Otto Piene Zero: Werke Von 1957–1966 Otto Piene Zero: Werke Von 1957–1966
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Otto Piene Zero: Werke von 1957–1966 Otto Piene Zero: Werke von 1957–1966 Texte: Dr. Anette Brunner Portrait Otto Piene (Detail) Zusammenarbeit zwischen Lothar Wolleh und Otto Piene Fotografie auf Leinwand auf Holz 100 x 100 cm Fotografie Lothar Wolleh, ca. 1969 Bearbeitet von Otto Piene, 1979 Otto Piene: Die Entstehung der Gruppe „Zero“ Zuerst erschienen in „The Times Literary Supplement“, London, 3. September 1964 Zero ist keine endgültig organisierte Gruppe. Wahrscheinlich war Zero 2 (Oktober 1958) wichti- von Max Bill, der uns 1960 in seine Ausstellung „kon- (ich stellte zum ersten Male Raster-Bilder aus). Unse - Als um die Mitte der 50er Jahre wir jüngeren Künst- ger als Zero 1. Es wurde zur 8. Abendausstellung, „Vi- krete kunst“ aufnahm. Die meisten von uns (außer re u.a. vom deutschen Klima inspirierten Vorstellun- ler in Düsseldorf immer selbständiger und aktiver wur- bration“, herausgegeben. Fünf Künstler, deren Arbeit Mavignier, der bei Bill studiert hatte) blieben aber auf gen von der Erscheinung des Lichts als Vibration und den, wollte und konnte sich keine Galerie für unsere visuelle Bewegung zum Thema hatte, waren an der Aus- den Füßen als Künstler, die sich nicht durch blinde dem Widerstreit zwischen Licht und Dunkel hatten nur Arbeit und unsere Ideen einsetzen. Wir halfen uns durch stellung beteiligt: Holweck, Mack, Mavignier, Piene Ratio, d.h. einseitig intellektualistische Haltung – „vi- losen Zusammenhang mit seinen Ideen; aber die per- die „Abendausstellungen", die nur aus einer Eröffnung und Zillmann. In Manifesten forderten wir „Die Ruhe sual research“ als Alleininteresse z.B. – im Sehen und sonifizierte Genialität und Yves’ Einstellung zur „Puri- ohne dauernde Ausstellung bestanden. der Unruhe“ (Mack) und „Die Reinheit des Lichts“ Denken ablenken liessen. fikation“ beeindruckten uns. Die erste, die ein bestimmtes „Konzept“ hatte, war (Pie ne). Fritz Seitz gab eine gründliche Einführung in Eine unserer wichtigsten Absichten war die Rehar- Die wahrscheinlich bedeutendste Zero-Ausstellung die 7. Abendausstellung mit dem Titel „Das Rote Bild unsere Probleme. monisierung des Verhältnisses zwischen Mensch und fand im März 1959 im Hessenhuis in Antwerpen statt. (Bilder, deren bestimmende Farbe Rot ist)“. Die leb- Der Grund für die Bildung der Gruppe Zero war also Natur – wir sehen in der Natur Möglichkeiten und Im- Sie wurde organisiert von Pol Bury, Paul van Hoey- hafte Anteilnahme des Publikums ermutigte mich, das Zusammentreffen von Künstlern mit ähnlichen pulse, die Wirkung der Elemente und ihre stoffliche donck und Jean Tinguely (Assistenz: Daniel Spoerri). zusammen mit Heinz Mack eine Katalog-Zeitschrift, Ideen, ein Zusammentreffen, das künstlerische und Gestalt: Himmel, Meer, Arktis, Wüste; Luft, Licht, Die Ausstellung hatte keinen Titel. Das Leitmotiv des Zero, herauszugeben (Zero 1, April 1958). Sie enthielt menschliche Kontakte gleichermassen einschloss. Un - Wasser, Feuer als Gestaltungsmedien; der Künstler ist Katalogs war die Moholy-Nagy-Formulierung „Vision Beiträge von Theoretikern und Künstlern, die an den sere Freunde fanden wir zuerst in Deutschland, dann nicht der Flüchtling aus der „modernen Welt“, nein, er in Motion — Motion in Vision“. An dieser Ausstellung Ausstellungen beteiligt waren. Die angestrebte Ten- in anderen Ländern Europas und der übrigen Welt. verwendet neue technische Mittel ebenso wie die nahmen u.a. teil: Bury, van Hoeydonck, Yves Klein, denz war die Reinigung der Farbe von den Spuren des Ein anderer Grund war meine Freundschaft mit Mack, Kräfte der Natur. Mack, Munari, Piene, Uecker, Soto und Tinguely. Infor mel und des Neo-Expressionismus, die friedliche unsere menschliche und künstlerische Nachbarschaft Die Proportion Natur-Mensch-Technik war eines Im Juli 1959 organisierte ich mit Mack zusammen Erobe rung der Seele durch Sensibilisierung. Die wich- (seine Dynamische Struktur z.B. und meine Licht-Ras- der Hauptthemen in Zero 3, publiziert 1961 (Zero 3 eine andere Ausstellung dieser Art in Wiesbaden. Sie ti geren Texte in Zero 1 schrieben Yves Klein, Heinz ter-Bilder). edition exposition demonstration, Galerie Schmela, hieß dynamo 1 und wurde in der Nacht vor dem Be- Mack und ich. Yves schrieb über die monochrome Nach der Vibrations-Ausstellung trafen wir nach Düsseldorf). Die Ausgabe ist etwa 20 Künstlern ge- ginn der documenta II eröffnet. Es war die erste un- Malerei, Mack über Vibration, und mein Aufsatz er- und nach viele Künstler, die sich mit ähnlichen Proble - widmet. Von den zahlreichen Texten und visuellen Er- se rer Ausstellungen in Deutschland, die die land- läuterte meine Ansicht über Farbe als Artikulation von men befassten. Wichtig wurde für uns Lucio Fonta na, läuterungen er wiesen sich die Huldigung an Fontana läufigen Ansichten über Tachismus usw. irritierte. Sie Licht. den wir seit unseren ersten persönlichen Begeg nun- und die Ausfüh rungen von oder über Yves Klein, Jean vermittelte den Eindruck einer möglichen Harmonie Zero als Titel war das Ergebnis monatelanger Suche, gen als eine Art geistigen Vater betrachteten, obwohl Tinguely, Arman, Daniel Spoerri, Heinz Mack und von zwischen Emp findung und sensibler Disziplin (oder schliesslich aber fast zufällig gefunden. Wir verstan- er uns nie direkt beeinflußt hat. Ich traf Fontana zum mir als einflussreich. ihrer Iden tität). den von Anfang an Zero als Namen für eine Zone des ersten Male 1961. Mack hatte ihn schon vorher be- Von Yves Klein war einer der ursprünglichen Im- Seit Anfang 1959 trafen Heinz Mack und ich wie- Schweigens und neuer Möglichkeiten, nicht als Aus- sucht, eingeführt durch Piero Manzoni, der seit 1959 pulse zu Zero ausgegangen. Seine Freundschaft, seine derholt mit Jean Tinguely zusammen. Die stimulieren- druck des Nihilismus oder einen Dada-ähnlichen Gag. Kontakte zwischen vielen Künstlern herstellte, beson- suggestive Persönlichkeit „befreiten“ unsere Aktivität, den Gespräche mit ihm steigerten unsere Aktivität Wir dachten an das Countdown vor dem Raketen- ders zwischen Düsseldorf und Mailand. die im September 1957 mit der 4. Abendausstellung und regten uns an, unsere Lichtobjekte mit Motoren start – Zero ist die unmessbare Zone, in der ein alter Fontana beeindruckte uns durch seine gewinnende (vier Künstler: Brüning, Mack, Piene, Salentin) eine zu bewegen. Seit 1959 arbeiteten wir an der Zusam- Zustand in einen unbekannten neuen übergeht. Persönlichkeit. Eine ganz andere „Versuchung“ kam Zero-Ausstellung präsentierte, die nicht Zero hiess menstellung und Herausgabe von Zero 3. Nachdem es 8 erschienen war, fanden immer mehr Zero-happenings Amsterdam (Mack-Piene-Uecker). Daran anschließend Wir arbeiten gelegentlich gemeinsam, sogar als von Individuen, d.h. die freiwillige Integration Einzel- und Ausstellungen statt. Sie wurden im allgemeinen hatten wir – neben Zero-Ausstellungen an verschie- „team“ (Mack-Piene-Uecker: „Lichtmühlen“). Wir wis- ner, entstanden. Es besteht kein Zweifel, dass die frei- von Mack und mir organisiert, einige Male in Italien denen Orten – einige gemeinsame Ausstellungen: in sen aber auch, dass team-work Unsinn ist, wenn sie willige Integration auch die freiwillige Auflösung, dass von Manzoni und Castellani und in Holland, seit 1951 Brüssel (Palais des Beaux Arts), im Museum Haus als Alternative zur persönlichen Sensibilität des Künst- die Rücksicht auf das Gemeinsame andererseits die die „Holländische Informelle Gruppe“ ihren Kurs ge- Lange in Krefeld, in Den Haag (Gemeente-Museum), lers angesehen wird. Die Bedeutung der „Mannschafts- Rechte des Einzelnen bewußt einschließt. Wie Zero ändert hatte, durch Henk Peeters und Armando (die London (McRoberts and Tunnard), Kassel (dokumen - Arbeit“ besteht für mich in der Möglichkeit der Syn - entstanden ist, kann es auch verschwinden, ohne von seit 1962 ihre Gruppe „nul“ (zero) nannten). Peeters ta III), New York (Howard Wise), Hannover (Kestner- these verschiedener individueller Ideen, im Rahmen Institutionen oder „Institutionalität“ zum Bleiben ge- war einer der Organisatoren der Ausstellung „nul“ im Gesellschaft). der in jeder sozialen Gruppe („Künstler-Gruppe“) ge- nötigt zu werden. Stedelijk Museum in Amsterdam, März 1962. Heute beschäftigen sich Mack und Uecker mit dem gebenen Anonymität, d.h. das notwendige Fehlen der Wir versuchen, unseren Vorstellungen und Absich- Seit etwa 1960 zeichneten sich unter den Künstlern, Licht selbst, während ich versuche, die Dunkelheit zu subtileren Individualität im team bedingt zugleich eine ten treu zu bleibrn: die Welt zu „verschönern“ und zu die Zero nahestanden, zwei Richtungen ab: die idea- durchdringen durch Rauch und Feuer in der Malerei, gewisse Mittelmässigkeit, und die Idee oder die Ideen „erhellen“, ohne sterile Satzungen, akademische Pro- listische (manchmal „romantische“) Bewegung, die und Licht, das nicht im Objekt gefangen ist, beim Licht- als Gemeinsames machen das Produkt wegen des Feh- gramme und den naiven Glauben an die eigene Un- von der Idee der Wandlung vom Dunkel zum Licht ge- ballett. Mack versucht, von der Zivilisation möglichst lens des individuellen Ausdrucks „ideologisch“ oder fehlbarkeit. Wir versuchen, in unserer Zone Zero zu leitet wird (später nachdrücklich formuliert im poeti- unberührte Landschaften zu verändern, sie „schön“ gar „propagandistisch“. Andererseits kann eine Team- arbeiten und zugleich offen zu sein für die Zero-Zonen, schen Manifest „Zero – Der Neue Idealismus“ – und zu machen, d.h. human, bevor sie häßlich „zivilisiert“ Arbeit als Demonstration von Ideen reicher sein, weil die uns „die Welt“, Mensch und Natur ständig