Das System Scientology 2010
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Bayerisches Staatsministerium des Innern Das System Scientology Fragen und Antworten Vorwort Was ist die Scientology-Organisation (SO)? Warum befassen sich staatliche Stellen überhaupt mit ihr? Was macht sie so gefährlich – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft? Diese und andere Fragen will die Broschüre beantworten. Denn Aufklärung über die Organisation ist das wirksamste Mittel, um ihre Ziele und Mechanismen offen zu legen und ihr den Nimbus einer vermeintlich um uneigennützige Lebenshilfe bemühten, selbst losen Gemeinschaft zu nehmen. Erkennt man erst einmal das System Scientology mit sei nen menschenverachtenden Zügen, wird die Organisation auf das reduziert, was sie tat sächlich ist: ein internationaler Wirtschaftskonzern, der nach Gewinnmaximierung strebt, der aber auch ein weltweites totalitäres Herrschaftssystem nach eigenen Vorstellungen errichten will. Das System Scientology lebt von der lückenlosen Kontrolle des Einzelnen, der im System funktionieren muss. Menschenrechte sind diesem Denken fremd. Sicher ist: Bei der Auseinandersetzung des Staates mit der SO geht es nicht um religiöse oder weltanschauliche Fragen. Was der Einzelne glaubt, geht staatliche Stellen grund sätzlich nichts an. Verfolgt aber eine Organisation verfassungsfeindliche Ziele, gilt es hierüber aufzuklären und dem entgegen zu wirken. Der Staat darf nicht zusehen, wenn eine Organisation Menschen wirtschaftlich ruiniert, geistig abhängig macht, Familien zerstört und versucht, Wirtschaftsunternehmen, Behörden und die Gesellschaft zu will fährigen Instrumenten ihrer Welteroberungspläne zu machen. Seit Mitte der 1990er Jahre steht die Organisation verstärkt im Blickfeld der Behörden. Bayern hat früh einen ressortübergreifenden Maßnahmenkatalog erarbeitet, um den Aktivitäten der SO zu begegnen. Die Maßnahmen richten sich dabei gegen das System Scientology, aber nicht gegen den einzelnen Scientologen, der oft nicht Täter, sondern selbst Opfer der totalitären Organisation ist. Für sie wurden spezielle Beratungseinrich tungen geschaffen. 2 Die SO hat die selbst gesetzten Ziele bislang nicht erreicht, was sich auch am Rückgang der Mitgliederzahlen bemerkbar macht. Insbesondere durch staatliche Aufklärung und eine breite Darstellung in den Medien wurde die Organisation im Laufe der Jahre immer transparenter. Hierzu hat vor allem das Internet beigetragen. Es gibt nichts „geheimnis volles“ mehr hinter der Organisation, was sich teuer verkaufen ließe. Die SO ist „ent zaubert“. Allerdings hat sich ihre Ideologie nicht geändert, so dass sie nach wie vor insbesondere für den Einzelnen, der in ihre Fänge gerät, höchst gefährlich ist. Mit Fragen und Antworten will diese Broschüre die Funktionsweise des Systems Sciento logy in Grundzügen erklären. Von Los Angeles/USA aus gesteuert arbeitet die SO überall in der Welt übereinstimmend nach den Methoden ihres Gründers L. Ron Hubbard. Bei der Auseinandersetzung mit der SO darf man sich nicht von ScienceFictionGeschichten täuschen lassen und ihre Anhänger als „Sektierer“ verharmlosen. Wer das System ver standen hat, kann die Gefahren richtig einschätzen und wird nicht mehr leichtgläubiges Opfer. Diese Broschüre berücksichtigt auch die Ergebnisse der im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung von Prof. Dr. Heinrich Küfner vom Institut für Therapieforschung (IFT), Prof. Dr. Norbert Nedopil von der Psychiatrischen Klinik der LudwigMaximiliansUni versität München (LMU) und Prof. Dr. Heinz Schöch vom Institut für die gesamten Straf rechtswissenschaften der LMU München erstellten wissenschaftlichen Expertise „Aus wirkungen und Risiken unkonventioneller Psycho und Sozialtechniken“ (Expertise), die Ende 2002 im PabstVerlag unter dem Titel „Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology“ (Scientology–Gutachten), ISBN 3–936142–40–8, herausgegeben und ver öffentlicht worden ist. Die Neubearbeitung dieser Broschüre beruht auf der 6. Auflage der Vorausgabe aus dem Jahr 2004. Sie ist konzeptionell und inhaltlich fortentwickelt und berücksichtigt auch neuere Erkenntnisse und Entwicklungen. Das System Scientology 3 Inhalt I. Das System Scientology – Fragen und Antworten 5 1. Was bedeutet das Wort Scientology? 5 2. Wer war L. Ron Hubbard? 5 3. Dianetik – wie fing alles an? 6 4. Wer führt die SO heute? 7 5. Wie ist die SO organisiert? 8 5.1 Was ist die Church of Scientology International (CSI)? 8 5.2 Was ist das ABLENetzwerk? 9 5.3 Was ist WISE? 10 5.4 Was gehört noch zur SO? 10 6. Wie viele Scientologen gibt es? 11 7. Ist Scientology eine Religion? 12 8. Welches Menschenbild hat die SO? 15 9. Was ist das Ziel der SO? 17 10. Was ist die SOTechnologie? 19 11. Was ist die Brücke zur völligen Freiheit? 20 12. Was ist Auditing? 23 13. Beruht Scientology auf einer ScienceFictionGeschichte? 25 14. Warum haben Scientologen eine eigene Sprache? 26 15. Wie zieht die SO Menschen in ihr System? 27 16. Wie beeinflusst die SO Kinder und Jugendliche? 30 17. Wie verkauft sich die SO? 31 18. Ist scientologische Ethik ethisch? 32 19. Wie setzt die SO Gehorsam durch? 34 20. Wie hält es die SO mit der Wahrheit? 35 21. Wie reagiert die SO auf Kritik? 36 22. Unterhält die SO einen Geheimdienst? 38 23. Was hat die GehirnwäscheOrganisation gegen die Psychiatrie? 39 24. Unterwandert die SO die Wirtschaft? 40 25. Warum ist die SO eine verfassungsfeindliche Organisation? 41 26. Wie gefährlich ist die SO? 43 II. Das System Scientology – Was der Staat dagegen unternimmt 47 III. Das System Scientology – Wie Sie sich dagegen schützen können 49 Sachwortregister 55 Das System Scientology 5 I. Das System Scientology – Fragen und Antworten 1. Was bedeutet das Wort Scientology? Scientology ist ein Kunstwort, gebildet aus „scire“ (lateinisch für „wissen“) und „logie“ (auf das griechische „logos“ zurückge hend: „Lehre von“). Gemeint ist eine „Lehre vom Wissen“. Die ses Kunstwort hat der USamerikanische ScienceFictionAutor L. Ron Hubbard als Bezeichnung für seine von ihm entwickelte technische Lehre zur Veränderung des Menschen verwendet. 2. Wer war L. Ron Hubbard? Um Lafayette Ronald Hubbard (1911–1986) haben seine Anhän ger ein Netz von Legenden gesponnen. Hubbard war in den 1940er Jahren als Autor von ScienceFictionRomanen tätig. Im Zweiten Weltkrieg diente er der Familientradition folgend in der USMarine. In Zusammenhang mit seinem Kriegseinsatz kam er in psycho therapeutische Behandlung. Dort lernte er die Psycho analyse Sigmund Freuds und dessen TherapieVerfahren kennen. Aus Teilen dieser Lehre und anderen psychologischen Konzepten entwickelte Hubbard seine Lehre und sein Verfahren zur Manipu lation der menschlichen Psyche, die er in seinem 1950 veröffent lichten Buch „Dianetik – Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“ vorstellte. Die SO selbst leitet den Begriff Dianetik von „dia“ (griechisch für „durch“) und „nous“ (griechisch für „Seele“) ab. 1983 wurde Hubbard zum letzten Mal in der Öffentlichkeit gesehen, 1986 starb er. 6 Das System Scientology | Fragen und Antworten 3. Dianetik – wie fing alles an? Nachdem Hubbard 1950 sein DianetikBuch veröffentlicht hatte, in dem er seine Technologie zur „Heilung psychosomatischer Krank heiten und geistiger Störungen“ darstellte, wurden in den folgen den Jahren in den USA Dianetik-Zentren eingerichtet. Hubbards „Heilverfahren“ liegt seine Anschauung zugrunde, dass das menschliche Gehirn ein Computer sei. Die menschliche Psyche ist für ihn durch „elektronische Schaltkreise“ im Gehirn bestimmt. Sein dianetisches Verfahren versteht er als technische Prozedur zur „Reparatur“ fehlerhafter Gehirnschaltungen, es unter scheidet sich daher laut Hubbard gänzlich von herkömmlichen psycho therapeutischen Verfahren. Hubbard nannte seine neue vermeint lich „wissenschaftliche“ Disziplin eine Ingenieur-Wissenschaft. Das System Scientology | Fragen und Antworten 7 Mitte der 1950er Jahre erfand Hubbard ein „Ich“, das sich mit Hilfe von ihm entwickelter scientologischer Übungen vom Körper tren nen könne. Hubbard behauptete von nun an, der Mensch sei ein „Geistwesen“, ein Thetan. Sein bishe riges Kursprogramm Dianetik behielt er bei. Er nannte die dianetischen und die sich anschließen den scientologischen Übungen Brücke zur völligen Freiheit und gab seiner Bewegung den Namen Scientology. Die 1952 gegründete Hubbard Association of Scientologists International (HASI) erhob allerdings bezeichnenderweise noch nicht den Anspruch, eine Reli gionsgemeinschaft zu sein. Als Hubbard jedoch wirtschaftliche und steuerl iche Vorteile einer Umwandlung seiner Organisation in eine Kirche erkannte, gründete er 1954 die erste Scientology Kirche in Los Angeles/USA. Scientology-Symbol Hubbard standardisierte seine Prozesse und Trainings im Lauf der Zeit immer weiter und entwickelte hierfür eine Vielzahl präziser Verhaltensvorschriften, deren Einhaltung er unter immer schärfe re Kontrollen stellte. Daneben entwickelte er für den Geschäfts betrieb von Scientology eine bis ins Letzte ausgefeilte Organisa tions und ManagementTechnologie. Die Kunden seiner Dienst leistungen beschrieb er darin als von der Produktionsmaschine Scientology herzustellende Produkte. 4. Wer führt die SO heute? Nach dem Tod Hubbards übernahm David Miscavige die Führung der Organisation. Er steht dem Religious Technology Center (RTC), der Befehlszentrale der SO in Los Angeles/USA, vor. Das RTC ist Inhaber der Markenzeichen, die von der SO weltweit verkauft wer den. Die oberste Autorität dieses als Kirche getarnten Wirtschafts konzerns ist somit ein Wirtschaftsmanager. Nach Hubbards Tod war es in der neuen