Tätigkeitsbericht 2006
www.fibl.org Forschungsinstitut für biologischen Landbau – Schweiz, Deutschland und Österreich Editorial Vorwort Geschäftsführung FiBL Schweiz, FiBL Deutschland und FiBL Österreich 1 Bioinstitut Tschechien «Wir möchten das Biomusterland der neuen EU-Länder bleiben» 4 Boden und Pflanzen 5 Anbausysteme Neuer Langzeitversuch über Bodenbearbeitung, Düngung und Präparate 6 Biolandbau tut auch dem Klima gut 7 Bodenfruchtbarkeit Mit Kompost und Gründüngung Mykorrhizapilze fördern 8 Pflanzenschutz Auf neuen Wegen zu gesundem Saatgut 9 Obstbau Schlüsselprobleme der biologischen Jungpflanzenproduktion 10 Pflanzenschutz Kartoffelbau: Vorwärts in kleinen Schritten 11 Resistenzinduktion: Der Zaubertrank ist noch zu wenig bekömmlich 12 Kompost kann mehr als düngen 13 Biodiversität Mit Bio blüht die Vielfalt – wildtierfreundlicher Biolandbau 14 Pflanzenschutz Kirschenfliege: Neue Ansätze gegen ein altes Problem 15 Gentechnik Was kostet die «Gentechfreiheit»? 16 Weinbau Forschung und Weingenuss 17 Lebensmittelqualität Bioäpfel mit vielfältiger Mikroflora 18 Lebensmittelsicherheit Gemeinsam für die Glaubwürdigkeit 19 Nutztiere 20 Tiergesundheit Gesunde Wiederkäuer: Wissen in den Stall bringen 21 «Eutergesundheit muss betriebsindividuell verbessert werden» 22 Mit Misteln gegen Hauttumore 23 Tierhaltung Zuchtsauen: Wohngemeinschaft im Schweinestall 24 Parasitologie Magen-Darm-Würmer: Ein Futterklee zeigt Wirkung 25 Tierzucht und Tierhaltung Nicht nur auf Höchstleistung setzen 26 Welches Huhn passt auf Biobetriebe? 27 Sozioökonomie 28 Betriebswirtschaft Welche unternehmerischen Fähigkeiten brauchen Landwirte? 29 Agrarpolitik Blick auf die gesamte Gesellschaft 30 Marktforschung Biofleisch: Wo ansetzen, um mehr abzusetzen? 31 Bildung und Beratung 32 Bildung Mit guter Ausbildung die Zukunft des Biolandbaus sichern 33 Beratung Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit stärkt regionale Vermarktung 34 Natur und Landschaft auf Biohöfen entwickeln 35 Internet Bio mit Gesicht: Transparenz statt Anonymität 36 Moderne Technologie für die Biovernetzung nutzen 37 Zertifizierung Hilfe im internationalen Richtlinien-Dschungel 38 Gentechnikfreie Produktion bioXgen: Gentech-Verunreinigungen in Bioprodukten vermeiden 39 Merkblätter Wissen überschreitet Grenzen: Gemeinsame Merkblätter für den Biolandbau 40 Forschungskommunikation Den Dialog unter den Forschenden fördern 41 Internationale Zusammenarbeit 42 Indien Weniger Armut dank Biobaumwolle 43 Kenia Funktioniert Bio in den Tropen? 44 Libanon Biolandbau in einer Krisenregion 45 Übersicht 46 Rechenschaftsbericht FiBL Schweiz 47 Erfolgsrechnung 2005 und 2004 49 Auftraggeber und Geldgeberinnen 2004–2005 50 Stiftungsrat und Team 52 Übersicht Forschungsbereiche 2006–2007 56 Rechenschaftsbericht FiBL Deutschland und FiBL Österreich 62 Jahresabschluss FiBL Deutschland 2005 und 2004 63 Vorstand und Team FiBL Deutschland 64 Projektbereiche FiBL Deutschland 65 Finanzbericht und Jahresabschluss FiBL Österreich 2005 67 Vorstand und Team FiBL Österreich 68 Projektbereiche FiBL Österreich 69 Publikationen 70 Unterstützen Sie das FiBL 72 Impressum 72 Editorial
Chronologie einer fruchtbaren Partnerschaft Liebe Leserin, lieber Leser zwischen Wissenschaft und Praxis Im Frühsommer 2004 starteten Stiftungsrat und - Ge schäftsleitung die Diskussion um die Zukunft des FiBL. Dabei wurde das Drei-Ringe-Modell für die Forschung entwickelt: Im äussersten, grössten Ring ist die On-Farm- Forschung angesiedelt, welche auf Biobetrieben in der Gibt es eine Alternative zum Bioland Schweiz? ganzen Schweiz stattfindet. Je nach Versuchsfragen ma- Wenn es um Lebensmittel geht, benutzen Werbeagen- chen jedes Jahr 200 bis 300 Betriebsleiterinnen und Be- turen fast schon stereotyp Bilder, die Naturbelassenheit, triebsleiter zusammen mit dem FiBL Experimente und bunt blühende Wiesen, Schmet- Untersuchungen. Im mittleren terlinge, freie und glückliche Tiere Ring sind Betriebe oder Flächen zeigen. Die Produkte sind immer angesiedelt, die exklusiv der For- rein, unverfälscht, rückstandsfrei schung zur Verfügung stehen, und köstlich. Hand aufs Herz: dazu gehören der gemischte Be- Welche Landwirtschaft entspricht trieb des FiBL in Frick und das tatsächlich diesen raffiniert ge- Weingut FiBL, aber auch der wählten Marketing-Bildern? Die DOK-Versuch in Therwil. Im konventionelle? Die integrierte? Nein, nicht einmal die innersten Kreis steht die Grundlagenforschung, welche biologische Landwirtschaft kann so hohe Erwartungen sich modernster Klimakammern, biologischer Modelle erfüllen, aber sie kommt ihnen wenigstens nahe. im Labor und Hightech-Analytik bedient. Um hier fit zu Die biologische Landwirtschaft ist also, jedenfalls was die sein, genügen die zehn Jahre alten, bescheidenen Labors Bilder der Werber und die Erwartungen der Bevölkerung nicht mehr. Stiftungsrat und Geschäftsleitung entschie- angeht, längst die Standardbetriebsform der Schweiz. den sich deshalb für die Planung eines neuen Labor- und Warum also nicht den nächsten Schritt tun und die Bürogebäudes. Es dauerte zwei Jahre, bis im Mai 2006 die Schweiz flächendeckend auf Bio umstellen? Feinplanung für das Projekt abgeschlossen war und die Der Markt verkrafte dies nicht, argumentieren die- Vor Kosten von 4,5 Millionen Franken bekannt waren. Am sichtigen. Die Schweizerin und der Schweizer kauften 13. Juli erfolgte der Spatenstich durch Otto Stich (Prä- schon heute für 165 Franken pro Kopf und Jahr Biopro- sident des Stiftungsrates), Regina Fuhrer (Präsidentin dukte und seien damit Weltmeister. Nach einer weiteren Bio Suisse), Christian Butscher (Präsident der bio-dyna- Steigerung der Kauflust sehe es momentan nicht aus. mischen Produzenten, Demeter), Markus Arbenz (Ge- Anfang 90er Jahre hat das Bundesamt für Landwirtschaft schäftsführer Bio Suisse) und Urs Niggli. Im Gegensatz einen Systemwechsel vollzogen: weg von der Subven- zu den eidgenössischen Forschungsanstalten hat das FiBL tionierung von produzierten Mengen, hin zu Zahlungen als kleine gemeinnützige Stiftung kein Parlament im Rü- für ökologische Leistungen. Die Beiträge, welche damals cken, das grosszügige Baukredite spricht. Auch verfügen für die integrierte Produktion und die biologische Land- wir nicht über die wirtschaftliche Kraft der Chemiefor- wirtschaft festgelegt wurden, haben dazu geführt, dass schung. Deshalb muss die einmalige Investition über eine heute 85 Prozent der Betriebe integriert wirtschaften, gross angelegte Sammelaktion finanziert werden. Den 11 Prozent biologisch und nur noch vereinzelte Betriebe zahlreichen Förderinnen und Gönnern, welche das FiBL konventionell. Für Direktzahlungen gibt die Eidgenos- finanziell unterstützen, gilt deshalb mein herzlichster senschaft rund 2,5 Milliarden Franken pro Jahr aus, wei- Dank! tere 1,5 Milliarden für Produktion und Absatz sowie für Im November 2004 einigten sich der Kanton Aargau und Grundlagenverbesserungen. Haben wir mit diesem vielen das FiBL, die bisher nach integrierten Richtlinien geführte Geld bereits das Optimum für die Umwelt und den Tier- Staatstrotte in Frick (Weinkellerei mit vier Hektaren Reb- schutz herausgeholt? fläche) für Forschungszwecke an das FiBL zu übergeben. Die biologische Landwirtschaft steht konsequent für Um- Im Mai 2005 trat das Weingut FiBL mit einer neuen Wein- weltschutz ein und bringt keine chemischen Pestizide etikette und ansprechenden Weinen (im Jahr 2005 noch in und Dünger in die Umwelt. Sie schont den Boden und Umstellung auf Biolandbau) an die Öffentlichkeit. Nicht erhält die biologische Vielfalt. Sie betreibt konsequent nur in Frick, sondern auch auf verschiedenen Praxisbe- Kreislaufwirtschaft, was vor allem bei der Düngung zu trieben wurde seither die Weinbauforschung intensiviert. enormen Einsparungen von Erdöl führt. Sie praktiziert Ein neues Projekt studiert zum Beispiel den Einfluss der einen respektvollen Umgang mit den Nutztieren. Der biologisch-dynamischen Präparate auf die Bodenfrucht- Biolandbau ist die gesellschaftlich am besten akzeptierte barkeit, die Physiologie der Rebe und die Qualität der Form der Landwirtschaft. Sein volkswirtschaftlicher Nut- Weine. Wir möchten der Erfahrung von Spitzenwinzern zen und seine Vorzüglichkeit sind wissenschaftlich viel- im In- und Ausland auf den Grund gehen, welche dank fach dokumentiert. Die Mittel für eine grossflächige Um- bio-dynamischem Anbau charaktervolle, terroirbetonte stellung sind im landwirtschaftlichen Budget des Bundes Weine von aussergewöhnlicher Qualität erzeugen. vorhanden. – Nein, es gibt keine Alternative zum Bioland Im Dezember 2004 brachte die Vogelwarte Sempach ver- Schweiz! schiedene Schwachpunkte der Praxis des Biolandbaus in Dr. Otto Stich, die Diskussion mit dem FiBL ein. Im Getreidebau wür- Präsident des Stiftungsrates des FiBL Schweiz den die Biobetriebe mit ihrer mechanischen Unkrautbe-
Tätigkeitsbericht 2006 Editorial
kämpfung (Striegeln) zu wenig Rücksicht auf am Boden Praxisnah in Forschung und Dienstleistungen brütende Vogelarten (z.B. Feldlerche) nehmen. Oder: Der ökologische Landbau in Deutschland steht vor gros- Im Engadin leide das Braunkehlchen unter dem frühen sen Herausforderungen. Die Erschliessung neuer Käu- Schnitt der Wiesen auch auf Biobetrieben. Dieser Dialog ferschichten, etwa durch das wachsende Angebot von hat seither zu einer engen Zusammenarbeit geführt; in Bioprodukten in Discountern, bringt der deutschen Bio- verschiedenen regionalen Projekten werden Vögel und branche derzeit einerseits hohe Wachstumsraten. Ande- andere Wildtiere auf Biobetrieben gezielt gefördert. rerseits kann die steigende Nachfrage kaum noch aus hei- Biologische Landwirtschaft ist mehr als Natur- und Um- mischer Produktion erfüllt werden: Die Globalisierung weltschutz. Schmackhaftigkeit und gesunde Ernährung des Ökomarktes setzt unsere Bäuerinnen und Bauern sind für Konsumentinnen heute ebenso wichtig. Seit einer Konkurrenz aus, welche unter weitaus günstigeren 2004 wurde deshalb die Lebensmittelqualitätsforschung Kostenverhältnissen produzieren am FiBL personell mit einem Mikrobiologen, einem Er- kann. Zusätzlich zu hohen Kos- nährungsphysiologen und einer Lebensmitteltechnolo- ten – beispielsweise für Energie gin ausgebaut. Im März 2006 erschien das FiBL-Dossier oder Arbeitskräfte – sehen sich Nr. 4, «Sicherheit und Qualität von Bioprodukten», wel- die deutschen Biobauern mit ei- ches international auf riesiges Interesse stiess. ner anspruchsvollen Bürokratie Die letzten drei Jahre waren für das FiBL sehr erfolgreich, konfrontiert, die der Einhaltung was neue EU-Forschungsprojekte angeht. Die EU bringt immer strengerer Auflagen mit in Forschungsthemen, welche von europäischer Bedeu- immer mehr Papier nachspürt. tung sind, Konsortien von ausgewiesenen Instituten Zudem droht mit einer neuen, den Anforderungen prak- zusammen. Dank der bilateralen Verträge zwischen der tischen Wirtschaftens in keiner Weise genügenden euro- Schweiz und der EU kann das FiBL seit Januar 2004 nicht päischen Regelung für den Ökolandbau neues Ungemach. nur als Partner, sondern auch als Gesamtkoordinator da- Und schliesslich stellt der in Aussicht stehende grossflä- bei sein, was wir bereits in zwei Fällen tun. Insgesamt lau- chige Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen die Öko- fen im Jahr 2006 15 grosse Forschungsprojekte mit dem bauern sowie die Verarbeiterinnen und Händler ihrer FiBL als Partner oder als Koordinator. Produkte vor schwierige Aufgaben. Im Oktober 2005 schwappte – wie aus heiterem Himmel Diesen Herausforderungen muss sich auch das FiBL – die Kritik an der Biomilch über die Schweiz. Anlass Deutschland stellen, das eng mit den Akteuren der öko- war eine Untersuchung der Universität Bern über den logischen Lebensmittelwirtschaft und ihren Verbänden Gesundheitsstatus von Milchkühen auf integrierten und zusammenarbeitet. Die in diesem Jahresbericht vor- biologischen Betrieben im Kanton Bern. Selbst Boule- gestellten Projekte zeigen, wie das FiBL an der Lösung vardzeitungen nahmen sich des Themas an und fragten aktueller Probleme arbeitet: Etwa mit dem verbraucher- in Schlagzeilen, warum man einen höheren Preis für orientierten Rückverfolgbarkeitsprojekt «Bio mit Ge- Biomilch bezahlen soll, wenn diese weder besser noch sicht», das die Erzeuger eines gekauften Bioproduktes gesünder sein soll. Zum Glück konnte das FiBL mit Zah- vorstellt und damit diese Lebensmittel – meist einhei- len, Fakten und innovativen Projekten immer wieder mischer und einem der Verbände angeschlossener Bio- Antworten auf kritische Fragen geben. So geht das FiBL bauern – weniger austauschbar macht. Oder mit dem im Projekt «pro-Q» das Problem von kranken Eutern von Praxishandbuch «Bioprodukte ohne Gentechnik», das Milchkühen grundsätzlich an und entwickelte eine um- Erzeugerinnen, Verarbeitern und dem Handel von Bio- fassende präventive Gesundheitsstrategie für die Milch- produkten praxisnahe Hilfestellung gibt, wie sie Gentech- kühe, welche im Notfall auf Komplementärmedizin setzt nikeinträge verhindern können. und damit den Verbrauch von Antibiotika deutlich senkt Von grosser Bedeutung ist sicher auch die Betriebsmit- (in Einzelfällen sogar auf null zurückfährt). Dies führte telliste, auf deren Grundlage die Verbände für ihre Mit- auf den ersten 100 Pilotbetrieben bei 2000 bis 3000 Kü- glieder biologische Pflanzenbehandlungs- und -Dün hen zu einer besseren Milchqualität. Spitzenbetriebe im gemittel zulassen. Allesamt sind dies Beispiele für den Projekt produzieren nach drei Jahren Vorzugsmilch mit Stellenwert, den das FiBL als praxisnahes Forschungs- einer exzellenten Qualität. Weitere Untersuchungen im institut und akteursnaher Dienstleister im ökologischen europäischen Projekt QLIF in England, Wales, Dänemark Landbau einnimmt. und Schweden, wo das FiBL akademischer Koordinator Wenn auf diese Weise die Anstrengungen all derer, denen ist, bekräftigen die guten Ergebnisse bezüglich der Qua- ökologische Landwirtschaft am Herzen liegt, ineinander lität von Biomilch. greifen, dann werden auch die Herausforderungen der Der vorliegende Tätigkeitsbericht, welcher Ausschnitte nächsten Monate und Jahre zu bewältigen sein! aus den vielfältigen Arbeiten der drei FiBL in der Schweiz, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, in Deutschland und Österreich von Mitte 2004 bis Mitte Vorstandsmitglied FiBL Deutschland 2006 zeigt, soll Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, span- nende Beispiele aus unserer Tätigkeit präsentieren. Viel Vergnügen! Dr. Urs Niggli, Direktor FiBL Schweiz
Tätigkeitsbericht 2006 Editorial
Fünf Jahre FiBL Deutschland – wir sind zufrieden Wissenstransfer so wichtig wie Forschung Fünf Jahre ist es nun her, dass das Team des FiBL Deutsch- Ein deklariertes politisches Ziel des österreichischen land im Herbst 2001 seine Arbeit aufnahm. Dieses kleine Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Um- Jubiläum ist für uns Anlass, eine Zwischenbilanz zu zie- welt und Wasserwirtschaft («Lebensministerium») ist die hen – und die fällt durchweg positiv aus: Es ist uns gelun- Förderung der biologischen Landwirtschaft. Dadurch gen, das FiBL Deutschland als praxisnahes Forschungsin- soll die europaweite Spitzenstellung Österreichs in die- stitut und wissensbasierten Dienstleister in Deutschland sem Bereich gesichert und ausgebaut werden. In dem zu bekannt zu machen und zu etablieren. diesem Zweck formulierten Bioaktionsprogramm wird Das wachsende Interesse am ökologischen Landbau und der Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure der die «Agrarwende» in Folge des BSE-Skandals ermöglich- biologischen Landwirtschaft eine besondere Bedeutung ten einen ausgezeichneten Start. zugeschrieben. Eine herausragende Rolle spielten Dem umfassenden Wissens- dabei Aufbau und Pflege des zen- transfer zwischen Forschung tralen Internetportals www.oeko- und Praxis unter Einbindung landbau.de; aber auch Projekte aller «Zwischenebenen» (schu- wie die Saatgutdatenbank www. lische Ausbildung, Beratung etc.) organicXseeds.de oder die He- kommt eine besondere Relevanz rausgabe der Betriebsmittelliste zu. Das Umsetzen vorhandenen haben durch ihre grosse Verbreitung das Profil des FiBL Wissens in die Praxis ist genauso wichtig wie das Erarbei- Deutschland entscheidend geprägt. ten neuer Erkenntnisse durch Forschung. Deshalb hat das Diese Profilierung konnte auf dem Fundament gesunder FiBL hier einen seiner Schwerpunkte gesetzt. Finanzen erfolgen, was insofern besonders erfreulich ist, Beispielhaft für die Aktivitäten des FiBL ist die Arbeit im als das FiBL Deutschland über keine öffentliche finanziel- Bereich Tiergesundheit. Auch international gibt es erst le Grundausstattung verfügt. Durch das Engagement und Ansätze von ganzheitlichen Prophylaxe- und Behand- die Kompetenz der Mitarbeitenden war es möglich, unse- lungskonzepten. Das FiBL versucht die Defizite durch ak- re Arbeit vollständig über Projekte zu finanzieren. So ist tive Unterstützung und Wissenstransfer an Tierärztinnen, das FiBL Deutschland mit derzeit elf Angestellten zu einer Berater und Praktikerinnen zu vermindern. Vor dem festen Grösse in der ökologischen Lebensmittelwirtschaft Hintergrund der besonderen Verantwortung der biolo- in Deutschland geworden. gischen Landwirtschaft für eine ethisch und ökologisch Damit die Bedeutung des FiBL Deutschland auch künf- verantwortbare Lebensmittelerzeugung sowie der zuneh- tig erhalten bleibt und weiter wachsen kann, müssen wir menden Bedeutung von Fragen der Lebensmittelqualität uns weiterhin den Herausforderungen an die ökologische und -sicherheit ist dieser Bereich von strategischer Be- Lebensmittelbranche stellen und an Lösungen der be- deutung. stehenden Probleme mitarbeiten. Zum Beispiel im Be- Ao. Univ. Prof. Dr. Werner Zollitsch, reich Vermarktung: Zwar boomt der Biomarkt zurzeit in Vorstandsmitglied des FiBL Österreich Deutschland, aber die heimischen Landwirte profitieren davon nicht entsprechend, da die Nachfrage häufig mit Ware aus dem Ausland gedeckt wird. Mit «Bio mit Ge- sicht» (www.bio-mit-gesicht.de) haben wir ein Konzept entwickelt, das die hohe Qualität und Sicherheit von Er- FiBL Österreich 2004 bis 2006 zeugnissen der deutschen Anbauverbände besser kom- Seit der Gründung des FiBL Österreich im Mai 2004 munizieren hilft. Das System soll die Austauschbarkeit konnten wir uns praxisnah für die österreichische Bio- der Produkte verringern und den beteiligten Landwirten landwirtschaft engagieren. Inzwi- einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ein weiteres - Bei schen sind wir ein stolzes kleines spiel ist die Agrogentechnik, deren Ausbreitung die öko- Institut mit einem Team von fünf logische Lebensmittelwirtschaft massiv gefährden würde. Mitarbeitenden. An unserem Sitz Als Antwort auf diese Herausforderung haben wir – ge- in Wien arbeiten wir Tür an Tür meinsam mit dem Bund ökologische Lebensmittelwirt- mit BIO AUSTRIA. schaft und dem Öko-Institut – das Praxishandbuch «Bio- Für das junge FiBL Österreich war produkte ohne Gentechnik» (www.bioXgen.de) erarbeitet, und ist die Kooperation mit im einen Ratgeber zur Vermeidung von GVO-Kontamina- Biolandbau tätigen österreichischen Institutionen enorm tionen für Landwirte und Verarbeitungsunternehmen. wichtig. Die Landwirtschaftskammern, die Höhere Bun- In der Gründungsphase des FiBL Deutschland ent- deslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein, wickelte die damalige Landwirtschaftsministerin Renate die Universitäten für Bodenkultur und Veterinärmedizin Künast die Vision, dass im Jahr 2010 zwanzig Prozent der sowie BIO AUSTRIA waren in den zurückliegenden bei- Landwirte in Deutschland ökologisch wirtschaften. Auch den Aufbaujahren unsere verlässlichen Partner. wenn dies vielleicht etwas zu optimistisch war, halten wir Unsere Arbeitsschwerpunkte liegen in der Tiergesundheit, an der Vision fest, beim zehnjährigen Jubiläum einen in der Gentechnik-Risikoforschung und vergleichenden zweistelligen Prozentanteil feststellen zu können. Qualitätsforschung, im Wissenstransfer bezüglich Acker- Dr. Robert Hermanowski, bau sowie im Naturschutz. Geschäftsführer FiBL Deutschland Dr. Elisabeth Stöger, Obfrau FiBL Österreich
Tätigkeitsbericht 2006 Bioinstitut Tschechien
«Wir möchten das Biomusterland der neuen EU-Länder bleiben»
Das tschechische Bioinstitut wurde im November 2004 vom tschechischen Biover- band Pro-Bio, der Universität Olomouc und vom FiBL gegründet. Es ist seither vor allem in der Bildung und Beratung tätig. Ein Gespräch mit Direktor Jiří Urban.
Tschechien gilt im Biolandbau als das Musterland unter kein Geld für weitere Angestellte da war. Nun haben wir den neuen EU-Mitgliedsländern. Welche Rolle spielt das verschiedene Projekte bewilligt bekommen und werden Bioinstitut dabei? Personal einstellen können; insgesamt werden neu sechs Jiří Urban: Nach dem Beitritt Tschechiens zur Europä- Leute drei volle Stellen unter sich aufteilen. ischen Union im Mai 2004 hat die Regierung sehr schnell einen nationalen Aktionsplan für den Was sind das konkret für Projekte? Biolandbau erarbeitet. Das Bioinstitut Urban: Der tschechische Bioverband beteiligt sich nun an dessen Umset- Pro-Bio wird in den nächsten zwei zung. Wir koordinieren die Arbeit Jahren vier neue Zentren für Bera- der beteiligten Organisationen. Das tung, Bildung und Wissenstransfer im Problem ist, dass es bisher keine Fi- Biolandbau aufbauen. Diese betreuen nanzierung des Aktionsplans gibt. unter anderem 36 weitere Informa- Wir sind jedoch dabei, Finanzie- tionsstellen in landwirtschaftlichen rungsvorschläge für die Ministerien Schulen, Naturschutzbüros oder auszuarbeiten. ähnlichen bereits bestehenden Ein- richtungen. Das Bioinstitut beteiligt Und das Bioinstitut selber? Wie sieht sich daran in den Bereichen Bildung die finanzielle Lage aus? und Beratung. Ausserdem arbeiten Urban: Das Bioinstitut finanziert sich wir mit zehn anderen Forschungs- über Projekte. Derzeit sind wir drei instituten im Projekt Landschaft der Mitarbeitende, die insgesamt 1,5 Stel- Jiří Urban Universität Olomouc mit, in dem es len haben. Bisher gab es viel Arbeit, um Landschaftsplanung, Umwelt- die aber mit wenigen Leuten getan werden musste, da schutz und Biodiversität geht. Das Bioinstitut bearbeitet den Schwerpunkt Biolandbau. Wir erstellen so genannte Farm-Management-Pläne. Dazu analysieren wir den Ist- Zustand eines Betriebes und machen Vorschläge für eine verbesserte Bewirtschaftung und Möglichkeiten der- Fi nanzierung. Das Ganze integrieren wir in einen Plan zur Umstellung auf Biolandbau. Weiter werden wir gemein- sam mit dem FiBL Schweiz und dem FiBL Österreich in einem Projekt zu Biodiversität und Naturschutz arbeiten.
Das Bioinstitut ist also auf Erfolgskurs? Urban: Ja. Bisher haben wir viel Arbeit geleistet, die nicht finanziert war, sondern der Profilierung diente. Das zahlt sich nun aus. Mit den neuen Mitarbeitenden werden wir den Biolandbau in Tschechien noch besser voranbringen. – Schliesslich möchten wir das Musterland der neuen EU- Länder bleiben. Interview: na
Kontakt: jiří[email protected] Der durchschnittliche Biobetrieb in Tschechien liegt im Berggebiet, bewirtschaftet 200 ha, davon 90 Prozent Grünland, und hält Mutterkühe, Schafe und Pferde. Internet: http://www.bioinstitut.cz; http://www.pro-bio.cz
Tätigkeitsbericht 2006 Boden und Pflanzen Anbausysteme
Neuer Langzeitversuch über Bodenbearbeitung, Düngung und Präparate
Halbzeit im neuen Langzeitversuch: Seit 2002 läuft der Versuch am FiBL in Frick, der den Anbau mit und ohne Pflug vergleicht und gleichzeitig den Einfluss von Mist- kompost und der biologisch-dynamischen Präparate untersucht. Der Versuch soll im Jahr 2011 abgeschlossen werden und hat jetzt erste, teils überraschende Ergebnisse geliefert.
Funktioniert reduzierte Bodenbearbeitung im Bioland- bau? Im Fricker Langzeitversuch sind die Einflussfaktoren biologisch-dynamische Präparate, Bodenbearbeitung mit und ohne Pflug, Einsatz von Mistkompost oder Vollgül- le kreuzweise voll kombiniert (acht Verfahren mit je vier Wiederholungen, insgesamt 32 Parzellen von 12 x 12 m). Die Fachleute des FiBL und die externen Projektpartner, unter anderem vom Forschungsinstitut am Goetheanum und vom Agroscope FAL Reckenholz, zeigen sich er- staunt über mehrere überraschende Ergebnisse der ersten Versuchsjahre. Nicht erwartet hatten sie, dass Weizen aus Parzellen, welche lediglich im Versuchsjahr mit biologisch-dyna- Reduzierte Bearbeitung heisst nicht unbedingt reduzierte Erträge: mischen Präparaten behandelt wurden, weniger Fusa- Sonnenblumen zeigten einen Mehrertrag von 5 Prozent, vermut- rientoxine enthielt und mit den bildschaffenden Metho- lich weil sie fähig sind, auch noch spät mineralisierten Stickstoff den klar von nicht behandelten Weizenproben unter- zu verwerten. schieden werden konnte. Sehr bedeutsam sind auch die Ergebnisse zur Boden- 15 % Feuchte). Die darauf folgende Zwischenfrucht Hafer/ fruchtbarkeit: Bodenuntersuchungen im Jahr 2005 Alexandrinerklee zeigte hingegen keine nennenswerten zeigten, dass durch die reduzierte Bearbeitung im Ver- Unterschiede, und bei den Sonnenblumen wurde in den gleich zum Pflug der Humusgehalt in der Bodentiefe Parzellen mit reduzierter Bearbeitung sogar ein tenden- von 0 bis 10 Zentimeter in nur zwei Jahren um 7 Prozent zieller Mehrertrag von 5 Prozent gemessen (reduziert 3,6 t
(+0,16 Prozentpunkte Corg) statistisch gesichert zugenom- Körner/ha; 8 % Feuchte). men hatte (siehe Abbildung). Die Biomasse der Mikroorganismen war in den reduziert Wurzelunkräuter könnten zum Problem werden bearbeiteten Böden um 28 Prozent erhöht, und in der Im ersten Versuchsjahr war die Unkrautpopulation in den Tendenz waren die Wurzeln stärker von Symbiosepilzen zwei Bodenbearbeitungsverfahren noch sehr ähnlich, im besiedelt. dritten Versuchsjahr unter Dinkel traten deutliche Unter- schiede auf. Die Bodenbedeckung durch Unkräuter im Gute Erträge auch bei reduzierter Bearbeitung Stadium Blüte des Dinkels war mit 16 Prozent in den Par- Die Erträge reagierten je nach Kultur positiv oder negativ. zellen mit reduzierter Bodenbearbeitung doppelt so hoch Zum Beispiel fiel im ersten Jahr der Winterweizenertrag wie in den gepflügten Parzellen. mit reduzierter Bodenbearbeitung um 16 Prozent gerin- Projektleiter Alfred Berner erwartet, dass sich die Diffe- ger aus als mit Pflugeinsatz (reduziert 5,1 t Körner/ha; renzen zwischen den Verfahren im Verlaufe der nächsten Versuchsperiode noch stärker zeigen werden. mb
Veränderung Corg 2002–2005 Mikrobielle Biomasse Kontakt: [email protected] und [email protected] ohne Präparate 0,086 895 ns ns mit Präparaten 0,054 882 Finanzierung: Dutch BD-Vereniging, Driebergen; Stiftung zur Pflege von Mensch, Mitwelt und Erde, Münsingen; Sampo Verein Pflug –0,008 780 *** *** für Anthroposophische Forschung und Kunst, Dornach; Software reduzierte Bodenbearbeitung 0,149 996 AG Stiftung und Evidenzgesellschaft, Darmstadt; Bundesamt für Vollgülle 0,065 883 Landwirtschaft BLW, Bern. ns ns Mistkompost/Gülle 0,076 893 Dank gebührt auch den beratenden Mitgliedern der Begleitgrup- – 0,1 0 0,1 0,2 0 500 1000 1500 pe: Rainer Sax und Daniel Böhler, Jürg Hädrich, Nikolai Fuchs, % C mg C pro kg Boden TS org mic Manfred Klett, Hartmut Spiess und Bernhard Streit. Speziell Langzeitversuch in Frick: Veränderungen des Humusgehaltes, gemessen als organischer bedanken möchten wir uns auch für die Untersuchungen am
Kohlenstoff Corg zwischen Herbst 2002 und Frühjahr 2005, und mikrobielle Biomasse im Forschungsinstitut am Goetheanum und am Agroscope FAL Frühjahr 2005 in 0–10 cm Bodentiefe. ns = nicht signifikant; *** = hoch signifikant Reckenholz.
Tätigkeitsbericht 2006 Anbausysteme
Biolandbau tut auch dem Klima gut
Die Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle im Klimageschehen der Welt. Sie ist mit- verantwortlich für Humusabbau und die Emission von Kohlendioxid und Spurengasen in die Atmosphäre. Die Verfahren des Biolandbaus tragen zum Humusaufbau bei und können dadurch klimastabilisierend wirken.
Böden stellen den grössten terrestrischen Kohlenstoffpool dar, aber durch die landwirtschaftliche Nutzung werden grosse Mengen an Humus mineralisiert. Dieser Prozess hat in weiten Regionen einen wichtigen Faktor der Bo- denfruchtbarkeit zerstört oder geschwächt. Da Humus auch Kohlenstoff aus der Atmosphäre rück- binden kann (Kohlenstoffsequestrierung), kommt einer nachhaltigen Bewirtschaftung, die den Humus erhält oder sogar aufbauen hilft, eine Bedeutung auch fürs Klima zu: Humuswirtschaft kann zur Linderung der Klimaerwär- So wichtig ist Humuswirtschaft: Das Bild links zeigt eine DOK-Parzelle mit rein mineralischer mung beitragen. Düngung und geringem Humusgehalt, das Bild rechts eine bio-dynamische Parzelle mit relativ hohem Humusgehalt. Die Fotos wurden nach einem heftigen Regen aufgenommen, Bioverfahren tragen zum Humusaufbau bei der deutliche Unterschiede in der oberflächlichen Verschlämmung zutage treten liess. «Die Produktionsverfahren des Biolandbaus können ei- nen gewissen Beitrag zum Klimaschutz leisten», sagt der Ebenfalls gut fürs Klima: Bodenbiologe Andreas Fliessbach, «denn im Biolandbau reduzierte Bodenbearbeitung trägt die gezielte Verwendung hofeigener Dünger wie Und im neuen Langzeitversuch in Frick hat das FiBL Mist und Gülle – kombiniert mit permanenter Bodenbe- nachgewiesen, dass die reduzierte Bodenbearbeitung po- deckung und einer vielfältigen Fruchtfolge – zum Humus- sitive Auswirkungen auf den Humusgehalt hat. Reduzierte aufbau bei.» Der Verzicht auf mineralischen Stickstoff- Bodenbearbeitung wird im Biolandbau zwar nur zöger- dünger und Pestizide verringert zudem den Verbrauch an lich eingeführt, vor allem wegen der Unkrautproblematik, nicht erneuerbarer fossiler Energie erheblich – und damit bietet aber im Hinblick auf Bodenschonung, Humusan- auch die Emission von klimarelevanten Spurengasen. reicherung und Förderung der Bodenfruchtbarkeit inter- «Im DOK-Langzeitversuch konnten wir zeigen, dass die essante Perspektiven. Schon nach zwei Versuchsjahren Verfahren mit Hofdünger höhere Humusgehalte aufwei- konnte in Frick im reduzierten Verfahren in den obers- sen als das rein mineralisch gedüngte Verfahren. Interes- ten 10 Zentimetern ein leicht (um 0,15 Prozent) erhöhter santerweise zeigt das bio-dynamische Verfahren mit der Humusgehalt festgestellt werden. Ob dies ein langfristiger Verwendung von Mistkompost als einziges Verfahren im und stabiler Trend ist, wird die Forschungstätigkeit der DOK-Versuch stabile Humusgehalte», erklärt Andreas nächsten Jahre zeigen. Fliessbach. Dieses Verfahren wies nach 21 Jahren im Ver- «Mit den beiden Langzeitversuchen steht uns eine her- gleich zur Mineraldüngervariante einen um 20 Prozent vorragende Forschungsinfrastruktur zur Verfügung, mit erhöhten Humusgehalt auf. der wir auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen von Bewirtschaftungsmassnahmen untersuchen kön- 110% nen», meint Bodenwissenschaftler Paul Mäder. «Mit dem DOK-Versuch haben wir schon zahlreiche Nachweise s
n für die Vorzüglichkeit des Biolandbaus erbracht, und wir ) 100% e 7 d 7 o 9 freuen uns, dass wir mit den neuesten Ergebnissen auch 1 B s u e
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( organisch-biologisch H af integriert mit Mist Vergleichsstudien stützen die Resultate des FiBL. integriert mineralisch gedüngt 70% Kontakt: [email protected] 1977 1978--1984 1985--1991 1992--1998
Das biologisch-dynamische Verfahren konnte im DOK-Versuch Finanzierung: Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern den Humusgehalt auf dem ursprünglichen Niveau halten, obwohl die Menge der ausgebrachten Düngemittel aufgrund der Der DOK-Versuch (D = dynamisch, O = organisch, K = konven- Verluste bei der Kompostierung um zirka 20 Prozent geringer war tionell) läuft seit 1978 und wird gemeinsam vom FiBL und der als in den anderen Verfahren. Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon betreut.
Tätigkeitsbericht 2006 Bodenfruchtbarkeit
Mit Kompost und Gründüngung Mykorrhizapilze fördern
Mykorrhizapilze sind sehr vorteilhaft für die Pflanzen, deren Wurzeln sie besiedeln. Sie unterstützen die Nährstoffaufnahme und können sogar gegen Krankheiten schützen. Lassen sich Mykorrhizapilze durch Gründüngung und Kompostgaben fördern? FiBL- Forscherin Anja Vieweger berichtet über ihr Projekt.
Mykorrhizapilze, die mit ihren fadenförmigen Hyphen in Mykorrhiza -- Kolonisierung von Maiswurzeln BLW -Gründüngungsversuch in Stammheim, September 2005 die Wurzel eindringen, können die Nährstoffaufnahme Daten aus 4 Proben und 4 Wiederholungen, Tukey-Test p<0.0001 100 von Pflanzen erheblich steigern und diese gegen boden- 90
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bürtige Krankheiten schützen. Sie können sich zudem n
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g 60 positiv auf die Bodenaggregierung auswirken und so zum n a a a u
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s 40 Erosionsschutz beitragen. i b n 30 o
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Das FiBL hat auf zwei Praxisbetrieben zwei Jahre lang die o 20 K 10 Auswirkungen von Gründüngungs-, Winterbegrünungs- 0 Handelsdünger Kompost Roggen bzw. Erbsen Erdklee und Untersaatverfahren auf die Stickstoffdynamik und Hafer auf den Ertrag der Nachfolgekultur untersucht. Im ersten Verfahren Jahr wurde als Hauptkultur Lauch, im zweiten Weisskohl Mykorrhiza-Kolonisierung der Maiswurzeln. Die Verfahren mit gewählt. Im Abschlussjahr wurden die Entwicklung von unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant. Mais und die Besiedelung der Maiswurzeln durch Mykor- rhizapilze erhoben. läutert Anja Vieweger. Besonders über die Wintermonate Folgende fünf Verfahren hat das FiBL untersucht: waren im brachliegenden Feld mit der Handelsdüngerva- � biologischer Handelsdünger: ohne Begrünung, Brache riante die Bedingungen schlecht für das Überdauern der über die Wintermonate Pilzstrukturen. Der bewachsene Boden hingegen bot mit � Kompost: Gabe jeweils zu Beginn der Hauptkultur, lebenden Pflanzenwurzeln ein geeignetes Umfeld. Brache über die Wintermonate In der Hauptkultur Kohl konnte die Erdklee-Gründün- � Roggen: Einsaat über die Wintermonate gung als Zwischenwirt für die Mykorrhizapilze dienen, � Wintererbsen: Einsaat über die Wintermonate denn Kohlgewächse gelten als «Nicht-Wirte», sie werden � Erdklee: Einsaat zwischen die Reihen der Hauptkultur nicht besiedelt.
Kolonisierung in den begrünten Verfahren Gründüngung bringt auch höhere Erträge am besten Die Untersuchungen machen deutlich, dass Gründün- Am besten kolonisiert wurden die Wurzeln in den be- gungen nicht nur beachtliche Mengen an Stickstoff über grünten Verfahren mit Roggen, Erbsen und Erdklee. Hier den Winter konservieren, sondern dass sie auch die Le- betrug die Kolonisierung mehr als 80 Prozent. Im Ver- bendverbauung des Bodens über die Wurzeln und Sym- fahren mit Kompostgaben lag die Besiedelung bei zirka biosepilze stark fördern. 55 Prozent. Im Verfahren mit der organischen Handels- Dass das Verfahren mit Erdklee gegenüber dem Verfahren düngergabe wurde mit rund 45 Prozent die geringste Be- mit Handelsdünger auch 30 Prozent Mehrertrag brachte, siedelung beobachtet. ist für die Praxis höchst interessant. Noch gilt es aber eini- «Offenbar fanden die Mykorrhizapilze in begrünten Ver- ge Fragen zur Gründüngung zu klären, zum Beispiel die fahren mehr Wurzeln von potenziellen Wirtspflanzen Menge und den günstigsten Zeitpunkt für die Einsaat zu und konnten so auch mehr Assimilate aufnehmen», er- bestimmen. av
Kontakt: [email protected]; [email protected]
Finanzierung: Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern
Zur Bestimmung der prozentualen Besiedelung der Maiswurzeln mit Mykorrhizapilzen wurden Mitte August 2005 mit einem Bodenprobenstecher bis zu einer Tiefe von 20 cm Wurzelproben von den Maispflanzen genommen. Danach wurden die Wurzeln gewaschen und eingefärbt, anschliessend die Wurzelstücke unter der Lupe bei 40facher Vergrösserung ausgezählt.
Tätigkeitsbericht 2006 Pflanzenschutz
Auf neuen Wegen zu gesundem Saatgut
Im Biolandbau will man möglichst ausschliesslich Saatgut aus ökologischer Ver- mehrung einsetzen. Es ist von entscheidender Bedeutung, gesundes und qualitativ hochstehendes Biosaatgut zur Verfügung zu haben. Das FiBL Deutschland und das FiBL Schweiz arbeiten gemeinsam am Thema.
«Lückenhafte Bestände als Folge mangelnder Saatgutge- Feld sorgfältig testen. Wir wollen die daraus erfolgreich sundheit können während der Vegetationsperiode kaum hervorgehenden Konzepte für die Praxis verfügbar und mehr ausgeglichen werden, schon gar nicht mit den Mit- sicher anwendbar machen. Ebenso wichtig ist es, die An- teln, die im Ökolandbau zur Verfügung stehen», erläutert wendungsspektren von bekannten, gut funktionierenden Klaus-Peter Wilbois. Gefördert vom Bundesprogramm Massnahmen zu erweitern und sie der Praxis nahe zu ökologischer Landbau, koordiniert er am FiBL Deutsch- bringen», erläutert Wilbois. land ein Verbundprojekt, Auch das FiBL Schweiz in dem nach Möglich- führt Mittel- und Metho- keiten zur Verbesserung denprüfungen durch. «Wir der Gesundheit von Öko- bieten auch Unterstützung saatgut gesucht wird. Be- in Problemfällen an», be- teiligt sind Forschende der richtet Hans-Jakob Schä- Biologischen Bundesan- rer. «Zum Beispiel gab es stalt (BBA), des Instituts in der Praxis Probleme mit für biologisch-dynamische Falschem Mehltau beim Forschung (IBDF), der Feldsalat. Mit unseren Un- Getreideforschung Dar- tersuchungen konnten wir zau sowie die Verbände ermitteln, welches Saat- Naturland, Bioland und gut befallen und welches Demeter. gesund war. Die Betriebe Am FiBL Schweiz wird erhielten dann nötigen- die Thematik im Rah- falls Ersatzsaatgut oder men eines weiteren Pro- sie konnten beruhigt aus- jektes unter Leitung von säen.» Projektmitarbeiter Hans-Jakob Schärer in Klaus-Peter Wilbois mit Zusammenarbeit mit dem Leitfäden für Paktiker Ackerbohnensaatgut Biosaatgutvermehrer Sa- Vortestung verschiedener biotauglicher Saatgutbehandlungsmit- Das FiBL Deutschland er- – gesundes Saatgut, tiva und mit Spezialisten tel gegen samenübertragbare Krankheiten im Gewächshaus. arbeitet jetzt Leitfäden für eine wesentliche Vor- der eidgenössischen For- die Vermehrerinnen und aussetzung für einen schungsanstalten bearbeitet. Finanziert werden diese Ak- Landwirte, in denen die bekannten vorbeugenden Mass- gesunden Pflanzen- tivitäten vom Coop Naturaplan-Fonds. nahmen zur Saatgutgesundhaltung aufgezeigt werden. bestand. Unter anderem sollen in den Anleitungen auch Schwel- Neues ausprobieren, Bewährtes weiterentwickeln lenwerte eines Krankheitserregerbefalls dargestellt wer- Derzeit stehen im Biolandbau neben präventiven Mass- den, deren Überschreitung die Notwendigkeit einer Be- nahmen wie Reinigung, Sortenwahl und Saatzeitpunkt handlung des Saatgutes anzeigt. Die Praxisleitfäden sollen nur begrenzt direkte Möglichkeiten für die Saatgutbe- in zwei Ausführungen erscheinen: eine für Ackerkulturen handlung zur Verfügung. Bekannt ist zum Beispiel die und eine für Gemüsekulturen. kpw Saatgutbeizung mit Heiss- beziehungsweise Warmwasser. Auch das Senfmehlpräparat Tillecur® zeigt sehr gute Wir- Kontakt: [email protected]; kung gegen die wichtigste samenübertragbare Getreide- [email protected] krankheit, den Steinbrand oder Stinkbrand des Weizens. Andere Möglichkeiten, etwa die Anwendung von Pflanze- Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft nextrakten, Naturstoffen oder Mikroorganismen, sind in und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundespro- der Praxis kaum bekannt. gramms ökologischer Landbau und Coop Naturaplan-Fonds, Als Beispiel für einen neuen Ansatz der Steinbrandsanie- Basel rung führt Projektleiter Wilbois eine Bürstmaschine an, die in der Lage ist, die Sporen des Erregers einfach vom Korn zu bürsten, und dabei sehr gute Wirkung bei hohem Durchsatz erreicht. «Es geht uns darum, neue Verfahren und Mittel zu finden, die wir zunächst im Labor und im
Tätigkeitsbericht 2006 10 Obstbau
Schlüsselprobleme der biologischen Jungpflanzenproduktion
Seit der Einführung der Biopflanzgut-Datenbank organicXseeds.com wird sorgfältig geprüft, dass Biobetriebe biologisch erzeugte Obst-, Beeren- und Rebenjungpflanzen verwenden. Gemeinsam mit Biobaumschulen arbeitet das FiBL an den Schlüssel- problemen in diesem anspruchsvollen Produktionsbereich, damit Biojungpflanzen die nötigen Qualitätsansprüche erfüllen.
In den vergangenen Jahren konnte das FiBL für die Bio- logisch erzeugte Jungbäume und -reben verwenden. Un- obstbauproduzenten Lösungen zu Fragen der Unterlagen- ter den Einschränkungen des Biolandbaus ist es jedoch und Sortenwahl, Düngung und Bodenfruchtbarkeit, Kon- äusserst anspruchsvoll, Jungpflanzen zu erzeugen, die den trolle der Unkrautkonkurrenz, Behangsregulierung und konventionellen qualitativ nicht nachstehen. Qualitätsoptimierung, ja sogar bis ins Marketing hinein Gemeinsam mit den Baumschulisten hat das Projektteam erarbeiten. die Schlüsselprobleme definiert. Die Kunden seien vor «Diese breite Themenpalette bedingt, dass wir uns jeweils allem mit den optischen Qualitätsmerkmalen unzufrie- auf die Schlüsselprobleme der Produktionskette kon- den, lautet das Fazit. Die Höhe der Bäume ist zu gering, die zentrieren», sagt Franco Weibel, der diesen Forschungs- Stämme sind zu dünn, es werden zu wenige Seitentriebe bereich am FiBL koordiniert. «Zudem versuchen wir, ausgebildet. Zudem kann es aufgrund von Laus- oder Mil- Praktikerinnen und Marktpartner von Anfang an in allen benbefall sowie Blattkrankheiten zu Lieferengpässen oder Projekten mit einzubeziehen.» Qualitätseinbussen kommen. Grosse Schwierigkeiten be- Zurzeit bildet die Unterstützung der Baumschulen bei reitet auch die Regulierung der Unkrautkonkurrenz. der Produktion von Biojungpflanzen einen Schwerpunkt. Denn seit 2002 müssen Obst- und Weinproduzenten bio- Einzelmassnahmen zu einem System bündeln Dank der Unterstützung durch den Coop Naturaplan- Fonds konnten Franco Weibel und seine Kollegen Fran- cisco Suter und Jean-Luc Tschabold bei zwei innovativen Biobaumschulen Versuche durchführen. Zahlreiche Düngungstests ergaben, dass mit einer Intensivierung der Düngung allein keine Qualitätsverbesserung zu erzielen ist. Hingegen haben zum Beispiel Bakterienpräparate, die Stickstoff fixieren können, trotz zurückhaltender N-Dün- gung zu einer guten Baumqualität beigetragen. Weiter er- wiesen sich die einjährigen Leguminosen M. rigidula und polimorpha (Schneckenkleearten) als geeignete Pflanzen für die Bodenbedeckung. Dank ihrem guten Auflauf und Deckungsgrad können sie die einheimischen Unkräuter gut konkurrenzieren, verbessern die Belastbarkeit der Bo- denoberfläche und stellen zudem als Stickstoff fixierende Pflanzen eine interessante Begrünungsmöglichkeit dar. Zur Anregung der Seitentriebbildung wurden viele me- chanische Verfahren und Mittel geprüft. Eine wirksame und biotaugliche Methode ist vorerst nur das häufige «Toppen» der Mitteltriebspitze. «In allen Bereichen konn- ten wir praxistaugliche Fortschritte erzielen», sagt Franco Weibel. «Nur für die ungenügende Seitentriebbildung ha- ben wir noch kein befriedigendes Rezept.» Nun gehe es darum, die vielversprechendsten Einzellösungen weiter zu optimieren und zu einer Systemlösung zusammen- zufügen. Das Projektteam zählt dabei auch auf die wach- sende Erfahrung in den Produktionsbetrieben, die schon zu den bisherigen Lösungen wesentlich beigetragen ha- ben. ta
Kontakt: [email protected]; [email protected]; Biologisch erzeugte Jungpflanzen, im Bild Jungreben, genügen visuellen Qualitätsansprü- [email protected] chen häufig nicht. Franco Weibel (rechts), Francisco Suter und Jean-Luc Tschabold (nicht auf dem Bild) erproben Lösungsansätze direkt in Biobaumschulen. Finanzierung: Coop Naturaplan-Fonds, Basel
Tätigkeitsbericht 2006 Pflanzenschutz 11
Kartoffelbau: Vorwärts in kleinen Schritten
Wer Biokartoffeln anbaut, sieht seine Mühe Jahr für Jahr durch die Kraut- und Knol- lenfäule bedroht: Schlägt sie zu? Verschont sie meine Äcker heuer? Das Anbausystem zu optimieren und geeignete Sorten für den Biolandbau zu finden, war das Ziel eines grossen EU-Projekts. Bernhard Speiser berichtet.
Links: Der Gross- versuch zeigt die Sortenunterschiede deutlich: Agria ist schon abgestorben, während das Laub von Naturella noch gesund ist. Rechtes Bild: Detail- ansicht.
Im Biolandbau ist die Kraut- und Knollenfäule besonders organisation swisspatat und den wichtigsten Handelspart- gefürchtet, weil es kaum direkte Bekämpfungsmöglich- nern konnten mehrere Sorten rasch in die schweizerische keiten gibt. Die Krankheit wird mit dem Wind verbreitet Sortenliste für Kartoffeln aufgenommen werden. Schon und macht vor Grenzen nicht Halt. «Da war es nur logisch, früh führte Coop Testverkäufe mit neuen Sorten durch. in einem gesamteuropäischen Rahmen nach Biolösungen Da schnitt insbesondere die mehlig kochende Sorte Na- zu suchen», erklärt Bernhard Speiser, Kartoffelexperte am turella sehr gut ab. FiBL. Im EU-Forschungsprojekt «Blight-MOP» (2001 bis 2005) brachten 13 Partner aus sieben Ländern ihr Fach- Kleine Schritte in der Praxis wissen ein. Das Projekt lief in drei Phasen ab: In der dritten Projektphase wurden auf dem Gutsbetrieb � Zunächst wurde der Ist-Zustand des biologischen Rheinau im Kanton Zürich auf über einem Hektar neue Kartoffelanbaus in den beteiligten Ländern abgeklärt: Sorten, Sortenmischungen, verschiedene Düngerarten, Umfang, Erträge, Anbautechnik und Umgang mit der alternative Pflanzenschutzmittel und neuartige Applika- Kraut- und Knollenfäule. tionstechnologien getestet. Kleinere Versuche fanden in � Danach erarbeiteten Spezialisten einen Katalog mög- den Kantonen Aargau, Zürich, Bern und Waadt statt. Es licher Einzelmassnahmen wie Verwendung von hat sich gezeigt, dass das Anbausystem für jeden Betrieb unempfindlichen Sorten und Sortenmischungen, einzeln optimiert werden muss. Das erfordert einen in- Optimierung von Pflanzdatum, Pflanzabstand und tensiven Dialog zwischen Forschern, Beraterinnen und Anordnung, Vorkeimung, Düngung, Position in der Betriebsleitern. Zur Unterstützung für diesen Prozess hat Fruchtfolge, Bewässerung, Krautvernichtung sowie das FiBL 2004 das Merkblatt «Biokartoffeln» herausgege- verschiedenste Präparate aus Kompost, Pflanzen, Mi- ben. neralien oder Mikroorganismen. Hat das Projekt Blight-MOP die Lösung für die Kraut- � Schliesslich wurden diese Einzelmassnahmen in das und Knollenfäule gefunden? «Wir haben kein einzelnes Anbausystem ausgewählter Betriebe integriert und ge- Verfahren entwickelt, welches dieses Problem aus der testet. Welt schaffen könnte. Aber wir haben ein Bündel von Massnahmen aufgezeigt, welche, für jeden Betrieb indivi- Forschen mit Traktor und Kochtopf duell kombiniert, die Lösung schrittweise näherbringen. Krankheitsanfälligkeit, Ertrag und Qualität hängen stark – Das ist nicht spektakulär, aber nachhaltig.» bs von der Sorte ab. «In den ersten zwei Projektjahren teste- ten wir neue Sorten, von denen sich einige speziell für den Kontakt: [email protected] Bioanbau eignen», erläutert Speiser. Doch nur wenn eine Sorte auch ansprechend aussieht und gut schmeckt, kann Finanzierung: Europäische Kommission und Staatssekretariat für sie sich am Markt durchsetzen. Das FiBL hat deshalb die Bildung und Forschung SBF, Bern Akzeptanz der Sorten in Konsumentenbefragungen und Degustationen geprüft. Dank guter Koordination mit den Forschungsanstalten Agroscope in Changins und Reckenholz, der Branchen-
Tätigkeitsbericht 2006 12 Pflanzenschutz
Resistenzinduktion: Der Zaubertrank ist noch zu wenig bekömmlich
Das FiBL konnte zeigen, dass der Pilzextrakt «PEN» eine Stärkung der Abwehrkräfte von Kulturpflanzen auslöst und diese deshalb besser vor Krankheiten geschützt sind. Al- lerdings hat das Mittel auch unerwünschte Nebenwirkungen. FiBL-Forscherin Barbara Thürig ist deshalb auf der Suche nach dem eigentlichen Wirkstoff.
Seit 1997 untersucht das FiBL in Frick gemeinsam mit Projektpartnern einen wässrigen Extrakt aus dem Mycel (Pilzgewebe) von Penicillium chrysogenum (PEN). Wird dieser Extrakt auf die Blätter gesprüht, kann er die Wider- standsfähigkeit von Pflanzen gegen Krankheiten erhöhen – man spricht von induzierter Resistenz. Das Ausgangs- material (Mycel) für die Herstellung von PEN wird in industriellem Massstab produziert und ist auf der FiBL- Hilfsstoffliste als biotaugliches Düngemittel aufgeführt.
PEN kann Krankheiten unterdrücken … In einer ersten Projektphase konnte das FiBL nachwei- sen, dass PEN gegen Krankheiten von Reben (Echter und Falscher Mehltau), Tomaten (Krautfäule), Äpfeln (Schorf) und Zwiebeln (Falscher Mehltau) bemerkenswerte Wir- kung zeigt. Insbesondere erhöhte der Einsatz von PEN die Widerstandskraft von Reben gegen die Rebenkrankheit Plasmopara viticola (Falscher Mehltau, «Pero») erheblich. «Der Befall konnte, abhängig vom Befallsdruck im jewei- ligen Untersuchungsjahr, um 52 bis 90 Prozent reduziert werden», berichtet Barbara Thürig. PEN war somit etwa gleich effizient wie Kupfer, welches im Biolandbau nur noch beschränkt eingesetzt werden darf. Bemerkenswert ist, dass die induzierte Resistenz meist nicht nur gegen eine bestimmte Krankheit wirkt, sondern die Widerstandskraft der Pflanze insgesamt stärkt. So Auswertung des Befalls von Arabidopsis (das Unkraut Acker- erhöhte eine PEN-Behandlung der Modellpflanze Arabi- schmalwand) mit Falschem Mehltau unter der Lupe. dopsis die Resistenz gegen alle vier 1997 1999 2003 getesteten Krankheitserreger, ein- 60 schliesslich einem Bakterium und der toxischen von den induzierenden Komponenten ent- einem Falschen Mehltau. wickelt werden können, muss der Resistenz induzierende 50 Stoff bekannt sein. … hat aber negative Begleit- (%) 40 erscheinungen Kurz vor dem Durchbruch? Allerdings hat sich bei den Unter- Diesem Wirkstoff ist Barbara Thürig auf der Spur. In 30 suchungen ein Problem gezeigt. ihrer Dissertation konnte sie bereits zeigen, dass es sich PEN induziert zwar hervorra- beim Resistenzinduktor um ein Protein handelt, welches gend Resistenz, kann aber unter der Pilz Penicillium chrysogenum ausscheidet. Allerdings 20
Zerstörte Blattfläche bestimmten Bedingungen auch konnte dieses Protein noch nicht identifiziert werden. toxisch wirken: Es entwickeln sich Deshalb ist weitere Forschung nötig, um PEN bezie- 10 nekrotische Punkte und Flecken hungsweise den darin enthaltenen Resistenzinduktor zur auf Blättern und Früchten, was zu Praxisreife zu bringen. Lucius Tamm, FiBL-Experte für 0 einer Qualitätseinbusse führt. Pflanzenkrankheiten, hofft, dass das FiBL hier bald einen
PEN Pen PEN Bei PEN handelt es sich um einen grossen Schritt weiterkommt: «Wenn dies gelingt, haben
Kupfer Kupfer Kupfer rohen Extrakt, der verschiedenste wir viele Probleme im biologischen Pflanzenschutz ge- Kontrolle Kontrolle Kontrolle Stoffe enthält. Neben erwünschten löst.» hw Reduktion des Befalls von Reben mit Plasmopara Stoffen, die Resistenz induzieren, viticola durch den Resistenzinduktor PEN und das sind auch solche vorhanden, die Kontakt: [email protected]; [email protected] Fungizid Kupfer im Feld in drei Untersuchungs- für die Pflanze toxisch sind. Da- jahren. Kontrolle = Befall ohne Behandlung. mit Methoden zur Abtrennung Finanzierung: Sandoz GmbH in Kundl (Österreich)
Tätigkeitsbericht 2006 Pflanzenschutz 13
Kompost kann mehr als düngen
Komposte und Kompostextrakte können Pflanzenkrankheiten unterdrücken. Mohamed Larbi hat gezeigt, dass die Wirkungen bemerkenswert sind. Bis zur Praxisreife ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Dass Komposte und Kompostextrakte krankheitsunter- in einem nächsten Schritt nach- 20 drückende Wirkung haben, ist nicht neu. Erstmalig wur- gewiesen werden, ob und wie de jetzt am FiBL festgestellt, dass nicht nur Mistkompost, die Komposte und Kompost- sondern auch Grüngutkompost solche Wirkungen haben extrakte auf dem Feld wirken. ) m 15
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kann. Mohamed Larbi hat zu diesem Thema seine Dis- Weiter soll erforscht werden, (
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sertation verfasst, die von der Universität Neuchâtel, der wie das krankheitsunterdrü- s
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Die Resultate zeigen für Grüngutkomposte und -kom- gesuchten Mikroorganismen zu L postextrakte ein überaus interessantes Potenzial zum den Komposten oder Extrakten
Schutz von Pflanzen gegen bodenbürtige und blattbürtige könnte ein Weg sein. 0
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Krankheiten – bei der Rebe konnte die Befallsstärke mit «Ein weiteres wichtiges Ergeb- e
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Falschem Mehltau um 70 Prozent gesenkt werden. nis unserer Untersuchungen t
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«In meiner Dissertation habe ich auch den Wirkungsme- war, dass der Kompostierungs- K Kompostextraktname chanismus von Grüngut-Kompostextrakten erforscht», prozess eine bedeutende Rolle berichtet Mohamed Larbi. «Interessanterweise beruht die spielt», so Kompostexperte Jacques Fuchs. «Die Rotte- Einfluss von verschie- Wirkung gegen den Falschen Mehltau bei der Rebe auf führung ist für die Kompostqualität sogar noch wichtiger denen Kompostex- einem direkten Effekt. Beim Apfelschorf hingegen war die als das Ausgangsmaterial. Die richtige Kompostqualität trakten (KE1 bis KE5; Wirkung nicht direkt, hier handelt es sich möglicherweise spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterdrückung Kontrolle = Wasser) um eine induzierte Resistenz, also eine Aktivierung der bestimmter Krankheiten.» auf die Entwicklung pflanzeneigenen Abwehrkräfte.» Diese Erkenntnisse sind Fuchs hat in weiteren Projekten, finanziert unter ande- von Falschem Mehl- sehr wichtig, um die Extraktqualität und die Extraktan- rem von den Schweizer Bundesämtern für Umwelt und tau der Reben, Erreger wendung optimieren zu können. für Landwirtschaft, schon viel Wissen über die optimale Plasmopara viticola. Kompostierung zusammengetragen. Damit ist eine wich- Kombinierter Einsatz tige Grundlage für die Optimierung von Komposten und von Komposten und Kompostextrakten Extrakten zur Krankheitsunterdrückung gelegt. hw Es zeigte sich zudem, dass die kombinierte Anwendung von Komposten auf den Boden (gegen bodenbürtige Kontakt: [email protected] Krankheiten) und von Kompostextrakten auf die Blätter (gegen blattbürtige Krankheiten) den Krankheitsdruck Finanzierung: Universität Neuchâtel, Eidgenössische Stipendien- auf die Pflanzen umfassend reduzieren kann. Bisher kommission für ausländische Studierende sowie Beiträge der wurden diese Ergebnisse nur im Labor erzielt, nun soll FiBL-Förderer und -Gönnerinnen.
Mohamed Larbi bei der Arbeit: Setzlinge pikieren, Pflanzen mit Kompostextrakt behandeln und die Wirkung im Labor analysieren (von links nach rechts).
Tätigkeitsbericht 2006 14 Biodiversität
Mit Bio blüht die Vielfalt – wildtierfreundlicher Biolandbau
Mit einem neuen Projekt will das FiBL dazu beitragen, dass Naturschutzleistungen noch fester auf Biobetrieben verankert und durch gesamtbetriebliche Konzepte weiter ausgebaut werden. Eine Verbesserung des Wissenstransfers über die Beratung zur Praxis und eine breite Aufklärung der Öffentlichkeit spielen dabei eine wichtige Rolle.
In der Schweiz gibt es rund 40 000 Tier- und 3000 Pflan- zenarten. Viele dieser Arten finden sich auf landwirt- schaftlichem Kulturland. Allerdings steht gerade die mo- derne Landwirtschaft im Ruf, Tier- und Pflanzenarten zu verdrängen. Naturnahe Anbauformen, die wertvolle Flächen pflegen, werden daher immer wichtiger, um die natürliche Vielfalt auch in Zukunft zu erhalten. Viele Stu- dien weltweit belegen die positiven Auswirkungen des biologischen Landbaus auf die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren.
Forschung, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit für mehr Naturschutz Erfahrungen aus mehreren Vorläuferprojekten haben aufgezeigt, dass die Biobetriebe ein beträchtliches Poten- zial besitzen, die biologische Vielfalt zu fördern, und dass sie von dieser Vielfalt profitieren können: zum Beispiel durch eine verbesserte Schädlingsregulation (funktionelle Biodiversität). Das FiBL will nun mit dem Projekt «Wildtierfreundlicher Biolandbau» die Förderung der Artenvielfalt und den Naturschutzgedanken noch umfassender im Biolandbau Im Forschungsteil des Projektes wird beispielsweise die Wirkung verankern. Dabei sollen nicht nur Aspekte der Agraröko- von Blühstreifen an Ackerrändern getestet. Blühstreifen bieten logie und des Naturschutzes, sondern auch die betrieb- Nahrung und Unterschlupf für Vögel und Insekten und tragen so lichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten berücksich- auch zur biologischen Schädlingsbekämpfung bei. tigt werden. Ausserdem soll die Qualität der ökologischen Ausgleichsmassnahmen und ihre Vernetzung verbessert Projektleiter Lukas Pfiffner verspricht sich viel von der werden. Das Projektteam will in enger Kooperation mit Wirkung dieser Modellbetriebe: «Diese Betriebe können der Schweizerischen Vogelwarte praxistaugliche An- als ‹blühende Vorbilder› weitere Bäuerinnen und Bauern baumethoden entwickeln, die die Wildtiere schonen und zu ökologischen Mehrleistungen anspornen», glaubt Pfiff- fördern. In der Umsetzung und Beratung arbeitet das ner. «Natürlich hängt das auch stark davon ab, ob es uns Das Logo für das FiBL-Team mit Agrofutura zusammen. gelingt, ökologisch innovative und wirtschaftlich interes- Projekt hat die FiBL- sante Betriebskonzepte zu entwickeln», fügt er hinzu. Grafikerin Claudia Ein Netz «blühender Vorbilder» Vom ersten Tag an wird in diesem Projekt daran gearbei- Kirchgraber entworfen. Es ist ein Netz von Modellbetrieben im Tal- und Berg- tet, die Erkenntnisse nicht nur in die Praxis einzubringen, Für die Öffentlichkeits- gebiet im Aufbau, die den Naturschutz umfassend in die sondern auch das Bewusstsein in der Bevölkerung für arbeit des Projektes Praxis ihres Betriebes einbinden. Die daraus gewonnenen diese Art des Naturschutzes zu schärfen. Regelmässige ist ein einprägsames Erkenntnisse werden an andere Landwirte weitergegeben. Öffentlichkeitsarbeit trägt die Aktivitäten und Erfolge des Logo ein wichtiges Dazu arbeiten Forschung, Beratung und Öffentlichkeits- Projektes nach aussen und schafft die Grundlage für eine Werkzeug. arbeit Hand in Hand. grössere Wertschätzung der Naturschutzleistungen auf Biobetrieben. Das Projekt soll nicht auf die Schweiz beschränkt bleiben. Das Konzept sieht eine Zusammenarbeit mit unseren Partnerinstituten FiBL Österreich, FiBL Deutschland und dem Bioinstitut in Tschechien vor. na
Kontakt: [email protected]
Vorläufige Finanzierung: Sonnenwiese Stiftung, Vaduz; Stiftung Soliva, Chur; Fondation-Sur-La-Croix, Basel
Tätigkeitsbericht 2006 Pflanzenschutz 15
Kirschenfliege: Neue Ansätze gegen ein altes Problem
Hochstammkirschbäume haben einen bedeutenden ökologischen und kulturellen Wert, sie fördern die ökologische Vielfalt und prägen die Kulturlandschaft. Der bio- logische Anbau ist aber wegen der KirschenfliegeRhagoletis cerasi sehr schwierig. Claudia Daniel prüft verschiedene Ansätze zur Lösung des Problems.
Hübsch ist sie, die Kirschenfliege mit ihrem gebänderten halten können. Im Labor hat sie viel versprechende Er- Flügelmuster und dem gelben Rückenschildchen. Aber gebnisse mit natürlichen Erregern erzielt. Diese entomo- ihretwegen schrecken viele konventionelle Kirschenpro- pathogenen (Insekten schädigenden) Pilze hat Siegfried duzenten vor der Umstellung auf biologische Produktion Keller vom Agroscope Reckenholz-Tänikon in umfang- zurück. Insektenspezialistin Claudia Daniel setzt sich am reichen Feldsammlungen aus Schweizer Ackerböden iso- FiBL im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit diesem bedeu- liert und für die Versuche zur Verfügung gestellt. tenden Schädling auseinander. «Ein einziges Weibchen Ein anderer Ansatz besteht darin, die Fliegen bereits beim kann bis zu 400 Kirschen Ausschlüpfen mit einem un- mit Eiern belegen, aus denen ter den Bäumen ausgelegten sich dann die unbeliebten feinmaschigen Netz abzufan- Maden entwickeln», erzählt gen. Diese Methode funktio- Daniel. Sie prüft zahlreiche niert zwar, kommt aber we- Methoden und Strategien, gen des grossen Aufwandes um die Kirschenfliege zu nur für den Hobbyanbau in kontrollieren. «Bei diesem Frage. Auch Hühner, unter Vermehrungspotenzial müs- den Kirschbäumen gehalten, sen wir an mehreren Stellen vermögen die Fliegen zu re- des Entwicklungszyklus der duzieren. Wenn aber nur Fliege ansetzen», erklärt die wenige Fliegen überleben, ist Forscherin. die Schadschwelle von zwei Prozent befallenen Kirschen Perfekt getimter schnell erreicht. Fliegenzyklus Sind die Fliegen einmal ge- Der Fliegenzyklus beginnt schlüpft, bleibt noch die - Be Mitte Mai. Dann schlüp- kämpfung mit gelben Leim- fen die jungen Fliegen aus fallen. Deren Wirksamkeit dem Boden, wo sie als Pup- konnte zwar durch neue pen überwintert haben. Ihr Lockstoffe verbessert werden, Schlüpftermin ist bestens auf doch der Erfolg ist begrenzt. Hat unter Labor- die Entwicklung der Kirsche «Die Landwirte müssten bis bedingungen abgestimmt, denn zum glei- zu 10 Gelbfallen pro Baum vielversprechende chen Zeitpunkt beginnt der aufhängen, und dies in den Ergebnisse erzielt: Farbumschlag der Kirschen obersten Baumspitzen, weil Claudia Daniel. von grün zu gelb. Die Weibchen legen ein Ei pro Kirsche sich die Fliegen mit Vorliebe dort oben aufhalten», erklärt ab. Nach sechs bis zehn Tagen schlüpfen die Maden und Claudia Daniel. Diesen Aufwand können die Bauern oft beginnen ihre drei- bis vierwöchige Entwicklung in der nicht leisten, da zur gleichen Zeit andere Arbeitsspitzen Kirsche. Zur Erntezeit verlassen sie die Früchte, um sich anfallen. im Boden wieder zu verpuppen. Welches ist nun der erfolgversprechendste Ansatz? Clau- Bereits 1930 wurde in Wädenswil eine Schlupfwespenart, dia Daniel setzt klar auf die entomopathogenen Pilze. Phygadeuon wiesmanni, entdeckt, welche die Puppen der Diese müssten mit einem Prognosemodell kombiniert Kirschenfliege parasitiert. Der Parasit ist aber deutlich werden, welches den Schlupftermin der Fliege genau vor- kältempfindlicher als die Kirschenfliege; für einen- effi hersagen kann. Gegen die verwandten Mittelmeer- und zienten Einsatz kommt nur eine Massenfreilassung von Olivenfliegen würden die Pilze bereits erfolgreich einge- gezüchteten Parasiten in Frage. Die Parasiten im Labor setzt, weiss Daniel. «Weshalb soll diese Methode bei un- zu züchten ist schwierig, Claudia Daniels Zuchtversuche serer Kirschenfliege nicht auch funktionieren», begründet schlugen bisher fehl. sie ihre Zuversicht. ta
Erfolg mit Pilzen? Kontakt: [email protected] Claudia Daniel prüft auch, ob natürliche Krankheitser- reger, beispielsweise Pilze, die Kirschenfliege in Schach Finanzierung: Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern
Tätigkeitsbericht 2006 16 Gentechnologie
Was kostet die «Gentechfreiheit»?
Viele Konsumentinnen und Konsumenten wollen keine GVO in den Lebensmitteln. Ein Grund für die Schweizer Lebensmittelhersteller und -händlerinnen, auf solche Pro- dukte zu verzichten. Doch zu welchem Preis? Für die Migros hat das FiBL die Mehrkos- ten in der Warenkette analysiert, die dem Unternehmen durch die Vermeidung von Gentechnik entstehen.
Im Auftrag der Migros berechneten die GVO-Spezialistin höheren Saatgutkosten rechnen. Einkreuzungen auf dem Bernadette Oehen und der Ökonom Matthias Stolze vom Feld sind beim hofeigenen Silomais rein rechnerisch ein FiBL, welche Zusatzkosten für die Migros in der Beschaf- geringeres Problem: Es wird die ganze Pflanze geerntet fung und Verarbeitung von Lebensmitteln entstehen, um und nicht nur der Kolben, wodurch ein allfälliger GVO- die seitens der Kundschaft gewünschte GVO-Freiheit zu Anteil prozentual sinkt. Beim Körnermais als Futtermittel gewährleisten. Denn der Schweizer Lebensmittelhandel sieht das anders aus. Vermischungen entlang der Waren- ist beispielsweise bei Soja-, Mais- und Rapsprodukten flusskette vom Landwirt über die Sammelstelle bis zur sowie bei den Lebensmittelzusatzstoffen von den interna- Futtermühle können entstehen. Die Vermeidung dieser tionalen Warenflüssen abhängig. Vermischungen kostet. Wenn die gesetzlichen Vorgaben konsequent umgesetzt werden, können aber Bäuerinnen Zum Beispiel Mais und Bauern, die ohne Gentechnik arbeiten wollen, da- Weil die vorliegenden von ausgehen, dass sie sich diese Aufwendungen mit den ausländischen Berech- GVO-Anbauern teilen oder sogar ganz auf diese abwäl- nungen kaum auf zen können. Doch ob diese Abwälzung der Kosten funk- Schweizer Verhältnisse tionieren wird, ist noch offen. übertragbar sind, hat Ähnlich verhält es sich bei Zuckermais, Spezialitäten wie das FiBL-Projektteam Schweizer Polenta oder Ribbelmais. Nur kommt hier dazu, mit der Migros eigene dass es sich aus Konsumentensicht um sensible Produkte Kalkulationen durchge- handelt. Es dürfte sich lohnen, in den entsprechenden führt. «Zunächst fragten Anbaugebieten ganz auf den GVO-Anbau zu verzichten. wir uns, welche Kosten der Anbau von GVO- Geringe Mehrkosten bei verarbeiteten Produkten Mais in der Schweiz für In weiteren Berechnungen nahmen Oehen und Stolze die die Migros zur Folge Kostenfolgen der Vermeidung von Gentechnik für die hätte. Die Kultur Mais Brot- und Schokoladeproduktion unter die Lupe. Dabei wählten wir aufgrund wurde nicht nur die inländische Produktion berücksich- der vielfältigen Verwen- tigt, sondern auch Importware. In beiden Fällen stellte dungszwecke und weil sich heraus, dass Mehrkosten entstehen, doch sie sind es GVO-Sorten gibt, die nicht so relevant, dass sie auf das Endprodukt und damit auch in der Schweiz an- auf die Konsumenten überlagert werden müssen. Sogar gebaut werden könnten», ein dreifach höherer Preis für das in der Schokolade ver- sagt Oehen. wendete GVO-freie Sojalezithin würde die Schokolade Würde in Zukunft in um lediglich 0,1 Prozent verteuern, da der Anteil an Soja- der Schweiz genverän- lezithin bei lediglich 0,5 Prozent liegt. derter Mais angebaut, Heute, im Jahre 2006, habe der Lebensmittelhandel die wären die Maisprodukte Warenflusstrennung für Mais- und Sojaprodukte im der Migros ganz unter- Griff, die ganze Logistik sei eingerichtet. «Die Kosten Bernadette Oehen un- schiedlich betroffen. Der dafür sind vor fünf bis sechs Jahren angefallen, als die tersucht seit mehreren grösste Teil des Schweizer Maises wird als Futtermittel ganze Qualitätssicherung aufgebaut werden musste. Eine Jahren die ökono- verwendet. Er gelangt also nicht direkt als Lebensmit- völlig neue Situation entstünde, falls in der Schweiz ein mischen und ökolo- tel in den Handel, sondern indirekt in Milchprodukten, GVO-Produkt angebaut würde. Dann müsste die Logis- gischen Auswirkungen Fleischwaren oder Eiern. Da die Migros auch bei den tie- tik zur Sicherung der Koexistenz erst aufgebaut werden, von genveränderten rischen Produkten, die in der Schweiz produziert werden, wodurch der Lebensmittelverarbeitung und dem Handel Pflanzen. den Verzicht auf die Gentechnik verlangt, könnten auch grosse Kosten entstünden», stellt Oehen fest. bo/ta hier Zusatzkosten entstehen. Bei importierten Futtermit- teln entstehen durch die Vermeidung der Gentechnik teil- Kontakt: [email protected]; [email protected] weise grosse Zusatzkosten. Das zeigen Arbeiten aus dem Ausland. Doch wie verhält es sich bei Futtermais, der in Finanzierung: Migros-Genossenschafts-Bund, Zürich der Schweiz produziert wird? Landwirte, die Silomais produzieren, müssten mit etwas
Tätigkeitsbericht 2006 Weinbau 17
Forschung und Weingenuss
Seit 2004 hat das FiBL ein eigenes Weingut. Es löste die aargauische Staatstrotte ab, welche die Rebberge zuvor fast 40 Jahre lang gepflegt hatte. Dem FiBL steht mit dem Weingut jetzt ein Forschungsbetrieb zur Verfügung, auf dem aktuelle Fragen rund um den Weinbau – schon immer ein wichtiges Thema der FiBL-Forschung – vor Ort in Frick bearbeitet werden können.
Kellermeister Andreas Tuchschmid berichtet, dass bereits kurz nach dem Einstieg des FiBL zahlreiche Forschungs- aktivitäten angelaufen sind. «Die meisten Arbeiten wid- men sich den Themen Kupferersatz im Weinbau sowie Rebsorten, die gegen den Echten und den Falschen Mehl- tau widerstandsfähig sind.»
Forschung im Weinberg und im Keller Unter anderem bearbeitet das FiBL folgende Forschungs- fragen rund um den Wein: � Wie gut funktionieren kupferfreie Biopflanzenschutz- strategien? In zwei Weinbergen, einem mit Blaubur- gunder und einem mit Riesling x Sylvaner, läuft neben dem Standard-Bioprogramm eine kupferfreie Varian- te. � Wie gut sind die pilzwiderstandsfähigen Sorten (Pi- WiS)? Im so genannten Top-Ten-Versuch mit den zehn gängigsten PiWiS werden deren agronomische Eigenschaften getestet. Hierzu zählt nicht nur die Pilz- widerstandsfähigkeit, sondern auch die Qualität der aus diesen Sorten gewonnenen Weine. Kellermeister Andreas Tuchschmid bei der Arbeit: Die Kelterung von kleinen Weinmengen � Tonerde stellt eine Alternative zum Kupfer dar. Hat ihr (Mikrovinifikation) ist sehr anspruchsvoll, aber unverzichtbar, um die Weine von Versuchs- Einsatz Auswirkungen auf den Weingeschmack? In flächen zu testen. Frankreich läuft ein FiBL-Versuch mit einem Toner- demittel. Die Weine werden am FiBL-Weingut in Mi- ter-Praktikern initiierten Ringversuch auf vier Betrie- krovinifikation – also in Kleintanks oder Glasballons ben in den Kantonen Neuenburg, Waadt und Aargau – ausgebaut und getestet. untersucht das FiBL in enger Zusammenarbeit mit den � Gegen die Grauschimmelfäule steht im Biolandbau Winzern, wie sich biologisch-dynamische Methoden, bisher kein Mittel zur Verfügung. Das FiBL testet in so insbesondere der Präparateeinsatz, auswirken. Dabei genannten «Auslaubversuchen», wie durch Beschnei- müssen die FiBL-Forscher auch methodisch immer den des Blattwerks um die Trauben der Befall einge- wieder Neuland beschreiten. dämmt werden kann. � Wie reagieren die neuen Rebsorten und -selektionen, Internationale Forschungskooperationen ausbauen wenn sie nicht behandelt werden? Im Sortengarten «Das FiBL forscht bereits seit Jahren auf diesem Gebiet werden 50 verschiedene Sorten angebaut und getestet. und kann jetzt mit dem eigenen Weingut zahlreiche Fra- � Wie wirken sich biologisch-dynamische Methoden auf gen sozusagen vor der Haustür bearbeiten», erklärt FiBL- Boden, Rebe und Wein aus? In einem 2003 von Deme- Wissenschaftler Franco Weibel. «Wir gehen davon aus, dass wir mit diesen Versuchen unserem Ziel, den Biowein- bau weiterzuentwickeln, ein gutes Stück näher kommen. Betriebsspiegel Weingut FiBL Ausserdem sind wir mit den Forschungsmöglichkeiten, Klima: 350 m über Meer, 900 mm Niederschlag, geringe die uns das Weingut bietet, zum interessanten Projekt- Hagelgefahr, wenig Spätfrost partner für kompetente Weinbauinstitute geworden. Das Fläche: Frick 2,5 Hektar, Elfingen (ca. 5 km südöstlich von 2006 angelaufene EU-Projekt ORWINE beispielsweise Frick) 1,2 Hektar, Hornussen 0,3 Hektar beschäftigt sich intensiv mit der Vinifikationstechnik und Hauptsorten: Blauburgunder (54 %), Riesling x Sylvaner der Qualität von Bioweinen. Dazu können wir einiges bei- (12 %), Chardonnay (5 %), pilzwiderstandfähige Sorten hw (14 %), übrige (15 %). Insgesamt werden über 20 Sorten tragen.» zu Wein ausgebaut und selbst vermarktet. Keller: Gesamtkapazität 50 000 Liter, 14 Kleintanks à 100 Kontakt: [email protected]; [email protected] Liter; diverse Glasballonflaschen für Mikrovinifikation Internet: www.weingut.fibl.org
Tätigkeitsbericht 2006 18 Lebensmittelqualität
Bioäpfel mit vielfältiger Mikroflora
Über die natürliche Mikroflora auf Lebensmitteln und ihre Funktion ist wenig be- kannt. Das FiBL vermutet, dass Biolebensmittel eine andere und möglicherweise vorteilhaftere Population von Mikroorganismen entwickeln als konventionell erzeugte Lebensmittel.
Die Vermutung klingt plausibel: Auf der Oberfläche von Neuland für die Forschung Bioäpfeln dürfte sich eine andere Population von Mikro- Nachdem eine weitere Vorstudie gezeigt hatte, dass je nach organismen entwickeln als auf konventionell erzeugten Anbauweise tatsächlich eine unterschiedliche Mikroflora Äpfeln. auf Äpfeln auftritt, wagte sich das FiBL, unterstützt vom Für den Biologen José Granado ist die Untersuchung der Coop Naturaplan-Fonds, in dieses Neuland. Mikroorganismen auf Bioprodukten aus zwei Gründen An Äpfeln der Sorte Golden Delicious, die von je fünf relevant: Zum einen behaupten Kritiker des Biolandbaus vergleichbaren integriert und biologisch wirtschaftenden immer wieder, Bioprodukte seien wegen des Verzichts Obstbaubetrieben stammten, zählte und isolierte Gra- auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel mit nado die vorhandenen Schimmelpilze und Hefen. Er Äpfel sind nicht keim- schädlichen Mikroorganismen besiedelt. Andererseits kategorisierte und bestimmte die Pilze nach Aussehen frei: Der Biologe José konnte das FiBL in früheren Untersuchungen zeigen, (morphologisch) sowie molekularbiologisch mit PCR Granado untersucht dass Bioäpfel regelmässig höhere Gehalte an erwünschten (Polymerase Kettenreaktion). Zudem prüfte Granado, ob und vergleicht die sekundären Inhaltsstoffen wie beispielsweise Polypheno- das unerwünschte E.-coli-Bakterium, ein «Hygiene-Mar- unterschiedlichen len aufweisen. Ein Zusammenhang mit den Mikroorga- ker», nachweisbar sei. «Pilz-Cocktails» auf nismen-Populationen wird vermutet, konnte aber noch Auf allen getesteten Äpfeln fanden sich Mikroorganis- und unter der Schale. nicht aufgezeigt werden. men, aber weder auf den biologisch noch auf den inte- griert produzierten wurden E.-coli-Bakterien festgestellt. Das Fehlen von E.-coli-Bakterien und die relativ niedrigen Keimzahlen deuten auf einen einwandfreien hygienischen Zustand der Bio- und IP-Äpfel hin. Hingegen waren Bio- äpfel häufiger und mit vielfältigeren Schimmelpilzpopu- lationen besiedelt als konventionelle. Die Gesamtzahl der Schimmelpilze war auf der Schalenoberfläche und beson- ders auch unter der Schale bei Bio signifikant höher. Auch das Spektrum der Hefepilze auf der Apfeloberfläche war unterschiedlich.
2000 Pilzstämme isoliert «Über die Bedeutung dieser Unterschiede weiss man noch sehr wenig, doch besteht die Hypothese, dass die negativen Eigenschaften einzelner Mikroorganismen, zum Beispiel die von Fäulniserregern, durch eine vielfäl- tige Pilzgemeinschaft auf Bioäpfeln auf natürliche Weise besser kontrolliert werden könnten», sagt Granado. Als wahre Fundgrube bezeichnet er die Sammlung von über 2000 isolierten Pilzstämmen, die zukünftig auf ihre Funk- tionen untersucht werden sollen. Eine besonders inter- essante Gruppe in der Sammlung sind die «Nützlinge». Als Nützlinge können Pilze definiert werden, die andere, weniger willkommene und schädigende Pilze unterdrü- cken. Idealerweise verfügen diese Nützlinge über weitere wertgebende Eigenschaften und könnten beispielsweise die Synthese von gesundheitsrelevanten Polyphenolen anregen. ta
Kontakt: [email protected]
Finanzierung: Coop Naturaplan-Fonds, Basel
Tätigkeitsbericht 2006 Lebensmittelsicherheit 19
Gemeinsam für die Glaubwürdigkeit
Bioprodukte weisen durchschnittlich 500-mal weniger Pestizidrückstände auf als nichtbiologische. Doch auch geringste Rückstandsspuren, wie sie sich mit modernen Methoden nachweisen lassen, gefährden die Glaubwürdigkeit von Bioprodukten. Deshalb arbeiten Bio Suisse, Coop, andere Handelsunternehmen und das FiBL in der Qualitätssicherung eng zusammen.
Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass Bioprodukte Zulassung mehr erhielt und später vom Markt genommen viel seltener und − falls überhaupt – nur in bedeutend wurde. Wie das bekannte DDT gehört Dieldrin zur Grup- geringeren Mengen Pestizidrückstände enthalten als pe der Organochlorpestizide (OCP). Diese werden auch konventionelle Produkte. Doch selbst minimale Pesti- nach Jahrzehnten in den Böden nicht abgebaut. zidrückstände bedeuten für den Biolandbau sofort ein Besonders gefährdet sind Kürbisgewächse: Gurken, Zuc- Imageproblem. chetti oder Kürbisse nehmen persistente Pestizidaltlasten Als Ursache kommt Abdrift von benachbarten konven- aus dem Boden leichter auf als andere Pflanzen und la- tionellen Parzellen in Frage. Aber auch Altlasten im Bo- gern sie in ihren Früchten ein. den aus früherer konventioneller Bewirtschaftung und Nur Bodenanalysen schaffen Sicherheit In einer ersten Kampagne untersuchten Bio Suisse, Coop und FiBL die Situation bei den 15 wichtigsten Gurken- produzenten der Schweiz. Das beruhigende Fazit lautete, dass man es nicht mit einem flächendeckenden Problem zu tun habe. Dort wo Probleme auftraten, werden inzwi- schen keine Gurken mehr angebaut. Die Parzellen, auf denen heute Biogurken angebaut werden, wurden unter- sucht. In der zweiten Kampagne wurden insgesamt 46 Böden von kleineren Produzenten von Kürbisgewächsen unter- sucht. Auch hier konnte bis auf drei Böden Entwarnung gegeben werden. Auf den drei stark belasteten Böden sollten allerdings keine Kürbisgewächse mehr angebaut werden. Gabriela Wyss und ihre Kolleginnen entwickeln auch Hilft Aktivkohle gegen Pestizidaltlasten in den Böden? Lea Vogt konkrete Methoden, um belastete Böden weiter nutzbar (links) und Isabel Hilber versuchen diese Frage zu beantworten. zu machen. Dies sei nötig, so Gabriela Wyss, weil bei- spielsweise Gewächshäuser nicht einfach aus der Produk- ungenügende Separierung während Transport, Lagerung, tion genommen werden könnten. Verarbeitung und Handel sind möglich. In einigen sel- Isabel Hilber und Lea Vogt prüfen deshalb, ob sich OCPs tenen Fällen waren bisher auch unerlaubte Pestizidan- durch Beimischen von Aktivkohle in den Böden festhal- wendungen Ursache von Rückständen. ten lassen. Erste Resultate zeigen, dass die Zugabe von Bioprodukte können Wenn es Beanstandungen gibt, landen diese meist bei Aktivkohle die Verfügbarkeit von Dieldrin im Boden nur so gut sein wie Gabriela Wyss und Karin Nowack. Die beiden Spezialistin- grundsätzlich reduziert. ta die Umwelt, in der sie nen können auf eine umfassende Datenbank zurückgrei- produziert werden: fen, in der sämtliche bisher bekannten Fälle beschrieben Kontakt: [email protected] Lea Vogt bereitet sind. Gemäss Gabriela Wyss ist die ungenügende Sepa- Gurkenproben für die rierung wohl die bedeutendste Ursache für Rückstände. Finanzierung: Bio Suisse, Basel; COST 859; Bundesamt für Land- Rückstandsanalyse «Im Rahmen eines EU-Projektes haben wir deshalb für wirtschaft BLW, Bern vor. verschiedene Produkteketten mögliche Risikopunkte und Schwachstellen eruiert und können heute bei Problemen rasch Lösungen anbieten.»
Dieldrin problematisch für Kürbisgewächse Zurzeit beschäftigt sich Gabriela Wyss auch intensiv mit persistenten Schadstoffen, konkret mit Dieldrin. Dieses Allzweckinsektizid wurde bei uns in den 60er Jahren breitflächig gegen alle möglichen Schadinsekten wie Drahtwürmer, Kartoffelkäfer oder Apfelwickler einge- setzt, bis es dann Anfang der 70er Jahre keine Schweizer
Tätigkeitsbericht 2006 Nutztiere Tiergesundheit 21
Gesunde Wiederkäuer: Wissen in den Stall bringen
Im Biolandbau stehen nicht alle veterinärmedizinischen Möglichkeiten der Krankheits- behandlung zur Verfügung. Bewusste Vorbeugung und Krankheitserkennung können diesen Mangel an Therapiemöglichkeiten aufwiegen. Fragen dazu gibt es viele – ein Projekt des FiBL Österreich macht sich daran, Antworten zu geben.
«So genau hat noch nie jemand meine Tiere angesehen», sagt ein Landwirt, der am Projekt Wiederkäuergesund- heit im Biolandbau beteiligt ist. Das vom FiBL Österreich und dem Verband BIO AUSTRIA initiierte Projekt wird vom österreichischen Lebensministerium finanziert. «Wir besuchen regelmässig 25 Biobetriebe mit Bestand- serkrankungen bei ihren Rindern, Schafen und Ziegen», berichtet Tierärztin Elisabeth Stöger. «Bei den Betriebs- besuchen schauen wir zunächst die vorhandenen Daten an, zum Beispiel die Milchleistungskontrolle, Rückmel- dungen vom Schlachthof oder die Aufzeichnungen von Arzneimittelanwendungen. Dann folgt der genaue Blick in den Stall und auf möglichst jedes Tier.» Dieses intensive Hinschauen bewirkt bei den Bäuerinnen und Bauern eine bewusstere Wahrnehmung von tierge- sundheitlich relevanten Signalen. Sie lernen, Symptome früher zu erkennen und rechtzeitig Gegenmassnahmen zu ergreifen. Elisabeth Stöger nutzt die Erfahrungen aus dem Projekt «pro-Q» des FiBL Schweiz, in dessen Rah- men die Tiergesundheit durch systematische Bestandes- betreuung verbessert wird. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt jedoch in der Informationsvermittlung.
Information für Landwirte Tiergesundheit beginnt auch im Biobetrieb bei den Grundlagen der Haltung, Fütterung und Tierzucht. Das entsprechende Wissen muss aber immer wieder angebo- ten und weiterentwickelt werden. Oftmals sind es ein- fache Fragen, die geklärt werden müssen: Wie viel Milch braucht ein Kalb in der zweiten Lebenswoche, was hat die Melkmaschine mit der Zellzahl zu tun, wie lässt sich Mo- derhinke im Schafbestand verhindern? Um dieses Wissen praxisnah und effizient zu vermitteln, Bestandesbetreuung ist ein wichtiges Element beim Projekt Wiederkäuergesundheit, in dem hält Elisabeth Stöger in den Wintermonaten etwa 50 Kur- die Tierärztin Elisabeth Stöger arbeitet. se für Landwirte ab. Gemeinsam mit der Forschungsan- stalt Raumberg-Gumpenstein bietet das FiBL Österreich chischen Tiergesundheitsdienst – diese Informationen zusätzlich eine Telefonhotline und eine Homepage für im Rahmen von Vorträgen vor praktizierenden Tierärz- Fragen zur Tiergesundheit an. tinnen und Tierärzten. Dabei werden rechtliche Fragen wie Wartezeit, Behandlungshäufigkeit, Aufzeichnungen Tierärzte einbeziehen intensiv diskutiert und Wege der praktischen Umsetzung Das Verhältnis zwischen Hoftierarzt und Landwirt soll aufgezeigt. möglichst vertrauensvoll sein. Dies bietet die beste Ge- Das Projekt läuft bis Ende 2007. Bis dahin soll auf den währ für die gegenseitige Information und die Umset- Projektbetrieben möglichst viel Wissen in die Praxis zung von vereinbarten Massnahmen. umgesetzt werden. Die Ergebnisse dieses Umsetzungs- Elisabeth Stöger hat festgestellt, dass nicht alle Tierärzte projektes werden dann allen Biobetrieben in Veröffentli- in Österreich über die besonderen Anforderungen der chungen zugänglich gemacht. es Tierbehandlung im Biobetrieb ausreichend Bescheid wis- sen. Deshalb hat sie eine Präsentation für Tierärzte zum Kontakt: [email protected] Thema Tierbehandlung im Biobetrieb zusammengestellt. Zusätzlich vermittelt sie – gemeinsam mit dem österrei- Finanzierung: Lebensministerium, Wien
Tätigkeitsbericht 2006 22 Tiergesundheit
«Eutergesundheit muss betriebsindividuell verbessert werden»
Durch eine umfassende Bestandesbetreuung und komplementärmedizinische Massnahmen lässt sich die Eutergesundheit kontinuierlich verbessern und der Einsatz chemischer Arzneimittel minimieren. Dies hat das vom Coop Naturaplan-Fonds finan- zierte Projekt «pro-Q» gezeigt. Jetzt kommt der pro-Q-Ansatz international zum Tragen.
Resistenzbildungen, Umweltbelastung, Rückstandsrisiken mit denen wir im EU-Projekt QLIF (Quality Low Input in Lebensmitteln: Die Probleme des Antibiotikaeinsatzes Food) zusammenarbeiten», erzählt FiBL-Tierarzt Peter in der Tierhaltung sind bekannt. Ziel des Projektes «pro- Klocke. Auf italienischen und holländischen Milchwirt- Q» ist es, Kuhherden vor allem mit vorbeugenden Mass- schaftsbetrieben werde jetzt der pro-Q-Ansatz eingeführt nahmen und verbessertem Management gesund zu erhal- und geprüft. Auch aus Deutschland wird Interesse bekun- ten. In nur zwei Jahren konnten von 19 durch den Erreger det, und das FiBL Österreich führt derzeit ein sehr ähn- Staphylococcus aureus befallenen Herden 14 teilsaniert lich geartetes Projekt durch. und 5 vollständig saniert werden. Die Zahl antibiotisch pro-Q will mit einem Beratungsinstrument den Land- behandelter klinischer Euterentzündungen sank im glei- wirten unter anderem den Einfluss der technischen und chen Zeitraum um 50 Prozent. hygienischen Faktoren beim Melken auf Eutergesundheit Besonders erfreulich für die beteiligten Betriebe war, dass und Milchqualität aufzeigen. Das Projektteam erfass- sich pro-Q auch betriebswirtschaftlich bezahlt macht: hö- te und bewertete deshalb auf 30 Biobetrieben unzählige here Milchqualität, weniger Ausfälle durch Euterentzün- Faktoren, beispielsweise die Beschaffenheit der Melktech- dungen, weniger Wartefristen nach Medikamentenein- nik und die Sauberkeit der Tiere. satz, tiefere Tierarzt- und Remontierungskosten. Etwas überraschend ergab einzig die Sauberkeit der Zitzen einen gesicherten Zusammenhang mit der Eutergesund- Erfahrungen aus pro-Q in EU-Projekt einbringen heit. «Wir müssen die Betriebe individuell betrachten, «Die Erfolge des pro-Q-Projekts auf Schweizer Biobetrie- ein schematisches Vorgehen greift nicht», lautet Klockes ben haben auch das Interesse unserer Partner geweckt, Erkenntnis. Für jeden Betrieb ist je nach Ausgangslage eine eigene Strategie zu entwickeln. Herden mit stark reduzierter Eutergesundheit müssen erst einmal saniert werden. Dabei kann der Antibiotikaeinsatz im Einzelfall vorübergehend steigen.
Empfehlungen für das Trockenstellen Nebst der Behandlung von entzündeten Eutern werden Antibiotika vielfach auch zum Trockenstellen der Kühe vor dem Abkalben verwendet. Solche vorbeugend ange- wendeten Trockensteller sind im Biolandbau nicht er- laubt. Ein antibiotikafreier Zitzenversiegler auf der Basis von Wismuth hat in den letzten Jahren unter den Biobäu- erinnen und Biobauern grosse Hoffnungen geweckt. Die Kaugummi-ähnliche Masse wird als mechanische Keim- barriere in den Zitzenkanal eingeführt. Peter Klocke und seine Kolleginnen und Kollegen haben die Wirkung dieser Zitzenversiegler mit der von homö- opathischen Methoden verglichen und sind zu klaren Empfehlungen gelangt: In gesunden Herden könne pro- blemlos auf antibiotische Trockensteller verzichtet wer- den. Nur wenn umweltassoziierte Bakterien, die das Euter vor allem zwischen den Melkzeiten im Stall befallen, ein Bestandesproblem darstellen, sei der mechanische Zit- zenversiegler zu empfehlen, ansonsten zeigten die Ho- möopathika die beste Wirkung. ta
Kontakt: [email protected]; [email protected]
Finanzierung: Coop Naturaplan-Fonds, Basel; Europäische Kommission und Staatssekretariat für Bildung FiBL-Tierärztin Ariane Maeschli beurteilt die Eutergesundheit auf einem pro-Q-Betrieb. und Forschung SBF, Bern
Tätigkeitsbericht 2006 Tiergesundheit 23
Mit Misteln gegen Hauttumore
Das equine Sarkoid, ein verbreiteter Hauttumor bei Pferden, ist für die betroffenen Tiere weder schmerzhaft noch lebensbedrohlich. Die Tumore sind aber lästig und für viele Halter auch ein ästhetisches Problem. Herkömmliche Behandlungsmethoden zeigen bisher wenig Wirkung. Erste Versuche mit Mistelpräparaten sind Erfolg verspre- chend verlaufen.
Am FiBL in Frick trifft man die Tierärztin Ophélie Clottu nur selten an. Ihr Arbeitplatz sind die Pferdeweiden und -ställe zwischen Genf und Frick. In einem gemeinsamen Projekt mit dem schweizerischen Nationalgestüt in Aven- ches und der Universität Bern untersucht Clottu die Wir- kung des Mistelpräparates ISCADOR® gegen das equine Sarkoid, einen verbreiteten Hauttumor des Pferdes. Mistelpräparate werden seit den 1920er Jahren beim Menschen als Krebsheilmittel eingesetzt. Seit einigen Jah- ren berichten Tierärzte über dessen Wirksamkeit auch in Entspannte Beziehung zwischen Tierärztin und Patienten: der Therapie von Tumoren bei Kleintieren und Pferden. Insgesamt 45 Spritzen verabreicht Ophélie Clottu jedem Pferd In früheren Studien konnte die FiBL-Tierärztin Ulrike während der 15-wöchigen Behandlungsperiode. Biegel erfolgreiche Behandlungen gegen bösartige Tumo- re beschreiben. Aus ethischen Gründen führte Biegel je- «Ich nehme mir immer sehr viel Zeit für die Pferde und doch bewusst keine Placebokontrolle durch. Damit blieb lasse mich nie aus der Ruhe bringen», antwortet Clottu auf ungeklärt, ob die Besserung auf einer Art Selbstheilung die Frage, wie sie es geschafft habe, dass sie bisher noch nie beruhte oder tatsächlich der Misteltherapie zuzuschrei- von einem Pferd geschlagen oder gebissen wurde. Wenn ben ist. sie mit ihrer Spritze auftauche, seien die Pferde überhaupt nicht ängstlich, sondern einfach nur neugierig. 3600 Spritzen verabreicht Die Tiere befinden sich verstreut im Gebiet zwischen Diese Lücke soll jetzt Ophélie Clottu mit ihrer Doktor- Genf und Frick. Den gesamten Versuch wird Clottu im arbeit schliessen. «Das equine Sarkoid ist zwar für die Herbst 2006 abschliessen können. Von zehn Tieren, die betroffenen Tiere unangenehm, aber nicht lebensbedroh- ausserhalb der Studie behandelt wurden, liegen bereits lich», erklärt Pferdeliebhaberin Clottu. Sie hält es deshalb viel versprechende Resultate vor: Bei vier Pferden kam es für ethisch vertretbar, am Beispiel dieses Hauttumors eine zur vollständigen Heilung der Sarkoide, bei weiteren vier placebokontrollierte Doppelblindstudie durchzuführen. zum Wachstumsstillstand und nur bei zwei Pferden ist «Unser Ziel ist es, das Mistelpräparat sowohl in der pri- keine Besserung eingetreten. mären Behandlung von Sarkoiden als auch in der Prophy- Bei jüngeren Tieren könne zwar eine spontane Selbst- laxe von Tumoren zu prüfen, die nach der chirurgischen heilung eintreten, bei älteren Tieren sei dies aber sehr Entfernung neu entstehen können», sagt Clottu. selten, meint Ophélie Clottu. An der Entstehung dieser Die Behandlung läuft nach einem festen Therapiesche- vererbbaren Erkrankung sind neben Viren auch andere ma und dauert pro Tier 15 Wochen; wobei die Tierärztin Faktoren beteiligt. Deshalb werde auch diese Behand- nicht weiss, ob sie das Präparat oder ein Placebo spritzt. lungsmethode bei verschiedenen Pferden unterschiedlich Dreimal pro Woche spritzt Clottu den Tieren eine geringe erfolgreich sein, dämpft Clottu allzu hohe Erwartungen. Menge Kiefernmistelextrakt beziehungsweise ein Place- ta bo im Brustbereich unter die Haut. Insgesamt behandelt Kontakt: [email protected]; [email protected] Clottu in ihrer Studie 80 Pferde. Nach Abschluss des Ver- suchs wird sie 3600 Spritzen verabreicht haben. Finanzierung: Verein für Krebsforschung (Hiscia), Arlesheim
Nach einer zweimonatigen ISCADOR®-Therapie verschwanden bei dieser Stute die Sarkoide an Kopf, Brust und Unterbauch unabhängig von Lokalisation und Typ. Es blieben lediglich haarlose Narben zurück.
Tätigkeitsbericht 2006 24 Tierhaltung
Zuchtsauen: Wohngemeinschaft im Schweinestall
Die Tierhaltung im Biolandbau soll so artgerecht wie möglich sein. Bei der Zucht- sauenhaltung spricht sich das FiBL deshalb für die Gruppenhaltung von säugenden Muttersauen und Ferkeln aus – vorausgesetzt, die Betriebsstruktur ist hierfür geeignet.
«Was der Art entspricht, zeigen uns wildlebende Tiere», sich eine stabile Gruppe gebildet. Rangkämpfe unter den erläutert Barbara Früh von der FiBL-Beratung. «Weib- Sauen lassen sich reduzieren oder ganz vermeiden. liche Wildschweine leben in Mutterfamiliengruppen. In Gruppensäugeställen steht den Tieren weit mehr Platz Die Sau ferkelt zwar alleine, aber sie kommt nach etwa zur Verfügung als bei der Einzeltierhaltung, das sorgt für zehn Tagen mit ihren Ferkeln zur Rotte zurück.» In der mehr Vitalität bei den Tieren. Und der Absetzstress für Zuchtsauenhaltung ist es hingegen üblich, die Muttersau- die Ferkel wird reduziert, da die Ferkelgruppe bereits be- en einige Tage vor der Geburt ihrer Ferkel in den Abfer- steht und die Tiere sich kennen. Das Absetzen ist mit der kelstall umzustallen, wo sie die Ferkel bis zum Absetzen Futterumstellung und dem Mutterverlust die kritischste säugen. In der biologischen Schweinehaltung sind das Phase in der Ferkelerzeugung. Deshalb muss hier der sechs Wochen. Danach wird die Sau wieder in die Grup- Stress so tief wie möglich gehalten werden. pe integriert, und die Ferkel werden mit anderen Ferkeln Die Gruppensäugeställe haben in manchen Fällen ne- zusammengelegt. ben den Vorteilen auch Nachteile. Zwar kann die Anzahl teurer Abferkelbuchten reduziert werden, aber für die Gruppensäugeställe: Gruppensäugebucht bedarf es eines zusätzlichen Reini- Weniger Stress für Sau und Ferkel gungsaufwands. Ausserdem unterliegen kleine Ferkel Die FiBL-Beratung empfiehlt, die Sauen für einen Zeit- grösserem Konkurrenzdruck, und häufig wird ein Aus- raum von zwei Wochen nach der Geburt mit ihren Fer- einanderwachsen der Ferkel beobachtet, das heisst sie keln einzeln zu halten und dann mit anderen Sauen in so haben zum Zeitpunkt des Verkaufs unterschiedliches Ge- genannten Gruppensäugeställen zusammenzulegen. Dies wicht. Wie das in Gruppenställen vorkommende «Cross- bietet zahlreiche Vorteile: Die Ferkel treffen recht früh auf suckling», das Fremdsaugen der Ferkel, zu bewerten ist, ist die Ferkel einer anderen Sau, und bis zum Absetzen hat noch nicht eindeutig geklärt.
Gruppenhaltung erforschen Bisher gibt es nur wenige wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Gruppensäugen. Eine Forschungsarbeit, die vom Bundespro- gramm ökologischer Landbau finanziert wird, untersucht in der Schweiz (FiBL), in Österreich (Veterinärmedizinische Uni- versität Wien) und Deutschland (Beratung artgerechte Tierhaltung BAT) je zehn Be- triebe auf Produktionskennzahlen und Managementfaktoren. Diese On-Farm-Be- trachtung ermöglicht es, verschiedene Sys- teme unter Berücksichtigung betrieblicher Besonderheiten zu bewerten. Ziel ist es, aus den gewonnenen Erkennt- nissen einen Leitfaden für interessierte Landwirtinnen und Berater zu erarbeiten. Dieser soll Empfehlungen geben für das Management und die stallbaulichen Not- wendigkeiten für ein erfolgreiches Grup- pensäugen. bf
Kontakt: [email protected]
Finanzierung: Bundesministerium für Ernäh- rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Barbara Früh von der FiBL-Beratung untersucht in der Schweiz zehn Betriebe mit Gruppenhaltung von säu- (BMELV) im Rahmen des Bundesprogramms genden Sauen auf Produktionskennzahlen und Managementfaktoren. ökologischer Landbau
Tätigkeitsbericht 2006 Veterinärparasitologie 25
Magen-Darm-Würmer: Ein Futterklee zeigt Wirkung
Esparsette heisst die Futterpflanze, die gegen Magen-Darm-Würmer wirkt und mit kondensierten Tanninen wahrscheinlich auf gleich zweifache Weise den Parasiten zu Leibe rückt. «Der Kontrollansatz ist viel versprechend», findet Felix Heckendorn, der über das Thema seine Dissertation schreibt.
Magen-Darm-Würmer sind bei kleinen Wiederkäuern, zu denen auch Schafe gehören, weit verbreitet. Die Behand- 35000 lung ist mit synthetisch hergestellten Entwurmungsmit- 30000 teln möglich, aber die Würmer zeigen bereits Resistenzen gegen diese so genannten Anthelminthika. 25000 S
Die Kleeart mit dem hübschen Namen Esparsette (Ono- T 20000 G brychis viciifolia) verspricht nun eine elegante Lösung, p E 15000 den Parasiten auf natürlichem Weg Einhalt zu gebieten, ** und noch dazu ist sie als Futterpflanze sehr gut geeignet. 10000 * Bei Lämmern, die mit Esparsettenheu gefüttert wur- 5000 den, reduzierte sich die Ausscheidung von Wurmeiern innerhalb von 16 Tagen im Vergleich zur Kontrolle um 0 58 Prozent (siehe Abbildung). Die Schafe wurden für den -4 3 10 16 Versuch mit einer definierten Menge des Magen-Darm- Tage nach Fütterungsbeginn Wurms Haemonchus contortus infiziert, dann erfasste He- ckendorn die Ausscheidung von Wurmeiern im Kot. Am Vergleich der Ausscheidung von Haemonchus-Eiern pro Gramm Kot Trockensubstanz Ende des Versuchs untersuchte er zusätzlich den Labma- (EpGTS) zwischen Lämmern, die mit Esparsettenheu (grüner Balken) oder Kontrollheu gen und den Dünndarm der Tiere auf Würmer. (gelber Balken) gefüttert wurden. Fehlerbalken stellen das 95-Prozent-Vertrauensintervall «Ein Befall mit Haemonchus setzt den Tieren wirklich dar. Signifikanz der statistischen Tests: * p < 0,05; ** p < 0,01 zu», erklärt Felix Heckendorn: «Der Wurm nistet sich in der Schleimwand des Labmagens ein, um vor der Magen- säure, die einen pH-Wert von nur 1–2 hat, geschützt zu apathisch. Die Erkrankung zieht für die Tierhalterinnen sein, und saugt dem Schaf kräftig Blut aus.» Sind die Tiere und Tierhalter auch wirtschaftliche Schäden nach sich, stark befallen, leiden sie daher an Blutarmut und werden denn unter Umständen erreichen die Tiere ihr Schlacht- gewicht langsamer und auch der Einsatz von chemisch- synthetischen Medikamenten schlägt zu Buche.
Doppelwirkung: Wurm schwächen, Wirtstier stärken Es gibt zwei Theorien, wie die kondensierten Tannine wirken: Bei der direkten Wirkung binden sich die Tan- nine an Proteinstrukturen, die an der Hautoberfläche der Würmer sitzen. Dadurch werden die biologischen Funktionen des Parasiten gestört. Die indirekte Wirkung besteht darin, dass die Tannine die Proteinverfügbarkeit beim Wirtstier verbessern. Das wirkt sich positiv auf die Immunabwehr des Schafes aus. Vermutlich treffen beide Erklärungen zu und es liegt eine doppelte Wirkung vor. Ist Esparsette also die Allzweckwaffe gegen Magen-Darm- Würmer? «Die Ergebnisse sind jedenfalls ermutigend», bestätigt Felix Heckendorn und wagt einen Blick in die Zukunft: «Wenn der Ansatz bis zur Praxisreife -weiter entwickelt wird, hat er sicher das Potenzial, eine wichtige Rolle bei der Kontrolle von Magen-Darm-Würmern zu Ausgewachsene Magen-Darm-Würmer leben im Magen-Darm- spielen.» mm Trakt von Wiederkäuern. Die weiblichen Würmer (Bild oben) produzieren Eier (Bild unten links), die sich über ein weiteres Kontakt: [email protected] Larvenstadium zu infektiösen L3-Larven (Bild unten rechts) entwi- ckeln. Diese wandern aus dem Kot heraus und werden von den Finanzierung: Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern; Bundes- weidenden Tieren wieder aufgenommen. amt für Veterinärwesen BVET, Bern
Tätigkeitsbericht 2006 26 Tierzucht und Tierhaltung
Nicht nur auf Höchstleistung setzen
In der Rindviehzucht klaffen Anspruch und Wirklichkeit auf Biobetrieben häufig noch auseinander. Im Auftrag von Bio Suisse realisieren Beat Bapst und Anet Spengler verschiedene Massnahmen, die das Umstellen von der milchleistungsbetonten zur standortgerechten Zucht erleichtern sollen.
Die Gesundheit der Nutztiere hängt nicht nur von der Betriebe aufeinander abgestimmt sind und mit welchen Haltung, der Fütterung und der Betreuung ab, sondern Massnahmen sich diese Abstimmung allenfalls verbes- auch stark von der Zucht. Folgerichtig fordern die Bio- sern lässt. richtlinien, dass die Tiergesundheit auch durch züchte- rische Massnahmen gewährleistet werden soll. Hohe Milchleistung gleich Anet Spengler und Beat Bapst von der Fachgruppe Tier- bessere Wirtschaftlichkeit? zucht und Tierhaltung stellen aufgrund einer 2004 durch- Viele Landwirte glauben, dass eine höhere Milchleistung geführten Analyse fest, dass in diesem Punkt Anspruch immer auch mit einer besseren Wirtschaftlichkeit verbun- und Wirklichkeit häufig nicht übereinstimmen: Auf Bio- den sei. Vollkosten- und Arbeitsverdienstberechnungen betrieben kämen kaum andere Stiere zum Einsatz als in zeigen aber, dass häufig andere Faktoren, wie die Mecha- der herkömmlichen Landwirtschaft und die Milchleistung nisierung und die Gesundheit der Tiere, eine wichtigere stehe bei der Stierenauswahl zu stark im Vordergrund. Rolle spielen. Manche Biobauern bedauern denn auch oft, dass bei Seit Herbst 2006 stellt eine neue Website für die Bio- Leistungszüchtern die Leidenschaft für die Zucht häufig zucht auf unterschiedlichen Produktionsstufen geeignete stärker ausgeprägt sei als die Begeisterung für den Bio- KB-Stiere sowie erfahrene Biozuchtbetriebe mit eigenen landbau. Diese Züchter beklagen das Verbot von ET- Zuchtlinien vor. Die Website will nicht nur Zuchttiere Stieren (Stiere aus Embryo-Transfer) und kritisieren den anpreisen, sondern auch den Aufbau von Zuchtpartner- beschränkten Futterzukauf im Biolandbau. Die Lösung schaften unterstützen, in denen weniger erfahrene Züch- liegt aber nicht in einer Lockerung der Richtlinien, son- terinnen und Züchter von erfahrenen Berufskollegen dern in einer standortgerechten Milchviehzucht; insbe- profitieren können. (Ein ähnliches Modell läuft bereits sondere bezüglich Milchleistung und Grösse der Tiere. erfolgreich in Holland.) Die Milchleistung der Kühe sei angesichts der standort- Vor allem diejenigen Züchter, die bisher die Stierauswahl bedingten Fütterungsmöglichkeiten häufig zu hoch, sagt meistens dem Besamungstechniker überliessen, wollen Spengler. Als Folge dieses Ungleichgewichtes können Ge- Beat Bapst und Anet Spengler in der Entwicklung einer sundheitsprobleme entstehen. standortgerechten Zucht so weit unterstützen, dass sie ge- Von Bio Suisse haben Anet Spengler und Beat Bapst den genüber den Genetikanbietern mit klaren Vorstellungen Auftrag erhalten, bei den Biobäuerinnen und Biobauern auftreten können. Denn erst die kontinuierliche Nach- das Verständnis für die standortgerechte Biozucht zu stär- frage nach Stieren mit einer sehr guten Gesundheits- ken und sie darin zu unterstützen. Dazu haben die beiden vererbung und einer an die Bedingungen angepassten ein Instrument entwickelt, mit dem die Züchterinnen und Milchleistungsvererbung werde ein entsprechendes An- Züchter abschätzen können, wie gut ihre Tiere und ihre gebot fördern. ta
Kontakt: [email protected]; [email protected]
Finanzierung: Bio Suisse, Basel; Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Bochum; Tierzuchtfonds, Bochum; Mahle Stiftung, Stuttgart; Rogau Stiftung, Dreieich Projektwebsite: www.biorindviehzucht.ch
Zusammenspiel der biologischen Haltung und der Tiergenetik Zusammen mit der Universität Göttingen führt Beat Bapst eine Studie durch zur Frage der Genotyp-Umwelt-Interak- tionen auf Biobetrieben und konventionellen Betrieben: Wie stark wirkt sich die biologische Landwirtschaft im Vergleich zur konventionellen auf die Quantifizierung des Genotyps aus? Diese Grundlagenarbeit soll Hinweise liefern für die Ausrichtung einer standortgerechten Milchviehzucht. Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung, Land- FiBL-Zuchtexpertin Anet Spengler: «Der Kuhtyp muss zum Betriebstyp passen. Das bringt ge- wirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundesprogramms ökologischer Landbau, Bonn sündere und fruchtbarere Kühe, also auch eine verbesserte Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung.»
Tätigkeitsbericht 2006 Tierzucht und Tierhaltung 27
Welches Huhn passt auf Biobetriebe?
Weltweit gibt es etwa 20 Legehennen-Hybridlinien, die von nur vier Firmen gezüchtet werden. Sowohl für die Freilandhaltung als auch für die Biofütterung sind Hybriden wenig geeignet. Im Auftrag von Demeter sucht das FiBL geeignete Hühnerrassen, die auch wirtschaftlich mithalten können.
Als Anfang 2006 wegen der Vogelgrippe die Hühner in weise Halbrassen Amberlink, Blausperber, Sussex sowie die Ställe verbannt wurden, traf dies die Hühner auf De- eine Welsumerkreuzung. Welche dieser vier Hühner- meter-Betrieben besonders hart. Die Tiere zeigten Stress- linien allenfalls für Biobetriebe empfohlen werden kann, und Mangelsymptome, Federpicken war die Folge. Dem wird Esther Zeltner Mitte 2007 sagen können. ta Demeter-Futter mussten ausnahmsweise Vitamine und gewisse Eiweisskomponenten beigemischt werden. An die Kontakt: [email protected] dafür nötigen Ausnahmebewilligung wurde der Auftrag ans FiBL geknüpft, ein biotaugliches Huhn zu finden. Finanzierung: Verein für biologisch-dynamische Landwirtschaft, Arlesheim; Albert Lehmann, Birmenstorf; Verein zur Förderung Weniger legen, länger leben anthroposophischer Institutionen, Zug; gzh ag, Staufen; Animalco FiBL-Hühnerexpertin Esther Zeltner muss sich dabei AG Geflügelzucht, Staufen; Tierzuchtfonds, Bochum (angefragt) mit einigen Fehlentwicklungen der konventionellen Hy- bridzucht auseinander setzen: «Die heute gebräuchlichen Hybriden werden speziell für die immer noch verbreitete Batteriehaltung gezüchtet. Sie bringen eine Superlegeleis- tung von mehr als 300 Eiern pro Jahr, und dies bei sehr tiefem Futterverbrauch», erklärt Zeltner. Für die Freilandhaltung seien diese Hybridhühner aller- dings nur bedingt geeignet, weil sie nicht mehr robust genug sind. Kommt hinzu, dass Hybriden ihre volle Le- geleistung bereits mit 24 Wochen erreichen, aber erst mit 30 Wochen ausgewachsen sind. Dies bedeutet, dass die Junghühner während 6 Wochen an einem Nährstoffde- fizit leiden. Als Folge kann das unerwünschte Federpi- cken auftreten. Dritter Problempunkt: Biofutter unter- liegt stärkeren Schwankungen im Nährstoffgehalt, weil beispielsweise Getreide von verschiedenen Standorten unterschiedliche Nährstoffgehalte aufweisen. «Die -heu tigen Hybridhühner sind mit einer Legeleistung von 300 Eiern dermassen ‹optimiert›, dass sie auf solche natür- liche Schwankungen in der Futterzusammensetzung mit Stresssymptomen reagieren können», sagt Esther Zeltner. Um dem entgegenzuwirken, muss für die Produktion von Bioeiern die Leistung zurückgefahren werden, ist Zeltner überzeugt. Sie vermutet, dass dadurch die Preise etwas ansteigen werden, obwohl mit einer geringeren Leistung auch die Fütterung günstiger wird und die Lebensdauer ansteigt. Mit einer zwei- bis vielleicht vierjährigen Nut- zung könnten die Kosten für den Zukauf von Junghennen markant sinken.
Vier Halbrassen im Vergleich Bei der Auswahl der zu prüfenden Linien hat das Pro- jektteam deshalb auf Linien mit einem höheren Lebend- gewicht geachtet, da diese Gehaltsschwankungen im Futter besser ertragen. Eine erwartete Legeleistung von Landwirte haben mit einer Kreuzung aus Welsumerhahn und mindestens 240 Eiern pro Jahr war ebenfalls ein wichtiges Hybridhenne gute Erfahrungen gemacht. Die ruhigen und Kriterium. Zudem müssen die Kandidatinnen eine gute angenehmen Tiere sollen eine gute Legeleistung zeigen. FiBL- Befiederung bis zum Ende der Nutzungsdauer aufweisen. Mitarbeiterin Esther Zeltner (links) und Praktikantin Anne Isensee In die engere Wahl schafften es die Hybriden beziehungs- begutachten einen reinrassigen Welsumerhahn.
Tätigkeitsbericht 2006 Sozioökonomie Betriebswirtschaft 29
Welche unternehmerischen Fähigkeiten brauchen Landwirte?
Die neue Agrarpolitik fordert von den Bäuerinnen und Bauern unternehmerische Fähigkeiten. Wie lässt sich die Entwicklung dieser Fähigkeiten fördern? Was behindert sie? Christine Rudmann geht diesen Fragen im Rahmen eines EU-Projektes nach. Viele Ergebnisse kann sie zusammen mit den Landwirten auf Schweizer Biobetrieben umsetzen.
Die europäische Landwirtschaft befindet sich im Um- bruch. Die Welthandelsorganisation WTO macht Druck auf die EU, ihre Märkte zu öffnen. «Die Agrarmärkte sind ein internationaler Markt mit intensiver Preiskonkurrenz geworden», sagt FiBL-Agrarökonomin Christine Rud- mann. Im Gegensatz zu früher seien die Landwirte heute selbst dafür verantwortlich, dass ihr Betrieb rentiere. Und dafür braucht’s unternehmerische Fähigkeiten, die bis an- hin weniger nötig waren. Christine Rudmann leitet seit einem Jahr das EU-Projekt «Entrepreneurial Skills of Farmers», abgekürzt EU-ESoF. Ein interdisziplinäres Team aus sechs europäischen Län- dern untersucht die ökonomischen, sozialen und kultu- rellen Faktoren, welche die Entwicklung von unterneh- merischen Fähigkeiten bei Landwirten behindern oder fördern. «Aus den bisherigen Forschungsarbeiten lässt sich kein Bei den Befragungen in sechs europäischen Ländern wurden überall die gleichen unter- einheitliches Bild zum Unternehmertum in der Landwirt- nehmerischen Fähigkeiten genannt, die ein Landwirt mitbringen sollte. Dazu gehören auch schaft ableiten. Deshalb haben wir zuerst Expertenbefra- Management-Fähigkeiten in den Bereichen Finanzen, Verkauf und Planung. gungen in den sechs beteiligten Ländern durchgeführt», erzählt Rudmann. Überrascht sei man gewesen, dass – Entscheidungsträgern Handlungsempfehlungen liefern», trotz der kulturellen Unterschiede – in den Niederlanden, so Christine Rudman. «Damit unsere Ergebnisse auch in in Finnland, England, Italien, Polen und der Schweiz die die Praxis gelangen, werden wir aber zusätzlich ein In- genau gleichen Fähigkeiten genannt wurden. strument entwickeln, mit dem jeder Landwirt und jede Landwirtin die eigenen unternehmerischen Fähigkeiten Von Fütterungstechnik bis Networking einschätzen kann.» Aus den Antworten wurden fünf Kategorien von Fähig- In den kommenden Monaten wird das Projektteam die keiten abgeleitet. Als Basisfähigkeiten gelten produktions- Rahmenbedingungen untersuchen, welche die Entwick- technische Kompetenzen, beispielsweise Fütterungstech- lung der unternehmerischen Fähigkeiten der Landwirte nik, sowie Management-Fähigkeiten in den Bereichen in den beteiligten Ländern behindern oder fördern. Das Finanzen, Verkauf und Planung. Team wird beispielsweise die landwirtschaftliche Aus- Erfolgreiche Landwirte zeichnen sich weiter dadurch und Weiterbildung unter diesem Aspekt analysieren aus, dass sie günstige Gelegenheiten frühzeitig erkennen, sowie den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen aber auch Risiken abschätzen können. Über strategische Betriebstypen und den zu ihrer Führung erforderlichen Fähigkeiten verfügt, wer für seinen Betrieb Ziele setzen, Fähigkeiten aufzeigen. verschiedene Strategien beurteilen und – ganz wichtig Neben diesem EU-Projekt koordiniert Christine Rud- – Rückmeldungen aufnehmen, erwägen und umsetzen mann ein Netz mit 60 Biobetrieben, in dem sie gemeinsam kann. Wer zudem mit Kolleginnen und Partnern zu- mit Beratern und Praktikerinnen an sozioökonomischen sammenarbeiten, Netzwerke aufbauen und auch pflegen Fragestellungen arbeitet. «Was wir im EU-Projekt an kann, erhöht seine Erfolgschancen weiter. theoretischem Wissen entwickeln, kann ich gleich im Be- triebsnetz zur Diskussion stellen», sagt Rudmann. Und Empfehlungen für die Politik, genau diese Schnittstellen zwischen Theorie und Praxis, Tipps für Bäuerinnen und Bauern zwischen nationaler und internationaler Landwirtschaft Welchen Nutzen können Bauernfamilien aus dieser Ar- mache ihre Arbeit am FiBL so spannend. ta beit ziehen? «Unser Projekt soll in erster Linie politischen Kontakt: [email protected] Bild links: Es sind europaweit dieselben unternehmerischen Fähigkeiten gefragt: Christine Rudmann präsentiert Erkenntnisse Finanzierung: Europäische Kommission aus dem EU-Projekt an Workshops mit Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern. Projektwebsite: www.esofarmers.org
Tätigkeitsbericht 2006 30 Agrarpolitik
Blick auf die gesamte Gesellschaft
Ein Schwerpunkt der FiBL-Fachgruppe Sozioökonomie, die von Matthias Stolze geleitet wird, ist die Weiterentwicklung der Agrarpolitik für den Biolandbau. In einem EU-For- schungsprojekt wurde untersucht, mit welchen agrarpolitischen Instrumenten der Biolandbau optimal gefördert werden kann.
Was macht das Projekt besonders spannend? Papier ist geduldig – werden diese Publikationen auch gele- Matthias Stolze: Von Anfang an waren politische Akteure sen und Anregungen umgesetzt? eingebunden, um eine Brücke zwischen der Forschung Stolze: Tatsächlich ist unsere Erfahrung, dass mit einer und der Praxis zu schlagen. Beispielsweise über Work- gewissen Zeitverzögerung von etwa einem Jahr die Poli- shops wurden sie bei der Bewertung von Politikinstru- tik durchaus auf die Wissenschaftler zugeht. Zum Beispiel menten mit einbezogen. Die Impulse, die diese Zusam- werden in Workshops die Erkenntnisse aus den Projekten menarbeit liefert, sind für beide Seiten bereichernd. gemeinsam mit Mitgliedern der EU-Kommission disku- tiert. Welche Politikinstrumente gibt es? Erfreulich war auch zu sehen, wie die Länder der EU- Stolze: Grob kann man drei Gruppen unterscheiden. Da Osterweiterung Tschechien, Polen und Slowenien wirk- sind zum einen die Gebote und Verbote, wie beispiels- lich stark von den wissenschaftlichen Arbeiten profitiert weise in der Schweiz die Bio- und sehr schnell für ihre Länder verordnung. Dann besteht die eigene Aktionspläne entwickelt Möglichkeit, finanzielle Anreize haben. zu bieten, wie bei den Agrarum- weltprogrammen, und als Drit- Werden sich künftig die Anforde- tes gibt es noch die kommunika- rungen an die Agrarpolitik än- tiven Instrumente. dern? Stolze: In jedem Fall! In Zukunft Was war neben der Bewertung wird sich die Agrarpolitik viel der Politikinstrumente noch im stärker an den Bedürfnissen Fokus des Projektes? der Gesellschaft und speziell Stolze: In einer Bestandsauf- der Konsumenten ausrichten nahme wurde die Vielfalt der müssen. Eine Agrarpolitik, die Biolandbaupolitik in den ver- einzig durch die Brille der Pro- schiedenen Ländern aufgezeigt duzenten schaut, ist nicht mehr und analysiert, wie sie jeweils zeitgemäss. Ausserdem werden in die allgemeine Politik einge- die kommunikativen Politikins- bettet ist. Ein wichtiger Teil war trumente wichtiger. Die Dänen auch, die ökonomische Situation haben beispielsweise in ihrem zu betrachten und Methoden zu ersten Aktionsplan für biolo- entwickeln, mit denen sich die gischen Landbau einen runden Effektivität der agrarpolitischen Tisch eingeführt, an dem die Massnahmen evaluieren lässt. Matthias Stolze arbeitet seit 1992 zum Thema Akteure gemeinsam Zukunfts- Agrarpolitik. Seine Bilanz: «Ich freue mich über die pläne schmieden. Hier wirkt die Wie fliessen die Forschungsergeb- Anerkennung, die Politikforschung zum Biolandbau Politik als Moderator, vermit- nisse in den Politikalltag und die in der Wissenschaftsgemeinde heute hat. Und darü- telt zwischen den Gruppen und Politikgestaltung ein? ber, dass in der EU mittlerweile unbestritten ist, dass macht im Idealfall den Weg frei Stolze: Aus diesem und dem der Biolandbau auch ökonomisch gerechtfertigt ist.» für neue Entwicklungen. Vorläuferprojekt entwickelte Interview: mm sich eine Expertengruppe von Wissenschaftlern, die heu- Kontakt: [email protected] te führend sind im Bereich Agrarpolitik und Biolandbau. Diese Gruppe war auf EU-Ebene an wesentlichen Ent- Finanzierung: Das EU Projekt «Weiterentwicklung der Biolandbau- wicklungen in der Biopolitik beteiligt und ihre Meinung politik in Europa mit Schwerpunkt EU-Erweiterung» (EU-CEEOFP) wurde auch gehört. Ein weiteres wichtiges Ergebnis sind wurde von der Europäischen Kommission und dem Staatssekre- die Publikationen, die entstanden sind. Im Vorfeld zum tariat für Bildung und Forschung SBF, Bern, gefördert. EU-Aktionsplan hat allein diese Gruppe zwölf Bücher veröffentlicht. So lagen der Kommission wichtige Ent- Projektwebsite: www.irs.aber.ak.uk/EUCEEOFP scheidungshilfen bei der Ausgestaltung des europäischen Aktionsplans für Biolandbau und -lebensmittel vor.
Tätigkeitsbericht 2006 Marktforschung 31
Biofleisch: Wo ansetzen, um mehr abzusetzen?
Biofleisch schmeckt. Biofleisch ist qualitativ hochwertig. Biofleisch ist seinen Preis wert. – Wenn das alles stimmt, warum wird Biofleisch dann immer weniger gekauft anstatt sich vom «Insidertipp» zum Verkaufsschlager zu entwickeln? Ein FiBL-Marktfor- schungsprojekt ging dieser Frage nach.
Das Projekt hat den Weg von der Verarbeitung des Fleisches bis auf den Teller des Konsumenten untersucht und eine Reihe von Punkten aufgespürt, bei denen man ansetzen könnte, um den Absatz zu fördern. Die Grup- pe der Metzger erhofft sich, so ergaben Workshops, ge- nerell mehr Zusammenarbeit mit der Beratung sowie mit Bäuerinnen und Bauern, um die Verarbeitung und die Vermarktung zu optimieren. Beispielsweise könnte über die geeignete Rassenwahl die Qualität des Fleisches verbessert werden. Qualitätsprogramme, wie es sie für Rindfleisch gibt, sollten auch auf andere Tierarten aus- geweitet werden, um eine gleich bleibende Qualität zu gewährleisten. Ausserdem wünschen sich die Metzger, gezielt über die Besonderheiten der Verarbeitung von Biofleisch informiert zu werden.
Schwerer Stand in der Selbstbedienung Um neue Kunden zu gewinnen, muss in jedem Fall in der Kommunikation zugelegt werden. Die hohe Qualität und auch die Vorzüge der Bioverarbeitung, beispielsweise we- niger Zusatzstoffe, sind nicht allen Kunden bekannt. Bei der Analyse der Werbemotive zeigte sich, dass die Kon- sumentinnen und Konsumenten es positiv aufnehmen, wenn die Tiere und ihre Herkunft im Vordergrund ste- hen. Die beste Resonanz in den Tests gab es auf ein Pla- kat, das Schweizer Berge mit weidenden Kühen zeigte. Ironischerweise war es ein Plakat der integriert wirtschaf- tenden Produzenten (IP Suisse), die Tiere nicht unter Fleischqualität ist die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Biobedingungen halten. Doch Topqualität und Werbung, Absatz von Biofleisch: Ein Ansatz hierzu ist die Wahl geeigneter welche die Kundenseele berührt, allein sind nicht ausrei- Rassen. chend, um den Absatz zu erhöhen. Der Handel muss das Biofleisch auch in allen Einkaufsbereichen bestmöglich Kontakt: [email protected] platzieren. So ist beim Schweizer Grossverteiler Coop Biofleisch in Selbstbedienung einfach zu finden, an der Finanzierung: Bio Suisse, Basel; Proviande, Bern; Vier Pfoten, Bedientheke jedoch nicht erhältlich. Die Konkurren- Stiftung für Tierschutz, Zürich; Schweizer Metzgermeisterverband, tin Migros bietet in der Regel zumindest Biorindfleisch Zürich; WWF, Zürich; Absatzförderungsfonds des Bundesamtes für an der Bedientheke an; in der Selbstbedienung ist das Landwirtschaft BLW, Bern Biofleisch zwischen all den anderen Waren jedoch oft schwierig auszumachen. Die Formel für Wir danken dem Projektbeirat sowie allen Akteuren und Finanz- mehr Absatz könnte also lauten, so Katja gebern für die Unterstützung. Bahrdt vom Projektteam: «Erst Topquali- tät produzieren, dann richtig Lust auf Bio machen und im Handel optimal präsen- tieren.» mm
Auch die Meinung der Metzger war im Biofleisch- Projekt des FiBL gefragt: Metzgermeister Ernst Stettler berichtete im Workshop, warum seiner Ansicht nach der Verkauf von Biofleisch rückläu- fig ist.
Tätigkeitsbericht 2006 Bildung und Beratung Bildung 33
Mit guter Ausbildung die Zukunft des Biolandbaus sichern
Überall werden landwirtschaftliche Schulen geschlossen, die Schweizer Biobauern haben eine neue eröffnet. Sie besteht zunächst als Pilotprojekt und hat noch keinen festen Sitz. Mit dem Pilotlehrgang investiert der Biolandbau in seine eigene Zukunft, denn er ist auf gut ausgebildete Fachleute angewiesen. Robert Obrist von der FiBL- Bildung leitet den Lehrgang.
Immer mehr Landwirtschaftsfläche wird von Biobau- ern bearbeitet. Nun hat sich auch die Ausbildung dieser Entwicklung angepasst. Der erste Pilotlehrgang für ange- hende Biobäuerinnen und Biobauern startete erfolgreich im Jahr 2004, und das Interesse ist nach wie vor hoch. Bio Suisse, Demeter und das FiBL bieten die Schule gemein- sam an. Mitfinanziert wird die Ausbildung vom Bundes- amt für Berufsbildung und Technologie (BBT) und vom Coop Naturaplan-Fonds.
Von Bund und Kantonen anerkannt Der Lehrgang ist Bestandteil der klassischen dreijährigen Ausbildung zum Landwirt und zur Landwirtin, mit Spe- zialisierung im dritten Lehrjahr auf biologische Landwirt- schaft. Nach zwei Lehrjahren treten die Auszubildenden ein drittes Lehrjahr auf einem Biobetrieb an und gehen in Blockkursen zur Schule. In diesem dritten Lehrjahr ab- solvieren sie – anders als bei den herkömmlichen Ausbil- dungskonzepten – zusätzlich zur Schule eine praktische Ausbildung auf einem Lehrbetrieb. Die Bioschülerinnen und Bioschüler werden mit der Praxis des Biolandbaus vertraut ge- Bund und Kantone anerkennen die Ausbildung: Der macht. Hier lernen sie, wie man Klauen schneidet. Abschluss führt zum eidgenössischen Fähigkeitsausweis «Landwirt/Landwirtin mit Spezialrichtung Biolandbau». möglich. Sie brauchen dazu eine fundierte Ausbildung. Die wollen wir ihnen bieten.» Nicht nur Produktionstechnik vermitteln Die Bioschule bietet eine vertiefte und intensive Ausein- Vom Pilotlehrgang zum festen Ausbildungsangebot? andersetzung mit dem Beruf des Biobauern und den na- Im Sommer 2006 wurde der zweite Lehrgang abgeschlos- türlichen Lebensgrundlagen. Vermittelt werden nebst den sen und der dritte ist bereits gesichert. produktionstechnischen Themen auch die Grundlagen «Wir hatten 2005/2006 ein breites Spektrum von Auszu- der biologischen Landwirtschaft. bildenden: solche, die bereits mit einem guten Fachwissen Robert Obrist ist überzeugt, dass dieser Ausbildungsgang antraten, aber auch solche, die die ersten Schritte einer für die Zukunft des Berufsstandes eine wichtige Rolle landwirtschaftlichen Ausbildung genossen. Das Durch- spielt: «Der Biolandbau muss weiterentwickelt werden, schnittsalter war wesentlich höher als sonst an den land- und das ist in erster Linie durch begeisterte Berufsleute wirtschaftlichen Ausbildungsstätten, auch der Frauenan- teil war beachtlich», so Obrist. «Ich bin sicher, dass dieses Angebot bald einen festen Platz im Ausbildungsangebot haben wird. Die Entwick- lung kann als Sensation gewertet werden, wenn man auf die langwierige und zähe Entwicklung der Ausbildung im biologischen Landbau zurückblickt», sagte FiBL-Direktor Urs Niggli anlässlich der Abschlussfeier der Schülerinnen und Schüler des zweiten Pilotjahres. as/hw
Kontakt: [email protected]
Finanzierung: Coop Naturaplan-Fonds, Basel; Bio Suisse, Basel; Verein für biologisch-dynamische Landwirtschaft, Arlesheim; Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), Bern
Der Jahrgang 2005/2006 bei der Abschlussfeier am FiBL. Internet: www.bioschule.ch; www.biolehrstellen.ch
Tätigkeitsbericht 2006 34 Beratung
Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit stärkt regionale Vermarktung
Die Biobäuerinnen und Biobauern aus dem «Zurzibiet» und der Region Baden im Os- ten des Kantons Aargau treffen sich regelmässig zum Gedanken- und Erfahrungsaus- tausch. Und sie machen gemeinsam Öffentlichkeitsarbeit für ihre Produkte. Darin wird die Regionalgruppe unterstützt von der kantonalen Bioberatung und vom FiBL-Berater Klaus Böhler.
Bereits Mitte der neunziger Jahre bildete sich im «Zur- Ein Modell für andere Regionen? zibiet», das sind die 23 Gemeinden des Bezirks Zurzach, «Die Betreuung der Gruppe durch das FiBL im Auftrag und in der Region Baden eine Kerngruppe von Biobäue- des Kantons hat sich sehr gut bewährt», erläutert Niklaus rinnen und Biobauern. Sie treffen sich zum Erfahrungs- Messerli von der kantonalen Beratung. «Wir konnten in austausch, zur Diskussion über den Biomarkt oder zum kurzer Zeit viel erreichen. Die Bäuerinnen und Bauern persönlichen Gespräch zwischen Berufskollegen. schätzen es, dass eine aussenstehende Person die Ge- Seit 2004 betreibt die Gruppe gemeinsame Öffentlich- spräche und Diskussionen begleitet und zielgerichtet die keitsarbeit für die regionalen landwirtschaftlichen Pro- Umsetzung unterstützt.» dukte – keine Selbstverständlichkeit heutzutage, denn die Klaus Böhler wünscht sich, dass das Aargauer Modell zunehmende Konkurrenz unter den Direktvermarktern auch in anderen Teilen der Schweiz Schule macht: «Gerne stellt den Zusammenhalt unter den Betrieben auf die würden wir die Erfahrungen aus dem Zurzibiet und der Probe. Region Baden weitergeben.» hw
Kontakt: [email protected]
Die Unterstützung des Kantons ist wichtig Unterstützt werden die gemeinsamen PR-Massnahmen durch den Dachverband Bio Suisse, durch Privatpersonen und den Kanton Aar- Sehr gut gelungen ist der Flyer, gau, der zudem die Koordinationsarbeit durch das FiBL der über den Biolandbau informiert und natürlich alle Adressen finanziert. der direkt vermarktenden Biobetriebe in der Region aufführt Klaus Böhler von der FiBL-Beratung betont: «Wir sind – samt Angebotspalette. dem Kanton sehr dankbar für die Unterstützung. Wir können seit 2004 ein hohes Medieninteresse in der Region Finanzierung: Kanton Aargau; Bio Suisse, Basel; Aargauische Bio- verzeichnen, und die Direktvermarktung läuft dank der landbau Vereinigung; Alb. Lehmann Bioprodukte AG; Erlenmühle, verschiedenen Aktionen der Gruppe gut bis sehr gut.» Gossau Zu diesen Aktionen zählen Veranstaltungen in der Re- gion, ein gemeinsamer Informationsflyer oder ein attrak- tives Tischset. Derzeit erarbeitet die Gruppe Feldrand- tafeln, die die Bäuerinnen und Bauern auf ihren Betrieben aufstellen. Hier können sich Passantinnen und Wanderer – sozusagen im Vorbeigehen – über die Bioproduktion orientieren.
Tätigkeitsbericht 2006 Beratung 35
Natur und Landschaft auf Biohöfen entwickeln
Umfragen zeigen, dass viele Biobauern ein Interesse daran haben, mehr für den Naturschutz zu tun – aber es fehlt ihnen an Zeit, Geld und Arbeitskraft. Hier setzt das Konzept der einzelbetrieblichen Naturschutzberatung an. Thomas van Elsen vom FiBL- Standort Witzenhausen hat diesen Ansatz evaluiert.
Der Erfolg der Naturschutzberatung äussert sich nach Ansicht von Thomas van Elsen vor allem darin, dass viele Beratungsgespräche zur Umsetzung konkreter Mass- nahmen auf den Höfen geführt haben: «Eine ‹von der Landwirtschaft für die Landwirtschaft› angebotene- Na turschutzberatung macht mehr Naturschutz auf Biohöfen möglich», meint van Elsen.
Einzelbetriebliche Naturschutzberatung – ein grosser Erfolg Mit grossem Erfolg wird die einzelbetriebliche Natur- schutzberatung seit vier Jahren in Niedersachsen prak- tiziert. Interessierte Landwirte finden beim Kompetenz- zentrum ökologischer Landbau (KÖN) ein entsprechendes Beratungsangebot: Eine Naturschutzberaterin steht ihnen bei der Umsetzung von Schutzmassnahmen mit Rat und Tat zur Seite, hilft Fördermittel zu besorgen, organisiert Heckenpflanzaktionen zusammen mit Schulklassen und vermittelt bei Problemen mit Behörden. Landwirt Jörg Rüffler, mit dem die Beraterin Eva- Mey erhoff vom KÖN ein Gesamtnaturschutzkonzept für den Hof entwickelt hat, meint: «Alleine hätte ich das nie leis- ten können. Erst bei der Planung habe ich gemerkt, was alles dahinter steckt, welche Unterlagen dazu erforderlich sind, sobald es im öffentlichen Rahmen stattfindet. Es war Einzelbetriebliche Naturschutzberatung hilft Landwirten, Naturschutzziele zu verwirklichen: prima, dass es jemanden gab, der das Ausarbeiten über- KÖN-Naturschutzberaterin Eva Meyerhoff im Gespräch mit Landwirt Jörg Rüffler nommen hat, der darin routiniert ist – so lässt sich das, (Hof Michael, Endeholz, D). was als Idee da ist, zur Umsetzung bringen. Sonst bleibt man beim Träumen stehen!» ten Projektes «Die Integration von Naturschutzzielen in den ökologischen Landbau am Beispiel der hessischen Bioorganisationen als Träger Staatsdomäne Frankenhausen», in dem das FiBL unter der Naturschutzberatung anderem den Aufgabenbereich Partizipation und Öf- Nun soll in einer zweiten Projektphase das niedersäch- fentlichkeitsarbeit bearbeitet. Ein weiteres Beispiel ist das sische Erfolgsmodell als Vorbild für den Aufbau einer neue EU-Projekt «Social Farming», darin untersucht das einzelbetrieblichen Naturschutzberatung in anderen Bun- FiBL Synergien sozialer Landwirtschaft mit «multifunk- desländern dienen. Mögliche Träger von Naturschutzbe- tionalen» Aspekten wie Natur- und Landschaftsentwick- ratungsstellen sind Behörden, aber auch die Ökolandbau- lung. tve verbände. Durch deren produktionstechnische Beratung besteht bereits ein Vertrauensverhältnis zu den Land- Kontakt: [email protected] wirten. Daran kann die Naturschutzspezialberatung an- knüpfen – wie beim Bioland-Landesverband Nordrhein- Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft Westfalen, wo Stiftungsmittel nun die Einrichtung einer und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundespro- Naturschutzberatung ermöglicht haben. gramms ökologischer Landbau, Bonn In weiteren Projekten am FiBL-Standort Witzenhausen geht es um eine Weiterentwicklung des Beratungsan- Projektwebsite: www.naturschutzberatung.info satzes: Natur und Landschaft auf Biohöfen zu entwickeln bedeutet, Gesamtbetriebskonzepte und Massnahmen Die Ergebnisse der Tagung «Einzelbetriebliche Naturschutzbera- umzusetzen und neue Perspektiven für Kulturlandschaft tung – ein Erfolgsrezept für mehr Naturschutz in der Landwirt- und Artenvielfalt zu schaffen. Dies geschieht etwa im schaft» vom Oktober 2005 sind im gleichnamigen Tagungsband Rahmen des vom Bundesamt für Naturschutz geförder- wiedergegeben, der 25 Beiträge zum Thema enthält.
Tätigkeitsbericht 2006 36 Internet
Bio mit Gesicht: Transparenz statt Anonymität
Das Projekt «Bio mit Gesicht» macht übers Internet transparent, woher Bioprodukte kommen und wie sie erzeugt und verarbeitet wurden. Die zur Anwendung kommen- den EDV-Lösungen sind für ein Rückverfolgbarkeitssystem entwickelt worden.
Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist es ganz Kauft eine Verbraucherin oder ein Verbraucher etwa Bio- einfach: Sie kaufen im Geschäft ein Bioprodukt mit einer kartoffeln «mit Gesicht», können diese beispielsweise Bio-mit-Gesicht-Nummer und dem Hinweis auf www. vom Betrieb Wagner stammen. Im Betriebsporträt er- bio-mit-gesicht.de. Auf der Bio-mit-Gesicht-Website fährt man, dass der Betrieb nach Naturland-Richtlinien können sie die Nummer des Produktes eingeben und ge- arbeitet, warum er auf ökologischen Landbau umgestellt langen zu einem Porträt des Betriebes, von dem das Pro- wurde und wie sich die Familie im Naturschutz engagiert. dukt stammt. Damit sind die Kartoffeln aus dem Regal kein anonymes «Verbraucher sollen nachvollziehen können, dass Biobe- Produkt mehr. Und wer noch mehr erfahren will, kann triebe der angeschlossenen Verbände und ihre Produkte Familie Wagner anrufen oder sogar besuchen – Kon- nicht anonym und austauschbar sind. Die Menschen taktdaten und Öffnungszeiten des Hofladens findet man ‹hinter den Produkten› und ihre Höfe sollen erlebbar ebenfalls im Porträt. werden», sagt Rolf Mäder, Leiter des Projektes am FiBL Deutschland. Forschungsprojekte lieferten die Basis Ausgangspunkt für Bio mit Gesicht waren zwei vom Betriebsbesuch per Mausklick Bundesprogramm ökologischer Landbau finanzierte Pro- «Die Verbraucher können also den Betrieb bei einem vir- jekte: In einem Projekt des Bundes ökologische Lebens- tuellen Besuch kennen lernen: Wer lebt und arbeitet dort, mittelwirtschaft (BÖLW), an dem das FiBL beteiligt war, welche Richtlinien werden eingehalten, was lässt sich In- wurden «Handlungsempfehlungen zur Sicherstellung der teressantes über den Betrieb berichten? Darüber hinaus Rückverfolgbarkeit in Unternehmen der ökologischen bietet die Homepage Informationen über das gekaufte Lebensmittelwirtschaft» entwickelt, um im Krisenfall die Produkt und dazu passende Rezepte sowie Wissenswertes betroffene Ware möglichst eng eingrenzen und damit den über den ökologischen Landbau», erklärt Mäder. Schaden für die einzelnen Unternehmen und die gesamte Ökobranche möglichst gering halten zu können. Auf- bauend auf den Ergebnissen hat das Projekt «Datenbank- Regalstopper und Bio- technische Voraussetzungen zur Schaffung eines Rück- mit-Gesicht-Etikett. verfolgbarkeitssystems» unter Federführung des FiBL den Datenstandard «OrganicXML» entwickelt. OrganicXML ermöglicht den Austausch von Rückverfolgbarkeitsdaten zwischen den EDV-Systemen der Wirtschaftsbeteiligten sowie eine automatisierte Datenverifizierung durch die zuständigen Ökokontrollstellen. «Als erster Marktpartner hat die Marktgesellschaft der Naturland-Betriebe dieses Konzept für ihre Produkte um- gesetzt. Dies war auch Startpunkt für die Entwicklung der Internetseite www.bio-mit-gesicht.de», so Mäder. Um Bio mit Gesicht gemeinsam mit den Wirtschaftsbe- teiligten umzusetzen, wurde im Mai 2006 gemeinsam mit dem Verband Naturland, der Marktgesellschaft der Naturland-Betriebe und dem Handelsunternehmen te- gut eine GmbH gegründet. Das Unternehmen ist offen für weitere Gesellschafter, welche die Zielsetzung teilen. Das FiBL Deutschland stellt in der GmbH den Geschäfts- führer, arbeitet die Betriebsporträts aus und betreut das Redaktionssystem für deren Veröffentlichung. rm
Kontakt: [email protected]
Internet: www.bio-mit-gesicht.de; www.organicXML.com
Tätigkeitsbericht 2006 Internet 37
Moderne Technologie für die Biovernetzung nutzen
Immer stärker profiliert sich das FiBL bei der Erarbeitung von Internetangeboten für den Ökosektor. Frank Wörner vom FiBL Deutschland setzt jetzt vermehrt eine hoch- moderne Technik ein, die eine effiziente Qualitätssicherung der Internetangebote ermöglicht und ausserdem zur Vernetzung des Biosektors beitragen kann.
Alle Nutzer des Internets kennen die Situation: Auf der Suche nach Informationen ist man oft enttäuscht, weil Website viele Seiten nur unzureichend gepflegt werden und die Betrieb A Inhalte nicht mehr aktuell sind. Eine Ursache hierfür Betriebsspezifische ist häufig eine veraltete Technik: Die so genannten «sta- Informationen tischen Seiten» können nur von einer Person verändert werden und ihre Pflege erfordert spezielle programmier- technische Kenntnisse. Nachrichten Aktuelle Webinhalte durch dezentrale Pflege Betriebsspezifische Betriebsspezifische Informationen Informationen Eine Lösung besteht im Einsatz eines modernen «Content Warenkunde Management Systems» (CMS). Mit einem CMS können Website Rezepte Website auch Personen ohne Programmierkenntnisse Informa- Betrieb D Betrieb B tionen auf Websites ergänzen oder ändern. So wird die Pflege eines Internetauftritts einfacher: Verschiedene Per- sonen können die Inhalte dezentral und kontinuierlich Betriebsspezifische Informationen aktualisieren oder ergänzen. Ein weiteres herausragendes
Kennzeichen ist, dass die zentral in einer Datenbank ab- Website gelegten Inhalte von unterschiedlichen Internetseiten ge- Betrieb C nutzt werden können. Am Beispiel des Projekts «Bio mit Gesicht» werden die Vorteile eines modernen Content Das FiBL-Netzpaket Management Systems deutlich: Informationen von allgemeinem Interesse wie Nachrichten Das FiBL ist dabei, diese Technik zunehmend für seine aus dem Biobereich, Warenkunde oder Rezepte werden zentral abgelegt. Auf ihren einzel- Internetangebote zu nutzen. Bereits seit Längerem bietet nen Websites bieten die angeschlossenen Betriebe zusätzlich zu diesen allgemeinen ihre das FiBL ein umfassendes Paket für den Aufbau von In- spezifischen eigenen Informationen an. So können landwirtschaftliche Betriebe ihre Inhalte ternetangeboten an: Anpassung des technischen Systems, kostengünstig, dezentral und einfach pflegen. inhaltliche Strukturierung des Angebots, stimmiges De- sign und Beratung beim Einrichten einer Pflegestruktur. Frank Wörner, FiBL-Verantwortlicher für Internetange- bote, ist sicher: «Mit der dezentralen Zusammenarbeit beim Aufbau und der Pflege von Internetinhalten können wir einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung des Biobe- reichs leisten.» fw
Kontakt: [email protected]
Beispiele für Internetauftritte auf der Basis des Content Manage- ment Systems Typo3: www.bio-mit-gesicht.de; www.bfn.de; www.naturland.de
Aktive Vernetzung: Frank Wörner und Natalie Kleine-Herzbruch, Internetexperten am FiBL Deutschland, nutzen moderne Techno- logien zur effizienten Verknüpfung verschiedener Internetange- bote zum ökologischen Landbau.
Tätigkeitsbericht 2006 38 Zertifizierung
Hilfe im internationalen Richtlinien-Dschungel
Ein grosser Teil der Bioprodukte in Deutschland und der Schweiz wird importiert. Wenn Händlerinnen oder Verarbeitern ausländische Ökoware angeboten wird, müssen sie zunächst prüfen, ob diese Ware den Bioanforderungen der Europäischen Union beziehungsweise der Schweiz entspricht. www.oekoregelungen.de bietet die dafür nötigen Informationen, aufbereitet für alle relevanten Import- und Exportländer. Beate Huber hat dieses Informationsangebot mit der Unterstützung von Kollegen und zahl- reichen Fachleuten aufgebaut.
Ein Drittel aller Länder verfügt über gesetzliche Rege- lungen zum ökologischen Landbau. In Europa hat mitt- Datenbank Organic Rules Die englischsprachige Datenbank Organic Rules infor- lerweile fast jedes Land ein Gesetz, das definiert, welche miert über die Umsetzung und Interpretation einzelner Anforderungen Ökoprodukte erfüllen müssen, damit Artikel und Anhänge der EU-Verordnung zum ökolo- sie als solche gekennzeichnet werden dürfen. Obwohl gischen Landbau. Zusammen mit Projektpartnern wurde es international eine grosse Übereinstimmung über die sie vom FiBL im Rahmen des EU-Forschungsprojekts grundsätzlichen Regelungen gibt, weichen die Gesetze «Organic Revision» aufgebaut. Die Datenbank bietet in Details zum Teil stark voneinander ab. Dies erschwert wichtige Entscheidungshilfen für die Akteure, wenn es den grenzüberschreitenden Handel mit Ökoprodukten um Vergleiche und Harmonisierung von Richtlinien und erheblich. Betroffen sind Unternehmen, die Bioprodukte Gesetzgebungen zum biologischen Landbau geht. importieren oder exportieren, sowie Kontrollstellen, die Kontakt: [email protected] für den Export zertifizieren, aber auch Bauern und Ver- Finanzierung: Europäische Kommission und Staatsse- kretariat für Bildung und Forschung SBF, Bern Internet: www.organicrules.org
arbeitungsunternehmen, die ihre Erzeugnisse im Ausland verkaufen.
Gesetze, Richtlinien, Adressen, Links www.oekoregelungen.de ist ein internetbasiertes Infor- mationsangebot, das hilft, sich schnell einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen, die relevanten Richt- linien der Verbände und die Situation des ökologischen Landbaus eines Landes zu verschaffen. Darüber hinaus enthält es Adressverzeichnisse der zugelassenen Kontroll- stellen und Kontrollbehörden. Die sehr übersichtlich aufbereiteten Informationen wer- den als kommentiertes Linkverzeichnis angeboten, sodass sich die Nutzerinnen und Nutzer schnell einen Überblick verschaffen und bei Bedarf vertieft recherchieren können Die Verlinkung (z.B. zu den Gesetzgebungen) gewährleis- tet aktuelle Informationen und dass der Aufwand für die Aktualisierung gering gehalten werden kann. Wichtig für ein langfristig aktuelles Informationsangebot ist auch die nutzerfreundliche Programmierung der Datenbank, die rasche Aktualisierungen möglich macht. Projektleiterin Beate Huber berichtet: «Für das Aufbe- reiten der Länderseiten konnten wir das internationale Netzwerk des FiBL nutzen und hatten so hervorragenden Zugang zu den nötigen Informationen aus erster Hand.» bh
Kontakt: [email protected]
Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft Ein Kontrolleur von Balkan Biocert bei der Inspektion eines Betriebes in Bulgarien. Der und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundespro- Aufbau der Zertifizierunsstelle Balkan Biocert wurde vom FiBL mit finanzieller Unterstützung gramms ökologischer Landbau des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft seco begleitet. Bei diesem und bei ähnlichen Projekten kommt dem FiBL seine internationale Richtlinienkompetenz sehr zugute. Internet: www.oekoregelungen.de
Tätigkeitsbericht 2006 Gentechnikfreie Produktion 39 bioXgen: Gentech-Verunreinigungen in Bioprodukten vermeiden
Was können Bioakteure tun, um Verunreinigungen von Ökolebensmitteln mit Gen- technik zu vermeiden? Wie können sie im Schadenfall ihre Ersatzansprüche durchset- zen, wie in einer Krise die Öffentlichkeitsarbeit gestalten? Antworten gibt das Hand- buch «Bioprodukte ohne Gentechnik», das als Gemeinschaftsprojekt von FiBL, BÖLW und Öko-Institut entstanden ist. Ein Gespräch mit Projektsprecher Alexander Gerber.
Wieso brauchen Biolandwirte und Verarbeiterinnen ein Wie hat sich die Zusammenarbeit von BÖLW (Bund öko- solches Handbuch? Steht Bio denn nicht gleichzeitig für logische Lebensmittelwirtschaft), FiBL und Öko-Institut gentechnikfrei? bewährt? Alexander Gerber: Biolandwirte und Verarbeiter ver- Gerber: Sehr gut! Für das Praxishandbuch haben sich wenden keine gentechnisch veränderten Pflanzen oder drei Partner zusammengefunden, die seit vielen Jahren Organismen (GVO). Agrogentechnik widerspricht den auf unterschiedlichen Gebieten mit der Agrogentechnik Prinzipien der ökologischen Lebensmittelwirtschaft und zu tun haben: Das Öko-Institut hat den rechtlichen Teil ist deshalb dort gesetzlich verboten. Konventionell darf des Handbuchs und den Teil zur Landwirtschaft bearbei- gentechnisch veränderter Mais aber angebaut werden, tet. Fokus des FiBL sind ökonomische Fragen und Fragen und es wird gentechnisch verändertes Futter gehandelt der Qualitätssicherung. Der BÖLW hat mit seiner Nähe und verfüttert. Die Pollen von Gentechnik-Pflanzen ma- zu den Wirtschaftsbeteiligten für die Benutzerfreundlich- chen vor den Grenzen zum Nachbarfeld nicht Halt. Beim keit gesorgt und das Kapitel zu Kommunikationsaspekten Ernten, Transportieren, Lagern und Verarbeiten besteht beigesteuert. So hat die Zusammenarbeit zu optimalen die Gefahr, dass gentechnikfreie Partien durch Reste Synergien geführt. Dennoch ist das Handbuch wie aus Alexander Gerber ist von GVO verunreinigt werden. Landwirtinnen, Verar- einem Guss, da es als gemeinsames Projekt betrachtet und Geschäftsführer des beiter und Händlerinnen von Bioprodukten müssen die bearbeitet wurde. Bund ökologische Massnahmen kennen, mit denen sie sich vor Verunreini- Lebensmittelwirt- gungen schützen können. Ebenso sollten sie ihre Rechte Wird sich der kommerzielle Anbau von Gentechnik-Pflan- schaft e.V. (BÖLW). im Schadenfalle kennen. zen in Deutschland durchsetzen? Der BÖLW ist der Gerber: Noch ist nichts entschieden, die kritischen Stim- Spitzenverband Einerseits kämpft die Bioszene dagegen, dass Gentechnik in men mehren sich und der Widerstand wirkt. So überlegt landwirtschaftlicher unserer Lebensmittelproduktion Einzug hält. Andererseits die Bundesregierung, sich in Brüssel dafür einzusetzen, Erzeuger, Verarbeiter wird ein Handbuch publiziert für den Fall, dass es doch so dass auch Erzeugnisse von Tieren, die mit GVO-Futter und Händler ökolo- kommt. Liegt darin nicht ein Widerspruch? gefüttert wurden, als GVO-Produkte gekennzeichnet gischer Lebensmittel Gerber: Noch haben wir die Chance, dass in Deutschland werden müssen. Brüssel wiederum will die Sicherheits- in Deutschland. Für nicht im grossen Massstab kommerziell gentechnisch prüfungen und Zulassungsvoraussetzungen für GVO bioXgen tritt Gerber veränderte Pflanzen angebaut werden. Dafür lohnt es sich verschärfen. Dem stehen Lobbys einiger weniger, aber als Projektsprecher zu kämpfen, denn die wirtschaftlichen, ökologischen und mächtiger Konzerne gegenüber. Die Zukunft der -gen auf. gesundheitlichen Risiken stehen in keinerlei Verhältnis technikfreien Landwirtschaft hängt entscheidend von zum Nutzen. Bislang ist der so genannte Bt-Mais zuge- den rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Deshalb gilt es lassen, der ein Gift gegen den Maiszünsler produziert. jetzt für strenge Vorschriften, ausreichende Haftungsre- Für die Maiszünsler-Bekämpfung bestehen aber einfache gelungen und die Beachtung ökologischer Kriterien im ackerbauliche Alternativen. Dennoch wird auf etwa 1700 Zulassungsverfahren zu kämpfen. Und: Letztlich ent- Hektar dieser Mais angebaut, und in vielen konventio- scheiden wir alle durch unser Einkaufsverhalten, ob sich nellen Futtermitteln werden GVO-Soja und GVO-Mais Agrogentechnik in Deutschland durchsetzen kann oder aus Übersee verwendet. Deshalb besteht schon heute auf nicht. Interview: cb verschiedenen Wegen – auch in der Verarbeitung – die Gefahr der Kontamination, vor der wir uns schützen und Kontakt [email protected] Vorsorgemassnahmen ergreifen müssen. Dazu dient das Handbuch. Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), Bonn, im Rahmen des Bundes- Wie ist die Resonanz auf das Handbuch in der Bioszene? programms ökologischer Landbau Gerber: Gut! Von der gedruckten Version wurden schon zahlreiche Exemplare versendet. Die Internetsite, über die Das Praxishandbuch «Bioprodukte ohne Gentechnik» steht kos- das Handbuch kostenlos als Online-Version verfügbar ist, tenlos im Internet unter www.bioXgen.de zur Verfügung. Es kann hat wöchentlich einige Hundert Besucher. Die Rückmel- dort in Form von PDF-Dateien heruntergeladen werden. Auf der dungen zum Handbuch sind durchweg positiv. Website kann man auch das gesamte Handbuch im Ordner mit Register für 50 Euro (inklusive Versandkosten) bestellen.
Projektwebsite: www.bioXgen.de
Tätigkeitsbericht 2006 40 Merkblätter
Wissen überschreitet Grenzen: Gemeinsame Merkblätter für den Biolandbau
In Deutschland, Österreich und der Schweiz befinden sich Praxis und Forschung des Biolandbaus auf einem hohen Niveau. Es liegt also nahe, Fachwissen länderüber- greifend auszutauschen und für die Landwirte zugänglich zu machen. In einer bisher einmaligen Kooperation wird diese Idee für den deutschsprachigen Raum umgesetzt.
Fundiertes Praxiswissen trägt nachhaltig zum Fortschritt schüren von hoher Informationsdichte und Qualität. Für des Biolandbaus bei. Gute landwirtschaftliche Praxis er- die Kooperationspartner ergeben sich klare Synergien, höht den betrieblichen Erfolg und sichert die Qualität indem sie sich in ihrem Engagement für eine effiziente biologischer Lebensmittel. Dies gilt in der Schweiz eben- Wissensvermittlung gegenseitig unterstützen. so wie in Österreich und Deutschland. Da auch die An- Die gemeinsamen Merkblätter informieren fundiert zu baubedingungen in den drei Ländern ähnlich sind, haben einzelnen Themen und gehen detailliert auf die länder- sich die Bioland-Beratung und das Kompetenzzentrum spezifischen Situationen ein, zum Beispiel im Zusam- Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) aus Deutschland, der menhang mit der Gesetzgebung oder Sortenfragen. Alle Beratungsdienst von BIO AUSTRIA aus Österreich und Merkblätter zeichnen sich durch ein attraktives und das FiBL zusammengetan, um Fachwissen zur Biopro- übersichtliches Layout aus, sie sind leicht verständlich ge- duktion im deutschsprachigen Raum zu bündeln und in schrieben und enthalten zahlreiche farbige Abbildungen, gemeinsamen Merkblättern an Praktikerinnen und Prak- Tabellen, Fotos und Übersichten. gw tiker weiterzugeben. Ziel der Kooperation ist es, praxisnahe Beratungsinhalte Kontakt: [email protected] mit neuesten Forschungsergebnissen zu verknüpfen und diese anschaulich und überzeugend zu vermitteln. Durch Internet: www.shop.fibl.org die länderübergreifende Zusammenarbeit entstehen Bro-
«Für uns sind diese Leitfäden in kürzester Zeit zu einem unverzichtbaren Zuchtsauenhaltung Instrument für die Beratung geworden, Ampferregulierungim Biolandbau VorbeugendeHerausforderung Möglichkeiten mit Zukunft ausschöpfen
und die Landwirte schätzen die Informa- MERKBLATT %UTERGESUNDHEIT IM tionen sehr», sagt Jan Plagge von der -ILCHVIEHBETRIEB Foto Bauer Bioland-Beratung. mit langer Der Ampfer verdrängt Grünland- und n EIN -ANAGEMENTLEITFADEN
Ampfer- Acker-%2+",!4- 4 kulturpflanzen,wurzel erschwert in die Ernte, mindert dieder Erträge Hand und wird auf &AKTOREN