Öffentlich-Rechtliche Medien – Aufgabe Und Finanzierung
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen 03/2014 Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen Oktober 2014 Seite 4 Inhalt Inhalt Seite 5 Inhalt Kurzfassung 6 1. Einleitung 7 2. Das duale System 10 3. Das bestehende System: Probleme und Tendenzen 20 4. Leitlinien für eine Reform 31 5. Fazit 36 Anhang I-III 37 Verzeichnis der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums der Finanzen 40 Seite 6 Kurzfassung Kurzfassung Die technischen Gründe, mit denen einst Subsidiaritätsprinzip mehr Gewicht geben; das System des öffentlich-rechtlichen die öffentlich-rechtlichen Anbieter sollten Rundfunks gerechtfertigt wurde, sind heut- nur da auftreten, wo das privatwirtschaftli- zutage weitgehend verblasst. Die Zahl der che Angebot klare Defizite aufweist. Zwei- Programmkanäle ist technologisch bedingt tens sollte im öffentlichen Rundfunk auf stark angestiegen, die Eintrittskosten für die Werbefinanzierung komplett verzichtet neue Programmanbieter sind rapide gesun- werden, da ansonsten die Fehlanreize der ken, durch die verstärkte Nutzung des Inter- Programmgestaltung, die mit dem öffentli- nets als Informationsmedium kommt es zu chen-rechtlichen Rundfunk beseitigt wer- Überlappungen zwischen Print- und Rund- den sollen, gleichsam durch die Hintertür funkmarkt. Angesichts der technischen Ent- wieder eingeführt werden. Drittens sollte wicklung gibt es kaum noch Gründe, warum sich der Gesetzgeber entweder für eine klare der Rundfunkmarkt wesentlich anders or- Finanzierung aus dem allgemeinen Haus- ganisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt, halt oder für eine moderne Nutzungsge- der durch ein breites privates Angebot und bühr, die beispielsweise dem Subskriptions- Subskriptionsmodelle gekennzeichnet ist. modell im Zeitungsmarkt folgt, entscheiden. Nach Ansicht des Beirats gibt es daher gute Viertens ist eine größere Transparenz durch Gründe für einige Reformen im Rundfunk- die Publikation von Kenngrößen dringend bereich. Erstens sollte ein zukunftsfähiges notwendig, um die Kosteneffizienz im öf- System des öffentlichen Rundfunks dem fentlich-rechtlichen Rundfunk zu fördern. Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung Seite 7 1. Einleitung Aufgabe und Finanzierung des öffentlich- Die Öffnung und Nutzung des Internets rechtlichen Rundfunks sowie das Verhält- für die Ausstrahlung von Fernseh- und Ra- nis von öffentlich-rechtlichem Rundfunk diosendungen des öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern sind seit einiger Zeit Rundfunks war Anlass für ein neues Fi- wieder vermehrt Gegenstand der öffentli- nanzierungsmodell.2 Dieses wurde zum chen Diskussion. 1. Januar 2013 deutschlandweit eingeführt, Verstärkt wurde diese Diskussion in begleitet von einer heftigen Kritik in Tages- jüngster Zeit durch das Ausgreifen der und Wochenzeitungen. öffentlich-rechtlichen Medien in den Be- Mit der Erstellung von Pressetexten auf reich des Internets und durch die Reform ihren Informationsseiten im Internet ha- der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen ben sich die öffentlich-rechtlichen Medien Rundfunks. Tieferer Hintergrund der Dis- jüngst in eine unmittelbare Konkurrenzsitu- kussion ist ein seit vielen Jahren anhalten- ation mit klassischen Printmedien begeben. der Diskurs darüber, ob das bestehende Das Eintreten eines gebührenfinanzierten duale Konzept für Hörfunk und Fernsehen und nicht gewinnorientierten Konkur- in Deutschland, die Aufgabenteilung zwi- renten in die Welt der journalistischen schen öffentlich-rechtlichen und privaten Printmedien und Informationsdienste hat Sendern, die Eintrittsbarrieren für private nachhaltige Wirkungen auf die Struktur Anbieter und das Wettbewerbsverhältnis und Funktionsweise der Zeitungsmärkte. zwischen privaten und öffentlich-rechtli- Die ohnehin schwierige Situation im Zei- chen Anbietern, die interne Struktur und tungsmarkt wird durch die Angebote der die Aufsicht über die öffentlich-rechtlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Sendeanstalten und der politische Auftrag verschärft. Das Eintreten von Dienstleistern, angemessen sind oder einer grundlegenden die mit einer starken Finanzierung und Reform bedürfen. 1 nicht profitorientiert um Marktanteile kon- kurrieren, verändert grundlegend die Natur des Wettbewerbs. 1. Vgl. zuletzt etwa Jürgen Kühling, Unsere Sender, unsere Richter, in: FAZ Nr. 34 vom 10. Februar 2014, S. 7. Zu wettbewerbsrechtlichen Überlegungen und den europarechtlichen Aspekten vgl. Christoph Engel, 1990, Der Einfluß des europäischen Gemeinschaftsrechts auf die deutsche Rundfunkordnung, Nomos- Verlag, Baden-Baden. 2. Vgl. etwa Klaus Stern, Paul Kirchhof, Markus Höppener, Angelica Schwall-Düren, Jörg Geerlings und Wolfgang Hurnik, 2012, Die Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, C.H. Beck, München; den neuen Beitrag rechtfertigend Hanno Kube, 2014, Der Rundfunkbeitrag, Nomos-Verlag, Baden-Baden. Aus dem hier geschilderten Finanzierungsmodus fällt die vom Bund unter dem Leitge- sichtspunkt der auswärtigen Kulturpolitik finanzierte Deutsche Welle heraus. Seite 8 Einleitung Diese institutionellen Veränderungen keine wirklich bindende Zugangsbeschrän- vollziehen sich vor dem Hintergrund ra- kung mehr. Abbildung 1 zeigt die dynami- scher technologischer Veränderungen. Die sche Entwicklung der frei empfangbaren Diskussion um den öffentlich-rechtlichen TV-Sender in Deutschland in den letzten 25 Rundfunk und die rechtlichen Rahmenbe- Jahren. Der Marktanteil von ARD, ZDF und dingungen von Fernsehen erfolgten in ihren den dritten Programmen der ARD, die vor Anfängen in einem institutionellen Rah- Einführung des Privatfernsehens 1984 den men, der mit der heutigen Situation wenig Markt alleine beherrschten, lag 2013 nur gemein hat. Die Erstellung eines anspruchs- noch bei 38 Prozent [Arbeitsgemeinschaft vollen und funktionsfähigen Fernsehpro- Fernsehforschung (AGF)]. Der öffentlich- gramms war eine technische Herausfor- rechtliche Rundfunk verliert nicht nur derung. Die Zahl möglicher Fernsehkanäle Marktanteile an private Programme, son- war technologisch eng begrenzt, zunächst dern verliert insgesamt durch das Internet auf einen Sendekanal, wenig später auf an Bedeutung. Das Internet bietet dabei eine sehr kleine Anzahl von Sendern. Diese Sendeformate, die den klassischen Hörfunk- Begrenzung besteht heute nur noch theo- und Fernsehmedien vergleichbar sind und retisch und ist für alle praktischen Belange vermehrt über den Fernseher abgespielt werden können. Abbildung 1: Anzahl der durchschnittlich pro Haushalt technisch empfangbaren TV-Sender in Deutschland von 1988 bis 2012 (jeweils am 1. Januar) Quelle: SevenOne Media (http://de.statista.com/themen/765/fernsehsender/) Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung Seite 9 Auch die finanziellen Hürden, die für das erörtert. Das anschließende Kapitel iden- Betreiben eines Sendekanals entstehen, sind tifiziert bedeutsame wirtschaftspolitische – anders als in der Frühzeit von Hörfunk Fehlsteuerungen und Reformbedarf im und Fernsehen – heute niedrig. Das gilt für bestehenden System und leitet aus grundle- terrestrische oder kabelgebundene Kanäle genden ökonomischen Überlegungen mög- und erst recht für Internetformate. Das ste- liche Ansatzpunkte einer Neuordnung ab. tige Anwachsen des Angebots ist also auch Die Analyse ergibt: Die veränderten tech- durch sinkende Kosten getrieben. nologischen Rahmenbedingungen und die Diese Aspekte – insbesondere das neue dadurch ausgelösten Änderungen im Nut- Finanzierungsmodell, die technologische zerverhalten erfordern aus ökonomischer Revolution, die redaktionellen Angebote Perspektive eine Anpassung des Rundfunk- der öffentlichen Sender im Internet, die da- modells. Solche Alternativmodelle zum jet- raus entstehende Konkurrenz mit anderen zigen System sind – entgegen weitverbreite- Informationsmedien und die veränderte ter Auffassung – verfassungsrechtlich nicht Nachfrage – bilden den Ausgangspunkt ei- ausgeschlossen. Das Gutachten skizziert ner vorwiegend ökonomischen Analyse. Das keinen konkret ausgestalteten „Gegenent- Gutachten beginnt mit einem Sachstands- wurf“. Vielmehr liefert es – anknüpfend an bericht, in dem die Grundsachverhalte des Analogien zu einem funktionsfähigen, Ein- bestehenden „dualen Systems“ skizziert griffen der Politik weitgehend entzogenen werden. Sodann werden die rechtlichen Zeitungsmarkt – die konzeptionellen und Rahmenbedingungen möglicher Reformen allokationspolitischen Grundlagen für eine solche Neukonzeption. Seite 10 Das duale System 2. Das duale System Einige grundlegende Fakten – dungen von ARD, ZDF und Deutschland- Öffentlicher Rundfunk in Zahlen radio lagen nach Angaben der KEF im Jahr 2013 bei 8.593,8 Millionen Euro (KEF 2014, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk3 hat S. 22).6 Dabei schlagen ca. 40.000 Erstsen- innerhalb Deutschlands einen ungewöhn- deminuten im Bereich des Sports allein im lichen Sonderstatus und ein beträchtliches 1. Programm der ARD mit rund 450 Milli- Produktionsvolumen. Die öffentlich-recht- onen Euro an Kosten zu Buche (KEF 2014, lichen Sendeanstalten betreiben 22 Fern- S. 37, Abbildung 4). Dies sind ca. 8 Prozent sehkanäle sowie 67 Radioprogramme4 und der Sendezeit des Ersten Programms und ca. entfalten Aktivitäten im Bereich des Inter- 0,4 Prozent der Gesamtfernsehsendeminu- nets. Weiteren Aufschluss über das Angebot ten, aber fast 5 Prozent der Gesamtausgaben gibt der Bericht der Kommission zur Ermitt- des