sondern auch die Erhaltung der ökologisch notwendigen Substanz und der nutzungsbegleitenden Landschaftselemente zu verstehen.
Bewertung der Landschaftselemente
Es ist deshalb zunächst einmal die vorhandene ökologische und landschaftsgestal- tende Substanz zu erfassen. Dies erfolgt mit einer Aufnahme, bei der Hecken, Gehölz- gruppen, Feldgehölze, Einzelbäume, Baumreihen und Alleen sowie die Waldränder nach objektiven Kriterien untersucht werden. Als Bewertungskriterien werden dabei z. B. herangezogen: — die Größe bzw. Ausdehnung sowie der Zustand der Landschaftselemente, — die Vegetation, insbesondere die Anzahl der Gehölzarten, — spezielle Standorte bzw. Standortbedingungen, — Raumwirksamkeit und landschaftsgestalterischer Wert sowie — nutzungsbegleitende Werte, wie Bodenschutz, Windschutz oder Immissionsschutz.
Die Bewertung dieser verschiedenen Kriterien führt dann zu der Aussage, ob die Landschaftselemente — erhaltenswert, — erhaltenswürdig oder — nicht erhaltensnotwendig sind.
Wenn es also aus technischen Gründen zwingend notwendig wird, den natürlichen Bewuchs einer Gemarkung zu verändern, dann kann bereits bei der Planung entschie- den werden, wo dies am besten möglich ist, ohne den Naturhaushalt und das Land-
11 schaftsbild gefährdend zu beeinträchtigen. Gleichzeitig sind dann Ersatzpflanzungen als Ausgleichsmaßnahmen festzulegen. Denn die unbedingt notwendigen Eingriffe werden zur Erhaltung der ökologischen Substanz sofort wieder durch Neuanpflanzun- gen in der Nachbarschaft geheilt. Es erfolgt hier also lediglich eine Verschiebung des Bewuchses auf engem Raum. Diese „Verschiebung" des Bewuchses darf aber auf gar keinen Fall in der Gemarkung in einem einzigen Jahr erfolgen. Vielmehr ist es notwendig, diese Maßnahmen ab- schnittsweise über mehrere Jahre verteilt vorzunehmen. Nur so ist gewährleistet, daß organische Schäden so gering wie möglich gehalten werden und daß z. B. permanent ein bestimmter Bestand an Bewuchs vorhanden ist. Neben diesen Ersatzpflanzungen und den in der Flurneuordnung geschaffenen Schutz- pflanzungen oder Pflanzungen zur Landschaftsgliederung gibt es auch noch weitere Möglichkeiten für die Schaffung von Feldholzinseln zur Biotophege. Es gibt immer wie- der Grundstücke wie z. B. verlassene Kiesgruben oder Steinbrüche, Wegeböschungen, Wegedreiecke und Felsinseln, die keinem Grundstückseigentümer zugeteilt werden können. Diese Flächen können ebenfalls für die Biotophege ausgewiesen und in den Besitz der Gemeinde oder der Jagdgenossenschaft gegeben werden. Die Flurbereinigungsbehörde ist also bemüht, mit ihren Maßnahmen im Interessen- konflikt zwischen der vorwiegend betriebswirtschaftlich denkenden Landwirtschaft und den ökologischen Flächenfunktionen einen Ausgleich zu finden. Dabei konzentrieren sich die Maßnahmen für Naturschutz und Landschaftspflege nicht auf den reinen Artenschutz, d. h. auf die Sicherung nur einer einzelnen Pflanzen- oder Tierart, sondern haben den Schutz komplexer Lebensgemeinschaften zum Ziel. Die Anlage von Hecken und Feldgehölzen sowie die Anlage von Remisen zur Deckung und Äsung für das Wild überlagern sich mit anderen Nutzungsansprüchen, z. B. auf dem Gebiet des Vogel- und Pflanzenschutzes, und führen zur Bildung weiterer Öko- zellen in der Landschaft. Es werden dadurch Flächen geschaffen, in denen z. B. Vögel, Igel, Eidechsen, Nattern, Kröten, zusammen mit Fasan, Rebhuhn, Hase oder Reh Lebensräume finden, in denen sie sich bergen, ihre Nahrung finden und ihre Kinder- stube einrichten können. Zur Erhaltung und Neubegründung einer solchen Artenviel- falt sind daher grenzlinienreiche Feldholzinseln notwendig. Bei der Ausweisung der Feldholzinseln ist deshalb die Beachtung dieser Randstufen-Wirkung besonders wich- tig. Sie weist außerdem darauf hin, daß mehrere kleine gegliederte Feldholzinseln, die schrotschußartig über die Feldflur verteilt sind, eine bessere Wirkung haben als wenige große Flächen. Bei letzteren kann es zu Wildkonzentration kommen, die dann erhebliche Beeinträchtigungen für die umliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen mit sich bringen und dann wiederum den Widerstand der Landwirte gegen die Feld- holzinseln hervorrufen. Eines ist aber bei diesen Neupflanzungen sicher: Da sie zweckmäßig angelegt sind, haben sie größere Aussichten, bestehen zu bleiben als Bestände, die den Landwirten bei der Bewirtschaftung hinderlich sind und ein rationelles Arbeiten erschweren. Solche Bestände werden immer wieder von einzelnen Bewirtschaftern eigenmächtig entfernt und sind damit für die Zwecke des Biotopschutzes verloren. Deshalb ist der Weg, der heute in der Flurneuordnung beschritten wird, nämlich für Bestände, die aus einem technischen Zwang weichen müssen, im gleichen Zuge Ersatzpflanzungen an benachbarten, die Landwirtschaft nicht behindernden Stellen neu zu pflanzen, der richtige. Die Menschen haben es bisher immer vorzüglich verstanden, für den Schutz ihrer eigenen Interessen zu sorgen und haben sich dafür die verschiedensten rechtlichen Instrumente geschaffen. Anders ist es, wenn es um den Schutz der Lebensinteressen von Tieren und Pflanzen geht, die sich nicht selbst vertreten können. Für diese müssen engagierte Bürger die Interessenvertretung übernehmen.
12 Ein wesentlicher Schritt zu einer rechtlichen Absicherung wurde auch mit der Koppe- lung der gesetzlichen Pflicht der Hege an das Jagdrecht getan. Damit sind die Grund- eigentümer zur Pflege und Sicherung der Lebensgrundlagen des Wildes verpflichtet. Darüber hinaus sollte aber jeder in seinem Bereich dazu beitragen, eine ausgeglichene ;und reichgegliederte Landschaft zu sichern, damit wir nicht eines Tages in einer stummen und ausgebeuteten Natur stehen.
Anschrift des Verfassers: Ltd. Reg.-Dir. GERHARD MERKEL, Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung Hanau, Freiheitsplatz 4, 6450 Hanau
Neue Literatur MAURER, W. (1981): Die Pflanzenwelt der Steiermark, 147 Seiten, 41 Farb- und Schwarzweiß-Fotos, sowie 35 Übersichtskarten. Verlag für Sammler, Graz.
Wer hat sich nicht schon an seinem Urlaubsort in einer Buchhandlung nach Büchern über Fauna oder Flora des Urlaubsgebietes umgesehen? In vielen Fällen gab es auf den ersten Blick sogar einen gewissen Erfolg des Bemühens. In allgemeinen Reise- führern fanden sich Kapitel hierzu, wenn es nicht sogar Bücher gab, die, meist mit farbigen Fotos überladen, versprachen, Auskunft über die spezielle Lebewelt der Landschaft zu geben. Aber schon beim Durchblättern stellte man dann fest, daß der Wert solcher Veröffentlichungen sich auf die farbigen Fotos begrenzte; ein drittklas- siger Autor hat mal wieder etwas zusammengestellt, was die Ansprüche eines interes- sierten Laien kaum erfüllen kann. Der Kauf erfolgte dann doch aus Verlegenheit, ein- fach deshalb weil es nichts besseres gibt. Wer als an der Pflanzenwelt Interessierter nun seinen Urlaub in der österreichischen Steiermark verbringen will, findet jetzt ein Buch vor, welches über die steierische Pflanzenwelt in vorbildlicher Weise informiert: W. MAURER: „Die Pflanzenwelt der Steiermark". Der Autor ist als Amateur-Wissenschaftler schon lange weit über sein steierisches Forschungsgebiet in wissenschaftlichen Kreisen bekannt. Nun hat er mit Sachkenntnis zusammengetragen, was über die Pflanzenwelt dieses österreichischen Bundeslandes wissenswert ist. Nach einer Einführung über die naturbedingten Vor- aussetzungen wie Geologie, Klima, Florengeschichte usw. charakterisiert er zunächst die Höhenstufen der Vegetation von der „collinen Stufe" bis hin zur „subnivalen Stufe". Anschließend werden dann „Leitpflanzen" mit Verbreitungsbildern, Text und z. T. mit Fotos ausführlich dargestellt, welche für die Höhenstufen, aber auch für die Florengeschichte dieses Landes besonders charakteristisch sind. Alles, was hier ver- mittelt wird, ist wissenschaftlich exakt und dennoch für jeden Laien lesbar. Wer dieses Buch im Urlaub ersteht, wird sich zunächst Regentage wünschen, um Zeit zu haben, all das hier zusammengestellte zur Pflanzenwelt lesen zu können, und an- schließend wird er die Pflanzenwelt, die ihm begegnet, mit neuen Augen sehen. Wer es schon vorher kauft, wird sicherlich von Neugier und Interesse getrieben werden, seinen nächsten Urlaub in der Steiermark zu buchen. Gegenwärtig ist man im nachbarlichen Österreich dabei, die Natur schnellen Gewinnen durch Massentourismus zu opfern. W. MAURERS Buch zeigt, daß es in Österreich besseres gibt, als überlaufene Ski-Pisten. Mit unserem Urlauber-Verhalten können wir auch dazu beitragen, daß das, was der Autor in seinem Buch darstellt, auch erhalten bleibt. W. SCHNEDLER
13 Neue Literatur WÜST, W.: Avifauna Bavariae — Die Vogelwelt Bayerns im Wandel der Zeit. Band 1 Seetaucher bis Wat-, Möwen- und Alkenvögel (1981). Ornitholog. Gesellschaft in Bayern, München, 727 Seiten
Im September 1981 legte Dr. W. WÜST im Auftrag der Ornitholog. Gesellschaft in Bayern in Zusammenarbeit mit H. BANDORF, F. HEISER, W. KRAUS, G. NITSCHE und mit der Hilfe vieler Autoren und hunderter Feldbeobachter den 1. Band der lange erwarteten bayrischen Avifauna vor. Seit Jahrzehnten erfolgte im größten Bundesland mit über 70 000 km2 Fläche unter W. WÜST eine gründliche Dokumentation der bayrischen Vogelwelt (auf noch bestehende Lücken wird im Text hingewiesen). Als Ergebnis liegt nun ein umfangreicher Band in guter Ausstattung vor, der sich in einen allgemeinen Teil mit 45 Seiten gliedert (mit geographisch-geologischem Überblick, Klima-Übersicht, Vegetation und ausführlicherer Darstellung der Wuchsräume in Bayern mit farbiger Karte, aber ohne direkten Bezug zurVogelwelt und Ökologie derVögel). Eingeblendet ist eine Folge ausgewählter Farb- aufnahmen von Landschaftsteilen, meist Feucht- und Seenbiotope und markanteVogel- arten. Es folgen „Streiflichter zur Geschichte derVogelkunde Bayerns" mitAbbildungen hervorragender Vogelforscher. Der allgemeine Teil schließt mit „Betrachtungen zur Entwicklung der Vogelwelt Bayerns" ab, ergänzt mit Standortaufnahmen und Brutbio- topen in Schwarzweißbildern. Den großenspeziellen Teil leiten wichtige Zahlen und Abkürzungen sowie Häufigkeits- angaben ein. Diese wären sicher besser auffindbar auf dem inneren Buchdeckel oder auf einem freien Lesezeichen (wie in KLAFS & STUBS 1979). In den ausführlichen Artkapiteln des 1. Bandes werden 207 Arten dargestellt, vom Sterntaucher bis zum Papageitaucher, etwa die Hälfte der in Bayern überhaupt zu er- wartenden Vogelarten. Umfang und Gliederung der einzelnen Artkapitel sind auch nicht annähernd gleich gestaltet und gegliedert. So umfassen z. B. die Kapitel von auffälligeren Arten wie Zwergtaucher ca. 16, Weißstorch ca. 13, Turmfalke 2,5, Lach- möwe 14 und Graureiher 27, 5 Seiten. In der Gliederung der Artkapitel wechseln je nach Vogelart und ihrer Erforschung die Schwerpunkte und Kartendarstellungen. So lautet die Gliederung beim Prachttaucher: Namen, Rassen, Status, Häufigkeit, Rastbiotope, Nahrung, Mauser, Phänologie, Literatur, Offene Fragen, Gefährdung, bei anderen Arten heißt die Gliederung: Ver- breitung, Chronik, Biotop, Fortpflanzungsbiologie, Erforschungsgeschichte, Schutz, Prognosen. Dabei sollten die allgemein biologischen Kapitel wie Nahrung, Mauser, Fortpflanzung besser dem „Handbuch der Vögel Mitteleuropas" vorbehalten bleiben. Insgesamt stellt die Bayern-Avifauna eine umfangreiche Chronik der bayrischen Vogel- welt der letzten Jahrzehnte dar, mit sehr vielen Informationen, die sich nichtbayrische Leser noch besser gestrafft und zusammengefaßt und noch anschaulicher dargestellt und gegliedert wünschen. Hoffentlich kann der 2. Band mit den weiter verbreiteten und häufigeren Singvögeln bald folgen, um auch für die terrestrischen Biotope (wie Feld, Hecke, Wald, Trockenrasen) konkrete und moderne Unterlagen für Umwelt-, Natur- und Vogelschutz zu haben. V. LUCAN
14 Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen •Vogel und Umwelt 2: 15-32 (1982)
Die Entwicklung des Naturschutzgebietes „Rhäden von Obersuhl" bei Wildeck-Obersuhl (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) von WILLY BAUER, Frankfurt/Main, WALTER GRAF, KURT GREBE, Obersuhl und GÖTZ KRAPF, Meißendorf
Inhaltsübersicht
1. Einführung 2. Lage, Geologie, Klima 3. Zur Geschichte des Gebietes und seiner Nutzung 3.1. vor 1859 3.2. 1859 — 1970 3.3. 1970 —1982 4. Lebensformen im NSG „Rhäden von Obersuhl" — eine Auswahl 4.1. Flora — Höhere Pflanzen 4.1.1. Die Pflanzengesellschaften 4.1.2. Besonders schützenswerte Florenelemente 4.2. Fauna 4.2.1. Fische 4.2.2. Amphibien 4.2.3. Vögel 5. Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung des Gebietes 5.1. Beeinflussung des Wasserstandes 5.2. Pflege der vorhandenen Tümpel 5.3. Überschwemmungsbereich des Suhlbaches 5.4. Pflege der Dämme, Kiesbänke und Wege 5.5. Pflege und Gestaltung der Gehölze an der Nordgrenze 5.6. Pflege der Weidenbestände 5.7. Pflege der Naß-, Mäh- und Hutewiesen am Westufer des Oberen Suhlsees 5.8. Pflege der Gräben 5.9. Lenkung der Fischbestände 5.10. Kontrolle des Chemismus der Gewässer 5.11. Wartung der Ein- und Auslaufbauwerke sowie der Windpumpen 5.12. Lenkung des Tourismus 6. Naturschutzplanung im Umfeld des NSG „Rhäden von Obersuhl" 6.1. Die unmittelbare Nachbarschaft 6.1.1. Nordteil der Rhäden — Mulde 6.1.2. Der Bosseröder Rhäden 6.2. Das mittlere Werratal im hessisch-thüringischen Grenzbereich 7. Ausblick 8. Danksagung 9. Literatur
15 1. Einführung
Die Rückführung eines großen Teils der im vorigen Jahrhundert weitgehend trocken- gelegten Rhäden-Senke bei Wildeck-Obersuhl zu einem vielgestaltigen Feuchtbiotop mit Flachwasserzonen, periodisch austrocknenden Teichen und weiten Naßwiesenberei- chen stellte seit 1970 für den hessischen Naturschutz eine der interessantesten Auf- gaben dar, galt es doch für die hessische Mittelgebirgslandschaft in Erfahrung zu bringen, ob durch gezielte Anlage von Feuchtbiotopen einem Großteil der hochbedroh- ten Pflanzen- und Tierarten dieser Landschaftsteile ein angemessener Lebensraum zu sichern ist. Gerade für Hessen ist diese Frage von Bedeutung, sind doch die ursprünglich vorhan- denen artenreichen Feuchtbiotope wie Naßwiesen, Flachmoore, Altarme, Kleingewäs- ser, natürliche Bach- und Flußläufe sowie Überschwemmungsbereiche innerhalb von wenigen Jahrzehnten fast vollständig der Siedlungsausweitung, Industrialisierung, dem Wasserbau und der veränderten Produktionsweise der Landwirtschaft zum Opfer gefallen. Neben dem konsequenten Schutz der verbliebenen Reste von Feuchtbiotopen scheint nur noch die gezielte Gestaltung entsprechender Lebensräume eine weitere Bestandsbedrohung und ein Aussterben bestimmter Arten aufzuhalten. In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß die vielerorts in neuerer Zeit ent- standenen Baggerseen ohne gezielte Gestaltungsmaßnahmen und Nutzungseinschrän- kungen die Vernichtung biologisch wertvoller Feuchtflächen bei weitem nicht kompen- sieren. Zum einen werden diese Gewässer in der Regel durch eine intensive Freizeitnutzung (Segeln, Surfen, Angeln etc.) z. B. für die meisten sehr störungsempfindlichen Vögel als Lebensraum entwertet, zum anderen fehlt bei meist steilen Ufern die für sehr viele Lebensformen notwendige periodisch überflutete breite Uferzone. Da seit Beginn der ersten und heute im wesentlichen abgeschlossenen Gestaltungs- maßnahmen im „Rhäden von Obersuhl" nunmehr über zehn Jahre vergangen sind und eine Reihe von Erfahrungen gesammelt werden konnte, erscheint es gerechtfertigt, eine erste Bilanz zu ziehen. Dabei muß betont werden, daß bei der Beurteilung der Maßnahmen bisher nur ausge- gewählte Tiergruppen sowie die höheren Pflanzen als Indikatoren berücksichtigt wer- den konnten. Für eine umfassendere Beurteilung des Projektes wäre es wünschens- wert, wenn z. B. bei zukünftigen Berichten Untersuchungen zur Entomofauna mit herangezogen werden könnten.
2. Lage, Geologie, Klima:
Das Naturschutzgebiet „Rhäden von Obersuhl" liegt im Südwestteil des Gerstunger Beckens etwa 1 km südwestlich von Wildeck-Obersuhl und 1 km nordwestlich des Werraknies bei Dankmarshausen auf einer Höhe von 215 — 222 m über NN und gehört zur naturräumlichen Haupteinheit des Salzunger Werraberglandes (MEYNEN & SCHMITHÜSEN [1953-62]). MB 5026 (vgl. Karte 1 ). Das Gebiet umfaßt mit einer Fläche von 48,8 ha einen wesentlichen Teil der etwa 200 ha großen Rhäden-Mulde. Nach GAHL (1971) und G. A. W. LUDWIG (in HILLESHEIM — KIMMEL et al 1978) wur- den bei der Ausbildung der Rhäden-Mulde tektonisch bedingte Senkungen zusammen mit solchen wirksam, die infolge von Auslaugungserscheinungen des Zechsteinsalz- lagers entstanden. Diese Salzauslaugungen führten nach GAHL (1971) bis in die neuere Zeit zu Austritten salzhaltiger Wässer im Rhäden z. B. 1739. Für die neueste Zeit muß zusätzlich in Rechnung gestellt werden, daß die seit 1925 (FINKENWIRTH 1964) im Werrakaligebiet erfolgenden Versenkungen von Salzablaugen in den Plattendolomit über die Abdrängung von natürlichen salzhaltigen Tiefenwässern den Austritt von Salz- wässern an der Oberfläche bewirken könnten.
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