Alexander Der Große – Gott Und Gottessohn
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Alexander der Große – Gott und Gottessohn Die religiöse Rezeption von der Antike bis ins frühe Mittelalter Von der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig zur Erlangung des Grades Doktor der Philosophie (Dr. phil.) genehmigte Dissertation von Tim-Eilert Rolf Lüschen aus Hannover Eingereicht am: 2.4.2012 Mündliche Prüfung am: 19.11.2012 Referent: Apl. Prof. Dr. Wolfgang Leschhorn Korreferent: Prof. Dr. Thomas Scharff 2013 Inhaltsverzeichnis Einführung 1 1. Die Alexanderkulte 7 1.1. Ägypten 8 1.2. Asien 30 1.3. Makedonien, Griechenland und die angrenzenden Gebiete 40 2. Die literarische Rezeption 47 2.1. Die attischen Redner 48 2.2. Kallisthenes und die Darstellung antiker Philosophen und Schmeichler 58 2.3. Das Judentum 72 2.4. Eratosthenes und der Alexanderroman 91 2.5. Die spätantike Rhetorik und Kaiser Julian 108 2.6. Das griechische und lateinische Christentum 118 2.7. Das armenische und syrische Christentum und der Koran 139 2.8. Alexander und Jesus 149 3. Schlussfolgerungen 163 3.1. Alexanderpriester und Schriftsteller 164 3.2. Kaiserkult und Literatur 172 3.3. Fazit 184 Literaturverzeichnis 188 Abbildungsverzeichnis 248 Einleitung Mit Alexander dem Großen beginnt das Zeitalter des Hellenismus. Damit markiert er auch eine Wende in der Geschichte der Vergöttlichung von Herrschern in der Antike.1 Die Konzeptionierung eines sakral überhöhten Königtums, die mit seiner Person verbunden ist, wirkte bis in die europäische Neuzeit fort.2 Dennoch gehen die Forschungsmeinungen über die Bedeutung seiner kultischen Verehrung in der antiken Welt mitunter weit auseinander: So stellt Fritz Taeger in seinem Werk zum antiken Herrscherkult fest, dass „Alexander nirgends zu einem echten Gott geworden ist, der auch etwas für die Leben seiner Gläubigen aus den Massen des Volkes bedeutet hätte.“3 Diese Bewertung steht in einem eklatanten Widerspruch zu der von Nicholas J. Saunders vorgebrachten Ansicht, dass der König „the single most famous and influential rival to Christ“ gewesen sei.4 Diese zu Tage tretende Diskrepanz zeigt die Notwendigkeit einer umfangreichen Untersuchung dieses Themas. Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit der Frage, wie die Göttlichkeit Alexanders und seine angebliche Abkunft vom Gott Zeus-Ammon sowohl in der Kultpraxis5 als auch in der Literatur rezipiert worden sind, wobei sich der zu untersuchende Zeitraum von der Antike bis ins Frühmittelalter erstreckt.6 Als Endpunkt ist hierbei das zehnte Jahrhundert mit der Neuübersetzung des 1 Cf. Walbank (1984a), S. 90; (1987), S. 374; Bosworth (1988a), S. 278; CHaniotis (2003a), S. 435; Dreyer (2009), S. 218. Die wissenschaftliche Literatur wird in dieser Arbeit mit Ausnahme des Überblicks über die Forschungsliteratur durch Nennung des Autorennamens und des Erscheinungsjahres abgekürzt und kann über diese Angaben im Literaturverzeichnis wiedergefunden werden. Die antiken Autoren werden nach dem Abkürzungssystem des Neuen Pauly wiedergegeben. 2 Cf. Demandt (2009), S. 361f. 3 Taeger (1957), I, S. 229; cf. ibid. S. 218; Nock (1957), S. 835 zu der Verehrung Alexanders durch den Diadochen Eumenes (siehe Kapitel 1.2.1.): „Thereafter we have little evidence of Alexander's worship save in Alexandria.“; Wirth (1993), S. 5 zur Diskussion um die Göttlichkeit Alexanders 324/323 v. Chr. (siehe Kapitel 2.1.): „Alexanderkulte allerdings spielen danach eine wirklich bestimmende Rolle offenkundig nirgends“. 4 Saunders (2006), S. 110; cf. Fears (1981), S. 770: „He (Alexander) was celebrated as a supernatural power capable of rendering benefits to his worshippers, that is a deity in every sense.”; Chaniotis (2003a), S. 435: „An important difference from the cult of both earlier mortals and that of later kings is the wide diffusion, popularity and persistence of Alexander's worship.” 5 Es ist in der Forschung festgestellt worden, dass die Frage, was Menschen der Antike in Bezug auf den Herrscherkult wirklich geglaubt haben, zum einen nicht sicher zu beantworten ist (cf. Walbank (1984a), S. 85; Günther (2003), S. 12; Kotsidu (2000), S. 560), zum anderen man sich davor hüten muss, diesem Thema mit christlich geprägten Vorstellungen über Frömmigkeit zu begegnen (cf. Bergmann (1998), S. 18; Pfeiffer (2008), S. 45). Einen vielversprechenden Ansatz, mit diesem Problem umzugehen, bietet die zugespitzte Feststellung bei Clauss (1999), S. 23: „Die alte Frage, ob Griechen und Römer die Herrscher, die sie kultisch verehrten, als Gottheiten betrachtet haben, möchte ich mit der Definition beantworten, daß eine Gottheit ist, wer einen Kult erhält.“ 6 Der Fokus der Untersuchung liegt auf der Rezeption Alexanders nach seinem Tode, weshalb die eigenen Vorstellungen, Wünsche und Pläne des Königs in Bezug auf seine Göttlichkeit, über die in der Forschung bereits eingehend spekuliert worden ist, nur am Rande eine Rolle spielen; zu diesem Thema siehe Hogarth (1887), S. 318; 329; Hamilton (1953), S. 156; Habicht (1970), S. 35; Badian (1981), S. 44; 63f; (1996), S. 19; Jaschinski (1981), S. 104; Bosworth (1988a), S. 281f; Fredricksmeyer (1990), S. 310-312; (1991), S. 200; 1 Alexanderromans ins Lateinische durch Leo von Neapel gesetzt, die eine starke Vermehrung der lateinischen wie volkssprachlichen Alexanderliteratur im Hochmittelalter zur Folge hatte.7 Dieser epochenübergreifende Ansatz ermöglicht es nicht nur, die literarischen Traditionslinien von der Antike bis in die karolingische und byzantinische Zeit nachzuzeichnen, sondern auch die reiche armenische und syrische Literatur der Jahrhunderte im Wandel von der Antike zum Mittelalter, sowie den Koran auszuwerten. Zur Klärung der Frage nach der Bedeutung der kultischen Verehrung Alexanders muss zuerst ein Überblick über die Kulte, die der König in der Antike an verschiedenen Orten erhalten hat, gegeben werden. Dies bietet der erste Abschnitt dieser Arbeit. Hierbei findet zur Wahrung der Übersichtlichkeit eine geographische Gliederung nach den Gebieten Ägypten (1.1.), Asien (1.2.) sowie Makedonien, Griechenland und deren Peripherie (1.3.) statt. Dieser Kultpraxis ist die literarische Rezeption der Göttlichkeit Alexanders gegenüberzustellen, was im zweiten Abschnitt geschieht. Die Quellen werden dabei zur Herausarbeitung literarischer Traditionen nicht streng nach chronologischen, sondern nach thematischen Kriterien geordnet präsentiert. Den Anfang machen hierbei die Thematisierung der Göttlichkeit Alexanders des Großen bei den attischen Rednern und die daran anschließenden Apophthegmata zu der kultischen Verehrung des Königs in Athen (2.1.). Darauf folgt eine Behandlung der Mythisierung Alexanders im Werk des Kallisthenes und der Darstellung der Haltung antiker Philosophen zu diesem Themenkomplex (2.2.). Nach einem Einschub über die Bewertung der Göttlichkeit Alexanders im antiken Judentum (2.3.) wird die literarische Rezeption der Legende von der göttlichen Zeugung des Königs unter besonderer Berücksichtigung des Alexanderromans (2.4.) untersucht. Daran schließt sich eine Behandlung der Sichtweise der spätantiken Panegyriker an, wobei ein Schwerpunkt auf der Rezeption des Kaisers Julian liegt (2.5.). Darauf folgend werden christliche Texte von der Antike bis ins Frühmittelalter (2.6. bis 2.8.) ausgewertet, wobei auch die Rezeption Alexanders im Koran analysiert wird. Ein besonderes Augenmerk wird desweiteren auf die Darstellung der Beziehung zwischen Alexander und Jesus gelegt (2.8.). Der Schlussabschnitt bietet dann eine Bewertung und Einordnung der Ergebnisse der ersten beiden Abschnitte (3.1. bis 3.3.). Hierbei wird zum Vergleich auch die literarische Rezeption des römischen Kaiserkultes betrachtet (3.2.). Zuvor soll noch ein kurzer Überblick über die einschlägige Forschungsliteratur gegeben werden. (2003), S. 276f; Wirth (1999), S. 149; Demandt (2004), S. 86; Zahrnt (2004), S. 20-22; Nawotka (2007), S. 567. 7 Cf. Ross (1988), S. 47; Stoneman (2008), S. 202f. 2 Überblick über die Forschungsliteratur8 Betrachtet man die Forschung zu der kultischen Verehrung Alexanders, ist mit Hinblick auf den Kult des Königs in Ägypten bis heute der bereits 1920 erschienene Aufsatz von Gerhard Plaumann über den alexandrinischen Alexanderkult, mit dem sich diese Arbeit intensiv auseinandersetzt, grundlegend.9 Zum dynastischen Kult der Ptolemäer, der sich um den Kult Alexanders bildete, sind mit den Monographien von Martina Minas10 und Stefan Pfeiffer11 in den letzten Jahren ausführliche Abhandlungen erschienen. Dessen bis 1983 bekannte Priester sind bei Willy Clarysse und Griet van der Veken tabellarisch verzeichnet,12 wobei für eine tiefergehende Behandlung dieses Themas immer noch die Arbeit von Jozef Ijsewijn zu konsultieren ist.13 Bezüglich der Alexanderkulte der Städte in Griechenland und Kleinasien ist weiterhin die Darstellung Christian Habichts zu nennen,14 der jedoch die Monographie von Haritini Kotsidu mit einer Sammlung der einschlägigen Quellen an die Seite gestellt werden kann.15 Das Thema der Gründerkulte des Königs wird in den Schriften Wolfgang Leschhorns eingehend eruiert.16 Auf dessen Arbeiten ist auch in Bezug auf die Agone für Alexander den Großen zu verweisen.17 Mit den Werken von Andrew Stewart18 und Karsten Dahmen19 liegen 8 Aufgrund der Flut an Literatur über Alexander den Großen kann an dieser Stelle nur eine sehr begrenzte Auswahl der für die vorliegende Fragestellung bedeutendsten Veröffentlichungen erfolgen. Die weitere Forschungsliteratur zu den einzelnen Themenbereichen kann über die jeweiligen Anmerkungen erschlossen werden. 9 Gerhard Plaumann: „Probleme des alexandrinischen