WISSENSCHAFTLICHER DIENST SÜDOSTEUROPA XXI. Jahrgang März 1972 Heft 3

Straffere Führung und Rückbesinnung auf die „ Arbeiter-Basis" Die Belgrader II. BdKJ-Konferenz

Die mit mehrmonatiger Verspätung abgehaltene vielen Rednern auch auf der II. BdKJ-Konferenz II. Konferenz des BdKJ (25.— 27. 1. 1972) hat in be­ betont worden ist — durch das im BdKJ herrschende, zug auf die programmatische Richtung nichts Neues die Aktionseinheit der Kommunisten beeinträchti­ gebracht, d. h. die Entwicklung der sozialistischen gende ideologisch-politische Durcheinander verhin­ Selbstverwaltungsdemokratie ist nicht in Frage ge­ dert worden ist. stellt worden. In dem von der Konferenz angenom­ Im Mittelpunkt des Meinungswirrwarrs steht der menen Aktionsprogramm werden die Beschlüsse des immer wieder zitierte Widerspruch zwischen soziali­ IX. BdKJ-Kongresses (März 1969) bekräftigt und — stischer Selbstverwaltung und Marktwirtschaft un­ statt wie bisher in Einzelresolutionen — in vier Ka­ ter den unzureichenden materiellen Bedingungen piteln behandelt: in Jugoslawien insgesamt und angesichts des unter­ I. Die Stärkung der Rolle der Arbeiterklasse in schiedlichen wirtschaftlichen und damit auch sozia­ den sozioökonomischen Selbstverwaltungsbeziehun­ len Entwicklungsniveaus seiner Republiken. Kiro gen. Gligorov, Mitglied des Exekutivbüros des BdKJ- II. Die wirtschaftliche Stabilisierung und die Ent­ Präsidiums und als Wegbereiter und Vorkämpfer wicklungspolitik. der Marktwirtschaft bekannt, erklärte in einem In­ III. Die aktuellen Fragen der Entwicklung des terview mit „Nedeljne Informativne Novine“ (NIN, politischen Systems und der unmittelbaren soziali­ 6. 2. 1972), „die große Furcht vor der Marktwirt­ stischen Demokratie. schaft“ sei eine Folge des Versäumnisses, bei ihrer IV. Die aktuellen Fragen der Entwicklung und der Einführung auch „ihre Grenzen festzulegen“. Des­ Tätigkeit des BdKJ. („Komunist“, 29. 1. 1972.) gleichen habe man es unterlassen, das für die Besei­ Es werden „alle Mitglieder des BdKJ verpflich­ tigung solcher Ängste notwendige Instrumentarium tet“, sich dafür einzusetzen, daß die „souveränen in das System einzubauen, und zwar eine die plan­ Produzenten zur dominierenden Entwicklungskraft mäßige Lenkung des Marktes ermöglichende Wirt­ der ganzen Gesellschaft und zu diesem Behufe be­ schaftspolitik sowie eine adäquate Steuer- und So­ fähigt werden, die Funktionen des Staates, des ent­ zialpolitik. Zu berücksichtigen sei ferner die Furcht wickelten und modernen Marktes, der Technologie vor einem freien Kapitalmarkt als möglichem Über­ und der gesamten Abläufe der gesellschaftlichen gang zu „kapitalistischen Verhältnissen“. Reproduktion planmäßig zu lenken und über die Im Hinblick auf die „gegenwärtige Situation“ Bedingungen, die Mittel und die Früchte ihrer Ar­ hatte Gligorov darum auf der II. BdKJ-Konferenz beit zu entscheiden“. („Komunist“, ebd.) die Einbringung „wesentlicher Beschlüsse auf Ma­ In diesem Zusammenhang wird den Kommuni­ kroebene, für die gesamte Gemeinschaft“, d. h. für sten „zur Pflicht gemacht“, sich, „ohne auf die zweite ganz Jugoslawien gefordert. Mit ihnen sollte „der Phase der Verfassungsänderungen zu warten“, für notwendige Rahmen für die selbständige Aktivität die Realisierung der am 30. Juni 1971 angenomme­ aller politischen und wirtschaftlichen Triebkräfte“ nen Abänderungsartikel 21, 22 und 23 zur Verfas­ geschaffen werden, ein Rahmen, der es erlaubt, „von sung von 1963 einzusetzen. Diese Artikel, auch „Ar­ jedem einzelnen zu verlangen, sich seinen Möglich­ beiteramendements“ genannt, behandelt die Rechte keiten, seinen Risiken und Verantwortlichkeiten zu­ und Pflichten der „assoziierten Produzenten“ bei der zuwenden“. „gesellschaftlichen Reproduktion“ und enthalten die Gligorov sprach die Überzeugung aus, daß wir Prinzipien für die Regelung der gegenseitigen Be­ „anderenfalls, wenn wir von der Basis fordern, ein ziehungen bei der Arbeitsteilung in der Produktion, jeder habe das Seine zu tun, von dieser nicht ver­ bei Investitionen und Geschäftsvereinigungen, bei standen würden und auch nicht inspirativ wirken der Einkommens- bzw. Ertragsverteilung, inbegrif­ könnten“. Bloße Vervollkommnung desSystems und fen das Recht auf „persönliches Einkommen auf einige praktische Maßnahmen genügten allerdings Grund der geronnenen Arbeit“ („minuli rad“) usw. nicht, um ein funktionierendes System zu schaffen; (vgl. „WD Südosteuropa“ Nr. 3/1971.) heute seien „grundlegende Eingriffe und tiefere Insgesamt betrachtet sind die Kapitel I und II des Veränderungen“ notwendig, und diese bedürften Aktionsprogramms eine Zusammenfassung bzw. der „ideologischen Einheit in den prinzipiellen Wiederholung der in den letzten Jahren in zahlrei­ Standpunkten“. („Komunist“, 29.1. 1972.) chen Partei- und Regierungsdokumenten enthalte­ Die ideologische Einheit und Prinzipientreue der nen Beschlüsse zur Gesellschafts- und Wirtschafts­ Kommunisten wird in den nächsten Monaten nicht politik, deren Realisierung bisher — wie dies von nur im Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik Seite 26 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Heft 3

auf die Probe gestellt werden. Die in Vorbereitung Syndikat bzw. Syndikat und Arbeiterklasse neuen befindliche „zweite Phase der Verfassungsänderun­ Auftrieb geben. gen“, mit denen „der Klassen- und demokratische Der Vorsitzende des Bundes der Gewerkschaften Inhalt des politischen Systems weiterentwickelt und Jugoslawiens, Dusan Petrovic-Sane, forderte auf der gefestigt“ werden soll, wird ebenfalls erhebliche II. BdKJ-Konferenz „die energische Zurückweisung ideologische und prinzipielle Belastungen bringen, gewisser Simplifikationen und offensichtlich über­ da parallel zur Aufwertung der Kommune als „Ba­ lebter Deutungen, wonach die Schwäche der Ge­ sis der gesellschaftlichen Selbstverwaltung ... die werkschaften in ihrem oppositionellen Verhalten ge­ Funktionen der Republiken bzw. Provinzen präzise genüber dem Staat und in ihrer demagogischen Ein­ definiert“, das „Versammlungssystem“ von seinem stellung gegenüber der Arbeiterklasse liegt“. Eine jetzigen „politischen Repräsentationscharakter“ be­ solche Betrachtungsweise gehe den tatsächlichen Di­ freit werden und durch das „Delegiertenprinzip“ lemmata aus dem Wege. Gehe man davon aus, daß eine neue Grundlage erhalten soll. Dadurch werden, „die Gewerkschaften die wahren Organisationen der wie es in Kapitel II des Aktionsprogramms heißt, Arbeiter-Selbstverwalter“ seien, dann könne man „die realen Grundlagen für die Beseitigung des Mo­ sagen, daß sie „gegenüber dem in unserer Partei nopols der professionellen politischen Strukturen noch immer sehr ausgeprägten Etatismus noch zu bei der Kreierung und Einbringung politischer Ent­ wenig Opposition“ zeigten und „noch immer zu we­ scheidungen geschaffen und die entscheidende Rolle nig energisch“ seien, wenn es darum gehe, „die wah­ der Arbeiterklasse und der Produzentenassoziatio­ ren Interessen der Arbeiterklasse zum Ausdruck zu nen bei allen politischen Entscheidungen auf allen bringen“. („Politika“, 27. 1. 1972.) Ebenen ermöglicht“. („Komunist“, ebd.) Den breitesten Raum in den Diskussionen nah­ Das Aktionsprogramm macht den Kommunisten men, wie dies auch im Aktionsprogramm der Fall ferner zur Auflage, sich „im Kampf um die Selbst­ ist, die eigenen Probleme des BdKJ ein, wobei die verwaltung an die Spitze der Arbeiterinitiativen soziale Struktur seiner Mitglieder, die ideologisch­ und der Gewerkschaftsaktionen“ zu stellen. Es wird politische Einigkeit und Einheit, inbegriffen das betont, daß „weitere Anstrengungen zur Realisie­ Prinzip des demokratischen Zentralismus bzw. das rung der gesellschaftlichen Rolle der Gewerkschaf­ gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis von BdKJ und ten als Klassenorganisation der Arbeiterklasse“ er­ Republik-Parteiverbänden, die Anpassung der Par­ forderlich seien. Dieser Programmpunkt wird, im tei an die Erfordernisse der gesellschaftlichen Verein mit der im Rahmen der geplanten Verfas­ Selbstverwaltung und die Aktivität der Mitglieder sungsänderungen vorgesehenen Neubestimmung im Vordergrund standen. von der Rolle und Stellung der Gewerkschaften, der Die von Tito im vergangenen Jahr wiederholt ge­ Diskussion über das Verhältnis zwischen Partei und forderte Rekonstruktion der Partei-Grundorganisa-

Tabeiie l Die soziale Struktur des BdKJ in den Jahren 1968 —1970

Schichten Mitgliederzahl 1968 °/o 1969 %> 1970 °/o

Arbeiter 356 834 31,1 346 821 31,2 319 952 29,9 Private Handwerker 4 956 0,4 4 641 0,4 4 507 0,4 Individuelle landwirtschaftliche Produzenten (Bauern) 84 329 7,4 81 243 7,3 68 425 6,5 Technische Intelligenz 49 900 4,4 54 765 4,9 52 758 5,0 In Erziehung, Wissenschaft, Kultur, Gesundheitswesen und ähnlichen Tätigkeiten beschäftigte Intelligenz 128 763 11,3 132 853 11,9 134 342 12,9 V erwaltungspersonal 139 529 12,2 138 217 12,4 125 987 12,0 Leitendes Personal 82 941 7,2 67 250 6,1 74 070 7,1 Polizei und Armee 90 014 7,8 88 541 8,0 85 971 8,2 Rentner und Invaliden 90 238 7,9 91 364 8,2 91 067 8,7 Studenten 37 083 3,2 38 441 3,5 37 940 9,6 Schüler 32 250 2,8 21 756 2,0 13 391 1,3 Hausfrauen und Sonstige 33 526 2,9 31654 2,8 35 756 3,3 Arbeitslose 15 721 1,4 14136 1,3 11318 1,1 Insgesamt 1146 084 100 1 111 682 100 1 049 184 100

(Quelle: Vladimir Milic — Djoko Tozi „Umwandlung und soziale Struktur des BdKJ“ in „Socijalizam“, Nr. 7/8 1971, Seite 836.) H e f t 3 W issenschaftlicher D ie n s t Südosteuropa S e it e 2 7 tio n e n , d ie in ih re r je tz ig e n F o rm n a c h s e in e r M e i­ politischen B e w e g u n g in e tw a s v e rw a n d e lt (h a t), n u n g z u g ro ß u n d unbeweglich s in d , m u ß te , d a s ie w a s in d e r bürgerlichen politischen P ra x is a ls » K o ­ e in e Satzungsänderung erforderlich g e m a c h t h ä tte , a litio n d e r Linksparteien' b e z e ic h n e t w ird “ , (V in k o d ie n u r v o m K o n g re ß vorgenommen w e rd e n k a n n , H a fn e r, M itg lie d d e s slowenischen Exekutivrates, unterbleiben. E in e Reorganisation e rfu h r d a g e g e n a u f d e r II. BdKJ-Konferenz, „ P o litik a “ , 2 7 . 1 . 1 9 7 2 ), d ie Parteispitze. d ie P a rte i je d o c h a n b e tra c h t d e r Souveränitätsaus ­ Leitgedanke d ie s e r Reorganisation w a r, w ie w e itu n g d e r R e p u b lik e n a ls Integrationsfaktor w ir­ Veljko Vlahovic a u f d e r 2 3 . Präsidiumssitzung a m k e n m u ß , is t d ie S tä rk u n g d e r F ü h ru n g e in e c o n ­ 2 0 . D e z e m b e r e rk lä rte , d ie v o n T ito b e re its a u f d itio s in e q u a n o n . d e r 1 7 . S itz u n g (2 8 .— 3 0 . A p ril 1 9 7 1 , B rio n i) g e tro f­ A u f s e in e r 2 3 . S itz u n g s tim m te d a s P rä sid iu m d e m fe n e Feststellung, P rä sid iu m u n d Exekutivbüro b e re its a u f d e r 1 7 . S itz u n g g e m a c h te n V o rs c h la g z u , m ü ß te n z u einheitlicher A rb e it fä h ig s e in u n d „ d ie d ie Mitgliederzahl d e s Exekutivbüros v o n b is h e r 1 4 M itg lie d e r d ie s e r G re m ie n d ü rfe n n ic h t n u r a u f ih re (je z w e i V e rtre te r a u s je d e r R e p u b lik u n d je e in R e p u b lik e n s c h a u e n , s o n d e rn je d e s e in z e ln e m u ß in V e rtre te r a u s d e n A u to n o m e n P ro v in z e n ) a u f acht s e in e r T ä tig k e it d ie P ro b le m e d e s B d K in g a n z J u ­ z u v e rrin g e rn (je e in V e rtre te r a u s je d e r R e p u b lik g o s la w ie n berücksichtigen “ . u n d P ro v in z ). D ie Exekutivbüro-M itglieder s in d A u f d e r g le ic h e n S itz u n g s e i festgestellt w o rd e n , „selbständig, d e n n ih re T ä tig k e it s c h lie ß t d a s im p e ­ d ie Zusammensetzung d e s Exekutivbüros m ü s s e d e r­ ra tiv e M a n d a t“ a ls Delegierter ih re r R e p u b lik a u s . g e s ta lt s e in , d a ß e s d ie A rb e it d e s b re ite re n G re m i­ (V e ljk o V la h o v ic a u f d e r 2 3 . Präsidiumssitzung; u m s , n ä m lic h d e s Präsidiums, vorantreiben k ö n n e . „ P o litik a “ , 2 1 . 1 2 . 1 9 7 1 .) S ie m ü s se n „ fü r d ie v o n E s k ö n n e d a ru m „ k e in e K o a litio n verschiedener ih n e n d e m P rä s id iu m v o m S ta n d p u n k t d e r g e m e in ­ Plattformen s e in “ , v ie lm e h r m ü ß te n ih m L e u te a n ­ s a m e n In te re ss e n d e s B d K J vorgeschlagene P o litik g e h ö re n , „ d ie T rä g e r e in e s gemeinsamen K o n z e p te s d ie v o lle persönliche Verantwortung tra g e n “ . (V la - fü r d ie Entwicklung d e r sozialistischen S e lb stv e r­ h o v iö , e b d .) L a u t d e m v o m P rä sid iu m a u f s e in e r 2 6 . waltungsgesellschaft in g a n z Jugoslawien s in d “ . S itz u n g angenommenen B e s c h lu ß is t d a s E x e k u tiv ­ D e n n , s o re s ü m ie rte V la h o v ic , m a n m ü s se v o n d e r b ü ro a ls „kollektives G re m iu m “ tä tig u n d trä g t g e ­ T a ts a c h e a u s g e h e n , d a ß „ u n se re R e v o lu tio n z u e in e r g e n ü b e r d e m BdKJ-Präsidium d ie k o lle k tiv e V e r­ einheitlichen Gesellschaftsordnung g e fü h rt h a t u n d antwortung. Z u g le ic h is t je d e s s e in e r M itg lie d e r fü r d a ß m a n a lle s dezentralisieren k a n n a u ß e r d e r E in ­ s e in e A rb e it d e m Exekutivbüro u n d d e m P rä sid iu m h e it d e r R e v o lu tio n “ . („ B o rb a “ , 2 1 . 1 2 . 1 9 7 1 .) p e rsö n lic h verantwortlich. („ B o rb a “ , 2 5 . 1 . 1 9 7 2 .) G e ra d e w e il d e r B d K J s ic h in fo lg e d e r g e s e ll­ D e r ursprüngliche P la n , d re i M itg lie d e r d e s E x e ­ schaftlichen u n d wirtschaftlichen Entwicklungen d e r k u tiv b ü ro s m it b e s tim m te n Aufgabenbereichen z u le tz te n J a h re „allmählich v o n e in e r einheitlichen b e tra u e n (ideologisch-politische T ä tig k e it, O rg a n i-

Tabeiie 2 D ie s o z ia le S t r u k t u r d e r 1 9 6 8 — 1 9 7 0 n e u aufgenommenen M it g lie d e r

S c h ic h te n M itgliederzahl

1 9 6 8 ° /o 1 9 6 9 ° /o 1 9 7 0 ° /o

A r b e it e r 6 6 5 1 3 3 8 ,0 1 9 0 4 6 3 8 ,4 1 0 8 1 8 3 3 ,9 P r iv a t e H a n d w e r k e r 3 1 9 0 ,2 1 2 3 0 ,2 7 1 0 ,2 Individuelle landwirtschaftliche Produzenten ( B a u e r n ) 1 7 5 9 6 1 0 ,0 6 0 1 0 1 2 ,1 2 8 0 0 8 ,8 T e c h n is c h e Intelligenz 7 3 9 4 4 ,2 2 6 5 2 5 ,5 1 6 0 1 5 ,0 I n E r z ie h u n g , W issenschaft, K u lt u r , Gesundheitswesen u n d ä h n lic h e n Tätigkeiten beschäftigte Intelligenz 1 0 2 3 1 6 ,0 3 5 7 4 7 ,2 2 1 1 5 6 ,7 V erwaltungspersonal 1 0 4 6 0 6 ,0 3 1 1 0 6 ,3 1 8 5 1 5 ,8 L e it e n d e s P e r s o n a l 1 5 0 7 0 ,8 4 0 2 0 ,8 3 6 3 1 ,1 P o liz e i u n d A r m e e 6 1 7 3 3 ,5 2 6 2 9 5 ,3 1 8 3 2 5 ,8 R e n t n e r u n d I n v a lid e n 2 5 2 0 ,1 1 0 4 0 ,2 7 0 0 ,2 S t u d e n t e n 1 3 4 6 2 7 ,7 3 2 2 7 6 ,5 1 8 6 1 5 ,8 S c h ü le r 3 2 6 6 6 1 8 ,6 6 3 4 4 1 2 ,8 7 0 9 4 2 2 ,2 H a u s f r a u e n u n d S o n s tig e 1 7 8 8 1 ,0 4 4 7 0 ,9 2 3 0 0 ,7 Arbeitslose 6 9 3 2 3 ,9 1 8 6 9 3 ,8 1 1 7 9 3 ,7 I n s g e s a m t 1 7 5 2 9 3 1 0 0 4 9 5 3 7 1 0 0 3 1 8 8 5 1 0 0

( Q u e lle n : V la d im ir M ilic — D j o k o T o z i „Umwandlung u n d s o z ia le S t r u k t u r d e s B d K J “ in „Socijalizam “ , N r . 7 /8 1 9 7 1 , S e it e 8 3 8 .) Seite 28 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Heft 3 sations- und Kaderfragen, internationale Beziehun­ neuen Regel, derzufolge Präsidiumsmitglieder nicht gen des BdKJ) scheiterte, obwohl Vlahovic betont dem Exekutivbüro angehören können, ausscheiden. hatte, daß es sich „nicht um Funktionen, sondern um Die bisherigen Vertreter Kroatiens waren Dr. Vladi­ Arbeitsbereiche“ handeln würde, an den Bedenken: mir Bakaric und Mika Tripalo. Ersterer ist schwer es könnten sich daraus Machtpositionen entwickeln; erkrankt, letzterer im Zusammenhang mit der kroa­ man fühle sich an die Zeit der „ehemaligen Sekre­ tischen Nationalismus-Affäre zurückgetreten. täre“, an ihre monopolartigen Vollmachten erinnert ; Bezüglich der Einheit des BdKJ heißt es im Ak­ es seien keine „bloßen Formalien“, ob die drei mit tionsprogramm, sie müsse durch „eine ideologisch­ Sonderpositionen ausgestatteten Büromitglieder politische Bereinigung und durch den entschlossenen „Sekretäre“ genannt würden oder nicht. Allein die W iderstand gegen alle Auffassungen und Aktionen, Tatsache, daß es sich „um die Konzentration von Zu­ die die gemeinsame programmatische Orientierung ständigkeiten“ handelt, berge gewisse Gefahren in unserer revolutionären Bewegung, das W esen seiner sich, erklärte z. B. Marko Nikezic, Präsident des Ideologie und die Einheitlichkeit des politischen BdK-Serbien. („Politika“, 21. 12. 1971.) Kurses in Frage stellen“, gestärkt werden. Die sich im Rahmen der Satzungen und der allgemeinen Po­ Ähnliche Bedenken äußerten Veselin Djuranovic litik des BdKJ bewegende größere Selbständigkeit (Montenegro), Angel Cemerski (Mazedonien), Rato Dugonjic (Bosnien-Herzegowina), Vidoje Zarkovic der Republik- und Provinz-Parteiverbände impli­ ziere nicht nur „deren unmittelbare und erhöhte (Montenegro) und Latinka Perovic (Serbien). Letz­ Verantwortung für die Ausrichtung auf die soziali­ tere verwies darauf, daß es sich nicht um eine „rein stische Selbstverwaltung in der eigenen Republik organisatorische, sondern um eine eminent politische bzw. Provinz, sondern auch für die Gesamtheit, für Frage“ handele und die Bindung von Sektoren über die Zukunft und die sozialistische Entwicklung in eine längere Zeitdauer an eine bestimmte Person der jugoslawischen Gemeinschaft“. Jedem Versuch, „an gewisse Verhältnisse“ erinnere, „die wir, so „die Selbständigkeit der Kommunistenbünde in den hoffe ich, längst hinter uns haben“. („“, 21. 12. Republiken bzw. Provinzen in Abkapselung und 1971; „Nedeljne Informativne Novine“/NIN 26. 12. ideologisch-politische Desintegration des BdKJ zu 1971.) verwandeln“, müsse genau so entschlossener W ider­ stand geleistet werden wie „jeglicher Tendenz zur Das Exekutivbüro Wiederherstellung zentralistischer, undemokrati­ scher Beziehungen im BdKJ und zur Verletzung der In den folgenden W ochen einigte man sich darauf, gleichberechtigten Stellung“ der Republik- und Pro­ daß das Exekutivbüro von einem Sekretär geleitet vinz-Parteiverbände. „Dem Charakter und der Rolle wird, der im Einverständnis mit dem BdKJ-Präsi­ des BdKJ widersprechen Auffassung ..., die zu sei­ denten vom Präsidium auf ein Jahr bzw. für die Zeit ner Umwandlung in eine ,Föderation' oder zu einer zwischen zwei Konferenzen gewählt wird. („Borba“ , labilen Koalition der Republik- und Provinzorgani­ 25. 1. 1972.) sationen führen würde, ebenso aber auch Auffas­ Auf der unmittelbar im Anschluß an die II. BdKJ- sungen, die im BdKJ eine zentralistische suprarepu­ Konferenz abgehaltenen 27. Präsidiumssitzung wur­ blikanische Organisation sehen“. („Komunist“, ebd.) den in das Exekutivbüro gewählt: Krsta Avramovic (Serbien, geb. 1928, Diplom­ Die „geschwächte Klassengrundlage" volkswirt, Parteieintritt 1946) Juri Bilic (Kroatien, 1922, pol. Funktionär, Partei­ W ohl im Hinblick auf die in den letzten beiden eintritt 1941) Jahren von den inzwischen abgesetzten kroatischen (Mazedonien, 1917, Jurist, Partei­ Parteiführern erhobene Forderung, ihre Stand­ eintritt 1944) punkte als allgemeingültig anzuerkennen (vgl. „WD (Slowenien, 1925, Jurist, Parteiein­ Südosteuropa“ Nr. 1/2 1972), wird im Aktionspro­ tritt 1941) gramm ausdrücklich darauf verwiesen, daß die in Stevan Doronjski (Vojvodina, 1919, nichtabge­ einer Republik bzw. Provinz erarbeiteten BdK- schlossenes Studium der Veterinärmedizin, Partei­ Standpunkte „nicht automatisch mit der BdKJ-Po- eintritt 1939) litik identifiziert“ werden können. „Zu gemeinsamen Todo Kurtovic (Bosnien-Herzegowina, 1919, pol. Standpunkten müsse man durch gemeinsame Dis­ Funktionär, Parteieintritt 1941) kussionen, Angleichung der Auffassungen und An­ Fadil Hodza (Kosovo, 1910, Albaner, Ausbildung nahme von Beschlüssen in den Führungsorganen des als Lehrer, 1936 in Albanien Beitritt zur progressi­ BdKJ“ kommen. Mehrheitsbeschlüsse seien, dem ven Bewegung, seit 1941 KPJ-Mitglied) Prinzip des demokratischen Zentralismus entspre­ Budislav Soskic (Montenegro, 1925, Philosophie­ chend, für alle Parteiorganisationen und -foren ver­ studium, Parteieintritt 1943) bindlich. Zum Sekretär des Exekutivbüros wurde Stane Als eine der Hauptursachen der vielfältigen Ver­ Dolanc gewählt; neu im Exekutivbüro sind lediglich wirrungen innerhalb des BdKJ wird im Aktionspro­ Avramovic und Bilic. Die bisherigen Vertreter Ser­ gramm „die Schwächung seiner sozialen und Klas­ biens, Mijalko Todorovic, Präsident der Bundesver­ sengrundlage“ genannt, was „zu einer Einschrän­ sammlung, und Dr. Miroslav Pecujlic, Mitglied des kung des Einflusses der Arbeiterklasse und ihrer BdKJ-Präsidiums, mußten wegen des Prinzips der echten Interessen auf Politik und Praxis des BdKJ Trennung von Staats- und Parteiämtem bzw. der und zu Schwankungen im Kampf um die Entwick- Heft 3 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Seite 29 lung der sozialistischen Selbstverwaltung“ geführt BdKJ ist schon lange nicht mehr der Repräsentant habe. („Komunist“, ebd.) der Arbeiterklasse bzw. primär dieser Klasse... Die soziale Struktur des BdKJ wird seit Jahren in Den größten Einfluß auf ihn und damit auch auf die fast regelmäßigen Abständen immer wieder auf die Gesellschaft haben jene Kräfte, die die dominie­ Tagesordnung gesetzt. Bereits auf dem VI. Kongreß rende gesellschaftliche Macht besitzen. Das ist bei (1964) wurde festgestellt, daß die Mitgliederstruktur uns offensichtlich nicht die Arbeiterklasse, das sind nicht befriedige. Längere Zeit versuchte man das vielmehr die Mittelschichten.“ (Dr. Stipe Suvar von der Kritik einzelner Politologen und Soziologen „Elemente der ideologischen Krise“, „Socijalizam“, an dieser Situation verursachte Unbehagen mit der Nr. 10/1971, S. 1159.) These zu überspielen, die heutige Arbeiterklasse Im Aktionsprogramm wird darum die „radikale könne nicht mehr im alten, klassischen Sinne be­ Änderung der sozialen Struktur des BdKJ“ gefor­ trachtet werden; heute müsse z. B. auch die am Pro­ dert, seine „entschlossene Öffnung für die Arbeiter, duktionsprozeß beteiligte technische Intelligenz der die unmittelbaren Produzenten, die im Kampf um Arbeiterklasse zugerechnet werden, wie überhaupt die sozialistische Selbstverwaltung und die Ideologie alle Werktätigen der Arbeiterklasse angehörten. In des BdKJ vorausschreiten“. Es wird die Überzeu­ letzter Zeit stießen derartige, die wahre Situationen gung zum Ausdruck gebracht, daß „mit der Stär­ „vernebelnden“ Auffassungen auf Kritik, nicht zu­ kung des Arbeiterkems, mit der stärkeren Vertre­ letzt im Zusammenhang mit dem zunehmenden Na­ tung der unmittelbaren Produzenten im BdKJ auch tionalismus und den „sozialen Differenzierungen“. der direkte Einfluß der Interessen der Arbeiterklasse „Die auf der II. BdKJ-Konferenz ausgesprochenen auf die Standpunkte und Aktionen des BdKJ und kritischen Akzente haben manchem vielleicht nicht aller seiner Organisationen und Gremien zunehmen angenehm in den Ohren geklungen“, schreibt Ljubisa wird“. („Komunist“, 29. 1. 1972.) Ristovic in „Komunist“ (24. 2. 1972). Die Frage, ob Allerdings gibt es auch hierbei eine Reihe von die Arbeiterklasse in ihrer Avantgarde die Mehrheit Gefahrenmomenten bzw. von Widersprüchen, die z. stellt oder nicht, sei jedoch für deren Politik ent­ T. aus der Schichtung innerhalb der Arbeiterklasse scheidend. selbst herrühren, z. T. aus der Erfahrungstatsache, In der Zeit 1960—1970 hat sich der Anteil der Ar­ daß Angehörige der Arbeiterklasse ebenfalls nicht beiter im BdKJ um 16 Prozent vermindert; 1961 bis immun sind gegen die Bürokratisierung und das da­ 1970 sind 127 367 Mitglieder aus der Partei ausge­ mit verbundene Machtgefühl. schlossen worden, davon waren 50,1 Prozent Arbei­ In der slowenischen Tageszeitung „Delo“ schrieb ter. („Komunist“, 24. 2. 1972.) Im Jahre 1970 betrug Benno Zupancic, bis 1971 Generalsekretär des Sozia­ der Anteil der Arbeiter an den Ausschlüssen sogar listischen Bundes der Werktätigen Jugoslawiens und 54,6 Prozent („Socijalizam“, Nr. 7/8 1971 S. 838); derzeit Vorsitzender dieser Organisation in Lju­ unter den 1970 aus den Mitgliederlisten (wegen In­ bljana/Laibach: „Wählt man heute einen Arbeiter aktivität) Gestrichenen stellten sie mit 42,1 Prozent zum Abgeordneten (oder Funktionär), dann wird er genau so die Mehrheit wie mit 48,7 Prozent an den — ich gebe meinen Kopf dafür — bei der ersten Ge­ freiwilligen Austritten. („Socijalizam“, ebd. S. 839.) legenheit seinem Arbeitertum Valet sagen und sich Über die Ursachen dieser Entwicklung (siehe dazu in einen politischen Arbeiter verwandeln. Er wird, auch Tabelle 1, 2 und 3) ist in den letzten Jahren wie wir scherzhaft sagen, von einem inoffiziellen zu eine breite Palette von Thesen und Gegenthesen einem offiziellen Sozialisten“. (Zitiert in „Nedeljne entwickelt worden. Heute gilt die offizielle Auffas­ Informativne Novine“/NIN, 27. 2. 1972.) Auf der II. sung, daß sich die Partei von ihrer Klassenbasis we­ BdKJ-Konferenz wurde ebenfalls von Arbeiter-De­ gen der Verknöcherung bzw. Bürokratisierung ihrer legierten davor gewarnt, „aus einem guten Produ­ eigenen Reihen entfernt und damit auch das enge zenten einen unbeliebten politischen Arbeiter zu Verhältnis zu ihrer Basis und das Verständnis für machen“. („Politika“, 27. 1. 1972.) deren Interessen und Bedürfnisse verloren hat. Auf der II. BdKJ-Konferenz wurde auch die im­ Dazu ein bemerkenswertes Eingeständnis: „Der mer wieder aktuelle Frage behandelt, ob die Kom-

Tab eile 3 Freiwillige Austritte aus dem BdKJ

Jahr insgesamt Arbeiter Anteil Landwirte Anteil Sonstige Anteil in °/o in °/o in °/o

1964 2 273 1 229 54,0 338 14,8 706 31,2 1965 5 762 3 539 61,4 585 10,1 1 638 28,5 1966 7 640 4 098 56,8 863 11,2 4 961 32,0 1967 11 182 6 004 53,7 1 126 10,0 4 052 36,3 1968 13 363 6 868 51,4 1 039 7,7 5 456 40,9 1969 10 321 5 472 53,0 687 6,6 4 162 40,4

(Quelle: „Borba“, 2. 3. 1971.) Seite 30 Wissenschaftlicher Dienst Südosteuropa Heft 3 munisten sich „einmischen“ sollen oder nicht. Es ist apparats mit der Partei, die Ehrerbietung vor der ein offenes Geheimnis, daß sehr viele innerbetrieb­ Hierarchie statt vor der schöpferischen Autorität; liche und sonstige Auseinandersetzungen und Kon­ die Organisierung von Kampagnen und Hexenjag­ flikte durch die Einmischung von Parteiinstanzen den auf Einzelne oder auf Gruppen, deren M einung verschärft und zum Kleinkrieg ausgeartet sind. Nach von der der Parteispitze ab weichen; der Geist des Auffassung Titos, die von vielen geteilt wird, stellt Gehorsams und Mediokrität; die Vorherrschaft der sich diese Frage faktisch seit dem VI. Parteikongreß Gremiumsarbeit; die Verheimlichung .heikler' Fra­ (1952). Tito hat am 19. Dezember 1971 vor dem Ge­ gen vor der Öffentlichkeit usw.“ („Socijalizam“, werkschaftspräsidium erklärt, er sei „mit den da­ ebd. S. 1162/63.) maligen Beschlüssen hinsichtlich der Stellung und Suvar bezeichnet das sowjetische M odell als „.so­ Aufgaben der Partei nicht zufrieden“ gewesen. zialistischen' aufgeklärten Absolutismus“, dessen („Borba“, 20. 12. 1971.) Leitgedanke die Überzeugung sei, daß das Volk „aufgeklärt und von der aufgeklärten sozialistischen Zwei Tendenzen M inderheit Auserwählter und Aufgeklärter geführt werden muß“, (ebd.) Auf der III. ZK-Sitzung des BdKJ im M ärz 1966 Der verantwortliche Chefredakteur des ideologi­ hatte erklärt, die Kommunisten schen Parteiorgans „Socijalizam“, Dr. Najdan Pasic, stünden vor dem Dilemma: „W ofür kämpfen? Für vertritt die Auffassung, daß sich nach dem VI. Kon­ einen etatistischen Paternalismus, d. h. für eine gute greß zwei Tendenzen herausgebildet hätten. Von der Regierung, die sich human um das gute oder einen Tendenz sagt Pasic, daß sie „die die führende ,dumme' Volk kümmert, oder für eine wahrhaft so­ ideologisch-politische Rolle des BdKJ im Prozeß der zialistische Selbstverwaltung der Werktätigen, d. h. revolutionären Demokratisierung des politischen für die Herstellung solcher sozioökonomischer Be­ Systems auf der Basis der Selbstverwaltung im Na­ ziehungen, materieller Bedingungen und demokra­ men der direkten Selbstverwaltungsdemokratie völ­ tischer Formen, in denen der werktätige M ensch lig unterschätzte und negierte und, wie z. B. Djilas, sich um sich selbst kümmern muß?“ Die Frage sei die Partei in eine Art Fabian ’schen Verein, in einen vorerst nur auf dem Papier, nicht aber auch in der Debattierklub umwandeln wollte, der die Gesell­ Praxis gelöst, woraus zahlreiche Probleme entstün­ schaft mit neuen Ideen und Diskussionsthemen ver­ den, die die klare und prinzipielle Orientierung be­ sorgt, selbst aber abseits des realen politischen Le­ einträchtigen. („Borba“, 12. 3. 1966.) bens steht“. („Socijalizam“, Nr. 10/1971, S. 1140.) Die III. ZK-Sitzung war seinerzeit wegen der Aus­ Die andere Tendenz lief laut Pasic darauf hinaus, einandersetzung zwischen den Verfechtern der bei­ hinter der Fassade der Institutionen und Normen den von Kardelj zitierten Entwicklungsrichtungen der Selbstverwaltungsdemokratie die Position und unterbrochen worden; ihr erster Teil hatte vom 25. Rolle der Partei in ihrem klassischen Sinn zu be­ bis 27. Februar, der zweite vom 11. bis 13. M ärz 1966 wahren und die verschiedenen Gremien des politi­ stattgefunden. Offiziell obsiegten damals bzw. we­ schen Systems als Transmission, als Instrumente für nige M onate später, auf dem IV. Plenum mit dem die Durchführung der Parteidirektiven zu erhalten; Sturz von Aleksander Rankovic (1. Juli 1966) die denn die Bürokratie konnte die Entstaatlichung des „Progressiven“. politischen Lebens lediglich als Auswechslung der Form, nicht aber auch des Inhalts begreifen. „W o die Jahrelanges Tauziehen staatlichen Funktionen abstarben, sollte die Partei als ihr realer Träger in Erscheinung treten.“ („So­ cijalizam“, ebd., S. 1141.) Dennoch stehen heute immer noch die gleichen Probleme zur Debatte und stehen sich in der Partei Im Aktionsprogramm der II. BdKJ-Konferenz immer noch die gleichen Fronten (inzwischen aller­ wird die Einmischung der Partei bejaht, allerdings dings mit gewissen Variationen) gegenüber. Das Er­ müsse sie stets im Sinne der Weiterentwicklung und gebnis dieses jahrelangen Tauziehens ist, daß „die Förderung der Selbstverwaltung der Arbeiterklasse Krise des BdKJ wegen der Stellung, die er in der und der Stärkung ihres Einflusses auf das gesamte Gesellschaft einnimmt, auf die gesamte jugoslawi­ Geschehen erfolgen. sche Gemeinschaft übergreift“. (Nikola M incev, Prä­ Hier aber dürften auch künftig, wie schon bisher, sident der mazedonischen Republikversammlung, die Schwierigkeiten liegen: denn zu den Elementen auf der II. BdKJ-Konferenz, „Nova M akedonija“, der ideologischen Krise im BdKJ gehört „der Kon­ 27. 1. 1972.) flikt zwischen den eigenen Vorstellungen von der Im Aktionsprogramm wird dem BdKJ aufgetra­ Gesellschaftsordnung und der noch immer nicht gen, seine „eigenen Schwächen“ zu überwinden und überwundenen Anhänglichkeit an das sowjetische seine „ideologisch-politische und Aktionseinheit“ zu Sozialismusmodell“. Der W eg von der „unkriti­ stärken, um so die Voraussetzungen für die endliche schen Übernahme dieses M odells als Vorbild bis zu Verwirklichung der vom IX. Kongreß (M ärz 1969) seiner Ablehnung“ sei „noch nicht völlig zurückge­ postulierten Entwicklungsrichtung zu schaffen. Die legt“. Geblieben sei noch „eine heimliche Liebe (für nächsten zwölf M onate bis zur IV. BdKJ-Konferenz das sowjetische M odell) und ein Gefühl der Sünd­ (die III. Konferenz soll sich ausschließlich mit Ju­ haftigkeit“. gendproblemen befassen) werden zeigen, ob der Als Beweis für diese Behauptungen zählt Dr. Stipe BdKJ dazu fähig ist. Suvar auf: „... die Selbstidentifizierung des Partei­ (Quellen: Im Text angeführt.)