Hansische Geschichtsblätter
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HANSISCHE GESCHICHTSBLÄTTER HERAUSGEGEBEN VOM HANSISCHEN GESCHICHTSVEREIN 82.JAHRGANG 1964 BOHLAU VERLAG KÖLN GRAZ HANSISCHE GESCHICHTSBLÄTTER HERAUS GEGEBEN VOM HA NSISCH EN G E S C HIC HTS VE R EIN 82. JAH RG A NG 1964 BÖHLAU VERLAG KÖLN GRAZ SCHRIFTLEITUNG Aufsatzteil: Universitätsprofessor Dr. Paul Johansen, Hamburg. Besprechungen und Umschau: Staatsarchivdirektor Dr. Carl Haase, Hannover. Sekretariat: Dr. Hugo Weczerka, Hamburg. Zuschriften, die den Aufsatzteil betreffen, sind zu richten an Herrn Professor Dr. Paul Johansen, Historisches Seminar der Universität, 2 Hamburg 13, Von- Melle-Park 6/IX; Besprechungsexemplare an das Sekretariat der Hansischen Geschichtsblätter, ebendort; sonstige Zuschriften wegen der Hansischen Umschau ab Band 83 an Herrn Dr. Hans Pohl, Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität, 5 Köln-Lindenthal, Albertus-Magnus-Platz. Manuskripte werden in Maschinenschrift erbeten. Korrekturänderungen, die mehr als zwei Stunden Zeitaufwand für den Bogen erfordern, werden dem Verfasser berechnet. Die Verfasser erhalten von Aufsätzen und Miszellen 20, von Beiträgen zur Hansischen Umschau 5 Sonderdrucke unentgeltlich, weitere gegen Erstattung der Unkosten. Die Lieferung der Hansischen Geschichtsblätter erfolgt auf Gefahr der Emp fänger. Kostenlose Nachlieferung in Verlust geratener Sendungen erfolgt nicht. Bezugsnachweis für die vom Hansischen Geschichtsverein früher herausgegebenen Veröffentlichungen im Jahrgang 76, 1958, S. 236—240. Die seit langem ver griffenen Bände 1—70 werden auf fotomechanischem W ege nachgedruckt. Ende 1966 wird der Nachdruck aller Bände abgeschlossen sein. Der endgültige Laden preis liegt noch nicht fest; Mitglieder des Hansischen Geschichtsvereins erhalten einen Nachlaß von 10%>. Bestellung an den Böhlau-Verlag, Köln, erbeten. Die Veröffentlichung dieses Bandes im vorliegenden Umfang wurde durch eine dankenswerte größere Beihilfe der Possehl-Stiftung zu Lübeck ermöglicht. Druck der AschendorfTschen Buchdruckerei, Münster (Westf.) IN H A LT Aufsätze Zur Historiographie der Hanse im Zeitalter der Aufklärung und der Romantik. Von Karl H. Schwebel (Bremen)........................................................................1 Bürgerlicher Lehnsbesitz, bäuerliche Produktenrente und altmärkisch- hamburgische Handelsbeziehungen im 14. Jahrhundert. Von Evamaria Engel (B erlin ) ........................................................................................................................... 21 Elbschiffahrt und Elbzölle im 17. Jahrhundert. Von Karlheinz Blaschke ( D r e s d e n ) ...................................................................................................................................... 42 Kopenhagen und die deutschen Ostseestädte 1750— 1807. Von Aage Rasch (Kopenhagen) ..............................................................................................................................55 Miszellen Bevölkerungszahlen der Hansestädte (insbesondere Danzigs) nach H. Samsonowicz. Von Hugo Weczerka (Hamburg)............................................................. 69 Hansische Schiffs- und Bootsfunde an Weser und Elbe. Von Paul Hein- sius (Freiburg/Br.) ......................................................................................................................81 Hansische Umschau (nebst Besprechungsteil) 1963 In Verbindung mit Ahasver v. Brandt, Gert Hatz, Paul Heinsius, Ernst Pitz, Friedrich Prüser, Herbert Schwarzwälder, Charlotte Warnke, Hugo Weczerka und vielen anderen bearbeitet von Carl Haase Allgemeines und Hansische Gesamtgeschichte ...........................................................84 Vorhansische Z e it ................................................................................................................... 121 Zur Geschichte der einzelnen Hansestädte und der niederdeutschen Land schaften .................................................................................................................................... 130 Westeuropa ............................................................................................................................158 Skandinavien ............................................................................................................................179 O s t e u r o p a .................................................................................................................................... 187 Hanseatische Wirtschafts- und Ü berseegeschichte ................................................202 Autorenregister für die U m sch au ..................................................................................209 M itarbeiterverzeichnis ...........................................................................................................210 Für die Hanseforschung wichtige Zeitschriften (Abkürzungsverzeichnis) . 211 Nachrichten vom Hansischen Geschichtsverein 216 Z U R HISTORIOGRAPHIE DER HANSE IM ZEITALTER DER AUFKLÄRUNG UND DER ROMANTIK-' von KARL H. SCHWEBEL „Um die Geschichte der Wissenschaften aufzuklären, um den Gang der selben festzustellen, pflegt man sich sorgfältig nach ihren ersten Anfängen zu erkundigen; man bemüht sich, zu forschen, wer zuerst irgend einem Gegenstand seine Aufmerksamkeit zugewendet, wie er sich dabei be nommen, wo und zu welcher Zeit man zuerst gewisse Erscheinungen in Betracht gezogen, dergestalt daß von Gedanke zu Gedanken neue Ansich ten sich hervorgetan“1. In diesem Goethewort liegt eine der zahlreichen Auseinandersetzungen des Dichters mit der Welt des Geschichtlichen vor, deren Tiefe und Am bivalenz Friedrich Meinecke bewogen hat, ihm sein berühmtes zehntes Kapitel in seinem Werke über „Die Entstehung des Historismus“ zu widmen. Goethes Standort erhellt aus der hier vertretenen Auffassung der menschlichen Kultur als eines entwicklungsgeschichtlichen Prozesses des geistigen Fortschrittes und aus dem Wert, den er der historischen Betrachtungsweise beimißt, einer „Erörterung, welche den mannichfachsten Anlaß gibt, die menschlichen Geisteskräfte zu kennen und zu schätzen“ 2. Bei der Formulierung des Themas ist bewußt von der geistesgeschicht lichen Epochentrennung Aufklärung — Romantik ausgegangen, um klar zu machen, daß unser Bemühen hier nur sein kann, die Hanseforschung des 18. und des 19. Jahrhunderts an Hand ausgewählter Einzelbeispiele in einen übergeordneten Sinnzusammenhang einzuordnen, nicht aber — was technisch unmöglich und auch langweilig wäre — registrierend und referierend so etwas wie einen neuzeitlichen Hanse-Wattenbach in nuce aufzublättern. Es möge ferner Einverständnis darüber herrschen, daß grundsätzlich nur die Gesamthanse betreffende Veröffentlichungen in Auswahl, nicht aber — oder nur ausnahmsweise — Monographien zur Ge schichte einzelner Städte zur Sprache kommen können, so charakteristische Beispiele die letzteren auch für bestimmte Entwicklungsstufen der Hanse historie liefern können. * Vortrag, gehalten auf der Pfingsttagung des Hansischen Geschichtsvereins in Herford am 5. Juni 1963, ergänzt durch Anmerkungen. 1 J. W. Goethe, Geschichte meines botanischen Studiums (1817, ergänzt 1831). * Ebda. 1 HGbl. 82 2 Karl H. Schwebel Mit dieser reservatio mentalis ist hoffentlich genügend Ballast ab geworfen, um unsere Hanse-Kogge auf Kurs zu halten, d. h. die in unserer Berichtszeit entstandenen speziellen Hanseforschungen unter entwick lungsgeschichtlichem Aspekt in den größeren Zusammenhang der von den Strömungen der Zeit ergriffenen allgemeinen Historie einzuordnen. Die Breite des Themas zwingt im übrigen zum Verzicht auf ins Detail gehende Inhaltsanalysen einzelner Werke. Das bewahrt glücklicherweise vor der Versuchung, den Autoren wegen der ihnen zu verdankenden mehr oder minder großen Fortschritte des Wissens um die hansische Vergangenheit Zensuren zu geben. Wenn man sich vergegenwärtigt, welchen Widerhall ein so allseitig bedeutendes geschichtliches Phänomen wie die Hanse in der zeitgenös sischen oder modernen Literatur gefunden hat, so kann die Dürftigkeit des Ergebnisses im Verhältnis zum Gewicht des Gegenstandes nur über raschen. Darauf hat bereits Karl Koppmann, soweit die mittelalterliche historiographische Überlieferung in Frage steht, im ersten Band der Hansischen Geschichtsblätter hingewiesen3. Er vergleicht das durch die Anwesenheit gebildeter Kleriker der Historie günstige geistige Klima der hansischen Bischofsstädte mit dem „trostlosen Schweigen“ etwa in Städten von der Bedeutung Stralsunds und Rostocks. Wie wenig auch „Die Flanse im deutschen dichterischen Schrifttum“ sich als Stoff niedergeschlagen hat, zeigt der so betitelte Aufsatz von Merbach im Pfingstblatt von 19344. Da sind ein paar Dichter, die sich bedeutende Gestalten aus der hansischen Vergangenheit zum Vorwurf genommen haben, Emanuel Geibel und Karl Gutzkow den Jürgen Wullenweber, ersterer auch Johann Wittenborg in seiner Ballade. Störtebecker avanciert sogar zum Opernheld mit viel Theaterdonner. Aber das ist künstlerisch wenig belangvoll, und man könnte daraus schließen, daß in unserer Berichtszeit die Hanse im Be wußtsein der Gebildeten wie des Volkes kaum noch lebendig war. Und schließlich: hat nicht eine der drei nach dem W iener Kongreß allein selbständig gebliebenen Hansestädte, Hamburg, eine Zeitlang gezögert, das staatsrechtlich obsolete Element des Hansischen erneut in ihren Staatstitel aufzunehmen?5. Wie steht es aber in unserer Epoche mit der eigentlich historiogra- phischen Literatur als dem Ausdruck eines zeitgenössischen Geschichts bewußtseins? Wenn man mit Nietzsche