Nachlass Reinhard Federmann Am Literaturarchiv Der Österreichischen Nationalbibliothek
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Projektarbeit im Rahmen der Grundausbildung des Universitätslehrganges Library and Information Studies, MSc an der Österreichischen Nationalbibliothek Nachlass Reinhard Federmann am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Eingereicht von Johanna Kozber Betreuer: Dr. Volker Kaukoreit Inhaltsverzeichnis 1.) Einleitung 3 2.) Voraussetzungen 4 3.) Arbeitsschritte und Meilensteine 5 4.) Conclusio 8 5.) Anhang 1.) Einleitung Schreib. schreibe die Nacht schreibe den hellen Morgen schreibe den Gang des Mädchens auf der Gasse am hellen Morgen schreibe den Duft der Frau, die sich zu dir gebeugt hat, schreibe, wie es dir war, schreibe den Stolz und die Freude und die Hoffnung, die stossende, an den Rippen, schreibe was du gedacht hast am Morgen und in der Nacht und Mittags und schreibe, was sie in den Kellern gedacht haben tags und in der Nacht schreibe die Toten. schreibe die Kinder, wenn sie aufstehen am Morgen, schreibe das Essen, schreib, wie es schmeckt, schreib auch das Trinken. Schreib, warum du trinkst, schreib: ein Freund fragt mich, warum ich trinke schreib die Alten und die Kranken und wie es dir war als du krank warst schreib die Erlösung, sich auszustrecken und nichts mehr zu tun schreib vom Arbeiten, wie es dir ist, wie du es planst, und wie es wird, schreibe den Tod schreibe die Trauer, die unermessliche schreib. Diese Gedichtzeilen eines Gedichtes aus dem Nachlass des österreichischen Schriftstellers Reinhard Federmann (vgl. Anhang 1) als Einleitung für die vorliegende Projektdokumentation zu verwenden, hat seine Berechtigung im zweifachen Sinn: Als undatiertes Typoskript ohne Titel, das sich in der zweiten der vierzehn Umzugskartons des Nachlasses als loses Blatt befand, ist es aussagekräftig für den weitgehend ungeordneten Zustand, in dem der Nachlass dem Österreichischen Literaturarchiv übergeben wurde. Zwar wurde nach dem Ankauf eine grobe Inventarliste des in dem Nachlass enthaltenen Bestandes erstellt (vgl. Anhang 2: Nachlass Federmann. Sichtung von Mag. Martin Wedl, Mai bis Dezember 2009, Jänner 2011.), doch diese hatte eher Überblickcharakter und diente für die tatsächliche Nachlasserschließung nur als grober Anhaltspunkt. Besondere Schwierigkeiten bereiteten vor allem die Anzahl nicht identifizierbarer Fragmente (s.unten). 3 Darüber hinaus ist das Gedicht inhaltlich ein Exempel für Reinhard Federmanns Schreibpraxis: Nach dem frühen Tod seiner Eltern musste sich Federmann nach seiner Matura im Jahr 1941 mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, arbeitete kurzzeitig unter anderem als Chauffeur und Lagerist. Nachdem er 1942 als Soldat Kriegsdienst leistete, der 1944 durch russische Gefangenschaft endete, kehrte er 1945 nach Wien zurück, inskribierte sich für ein Jus-Studium, musste dieses aber frühzeitig abbrechen. Vielversprechender war für ihn ab 1947 die Tätigkeit als freier Schriftsteller, der jedoch aus großer finanzieller Not heraus nicht nur auf Gönner und Förderer angewiesen, sondern auch zur Vielschreiberei gezwungen war (vgl. die von mir verfasste Kurzbiographie auf der Homepage des Österreichischen Literaturarchivs:http://onb.ac.at/sammlungen/litarchiv/bestaende_det.phpid=federmann). Literarische Produktion bedeutete für Federmann ergo nicht nur das Entwickeln von neuen Romankonzepten, sondern war auch geprägt von der ständigen Wiederverwertung und Umarbeitung bereits vorhandener Texte, was sich in seinem Nachlass vor allem durch die große physische Unordnung der Manuskripte und Typoskripte widerspiegelt und den fragmentarischen Charakter einzelner Texte erklärt. Insofern war die Nachlassbearbeitung- und erschließung auch eine teilweise detektivische Tätigkeit, die Textfragmente und lose Blätter wieder zusammenzuführen versuchte. 2.) Voraussetzungen Für mich, die bereits Praktika im archivarischen Bereich absolviert hatte, war die Arbeit am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek nicht ein völlig fremdes Terrain, doch hatte ich nun zum ersten Mal die Möglichkeit, einen Nachlass und seinen Weg im Literaturarchiv der ÖNB vom Ankauf bis zur Katalogisierung mitzuverfolgen bzw. aktiv daran teilzuhaben. Durch mein Studium der Deutschen Philologie konnte ich bereits auf ein Fundament an Literaturkenntnis bzgl. Österreichischer Literatur nach 1945 aufbauen, jedoch war mir zu Beginn des Projektes der Schriftsteller Reinhard Federmann bis auf seinen Roman „Das Himmelreich der Lügner“ nicht vertraut. Dass mein Überblickswissen zu Leben und Werk des Autors aber nicht von langer Dauer sein durfte und konnte, stellte ich bereits am ersten Projekttag fest, als ich die erste der vierzehn Umzugskartons öffnete und Entwürfe, Fragmente, Notizen in den Händen hielt, die ich nicht einordnen, respektive ablegen konnte. Einer der ersten Arbeitsschritte, der während meiner Projektzeit oft wiederholt wurde, war dementsprechend der Gang in die Bibliothek und die intensive und extensive Federmann- Lektüre. 4 3.) Arbeitsschritte und Meilensteine Der allererste Arbeitsschritt war die Verzeichnung des Federmann-Bestandes durch eine Gesamttitelaufnahme im HANNA-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek (vgl. Anhang 3). Diese wurde in Zusammenarbeit mit meinem Betreuer Dr. Kaukoreit getätigt. Wie bereits oben erwähnt, scheint für die Arbeit mit einem schriftstellerischen Nachlass die Kenntnis von Leben und Werk des Nachlassers unabdinglich. So ist auch der nächste Arbeitsschritt am Literaturarchiv nach Erwerb eines literarischen Nachlasses das Verfassen einer Kurzbiographie für die eigene Homepage. Der für den Literaturwissenschaftler paradigmatische Gang in die Bibliothek und das damit verbundene Konsultieren wissenschaftlicher Nachschlagewerke erwies sich für den Erwerb von Hintergrundwissen über Federmann nur bedingt als hilfreich, da dieser nicht zum germanistischen Kanon gehört, respektive von der Forschung bisher nahezu unbeachtet geblieben ist (vgl. Günther Stocker: Der Fall Federmann oder Wie man außerhalb des Kanons bleibt. In: Der Kanon - Perspektiven, Erweiterungen und Revisionen. Tagung österreichischer und tschechischer Germanistinnen und Germanisten. Olmütz/Olomouc, 20.-23.9.2007. Hg. v. Jürgen Struger. Wien: Praesens 2008, S. 225-238.) und wichtige Literaturlexika wie das Kritische Lexikon der Gegenwart entweder keinen Eintrag zu dem Autor vorweisen bzw. nur zu einem ersten Überblick verhelfen (vgl. Killy Literaturlexikon: Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes). Federmann selbst hat, um sich diversen Verlagen vorzustellen, eine Vielzahl von Lebensläufen erstellt, die sich im Nachlass als lose Zettel finden ließen und die gleichzeitig in nahezu vollständiger Weise sein Werk dokumentierten (vgl. Anlage 3). Darüber hinaus lieferte auch die von Federmann gegründete Literaturzeitschrift „Die Pestsäule“ - deren letzte Ausgabe nach Ableben seines Begründers ohne diesen erscheinen musste - als „in memoriam“-Band, in welchem Freunde und Weggefährten dem verstorbenen Federmann ihre Huldigung erweisen und verfügt über eine relativ umfangreiche Bibliographie (vgl.: Die Pestsäule: in memoriam Reinhard Federmann. Hg. v. Milo Dor. Wien: Löcker und Wögenstein 1977 (= Die Pestsäule ; 16).), die zwar nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, jedoch einen Eindruck von der regen Publikationstätigkeit Federmanns vermittelt. Anhand der oben genannten Quellen wurde nun während der ersten zwei Projekttage eine provisorische Kurzbiographie erstellt, die durch fortlaufende Lektüre mehrmals umgearbeitet werden konnte, bis sie in ihrer jetzigen Version auf die Homepage des Literaturarchivs gestellt wurde. 5 Auch war es nun möglich, eine erste grobe Ordnungssystematik mit untergliedernden Notationen zu erstellen, die später durch die Angabe der entsprechenden Signaturen ergänzt werden sollte. Als Leitfaden und Orientierung dienten dazu die Regeln zur Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) (http://kalliope.staatsbibliothek- berlin.de/verbund/rna_berlin_wien_mastercopy_08_02_2010.pdf.), ergänzt durch die Praxisleitfäden des Literaturarchivs (Anlage 4, Titelblatt und Inhaltsangabe.). Darüber hinaus wurden einzelne Problemfälle in reger Diskussion mit meinem Betreuer Dr. Volker Kaukoreit geklärt. Die Zuordnung der einzelnen Dokumente erfolgte nach den Ordnungseinheiten: 1.) Werkmanuskripte 2.) Korrespondenzen 3.) Lebensdokumente 4.) Sammlungen Die folgenden zehn Projekttage widmeten sich nun der physischen Ordnung des Bestandes, wobei eine erste Zuordnung der Manuskripte und Typoskripte zu den einzelnen Ordnungseinheiten sowie eine Umlagerung in Mappen und Archivboxen erfolgte. Nach mehrmaligem Umarbeiten und Ergänzen ergab sich für den Nachlass Federmann folgende Ordnungssystematik: Ordnungssystematik Nachlass Reinhard Federmann (386/11) 1 Werke 1.1 Prosa 1.1.1 Romane 1.1.1.1 Eigenständige Romane 1.1.1.1.1 Weltbürger im Niemandsland 1.1.1.1.2 Der Richter und Eva 1.1.1.1.3 Das Himmelreich der Lügner 1.1.1.1.4 Herr Felix Austria und seine Wohltäter 1.1.1.1.5 Die Chinesen kommen 1.1.1.1.6 Barrikaden 1.1.1.1.7 Chronik einer Nacht 1.1.1.2 In Zusammenarbeit mit Milo Dor entstandene Romane 1.1.1.3 Nicht identifizierbare Romanfragmente (nach Incipit) 1.1.1.4 Romanentwürfe 6 1.1.2 Kurzprosa 1.1.2.1 Eigenständige Kurzprosa 1.1.2.2 In Zusammenarbeit mit Milo Dor entstandene Kurzprosa 1.1.2.3 Nicht identifizierbare Kurzprosa-Fragmente (nach Incipit) 1.1.3 Sachbücher 1.1.4 Federmann als Herausgeber 1.1.4.1 Alleiniger Herausgeber 1.1.4.2 Mitherausgeber 1.1.5 Übersetzungen 1.1.6 Aufsätze, Essays, Glossen 1.2 Hörspiele 1.3 Feature 1.4 Theaterstücke 1.5 Lyrik 2 Korrespondenzen 2.1 An Federmann