Wasser- und Schifffahrtsamt Regionalplanung

Anpassung der Seewasserstraße „Nördlicher “ an die veränderten Anforderungen aus Hafen- und Werftbetrieb der Umweltplanung

Stadt

Landschaftsarchitektur FFH- Verträglichkeitsuntersuchung

Landschaftsökologie FFH-Gebiet „Greifswalder Bodden Teile des Strelasundes und Nordspitze “ (DE 1747-301)

Wasserbau

Immissionsschutz Projekt-Nr.: 17203-00

Fertigstellung: November 2007 UmweltPlan GmbH Stralsund [email protected] www. umweltplan.de

Sitz Hansestadt Stralsund Tribseer Damm 2 18437 Stralsund Tel. +49 38 31/61 08-0 Geschäftsführer: Dipl.-Geogr. Synke Ahlmeyer Fax +49 38 31/61 08-49

Niederlassung Güstrow Speicherstraße 1b 18273 Güstrow Tel. +49 38 43/46 45-0 Fax +49 38 43/46 45-29

Projektleiter: Dipl.- Umweltwiss. Katharina Burmeister Geschäftsführer Dipl.-Geogr. S. Ahlmeyer Dipl.-Ing. K. Freudenberg Dipl.-Phys. R. Horenburg

Bearbeiter: Dipl.-Biol. Peter Feuerpfeil Qualitätsmanagement Zertifiziert nach: Mitarbeit: Dr. rer. nat. Martin Heindl (Dipl.-Biol.) DIN EN 9001:2000 TÜV CERT Nr. Sabine Willmann (Grafik) 01 100 010689

Inhaltsverzeichnis

1 Anlass und Aufgabenstellung sowie methodische Vorgehensweise ...... 5

2 Beschreibung des Schutzgebietes und seiner Erhaltungsziele ...... 8

2.1 Abgrenzung, Lage und allgemeine Gebietsbeschreibung des FFH-Gebietes DE 1747-301 ...... 8

2.2 Erhaltungsziele des FFH-Gebietes DE 1747-301 ...... 8

2.3 Schutzzweck des FFH-Gebietes DE 1747-301 ...... 10

2.4 Vorkommen und Auftreten der Lebensraumtypen und Zielarten im Schutzgebiet DE 1747-301...... 11

2.5 Funktionale Beziehungen des FFH-Gebietes DE 1747-301 zu anderen FFH- Gebieten...... 16

3 Beschreibung des Vorhabens...... 18

3.1 Technische Beschreibung des Vorhabens ...... 18

3.2 Wirkungen des Vorhabens ...... 18

4 Detailliert untersuchter Bereich...... 19

4.1 Abgrenzung des Untersuchungsrahmens ...... 19

4.2 Vorkommen und Auftreten der FFH-Lebensraumtypen und Zielarten im detailliert untersuchten Bereich ...... 19

4.3 Relevante Wirkprozesse sowie voraussichtlich betroffene Zielarten und Lebensraumtypen...... 21

5 Beurteilung der vorhabensbedingten Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Schutzgebiete ...... 23

5.1 Beschreibung der Bewertungsmethode ...... 23

5.2 Bewertung möglicher Beeinträchtigungen...... 24

5.2.1 Baubedingte Konfliktpotenziale ...... 25

5.2.1.1 Substrataustrag ...... 25

5.2.1.1.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 25

5.2.1.1.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten...... 27

5.2.1.1.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Substrataustrag ...... 28

5.2.1.2 Substrateintrag ...... 28

5.2.1.2.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 29

5.2.1.2.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten über die Nahrungskette...... 29

5.2.1.2.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Substrateintrag ...... 29

5.2.1.3 Schadstoff- und Staubemissionen ...... 30

5.2.1.3.1 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Schadstoff und Staubemission ...... 30

5.2.1.4 Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung...... 31

5.2.1.4.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 33

5.2.1.4.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten...... 35

5.2.1.4.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Trübungsfahnen...... 36

5.2.1.5 Lärm und optische Unruhe ...... 36

5.2.1.5.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 36

5.2.1.5.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten...... 37

5.2.1.5.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Lärm und optische Unruhe...... 38

5.2.2 Anlagebedingte Konfliktpotenziale...... 38

5.2.2.1 Veränderung der Hydromorphologie ...... 38

5.2.2.1.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 39

5.2.2.1.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten...... 39

5.2.2.1.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Veränderung der Hydromorphologie...... 40

5.2.2.2 Veränderung der Hydromechanik...... 40

5.2.2.2.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen ...... 40

5.2.2.2.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten...... 41

5.2.2.2.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik...... 41

5.2.3 Betriebsbedingte Konfliktpotenziale...... 42

5.2.3.1 Veränderung der Schiffsparameter...... 42

5.2.3.2 Unterhaltungsbaggerungen ...... 42

6 Maßnahmen der Schadensbegrenzung ...... 43

7 Beurteilung der Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele durch andere zusammenwirkende Pläne und Projekte...... 43

7.1 Methodik...... 43

7.2 Auswahl der berücksichtigten Pläne und Projekte und Prognose kumulativer Wirkungen ...... 44

8 Zusammenfassung und Fazit...... 46

9 Quellenverzeichnis...... 48

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gebietsmerkmale des FFH-Gebietes DE 1747-301...... 8 Tabelle 2: Im FFH-Gebiet DE 1747-301 zu schützende Lebensraumtypen...... 9 Tabelle 3: Im FFH-Gebiet DE 1747-301 zu schützende Arten...... 10 Tabelle 4: Wirkungen des Vorhabens ...... 18 Tabelle 5: FFH-Lebensraumtypen in den Untersuchungsräumen ...... 19 Tabelle 6: Relevante Wirkprozesse und betroffene Zielarten und Lebensraumtypen...... 21 Tabelle 7: Substrataustrag ...... 25 Tabelle 8: Substratänderung ...... 25 Tabelle 9: Zusammenfassung Wirkfaktor Substrataustrag ...... 28 Tabelle 10: Substrateintrag ...... 28 Tabelle 11: Zusammenfassung Wirkfaktor Substrateintrag ...... 29 Tabelle 12: Schadstoff- und Staubemissionen...... 30 Tabelle 13: Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung ...... 31

Tabelle 14: Zusammenfassung Wirkfaktor Trübungsfahnen...... 36 Tabelle 15: Lärm und optische Unruhe ...... 36 Tabelle 16: Zusammenfassung Wirkfaktor Lärm, optische Unruhe ...... 38 Tabelle 17: Veränderung der Hydromorphologie ...... 38 Tabelle 18: Zusammenfassung Wirkfaktor Veränderung der Hydromorphologie ...... 40 Tabelle 19: Veränderung der Hydromechanik...... 40 Tabelle 20: Zusammenfassung Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik...... 41 Tabelle 21: Veränderung der Schiffsparameter ...... 42 Tabelle 22: Unterhaltungsbaggerungen ...... 42 Tabelle 23: Zu berücksichtigende Pläne und Projekte und deren kumulative Wirkungen im Zusammenhang mit dem Vorhaben...... 44 Tabelle 24: Zusammenfassende Bewertung der Beeinträchtigungen...... 46

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: FFH - Gebiete im Vorhabensbereich...... 6 Abbildung 2: Binnendifferenzierung der FFH-Lebensraumtypen im Schutzgebiet DE 1747- 301 ...... 12

ANHANG

Karte 1 Bestand 1:50.000

Anpassung Seewasserstraße „Nördlicher Peenestrom“, FFH-Verträglichkeitsuntersuchung FFH-Gebiet DE 1747-301 UmweltPlan

1 Anlass und Aufgabenstellung sowie methodische Vorgehensweise

Anlass Mit Schreiben vom 16.09.2004 beantragte das Land Mecklenburg-Vorpommern beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) den Ausbau des Nördlichen Peenestromes auf NN -7,50 m Wassertiefe.

Das Land begründet seinen Antrag zur Vertiefung der seewärtigen Zufahrt mit der drin- gend notwendigen Erhaltung und weiteren Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Werft und Hafen der Stadt Wolgast.

Träger des Vorhabens „ Anpassung der Seewasserstraße Nördlicher Peenestrom an die veränderten Anforderungen aus Hafen- und Werftbetrieb der Stadt Wolgast“ ist die Bun- desrepublik Deutschland, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, vertreten durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund. Somit fungiert das Wasser- und Schiff- fahrtsamt Stralsund als Auftraggeber für die Erstellung der umweltfachlichen Unterlagen für das Genehmigungsverfahren.

Prüfkulisse Aufgrund der Lage im Bereich gemeldeter bzw. vorgeschlagener NATURA 2000-Gebiete sowie der projektspezifischen Wirkungen stellt die Vertiefung des Nördlichen Pee- nestroms faktisch ein Projekt im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG dar, das einer Prüfpflicht auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete nach § 34 BNatSchG unterliegt. Aus diesem Grund wird eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung für folgendes Natura 2000-Gebiet durchgeführt:

• Vorgeschlagenes FFH-Gebiet (pSCI1) „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasun- des und Nordspitze Usedom“ (DE 1747-301).

Die Abbildung 1 enthält eine Übersicht zum räumlichen Bezug des FFH-Gebietes „Greifswalder Bodden...“ (DE 1747-301) zum Vorhabensbereich sowie zu anderen an- grenzenden FFH-Gebieten.

1 Proposed site of community importance = vorgeschlagenes Gebiet gemeinschaftlicher Bedeutung; Gebietsvorschlag im Rahmen der 3. Meldetranche (Kabinettsbeschluss der Landesregierung von M-V vom 25.05.2004)

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Abbildung 1: FFH - Gebiete im Vorhabensbereich

Rechtliche Rahmenbedingungen Die FFH-Richtlinie (FFH-RL) verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten mit der Be- zeichnung „NATURA 2000“ einzurichten und dementsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Nach § 34 BNatSchG bzw. § 35 BNatSchG und § 18 LNatG M-V erfordern Pläne Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgesetzten Erhaltungszielen. Entsprechend dem BNatSchG gehören im Rahmen des Umgebungsschutzes auch Ein- griffe in Natur und Landschaft zu den Projekten, wenn sie außerhalb des Schutzgebietes

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durchgeführt werden sollen, sofern sie einer behördlichen Entscheidung oder einer An- zeige an die Behörde bedürfen.

Aufgabe der Verträglichkeitsuntersuchung ist es zu ermitteln, ob mit dem Vorhaben er- hebliche Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgebli- chen Bestandteilen verbunden sein können. Ergibt die Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgebli- chen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig. Es kann in diesem Falle nur bei zwin- genden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses und gleichzeitigem Fehlen verträglicherer Alternativen sowie gegebener Kompensationsfähigkeit nach einer Aus- nahmeprüfung zugelassen werden.

Da Beeinträchtigungen maßgeblicher Bestandteile der betrachteten Schutzgebiete durch das Vorhaben ohne genauere Betrachtung nicht sicher ausgeschlossen werden können, ist eine Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG bzw. § 35 BNatSchG und § 18 LNatG M-V durchzuführen.

Methode Die methodische Aufbereitung der Verträglichkeitsuntersuchung orientiert sich im Hinblick auf eine maximale Planungssicherheit an den Vorgaben in:

BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU- UND STADTENTWICKLUNG (2007): Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen, Entwurf (BMVBS 2007) unter Berücksichtigung der

„Hinweise zur Anwendung der §§ 18 und 28 des Landesnaturschutzgesetzes und der §§ 32 bis 38 des Bundesnaturschutzgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern. Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern Nr. 36: 968-1005.“, eines gemeinsamen Erlasses des Um- weltministeriums, Wirtschaftsministeriums, Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei und des Ministeriums für Arbeit und Bau M-V (2002, mit Änderung vom August 2004).

Ziel der vorliegenden Studie ist gemäß Anhang 6 der oben genannten „Hinweise zur Anwendung der §§ 18 und 28 des Landesnaturschutzgesetzes und der §§ 32 bis 38 des Bundesnaturschutzgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern“, die fachlichen Grundlagen zur behördlichen Prüfung des Vorhabens gemäß der Maßgaben des § 34 BNatSchG zu vermitteln.

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2 Beschreibung des Schutzgebietes und seiner Erhaltungsziele

2.1 Abgrenzung, Lage und allgemeine Gebietsbeschreibung des FFH-Gebietes DE 1747-301 Das Schutzgebiet (Lage vergleiche Abbildung 1) ist Bestandteil der aktuellen Meldekulis- se von FFH-Gebieten seitens des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die EU- Kommission (Gebietsvorschlag im Rahmen der 3. Meldetranche gemäß Kabinettsbe- schluss der Landesregierung vom 25.05.2004). Die nachfolgende Tabelle gibt die we- sentlichen Merkmale des Schutzgebietes wieder (gemäß Standarddatenbogen Stand Mai 2004, LUNG M-V 2007).

Tabelle 1: Gebietsmerkmale des FFH-Gebietes DE 1747-301

Gebietsmerkmale

Größe 59.970 ha

Gebietscharakteristik zentraler Teil der vorpommerschen Boddenlandschaft mit dem Greifs- walder Bodden, dem südlichen Teil des Strelasundes, zahlreichen Buchten und Wieken, Küstenüberflutungsräumen sowie eingelagerten Inseln mit aktiven Landbildungs- und Erosionsprozessen

Bedeutung Repräsentatives Vorkommen von FFH-LRT und -Arten; Schwerpunkt- vorkommen von FFH-LRT; Häufung von FFH-LRT, prioritären FFH- LRT und FFH-Arten; großflächige Komplexbildung

Neben den überwiegend aquatisch-marin geprägten Lebensräumen sind auch an den Bodden angrenzende Landflächen in das Schutzgebiet integriert. Diese befinden sich insbesondere im Bereich nördlich , auf der Halbinsel Zudar sowie im Mün- dungsbereich des Peenestroms/ Halbinsel Struck.

2.2 Erhaltungsziele des FFH-Gebietes DE 1747-301 Nach § 10 Abs. 1 Pkt. 9 BNatSchG gelten als Erhaltungsziele eines Schutzgebietes die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Arten und Lebensräume der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie (FFH-RL), für deren Schutz das Schutzgebiet gemeldet wurde. Diese Arten und Lebensräume sind Gegenstand der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung. Laut Standarddatenbogen (Stand Mai 2004) handelt es sich dabei um folgende Lebensraumtypen und Zielarten (prioritäre Lebensraumtypen oder Arten sind mit * gekennzeichnet):

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Tabelle 2: Im FFH-Gebiet DE 1747-301 zu schützende Lebensraumtypen

Code-Nr. Lebensraumtyp

1110 Sandbänke mit nur schwacher ständiger Überspülung

1140 Vegetationsfreies Schlick-, Sand- und Mischwatt

1150* Lagunen des Küstenraumes

1160 Flache große Meeresbuchten (Flachwasserzonen, Seegraswiesen)

1170 Riffe

1210 Spülsäume mit Vegetation aus einjährigen Arten

1220 Mehrjährige Vegetation der Kiesstrände

1230 Atlantik-Felsküsten und Ostsee-Fels- und -Steilküsten mit Vegetation

1330 Atlantische Salzwiesen

2110 Primärdünen

2120 Weißdünen mit Strandhafer Ammophila arenaria

2130* Festliegende Küstendünen mit krautiger Vegetation (Graudünen)

2180 Bewaldete Dünen der atlantischen, kontinentalen und borealen Region

2190 Feuchte Dünentäler

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions

3160 Dystrophe Seen und Teiche

5130 Formationen von Juniperus communis auf Kalkheiden und -rasen

6210 (*) Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia)

6230* Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden

6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)

6510 Magere Flachland-Mähwiesen

7230 Kalkreiche Niedermoore

9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)

9130 Waldmeister-Buchenwald

9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald (Carpinion betuli)

9190 Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur

91D0* Moorwälder

91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno Padion, Alnion incannae, Salicion albae)

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Tabelle 3: Im FFH-Gebiet DE 1747-301 zu schützende Arten

dt. Artname wiss. Artname Anhang

Schmale Windelschnecke Vertigo angustior II

Bauchige Windelschnecke Vertigo moulinsiana II

Große Moosjungfer Leucorrhinia pectoralis II, IV

Großer Feuerfalter Lycaena dispar II, IV

Flussneunauge Lampetra fluviatilis II, V

Meerneunauge Petromyzon marinus II

Finte Alosa fallax II, V

Rapfen Aspius aspius II, V

Bitterling Rhodeus sericeus amarus II

Teichfledermaus Myotis dasynceme II, IV

Großes Mausohr Myotis myotis II, IV

Fischotter Lutra lutra II, IV

Kegelrobbe Halichoerus grypus II, V

Seehund Phoca vitulina II, V

Sumpf-Glanzkraut Liparis loeselii II, IV

2.3 Schutzzweck des FFH-Gebietes DE 1747-301 Nach § 10 Abs. 1 Pkt. 10 BNatSchG ergibt sich der Schutzzweck aus den für das Schutzgebiet festgelegten Vorschriften. Die nach nationalem Recht zu erfolgende Erklä- rung des FFH-Gebiets DE 1747-301 als nationales Schutzgebiet im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG (geschützte Teile von Natur und Landschaft) bzw. des Art. 4 Abs. 4 FFH-RL (besonderes Schutzgebiet) steht jedoch noch aus. Demnach liegen noch keine Schutzerklärung, die den Schutzzweck des Gebiets entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen bestimmt, sowie rechtsverbindliche Vorschriften (Gebote und Verbote) zur Erreichung des Schutzzwecks vor. Des Weiteren wurden noch keine Pflege-, Ent- wicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen im Rahmen eines Managementplanes formuliert, die zur Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Arten und Lebensräume des Schutzgebietes durchzuführen sind (s. § 22 Abs. 2 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 1 FFH-RL).

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Zur Erreichung der im Standarddatenbogen aufgeführten Erhaltungsziele wird folgende schutzzweckdienliche Maßnahme formuliert:

• Erhalt und teilweise Entwicklung des Greifswalder Boddens mit marinen und Küsten- lebensraumtypen, Grünland- und Wald-Lebensraumtypen sowie mit charakteristi- schen FFH-Arten.

2.4 Vorkommen und Auftreten der Lebensraumtypen und Zielarten im Schutzge- biet DE 1747-301

Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie Die Abbildung 2 gibt einen Überblick zur Verbreitung der einzelnen FFH- Lebensraumtypen (FFH-LRT) im Schutzgebiet (Binnendifferenzierung des LUNG2 Stand Dezember 2005). Die marinen LRT (1110 – 1170) sind einzeln dargestellt. Die landseiti- gen LRT werden folgendermaßen zusammengefasst:

• Küstensaum-LRT (Spülsäume, Kiesstrände, Steilküsten, Dünen): FFH-LRT 1210, 1220, 1230, 2110, 2120, 2130*, 2180, 2190,

• Binnengewässer-LRT (Seen): 3150, 3160,

• Grünland-LRT (Salzwiesen, Trockenrasen, Wiesen, Moore, Heiden): FFH-LRT 1330, 5130, 6210(*), 6230*, 6410, 6510, 7230,

• Wald-LRT (Waldtypen): FFH-LRT 9110, 9130, 9160, 9190, 91D0*, 91E0*.

2 Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie M-V

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Abbildung 2: Binnendifferenzierung der FFH-Lebensraumtypen im Schutzgebiet DE 1747-301

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Zielarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie

• Fluss- und Meerneunauge, Finte, Rapfen und Bitterling Für die anadromen Wanderarten (Meer- und Flussneunauge, Finte) stellt der Greifswal- der Bodden überwiegend ein Durchzugs- und nur zeitweiliges Weidegebiet auf ihrem Zug in die Laichgebiete der Flussoberläufe dar. Laut der Tierdatenbank des LUNG konnten Meer- und Flussneunauge regelmäßig zwischen 1990 bis 2000 im Greifswalder Bodden festgestellt werden. Über die konkrete geografische Ausprägung der Wanderrouten im Greifswalder Bodden sowie deren zeitliche Nutzung im Jahresverlauf ist jedoch wenig bekannt, so dass die genannten Arten potenziell im gesamten Boddenbereich angetrof- fen werden können.

Die primär im Süßwasser lebenden Arten Rapfen und Bitterling sind im Greifswalder Bodden fast nur auf die oligohalinen (Salzgehalt <5 ‰) Randbereiche des Boddens bzw. des Sundes beschränkt (WINKLER 1996). Die offeneren Bereiche des Greifswalder Bod- dens und des Strelasunds scheiden aufgrund der Salinitätsverhältnisse (mesohalin) als Laichgebiete für diese Arten aus. Tolerierbare Laichbedingungen finden diese Arten daher nur in den kleineren Boddenrandgewässern und –nebenbuchten mit niedrigem Salzgehalt (WINKLER 1996). Diese Gebiete sind größtenteils Laichschonbezirke (siehe Karte 1). Ein Schwerpunktgebiet des Bitterlings befindet sich unmittelbar außerhalb des FFH-Gebietes im . Der Rapfen wurde zwischen 1990 und 2000 regelmäßig in den Küstengewässern des Greifswalder Boddens festgestellt (Tierartendatenbank des LUNG).

• Fischotter

Der Fischotter ist im gesamten FFH-Gebiet weit verbreitet (NEUBERT 2005). Die Schwer- punkte liegen dabei an den Nebenbuchten des Strelasunds, im Bereich des Rycks und der Ziese sowie am Peenemünder Haken/ Struck. Die gesamte an den Bodden grenzen- de rügensche Küste wurde im Zuge von Ausbreitungsbewegungen in den letzten 10 bis 15 Jahren wieder besiedelt. Weite Teile der Boddenküste werden überwiegend im Winter genutzt, wenn binnenländische Gewässersysteme zufrieren und die Tiere an die offene Boddenküste ausweichen.

• Kegelrobbe und Seehund In der deutschen Ostsee sind die reproduktiven Bestände der Kegelrobbe vor etwa 100 Jahren erloschen. Die Beobachtungen beschränkten sich seitdem auf sporadische Ein- zelvorkommen. So gelangen zwischen 1951 bis 2000 etwa Nachweise der Kegelrobbe im Greifswalder Bodden.

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In den letzten 6 Jahren haben sich die Bestände der Kegelrobbe in der Ostsee verdop- pelt (auf etwa 20.000 Tiere). Auf diese positive Bestandsentwicklung ist es wohl zurück- zuführen, dass in jüngster Zeit vermehrt Kegelrobben insbesondere im Greifswalder Bodden sowie in der Ostsee vor Usedom und Rügen beobachtet werden. Die Beobach- tungen deuten darauf hin, dass die ehemaligen Stammplätze (z.B. Stubber, Freesendor- fer Haken) von der Art wieder besiedelt werden (K. HARDER, Meeresmuseum Stralsund in Ostseezeitung, 8. Januar 2007). Die hohe Anzahl entdeckter toter Jungtiere (2006 allein 12 zwischen Peenemünder Haken und Rügen) lässt zudem bereits auf reproduktive Vorkommen schließen. Es ist somit von der Möglichkeit auszugehen, dass sich mittelfris- tig wieder authochtone Bestände der Kegelrobbe im Greifswalder Bodden einstellen. Auch vom Seehund waren die beständigen, reproduktiven Vorkommen in der deutschen Ostsee seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts erloschen. Der gesamte Ostseebe- stand des Seehundes wird derzeit auf etwa 250 Exemplare geschätzt (RHEINHEIMER 1996). Die Verbreitung des Seehunds reicht in der Ostsee über Skagerrak und Kattegat bis zur Arkonasee (LUCKE 2000).

Die Zahl der Seehundbeobachtungen und Totfunde an der Küste Mecklenburg- Vorpommerns ist jedoch seit 1991 ansteigend (zwischen 3 und 8 Ereignisse pro Jahr). Die Tiere werden überwiegend im Mai/ Juni sowie von September bis November beo- bachtet. Aus dem Winterhalbjahr (Dezember bis April) liegen im Gegensatz zur Kegel- robbe nur sehr sporadische Beobachtungen vor.

Seit einigen Jahren halten sich regelmäßig einzelne Tiere in den westrügenschen Bod- dengewässern auf. Für den Seehund ist daher eine ähnliche Bestandsentwicklung wie bei der Kegelrobbe in den Boddengebieten und die Wiederbesiedlung ehemaliger Stammplätze im Greifswalder Bodden durchaus möglich.

• Teichfledermaus und Großes Mausohr Beide Arten wurden mehrmals (zuletzt im Winter 2000) im Rahmen der Kartiertätigkeiten der Beringungszentrale Dresden in ihrem Winterquartier in Greifswald-Eldena nachge- wiesen (Tierdatenbank des LUNG). Aus anderen Bereichen des Greifswalder Boddens liegen keine weiteren Belege vor, was jedoch überwiegend auf Erfassungslücken von Fledermäusen im Untersuchungsraum zurückzuführen ist. Die Teichfledermaus und das Große Mausohr sind fast ausschließlich Gebäudebewohner im menschlichen Siedlungsbereich. Die Wochenstubengemeinschaften werden auf Dachböden oder sonstigen warmtemperierten Gebäudeteilen angelegt. Als Winterquar- tiere werden von beiden Arten unterirdische Befestigungsanlagen, Bergwerksstollen und Kellerräume aufgesucht.

Die Jagdgebiete des Großen Mausohr sind lichte Laub- und Mischwälder, Parks und Obstgärten. Die Nahrungsareale der Teichfledermaus hingegen werden durch insekten-

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reiche Gewässerlandschaften (Flüsse, Auen, Seen, Teiche) gebildet. Im Hinblick auf die genannten Anforderungen, die beide Arten an ihren Lebensraum stellen, ist eine weite Verbreitung des Großen Mausohrs und der Teichfledermaus insbesondere in den terrest- rischen Bereichen des Schutzgebietes sowie den Boddenseitenbuchten möglich.

• Großer Feuerfalter Vom Großen Feuerfalter konnte seit den 1980er Jahren nur ein Fundort im näheren Umfeld des Schutzgebietes nachgewiesen werden (Angaben in der Tierartendatenbank des LUNG). 1987 wurde diese Art bei Peenemünde kartiert. Ob die dokumentierte Be- standssituation der Wirklichkeit entspricht oder auf bestehende Erfassungslücken zu- rückzuführen ist, kann nicht näher festgestellt werden.

• Große Moosjungfer Die Große Moosjungfer wurde seit den 1980er Jahren mehrmals im unmittelbaren Um- feld des Schutzgebietes, und zwar 1986 in der Kiesgrube Gristow sowie bei Dolgenmost auf Rügen, 1985 im Wampener Wald bei Greifswald und 1981 bei Dietrichshagen (Tierar- tendatenbank des LUNG) nachgewiesen. Die aktuellsten Nachweise dieser Art stammen von 1999 bis 2002 und wurden im NSG Struck/ Freesendorfer Wiesen geführt.

• Schmale und bauchige Windelschnecke Schmale Windelschnecken bewohnen die feuchte Bodenstreu der Seggenriede und Schilfröhrichte sowie der Bruchwälder in Niedermooren, Flussauen und See- Verlandungsmooren. Bauchige Windelschnecken bewohnen ähnliche Lebensräume wie die Schmale Windelschnecke, sind dabei aber noch mehr an durch vertikale Struktu- ren gebildete Habitattypen wie Seggenriede und Röhrichte gebunden. Es ist daher eine Überschneidung der potenziellen Verbreitungsgebiete beider Windelschneckenarten anzunehmen. Aufgrund ihrer Habitatbindung an semiaquatische Lebensräume ist eine relativ weite Verbreitung dieser Arten im Schutzgebiet insbesondere in den Uferbereichen der Boddennebenbuchten sowie in den mannigfaltigen Verlandungszonen der Küstenzo- nen potenziell möglich.

• Sumpfglanzkraut Vom Sumpf-Glanzkraut ist nur ein Standort im Schutzgebiet (Datenbank des LUNG) bekannt. Dieser befindet sich in einer Dünensenke eines alten Spülfeldes weniger als 50 m westlich der Yachtwerft Peenemünde. Die nächsten weiteren Vorkommen des Sumpfglanzkrauts sind im unteren Peenetal anzutreffen.

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2.5 Funktionale Beziehungen des FFH-Gebietes DE 1747-301 zu anderen FFH- Gebieten Aufgrund des überwiegend aquatischen Charakters des FFH-Gebietes DE 1747-301 bestehen funktionale Wechselwirkungen nur zu Gebieten mit einer ähnlichen Ausstattung an Lebensraumtypen und Zielarten. Die Darstellung der Wechselbeziehungen beschränkt sich daher auf die folgenden, ebenfalls durch ausgedehnte Gewässerbereiche charakte- risierten Schutzgebiete:

• FFH-Gebiet „Westrügensche Boddenlandschaft mit Hiddensee“ (DE 1544-302),

• FFH-Gebiet „Peeneunterlauf, Peenestrom, Achterwasser und Kleines Haff“ (DE 2049-302). Die Herleitung funktionaler Wechselbeziehungen orientiert sich an den gemeinsamen Zielarten und Lebensraumtypen und berücksichtigt dabei die geographischen Gegeben- heiten, unter anderem Gewässer- und Küstenverläufe. Übereinstimmungen mit dem FFH-Gebiet „Westrügensche Boddenlandschaft mit Hiddensee“ ergeben sich hinsichtlich der Lebensraumtypen überwiegend für die FFH- LRT 1150* bis 2130*. Dabei handelt es sich um Lebensraumtypen der Gewässer (u.a. 1150*, Lagunen; 1160, flache große Meeresbuchten) und der Küstenbereiche (u.a. 1220 Mehrjährige Vegetation der Kiesstrände, 2110-2130 verschiedene Dünenformen).

Für Zielarten ergeben sich ebenfalls weitgehend identische Definitionen bezüglich der an Wasser gebundenen Arten. So liegen unter anderem große Übereinstimmungen zwi- schen beiden Gebieten bei den Fischen und Rundmäulern vor. Weiterhin sind Fischotter, Seehund und Kegelrobbe für beide Gebiete definiert. Die funktionalen Beziehungen beschränken sich demnach auf einen Populationsaus- tausch der Arten aquatischer Lebensräume. Dieser Austausch betrifft sowohl den geneti- schen, dauerhaften Austausch zwischen Individuen der beiden Gebiete, als auch den temporären Austausch in Form von Pendelbewegungen von Tieren entlang des Strela- sund.

Die Übereinstimmungen des FFH-Gebietes „Greifswalder Bodden, ...“ mit dem FFH- Gebiet „Peeneunterlauf, Peenestrom, Achterwasser und Kleines Haff“ beschränken sich hinsichtlich der Lebensraumtypen auf aquatische Lebensraumtypen und solche der unmittelbaren Küstenbereiche. Weiterhin ergeben sich bezüglich der Definitionen der Wälder große Übereinstimmungen. Die funktionalen Beziehungen zwischen den Wäldern beider Gebiete sind jedoch sehr gering, da die einzelnen Waldareale in relativ großer Entfernung zueinander liegen und eher in Wechselbeziehung zu Wäldern außerhalb der jeweiligen FFH-Gebiete stehen.

In den Zielartendefinitionen ergeben sich weitgehende Übereinstimmungen bezüglich aquatischer Zielarten, wie Fische, Neunaugen, Fischotter und Kegelrobbe.

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Auch für diese beiden Gebiete beschränken sich die funktionalen Beziehungen demnach auf einen Populationsaustausch der Arten aquatischer Lebensräume. Dieser Austausch betrifft sowohl den genetischen, dauerhaften Austausch zwischen Individuen der beiden Gebiete, als auch den temporären Austausch in Form von Pendelbewegungen bzw. regelmäßigen Wanderungen von Tieren entlang des Peenestroms. Letzterer Sachverhalt ist primär für die anadromen Wanderarten Fluß- und Meerneunauge von Bedeutung, die im Bereich der Laichgebiete aufweisen, außerhalb der Reproduktionsphase je- doch in den Boddengewässern der Umgebung (einschließlich Greifswalder Bodden) leben.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit funktionaler Wechselwirkungen mit dem FFH- Gebietsfachvorschlag „Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommer- schen Bucht“ (FFH-marin 05). Gemeinsame Zielartendefinitionen ergeben sich für Kegelrobbe und Seehund. Die Vorkommen in den Gebieten beschränken sich aber aktu- ell nur auf seltene Einzelnachweise. Aufgrund der großen Aktionsradien dieser Arten ist eine Einbeziehung des Greifswalder Boddens und der Boddenrandschwelle in die regel- mäßigen Raumnutzungsmuster von Einzelindividuen zwar möglich, die Wechselwirkun- gen sind jedoch im Hinblick auf das seltene Auftreten dieser Arten im südlichen Ostsee- raum derzeit nur sehr sporadischer Natur. Weitere gemeinsame Zielarten sind Meer- und Flussneunauge sowie Finte, Lachs und Bitterling. Die Boddenrandschwelle stellt einen wichtigen Wanderkorridor für anadrome Fisch- und Rundmäulerarten auf ihrem Weg in den Greifswalder Bodden dar. Signifikante Wechselwirkungen und funktionelle Bezie- hungen zwischen den FFH-Gebieten sind daher zu erwarten.

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3 Beschreibung des Vorhabens

3.1 Technische Beschreibung des Vorhabens Die Beschreibung des Vorhabens geht aus der Unterlage A zur Planfeststellung (bes. Abschnitte A1, A 5 und A6) hervor. Die für die Untersuchungen der FFH-Verträglichkeit der Vorhabensbestandteile wesent- lichen Wirkfaktoren sind unter Kap. 3.2 zusammengestellt.

3.2 Wirkungen des Vorhabens Für die schutzgebietsbezogene Betrachtung im Kontext der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung sind nur diejenigen Wirkfaktoren von Bedeutung, die sich auf die Erhaltungsziele der Schutzgebiete sowie deren maßgebliche Bestandteile auswir- ken könnten. Die Relevanz der Wirkfaktoren ergibt sich somit aus den spezifischen Be- troffenheiten der Erhaltungsziele bzw. der zu schützenden Lebensraumtypen und Zielar- ten. Dies gilt auch für solche Wirkfaktoren, deren Ursprung zwar außerhalb des Schutz- gebiets liegt, die aber potenziell zur Beeinträchtigung von FFH-LRT und Zielarten inner- halb des Gebietes geeignet sind.

Die genannten Wirkfaktoren treffen für die Varianten 1 und 2 gleichermaßen zu. Die vom geplanten Vorhaben ausgehenden Projektwirkungen, die zu Beeinträchtigungen des Schutzgebietes führen könnten, lassen sich nach ihrer Ursache (bau-, anlage-, betriebs- bedingt) sowie Wirkungsdauer (temporär, dauerhaft) wie folgt gliedern:

Tabelle 4: Wirkfaktoren des Vorhabens

Art der Wirkung Beschreibung baubedingt - Substrataustrag (Baggerung) und Substratüberdeckung (Umlagerung) (temporär) - Schadstoffemissionen der eingesetzten Bagger, Schiffe und Boote (Öl, Schmiermittel, Abgase etc.) - Entstehung von Trübungsfahnen sowie Freisetzung von an Sediment gebundenen Schadstoffen während der Vertiefungsbaggerungen sowie der Umlagerung von Baggergut - Schallemission und optische Unruhewirkung während der Baggerungen sowie beim Abtransport und bei der Umlagerung von Baggergut anlagebedingt - Veränderung der Hydromorphologie durch Vertiefung der Fahrrinne und (dauerhaft) Ablagerung von Baggergut - Veränderung der Hydromechanik, der Strömungsverhältnisse, der Sedi- mentdynamik, der Wasserbeschaffenheit (Salinität, Temperatur, Sauer- stoff- und Nährstoffgehalt) im Zuge des Fahrrinnenausbaus betriebsbedingt - Veränderung der Schiffsverkehrsparameter (Frequenz, Tonnage) (dauerhaft oder perio- - gegenüber dem Ist-Zustand erhöhter Aufwand für Unterhaltungsbaggerun- disch) gen mit im Vergleich zur Bauphase qualitativ analogen Wirkungen

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4 Detailliert untersuchter Bereich

4.1 Abgrenzung des Untersuchungsrahmens Der Untersuchungsrahmen wird durch die Lage der Baggerbereiche und die Reichweite der Vorhabenswirkungen (z.B. Scheuchwirkung von Schiffsverkehr, Schallemissionen, Trübungsfahnen) bestimmt. Für die Detailuntersuchungen werden daher folgende Teil- gebiete festgelegt:

• Peenestrom nördlich Peenemünde und Spandowerhagener Wiek sowie angrenzende Uferbereiche,

• Seebereich des Greifswalder Boddens zwischen Peenemünder Haken, Freesendor- fer Haken und der Insel Ruden,

• Greifswalder Bodden im Bereich des Osttiefs-West und des Osttiefs-Ost,

• Greifswalder Bodden im Bereich des Landtiefs (Ansteuerung zur Klappstelle 527),

• Greifswalder Bodden im Umkreis der Klappstelle 517 (Palmer Ort) sowie dessen Ansteuerung (Ostansteuerung).

4.2 Vorkommen und Auftreten der FFH-Lebensraumtypen und Zielarten im detail- liert untersuchten Bereich

Lebensräume nach Anhang I FFH-RL

Tabelle 5: FFH-Lebensraumtypen in den Untersuchungsräumen

Untersuchungsraum FFH-Lebensraumtyp Bemerkungen

Peenestrom nördlich Peenemünde, 1160 - Flache große Meeresbuchten Nähe zum LRT 1140 – Spandowerhagener Wiek sowie an- Windwatt am Freesendorfer grenzende Uferbereiche (Flachwasserzonen, Seegraswiesen); Haken bzw. Peenemünder 1110 - Sandbank Haken

Seebereich des Greifswalder Boddens 1160 - Flache große Meeresbuchten Nähe zum LRT 1140; 2120; zwischen Peenemünder Haken, Free- sendorfer Haken und der Insel Ruden (Flachwasserzonen, Seegraswiesen); 1330; 1210 1110 – Sandbank; 1140 – Windwatt

Greifswalder Bodden im Bereich des 1160 - Flache große Meeresbuchten Nähe zum LRT 1140 – Osttiefs-West und des Osttiefs-Ost (Flachwasserzonen, Seegraswiesen); Windwatt 1110 – Sandbank

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Untersuchungsraum FFH-Lebensraumtyp Bemerkungen

Greifswalder Bodden im Bereich des 1160 - Flache große Meeresbuchten Landtiefs (Ansteuerung zur Klappstelle 527) (Flachwasserzonen, Seegraswiesen) 1110 – Sandbank, 1170 - Riff

Greifswalder Bodden im Umkreis der 1160 - Flache große Meeresbuchten Klappstelle 517 (Palmer Ort) sowie dessen Ansteuerung (Ostansteuerung) (Flachwasserzonen, Seegraswiesen)

Zielarten nach Anhang II FFH-RL Vorhabensbedingte Betroffenheiten sind ausschließlich von aquatischen Zielarten zu erwarten. Für die anadromen Wanderarten (Meer- und Flussneunauge, Finte) stellt der Greifswalder Bodden überwiegend ein Durchzugs- und nur zeitweiliges Weidegebiet auf ihrem Zug in die Laichgebiete der Flussoberläufe dar (s. Kapitel 2.4). Über Verbreitungs- zentren dieser Arten im Greifswalder Bodden sowie über zeitliche Auftretensschwerpunk- te ist jedoch nichts bekannt. Es wird daher im vorliegenden Gutachten von der potenziel- len Anwesenheit dieser Arten im gesamten Untersuchungsraum ausgegangen. Dieser stellt jedoch nur ein periodisch genutztes Durchzugs- und Weidegebiet dar und hat keine darüber hinausgehenden, mehr beeinträchtigungsanfälligen Funktionen als Reprodukti- onsraum.

Für die primär im Süßwasser lebenden Arten Rapfen und Bitterling stellt der salzwas- sergeprägte Untersuchungsraum ebenfalls nur ein zeitweiliges Aufenthaltsgebiet ohne spezifische Lebensraumfunktionen dar. Potenzielle Laichgebiete dieser Arten sind nur auf die oligohalinen (Salzgehalt <5 ‰) Randbereiche des Boddens und somit auf Gebiete außerhalb des Untersuchungsraumes beschränkt.

Der Fischotter ist im gesamten FFH-Gebiet weit verbreitet. Er hält sich jedoch vorzugs- weise im Küstenbereich auf. Im Untersuchungsraum sind daher Vorkommen im offenen Boddenbereich nur sporadisch anzunehmen. Eine Überschneidung vorhabensbedingter Wirkräume mit den Lebensstätten des Fischotters ist daher primär auf den Peenemünder Haken beschränkt, wo die Fahrrinne relativ nah an die Uferbereiche heranreicht. Die Bestände von Kegelrobbe und Seehund sind zwar am Ansteigen, dennoch sind vorerst eher nur sporadische Vorkommen beider Arten im Greifswalder Bodden zu erwar- ten. Ein seltenes Auftreten beider Arten im Untersuchungsraum kann jedoch nicht ausge- schlossen werden.

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4.3 Relevante Wirkprozesse sowie voraussichtlich betroffene Zielarten und Le- bensraumtypen Aus den vorhabensbedingten Wirkfaktoren (s. Kapitel 3.2) werden durch Verschneidung möglicher Wirkräume mit den Empfindlichkeitsprofilen der für die Schutzgebiete definier- ten Erhaltungsziele Wirkprozesse abgeleitet, die potenziell zu Betroffenheiten von Zielar- ten und FFH-Lebensraumtypen führen könnten. Bei einer Betroffenheit von Zielarten und Lebensraumtypen ist prinzipiell die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Schutzgebie- tes und seiner Schutzziele durch das Vorhaben gegeben. Folgende Wirkprozesse und betroffene Erhaltungsziele der Schutzgebiete wurden identifiziert:

Tabelle 6: Relevante Wirkprozesse und betroffene Zielarten und Lebensraumtypen

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Baubedingt (temporär)

Substrataustrag (Bagge- Flächen- und Funktionsverluste für Charakterarten FFH-LRT 1110, 1160 rung) des Makrozoobenthos und Makrophytobenthos (Betroffenheit nur von FFH-LRT (Im Zuge der Ausbaggerungen werden das Makro- am unmittelbaren Eingriffsort, d.h. zoobenthos sowie die genutzten Ansiedlungssub- Fahrrinne s. Karte 1) strate entfernt. Es ist daher von einem temporären Fluss- und Meerneunauge, Finte, Verlust von benthischen Lebewesen bzw. einer Rapfen, Bitterling, Fischotter, Funktionsbeeinträchtigung in Teilbereichen mari- Seehund, Kegelrobbe ner Lebensräume auszugehen.) (Betroffenheit von FFH-LRT und direkte Einwirkungen auf pelagische Zielarten Zielarten im potenziellen Wirk- indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- raum, d.h. im Umfeld der Fahrrin- keit trophisch vernetzter Zielarten ne, s. Karte 1)

Substrateintrag (Umla- Flächen- und Funktionsverluste für Charakterarten LRT - 1160 gerung) des Makrozoobenthos und Makrophytobenthos Fluss- und Meerneunauge, Finte, direkte Einwirkungen auf pelagische Zielarten Rapfen, Bitterling, Fischotter, Seehund, Kegelrobbe indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- keit trophisch vernetzter Zielarten (Betroffenheit von Zielarten im potenziellen Wirkraum, d.h. im Umfeld der Klappstelle 517, s. Karte 1)

Schadstoffemissionen Einschränkung der Assimilations- bzw. Filtrierleis- FFH-LRT 1110, 1140, 1160, 1170 der eingesetzten Bag- tungen von Makrophytobenthos bzw. Makrozoo- Fluss- und Meerneunauge, Finte, ger, Schiffe und Boote benthos Rapfen, Bitterling, Fischotter, (Öl, Schmiermittel, direkte toxische Einwirkungen auf das Benthos Kegelrobbe, Seehund Abgase etc.) und pelagische Ziel- und Charakterarten (Betroffenheit von FFH-LRT und indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- Zielarten im potenziellen Wirk- keit trophisch vernetzter Zielarten raum, d.h. im Umfeld von Fahr- rinne und Klappstellen, s. Kar- te 1)

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Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Entstehung von Trü- Einschränkung der Assimilations- bzw. Filtrierleis- FFH-LRT 1110, 1140, 1160, 1170 bungsfahnen sowie tungen von Makrophyten bzw. Makrozoobenthos Fluss- und Meerneunauge, Finte, Freisetzung von an und von Fischen im Zuge der Eintrübung der Rapfen, Bitterling, Fischotter, Sediment gebundenen Wassersäule sowie des Verdriftens und der Kegelrobbe, Seehund Nährstoffen während der Sedimentation von Trübungspartikeln Vertiefungsbaggerungen (Betroffenheit von FFH-LRT und Möglichkeit der Sauerstoffzehrung nach Eintrü- sowie der Umlagerung Zielarten im potenziellen Wirk- bung der Wassersäule sowie Nährstofffreisetzung von Baggergut raum, d.h. im Umfeld von Fahr- indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- rinne und Klappstellen, s. Kar- keit trophisch vernetzter Zielarten te 1) Scheuchwirkung von Trübungsfahnen auf Zielarten

Schallemission und Scheuch- und Vergrämungswirkungen (sowohl Fluss- und Meerneunauge, Finte, optische Unruhewirkung über wie unter Wasser), Veränderung der Raum- Rapfen, Bitterling, Fischotter, während der Baggerun- nutzung Kegelrobbe, Seehund gen sowie beim Ab- (Betroffenheit von gegenüber transport und bei der diesen Wirkfaktoren sensiblen Umlagerung von Bag- Zielarten mit Vorkommenspoten- gergut zialen im Vorhabensbereich)

Anlagebedingt (dauerhaft)

Veränderung der Hyd- Veränderungen benthischer Ansiedlungsvoraus- FFH-LRT 1160 romorphologie durch setzungen im Bereich der Fahrrinne bzw. der (Betroffenheit von FFH-LRT am Vertiefung der Fahrrinne Schüttstelle und dadurch potenziell bedingte unmittelbaren Eingriffsort in der und Umlagerung von Lebensraumverluste Fahrrinne und der Schüttstelle Baggergut 517, s. Karte 1)

Veränderung der Hyd- Veränderung der Morphologie von FFH-LRT FFH-LRT 1110, 1140 romechanik (Veränderte Strömungsgeschwindigkeiten könnten (Betroffenheit durch potenzielle Uferabrasion verstärken sowie die Sedimentdyna- Veränderung der Sedimentdyna- mik verändern - Abtrag, Ablagerung) mik am Peenemünder Haken)

Betriebsbedingt (dauerhaft oder periodisch)

Veränderung der Zunahme von Schallemissionen und optischer Fischotter, Kegelrobbe, Seehund Schiffsverkehrsparame- Unruhewirkungen im Falle der Zunahme des ter (Frequenz, Tonnage) Schiffsverkehrs (Hafen Wolgast nach Ausbau auch für größere Schiffe zugänglich) gegenüber dem Ist- s. baubedingte Wirkfaktoren s. baubedingt betroffene Zielarten Zustand erhöhter und FFH-LRT

Aufwand für Unterhal- tungsbaggerungen mit im Vergleich zur Bau- phase qualitativ analo- gen Wirkungen

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5 Beurteilung der vorhabensbedingten Beeinträchtigungen der Erhal- tungsziele der Schutzgebiete

5.1 Beschreibung der Bewertungsmethode Die Bewertung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen der betrachte- ten Schutzgebiete erfolgt in zwei Schritten, die im Folgenden schematisch dargestellt sind:

Schritt 1 Bewertung der Beeinträchtigungen durch das zu prüfende Vorhaben a) Bewertung der einzelnen Beeinträchtigungen durch das zu prüfende Vorhaben ohne Berücksichtigung von Maßnahmen zur Schadensbe- grenzung (Kapitel 5.2)

Nach Festlegung ggf. notwendiger Maßnahmen der Schadensbegrenzung b) Bewertung der Rest-Beeinträchtigungen durch das zu prüfende Vorha- ben nach Berücksichtigung von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (Kapitel 6)

Schritt 2 Bewertung der Beeinträchtigungen durch das zu prüfende Vorhaben im Zu- sammenwirken mit anderen Plänen und Projekten c) Bewertung der einzelnen Beeinträchtigungen durch das zu prüfende Vorhaben ohne Berücksichtigung von Maßnahmen zur Schadensbe- grenzung Nach Festlegung ggf. notwendiger Maßnahmen der Schadensbegrenzung so- wohl bei dem zu prüfenden Vorhaben als ggf. auch bei den anderen Plänen und Projekten d) Bewertung der kumulativen Rest-Beeinträchtigungen nach Berücksichti- gung von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung

Die Ermittlung der möglichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten erfolgt über eine Verschneidung der prognostizierten Projektwirkungen mit der Empfindlichkeit der einzelnen ökologischen Aspekte einer Art oder ihres Habitats gegenüber spezifischen Störungen. Dabei werden nur diejenigen ökologischen Aspekte betrachtet, denen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eine signifikante Bedeutung zukommt. Wird durch das Vorhaben eine strukturelle und/ oder funktionelle Veränderung im Schutzgebiet bewirkt, die einen bedeutsamen ökologischen Aspekt einer Zielart oder ihres Habitats betrifft, ist die Möglichkeit einer Beeinträchtigung anzunehmen.

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Von zentraler Bedeutung bei der Bewertung einer Beeinträchtigung ist die Schwelle, ab der eine Beeinträchtigung als erheblich bezeichnet wird. Die Erheblichkeitsschwelle ist nicht standardisierbar. Ihr Erreichen ist stets abhängig von der im Einzelfall vorliegenden Art, Dauer, Reichweite und Intensität einer Wirkung in Überlagerung mit den spezifischen Empfindlichkeiten der gebietsbezogen festgelegten Erhaltungsziele und der für sie maß- geblichen Strukturen und Funktionen.

Da nach aktuellem Wissensstand selbst für vergleichsweise leicht quantifizierbare und gut untersuchte Belastungsquellen kaum einsetzbare Grenzwerte für bestimmte Lebens- raumtypen oder einzelne Arten vorliegen, ist die Bewertung der Erheblichkeit von Beein- trächtigungen auf dem verbal-argumentativen Weg auf der Grundlage eines fachlich begründeten Urteils vorzunehmen.

Die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung im Sinne des § 34 BNatSchG bzw. § 18 LNatG M-V wird im Einzelfall bewertet, wobei unter anderem die Bestandssituation von Erhaltungszielen im Wirkbereich des Vorhabens, die Bedeutung des lokalen Bestandes für das gesamte Schutzgebiet, das Entwicklungspotenzial, die funktionelle ökologische Bedeutung des beeinträchtigten Bereichs sowie die bestehenden Vorbelastungen be- rücksichtigt werden.

Erheblich ist eine Beeinträchtigung, wenn die Veränderungen und Störungen in ihrem Ausmaß oder in ihrer Dauer dazu führen, dass ein Gebiet seine Funktionen in Bezug auf das Erhaltungsziel oder die für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile nicht mehr vollständig erfüllen kann.

Die Beurteilung wird für jedes Erhaltungsziel gesondert durchgeführt. In Fällen, in denen mehrere Arten bzw. Lebensräume im Hinblick auf die ausgelösten Wirkprozesse dieselbe Reaktion zeigen, erfolgte eine zusammengefasste Behandlung mehrerer Arten bzw. Lebensräume. Für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung des Schutzgebiets im Sinne des § 34 BNatSchG bzw. § 18 LNatG M-V genügt es, dass eines der Erhaltungsziele in gra- vierender Weise betroffen ist. Dies bezieht die erhebliche Beeinträchtigung von Möglich- keiten zur Wiederherstellung oder Entwicklung eines günstigen Erhaltungszustandes der Zielarten mit ein.

5.2 Bewertung möglicher Beeinträchtigungen In Kapitel 4.3 wurden Wirkprozesse dargestellt, die zu Betroffenheiten von Zielarten und FFH-Lebensraumtypen führen könnten (vgl. Tabelle 6). Im Folgenden wird die Eignung dieser Konfliktpotenziale zur erheblichen Beeinträchtigung des Schutzgebietes unter Berücksichtigung der naturräumlichen und faunistischen Bestandssituation im Betrach- tungsraum, projektspezifischer Wirkräume sowie der bestehenden anthropogenen Nut- zungen prognostiziert.

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5.2.1 Baubedingte Konfliktpotenziale

5.2.1.1 Substrataustrag

Tabelle 7: Substrataustrag

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Substrataustrag (Bagge- Flächen- und Funktionsverluste für Charak- FH-LRT 1110, 1160 rung) terarten des Makrozoobenthos und Makrophy- (Betroffenheit nur von FFH-LRT tobenthos am unmittelbaren Eingriffsort, (Im Zuge der Ausbaggerungen werden das d.h. Fahrrinne s. Karte 1) Makrozoobenthos sowie die genutzten An- Fluss- und Meerneunauge, siedlungssubstrate entfernt. Es ist daher von Finte, Rapfen, Bitterling, Fisch- einem temporären Verlust von benthischen otter, Seehund, Kegelrobbe Lebewesen bzw. einer Funktionsbeeinträchti- gung in Teilbereichen mariner Lebensräume (Betroffenheit von FFH-LRT und auszugehen.) Zielarten im potenziellen Wirk- raum, d.h. im Umfeld der direkte Einwirkungen auf pelagische Zielarten Fahrrinne, s. Karte 1) indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsver- fügbarkeit trophisch vernetzter Zielarten

Im Zuge der Ausbauarbeiten des Nördlichen Peenestroms auf die Sohltiefe von 7,5 m wird das FFH-Gebiet am östlichen Rand berührt. Durch das Vorhaben werden im hier betrachteten Untersuchungsraum sowohl Fein- bis Mittelsande und Geschiebemergel als auch Schlicksubstrate ausgetragen. Im Zuge des Substrataustrags werden die anstehen- den Substrattypen wie folgt verändert:

Tabelle 8: Substratänderung

Substratänderung Länge Feinsande zu Mittel- bis Grobsanden Schlick/Mudde zu Mittel- bis Grobsanden Schlick/Mudde zu Grobsanden auf ca. 4,5 km der Ausbaustrecke Schlick/Mudde zu Geschiebemergel Schlick/Mudde zu Fein- und Mittelsanden Geschiebemergel zu Fein- und Mittelsanden auf ca. 0,1 km der Ausbaustrecke Fein- und Mittelsande zu Geschiebemergel auf ca. 0,8 km der Ausbaustrecke

5.2.1.1.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen

Lebensraumtyp 1110 – Sandbank Durch die notwendige Böschungsneigung von 1:3 in Angleichung an das vorhandene Bodenprofil können Randbereiche des Lebensraumtyps Sandbank (1110) im Untersu-

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chungsraum „Peenestrom nördlich Peenemünde und Spandowerhagener Wiek sowie angrenzende Uferbereiche“ und „Seebereich des Greifswalder Boddens zwischen Pee- nemünder Haken, Freesendorfer Haken und der Insel Ruden“ beeinträchtigt werden.

Aufgrund der Kleinräumigkeit des Eingriffes ist durch die Sedimententnahme in der Fahr- rinne weder die Struktur als Ganzes noch die Funktion des Lebensraumtyps 1110- Sand- bank gefährdet.

Lebensraumtyp 1160 – Flache große Meeresbuchten (Flachwasserzonen, Seegras- wiesen) Fast das gesamte FFH-Gebiet zählt zum Lebensraumtyp 1160. Der Charakter des Le- bensraumtyps ist geprägt durch einen überwiegenden Einfluss der Ostsee. Diese flachen Seegebiete haben i.d.R. eine große Diversität an Substraten und Lebensgemeinschaften. Ein Merkmal der flachen Bereiche sind Seegraswiesen und Laichkrautgesellschaften. Während der Beprobung 2005 (IfAÖ 2007b) wurden im Untersuchungsbereich folgende Makrophyten angetroffen:

• Spandowerhagener Wiek im Flachwasserbereich bis Strandnähe Inseln von Laichkraut (Potamogeton perfoliatus)

• Ausgang Spandowerhagener Wiek Fahrrinne bis „Loch“ - kein Bewuchs in Was- sertiefen > 2,5m Die Makrophytenbestände werden durch die Sedimententnahme in der Fahrrinne nicht gefährdet oder beeinträchtigt.

Das Makrozoobenthos im Untersuchungsgebiet (IfAÖ 2007a) zeigte mit einem typischen Arteninventar eine deutliche Substratabhängigkeit. Alle Substrate sind trotz der Substrat- veränderung (siehe oben) nach der Ausbaggerung weiterhin vorhanden. Die Zunahme des fest gelagerten, bindigen und damit schwer zu besiedelnden Geschiebemergels ist marginal.

Weiterhin betroffen von der Substratentnahme ist das Makrozoobenthos, zum einen durch den Individuenverlust unmittelbar und zum anderen durch die Substratänderung. Bei den gleichbleibenden Substratarten wird von einer raschen Wiederbesiedlung durch Einwanderung des Zoobenthos aus benachbarten Standorten und Neuansiedlungen durch driftende Larven ausgegangen (vergl. dazu KÖHN 2002, MARILIM 2003). Eine an- nähernd vollständige Wiederherstellung der Bodentiergemeinschaft in den demographi- schen Verhältnissen vor dem Eingriff ist nach ca. fünf Jahren zu erwarten. Bei sich än- dernden Substrattypen wird ebenfalls von einer Wiederbesiedlung ausgegangen, da die entstehenden Substrate mit ihrer typischen Besiedlungsstruktur in unmittelbarer Nähe vorhanden sind. Hinzu kommt, dass es kurz- und mittelfristig (bis zur nächsten Unterhal-

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tungsbaggerung) zur Ablagerung von Schlick/Mudde und Sanden in der Rinne kommt, wobei die durch den Ausbau entfernten Substrate zeitweise wiederhergestellt werden.

Der mit der Ausbaggerung einhergehende Tierverlust ist für die Biozönose unerheblich.

Angrenzende Lebensraumtypen Der LRT 1140 Windwatt am Freesendorfer Haken bzw. Peenemünder Haken wird durch die Sedimententnahme nicht beeinträchtigt, weil eine Fernwirkung durch die Vertiefung ausgeschlossen wird. Der LRT 1140 am Freesendorfer Haken wächst aus Richtung West in Richtung Ost und ist damit außerhalb des Bereiches, der durch die Fahrrinne beein- flusst wird. Das Windwatt vor dem Peenemünder Haken liegt auf einer Sandbank in hinreichender Entfernung vom Eingriff. Eine Beeinflussung wird hier ebenfalls ausge- schlossen.

Der Wirkfaktor Sedimententnahme ist somit insgesamt nicht geeignet, die Funktion und Struktur der FFH-Lebensräume erheblich zu beeinflussen.

5.2.1.1.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten Durch den Austrag von Sediment besteht für Fischarten, die sich bei Störungen eingra- ben (z.B. Bitterling) bei Mittel- und Feinsandflächen vereinzelt die Gefahr des Tierverlus- tes. Die Tierverluste werden quantitativ als vernachlässigbar angesehen. Eine Bestands- gefährdung für den Bitterling wird ausgeschlossen.

Der Individuenverlust an Makrozoobenthos kann über die Nahrungskette zu Beeinträchti- gungen der Fische führen, die sich von der In- und der Epifauna (im und auf dem Boden lebende Organismen) ernähren. Hiervon sind keine FFH-Zielarten direkt betroffen.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass über die Fortführung der Nahrungskette FFH- Zielarten beeinträchtigt werden (Rapfen, Robben und Seehunde ernähren sich von Fi- schen, Fluss- und Meerneunaugen von Fischblut). Die Funktion der Fahrrinne und der unmittelbar angrenzenden Bereiche als Nahrungssuchgebiet wird als gering einge- schätzt. Die Sedimententnahme und der damit verbundene Tierverlust wird keine mess- baren Auswirkungen auf die Nahrungskette über Fische bis hin zu den Meeressäugern haben. Es wird zudem mit einem räumlichen Meidungsverhalten der mobilen Arten ge- rechnet.

Der Wirkfaktor Sedimententnahme ist somit insgesamt nicht geeignet, FFH-Zielarten erheblich zu beeinflussen.

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5.2.1.1.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Substrataustrag

Tabelle 9: Zusammenfassung Wirkfaktor Substrataustrag

Beeinträchtigung Erheblichkeit

Veränderungen des LRT 1110, 1160 - dauerhaft, kleinräumig unerheblich

Substratänderung - dauerhaft, z.T. temporär unerheblich

Tierverlust Makrozoobenthos - temporär unerheblich

Tierverlust Fische - temporär unerheblich

Der Wirkfaktor Substrataustrag ist insgesamt nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.1.2 Substrateintrag

Tabelle 10: Substrateintrag

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Substrateintrag (Umlagerung) Flächen- und Funktionsverluste für Charak- LRT - 1160 terarten des Makrozoobenthos und Fluss- und Meerneunauge, Finte, Makrophytobenthos Rapfen, Bitterling, Fischotter, direkte Einwirkungen auf pelagische Zielar- Seehund, Kegelrobbe ten (Betroffenheit von Zielarten im indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsver- potenziellen Wirkraum, d.h. im fügbarkeit trophisch vernetzter Zielarten Umfeld der Klappstelle 517, s. Karte 1)

Die Klappstelle Palmer Ort (KS 517) liegt im zentralen Schlickbereich des Greifswalder Boddens mit Schlickmächtigkeiten zwischen 0,5 – 2,5 m (TÜV NORD 2007). Sie ist laut Vorhabensbeschreibung für die Umlagerung von Mudden vorgesehen.

Insgesamt nimmt die Klappstelle eine Fläche von 0,074% der Gesamtfläche des Greifs- walder Boddens ein.

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5.2.1.2.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen Lebensraumtyp 1160 – Flache große Meeresbuchten (Flachwasserzonen, Seegras- wiesen) Die Möglichkeit der Beeinträchtigung des LRT besteht in der Überdeckung von Charak- terarten des Makrozoobenthos (Polychaeten und Mollusken) der vorherrschenden Sedi- mente der Klappstelle. Das Makrozoobenthos der Klappstelle weist 23 Arten auf (IfAÖ 2007a). Es zeigt einen Ausschnitt des typischen Arteninventars des Greifswalder Bod- dens für den vorherrschenden Sedimenttyp „feinsandiger Schlick“. Hohe Individuenzah- len von Hydrobia ulvae, Mya arenaria und Marenzelleria bestimmen das Bild. Ähnliche substratspezifischen Dominanzverhältnisse sind auch nach der Sedimentunterbringung von unbelasteter Mudde aus dem Nördlichen Peenestrom zu erwarten. Da die Klappstel- le großräumig mit Schlick/Mudde umgeben ist, wird von einer raschen Neubesiedlung aus den benachbarten Gebieten ausgegangen.

Eine erhebliche Beeinträchtigung des LRT – 1160 wird ausgeschlossen.

5.2.1.2.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten über die Nahrungskette Mit der Überdeckung von Makrozoobenthosarten können Zielarten (Fische, Meeressäu- ger) über die Nahrungskette beeinträchtigt werden.

Die Funktion der Klappstelle und der unmittelbar angrenzenden Bereiche als Nahrungs- suchgebiet wird als gering eingeschätzt. Die Sedimententnahme und der damit verbun- dene Tierverlust wird keine messbaren Auswirkungen auf die Nahrungskette über Fische bis hin zu den Meeressäugern haben.

Eine erhebliche Beeinträchtigung der Zielarten über die Nahrungskette wird ausge- schlossen

5.2.1.2.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Substrateintrag

Tabelle 11: Zusammenfassung Wirkfaktor Substrateintrag

Beeinträchtigung Erheblichkeit

Veränderungen des LRT 1160 – dauerhaft, kleinräumig, z.T. unerheblich temporär

Tierverlust Makrozoobenthos - temporär unerheblich

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Der Wirkfaktor Substrateintrag ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH- Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.1.3 Schadstoffemissionen

Tabelle 12: Schadstoffemissionen

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Schadstoffemissionen Einschränkung der Assimilations- bzw. Filtrierleis- FFH-LRT 1110, 1140, 1160, der eingesetzten Bag- tungen von Makrophytobenthos bzw. Makrozoo- 1170 ger, Schiffe und Boote benthos Fluss- und Meerneunauge, (Öl, Schmiermittel, direkte toxische Einwirkungen auf Benthos und Finte, Rapfen, Bitterling, Abgase etc.) pelagische Zielarten; Fischotter, Kegelrobbe, Seehund indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- keit trophisch vernetzter Zielarten (Betroffenheit von FFH-LRT und Zielarten im potenziel- len Wirkraum, d.h. im Umfeld von Fahrrinne und Klappstellen, s. Karte 1)

Der Wirkfaktoren Schadstoffemission der eingesetzten Technik wird bei Normalbetrieb als gering eingeschätzt. Sowohl in die Luft als auch ins Wasser abgegebene Schadstoffe unterliegen bei geringen, betriebsbedingten Mengen einem natürlichen Vermischungs- und Verdünnungseffekt. Diese Prozesse werden durch die stets vorhandene Strömung und die vorherrschenden Windverhältnisse begünstigt.

5.2.1.3.1 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Schadstoffemission Die Schadstoffemission wird als kleinräumig, nicht nachhaltig und nicht erheblich einge- stuft. Von einer signifikanten Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des FFH-Gebietes ist mit Ausnahme des Havariefalles nicht auszugehen.

Der Wirkfaktor Schadstoffemission ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

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5.2.1.4 Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung

Tabelle 13: Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Entstehung von Trü- Einschränkung der Assimilations- bzw. Filtrierleis- FFH-LRT 1110, 1140, 1160, bungsfahnen sowie tungen von Makrophyten bzw. Makrozoobenthos 1170 Freisetzung von an und von Fischen im Zuge der Eintrübung der Fluss- und Meerneunauge, Sediment gebundenen Wassersäule sowie des Verdriftens und der Finte, Rapfen, Bitterling, Nährstoffen während der Sedimentation von Trübungspartikeln Fischotter, Kegelrobbe, Vertiefungsbaggerungen Möglichkeit der Sauerstoffzehrung nach Eintrü- Seehund sowie der Umlagerung bung der Wassersäule sowie Nährstofffreisetzung von Baggergut (Betroffenheit von FFH-LRT indirekte Beeinträchtigung der Nahrungsverfügbar- und Zielarten im potenziel- keit trophisch vernetzter Zielarten; len Wirkraum, d.h. im Umfeld von Fahrrinne und Scheuchwirkung von Trübungsfahnen auf Zielarten Klappstellen, s. Karte 1)

Trübungsfahnen bei Sedimentaushub:

Sedimentaufwirbelungen, Wassertrübungen und lokale Sedimentationen durch die Bag- gerung und die Sedimentunterbringung werden je nach Sedimentart in verschiedenen Intensitäten auftreten. So werden bei der Baggerung und Umlagerung von organischen Sedimenten und Tonen/Schluffen größere Trübungsfahnen und damit eine größere Fernwirkung entstehen, während bei Sanden bei geringerer Fernwirkung der Anteil an lokaler Sedimentation dafür größer sein wird.

Der Ausbaubereich im FFH-Gebiet umfasst Fein- bis Mittelsande, Mergel und Schlick/Mudde. Monitoringergebnisse zur vorhergehenden Fahrrinnenvertiefung des Peenestroms haben gezeigt, dass durch den Einsatz entsprechender Technik sowohl die Partikelfrachten in der Wassersäule als auch die mit der Sedimententnahme einhergehenden Nährstofffrei- setzungen reduziert werden konnten und eine Sauerstoffzehrung nicht nachweisbar war.

So wurden während des Monitorings 1996 bei Stichproben keine wesentlich erhöhten TOC/DOC Werte (Gehalt an festen und gelösten organischen Substanzen), keine nach- weisbare Ammoniumfreisetzung, keine Sauerstoffzehrung sowie nur eine geringe ortho- Phosphat-Freisetzung gemessen. Beim Einsatz des Eimerkettenbaggers in Ausbauberei- chen mit anstehenden Sanden und Mergel ergaben sich 1996 ebenfalls keine wesentli- chen Veränderungen in den Sauerstoffwerten sowohl 200 m vor als auch 200 m nach dem Bagger.

Eine signifikante Sauerstoffzehrung beim Aushub von anstehenden Feinsanden und Mergel im Bereich des FFH-Gebiets wird deshalb ausgeschlossen.

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Bei Baggerungsarbeiten (Eimerkettenbagger) im Breitling an der Wendeplatte waren Gewässertrübungen 1 m unter der Wasseroberfläche in Strömungsrichtung bis etwa 300 m nachweisbar (MEYER & ERNST 1999). Bereits in 100 m Entfernung vom Bagger wurden Trübungswerte gemessen, die natürlichen Verhältnissen im Breitling nach stärke- ren Windereignissen entsprechen. In den tieferen Bereichen der Fahrrinne wurden noch in 500 m Abstand zum Bagger ab 7 m Wassertiefe erhöhte Trübungen festgestellt.

Dies zeigt, dass mit der Fahrrinnenvertiefung resuspendiertes Material hauptsächlich in der Fahrrinne verdriftet wird und die Auswirkungen auf angrenzende Flachwasserberei- che gering sind.

Eine signifikante Sauerstoffzehrung beim Aushub von anstehenden organischen Sedi- menten im Bereich des FFH-Gebiets wird deshalb ausgeschlossen.

Trübungsfahnen im Zuge der Sedimentumlagerung

In einem prognostischen Gutachten (Tüv NORD 2007a) zur aquatischen Umlagerung der im Zuge von Unterhaltungsbaggerungen aus der Palmer Ort Rinne entnommenen Sedi- mente auf der Klappstelle 517 (Palmer Ort) im Sommer 2007 werden Ergebnisse eines Modellversuchs zu Absinkraten für Schluffsedimente aus der Unterwarnowquerung von 1999 zitiert. Als Absinkrate wurden dabei Werte von mehr als 2 m/h bestimmt. Übertra- gen auf die Situation im Greifswalder Bodden war bei der Sedimentumlagerung auf der Klappstelle 517 mit einer mittleren Wassertiefe von 7 m unter der Annahme eines Tief- gangs der Schuten von 3 m eine vollständige Sedimentation suspendierter Partikel nach spätestens etwa 2 h zu erwarten (Tüv NORD 2007a). Diese Prognose konnte durch Feld- untersuchungen vollinhaltlich bestätigt werden (Tüv NORD 2007b, Anlage G.5, Ordner 8).

Aufgrund der Entfernung der Klappstelle zu den auszubaggernden Fahrrinnen sind Summationseffekte auszuschließen, da die Abstände zur Umlagerung von Baggergut in Anbetracht der Schutengeschwindigkeit mehr als 2 h betragen wird. Hinsichtlich der Ausbreitung suspendierten Materials um die Einbringstelle werden bei der Annahme einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit von 7 cm/s Verfrachtungen bis zu einem Um- kreis von etwa 0,5 km um die Einbringstelle auf der Klappstelle 517 in Stromrichtung für möglich gehalten (TÜV NORD 2007a, b, Anlage G.5, Ordner 8).

Auch hinsichtlich der chemischen Auswirkungen sind keine ökologisch relevanten sauer- stoffzehrenden Prozesse durch Umlagerung des Aushubmaterials auf der Klappstelle 517 zu erwarten. Dies wird zum einen durch die relativ kurzen Aufenthaltszeiten organi- schen Materials in der Wassersäule begründet, zum anderen tritt nur ein Bruchteil der im Sediment enthaltenden organischen Substanzen sauerstoffzehrend in Erscheinung, während der größte Anteil auf den Meeresboden absinkt und wieder überdeckt wird (TÜV NORD 2007a, b, Anlage G.5, Ordner 8).

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Auf den Klappstellen 527 bzw. 551 sind aufgrund der größeren durchschnittlichen Was- sertiefen (9 m bzw. 12 m) prinzipiell etwas längere Verweildauern der etwas höheren Partikelfrachten in der Wassersäule und demzufolge größere Wirkweiten zu erwarten. Aufgrund der vergleichbar guten Austauschsituation mit der offenen Ostsee ist jedoch mit einer relativ raschen Verdünnung des suspendierten Materials unterhalb ökologisch kritischer Werte zu rechnen.

Diese Einschätzung wird durch Untersuchungen bei der Umlagerung von Sand und Mergel (enthält Schluff- und Tonanteile) auf der etwa 5 bis 7 m tiefen Klappstelle 508 südöstlich des Gänsegrundes unterstützt (MEYER & ERNST 1999). Hierbei wurden bereits 30 min nach der Sedimentumlagerung drastische Abnahmen der Trübungswerte bereits in 80 m Entfernung vom Einbringpunkt festgestellt. Mit kontinuierlichen Trübungsmes- sungen am südlichsten Punkt der Klappstelle 508 konnte gezeigt werden, dass erhöhte Trübungen nach einer Sedimentumlagerung nur kurzfristige Ereignisse darstellen. Lang- anhaltende Trübungen wurden nur bei Windstärken festgestellt, in denen aufgrund des Seeganges keine Sedimentumlagerung mehr möglich war.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der Messbericht der BAW (2007, vgl. Anlage zur Unterlage G.6).

Diese Einschätzungen zeigen, dass die vorhabensbedingten Trübungsfahnen gegenüber den im Zuge von Starkwindereignissen auf natürliche Weise induzierten Gewässertrü- bungen vernachlässigbar sind.

Eine weiträumig über die Schüttstellen hinausgehende Wirkung der Trübungsfahnen auf das Makrozoobenthos, das Makrophytobenthos oder die Laichplätze in den Flachwasser- randbereichen des Greifswalder Boddens wird daher ausgeschlossen.

5.2.1.4.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen Lebensraumtyp 1110 – Sandbank Der Lebensraumtyp Sandbank grenzt im Bereich zwischen dem Ausgang der Spando- werhagener Wiek und dem Loch (Kilometer 45 bis 49) an die Fahrrinne. Hier sind Beein- trächtigungen durch Trübungsfahnen zu erwarten. Es wird davon ausgegangen, dass es zu unerheblichen Beeinträchtigungen der typischen Bodenfauna durch Überlagerung mit einer sehr geringmächtigen, vernachlässigbaren Auflage von sedimentiertem Material kommt.

Makrophyten wurden in diesem Bereich nur als Driftalgen kartiert. Lediglich in den Ufer- bereichen bei 0,4 m Tiefe in einer Entfernung von mindestens 300 m zum Eingriffsort sind inselartige Bestände von Ruppia spp. und Potamogeton pectinatus mit geringen Deckungswerten festgestellt worden (IFAÖ 2007b). Eine signifikante Beeinträchtigung der Bestände durch verringerte Assimilationsfähigkeit der Pflanzen wird ausgeschlossen, da

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sie sich einerseits am Rand vom Wirkungsradius befinden und andererseits bei flutenden Arten von einer raschen Freispülung der möglichen Partikelauflage auszugehen ist.

Lebensraumtyp 1140 - Windwatt Der Lebensraumtyp Windwatt am Freesendorfer Haken hat einen Abstand von mindes- tens 500 m zum Vorhaben. Dem Windwatt vorgelagert ist der Lebensraumtyp Sandbank mit geringen Wassertiefen. Es wird daher davon ausgegangen, dass sich der LRT Wind- watt damit außerhalb der in der Literatur beschriebenen Wirkweiten der Trübungsfahnen befindet. Das Windwatt am Peenemünder Haken ist ca. 200 m vom Vorhaben (Ausbau- variante 1) entfernt. Hier werden auch aufgrund der Strömungsverhältnisse Beeinträchti- gungen durch Überlagerungen mit Trübungspartikeln begünstigt. Es wird davon ausge- gangen, dass es temporär zu einer geringmächtigen, vernachlässigbaren Auflage von sedimentiertem Material kommt.

Lebensraumtyp 1160 – Flache große Meeresbuchten (Flachwasserzonen, Seegras- wiesen) Die Auswirkungen sind mit oben für die LRT 1110 und LRT 1140 beschrieben vergleich- bar und sollen hier nicht wiederholt werden.

Eine Beeinträchtigung des LRT 1160 durch die Trübungsfahnen während der Sediment- umlagerung wird als gering eingeschätzt. Die Klappstelle 517 liegt im zentralen Schlick- becken des LRTs mit einer Wassertiefe von ca. 7 m. Die vorherrschende Sedimentart ist, wie in großen Teilen des Greifswalder Boddens, schlickiger Feinsand. Eine Beeinträchti- gung der Struktur und Funktion des LRTs 1160 wird ausgeschlossen.

LRT 1170 - Riff Der Lebensraumtyp Riff hat einen Mindestabstand von 2.000 m zum Eingriff und wird daher nicht von den Trübungsfahnen erreicht.

Der Wirkfaktor Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung ist somit insgesamt nicht geeignet, die Funktion und Struktur der FFH-Lebensräume erheblich zu beeinflus- sen.

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5.2.1.4.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten Untersuchungen (siehe Kap. 5.2.1.4) zeigen, dass Trübungsfahnen durch Ausbaggerung und Umlagerung von Sedimenten einen zeitlich und räumlich sehr begrenzten Wirkungs- radius haben. Bei den Zielarten (Fluss- und Meerneunauge, Finte, Rapfen, Bitterling, Kegelrobbe, Seehund) handelt es sich um mobile Arten, bei denen entweder mit einem Fluchtverhalten (kleine Fische) oder einer Toleranz der erhöhten Trübung (größere Fischarten) gerechnet werden kann. Eine direkte Beeinträchtigung der Fischarten durch Verkleben der Kiemen und damit verbundene Einschränkung der Atmung wird daher ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung der Zielarten durch die fehlende Möglichkeit des Nahrungsauffindens während der Wirkdauer der Trübung wird als gering eingeschätzt.

Eine Auswirkung der Trübungsfahnen auf das im FFH-Gebiet liegende Laichschongebiet (Freesendorfer See) wird ausgeschlossen, da es durch die Distanz zum Eingriffsort nicht betroffen ist. Der Fischotter verfügt über ein ausgedehntes Jagdrevier. Er kann bei verschlechtertem Nahrungsangebot dem Wirkradius der Trübung ausweichen. Aus diesem Grund wird die Beeinträchtigung auch hier als unerheblich eingeschätzt.

Der Wirkfaktor Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung ist somit insgesamt nicht geeignet, FFH-Zielarten erheblich zu beeinflussen.

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5.2.1.4.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Trübungsfahnen

Tabelle 14: Zusammenfassung Wirkfaktor Trübungsfahnen

Beeinträchtigung Erheblichkeit

Partikelauflage bei LRT 1110 unerheblich

Partikelauflage bei LRT 1140 unerheblich

Partikelauflage bei LRT 1160 unerheblich

Assimilation von Makrophytobenthos unerheblich

Assimilation/Filtration von Makrozoobenthos unerheblich

Assimilation/Atmung von Fischen unerheblich

Nahrungssuche von Fischen unerheblich

Nahrungssuche von Fischottern unerheblich

Der Wirkfaktor Trübungsfahnen und Nährstofffreisetzung ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.1.5 Schallemission und optische Unruhe

Tabelle 15: Schallemission und optische Unruhe

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Schallemission und Scheuch- und Vergrämungswirkungen Fluss- und Meerneunauge, Finte, optische Unruhewirkung (sowohl über wie unter Wasser), Verände- Rapfen, Bitterling, Fischotter, während der Baggerun- rung der Raumnutzung Kegelrobbe, Seehund gen sowie des Abtrans- ports und der Umlage- rung von Baggergut

5.2.1.5.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen Keine

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5.2.1.5.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten Die vorgesehenen Arbeiten werden einen Anstieg des Unterwasserschallpegels zur Folge haben und somit direkt auf die Fischfauna wirken. Bereiche einer physischen Schädigung von Fischen wurden von EVANS (1998) mit 180 - 220 dB angegeben. Da eine Schallübertragung aus der Luft in das Wasser auszuschließen ist (Totalreflexion der Schallwellen an der Wasseroberfläche) wird hier von einer geringeren baubedingten Schallemission durch Bagger und Schutenmotoren ausgegangen. Es wird in diesen Bereichen mit einem Meidungsverhalten der Fische gerechnet. Die Möglichkeit der Um- gehung der Schallquellen ist gegeben. Es wird ebenfalls davon ausgegangen, dass nach Beendigung der Arbeiten alte Durchzugswege, die vornehmlich in den flacheren Berei- chen zu suchen sind, wie vor dem Ausbau genutzt werden.

Vorkommen von Meeressäugern (Kegelrobben und Seehunde) sind bisher nur in gerin- gen Dichten im Greifswalder Bodden aufgetreten. Geringe Vorkommen sind am ehesten im Bereich Großer Stubber bzw. Boddenrandschwelle zu erwarten (s. Kapitel 2.4). Als potenzielle Liegeplätze sind die Windwatten vor dem Freesendorfer Haken und des Peenemünder Hakens sowie Bereiche um die Insel Ruden angegeben (UMWELTPLAN 2005). Aufgrund des ausreichenden Abstandes zur Eingriffstelle werden keine Beein- trächtigungen der potenziellen Liegeplätze erwartet. Zudem sind die Baggertätigkeiten und der Schutenverkehr auf die Fahrrinnen beschränkt, so dass genügend Ausweich- räume für den Durchzug und die Jagd der Meeressäuger vorhanden sind. Folglich sind keine signifikanten Beeinträchtigungen von Kegelrobbe und Seehund zu erwarten.

Der Fischotter nutzt hauptsächlich die Uferlinie für seine Wanderbewegungen, somit besteht ein gewisser Abstand zu den direkten Störquellen. Aufgrund der Wanderbaustelle mit lokalem Wirkumkreis ist für den Fischotter ein Umgehen der Störquelle möglich. Seine Raumnutzung wird somit nur unwesentlich eingeschränkt. Aufgrund der Wander- baustelle sind die jeweiligen Streckenabschnitte nur relativ kurzzeitig (wenige Tage) gestört. Folglich ist keine signifikante Beeinträchtigung des Fischotters zu erwarten.

Der Wirkfaktor Schallemission und optische Unruhe ist somit insgesamt nicht geeig- net, FFH-Zielarten erheblich zu beeinflussen.

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5.2.1.5.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Schallemission und optische Unruhe

Tabelle 16: Zusammenfassung Wirkfaktor Schallemission, optische Unruhe

Beeinträchtigung Erheblichkeit

Verengung der Durchzugswege von Zielarten unerheblich

Störung potenzieller Liegeplätze von Meeressäugern unerheblich

Störung der Nahrungssuche von Meeressäugern unerheblich

Störung der Nahrungssuche von Fischottern unerheblich

Der Wirkfaktor Schallemission und optische Unruhe ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.2 Anlagebedingte Konfliktpotenziale

5.2.2.1 Veränderung der Hydromorphologie

Tabelle 17: Veränderung der Hydromorphologie

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielar- ten und FFH-LRT

Veränderung der Hyd- Veränderungen benthischer Ansiedlungsvoraus- FFH-LRT 1160 romorphologie durch setzungen im Bereich der Fahrrinne bzw. der (Betroffenheit von FFH-LRT Vertiefung der Fahrrinne Schüttstelle und dadurch potenziell bedingte am unmittelbaren Eingriffsort und Umlagerung von Lebensraumverluste in der Fahrrinne und auf der Baggergut Schüttstelle 517, s. Karte 1)

Grundsätzlich kann eine Veränderung der Hydromorphologie zu Veränderungen in den Besiedlungsvoraussetzungen benthischer Arten (Flora und Fauna) führen.

Die Fahrrinne (Tiefe 6,50 m) und die Schüttstelle 517 (Tiefe ca 7,0 m) sind bereits derzeit für die Ansiedlung von Makrophyten nicht geeignet, was durch die aktuellen Kartierungen bestätigt wurde (IFAÖ 2007b).

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5.2.2.1.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen Lebensraumtyp 1160 – Flache große Meeresbuchten (Flachwasserzonen, Seegras- wiesen) Eine mögliche Beeinträchtigung des LRT 1160 durch das Vorhaben besteht in der Ver- änderung der Ansiedlungsvoraussetzung für Zoobenthos und Phytobenthos durch Unter- schreitung der besiedelbaren Tiefe. Phytobenthos ist im Ausbaubereich nicht vorhanden und nicht zu erwarten, da die bestehende Tiefe von jetzt 6,5 m bereits die natürliche Vegetationsgrenze in diesem Bereich unterschreitet.

Eine signifikante Änderung der Zoobenthosgemeinschaft durch die geplante Wassertiefe von 7,5 m ist ebenfalls nicht zu erwarten, da sich in der morphologisch vorbelasteten Fahrrinne bereits eine entsprechende Artengemeinschaft eingestellt hat. Im Vergleich zu den Flachwasserbereichen in unmittelbarer Nähe der Fahrrinne werden annähernd glei- che Artenzahlen erreicht (IFAÖ 2007a). Weiterhin kommt es im Bereich der Schüttstelle 517 durch die Sedimentablagerung lokal zu einer Veränderung der Morphologie (Minderung der Wassertiefe von 0,5 bis 1 m). Laut Gutachten (TÜV Nord 2007) entspricht das umzulagernde Sediment dem dort vorherr- schenden und ist als lagestabil einzuschätzen. Weiterhin wird von einer Nivellierung durch bodennahe Strömungen ausgegangen. Von einer Beeinträchtigung des Lebens- raumtyps 1160 wird nicht ausgegangen.

Der Wirkfaktor Veränderung der Hydromorphologie ist somit insgesamt nicht geeig- net, die Funktion und Struktur des FFH-LRT 1160 Flache große Meeresbuchten erheblich zu beeinflussen.

5.2.2.1.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten Keine

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5.2.2.1.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirk- faktor Veränderung der Hydromorphologie

Tabelle 18: Zusammenfassung Wirkfaktor Veränderung der Hydromorphologie

Beeinträchtigung Erheblichkeit

Veränderungen benthischer Ansiedlungsvorausset- unerheblich zungen

Der Wirkfaktor Veränderung der Hydromorphologie ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.2.2 Veränderung der Hydromechanik

Tabelle 19: Veränderung der Hydromechanik

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Veränderung der Hyd- Veränderung der Morphologie von FFH-LRT FFH-LRT 1110, 1140 romechanik (Veränderte Strömungsgeschwindigkeiten könn- (Betroffenheit durch eventu- ten Uferabrasion verstärken sowie die Sediment- ell veränderte Sedimentdy- dynamik verändern - Abtrag, Ablagerung.) namik am Peenemünder Haken)

Für den Nördlichen Peenestrom werden laut Gutachten der BAW (2007) in der hydrau- lisch leistungsfähigen Rinne die größten Änderungen der Strömungsverhältnisse erwar- tet. Diese sind u.a. abhängig von der jeweiligen Strömungsrichtung (Einstrom, Ausstrom, Stillstand). Bedingt durch den ermöglichten höheren Durchfluss, wird in nicht gebaggerten Bereichen eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeiten prognostiziert. Signifikante Erhöhungen der Strömungsgeschwindigkeit von ca. 25% sind in Ausstromsituationen bei Niedrigwas- ser im Bereich der Tonnenbankrinne simuliert worden. Die Änderungen der Strömungs- geschwindigkeiten in den Uferbereichen sind hingegen laut Gutachten marginal.

5.2.2.2.1 Mögliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen

LRT 1110 - Sandbank Der Lebensraumtyp Sandbank grenzt von der Spandowerhagener Wiek bis zum Loch (km 45 - 49) an die Fahrrinne. In der Tonnenbankrinne sind Beeinträchtigungen durch erhöhte Strömungsgeschwindigkeiten bei Ausstrom und Niedrigwasserereignissen mög-

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lich. Die für die Mobilität des vorherrschenden Feinsandes nötige Schubspannungsge- schwindigkeit von 0,5 cm/s wird laut BAW Gutachten nur bei diesen Situationen erreicht (BAW 2007 Anl. 7). Ein möglicher Abtrag an der Sandbank, welche an die Tonnen- bankrinne angrenzt, wird als räumlich sehr begrenzt eingeschätzt, da mit zunehmender Entfernung von der Fahrrinne die ausbaubedingten Strömungsgeschwindigkeitsänderun- gen deutlich abnehmen.

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Lebensraumtyps in seiner Struktur und Funktion wird daher ausgeschlossen.

Lebensraumtyp 1140 - Windwatt Im Bereich des Lebensraumtyps sind keine ausbaubedingte Änderungen der Strömungs- geschwindigkeiten zu erwarten.

Der Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik ist somit insgesamt nicht geeignet, die Funktion und Struktur der FFH-Lebensräume erheblich zu beeinflussen.

5.2.2.2.2 Mögliche Beeinträchtigung von Zielarten Keine

5.2.2.2.3 Zusammenfassende Beurteilung der Beeinträchtigungen durch den Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik

Tabelle 20: Zusammenfassung Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik

Beeinträchtigung Erheblichkeit mögliche Erosion am LRT 1110 unerheblich

Der Wirkfaktor Veränderung der Hydromechanik ist nicht geeignet, die Struktur und Funk- tion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

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5.2.3 Betriebsbedingte Konfliktpotenziale

5.2.3.1 Veränderung der Schiffsparameter

Tabelle 21: Veränderung der Schiffsparameter

Wirkfaktor Wirkprozess potenziell betroffene Zielarten und FFH-LRT

Veränderung der Zunahme von Schallemissionen und optischer Fischotter, Kegelrobbe, Schiffsverkehrsparame- Unruhewirkungen im Falle der Zunahme des Seehund ter (Frequenz, Tonnage) Schiffsverkehrs (Hafen Wolgast nach Ausbau auch für größere Schiffe zugänglich)

Die Auswirkungen der Belastungsarten Schallemission und optische Wirkung sind als identisch zu den baubedingten Auswirkungen gleicher Belastungsart (siehe Kap. 5.2.1.5) hierbei wird allerdings von kurzzeitigen Ereignissen (Schiffspassagen) und geringeren Intensitäten ausgegangen. Der zukünftige Schiffsverkehr wird überwiegend weiterhin in der derzeitigen Fahrrinne stattfinden. Die störungssensiblen Zielarten meiden diesen Bereich ohnehin aufgrund der derzeit bereits bestehenden Vorbelastungen. Somit wird von keiner signifikanten Betroffenheit von Zielarten ausgegangen.

Der Wirkfaktor Veränderung der Schiffsparameter ist nicht geeignet, die Struktur und Funktion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

5.2.3.2 Unterhaltungsbaggerungen

Tabelle 22: Unterhaltungsbaggerungen

Wirkfaktor Wirkprozess FFH-Gebiete sowie poten- ziell betroffene Zielarten und FFH-LRT gegenüber dem Ist- s. baubedingte Wirkfaktoren s. baubedingt betroffene Zustand erhöhter Zielarten und FFH-LRT

Aufwand für Unterhal- tungsbaggerungen mit im Vergleich zur Bau- phase qualitativ analo- gen Wirkungen

Es ist davon auszugehen, dass die Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt werden, sobald das derzeitige Projektziel nicht mehr gewährleistet ist. Die im Zuge der Unterhal- tung anfallenden Baggermengen sind demnach wesentlich geringer als während der Vertiefungsphase. Die betriebsbedingten Wirkungen treten daher im Vergleich zur Bau- phase in niedrigeren Intensitäten auf (siehe Kap. 5.2.1). Aus den in Bezug zur Bewertung

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bauzeitlicher Beeinträchtigungen analogen Gründen sind daher signifikante Beeinträchti- gungen während der Unterhaltungsbaggerungen ebenfalls auszuschließen.

Der Wirkfaktor Unterhaltungsbaggerungen ist nicht geeignet, die Struktur und Funk- tion des FFH-Gebietes erheblich zu beeinträchtigen.

6 Maßnahmen der Schadensbegrenzung

Aufgrund des Ausbleibens als erheblich eingestufter Beeinträchtigungen ergibt sich keine Notwendigkeit von Maßnahmen der Schadensbegrenzung.

7 Beurteilung der Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele durch andere zusammenwirkende Pläne und Projekte

7.1 Methodik Nach § 34 Abs. 2 BNatSchG bzw. § 35 BNatSchG und § 18 Abs. 1 LNatG M-V ist im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung zu untersuchen, ob vom betrachteten Vorhaben Wirkungen ausgehen, die im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten in der Region zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Zielarten und Lebensraumtypen der zu prüfenden Schutzgebiete führen können (Kumulationswirkung).

Folgende Arten von Plänen und Projekten sind im Rahmen dieses Prüfschrittes insbe- sondere zu berücksichtigen (KIELER INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSÖKOLOGIE et al. 2004):

• angezeigte Pläne sowie Projekte, die sich zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutach- tens in der Genehmigungsphase befinden und potenziell zu Beeinträchtigungen auf Schutzgüter und Erhaltungsziele der betroffenen Natura 2000-Gebiete geeignet sind

• genehmigte, aber noch nicht umgesetzte Projekte, die zwar zur Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten geeignet sind, die prognostizierten Beeinträchtigungen jedoch als nicht erheblich eingestuft wurden

• abgeschlossene, aber erst nach dem Zeitpunkt der Schutzgebietsausweisung ge- nehmigte Vorhaben, die zu als nicht erheblich eingestuften Beeinträchtigungen in den betroffenen Natura 2000-Gebiete führen

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Anpassung Seewasserstraße „Nördlicher Peenestrom“, FFH-Verträglichkeitsuntersuchung FFH-Gebiet DE 1747-301 UmweltPlan

7.2 Auswahl der berücksichtigten Pläne und Projekte und Prognose kumulativer Wirkungen Laut nachrichtlicher Mitteilung des StAUN Ueckermünde vom 4. Juli 2007 sind die u.g. Pläne und Projekte im Rahmen der Betrachtung möglicher kumulativer Beeinträchtigun- gen zu berücksichtigen. In der nachfolgenden Tabelle werden ihre voraussichtlichen Projektwirkungen genannt, die

– sie prinzipiell mit dem zu bewertenden Vorhaben gemeinsam haben können bzw.

– die sich von den Projektwirkungen des Vorhabens in ihrer Charakteristik unter- scheiden, jedoch zu Wirksynergien geeignet sind.

Tabelle 23: Zu berücksichtigende Pläne und Projekte und deren kumulative Wirkungen im Zusammenhang mit dem Vorhaben

Pläne/ Projekte Begründung Substrataustrag, Substrateintrag Trübungsfahnen Schallemission, optische Unruhe Kumulative Wirkungen

Ausbau der Hafenzufahrt, Fertigstellung sowie x x x keine keine Überlagerung der Inbetriebnahme des Industriehafens „Synergie- Wirkräume park Lubminer Heide“

Ausbau der Bundeswasserstraße im Bereich x x x keine keine Überlagerung der des Auslaufkanals Lubmin Wirkräume

B-Pläne Vierow (Nr. 3 und 4) x keine terrestrische Wirkräume

B-Plan Nr. 1 „Industrie- und Gewerbegebiet x keine terrestrische Wirkräume Lubminer Heide“, inkl. Änderungen

FNP der Gemeinde Lubmin, inkl. Änderungen x keine terrestrische Wirkräume

Yachthafen am Auslaufkanal x keine keine Überlagerung der Wirkräume

Ausbau der Bundeswasserstraße (Ostansteue- x x x keine keine Überlagerung der rung Stralsund) Wirkräume

GUD-Kraftwerke 1 und 2 x keine terrestrische Wirkräume, keine zeitliche Überlage- rung

Erweiterung Marina Kröslin x x x keine keine Überlagerung der Wirkräume

Ortsumgehung Wolgast x x x keine terrestrische Wirkräume

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Pläne/ Projekte Begründung Substrataustrag, Substrateintrag Trübungsfahnen Schallemission, optische Unruhe Kumulative Wirkungen

Errichtung und Betrieb eines Steinkohlekraft- x keine terrestrische Wirkräume werkes am Standort Lubminer Heide

Kabeltrassen zu den Offshore-Windparks x x x keine keine Überlagerung der Ventotec Ost 2 und Arkonabecken Südost Wirkräume, keine zeitliche Überlagerung

Errichtung und Betrieb einer Gasverdichterstati- x keine terrestrische Wirkräume on im Bereich des Auslaufkanals am Standort Lubmin

Erweiterung des Yachthafens Lauterbach x x x keine keine Überlagerung der Wirkräume

Marine Sand- und Kiesgewinnungsflächen x xx x keine keine Überlagerung der Wirkräume

B-Plan Nr. 7 „Ferienhaussiedlung mit Versor- x keine terrestrische Wirkräume gungseinrichtungen Nordhafen“

FNP der Gemeinden Peenemünde, Karlshagen, x keine terrestrische Wirkräume Kröslin, Freest und der Stadt Wolgast

Gasleitung NORD STREAM x x x keine keine Überlagerung der Wirkräume, keine zeitliche Überlagerung

Insgesamt wird eine Eignung des Vorhabens zur signifikanten Beeinträchtigung der Schutzgebiete im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten ausge- schlossen. Das Vorhaben ist somit nicht zur erheblichen Beeinträchtigung der Schutzgebiete durch kumulative Wirkprozesse geeignet.

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8 Zusammenfassung und Fazit Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, vertreten durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund plant die Vertiefung des Nördlichen Peenestromes auf NN -7,50 m Wassertiefe. Für das folgende vorgeschlagene FFH-Gebiet ist eine FFH- Verträglichkeitshauptuntersuchung durchgeführt worden:

- FFH-Gebiet „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Use- dom“ (DE 1747-301)

Das FFH-Gebiet (vgl. Abbildung 1) ist auf Grundlage des Kabinettbeschlusses vom 25.05.2004 Bestandteil der 3. Meldetranche von FFH-Gebieten für MV. Innerhalb der vorliegenden FFH-Hauptuntersuchung wurden Schutzzweck und Erhal- tungsziel des Gebietes einschließlich der Lebensraumtypen und Zielarten beschrieben.

Des Weiteren wurden die vom Vorhaben abzuleitenden Wirkfaktoren aufgezeigt, mögli- che Beeinträchtigungen auf das FFH-Gebiet (Lebensraumtypen und Arten) identifiziert und anhand ihre Erheblichkeit bewertet.

Weiterhin wurde eine Liste anderer Pläne und Projekte zusammengestellt, mit denen das Vorhaben möglicherweise über kumulative Wirkungen in Zusammenhang zu bringen ist, und deren Zusammenwirken mit dem Vorhaben eingeschätzt.

Folgende vorhabensspezifische Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets wurden für beide Ausbauvarianten identifiziert und bewertet.

Tabelle 24: Zusammenfassende Bewertung der Beeinträchtigungen vorhabensbedingte Beeinträchtigung Erheblichkeit Wirkfaktoren baubedingte Wirkfaktoren Substrataustrag Substratänderung – dauerhaft, z.T. temporär unerheblich Tierverlust Makrozoobenthos - temporär unerheblich Tierverlust Fische - temporär unerheblich Veränderungen des LRT 1110, 1160 – kleinräumig, unerheblich dauerhaft Substrateintrag Tierverlust Makrozoobenthos - temporär unerheblich Veränderungen des LRT 1160 – kleinräumig, dauerhaft, unerheblich z.T. temporär

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vorhabensbedingte Beeinträchtigung Erheblichkeit Wirkfaktoren Trübungsfahnen Partikelauflage bei – LRT 1110 unerheblich Partikelauflage bei – LRT 1140 unerheblich Partikelauflage bei – LRT 1160 unerheblich Assimilation von Makrophytobenthos unerheblich Assimilation/Fitration von Makrozoobenthos unerheblich Assimilation/Atmung von Fischen unerheblich Nahrungssuche von Fischen unerheblich Nahrungssuche von Fischottern unerheblich Schallemission und opti- Verengung der Durchzugswege von Zielarten unerheblich sche Unruhe Störung potenzieller Liegeplätze von Meeressäugern unerheblich Störung der Nahrungssuche von Meeressäugern unerheblich Störung der Nahrungssuche von Fischottern unerheblich Anlagebedingte Wirkfaktoren Änderung der Hydromecha- mögliche Erosion am LRT 1110 unerheblich nik Änderung der Hydromor- Veränderungen des LRT 1160 unerheblich phologie Betriebsbedingte Wirkfaktoren Veränderung der Schiffs- keine verkehrparameter Unterhaltungsbaggerungen keine

Fazit Beide Ausbauvarianten des Vorhabens sind nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Usedom“ (DE 1747-301) geeignet. Das Vorhaben ist daher als verträglich im Sinne des §34 BNatSchG zu werten.

Die Ausbauvarianten 1 und 2 sind aus der Sicht der Beeinträchtigungen des genannten Schutzgebietes gleichwertig einzuschätzen.

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IfAÖ (2007b): Anpassung der Seewasserstraße „Nördlicher Peenestrom“ an die verän- derten Anforderungen aus Hafen- und Werftbetrieb der Stadt Wolgast – Fachgutach- ten Makrophytobenthos, Fassung September 2007

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