Online Zugänglich
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
42 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz Heft Nr. 1g -1100 Die Vertreibung und Ermordung' der iüdischen Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mülheim/Mosel in der Zeil uon 1933 r 1945 von PD Dr. Uwe F. W. Bauer They took my dad and uncle ... to Brauneberg (Mülheim), Trittenheim, einigen wenigen Mülheimer Bürgerin- prison and my mother was left alone, Lieser, Rachtig, Zeltingen, Wintrich nen und Bürgern tatkräftig unterstützt with little in the stables. They closed und Veldenz wohnenden Juden hat- wurden. Obwohl die Namen der Täter our shop, shut the water off and put ten bisher keinerlei Organisation [!]. einigen älteren Mülheimer Bürgern two Nazi guards outside our house, so Sie haben bei uns um Aufnahme in bekannt sind, war niemand von none of the neighbours would come to die Synagogengemeinde ... gebe- denen, die ich befragt habe, bereit, sie our aid. lf they would have attempted ten".7 Die Satzung der Synagogenge- zu nennen. Zerstörungen fanden in to help us, their treatment would have meinde Neumagen-Niederemmeru allen sechs Häusern statt, in denen been the same as ours. So my mother vom 2O.7.1937 lässt erkennen, dass Juden lebten. lm westlichen Teil des was left alone with cattle to feed and dem Gesuch stattgeben wurde, denn Doffes, also bei den Familien (zu den no water, so she had to milk the cows der Synagogenbezirk ist zu diesem Familien s. u.)Allmeier l, ll, lll und bei and gave the cows the milk to drink., Zeitpunkt um die betreffenden Orte der Familie Levi, soll es die schlimm- (Hilde Gottlieb, geborene Mayer) erweitert. sten Zerstörungen gegeben haben. ln der Reichspogromnacht vom g. Hier wurden Einrichtungsgegenstän- Zu Beginn der nationalsozialisti- auf den 10.11.1938 wüteten in Mül- de aus den Fenstern geworfen. In das schen Zeit lebten in der Gemeinde heim SA-Männer, die morgens gegen Haus der Familie Mayer kam die SA Mülheim/Mosel sechs3 jüdische Fami- 6.00 Uhr mit Lastwagen aus anderen nicht nur frühmorgens, sondern auch lien mit insgesamt vierundzwanziga Ortschaften herbeikamen und von noch ein zweites Mal am Nachmittag Personen. Während der zwölfjährigen NS-Zeit verstarb eine Person eines natürlichen Todes, zwölf Personen eines unnatürlichen Todes, weitere zehn Personen konnten sich durch die Emigration retten, eine elfte überlebte Auschwitz. Die Mülheimer Juden gehörten zur Synagogengemeinde, die die Orte Brauneberg (Sitz), Mülheim, Lieser, Veldenz und Wintrich umfasste (die staatlich konzessionierte Gemeinde- bildung war 1896 erfolgt).u Die Syna- goge befand sich in Braunebergu; einen Rabbiner, Kantor oder Religi- onslehrer gab es nicht, alle kultischen Akte wurden von Laien vollzogen. Unklar ist, wie lange die Organisati- onsform Jüdische Gemeinde existier- te, denn in einem Gesuch der Syna- gogengemeinde Neumagen-Nieder- emmel an den Regierungspräsiden- ten in Trier vom 8.7.1937 heißt es: ,,Die in den politischen Gemeinden J üd ische r Friedhof Brau ne bero I Heft Nr. 18 -1l00 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz 43 und zerhackte u. a. das Klavier mit und Talling) betrifft,, ein anderes rer Transport von exakt 100 Juden einerAxt und riss die Wasserleitungen Dokument bestätigt jedoch das Datum von Trier aus belegt. Deportationsziel heraus, so dass Wasser aus dem der Deportation der Juden aus Mül- dieses Transports war das Ghetto Haus auf die Straße floss. Auch die heim,'o und ein drittes Dokument Litzmannstadt/Lodz1. im heutigen Synagoge in Brauneberg wurde nennt als Termin für die Versteigerung Polen. Es kann als gesichert gelten, geschändet, jedoch nur innen. Feuer der Möbel der Evakuierten aus Mül- dass die Mülheimer Juden zu diesen zu legen war offensichtlich unmöglich, heim, die jeweils in den Wohnungen 100 Deportierten zählten. ln Litz- weil rechts und links an die Synagoge der Deportierten stattfand, den mannstadVlodz starben bereits zahl- Wohnhäuser angrenzten. Proteste 27.11.1941.' reiche Menschen an Erschöpfung und einzelner Bürgerinnen und Bürger Außerdem bezeugen übereinstim- Altersschwäche, die Überlebenden wurden rnit dem Ruf erstickt, sie soll- mend Bürger aus Brauneberg und wurden später in andere Konzentrati- ten den Mund halten, wenn sie ver- Mülheim, dass die dort lebenden onslager geschafft und umgebracht. meiden wollten, dass ihnen das glei- Juden mit dem Zug deportiert wurden, che geschehe. dass diese Deportation im Herbst Mit Ausnahme von Leon und lda stattfand und dass es im Bereich der Die einzelnen jüdischen Familien Kahn wurden die sieben Mülheimer oberen Mittelmosel nur eine Deporta- Juden, die den Ort noch nicht verlas- tion mit dem Zug gab. Laut Augenzeu- Familie'o Allmeier (l) sen hatten, am 16.10.1941 mit einem gen des Abtransports der Brauneber- Allmeier, Alfred (geb. 30.4.1878 in Zug der Moseltalbahn, der um 11 .00 ger Juden vom Brauneberger Bahn- Mülheim)'5 Uhr von Bernkastel in Richtung Trier hof handelte es sich um einen ganz Allmeier, Johanna, geb. Kahn abfuhr, deportiert. Zwar existiert in normalen Personenzug, an den einige (geb. 10.6.1881 in Wöllstein) Bezug auf diesen Zug und die Uhrzeit Iür die Juden reservierte Waggons Allmeier, Edgar (Sohn) nur ein Dokument, das die Juden aus angehängt waren.l2 Allmeier, Ruth (Tochtel geb. 1910) Neumagen (sowie Rhaunen, Thalfang Für den 16.'10.1941 ist ein weite- Beruf:16 Alfred Allmeier besaß ein Konfektions-, Lebensmittel- und .Der Iraadrat Berakaatel-Kuea, ileu 21. Ol:tore} 194i. Weinkommissionsgeschäft sowie eine r. Weinhandlung. Geschichte: Alfred und Johanna 157 Allmeier'' zogen nach der Reichspo- Atr gromnacht am 14.1.1939 nach Kötn, dle §tratrpo].lselütelle Salierring 47 (?), zulelzl wohnhaft in t.a Irler der Lothringer Str. 39. Beide wurden =@ am 7.12.1941 mit dem Zug, ausge- hend vom Sammelpunkt Messegelän- geirtff,t: Bvakulerung der. Juden. de Köln, nach Riga'8 (Transport lll) deportiert. Nach lnformationen von ütijtdlicbe Yerfitgung voE 12.1o. 1941 . .-, Hedwig Bernhard, der ehemaligen \-- 'a -G!--- L. ':-:- 1 .lntaee. Hausangestellten der Familie Allmei- er, wurde Alfred Allmeier vergast und wählte Johanna Allmeier den Freitod; Der 1a d.er von den fransport].eiter aa 16.1o.1941 laut Gedenkbuch'n sind beide in Riga abgegebenen llste'unter sr. 1g aufgeführte Jude Era.t reraer verschollen, das Amtsgericht Köln Eruann aus Yelateaz 1st an 16.1o.j941 urn i6 IIhr von LLeser ]1 erklärte die Eheleute Allmeier auE rrBch Irie? it1 Uar8c.b geeetzt ,ord.en. für tot; als Todeszeitpunkt wurde der Auf dle an 1 6. 1 o . 1 94 1 dleserha1b- .gf.i. S".lAi.4e1l.ontr1E ae! §chnitz 8.5.1945 festgelegt. Ruth und Edgar feralaündl-lch otattgefuaäene ltraterretluag aehne 1ch Bez.[9" Allmeier emigrierten vor der Reichs- pogromnacht 31ae vor E,llaarllr zu prototol] gegebeae Brklärung äber in die USA. Edgar All- aela Yeroögen flige 1eh bei. meier ist inzwlschen in den USA ver- Daalt ;tnd ttte la den Verselchaia uater Nr. 1_5g, storben, Ruth Allmeier lebt in Florida &.1t Auarahne iter ilr. 29 und J0, zusannen alEo 56 .Iudelr aus und besuchte nach 1945 mehrere deE Erelee BerDka8tel attrsnsporilBrt rortten. Male ihre ehemalige Hausangestellte yerblelbea EE hleraaoh vorläuflg te (reise noch in Burgen. folgead.e Judea: Heutige Lage des damaligen i. Roe ldoBes . Israe}, geb. i4 Anwesens: Wohnhaus sowie Konfek- tions- und Lebensmittelgeschäft: Hauptstr. 34 (Hauptstr. / Ecke Velden- T n 6. äfi'trtärluixt''"'i'qii§#ffiäALrine Sara, 16.t2.1g71 n zerstr.), Weinhandlung: Hauptstr. 7. " Roes s*,1 " tl!'trlererroel 8. Sanuel . n: 1;.'i. S.ieöi " äi;;;;ffir 22124 t' Earl Ieiael ,.ßg2r, 11ralfaus 9. ldelanle.Sara_.geb.tevy,.u' Zä. -ii"-'% il Guetev ,," A.iä57 " Besitzverhältnisse: Alfred Allmeier 19. t :eraejl ü. a.tili " 11. Gänter Iaraelj " äl.U.lgZZ ,, ," verkaufte seine Weinhandlung im Winter/Frühjahr 1939 an Peter Benz- AuBe! müller und sein Wohnhaus und Kon- ..Judenangelegenheiten. vornehmltch Auswanderung, 1938-1941', LHAK, Bestand 442 fektions- und Lebensmittelgeschäft an (Regierung Trter), Nr. 14262, 152 Philipp l.'o Die Familien Benzmüller Heft Nr. 18 und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz -1100 44 sAcHoR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte - Friedhof Brauneberg' Ehemalige SYnagoge Brauneberg' Jüdischer Zahlung über den Landrat Familie Ferres eine weitere und l. sollen nach dem 2. Weltkrieg Trier am 4.8.1934 Bericht'4 (an wen ist unklar)' an Ruth und Edgar All- von Bernkastel angeforderte Entschädigung von Mül- Besonderheiten: Am 18'8'1935 gezahlt haben. ln der Nähe der des Amtsbürgermeisters meier schickte Ella Allmeier eine Eingabe" wohnte heim, Klos, vom 14.8'1934 zu dieser Allmeierschen Weinhandung an den OberPräsidenten der Rhein- dem parteiin- Eingabe, lässt dessen nationalsoziali- ein Mitglied der NSDAP, provinz, in der sie auf die Notlage auf- der stisitre Einstellung Überdeutlich tern offänsichtlich die Übernahme machte, in die sie und ihre erkennen." merksam Weinhandlung Allmeier in Aussicht geraten waren, dass Am 6.12.1938 ordnete der Landrat Mutter dadurch gestellt war. Dem Sohn Peter Benz- BoYkott jüdi- an, dass Alfred Allmei- von den Behörden zum mutter zufolge sagte Alfred Allmeier von Bernkastel Führerschein und scher Geschäfte aufgerufen worden gegenÜber Peter Benzmüller, der Kel- er (u. a.) seinen (PKW lZ-193582) bis war. Mit dem Hinweis auf den Patrio- Iermeister im Weingut Richter war und KFZ-Schein und abzugeben habe''6 tismus ihres Vaters, ihres Bruders dem Alfred Allmeier beruflich zu zum 31.12.1938 mit waren der anderen jüdischen Familien im 1' ihm seine Wein- Edgar und Ruth Allmeier tun hatte, dass er Weltkrieg