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Wie es zur Gründung der "Gruppe Olten" kam : zur kulturpolitischen Wende von Oltens Selbstverständnis nach 68

Autor(en): Bloch, Peter André

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Oltner Neujahrsblätter

Band (Jahr): 70 (2012)

PDF erstellt am: 01.10.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-659092

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http://www.e-periodica.ch Wie es zur Gründung der «Gruppe Ölten» kam Zur kulturpolitischen Wende von Oltens Selbstverständnis nach 68

Peter André Bloch

Zur Zeit des Kalten Krieges wurde vom EidgenössischenJu- stiz- und Polizeidepartement 1969 das so genannte «Zivi/- an alle Haushalte verteilt; es rief alle Staatsbürger zur Wachsamkeit gegenüber Staatsfeindlich- keit auf, mahnte zur Vorsicht gegenüber links-intellek- tuellen Versuchen, die schweizerische Eigenständigkeit und den allgemeinen Wehrwillen zu schwächen. In der fran- zösischen Übersetzung des ursprünglich deutschen Textes hatte der Walliser Schriftsteller Maurice Zermatten, Prä- sident des Schweizerischen Schriftstellervereins, die anti- kommunistischen und intellektuellenfeindlichen Tenden- zen verschärft, was am 27. Oktober 1969 in der «Gkzeöe Dkzwkâê» zu einem Protestschreiben von Franck Jotterand und 78 Schriftstellern und Professoren aus der Westschweiz führte. Nachdem der Vorstand des SSV ihrem Präsidenten einstimmig das Vertrauen ausgesprochen hatte, kam es zum Eklat: An der ordentlichen Generalversammlung schlössen sich 22 Deutschschweizer Autoren dem Protest ihrer West- schweizer Kollegen an und forderten den Rücktritt des Prä- sidenten. Nach dessen Weigerung verliessen sie gemeinsam die von ihnen als «politisch problematisch» bezeichnete Dachorganisation. Unter den Autoren befanden sich Peter Bichsei, Jeanlouis Cornuz, Walter Matthias Diggelmann, Friedrich Dürrenmatt, Ernst Eggimann, Jürg Federspiel, Dieter Fringeli, , Vahé Godel, Walter Gross, Ludwig Hohl, Peter Lehner, Kurt Marti, , Werner Schmidli, Jörg Steiner, Yves Velan, Walter Vogt, Otto F. Walter, Walter Weideli und Heinrich Wiesner. Zu diesem Zeitpunkt war ich literarischer Leiter des von Massimo Hauswirth geführten Kellertheaters am Zielemp, Mani Matter mit den Berner Troubadours Ruedi Krebs und im Untergeschoss des Restaurants Stadtbad. Legendäre Jacob Stickelberger Kabarett-Aufführungen, Kleintheater-Anlässe, Chanson- Abende und Kunstausstellungen wurden von Massimo or- fuhr, zu der Lesung aus seinem neuen Roman «Drtt SoiW- ganisiert; ich war als Berater für die literarischen Lesun- Er erzählte mir von den Vorfällen im SSV und den gen zuständig. Als Assistent am Deutschen Seminar der schon lange schwelenden Differenzen zwischen den einzel- Universität Basel hatte ich viele Kontakte mit Schweizer nen Lagern. Ich fand es schade, dass nun jeder Schriftsteller Autoren, von denen ich einige an die alle drei Wochen statt- auf sich allein gestellt sei, und schlug Werner Schmidli findenden literarischen Sonntagmatineen ins Kellerthea- vor, seine Freunde nach Ölten ins Kellertheater einzula- ter einlud. Fast alle der Dissidenten des SSV waren bei uns den, um eine Standortsbestimmung vorzunehmen. Da Ma- Gast gewesen und hatten nach ihrer Lesung mit dem im- ni Matter mit seinen Berner Troubadours des Öftern bei mer zahlreicher werdenden Publikum die im Räume ste- uns aufgetreten war, wurde auch er als Jurist zu dieser ers- henden literaturpolitischen Fragen diskutiert. Mit meh- ten Kontaktnahme eingeladen, zusammen mit Manfred reren Autoren hatte ich zudem — zusammen mit einigen Schwarz und Heinz F. Schaffroth. Und es kamen praktisch Studenten — am Dokumentationsband «Der alle, mit Ausnahme von Friedrich Dürrenmatt, der mir Äzzz/rewz WAz/ftzfr z»r gearbeitet, der 1971 im am Telefon erklärte, er sei ein Einzelkämpfer, verstehe sich Berner Francke Verlag erschien, in welchem vor allem der selber als autonomer Schriftsteller und nicht als «Unter- Übergang von der (meist mundartlichen) Umgangsspra- Schriftsteller», in Anspielung aufdie zahlreichen Stellung- che zur schriftlichen Hochsprache thematisiert wurde. So nahmen der Schweizer Autoren zu den alle bewegenden kam es, dass ich an einem Sonntagmorgen zusammen mit Tagesfragen, besonders aber auch inbezug auf die Aufar- Werner Schmidli in dessen Döschwo von Basel nach Ölten beitung der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg.

34 Bei der Namenssuche des zu gründenden Vereins schlug Peter Bichsei - in Erinnerung an das Oltner Streik-Comité - die Bezeichnung «Gruppe Ölten» vor, was allgemeine Zustimmung fand. Man einigte sich auf die Gründung eines literarischen Clubs, in dem man gewerkschaftliche Fragen besprechen könne und einander auch über die in Arbeit befindlichen Werke orientiere, zur intensiveren ge- genseitigen Kenntnisnahme und freundschaftlichen Un- terstützung. Nach mehreren Treffen in Ölten, Zürich und fand im zweisprachigen Biel/Bienne am 25. April 1971 die eigentliche Gründungsversammlung statt. Anne Cunéo wurde zur Präsidentin im fünfköpfigen Vorstand gewählt. Den Entwurf der Vereinsstatuten übernahm der Berner Liedermacher Mani Matter; sie wurden am 13. Ju- ni an der Generalversammlung in Neuchâtel genehmigt, mit der Wahl von Hans Mühlethaler zum Sekretär. Um die Idee eines freundschaftlichen Literaturclubs zu rea- lisieren, organisierten wir - d.h. Massimo Hauswirth, Ed- win Hubacher, Martin Disler, Agnes Barmettier und ich — im Kellertheater vom 13. bis 15. November die «OÄ»er Lzferatorfezgc 2970», als erste grössere öffentliche Veran- staltung. In offener Diskussion unter den Schriftstellern und zusammen mit einem zahlreich anwesenden Publi- kum wurden einige wichtige Probleme der Gegenwarts- literatur angeschnitten, so am ersten Abend die Frage nach dem «Image» - dem Bild und der Stellung — des Schrift- stellers in der Öffentlichkeit. Am zweiten Tag wurde nach den Bedingungen und Erscheinungsformen der «Unter- grund-Literatur» gefragt und in einem von Sergius Golo- win eingerichteten «Anti-Kulturlabor» die Vermischung verschiedenster Ausdrucksmedien vorgestellt. In einer ab- schliessenden Podiumsdiskussion kam man am dritten Tag endlich auf die heikle Frage nach der Verbindlichkeit und den Beurteilungsmöglichkeiten zeitgenössischer Wer- ke zu sprechen, unter dem Thema «Engagement und dich- terische Qualität». Die Aufzeichnungen der Gespräche und der damit zusammenhängenden Beantwortung von Frage- bögen konnte ich - in Zusammenarbeit mit einer studen- tischen Arbeitsgruppe sowie dem Oltner Stadtbibliothekar Edwin Hubacher — 1972 im Francke Verlag veröffentli- chen, unter dem Titel zer 2?o//g 2« afer Gerg/ZfcTw/t», unter bewusster Beteiligung von Schriftstellerinnen und Schrift- stellern aller vier Landessprachen, denen es um die Rolle der Literatur in der Gesellschaft ging, um Ästhetik und Engagement, Qualität und Verantwortung: Konrad Bän- ninger, Silvio Riccardo Baviera, Beat Brechbühl, Jakob Bührer, Josef Maria Camenzind, Theo Candinas, Carlo Castelli, Pierre Chappuis, Jeanlouis Cornuz, Anne Cunéo, Jean Cuttat, Walter Matthias Diggelmann, Friedrich Dürrenmatt, Ernst Eggimann, Marc Eigeldinger, Feiice Filippini, Dieter Fringeli, Max Frisch, Christoph Geiser, Vahé Godel, Alfred A. Häsler, Ludwig Hohl, Franz Höh- An den Oltner Literaturtagen 1970 1er, Edwin Hubacher, Wilfrid Jaensch, Adolfo Jenni, Ro- Oben: Martin Disler in seinem Atelier im Zielemp ger-Louis Junod, Ueli Kaufmann, Peter Lehner, Bernard Mitte: Peter André Bloch mit Dres Balmer (und dem Schatten von Liègme, Christoph Mangold, Kurt Marti, , Adolf Muschg) im Kellertheater Clemens Mettler, Hans Albrecht Moser, Hans Mühletha- Unten: Ueli Kaufmann, Christoph Fink und Silvio Riccardo Baviera

35 1er, Adolf Muschg, , , Giovanni Betreuung der Drogenabhängigen in der Solothurnischen Orelli, Erica Pedretti, Madeleine Santschi, Heinz F. Schaf- Pflegeabteilung Rosegg mit sich genommen hatte. Unter froth, Werner Schmidli, Manfred Schwarz, Gerold Späth, Kaution kamen die beiden nach einigen Tagen wieder frei, Jörg Steiner, Walter Vogt, Otto F. Walter, Silja Walter, denn die Denunziation hatte sich nach der Analyse des Walter Weideli, Heinrich Wiesner, Gerda Zeltner-Neu- Henna-Pulvers als falsch herausgestellt. - Als Organisa- komm. Ich habe alle Namen aufgezählt, um zu dokumen- tor der Literaturtage kriegte auch ich Polizeibesuch; denn tieren, wie vielschichtig diese Zusammenkünfte waren. es waren die Hells Angels, Freunde von Sergius Golowin, in Ölten aufgetaucht, die mit ihren Motorrädern in der Alt- Stadt nach Mitternacht einen Riesenlärm verursachten! Im Übrigen war mir vom Rektorat der Oltner Stadtschulen vor Beginn der Literaturtage mitgeteilt worden, dass die finanzielle Unterstützung der geplanten Schullesungen hinfällig würde, wenn «L«»# «ré PmcÄ cwfcf da- zu eingeladen würden! Es war unser Glück, dass Regie- rungsrat Alfred Wyser sowie das Rektorat der Kantons- schule auf unserer Seite standen, sodass sich schliesslich doch alles zum Guten wendete. Selbstverständlich wurde in den Diskussionen auch die Frage der Mehrsprachigkeit unseres Landes besprochen und eine intensivere Kulturpolitik nicht nur der Kantone, sondern auch des Bundes gefordert. Diese Diskussion wurde später anlässlich der von mir geleiteten Tagung «V/er—«'»edes «Begegnungszentrums Waldegg» in Solothurn (25.-17. November 1976) ver- tieft, in Anwesenheit von Bundesrat Willi Ritschard, mit der Beteiligung von Dres Balmer, Peter Bichsei, Giovanni Bonalumi, Theo Candinas, Carlo Castelli, Otto Frei, Jeanne Hersch, , Gilbert Jolliet, Walther Kauer, , , Andri Peer, Herbert Meier, Jean-Pierre Monnier, Erica Pedretti, René Regenass, Manfred Schwarz, Jon Semadeni, Walter Vogt, Otto F. Walter, Gerda Zeltner-Neukomm, Yvette Z'Graggen. Es wurde die Enge der Schweiz besprochen, Massimo Hauswirth, Gründer und Leiter des Theaters am Zielemp die Koexistenz der verschiedenen Landesteile nebenein- ander, die Wichtigkeit des Gedankenaustauschs über die Der Abend im Anti-Kulturlabor von Sergius Golowin Sprachgrenzen hinweg, die Notwendigkeit von Überset- sollte noch ein übles Nachspiel haben: In der Wohnung zungen und einer intensiveren Zusammenarbeit mit den von Agnes Barmettier und Martin Disler - im 2. Stock des Medien. Hugo Loetscher wies in beeindruckenden Aus- Restaurants Stadtbad - wurde an einer Riesencollage ge- arbeitet, zu Kerzenlicht, psychedelischer Musik und Räu- cherstäbchen. Man arbeitete, tanzte, trank und vergnügte sich mit angeregten Gesprächen bis gegen 3 Uhr in der Früh. Es gab so viele Interessierte, dass wir - auch wegen dem Lärm — nach Mitternacht die Haustür schliessen mussten, was einem Passanten in den falschen Hals geriet. Er riefden Anti-Drogen-Kaplan Flury an, um ihm mitzu- teilen, endlich auf der Spur des Oltner Drogenumschlag- Zentrums zu sein, was diesen zu einem Grossaufgebot der Polizei veranlasste. Agnes und Martin, die eben zu Bett gegangen waren, wurden aus dem Schlaf aufDrogenbesitz untersucht; es fand sich schliesslich in der Küche ein klei- ner Sack mit weissem Pulver, das sich später als Haarfär- bemittel Henna herausstellte, nun aber zur Verhaftung der beiden Künstler führte, weil der Geruch der Räucher- Stäbchen noch in der Wohnung schwebte und im Übri- gen eine kleine Drogenspritze an der Wand hing, die Mar- Bundesrat Willi Ritschard im Gespräch mit Peter Bichsei, Erica tin als ehemaliger Krankenpfleger in Erinnerung an seine Pedretti und Albin Fringeli

36 führungen auf die eines jeden arbeitet hatten, vom Statistischen Amt des Bundes ein- Schriftsteilers hin, der im Konflikt zwischen seiner geladen, am Bericht Clottu mitzuarbeiten, um aufgrund staatsbürgerlichen und seiner künstlerischen Existenz ste- von Befragungen von Autoren konkrete Vorschläge zur he; als Staatsbürger wolle man die Gesellschaft verbessern, Uberdenkung der schweizerischen Kulturpolitik (Kom- während es dem Schriftsteller um ganz andere Dimensio- mission Clottu) bereit zu stellen, um die Grundlagen für nen ethisch-ästhetischer Art gehe. Legendär wurde Bun- eine öffentliche Literaturförderung vorzubereiten, im Zu- desrat Willi Ritschards Versuch, seine Auffassung von sammenhang mit dem auszuarbeitenden Kulturförderun- «Heimat» zu definieren. Aufgrund von Gesprächen mit gsgesetz. (Cf. Bericht der eidgenössischen Expertenkom- vielen Jugendlichen verbinde er diesen Begriff nicht mehr mission für Fragen einer schweizerischen Kulturpolitik, so sehr mit der Vergangenheit als mit der Zukunft: « lPbz« Bern, August 1975.) Diese Umfragen bei Autoren und gßfczgt wir4 z&r dterc /&«& wo er %rze/« Az- Verlagen führten in Basel nicht nur zur Gründung der Lite- fe, wo or go^orgo» roz, ro twtofe zVÄ «kr /» «fe» 57»««, aktf or raturzeitschrift «Pearl«», sondern weckten in einigen Stu- /èoz'zzo A»grf Azfe» »zzm, kztr or jzoä «zcfe zw <^r Z»ê»»/r z» denten den Gedanken, es selber mit Schreiben, Literatur- fozzzzoÄZo. D^rzzar orgz'fo «oä ykr »zzc^ zz/r Po/zfz^or z/io vermitteln und Medienarbeit zu versuchen. Auch in der Aa^zzfe: z/io Z#/è#»/7 zar Hezzazzf za wzzr/>o», »ic/tf z/zo Vorgaa- «Gruppe Ölten» wurde die oft einseitige Kulturförderung goaÄozV zz/r Hezmzt za g/orz/zzz'ore». » (Cf. «Lzforzztar aar z&r durch den Bund aufgegriffen, besonders aufgrund von Max Mwoz'z. ToxZoaai/MzzZorizz/io»», hrsg. Egon Ammann/Eugen Frischs Vorschlag, sich doch endlich gewerkschaftlich zu Faes. Zürich: Suhrkamp 1978, S. 441 — 530) organisieren und sich durch den Gewerkschaftspräsiden- Da ich neben meiner Assistententätigkeit an der Universi- ten Arnold an einer eigens angesetzten Sitzung orientieren tat Basel auch am Oltner Gymnasium unterrichtete und ei- zu lassen. Diese Impulse führten mich dazu, im Einver- ne Theatergruppe aufbaute, bat ich mehrere Schriftsteller- ständnis mit der Philosophisch-Historischen Fakultät der Freunde, für uns Texte zu schreiben: Szenen und Sequen- Universität Basel und den verantwortlichen Leitern des zen, Gedichte und Rollenspieie. Diese wurden in der Rei- Deutschen Seminars, den Schriftsteller und literarischen he «Noao Eon»«« zwz 5bèa/r/>&ztor» im Verlag «Lozzor Prorro» Leiter des Luchterhand Verlags, Otto F. Walter, Gründungs- publiziert und aufgrund ihrer experimentellen Ansätze - mitglied der Gruppe Ölten, einzuladen, einen Vörie- besonders im Hinterfragen von Identität und Rolle, Wirk- sungszyklus über «Mz7?e/ »»k B&/z'»g«»g«» gegmrkrtzg«« lichkeit und Traum, Beruf und Erfolg - von vielen Schul- Lz7eratofgra/»,te'e»>> durchzuführen. theatergruppen nachgespielt: Bd. 1: «Zwiff^o» A«gtf a«z/ Otto F. Walter war bekanntlich aus politischen und wirt- Aggroifz'oa», Basel 1975, mit Beiträgen von Peter Burri, schaftlichen Gründen als Sohn des Olrner Verlagsgründers Fritz H. Dinkelmann, Ernst Eggimann, Hugo Grossenba- aus dem dortigen Verlag ausgeschieden, weshalb viele be- eher, Franz Hohler, Ueli Kaufmann, Peter Lehner, Herbert kannte Autoren den Verlag ebenfalls verlassen hatten und zu Meier, René Regenass, Werner Schmidli, Daniel Walter, Luchterhand übergewechselt waren. Er hielt an der Uni Ba- Silja Walter./Bd. 2: -zwmA» Tnz«w sei also - aufgrund der eigenen praktischen Erfahrungen - /éozt», Basel 1978, mit Beiträgen von Dres Balmer, Hans eine Art Einführung in das Verlagswesen, lud zur Ergänzung Derendingen Fritz H. Dinkelmann, Franz Hohler, Wolf- seiner Ausführungen Horst Bingel (Vertreter des Verbands gang Kunz, René Läppert, Peter Lehner, Herbert Meier, Er- deutscher Schriftsteller) ein, um über die soziale Lage der ica Pedretti, René Regenass, Werner Schmidli, Margrit Autoren in Deutschland zu sprechen; Ueli Kaufmann Schriber und Schülern. In diesem Zusammenhang kam es (Schriftsteller und Mitgründer der Basler «Lmw Praire») ori- zu mehreren Lesungen von Autoren im Deutschunterricht, entierte über die Situation eines Schriftstellers und die Uber- auch während der Theaterproben, woraus oft spontane Tex- lebenschancen eines Kleinverlages in der Schweiz. Helmut te entstanden, die miteinander besprochen wurden. Eines Heissenbüttel sprach über die literarisch-geistigen Produk- Tages kam Otto F. Walter mit Günter Grass an eine tionsmittel des Autors, Peter Bichsei über die interessante Theaterprobe; man sprach über die Möglichkeit der Ver- Beziehung zwischen dem Schriftsteller und seinem Verleger. änderung der Gesellschaft durch Sprache und Philosophie. Erich Holliger (Vertreter der Expertenkommission) schlug Ein andermal inszenierte Franz Hohler mit der Theater- aus gewerkschaftlicher Sicht einen ganzen Katalog von Ver- gruppe einige seiner Theaterskizzen, machte den Schülern besserungsvorschlägen für die schreibende Zunft vor, und bewusst, wie viel durch Mimik, dynamische Zwschenspie- Max Frisch äusserte sich kritisch zu den möglichen proble- le, aber auch durch reine Stille ausgedrückt werden kann. matischen Konsequenzen staatlicher Literaturförderung. Auch über die Bedeutung von Lichteffekten, Musik oder Um das Diskussionsmaterial zu vervollständigen, wurde ein Gestik wurde gesprochen, über die Möglichkeit der Mani- Fragebogen für Autoren und Verleger ausgearbeitet und pulation des Publikums durch Werbung und Klatsch; über den gesamten deutschsprachigen Kulturraum hin ver- gleichzeitig aber auch von der Chance, ideologische Vorur- schickt. An der Dokumentation beteiligten sich über 20 teile zu denunzieren, wenn man gleiche Szenen - in Verlage aus dem ganzen deutschsprachigen Raum; über 40 unterschiedlicher Kleidung oder vor einem andern Büh- Autoren aus der Schweiz, 34 Autoren aus der BRD, 10 aus nenbild — parallel spielen lässt. der damaligen DDR, 22 aus Osterreich, 3 aus Frankreich. An der Universität Basel wurden viele meiner Studenten, Die aufdiese Weise zusammengekommenen Unterlagen er- die an den ersten beiden Dokumentationsbänden mitge- wiesen sich als derart aufschlussreich und die darin enthal-

37 tenen Symptome zum Teil als derart alarmierend, dass wir Hans Küchler. Im Jahrgang 1971 stand meine literarische uns zu einer Vertiefung der Materialsammlung, zu einigen Beilage unter dem Titel «GsriAer», aufgrund einer mir Rückfragen und persönlichen Gesprächen entschlossen, im von Friedrich Dürrenmatt erzählten literarischen «Ursi- Hinblick aufdie Publikation des dritten Bandes der Doku- tuation für ein Fernsehspiel»: «Et £o«z«z/ ei« AL«z« i>erei«, mentationsreihe «Goge»wzzr/r7ifera/«r>>, 1975 bei Francke er- tetet tieZ) for ez'«e» 5/iegeZ a»zZ tei)»zi»/èt tieZ> aZf CZow«, a«zZ schienen. wzAe«zZ er tieÄ teZi»zi«/èt, iwr/ «za» ei«e Erazze«t?iw«2e, A z'Z)« Auch die Stadtbibliothek Ölten unterstützte unsere ferA»z///, vo« A« AkW «i«z«z/ — «M £o«z«ze «ie «zA z« zzZt CZow» Aktivitäten, halfbei den Umfragen und Dokumentationen zZir zaràbè» —, woggA. Wie tie weg it/, it/ er Jêr/ig mit; speziell erwähnt seien Edwin Hubacher und einige getA»i»/è/, ti/z/A, rfZZei«. » Es geht in den Texten um Innen- Mitglieder des Schweizerischen Buchzentrums sowie der sieht und Aussensicht, um Individualität und Gesichtslo- Dramatischen Gesellschaft, die sich für Theaterauffuhrun- sigkeit, um die Angst vor dem kollektiven «Un-Gesicht» gen, Lesungen und Besprechungen von neuen Publikatio- sowie um innere Befreiung durch sich selbst: RudolfBuss- nen, in Buchhandlungen oder Literaturclubs engagierten. mann: «SAAweAeZ»; Hans Derendingen Dieter Frin- In den Neujahrsblättern 1970 war es mir möglich, eine geli, Martin Disler, Fritz Grob, Urs Ludwig Grob: Ge- literarische Beilage mit«5/è»m/e» GetAAe«» zu veröffen- dichte; Hans Härri: «A»z Hiwzwe/»; Edwin Hubacher: tlichen, von Autoren, die eng mit Ölten verbunden waren «Der B«A«Z/er Z>Zi»zeZ/» ; Herbert Meier: «/e»&zW AetAeifo und alle im Theater am Zielemp gelesen hatten: Peter Bich- ei« G&ZiA»; Rudolf Peyer: «AlexZteitA No/z'ze«»; Jörg sei: « Vz'«/ Ar zz/t <2» Z?ego«fczgo«» oz&r «Dar VorAzZ/e» zwz Enz« Riser: «CZiAr»; Manfred Schwarz: Kurztexte; Daniel L®ze«Z>«rger» ; Rudolf Bussmann: «WAzZe»; Hans Deren- Stehli: «Der Ate« oZ>«e GetiA»; Markus Wyser: «Alo««- dinger: «Ei« Beitrag z»r A#/r/«ZZ»«g «®zer Gr#«zZfi'/z«Jar A «ze«/» ; Peter Matthias Walter: «SAfez Doz«i«go» ; Walter Bo/örzZriZ»; Franz Hohler: «Drei tionen: Hans Härri. Trotz grossen Zuspruchs und der Be- Z?i«z«zoZ/raarig>Z«EoozZ2r»; Hansjörg Schnei- abgesetzt; weil zu speziell, zu politisch und schwer ver- der: «Et rieA «äcZ> EEAk»; Urs Martin Strub: Gedichte; ständlich... In der folgenden Nummer (Jahrgang 1973) Peter Matthias Walter: «Ei« Brie/»; Markus Wyser: «Die schrieb ich indessen doch noch zum Thema «Li/era/#r a»zZ 5V/>»zeirr//iege. Ho«z«z«ge à CAzr/ie CAz/Zi«». Illustrationen: Vera«/wor/a«g» eine Art Rechenschaftsbericht zu der in- /a Di«ga »zzr/ gaga» «kt, ww tia z« tai« oz/ar tto/te«/i»z/a« Äi»- z/ar«, vor z?//aw?:/«r ai«a àj^â»t/iaZ)a ä»z//>zmzfe Dir/wzVz'o«, z/z'a at/az/a»z amog/ia/d, r«/4fww»tMwt/ic7> z» a»ftaÄaiz/a« ««z/wz7 z« a»fra/iaiz/a» zwiraÄa« a^êteVa» A/far»z?tifa». » Am 12. Oktober 2002 haben sich die beiden Gruppierun- gen - die «Gruppe Ölten» und der inzwischen «Schwei- zerischer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverband» genannte SSV - formell aufgelöst und nach Jahren friedli- eher Zusammenarbeit zu einem gemeinsamen Verband zu- sammengeschlossen, unter dem Namen «Autorinnen und Autoren der Schweiz» (AdS). — Im kulturpolitischen Selbstfindungsprozesses der Schweiz der letzten Jahr- zehnte hatte die Gruppe Ölten unbestreitbar grossen An- teil. (Vgl. Hans Mühlethaler: Dia Gf»J>J>a OÄa». Dz?t Er& ai»ar rafe//iara«z4» ,Sa«yîtfa//arga»ara?io». Aarau: Sauerländer 1989-) Man interessierte sich in zunehmenden Masse für Literatur und Sprache: Man begann sich allgemein als Bür- ger vermehrt zu engagieren, Fragen zu stellen, Einwände zu formulieren gegen Entwicklungen, die einem bedroh- lieh erschienen, sich aber auch mit ästhetischen Fragen lite- rarischer Darstellungsmöglichkeiten zu befassen. So zählte man in Ölten 1991 (gemäss den Recherchen des Kantona- len Kulturzentrums Palais Besenval) über 35 Personen (Journalisten abgerechnet), die sich durch die Herausga- be eigener Werke schriftstellerisch betätigten, in alle Be- völkerungsschichten, welcher politischen Angehörigkei- ten auch immer. Man gründete eigene Veranstaltungen und Organisationen, die alle aufpersönlicher Initiative beruh- ten, schloss sich - je nach Interesse - den verschiedenen Gruppierungen und Trägerschaften an: z.B. den Theater- und Lese-, Seniorengruppen, Kunst-, Film-, Natur-, Mu- sik- und Wanderfreunden, Vereinen wie «Jazz-, Tanz- und Kabarett-Tage» oder «der Jugend-Art» etc. Alle diese Gruppierungen haben Ölten zu einer Stadt der Begeg- nung gemacht, mit stark integrativem Charakter und der Möglichkeit, für seine Interessen und Anliegen entspre- chende Partner zu finden, mit wachem Geist und sozialer wie auch kulturpolitischer Kompetenz. Oben: Franz Hohlers «/cbc/uers/ees». Eine szenische Elementar- Und heute? Man denke an die vielen bestens besuchten Le- grammatik für 14 Personen sungen in der Buchhandlung Schreiber, in der Jugendi- Unten: Franz Flohler mit seiner Familie bei der Uraufführung bliothek sowie in der Stadtbibliothek mit den «Oltner im Kantihof Bücherstützen», an die Lesungen und Diskussionen im «Flügelrad», an die literarischen Veranstaltungen der zwischen erschienenen Dokumentation der «Oltner Lite- «Schützi» und der «Vario Bar»; an die zahlreichen Thea- raturtage 1970». Dabei zitierte ich einige wichtige Äus- ter-Aktivitäten der Oltner Schulen, an die so erfolgreiche serungen der beteiligten Autoren: Peter Bichsei: «/« «a&r Oltner Buchmesse des Knapp-Verlags, dessen bisher un- icÄ warn »fer üprarfe, Jg wa^r z'aÄ warn ^ar geschlagener Bestseller von Alex Capus «Dcrfö'wigzwz 0/- Äfo »?aÄr warn icA Ä'fer Jw/z'teA Zzzt^wwawMzzga, Jw/z'teA seine legendäre Laufbahn mit einer Lesung auf Schloss 4a/zz/z'o«azz zmrA« MawtaÄazz. » Ernst Burren: «Za zaz'aÂwa z» Wartenfels begann! Einige Autoren leben in unserer Stadt, zzzztarar Llwgrtzzgrt/mzaZia^»/ «wt «az«a Af//»WBit7&e», war »zzVÄ die in ihrer Wohnlichkeit soeben von Pedro Lenz besun- ta/fer ferc4z/fz'gf. » Dieter Fringeli: «IPzVtfan/a» zwwarwz'a- gen wurde; und Madeleine Schüpfer hat - wiederum auf r/aryätfrfa//a« nutve», isktt wir «»t wa^/MwgaWa» lPöffa« z?«- Wartenfels - aus ihrem Roman «Beresxre«» gelesen und un- varfrzzzza«, r/ia z'Ära »rjJjnk'wg/zfT)« Badazrto»g Ägj'f ezwgaterjd sere Neugierde auf ihre Neuerscheinung geweckt. Viele Azfezz — z/a«a» ^az'zza R&z/z7iï wa^r aBfr/'fzVÄt. » Herbert Mei- Oltner Autoren und Publizisten leben auswärts; doch das er: «EwgzzgawzaKf fedazzfe/J&r ztmcä rz//ge»zazzz, öktr zz//at, M«r ai- war schon immer so. Wichtig ist, dass sie den aufmüpfigen «af fzrf, jzVZ) wif rai»ar Pmwz z&oèf. E»gzzga»za«f itf z4j BawÄ» Oltner Geist weiter tragen und von Zeit zu Zeit wieder bei DWz&zf. » Otto F. Walter: «/t/> frafaai»JäV«'»««z/»- uns zu sehen und zu hören sind!

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