F. Schubert · G. Kurtág · Duoabend Gidon Kremer
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F. SCHUBERT · G. KURTÁG · DUOABEND GIDON KREMER – OLEG MAISENBERG SONATE FÜR VIOLINE UND KLAVIER G-MOLL D 408 · SONATE FÜR VIOLINE UND KLAVIER A-DUR D 574 GRAND DUO · AM 21.03.2007 · TRE PEZZI FÜR VIOLINE UND KLAVIER OP. 14E · BÉLA BARTÓK · SONATE FÜR VIOLINE SOLO SZ 117 · SO KLINGT NUR DORTMUND. 2,50 E KONZERTHAUS DORTMUND · MITTWOCH, 21.03.2007 · 20.00 Dauer: ca. 2 Stunden 15 Minuten inklusive Pause GIDON KREMER VIOLINE OLEG MAISENBERG KLAVIER Abo: Höhepunkte der Kammermusik Wir bitten um Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung nicht gestattet sind. 4I5 FRANZ SChuBERT (1797–1828) Sonate für Violine und Klavier g-moll D 408 Allegro giusto Andante Menuetto Allegro moderato GYÖRGY KURTÁG (1926–) BÉLA BARTÓK Tre pezzi für Violine und Klavier op. 14e Sonate für Violine solo Sz 117 Öd und traurig Tempo di ciacona Vivo Fuga: Risoluto, non troppo vivo Aus der Ferne Melodia: Adagio Presto FRANZ SChuBERT Introduktion und Variationen ›Über trock‘ne Blumen‹ D 802 FRANZ SChuBERT (Original für Flöte und Klavier, Bearbeitung für Violine Sonate für Violine und Klavier A-Dur D 574 »Grand Duo« und Klavier von Franz Schubert) Allegro moderato Introduktion: Andante Scherzo: Presto – Trio Thema: Andantino Andantino Variation I Allegro vivace Variation II Variation III Variation IV Variation V Variation VI Variation VII: Allegro -Pause- 6I7 PROGRAmm 8I9 WANDERSCHAft zwISCHEN BIEDERMEIER UND VERzwEIFLUNG Aus den bescheidenen Verhältnissen eines Schulmeisterhaushaltes stammend und selbst zunächst als Hilfslehrer angestellt, waren Schubert die Zwänge seiner Existenz zuwider, SChuBERT SONATE füR VIOLINE UND KLAVIER G-MOLL D 408 insbesondere weil sie ihn beim Komponieren störten. Immerhin hat man errechnet, dass es SChuBERT INTROduktION UND VARIATIONEN ›ÜBER TROCKNE BLumEN‹ D 802 bei einer durchschnittlichen Schreibgeschwindigkeit länger dauern würde, Schuberts Werke abzuschreiben, als er überhaupt gelebt hat. Das Komponieren war ihm ein geradezu zwanghaftes »Ihr Blümlein alle, Bedürfnis, Schubert floss förmlich über von Musik. die sie mir gab, Problematischer war die Vermarktung. Es war die Zeit des Biedermeier, des aufstrebenden euch soll man legen Bürgertums, der Hausmusik, aber auch des Rückzugs ins Private und der Repression im mit mir ins Grab.« System Metternich. Der Hochadel als traditioneller Arbeitgeber der Kulturschaffenden war eher im Abstieg begriffen, aber für das neue, bürgerlich geprägte System gab es noch kaum So beginnt Wilhelm Müllers Gedicht ›Trock‘ne Blumen‹, in Franz Schuberts Liederzyklus 5743funktionierende Anz_12_Tenoere_sw Strukturen. 01.09.2005 12:34 Uhr Seite 1 »Die Schöne Müllerin« das vorletzte Lied, kurz bevor sich der Müllerbursche im Bach ertränkt. Nicht eben erbaulich, was die Beiden gedichtet und komponiert haben, wenn auch nicht ganz so »schauerlich« (so der Komponist selbst) wie die vier Jahre später entstandene »Winterreise«. Einsamkeit, Verzweiflung, Todessehnsucht – mit diesen Eigenschaften wird Franz Schubert wie kaum ein anderer Komponist in Verbindung gebracht; er steht geradezu synonym für den Wanderer der Romantik, den Außenseiter, den keiner haben will – »fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus…« Insbesondere in seinen Liedern oder den letzten Klaviersonaten kommt Schuberts düstere Seite zum Ausdruck; für die Zeitgenossen waren sie ausgesprochen befremdlich und stießen auf Unverständnis bis Ablehnung – was Schuberts Gefühle sicher nicht beruhigte. Dem gegen- über stehen Werke wie die Sonaten oder Sonatinen für Violine und Klavier, zum Teil gleichzeitig mit den Liedern entstanden, in denen eine freundlich-heitere Grundstimmung herrscht, die so gar nichts von den Nachtgedanken ihres Schöpfers ahnen lässt. Sicherlich ist es fatal, den Komponisten und Menschen Schubert auf bestimmte Wesenszüge Die 12 Tenöre zu reduzieren – die Wahrheit, so man sie überhaupt erfassen kann, ist wie immer wesentlich vielschichtiger. Hinzu kommt, dass man das Bild eines Menschen und seines Werkes natürlich nicht als Bild eines Status Quo zeichnen kann, sondern dass Person und Arbeit in einem Prozess stehen, der durch innere und äußere Faktoren beeinflusst wird und zu äußerst vielfältigen Ergebnissen führen kann. Ähnlich wie vor ihm Mozart und Beethoven hatte sich auch Schubert mit den Problemen des freischaffenden Künstlers auseinander zu setzen, eines Berufsfeldes, das es seinerzeit eigentlich BMW Niederlassung noch gar nicht gab und das demjenigen, der es doch versuchte, eine äußerst unsichere Existenz- Dortmund grundlage bot. Nortkirchenstraße 111 · 44263 Dortmund Tel. 0231 9506-0 · www.bmw-dortmund.de www.bmw- dortmund.de Freude am Fahren 10 I11 WERKE Glücklicherweise verfügte Schubert – und hier zeigt sich eine andere Seite seines Temperaments musIKALISCHES SCHAffEN MIT UNGARISCHEN VORZEICHEN – über ein durchaus leutseliges und freundliches Naturell, sodass er schon seit seiner Schulzeit im kaiserlichen Konvikt einen wohl situierten Freundeskreis um sich geschart hatte, der ihn Während Franz Schubert in Wien im vergleichsweise privilegierten Teil der Donaumonarchie sein Leben lang begleiten sollte. Josef von Spaun, Moritz von Schwind oder Franz von Schober lebte, hatten György Kurtág und Béla Bartók sich in hohem Maße mit den politischen Widrigkeiten unterstützten Schubert auch materiell nicht unerheblich, Franz Grillparzer stand ihm nahe und im ihrer ungarischen Heimat im 20. Jahrhundert auseinander zu setzen. Hause dessen Onkels Ignaz Sonnleithner fanden die ersten der geselligen Abende statt, die unter dem Namen »Schubertiade« berühmt werden sollten. BÉLA BARTÓK SONATE füR VIOLINE SOLO SZ 117 Dies war der wichtigste Rahmen für die Aufführung der Schubert‘schen Werke und während Aus Gründen der Chronologie ist an dieser Stelle Bartók, anders als im Programm des Abends, viele von ihnen heute die großen Konzertsäle erobert haben, sind einige dem intimen Rahmen vor Kurtág behandelt: Schon in jungen Jahren begann Béla Bartók aus einem nationalen Impetus der Hausmusik weitgehend vorbehalten geblieben. Zu ihnen gehören die Drei Sonaten für‘s heraus mit der Sammlung ungarischer Volksmusik, die er äußerst gründlich und systematisch Pianoforte mit Begleitung einer Violine in D-Dur, a-moll und g-moll D 408, die Schubert 1816 betrieb und mit der er die Musikgeschichte seines Heimatlandes entscheidend bereicherte. komponierte. Erst der Verleger Anton Diabelli (derselbe, den Beethoven seinen »diabolus in Später dehnte er seine ethnologischen Forschungen bis nach Nordafrika und in die Türkei aus. musica« nannte und über dessen Walzer er seine Diabelli-Variationen op. 120 schrieb) benannte Die rhythmische Vielfalt, aber auch die eigentümlichen tonalen Verhältnisse der ungarischen sie in »Sonatinen« um; vielleicht liegt hierin die Ursache für den bedauerlichen Umstand, dass sie Volksmusik prägten Bartóks Musik Zeit seines Lebens und verliehen ihr eine charakteristische im Konzertleben heute nicht allzu oft anzutreffen sind und stattdessen als Unterrichtslektüre archaische Wucht, die in seinem berühmten »Allegro barbaro« (1911) auf die Spitze getrieben mitunter recht lieblos »exekutiert« werden. wurde. Nur ein Jahr später entstand die Sonate A-Dur D 574, in Umfang und Charakter den Neben den rein kompositionstechnischen Mitteln erweiterte Bartók die Klanglichkeit insbeson- »Sonatinen« nicht ganz unähnlich; die Variationen über das eingangs zitierte ›Trock‘ne Blumen‹ dere der Streichinstrumente bis hin ins Geräuschhafte; berühmt ist das schlagende Bartók- D 802 hingegen, ursprünglich für Flöte und Klavier konzipiert, schrieb Schubert erst 1824, pizzicato, aber auch Glissandi, Flageoletts und andere Mittel der Klangerzeugung wurden natürlich nach der Komposition der »Schönen Müllerin«. Wie in seinem Streichquartett phantasievoll verfeinert. Die drastische Energie erstaunt angesichts der zarten, bescheidenen »Der Tod und das Mädchen« machte er auch hier eines seiner Liedthemen zur Grundlage Erscheinung, die dem stets etwas kränklichen Bartók bescheinigt wurde, und tatsächlich ist sie einer neuen Komposition, doch gab er ihm in den Variationen einen gänzlich neuen Charakter, nicht allein bestimmend für den hoch intelligenten, sensiblen Komponisten und Pianisten. der den virtuosen Variationszyklen der Romantik näher steht als dem tragischen Schicksal des Müllerburschen. Vielleicht liegt hierin ein Ausdruck eines vielschichtigen Charakters, über den der Kollege Robert Schumann später schwärmte: »(…) Er hat Töne für die feinsten Empfindungen, Gedanken, ja Begebenheiten und Lebenszustände. So tausendgestaltig sich des Menschen Dichten und Trachten bricht, so vielfach die Schubertsche Musik. Was er anschaut mit dem Auge, berührt mit der Hand, verwandelt sich zu Musik. (…)« 12I13 WERKE Schon in früher Kindheit wurde Bartók durch seine musikbegeisterten Eltern mit der mittel- europäischen Kunstmusik in allen Einzelheiten und Facetten bekannt gemacht und er begeisterte sich besonders für konstruktive, strukturbetonte Werke wie etwa diejenigen Johann Sebastian Bachs. Bartók selbst strukturierte seine Werke bis ins kleinste Detail durch, wenn auch nie auf Kosten der Klangsinnlichkeit. Ein Gipfelpunkt dieser Kunst ist die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, die er 1936 für den berühmten Mäzen Paul Sacher komponierte. Auch die Sonate für Violine solo (1944) trägt nicht nur in den Satzbezeichnungen Züge der Musik Bachs und anderer berühmter Vorbilder: Während der erste Satz, Tempo di ciacona, auf die Chaconne der d-moll-Partita von Bach hinweist, klingen in der Wucht der Fuga insbesondere die Vorbilder