SEP.19

2 Tone EINSCHLAUFEN Betrifft: Unangefochten nach Hause tanzen Impressum Nº 07.19 Die Telefone bleiben stumm, die hastig durch Wipkingen ebenso souverän besteigen wie das DER MUSIKZEITUNG LOOP 22. JAHRGANG den Raum gebrüllten Regieanweisungen sind Nachtboot nach Kairo. Und in lockerer Fuss- verklungen, es ist niemand mehr da. Wilson- bekleidung tanzt man auch unangefochten P.S./LOOP Verlag Pickett-Zeit, Schichtende. Der Kugelschrei- nach Hause, getragen von den -Klängen Hohlstrasse 216, 8004 Zürich ber wird zurück in die Hemdtasche gesteckt, aus den ganz frühen Achtzigerjahren, die uns Tel. 044 240 44 25 der Rechner heruntergefahren, der Schreib- auf den folgenden Seiten begleiten. Eine mu- www.loopzeitung.ch tisch verlassen. Stummen Schrittes durchs sikalische Energiequelle, politisch ummantelt Treppenhaus, zwei Stockwerke, danach vor- und von nachwachsenden Generationen im- bei an der stillgelegten Stempeluhr und raus mer wieder befeuert. Und womöglich erneut Verlag, Layout: Thierry Frochaux in die Sommernacht. «Guido has left the aktuell, wenn Grossbritannien Ende Oktober [email protected] building.» Ein Satz, der jede Nacht kurz in den EU-Austritt umsetzen muss. Denn spä- meinem Kopf aufflackert, gefolgt von einem testens dann wird «You’re Wondering Now» Administration, Inserate: Manfred Müller Blick hoch zum Himmel. von eine neue Facette erhalten. [email protected] Um diese Uhrzeit ist der Verkehrslärm in un- Ganz zu schweigen von «Ghost Town». serer kleinen grossen Stadt bereits angenehm Noch bleiben also knapp zwei Monate bis Redaktion: Philippe Amrein (amp), gedrosselt, allerdings nicht so stark, dass man zur grossen Abrechnung respektive dem Ab- Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe sich bloss noch von atmender Stille umgeben schied von Grossbritannien, wie wir es ken- wähnen würde. Ein paar verpeilte Grölmen- nen. Der Weg zum Brexit scheint ein einziger Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden schen sind immer unterwegs, ihre unartiku- Blödmannbogen. Womöglich werden danach (ash), Thomas Bohnet (tb), Chrigel Fisch (fis), lierte Konversation hallt durch die Strassen, erneut ungeahnte kreative Kräfte freige- Marcel Gamma, Christian Gasser (cg), und seit ein paar Monaten wird man auch im- setzt, wie dies zu Zeiten der unbarmherzigen Michael Gasser (mig), Hanspeter Künzler, mer mal wieder von Verkehrslaien auf Elekt- Thatcher-Regierung der Fall war. Womöglich Tony Lauber (tl), Philipp Niederberger, rotrottinetten überholt. In der inneren Juke- muss man das Königreich aber nun auch ein- Albert Preisig (alp), Fabienne Schmuki, Miriam Suter box läuft sofort «Dead Man’s Curve», doch fach für eine Weile der eigenen Unzulänglich- die Idioten auf ihren Rollplanken scheitern keit überlassen, ein dunkles Bier irischer Pro- Titelbild: Pauline Black () bereits an der nächsten Biegung und krachen venienz bestellen und damit auf David Storey hin, ein iPhone-Screen zersplittert. «Blöd- anstossen. Er hat die Schachbrett-Schlips- Druck: Tagblatt Print, St. Gallen mannbogen», murmle ich vor mich hin, wäh- Sonnenbrille-Grafik des 2-Tone-Labels ge- rend ich auf Gummisohlen meiner Wege gehe. prägt. Und er kennt alle Geheimnisse. Das nächste LOOP erscheint am 27.9.2019 Der Schuh bleibt halt ein unschlagbar gutes Vehikel. Damit lässt sich der Nachtbus nach Guido Jabsco

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Hohlstrasse 216, 8004 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] SAY IT LOUD! the Nazis»: «Da wurde mir klar, dass dies meine Generation definierte – in Opposition zu Diskriminie- rungen aller Art.» DER TRAUM VON 1976

Für RAR waren zahlreiche Bands und Musiker wie As- wad, Au Pairs, Delta 5, Mi- sty in Roots, , The Fall oder Buzzcocks aktiv. Sie sorgten mit ihren Gigs für diese verbindenden und identitätsstiftenden Momente. Mit Protesten, Aktionen und Demonstra- tionen in Zusammenarbeit mit lokalen Communitys, der ANL und anderen Or- ganisationen stoppte RAR aber auch den Vormarsch der National Front und de- ren Übergriffen. Damit war ein Ziel er- reicht, und mit Beginn der Achtzigerjahre ebbte die anti-national-front-demo in london (1977) Bewegung trotz der neuen syd shelton syd konservativen Regierung unter Margaret Thatcher de. Segs Jennings, Bassist bei den Ruts, sagte dazu: «Viele ab. Bei den Aktivistinnen Von 1976 bis 1982 setzte Rock Against meinten, man solle Politik und Musik nicht mischen. Doch und Aktivisten zeigten sich Clapton hat genau dies getan. Er hat den Fehdehandschuh aber auch Ermüdungser- Racism in Grossbritannien Zeichen hingeschmissen.» scheinungen. «RAR wurde Als Reaktion darauf fand im Herbst 1976 im Londoner immer mehr zu einer Art gegen rassistische Übergriffe und die East End das erste Konzert unter dem Label «Rock Against alternativem Musiklabel. Racism» mit Carol Grimes und Matumbi statt, welches die So viel Organisation woll- National Front. Und beeinflusste auch Blaupause für alle kommenden RAR-Events lieferte: Stets ten wir nie», sagt einer. traten weisse und schwarze Bands gemeinsam auf. Die Be- Für RAR-Mitbegründer die 2-Tone-Bewegung. wegung nahm rasch Fahrt auf, verband sich auch mit der Red Saunders war mit der aufkommenden Punk-Szene, und in allen grösseren und Ankunft von 2 Tone, «der Die Compilation «The 2 Tone Story» widmete das Label kleineren Städten Grossbritanniens gründeten sich lokale Job erledigt»: «Beim Fare- Blair Peach. Der 33-jährige Lehrer hatte am 23. April 1979 RAR-Gruppen – zeitweise waren es über 200. well Carneval (am 4. Juli an einer Demonstration in Southall teilgenommen, die ein Als Höhepunkt, der ein weit sichtbares öffentliches Zei- 1981 in Leeds mit Misty Treffen der rechtsextremen National Front (NF) verhin- chen setzte, gilt der «Carnival Against Racism» am 30. Ap- Aswad, Au Pairs und The dern wollte. Die Polizei setzte ein Grossaufgebot ein, wobei ril 1978 in London, an dem gegen 100 000 Teilnehmende Specials) blickte ich in die ein Teil der Beamten mit Knüppeln gegen Demonstrierende begleitet von Wagen mit Bands und Sound Systems vom Menge und dachte ‹Das vorging. So auch gegen Blair Peach, der am darauffolgen- Trafalgar Square zum Victoria Park in Hackney marschier- ist es. Davon hatten wir den Tag seinen Kopfverletzungen erlag. ten, wo Steel Pulse, X-Ray-Spex, , Tom Robin- 1976 geträumt.› Was dann Es war einer der traurigen Höhepunkte einer Auseinander- son und andere spielten. 2 Tone, ihre Musik, ihr Spi- setzung mit der NF und rassistischen Übergriffen, die sich rit und mit ab Mitte der Siebzigerjahre verstärkt gegen britische Bürge- «GLAD TO BE GAY» seinem Einsatz für Nelson rinnen und Bürger mit einer anderen Hautfarbe richteten. Mandela bewirkten – es Als Gegenbewegung entstand aus den Reihen der Socialist Für viele war dieser Tag ein einschneidendes Erlebnis. Die übertrumpfte den ganzen Worker Party einerseits die Anti-Nazi League (ANL), die Regisseurin Gurinder Chadha («Bend It Like Beckham», verdammten Teil von uns.» sich den Rechten zum Teil auch handgreiflich entgegenstell- «Blinded by the Light») schlich sich trotz elterlichen Ver- te. Andererseits bildete sich die Bewegung Rock Against bots an den Carnival und sagte später dem «Guardian»: Philipp Anz Racism (RAR), die vor allem auf das Mobilisierungsmittel «Victoria Park war ein unglaublich emotionaler Moment, Musik setzte. denn zum ersten Mal spürte ich, dass ich von Menschen Bücher zum Thema: umgeben war, die auf meiner Seite waren. Das war das ers- David Renton: «Never Again – ERIC CLAPTON ALS PROVOKATEUR te Mal, dass ich dachte, dass sich in Grossbritannien etwas Rock Against Racism and the Anti- für immer geändert hat.» Nazi League 1976-1982» (Rout- Auslöser für die Entstehung von RAR war ein Konzert von Die Teilnehmerin Hilary Cross erinnert sich: «Tom Robin- ledge, 2019) Eric Clapton im August 1976, an dem dieser auf der Bühne son war grossartig. Die ganze Menge – egal ob , Daniel Rachel: «Walls Come Tum- warnte, das Land werde «überfüllt» und man solle für den Punks, Teds, Kleinkinder, gay oder nicht – sang mit ihm bling Down: The Music and Politics Anti-Immigrationskurs des Konservativen Enoch Powell ‹Glad to be Gay›. Das war absolut bewegend.» of Rock Against Racism, 2 Tone and stimmen, damit England nicht zur «black colony» wer- stand die ganze Zeit hinter einem Banner «Gays Against » (Picador, 2016) SZENE

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September 2019 // Look Now! Bea Cuttat und ihr Filmverleih / Filmstill: Buffalo ’66(1998) DIE WELT, WIE SIE IST Zu runden Geburtstagen treten sie jeweils zum Comeback an, doch erst jetzt sind The Specials zurück. Und wie! Und warum?

Brüssel, Ende März 2019, es ist offizieller Brexit-Tag. Etwa 2000 Fans warten auf The Specials – Normalos, Rastas, 2-Tone-Fans mit Porkpie-Hütchen, Hipster sowie einstige und junge Punks. Das Konzert ist längst ausverkauft wie fast alle weiteren, auch wenn eine extrem dröge Marke- ting-Idee die Tour begründet: der 40. Band-Geburtstag. Die Gigs waren voll, bevor das Album «Encore» heraus- kam, mit den ersten neuen Songs mit Sänger Terry Hall seit 1981. Es ist inzwischen ihr erstes Nummer-1-Album in Grossbritannien überhaupt. Vor einem Wald von «Demo- Schildern» mit Aufschriften wie «Television will not be re- volutionized» steigt die Band mit «Man at C&A» in ein Konzert ein, das, getragen von ihrem neu erwachten Ehr- geiz, zum herausragenden Auftritt ausarten wird. «I’m the man in grey, I’m just the man at C&A, and I don’t have a say in the war games that they play», singt Hall, und selbst die Teenie-Punks neben mir sind ausser sich. Fernab von Spotify-Algorithmen hat sich da etwas zusam- mengebraut. Obwohl es schien, als fühlten sich die Musi- ker seit ihrer Reunion 2009 in den Nostalgiezirkeln daheim wie die UK Subs oder The Undertones auch. Andersherum: Eine Gruppe von 50plus-Freelancern aus ärmlichen Ver- hältnissen hat keine berufliche Alternative und verdient ihr Geld in grösstmöglicher Würde. GRAS FÜR MICK JONES

Die Band als alternativloser Beruf, wie die Band schon 1977 alternativlos war. In Terry Halls Worten: «Es war trostlos. Fünf von uns hatten schon Kinder, wir sassen ar- beitslos herum. Die Band war die Alternative dazu, gar kein Leben zu haben.» Er ergänzt: «Aber ein Licht leuchtete auf, als die Sex Pistols und The Clash in auftraten.» Eine Gruppe weisser und schwarzer Arbeiterkids gründet mit dem Pfarrerssohn Jerry Dammers die siebenköpfigen The Specials. Statt herumzusitzen, erfinden sie Ska-Punk, inspirieren eine ganze Reihe weiterer Bands, und gemäss YouTube-Kommentaren veränderten sie das Leben unzäh- liger Menschen. the specials «Wir wollten die Sexyness von und Ska mit der Energie des Punk verbinden», sagt Bassist . Die Zeit war reif. Punk war vorbei, alles stöberte in den «So wurde das Specials-Konzept geboren», sagt Dammers. Sechzigern oder in neuer Technologie nach Inspiration, «Es war klar, dass ein - und Skin-Revival kommt, und während junge Songwriter wie Elvis Costello und Ian Dury ich suchte einen Weg, der die Jungen nicht in die National relevante Pop-Songs schrieben, die Terry Hall gefielen, Front führt. Ich dachte idealistisch, dass wir zu diesen Leu- während andere Ska, Reggae und Curtis Mayfield hörten. ten durchdringen müssen. Wir begannen dann, Ska statt Nach Bass- und Keyboard-Lektionen bei den befreundeten Reggae zu spielen.» Gleichzeitig kleidete sich die Band neu The Selecter und einem losen Kontakt zu The Clash erhiel- ein, mischte die Mode der britischen weissen Mods der ten The Specials rasch ihre Chance: «Suicide waren eigent- Sechzigerjahre mit dem Look der jamaikanischen Rude lich Support von The Clash, aber sie konnten die ersten Boys zum Look mit Porkpie-Hütchen, engen dunklen An- Termine nicht machen, also sprangen wir ein», so Panter zügen und weissen Socken in polierten Schuhen. Ein neuer, zur BBC. «Dann fing Neville (Staple) an, Mick Jones Gras weiss-schwarzer, speziell britischer Jugend-Style für anti- zu liefern, und wir durften bleiben.» rassistische Outsider. Mit dieser Tour seien sie in jeder Hinsicht zur Band ge- worden. Sie begriffen, dass sie als eine der ganz wenigen DAS KONZEPT FUNKTIONIERT SOFORT gemischtrassigen Bands ein Musik-, ein Identitäts- und ein Nazi-Problem hatten. Denn die rechte «National Front» Das Musikkonzept lautet: Kombiniere einen alten Ska- rekrutierte Arbeiterkinder – Hooligans, Mods und Skins Tanzsong mit aktuellem Text. «Gangsters» verknüpft «Al –, um mit Schlägereien politische Schlagzeilen zu machen. Capone» von Prince Buster mit Kritik an der Oberschicht: bitte umblättern lynval golding, terry hall und horace panter (v.l.)

Band vor begeisterten (weissen) Teenies. So spielen sie 1980 DIE WELT, WIE SIE IST auch am Montreux Jazz Festival ein ausverkauftes Kon- zert. Niemand merkte damals, dass der schwarze Gitarrist «They use the law to commit crime, and I dread, dread Lynval Golding mit lädierten Rippen auftrat, weil ihn in to think what the future will bring, when we’re living in London Rassisten verprügelt hatten. Im Set sind Songs, gangster time.» Das Specials-Konzept funktioniert sofort, welche die Band kurz danach aufnehmen wird. Es sollte die Debütsingle «Gangsters» beschert ihnen im Juni 1979 das letzte Album mit Terry Hall für 39 Jahre werden, und den ersten Top-10-Hit. Bei «Top of the Pops» stellt man sie das Ende deutete sich bereits an. als «Gute-Laune-Musik» vor. Sie seien völlig überarbeitet gewesen, so Dammers zu Dieser Auftritt «änderte alles», so Hall später, und er meint «Mojo». Und Bassist Horace Panter ergänzt, «nach der es nicht nur positiv. Im Sommer 1979 nehmen sie das De- US-Tour erhob Kokain sein hässliches Haupt», was andere bütalbum auf, produziert von Elvis Costello. Dieser hatte bestreiten. Hinzu kam, was Costello die «aussergewöhnli- gerade sein drittes, gefeiertes Album in Folge veröffentlicht che Chemie» der Band nennt. Die politischen Ideale, Klei- und würde nach diesem Job sein eigenes von Ska und Soul dungswünsche und das Geld kollidieren. Dammers habe beeinflusstes New-Retro-Album («Get Happy!!») machen. auf schöne Hotels und Limousinen verzichten wollen und Costello schreibt in seinen Memoiren: «Mein Job war es, Hall kritisiert: «Wir können nicht über Arbeitslosigkeit sin- die Band aufzunehmen, bevor ein erfahrenerer Produzent gen und teure Fertiggerichte kaufen.» erklärt sie in die Finger bekam und komplett vermasselte, indem «Mojo»: «Dammers kam aus einem privilegierten Umfeld, er perfektionierte, wo keine Perfektionierung nötig war.» aber wir nicht. Wenn du eine Limousine kriegst, wer will Costello mischt die Gitarre nach vorne, lässt die Drums mit Equipment in den Bandbus steigen? Ich bin von der knallen, und fertig sind 15 Ska-Punk-Klassiker. Der damals Strasse – lass mich ein bisschen leben!» Dammers sagt, das 45-jährige Ska-Mitbegründer Rico Rodriguez an der Po- sei nicht wahr. saune liefert Offbeat-Credibility. Keyboarder-Texter Jerry Auch musikalisch driftet man auseinander. Dammers will Dammers gelingt es, so Costello, «zu sagen, was gesagt Easy Listening und Drum-Computer, andere mehr Clash- werden musste». «Gangsters» oder «Blank Expression» Reggae, einer liefert einen «Erotic Song». Und die meisten («The streets are dark, and there’s no one about, I keep wollen eigene Songs einbringen. In all dem Chaos gerät das wondering – where did you get that blank expression on sowieso schwierige zweite Album «» zum your face?») begründen eine tanzbare Gegenkultur, und Meisterwerk, das Paranoia und Frust mit Jazz Exotica, die folgende 2-Tone-Tour mit Madness und The Selecter Northern Soul und Ska-Punk vertont. «Wir sahen uns nie befördert die Band in den globalen Pop-Olymp: sechs Wo- als Ska-Band», sagte Hall später. «Wir saugten alles auf. chen USA, zurück nach Europa und linksumkehrt zum TV- Die Basis ist der Rhythmus und die Musik, mit der wir auf- Debüt bei «Saturday Night Live». wuchsen.» KEIN LUXUS, KEINE LIMOUSINEN ABSCHIED AUS DER SPITZENPOSITION

Die Musiker, immer unterwegs und immer trinkfest (ausser Müde und verkracht ging es erneut auf eine Tournee, die Rico, der die Bibel und Weed bevorzugte), erinnern sich überdies von Gewalt und exzessivem Stage-Diving gestört heute an wenig. Aufnahmen zeigen eine energiegeladene wurde. Selbst Hall, der üblicherweise Schläger mit Worten Sammlung von Ska-Klassikern mit ein Comeback, zudem 1996 mit Coversongs und Drumcom- putern, 1998 mit Ska-Punk. Best-of-, Remastered- und Tribute-Platten mit venezola- nischen und japanischen Epigonen hielten den Namen le- bendig, und immer wieder öffentliches Lob. Rick Rubin vergleicht sie mit Gogol Bordello, Lily Allen und covern 2007/2008 Songs und singen live mit ihnen, was ein paar Millionen Streams einbringt. Genau dann kündigt Hall die Reunion an und ist der Kar- riere-Katalysator. «Ich wurde immer wieder kontaktiert, wollte aber anderes machen.» Das ändert sich 2004, als Hall nach einem Selbstmordversuch als manisch depressiv diagnostiziert wird und von Gin zu Medikamenten wech- selt. «Ich entschied in der Therapie, die Specials zusam- menzurufen. Dieses Gefühl der Verbundenheit und Dazu- gehörigkeit ist für mich fantastisch.» Ökonomische Motivatoren gibt es wohl auch. Halls letzter kommerzieller Erfolg liegt Jahre zurück, und der grösste Teil der Einnahmen an den Specials-Songs geht an Dam- mers als Komponist und Texter. MIT GUTEN IDEEN – ABER OHNE VERTRAG

Seit 2009 absolvierten die Specials jährlich plus/minus 20 Gigs in Grossbritannien sowie ein Dutzend in den USA, in Europa oder Japan plus ein paar Festivals. Zu Beginn im 2-Tone-Look, später lockerer gekleidet, aber immer die alten Songs, 24 in 60 Minuten gepackt. Was alle beglück- te. «Während der Show sandte mir eine junge Lady einen Kuss», so Panter in einem Tourblog-Eintrag von 2010, der auch die Haltung beschreibt: «Roddy vergass sein Solo bei ‹Up to You› in Spanien und in Turin. Das Alter. Ich habe bei ‹Blank Expression› einen dummen Fehler gemacht. Immer- hin fiel Lynval nicht mehr aufs Maul.» Ein Teilzeit-Arbeitspensum war also garantiert, doch spran- ausgrenzte, wurde wegen physischer Gewalt (er hantier- gen Toaster Neville Staple und Gitarrist te etwas gar offensiv mit dem Mikrofonständer) gebüsst. wieder ab, weil sie laut Hall lieber in lokalen Pubs spielen. «Wir überlegen, ob wir weiter touren sollen», sagte er nach 2015, nach ersten Demo-Aufnahmen, starb Drummer John dem Prozess. «Wir mögen keine Gewalt. Wir bieten Musik Bradbury an Herzstillstand. Seither bilden Hall, Golding als Alternative zum Kampf.» und Panter mit festen Begleitern die Specials. Dammers hat 1981 entsteht noch die Single «Ghost Town». Es ist auf immer noch keine Schneidezähne und tut unklares. BBC bis heute ihr meistgespielter Song und zählt laut Fach- Alles lief gesittet, bis ihnen eine extrem dröge Marketing­ presse zum britischen Kanon: «Why must the youth fight idee einfiel: der 40. Geburtstag. Aber, so Hall, «der Ge- against themselves? Government leaving the youth on the burtstag mit demselben Material fühlte sich nicht richtig shelf.» an. Wir nahmen Demos auf – ohne Plattenvertrag, aber Mir dieser Nummer 1 ist Schluss. Einige machen unter mit guten Ideen.» Panter: «Wir begannen mit Fremdkom- dem Namen The Special AKA weiter, Dammers wendet positionen, da wir ja sowieso eine Coverband sind.» Für sich dem Avantgardejazz von zu, Rodriguez kehrte das Album «Encore» wählten sie dann solche sorgfältig heim nach Jamaika. Einer geht als Hausmann nach Seattle, und eng dem Specials-Konzept verpflichtet aus: das fun- einer wird Lehrer mit Pensionskasse. Terry Hall, der bis da- ky «Black Skin Blue Eyed Boys» der gemischtrassigen hin nur gerade «Man at C&A» und die Single-B-Seite «Fri- Sixties-Popstars The Equals (bei denen Eddie Grant mit- day Night, Saturday Morning» geschrieben hat, gelingt als spielte) oder den Ska-Klassiker «Blam Blam Fever» der Einzigem eine Karriere (, Colourfield und Valentines. solo). Für die frisch und aktuell klingenden Arrangements, beein- Was blieb? Rund 35 Songs, davon die Hälfte Covers und flusst von Reggae, Pop, Curtis Mayfield und Tom Waits, «Adaptionen» mit neuem Text. Viele sind von Prince Bus- zeichnet einer mitverantwortlich, der seit 2008 Dammers ter, einer von Dylan, es findet sich Sixties-R&B und ein ersetzt: der Däne Nikolaj Torp Larsen. Er ist Co-Produzent Pophit von 1949. und hat in der Vergangenheit bereits mit Amy Winehouse, Was bleibt? Hunderte von Ska-Punk-Soul-Funk-Bands mit Adele, Jason Mraz und Willie Nelson gearbeitet. Specials-Wurzeln, von Fishbone bis zu . In den Texten verarbeiten sie, was sie durchmachen, oder wie es Hall in einem Interview ausdrückt: «Die Probleme DEPRESSION, AMY WINEHOUSE, REUNION – Armut, Rassismus, die Rolle der Arbeit – sind ungelöst. Wir sind in äusserst turbulenten Zeiten, und die Leute sind Folgt man dem Narrativ der heutigen Specials, dann refor- ziemlich desillusioniert. Tja, die Welt ist, wie sie ist, also…» miert sich die Band erst 2009 zu einer Tour mit der extrem Hall komplettiert den Satz auf der Bühne, singend: «Do drögen Marketingidee «30-Jahre-Jubiläum». Mit dabei your worst, I’ll do my best, here I am, at breaking point.» waren sechs Originalmitglieder, nicht aber Hauptkompo- Normalos, Rastas, 2-Tone-Fans, Hipster und einstige und nist Jerry Dammers. Lynval Golding erzählt: «Die Leute junge Punks tanzen in Brüssel gegen die Welt, wie sie ist. hatten seit Jahren auf uns gewartet und kamen mit ihren Kinden.» Marcel Gamma Vollständigkeitshalber muss man sagen: Es gab schon zu- vor Wiedervereinigungen als «The Specials». Golding und «Encore» ist im Frühjahr bei Universal Music erschienen. andere Mitglieder versuchten 1993 mit einer hübschen The Specials live: 6. November, X-Tra, Zürich «SO FÜHLE ICH MICH WOHL» eine Identität kreiert, wie pauline black und arthur hendrickson Vierzig Jahre nach dem Start des wir uns kleideten und auf- traten. Auch, dass Frauen 2-Tone-Labels und der gleichnamigen eine wichtige Rolle einneh- men konnten und nicht nur Bewegung ist Pauline Black wieder Background-Sängerinnen oder sexy Staffage waren. mit ihrer Band The Selecter unterwegs. Musikerinnen wie The Slits oder Poly Styrene hatten da Für sie hat die Botschaft von damals einen grossen Einfluss auf nichts von ihrer Bedeutung verloren. mich. Damals änderten Sie auch Ihren Pauline Black wurde 1953 geboren. Ihre Teenage-Mutter Nachnamen zu Black. Wie kam es hatte englisch-jüdische Wurzeln, der Vater stammte aus dazu? Nigeria. Pauline wurde noch als Baby zur Adoption frei- Zu dieser Zeit wurde gegeben und wuchs in Romford bei einer weissen Familie «black» immer noch als auf. Erst später machte sie sich auf die Suche nach ihren rassistisches Schimpfwort leiblichen Eltern, wovon unter anderem ihre Autobiogra- benutzt. Ich wollte dem phie «Black By Design» erzählt. 1979 gehörte sie in Co- etwas entgegensetzen und ventry zu den Gründungsmitgliedern von The Selecter und auch auf meine Herkunft den prägenden Figuren des 2-Tone-Labels. Später war sie hinweisen. «Black» ist TV-Moderatorin und Schauspielerin in Filmen und auf der etwas, für das ich stehe. Bühne. Neben Sänger Arthur «Gaps» Hendrickson ist sie 2 Tone ist ein Label, das das einzige Ur-Mitglied, das noch mit The Selecter unter- Schwarze und Weisse zu- wegs ist. sammenbringen wollte. In Ihrer Autobiographie schreiben Sie über das erste Mal, als Sie ein Ska-Stück Innerhalb eines Jahres passierte für hörten: 1968 an Ihrer Schule in Romford, als -Girls zu «Long Shot» von The Selecter sehr viel. Das müssen The Pioneers tanzten. aufregende Tage gewesen sein. Das war so. Romford liegt im Nordosten Londons, und Das war definitiv so, ver- viele Leute arbeiteten in der Automobilindustrie in Dagen- mutlich mit dem Höhe- ham oder den Docks von East London. Es war sehr Wor- punkt im April 1980, als king Class, und so kam diese Kultur an unsere Schule. Die wir in den USA tourten. Platte konnte ich mir damals aber nicht leisten, ich war An der Ost- und Westküs- gerade 15. te war es grossartig. Im Mittleren Westen und im Während Ihrer Ausbildung in Coventry starteten Sie Ihre musikalische Lauf- Süden wussten sie hinge- bahn aber zuerst als Folk-Sängerin. gen nicht, wie sie mit ei- Ich war keine Folk-Sängerin, ich spielte alleine mit der Gi- ner 2-Tone-Band umgehen tarre Songs von Joan Armatrading, eigene Stücke, auch sollten, die sechs Schwarze Dylan und Joni Mitchell. Für mich waren diese nicht Teil und einen Weissen als Mit- des Rock-Mainstreams der frühen Siebziger und hatten glieder hatte. Das war ja auch eine politische Note. Und der einzige Ort, wo man erst 12 Jahre nach der Bür- damals mit so etwas auftreten konnte, waren Folk-Clubs. gerrechtsbewegung... Uns Dann kam Punk, und ich fühlte mich als Punk. schlug dort von Weissen wie Schwarzen Misstrauen 1979 stiessen Sie als Sängerin zu einer neuen Band: The Selecter. Deren Stück entgegen. Aber die Musik «The Selecter» war zusammen mit «Gangsters» von The Specials als Split- hat sie dann immer für uns Single die erste Veröffentlichung auf dem Label 2 Tone. gewonnen. «The Selecter» war ein Instrumentalstück, das Gitarrist Neol Davis bereits zwei Jahre zuvor geschrieben hatte – 2 Tone stand für diesen antirassis- aber bis anhin hatte es niemanden interessiert. Es brauchte tischen Anspruch mit gemischten seine Zeit, bis die Leute merkten, dass man Ska und Reg- Bands. Ist dieser Anspruch heute gae auch mit anderen Genres wie Punk oder Soul mischen noch wichtig? konnte. Nun war die Zeit reif, also formierte sich die Band, Das stimmt so nicht ganz. und wir hatten bald mit «On My Radio» unseren ersten Die Bands waren nicht Hit. Da lagen nur sechs Monate dazwischen. derart gemischt. The Bo- dysnatchers hatten nur Im Oktober 1979 begann eine 2-Tone-Tour mit 40 Daten in Grossbritannien, auf eine schwarze Frau dabei, der The Selecter zusammen mit den Specials und Madness auftraten. Erinnern die Specials hatten zwei Sie sich an ein spezielles Konzert? schwarze Mitglieder, Mad- Ich glaube es war in Plymouth, an meinem Geburtstag, ness und dem 23. Oktober. Alle kamen auf die Bühne und sangen waren Weisse. Natürlich «Happy Birthday». «On My Radio» war auf dem Weg in verband uns eine antiras- die Top Ten, und ich fühlte mich, als sei ich auf der besten sistische Haltung, aber The Tour aller Zeiten. Auch sonst hatte sich etwas verändert: Selecter verkörperten diese Wir waren eine mehrheitlich schwarze Band und hatten vielleicht stärker als etwa «SO FÜHLE ICH MICH WOHL» Madness, auch den Antise- Ideen aufzugreifen. Und diese Ideen waren nie weg und xismus. Und das ist heute können heute noch wirken. 1991 hatte ich gerade in Lon- noch genauso wichtig. Wir don auf der Bühne Billie Holiday gespielt und sang «Strange haben nun vier Schwarze Fruit» an einer Benefizveranstaltung. Dort traf ich Chrissie und vier Weisse in der Band ­ Hynde, und sie erzählte mir, dass in den USA Ska gerade so, denke ich, sollte es sein. ein Comeback feierte mit Bands wie The Mighty Mighty So fühle ich mich wohl. Bosstones, was neu für mich war. Wie es der Zufall woll- Denn die Probleme, die te, rief mich eine Woche später das Management von Bad 1979 da waren, tauchen Manners an und fragte, ob ich mit ihnen auf eine US-Tour überall in Europa wieder gehen und dort alte Selecter-Songs singen wollte. Das kam auf, die extreme Rechte ist gut an, und so kam es dann zu einer Neuformation von The wieder auf dem Vormarsch. Selecter, bei der auch Neol Davies wieder mit dabei war. 1979 war die rechtsextreme Natio- Heute gehört Davies nicht mehr zur Band. Haben Sie noch Kontakt? nal Front in Grossbritannien stark, Nein. Aber nicht, weil wir keinen Kontakt mit ihm möch- Margaret Thatcher wurde Premier- ten. Er will keinen Kontakt mehr mit uns. ministerin. Was können wir von 1979 lernen? Dafür haben Sie auf der aktuellen Tour als Gast mit dabei, die Wir können lernen, dass einst bei The Bodysnatchers und Special AKA sang. Mit ihr sind Sie seit den Musik ein grossartiger Ka- 2-Tone-Anfängen immer in Verbindung geblieben? talysator sein kann, um Ich kenne Rhoda nun genau seit vierzig Jahren, wir sind die Leute zu mobilisieren, stets in Kontakt geblieben und haben immer wieder zu- speziell junge Leute. Junge sammengearbeitet. Ich weiss noch, wie Neol Davies, Jerry Musiker und Musikerin- Dammers und ich den ersten Gig der Bodysnatchers be- nen, egal in welchem Gen- suchten und sofort überzeugt waren: «Die müssen ein Plat- re, sollten diese Entwick- te für 2 Tone aufnehmen!» Rhoda ist eine tolle DJ-Frau, lungen, speziell mit den sie sorgt für die musikalische Begleitung bei unseren Kon- rechtsextremen und po- zerten und kommt auch für einige Stücke auf die Bühne. pulistischen Bewegungen, Natürlich singt sie auch «Let’s Do Rock Steady». thematisieren, genauso wie wir es damals taten. Gross- Sie waren erfolgreich als Schauspielerin, haben ein Buch geschrieben, hatten britannien ist im Moment andere musikalische Projekte. Trotzdem sind Sie immer wieder zu The Selecter ein totales Chaos. Ich will und zu Ska zurückgekehrt. Ist diese Band ein Ankerpunkt in Ihrem Leben? Teil von Europa bleiben Ich bin immer wieder zurückgekehrt, weil mein Job noch und kann mit der Brexit- nicht beendet ist. Hier bin ich, in meinem Alter, und wir Idee nichts anfangen, spe- sprechen immer noch über Rassismus, Sexismus und Frau- ziell, wenn sie durch die enrechte auf einem globalen Level. Wir haben ein interna- Angst vor Migration befeu- tionales Publikum – sei es in Neuseeland, den USA oder in ert wird. Ich will mich in Europa –, das immer noch offen für unsere Botschaft ist. Europa frei bewegen kön- Und so lange diese Botschaft wichtig bleibt, ist unser Job nen. Das macht das Leben nicht fertig und treten wir weiter auf. In jedem Land, in einer Musikerin wirklich dem wir «» spielen, wissen alle sofort, glücklich (lacht). Als wir in worum es geht. Wer jetzt auf die Welt schaut und nicht den Neunzigern plötzlich «Too Much Pressure» verspürt... Wir spielen gerne diese in Ländern touren konn- alten Songs, aber wir sind keine Jukebox-Band, wir haben ten, die vorher verschlos- immer auch neue Stücke geschrieben. sen oder schwer zugänglich waren, war das ein grossar- Sie haben Musikerinnen angesprochen, die ein Vorbild für Sie waren. Sind Sie tiges Erlebnis! Ich wünsche heute selber eine Art «role model»? mir für die jungen Leute, Es passiert ständig an Gigs, dass Leute in ihren Vierzi- dass sie ohne Probleme gern oder noch jünger kommen und mir sagen, dass ich überall hin auf der Welt aufgezeigt hätte, dass es eine Alternative gäbe. Sie dürfen können. nicht vergessen, dass es gerade für Frauen auch heute noch schwierig sein kann, sich an einer Person zu orientieren, die Sie sprechen die Neunziger an. The nicht dem Klischee entspricht, die anders aussieht oder sich Selecter hatten sich 1982 aufgelöst, unkonventionell gibt. Jede und jeder, der mir sagt, ich hätte Sie arbeiteten im Fernsehen und als sie oder ihn beeinflusst, zeigt mir gerade dieses Unkonven- Schauspielerin. Wie kam es 1991 zur tionelle. Und das freut mich sehr! Wiedervereinigung? In den frühen Achtzigern Wenn Sie auf der Bühne stehen, tragen Sie immer einen Hut. Sie müssen eine war 2 Tone als musikali- grosse Hutsammlung besitzen? sche Bewegung abgeebbt, Gross? (lacht) Ich habe eine gigantische Hutkollektion... die Charts-Erfolge blieben Man könnte sie fast mit der Schuhsammlung von Imelda aus. Ich sah es mehr auch Marcos vergleichen. als antirassistische und antisexistische Bewegung, Interview Philipp Anz und da brauchen die Leute manchmal Zeit, um diese The Selecter live: 28.9., Dynamo, Zürich; 29.9. Les Docks, Lausanne WAHN UND SINN uns ebenso gut gefiel. Obwohl wir uns tagelang ins Studio – eine unwiderstehliche «Wir kamen, wir sahen, wir gingen.» einschlossen und besoffen in der ehrliche Absicht, einen Kombination, die einiges Namen zu finden. Tatsächlich hiessen wir eine Weile lang mit den Punks von damals Mit diesen Worten unterschrieben Wasp Factory, nach einem Buchtitel, doch dann bekamen gemeinsam hatte, jedoch wir plötzlich einen Brief von einer Band, die behauptete, frei war von Zynismus Madness 1986 ihren Abschiedsbrief an schon vorher so geheissen zu haben. Da gaben wirs auf…» oder Bitterkeit. Madness wussten zwar auch von der die Presse. Zwei Jahre probte die Band DAS SPRACHROHR JUNGER STADTBEWOHNER grassierenden Arbeitslosig- keit rundum, und als Bür- ihre Rückkehr – vorerst erfolglos. Nach einem zweijährigen Vorgeplänkel mit lüpfigen Stax- ger des heruntergekomme- und Motown-Sounds und einer langen Reihe von Mitstrei- nen Stadtviertels Camden Eine Zeitreise. tern, die eher benachbarte Freunde als eigentliche Musi- Town waren sie mit den kanten waren, hatte sich im Juli 1979 um den Kern von Problemen einer verar- Selten ist in England das Ableben einer blossen Popkapel- Mike Barson (Piano), Lee Thompson (Fleischwolf-Sax) menden Grossstadt durch- le so inbrünstig betrauert worden wie jenes von Madness. und (Gitarre) die prätentionslose Good- aus vertraut. (Eine Weile Ähnlich wie im Fall der kürzlich verstorbenen Smiths war time-Band Madness formiert. Die wiederum prallte eines lang schien gar, die Band es vom Ausland her wohl nicht so leicht verständlich, wie Zufallstages auf Jerry Dammers, Kopf der ähnlich anfän- würde von einem solchen ein paar gänzlich unglamouröse Boys-von-Nebenan, deren gerischen Fun-Combo The Specials. Man entdeckte eine Problem erdrückt werden: Musik zwar witzig, doch keineswegs spektakulär oder gar gemeinsame Vorliebe für die Synkopen des Ska, jener alle- Den ausdrücklich farb- revolutionär war, sich eines solchen Aufhebens verdiens- mal Tanzekstase provozierenden Mischform von Rhythm verbindenden Intentionen tig gemacht haben konnten. Denn wie zu früheren Zeiten & Blues, Jazz und Rock’n’Roll, welcher später Blue Beat, der 2-Tone-Gruppen zum The Kinks oder eben The Smiths galten Madness nicht ein- dann Reggae entwuchs. Ebenso entdeckte man die geteilte Trotz hatte sie plötzlich ein fach als gesegnete Ohrwurm-Komponisten, sondern wur- Abneigung gegen die Vertechnologisierung und Kompli- Gefolge von rassistischen den geradezu als Personifizierung einer Lebenseinstellung zierung der modernen Unterhaltungsmusik und gegen den , die scheinbar betrachtet. Untergang des punkigen Jeder-soll-mitmachen-können- bloss zu ihren Gigs kamen, Die Dame am Empfangstisch vor dem Madness-Studio Geistes. um Radau zu machen; in der archetypischen Arteiterviertelstrasse Caledonian Er folgte das kometenhafte Aufleuchten der 2-Tone- mit dem Erfolg von Rock Road (nebenan ein Gebrauchtmöbelladen, weiter unten Bewegung: Eine brillante, simple und billige Image-Idee Against Racism kehrte ein Coiffeur mit Rabatt für Pensionäre) zeigt sich verblüfft: (Schwarzweisskleider im zeitlos unmodischen Stil der wieder Frieden ein). Doch Interview? Die Boys seien doch soeben alle heimgegangen! frühen Ska-Interpreten), dazu musikalische Energie zum reagierten sie darauf nicht Etwas später hängt immerhin der Manager an der Strippe: Verschleudern und vor allem ein derber Sinn für Humor mit Zorn und Parolen, son- Tja, da habe die Plattenfirma wohl das falsche Datum wei- tergegeben. Ich solle doch aber mal die Strasse runtergehen madness und in einer engen Nebengasse an einer Tür klingeln. In der Tat tut sich nach Ausführung dieser Anweisung eine Tür auf, und ich stehe in einer von verhängten Fenstern umrahmten Rauchwolke, in deren hinteren Winkeln die Bar zu erkennen ist (dazu muss gewusst werden, dass briti- sche Pubs um diese nachmittägliche Zeit nur illegalerweise offen sind). Wo denn hier die Madness-Typen seien, will ich von der Bardame wissen. «Hier sind sie doch alle mad!», entgegnet diese. Auf auf den ersten Blick in die pralle Run- de möchte man da eigentlich nicht widersprechen. TAGELANG BESOFFEN EINGESCHLOSSEN

Tatsächlich finden sich aber unter den himmelwärts ge- stemmten Biergläsern zwei bekannte Gesichter: Die Her- ren Smythe (Carl, ehedem Chas Smash, heute nach irischer Sitte auch Cathal genannt) und hängen an den Pfer- dewetten referierenden Lippen von Brendan, Carls Onkel. Bier folgt auf Bier, Witz auf Witz – und dann beginnen Carl und Onkel Brendan im Dachboden ihrer Köpfe nach Hym- nen aus dem heimatlichen Irland zu graben. «Erfinde doch einfach ein paar Zitate», meint Cathal noch, bevor er seine Stimme mit viel Sentiment belädt und auf dem Buckel eines Volksliedes gen Eire davonziehen lässt. «Das wäre verlogen, wenn ich da mittun würde», erklärt Suggs auf dem Weg hinaus, «diese Lieder bedeuten Carl und Brendan etwas, sie sind damit aufgewachsen.» «Okay», brummt er mit einer Stimme, die im Tonfall der singenden Version erstaunlich ähnlich ist, «ich weiss schon, was die erste Frage sein wird: Warum sind Madness wieder zusammen? Antwort: Weil wir uns nie wirklich aufgelöst haben. Die vier, die wir jetzt The Madness heissen – Chris, Carl, Lee und ich – hatten immer vor, zusammen irgend- wann weiterzumachen. Eigentlich wollten wir dies unter einem anderen Namen tun, fanden dann aber keinen, der suggs sem ganzen Musikbusiness. Du merkst plötzlich, dass es der Plattenfirma scheiss­ egal ist, ob du ehrlich und integer hinter deiner Musik stehst. So fällt es dir immer schwerer, spontan unter- haltsam zu sein, einfach weiterzutanzen.» Madness versuchten sich eine Weile in totaler Un- abhängigkeit: Ihr Zarjazz- Label veröffentlichte die erste Solo-Single von Fear- gal Sharkey sowie auch die scheinbar letzte Mad- ness-LP «Mad Not Mad». Suggs: «Der Versuch starb einen schrecklichen, schau- erlichen Tod. Nachdem wir Feargal nicht beim Label halten konnten, weil ihm Virgin einen finanziell besseren Vertrag offerie- ren konnte, verkaufte sich jede neue Zarjazz-Single schlechter als die voran- gegangene. Bis wir zum Punkt gelangten, an dem wir mehr Geld verdienten, wenn wir keine Platten ver- öffentlichten. Es fehlte uns wohl schlicht an Zeit und Energie, um aus dem Label einen Erfolg zu machen.» Dann war es September 1986. «Wir hatten keine dern mit einer beschwingenden, freudvollen Mixtur von fach ins Studio, furzten da nach Lust und Laune herum, persönlichen Probleme. madness Galgenhumor und einer Passion für die wichtigen Unwich- ohne uns um irgendwelche Beschränkungen zu kümmern. Nur hatte jeder seine Vor- tigkeiten des Alltags – die Konversationen im Corner-Pub Es ist ja auch unser Studio, die Zeit darin kostete uns nicht stellungen, wie jedes Detail beispielsweise. Nicht nur, dass die Band noch zu den Glanz- viel. Auch arbeiteten wir diesmal ohne Produzenten.» unserer Musik klingen soll- zeiten ihres Ruhmes hier wohnte und die Pubs frequentier- Schon die erste Madness-Single, ihr Tribut an Prince Bus- te. So entstanden endlose, te, sondern auch, dass sie ihre Promo-Videos mit einem ter («The Prince»), knackte die Top 20. Ihr Debütalbum frustrierende Diskussionen minimalen Aufwand an Kosmetik, aber einer Vielfalt von «One Step Beyond» flitzte Ende 1979 in die Hitparade über nichts. Indem wir uns «simplen», amüsanten (Slapstick-)Ideen hier drehte, wurde und blieb 64 Wochen da. Die Hitserie brach auch nicht ab, von sechs auf vier Mitglie- ihr hoch angerechnet. Madness wurden zum Sprachrohr als die Songs mit immer mehr Molltönen und herbstlichen der reduzierten, kürzten für junge britische Stadtbewohner – genauer: Arbeiter- Stimmungsbildern daherkamen, als der Rhythmus vom wir die Schwätzereien um viertelbewohner –, die den tristen Zeiten zum Trotz ihren zackigen Ska Richtung subtilem Reggae und/oder Rock einen Drittel.» Humor, ihre Lebensfreude und vor allem ihre Herzlichkeit abwanderte. Von einer rüden Tanzband wurden Madness Herausgekommen ist ein dem Nachbarn gegenüber zu bewahren vermochten. zu Machern von ausserordentlich schönen musikalischen den Ohren dieses Schrei- Momentaufnahmen. bers ausserordentlich sym- VON ZACKIG BIS SUBLIM «Ich glaube, die Texte begannen sich schon beim zweiten pathisches Album. Album zu verändern», analysiert Suggs. «Wir waren da- Es ist nicht leicht zu erklären, wie und warum die mals überzeugt, ein durch und durch positives Album ge- Hanspeter Künzler Madness’schen Lieder so scharfe Schnappschüsse des Le- macht zu haben. Als wir dann sechs Monate später wieder bensklimas in gewissen Teilen Londons sein können («mei- hinhörten, mussten wir uns sagen: Fuck me! Die Texte sind Dieser Artikel erschien Ende Sep- ne» Umgebung Kilburn ist Camden Town ganz ähnlich), ja völlig introvertiert. Als ich diese neue LP, «The Mad- tember 1988 in der Zürcher Ju- wie und warum wir selbst ihre ausgelassenen Momente ness», nach einer Weile wieder hörte, war ich schockiert, gendzeitung «21i». Im Jahr darauf gleichzeitig als so angenehm melancholisch empfinden so introvertiert und persönlich erschien sie mir. Nun schrei- waren The Madness bereits wieder können. Und es ist auch nicht leicht zu erklären, warum der ben wir halt mehr aus uns heraus.» Geschichte, doch seit den frühen Namenswechsel von Madness zu The Madness ein guter Neunzigerjahren ist die Kernforma- Scherz ist. Suggs: «Wir wollten immer schon The Irgendet- SCHEITERN IN DER UNABHÄNGIGKEIT tion erneut ohne «The» als Mad- was heissen. The. Das klingt gut, verdinglicht die Sache ir- ness unterwegs. gendwie. THE Madness, das kannst du fast schon greifen. Ein Bild fällt mir ein: Einer, der mit 20 immer der erste auf Da stehen nicht mehr die einzelnen Mitglieder im Mittel- dem Tanzboden war, ist 26 geworden; er tanzt noch immer punkt, sondern ES, THE Madness. Auch ist The Madness gern, doch sitzt er jetzt am Rande, schaut zu, fühlt nicht als Band ein bisschen anders, aber doch nicht total anders mehr das Reissen, zur neusten Musik die richtigen Schritte als Madness.» Wie anders? «Nach dem Split wars aufre- zu finden. Dem stimmt Suggs zu: «Das Unglückliche im gend, mit Sessionmusikern zu arbeiten, denn wir mussten Leben ist, dass du mit dem Älterwerden unweigerlich deine ja irgendwie unsere Rhythmussektion ersetzen. So holten ursprüngliche Naivität verlierst. Du hast nicht den Enthu- wir Musiker hinzu, von denen wir glaubten, sie lägen auf siasmus fürs Tanzen verloren, doch ist dir das Tanzen jetzt unserer Wellenlänge und könnten Ideen beisteuern. Zum nicht mehr eine Selbstverständlichkeit, über die du nicht ersten Mal auch gingen wir nicht mit fertig arrangierten nachdenkst. Das ging uns als Musiker so: Die Veröffentli- und eingeübten Songs ins Studio, sondern wir gingen ein- chung einer Platte ist mit so viel Scheisse verbunden in die- LIVE 19 Uhr/CHF19 30.– 17/10 Uhr/CHF20 38.– 04/10 Uhr/CHF19 35.– 02/10 NOISE/ROCK HIPHOP/RAP BALKAN/PUNK/FOLKLORE/DUB/SKA PRINZ PI PI PRINZ KOLEKTIV DUBIOZA DAUGHTERS

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NEUGASSE 57 / 63, 8005 ZÜRICH K ) GAR NICHT SO DUMM ner jungen Frau, die in der sie wenig politisch ist. Das ist halt massentauglich, leider Die Musik von Taylor Swift ist immens Öffentlichkeit steht, alles immer noch. widerfährt: Sie macht eh F: Ich meine damit auch nicht, dass sie sich unbedingt po- erfolgreich – und sie polarisiert. alles falsch, ihr Ruhm ist litisch äussern muss, bloss weil sie berühmt ist. Aber ich nicht gerechtfertigt, weil finde, wenn man so viele Menschen erreicht (sie hat 20 Ist das Prädikat «seicht» angebracht? sie zu wenig intellektuell ist Millionen Follower mehr auf Twitter als Trump!), dann und zu wenig politisch so- hat man so unglaublich viel Macht... Oder verfolgt die Sängerin einfach wieso. Dabei spricht ihr Er- M: Keine Ahnung, ich denke amigs, dass ich Leute verste- folg ja eine andere Sprache. hen kann, die jetzt einfach biz Popmusik hören wollen, die einen cleveren Plan? F: Hm, da kann ich dir nur nicht megaviel transportiert, sondern bei der es halt ein- teilweise beipflichten. Ich fach um Heartbreak geht. Weil der Amazonas brennt und Miriam: Zuerst mal ganz mit dem neuen Album an- finde, «bloss» weil jemand Trump ist immer noch da und wir gehen eh alle vor die allgemein: Wie findest du zufangen. Gefällt es dir? viel Erfolg hat, bedeutet Hunde. Weischwieniemein? Taylor Swifts Musik? M: Ich finde, es ist erwach- das nicht automatisch, F: Ich weisswiedmeinsch, aber das ist eine Art Rückzug. Fabienne: Ich muss wohl sener als ihre bisherigen dass sie alles richtig macht. Hilft denn Flucht in Leere und Inhaltslosigkeit? Oder hat vorwegschicken: Es ist Alben. Was mich aber im- Inhalte sind für mich schon das nicht viel eher zum Resultat, dass wir uns der Verant- ja schon Wahnsinn, dass mer biz stört: Dass es bei enorm wichtig, und bei ih- wortung entziehen? jemand so unglaublich ihr halt seeehr oft um die- ren Inhalten fällt mir halt M: Sicherlich auch. Aber ich kann den Impuls verstehen. berühmt ist, und ich es ses Boy-meets-Girl-Ding schon schnell das Prädikat F: Ich meine, hey, sie ist 29! Da muss sie auch noch nicht bis anhin geschafft habe, geht. Andererseits berührt «seicht» ein. allen die Welt erklären, da bin ich mit dir einig. durch die Welt zu gehen, sie damit sicher viele, und M: Ich habe mich über die ohne jemals bewusst einen es ist wohl mit ein Grund LGBTQ-Sache mit einem ### Swift-Song gehört zu ha- dafür, dass sie solchen Er- Freund unterhalten, der ben. Und jetzt, da ich mir folg hat: Dass sie derart selber queer ist. Er fand, M: Übrigens, zum Thema Einfluss: Letztes Jahr kam eine Taylors Musik zu Gemüte schonungslos den eigenen dass man ihr das schon Studie raus, die zeigte, dass Influencerinnen, die sich poli- geführt habe, muss ich sa- Herzschmerz verarbeitet in vorwerfen kann, aber dass tisch äussern, erheblich weniger Reichweite haben als sol- gen: Ich finds fürchterlich. ihrer Musik. für ihn unterm Strich jede che, die dem «klassischen» Frauenbild entsprechen. Schön, Wie gehts dir denn damit? F: Okay, aber ehrlich ge- Art von Repräsentation blond, weiss, total unpolitisch. M: Oh je, gleich so? Ich sagt: Welche Künstler*in unfassbar wichtig ist. Und F: Was, echt? muss sagen, es ist nicht verarbeitet nicht ihre ei- da gebe ich ihm Recht. M: Ja. meine Musik, aber fürch- genen Schicksale in der Taylor Swift hat einen F: In so eine Welt leben wir. terlich finde ich sie nicht. Kunst? Wahnsinnseinfluss, gerade M: Ich kann mir auch vorstellen, dass man vorsichtiger ist, Und ich gestehe: Es ist so- auf junge Menschen. Sie je mehr Menschen einem folgen. Und das Label hat dazu ja gar biz mein guilty pleasu- ### verpackts halt in Zucker- sicher auch noch was zu sagen. re, Taylor Swift zu hören. pop aus Plastik, aber viel- F: Ja, das stimmt natürlich. Aber in einer Zeit, da Greta Es gibt ein paar Songs, die M: Hast du das Drama leicht ist das gar nicht so Thunberg auf einem Segelboot sitzt und ihr alte Männer ich sehr eingängig finde. um «You Need To Calm dumm. in Kommentarspalten wünschen, sie möge doch ertrinken, Zuckerpop halt. Down» mitgekriegt? hat der grösste Popstar nicht mehr zu sagen als das? Da F: Vielleicht kenne ich ein- F: Wegen den Rechten? ### wünsch ich mir schon mehr von einer erwachsenen Frau. fach die entsprechenden M: Ja, genau. Und dass man M: Moment! Taylor Swift kritisiert das in ihrem Song «The Songs (noch) nicht. Sind ihr vorwarf, die LGBTQ- M: Zum Thema seicht: Ich Man». Das finde ich cool. die auf dem neuen Album Thematik einfach als Trend habe mir im Vorfeld unse- F: Find ich gut, und ich finde auch: Mehr Mut zu solchen «Lover»? auszunutzen. res Talks überlegt, dass sie Statements, liebe Taylor! M: Nein, aber zum Beispiel F: Was hältst du davon? wohl deshalb genau so er- auf «1989». Das hab ich M: Ich glaube, Taylor steht folgreich ist, weil sie seich- Miriam Suter und Fabienne Schmuki mir sogar auf Vinyl ge- exemplarisch dafür, was ei- te Musik macht und weil Taylor Swift: «Lover» (Universal) kauft, echt wahr. Ich finde, «Blank Space» und «Shake it Off» sind einfach keine schlechten Songs. F: Find ich gut! Ist bis jetzt ja noch nicht so häufig vor- gekommen, dass wir hier nicht einer Meinung wa- ren. Da hör ich sofort rein. Vielleicht wars ein Fehler,

taylor swift DIE NEUEN PLATTEN Sound Surprisen Natürlich ergibt es Sinn, «Clandestino» heute, 21 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, prominent wieder auf- zulegen, ist doch der thematische rote Faden von Manu Chaos Solodebüt so dringlich und aktuell wie nie zuvor: Migration, Entwurzelung, das Leben als «klandestiner» Sans-Papiers, Elend, Einsamkeit, Entfremdung. Als Manu Chao, der Franzose mit spanischen und kuba- Peppermoon P.P. Arnold Charli XCX nischen Wurzeln, in Rio de Janeiro an «Clandestino» ar- Les chansons de la The New Adventures Charli beitete, hatte er unruhige Jahre hinter sich: Die Explosion theière bleue Vol 1 of… (Atlantic/Warner) seiner grandiosen Band La Mano Negra 1994 hatte ihn in (iMusician) (Ear Music) ein schwarzes Loch katapultiert, und er bekämpfte seine Als Charli XCX zum ers- Depression mit Reisen durch Lateinamerika, wo er sich Schon seltsam, wenn man P.P. Arnold, die 1967 mit ten Mal aufgetaucht ist, nicht nur in zahlreichen sozialen Projekten engagierte, son- in Südkorea, Taiwan und «The First Cut Is the Dee- da musste man sich schon dern überall auch Musik machte. «Clandestino» war als Japan weitaus bekannter pest» in der britischen fragen, ob das ernst ge- Abschied gedacht – es sollte sein letztes Album sein – und ist als in der französischen Musikszene debütierte, meint sein kann – oder wurde zu einem Neubeginn. In Frankreich schlug es sofort Heimat. Der Pariser Band überrascht mit einem neu- ob ihre Tracks doch nur ein; der Rest der Welt zog zögerlich nach. In der Schweiz Peppermoon geht das so. en Soloalbum. Allerdings eine Parodie auf die 90er- knackte «Clandestino» die Hitparade im April 1999, hielt Songwriter Pierre Faa und ist es nicht ihr erstes seit Plastikpopmusik Marke sich 115 Wochen und verkaufte sich über 100 000-mal. Im Sängerin Iris Koshlev kön- 50 Jahren, wie von manchen Aquas «Barbie Girl» war. Sommer 1999 war das Album allgegenwärtig, in besetz- nen sich selber nicht er- Medien verzapft wird: Seit Mittlerweile weiss man: ten Häusern ebenso wie in schicken Bars, in jedem Club, klären, wie das vor über «Five in the Afternoon», Das Spiel, das die 27-Jäh- an jedem Strand, auf allen Radiowellen. Spätestens im Juli 13 Jahren kam, ohne es der Kollaboration mit Dr. rige und ihre Produzen- 2001, nach seinem Auftritt beim von Polizeigewalt über- zu forcieren. Auf Umwe- Robert (ex-Blow Monkeys), tenfreunde des Labels PC schatteten Anti-G8-Treffen in Genua, wurde er zur Ikone gen wurde Fernost auf die sind gerade deren 15 vergan- Music veranstalteten, ist der Globalisierungsgegner, obschon er genau das nie sein Franzosen aufmerksam, gen. Dennoch ist «New Ad- kein Witz. Und so sind die wollte: Er sah sich immer nur als Musiker. weshalb es dann auch nicht ventures of… P.P. Arnold» vermeintlichen Pop-Hacker In den 16 locker und verspielt ineinanderfliessenden Lie- wundert, dass auf dem neu- (produziert von Paul Weller längst im kommerziell er- dern von «Clandestino» kam so viel zusammen, was den en Album die koreanische und Ocean-Colour-Scene- folgreichen Pop angekom- damaligen Zeitgeist zutiefst berührte. Manu Chaos musi- Songwriterin Sina bei zwei Gitarrist ) men – mit hemmungslosen kalische Weltenbummelei, die ihn, mit Zwischenlandun- Songs für die Musik sorgt. eine erfrischende, vielseitige Hits wie «I Love It» von gen in Jamaika und Nordafrika, längs und quer durch La- «Les chansons de la theière Songkollektion. Was alles Icona Pop oder der Nos­ teinamerika führte, sein Sprachgemisch aus Französisch, bleue» (Die Chansons vom zusammenhält, ist Arnolds talgienummer «1999». Na- Spanisch, Englisch und Brasilianisch, sein beiläufig-selbst- blauen Teetopf) ist ein hüb- erstaunlich agile, prägnante türlich darf auch weiterhin verständliches politisches Bewusstsein, aber auch sein Hu- sches Wiedersehen mit den Stimme. Mit der barock ge- gefragt werden, ob die Ex- mor, seine Leidenschaft für Fussball und seine romantische zarten French-Pop-Songs stalteten Soul-Popnummer trem-Popsongs von Charli Melancholie weckten und stillten eine diffuse Sehnsucht des Duos. Stücke, die in «The Magic Hour» gelingt XCX, die sie auf dem Al- nach einer anderen, womöglich besseren Welt. den Sixties wurzeln, Fran- Steve Cradock ein High- bum «Charli» versammelt, Im Gegensatz zu den ekstatischen Werken von Mano Negra çoise Hardy oder Marie light. Andere Songs, beson- mit ihrer Grellheit nicht ist «Clandestino» ein geradezu leises Folkalbum, das ohne Laforet am geistigen Ohr ders Arnolds Remake ihrer einfach blosse Oberfläche den Ballast von Roots und Ethno auskommt. Nie gibt Manu vorbeiziehen lassen, aber 68er-Single «Though It sind. Und selbst wenn man Chao der Versuchung nach, sich in exotische Entrücktheit auch britischen Indie-Pop Hurts Me Badly», verströ- das mit Ja beantworten oder gar Authentizität zurückzuziehen – die Einspreng- atmen. men ein ähnliches orchest- kann, ist dann aber auch sel aus Fussballkommentaren, Reden des Subcomandante Vom luftigen «Beau temps rales Soul-Pop-Feeling und leicht erkennbar, warum Marcos und Filmszenen verknüpften «Clandestino» dezi- sur Paris aujourd’hui» über erinnern an klassische Ba- diese Songs so süchtig ma- diert mit der urbanen Gegenwart und machten daraus einen das folkige «J’aurai bien charach/David-Titel. Zwei chen können. Neben allem alle Grenzen überwindenden musikalischen Migranten. aimé l’aimer» hin zum kur- Balladen steuert Paul Weller Spass gibts da nämlich Der Nachfolger «Próxima Estación: Esperanza» erschien zen «Valse Moreau», der bei, «Shoot the Dove» heisst auch Zweifel und Abstürze 2000 und enttäuschte, da «die kleine Schwester von ‹Clan- eine Verneigung vor der die bessere davon. Auch und Einsamkeit, beispiels- destino›» (O-Ton Chao) zu sehr wie eine Wiederholung Schauspielerin Jeanne Mo- stark ist das Cover von weise in den Vorabsingles klang. Seither unterläuft Manu Chao sämtliche Regeln der reau ist, reicht das Spek- Mike Nesmiths «Different «Blame It on Your Love» Musikindustrie, und seit «La Radiolina» (2007), erneut als trum. «Moment donné» Drum». Arnolds Interpreta- und «Gone» (mit Christine sein letztes Album angekündigt, ist er nur noch live unter- ist eine originelle Vocal- tion des Dylan-Textes «The and The Queens). Und dass wegs und stellt regelmässig gratis neue Songs online. Produktion, bei der nur Last Thoughts on Woody Charli XCX auch ein Herz Finanziell dürfte Manu Chao dank «Clandestino» ausge- Stimmen eingesetzt werden Guthrie» gerät zum pul- für harsche Noises hat, sorgt haben, und bestimmt schürt der Rerelease neues Inte- – wie bei älteren Arbeiten sierenden Jazz-Funk-Jam. beweist sie im schwindli- resse an diesem Klassiker. Die Haltung ist schliesslich nicht von Camille etwa. P.P. beendet das Album mit gen «Shake It» oder dem weniger aktuell und die Musik nicht minder unwidersteh- Wenn Sie diesen Spätsom- ihrem persönlichsten Song: abschliessenden «2099». lich als vor zwanzig Jahren. Überflüssig sind allenfalls die mer ein French-Pop-Album «I’ll Always Remember You Jedenfalls: Ein gewichtiges drei aus Marketinggründen angepappten unveröffentlich- kaufen, dann empfehle ich (Debbie’s Song)», einem Stück Mainstreampop ist ten Songs, deretwegen das Album nun «Clandestino/Bloo- das hier. Tribut an ihre verstorbene das. dy Border» (Because Music/Irascible) heisst. Tochter. tb. bs. Christian Gasser tl. DIE NEUEN PLATTEN

Sleater-Kinney Bon Iver Marika Christina Die Höchste The Center Won’t i,i Hackman LaRocca Eisenbahn Hold (Jagjaguwar/Irascible) Any Human Friend These Are My Ich glaub dir alles (Caroline/Universal) (Sub Pop/Irascible) Whiskey Dreams (Tapete Records/Irascible) Justin Vernon war der (Christina Larocca) Die Indie-Polizei ist alar- Mann mit der Holzgitarre, Auf ihrem dritten Album Die Berliner Band mit dem miert. Denn Sleater-Kinney der als Bon Iver alleine in nimmt Marika Hack- Ich liebe starke Frauen- seltsamen Namen hat sich klingen auf ihrem neun- einer Waldhütte sein Leid man kein Blatt mehr vor stimmen. Dass Christina nach ihrem hübschen Al- ten Album nicht wie eine klagte. Das war vor zwölf den Mund. Während sie LaRocca eine besitzt, be- bum «Wer bringt mich jetzt Rockband im trauten Zu- Jahren so, als er sein Debüt zu Beginn ihrer Karriere weist sie auf «These Are zu den anderen» drei Jah- sammenspiel. Der Verdacht «For Emma, Forever Ago» noch zum elegischen und My Whiskey Dreams» re Zeit gelassen. Mit dem richtet sich gegen Annie veröffentlichte. Seither hat – oberflächlich betrachtet eindrücklich. Die aus New dritten langen Werk zeigen Clark alias St. Vincent. Sie er den Wald längst verlas- – harmlosen Nu Folk ten- York City stammende, jetzt die beiden Songwriter Mo- hat die Musikerinnen des sen, arbeitete mit Kanye dierte, zeigt sich die Britin in L.A. lebende Sängerin ritz Krämer und Francesco Trios dazu angestiftet, un- West zusammen, wurde mit jeder Veröffentlichung hält nicht viel von Grenzen Wilking, dass sie mit zu den abhängig voneinander an erst bombastisch, dann bissiger und freimütiger. zwischen musikalischen besten Autoren der aktuel- Ideen zu arbeiten. Dann hat zahlenmystisch auf seinem Die Lyrics ihres neuen Genres. Sie vertraut darauf, len deutschsprachigen Pop- sie im Studio die Drähte ge- letzten Album «33, a Mil- Longplayers seien «quite dass ihre starke, vom Soul szene gehören. Produzent zogen, und nun klingen die lion». Auf «i,i» hört man sexual and blunt», aber infizierte Stimme Pop und Moses Schneider, der unter Gitarren von «Can I Go diese Störgeräusche nun keineswegs verletzend, liess Rock ebenso meistert wie anderem für die Intellektu- On» nach St. Vincents coo- wieder und die bekann- Hackman verlauten. Was Americana oder Reggae. ellen Tocotronic, die Rock- lem Kunst-Pop statt nach te Fistelstimme natürlich sich unter anderem darin Das breit gefächerte Reper- Berserker Beatsteaks, aber Riot Girls. Zur Entlastung auch. Man hört aber auch, äussert, dass die elf Songs toire soll die 34-Jährige und auch die Biedermeier-Pop- sei vorgebracht, dass Car- gleich zu Beginn, James von Geschlechtskrankhei- ihre vielen Einflüsse reprä- per Annenmaykantereit ge- rie Brownstein und Corin Blake, der hier mitgeschrie- ten, Selbstbefriedigung oder sentieren. Um sie optimal arbeitet hat, hat die Songs Tucker ihre Produzentin ben hat, und hört auch ei- Untreue handeln. Nicht zu inszenieren, wurden vier der Höchsten Eisenbahn mit Vorsatz bestimmt ha- niges, das frustriert, weil zuletzt erweist sich «Any Gastproduzenten engagiert geschliffen und ein wenig ben; wohl im Gegensatz zu es Justin Vernon weniger Human Friend» auch als – darunter Grammy-Ge- nach vorne gebracht. Janet Weiss, die nach den um den Song als vielmehr Trennungsgeschichte, als winner Andros Rodriguez «Louise» mit seinem Cure- Aufnahmen vom Drumho- um das ganze Album geht. Testament von Hackmans (Pharrell, Florence + the esken Gitarrenpop ist eben- cker floh. Doch der Coup Und doch kehrt man dann vierjähriger Beziehung mit Machine) und Alex Arias so ein kleiner Hit wie es ist gelungen. Das Titelstück immer wieder zurück in Amber Bain alias The Japa- (Cher, Santana). «These vor drei Jahren «Lisbeth» rüttelt im Industrial-Kleid, diesen Gegenwarts-Gospel, nese House (diese wiederum Are My Whiskey Dreams» war. «Überall» mit sei- «Hurry On Home» und der sich nach und nach präsentierte ihre Sicht der beginnt mit der aktuellen nen flächigen 80s-Synthies «Reach Out» sind gleich- zusammensetzt. Es ist eine Dinge auf ihrem im März Single «A Man Like You», könnte glatt im Soundtrack zeitig Singalongs und Tanz- Musik, die selbstverges- erschienenen Debüt «Good einem Lovesong im Wes- zur Kult-Serie «Stranger boden-Feger, «The Future sen wirken kann. Eine, die At Falling»). Hackman tern-Kleid. Bestens kom- Things» landen, und «Job» Is Here» mit Peter-Hook- in Stücken wie «Naeem» lässt sägendes Gitarren- men die Nuancen ihres Ge- ist ein flottes Stück Piano- Bass und Na-Na-Na-Part dann eben auch bewegend spiel über von Synthesizern sangs in der Ballade «Hard Pop. Andere Lieder atmen wiegelt das Publikum zum ausfällt. Ist das noch Kunst gewobene Klangteppiche to Trust in Love» zur Gel- einen Hauch Neue Deut- Mitsingen auf, und zum oder schon esoterischer tänzeln und gewährt dazu tung. «Smoke Marijuana» sche Welle, ohne ganz retro Abschluss gibts mit «Bro- Kitsch? Nun, man pendelt nonstop Einblicke in ihre erinnert daran, dass Kiffen zu klingen. Die Texte sind ken» eine unfassbare Balla- zwischen diesen Polen, Gefühlswelt. «The silence in Kalifornien legal ist. Das wie gewohnt vieldeutig, de am Piano. «The Center weiss aber auch: Bei Justin speaks of pain», singt sie Titelstück startet leise und nicht immer konkret, gerne Won’t Hold» ist ein Album Vernons Abkapselungsver- im schleppenden «Wander- steigert sich zu kraftvollen überraschend. Mal denken für die Dauerrotation. Die suchen, weiter weg in die lust», während sie im me- Instrumental- und Gesangs- wir an Kaffeehaus-Chan- Polizei kann sich zurückzie- eigene Welt, lohnt sich das lancholischen Pop-Rocker passagen. LaRocca schil- son, mal kommt der zwei- hen, ein Tadel aber ist an- Hinhören schon. «Hand Solo» zu verstehen dert die Zerstörung einer stimmige Gesang der beiden gebracht: Seiner zahlenden gibt, dass ihr das Alleinsein Beziehung durch den Alko- Autoren besonders flott Kundschaft einen Down- bs. schwerfalle, sie diesen Zu- hol. Sie schliesst mit einem daher. Gelegentlich erinnert load-Code zur LP zu unter- stand aber auch liebe. Das Rocksong: «Breathe» un- das an Simon & Garfunkel, schlagen, das ist schäbig. alles mündet in ein Werk, terstreicht, warum wir der aber auch an Crosby, Stills, das nicht nur erfrischend in einer italienischen Fami- Nash & Young. «Ich glaub ash. und clever ist, sondern auch lie aufgewachsenen Sänge- dir alles» ist das bislang zu fesseln versteht. rin Gehör schenken sollten. beste Album des Quartetts.

mig. tl. tb. SZENE

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Florist The Bird and Kerri Powers Sacred Paws Eilen Jewell Emily Alone The Bee Starseeds Run Around the Sun Gypsy (Double Double Whammy) Interpreting the (Continental Record (Rock Action) (Signature Sounds) Masters, Volume 2: Services) Eigentlich sind Florist Tribute To Van Halen Der Sommer mag bald ein Auf ihrem letzten Album, eine Band. Doch für ein- (No Expectations) Als Teenager spielte Ker- Ende finden, diese Platte «Down Hearted Blues» mal leiht sich die Sängerin ri Powers in den Coffee des Duos Sacred Paws mit (2017), widmete sich Eilen und Songwriterin Emily Kennengelernt haben sich Shops von New England. Heimbasis Glasgow wird Jewell den Werken alter Sprague den Bandnamen Greg Kurstin und Inara Dann heiratete sie und wid- weiterleben. Denn Rachel Bluesheroen wie Willie Di- für ein Soloalbum. «Emi- George, die Tochter des mete sich Mann und Kind. Aggs und Eilidh Rodgers xon. Mit «Gypsy» kehrt ly Alone» trägt den Kern verstorbenen Little-Feat- Später, nach der Scheidung, glänzen auf ihrem zwei- die Singer/Songwriterin des Alleinseins bereits im Masterminds Lowell Geor- entdeckte sie ihre Leiden- ten Album mit Songs, die aus Boise, Idaho, nach Titel – und man hört dann ge, bei den Aufnahmen zu schaft für die Musik neu. trotz ihrer Kürze einiges an vier Jahren nun wieder keinen sonnengegerbten ihrer ersten Soloplatte. Ein Sie begann wieder Songs zu Spektakel bieten. Da gibts zum eigenen Liedschaf- Folk aus Kalifornien, wo gemeinsames Interesse für schreiben. «Starseeds», ihr gleich zu Beginn lärmend fen zurück. «Crawl», der die New Yorkerin heute Jazzstandards, Elektropop erstes Album seit 2001, ent- verzerrte Gitarren, man Opener, beweist, dass die lebt. Sondern sehr intime und Tropicalismo führte hält acht Eigenkompositio- hört sommerliche Bläser- 40-Jährige weiterhin viel und karg instrumentierte 2004 zur Gründung von nen und zwei Covers – eine figuren und bei aller cha- Affinität für Americana be- Songs, die einen durch eine The Bird and The Bee, die bewegende Version von otischen Ausgelassenheit sitzt: Das Stück wirkt wie lange nicht mehr gehörte sich bis heute durch elegan- Steve Winwoods «Can’t immer auch eine Sehnsucht eine folkifizierte Hommage Unmittelbarkeit treffen. So te und eigenwillige Popeska- Find My Way Home» und nach besseren Zeiten, die an das Schaffen von Cree- ist «Emily Alone» locker paden hervortun. Mit ihrem «Polly» von Gene Clark. durch die Stimme von Ra- dence Clearwater Revival eines der schönsten des an neusten Streich knüpfen die «Peeping Tom» handelt chel Aggs weht. Mit dieser und wartet mit swampi- schönen Songwriterinnen- beiden US-Amerikaner an von Lady Godiva, die zum Musik lässt es sich jeden- gen Sounds, entspannten Alben bereits so reichen ihr 2010er-Werk «Interpre- Ärger ihres Mannes nackt falls sehr gut leben, auch Vocals und zurückhalten- Musikjahrs. Warum Emily ting the Masters, Volume auf einem Pferd in die Stadt dann, wenn es dereinst dem Drive auf. Die Mu- Sprague aber den Band- 1: A Tribute to Daryl Hall reitet, sagt aber viel über wieder dunkler wird. Sehr sikerin, die erneut ihren namen ausgeliehen hat? and John Oates» an. Mit den aktuellen Zeitgeist und gut leben lässt es sich auch Hang zum Moll auslebt, Nun, unter ihrem eigenen dem Unterschied, dass sich die Beziehungen zwischen mit einer weiteren Platte, lässt auf der Platte erstmals Namen veröffentlicht sie das Duo diesmal nicht am Männern und Frauen aus. an der Aggs federführend ihrer Polithaltung freien seit einiger Zeit Ambient- Blue Eyed Soul, sondern am Entspannter klingen «So- beteiligt ist. «Horizon» Lauf: In «97 Cents (The Werke, eingespielt mit mo- Hard Rock von Van Halen mewhere on the Vine» heisst diese, stammt von Meow Song)» beklagt sie dularen Synthesizern. Die abarbeitet. Wobei The Bird und «Bicycle Man», mit ihrer Hauptband Trash Kit, zu ebenso fröhlichem wie Natur und die Mystik sind and The Bee ihre Covers bluesiger Slide-Gitarre. und dass man zu diesen schleppendem Mitsing- auch dort nicht weit, doch nicht etwa ironisch, sondern Beide Stücke zeigen, wie polyrhythmischen Songs Country-Folk die Gehalts- das Zeitlose, das wird dann verehrend verstehen. Kurs- wandlungsfähig Powers bei allen Verzworgeltheiten unterschiede zwischen den doch eher offenbar in ih- tin und George, die sich als ist, wie souverän sie mit auch tanzen kann, ist eine Geschlechtern und will es rem neuen Song «Time Is Fans von Van Halen ou- ihren beiden Mitmusikern der schöneren Qualitäten gelassen hinnehmen, dass a Dark Feeling». Hören Sie ten, verzichten vollständig Eric Michael Lichter (Bass, dieser sehr eigenen und man sie aufgrund ihrer den Wecker? auf Gitarren. Folgerichtig Gitarre, Keyboards) und freischwebenden Musik. Haltung als «leftwing swi- präsentiert «Eruption» an Lorne Entress (Drums) ne» bezeichnen werde. Oh- bs. ihrer Stelle lieber klassisch unterschiedliche Genres zu bs. nehin: Die zwölf Nummern inspirierte Pianoläufe. The verbinden versteht. Andere verhehlen nicht, dass Jewell Bird and The Bee machen Songs sind entweder Coun- – wie sie selber schreibt – sich einen Spass daraus, try-Folk-Balladen mit Slide sowohl «blissed out» (weil gegen die Erwartungen zu und kraftvollem Gesang sie Mutter geworden ist) spielen: «Jump» zeigt sich («Rocking Boat») oder als auch «pissed off» (weil mit Frauenchörli, aber tes- schnellere Bluesnummern die politische Lage ist, wie tosteronfrei, und «Runnin’ («Mine the River»). Wer sie ist) sei. Es ist diese Am- With the Devil» wartet statt Lust auf eine Singer-Song- bivalenz der Gefühle, die mit Headbanging mit ästhe- writerin mit prägnanter das überaus smarte Album tischen Club-Beats auf. Das Stimme, feinen Texten und nicht nur antreibt, sondern Resultat ist ziemlich revisio- spannenden Arrangements auch knistern lässt. nistisch, aber überaus liebe- hat, sollte sich «Starseeds» voll und vor allem: gekonnt. nicht entgehen lassen. mig.

mig. tl. DIE NEUEN PLATTEN Punk spielen «Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandi- daten. Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir raten, raten, raten.» Mit diesen Schlagerzeilen hat ein späterer Bestsel- lerautor in den Neunzigerjahren – damals noch als junger Comedian – eine existenzielle Grundfrage ziemlich schmis- sig beantwortet. Und wer es wiederum schafft, das Leben in drei Gitarrenakkorde zu packen, darf auf eine Karriere Daddy Long Hochzeits­ Endless Boogie in der Punk-Branche aspirieren. Aber eben: Auch dort zer- Legs kapelle Vol I, II fällt wieder alles zum Quiz. Lowdown Ways If I Think of Love (No Quarter) Hier nun kommt Dominic Deville ins Spiel. Musikfans ken- (Yep Roc) (Gutfeeling) nen ihn als Schlagzeuger und Bühnenberserker des inzwi- Die beiden ersten Alben schen nur noch sporadisch aktiven Duos Failed Teachers, Über Daddy Long Legs Evi Keglmaier an Bratsche von Endless Boogie: Sechs Kleinkunstfreundinnen von seinem Soloprogramm «Kin- bin ich zufällig gestolpert. und Tuba, Mathias Götz an hypnotische Gitarren-Jams, derschreck» und SRF-Zuschauer als Moderator der nach Die Wurzeln des Trios aus der Posaune, Micha Acher aufgenommen im Probe- ihm benannten Late-Night-Show am Sonntagabend. Dort Brooklyn liegen im Blues. an Trompete und Tuba, raum mit einem Kassetten- ist er jeweils als Krawattenträger im Jackett zu sehen, doch Brian Hurd (Gitarre, Harp, Alex Haas an Banjo und Deck. 2005 liessen die New unter dem feinen Zwirn schlägt sein Herz noch immer für Gesang), Murat Akturk Kontrabass und Markus Yorker davon in kleiner Punk und Pogo. Und da die Sendung erst nach einer lan- (Slidegitarre) und Josh Sty- Acher am Schlagzeug. Das Auflage LPs pressen, ge- gen Sommerpause wieder über die Bildschirme flimmern les (Schlagzeug) sind von ist die Hochzeitskapelle, stalteten das Cover und be- wird, hat Deville zum Zeitvertreib ein Kartenspiel lanciert. Grössen wie Howlin’ Wolf, eine der bemerkenswer- sorgten den Verkauf. Gut, Es nennt sich «Punk Test» und besteht aus einem Set von Leadbelly, Screamin’ Jay testen, besten deutschen dass diese Rarität jetzt neu 60 Spielkarten, auf denen es jeweils um eine wegweisende Hawkins oder den briti- Bands der Gegenwart. «If aufgelegt worden ist. Auf Band aus dem Bereich Punk/Hardcore/Wave der 70er- und schen Pubrockern Dr. Feel- I Think of Love» ist ihr «Vol I, II» verwursten Sän- 80er-Jahre geht. Drei Fragen in unterschiedlichen Schwie- good beeinflusst. Ihre Songs neues Album, das wieder ger Paul Major und seine rigkeitsstufen stehen zur Auswahl, bei korrekter Beant- würzen sie mit Bluesrock, mit eigenwilligen Neube- Band einfachste Zutaten wortung gibt es einen bis drei Punkte. Nach drei Karten Country, Gospel und Gara- arbeitungen meist weniger und gehen damit auf trei- wird ausgewertet, und je nach Punktzahl erhält der Spieler gerock. «Lowdown Ways» bekannten Liedguts auf- bende psychedelische Ex- ein Prädikat – von «Jazzpfeife» (0 Punkte) bis hin zu «Stre- ist ihr viertes Album. Nach wartet: Eine Art alternative kursionen zwischen Blues berpunk» (9 Punkte). Das bereitet Musiknerds ordentlich einem stampfenden Intro Blasmusik, die bavarischen und Krautrock. Alles wird Spielspass, aber natürlich verfolgt der ausgebildete Kinder- mit Blues-Harp, Perkussi- Roots-Blues, windschiefen aufs Wesentliche reduziert. gärtner Deville auch einen pädagogischen Ansatz, denn on und repetitivem Gesang Folk und anderes umfasst. Oft reicht ein Akkord. Auf mithilfe der liebevoll gestalteten Karten lässt sich grossen knallen der Rocker «Pink Umrahmt von zwei Film- «Stanton Karma» steigern und kleinen Kindern auf spielerische Art wichtiges Wissen Lemonade» und das leicht musik-Klassikern hören sich Endless Boogie nach vermitteln. Es kann ja nie schaden, zu wissen, welche drei countryfizierte «Ding Dong wir 14 abwechslungsreiche gemächlichem Start, sie Minor-Threat-Songs Slayer 1996 gecovert haben… Aus Dang» voll rein. Hier treffen Instrumental-Songs. Dabei spielen aggressiver und va- der Schweiz sind übrigens Kleenex, Crazy, TNT, Baby Jail, früher Country-Blues auf lassen sie es auch krachen, riieren die Dynamik. Vol ll Grauzone und The Monsters im Stapel vertreten. Das gros- die Cramps respektive auf mit peruanischem Cumbia, beginnt mit «Came Wide, se Quiz ist hiermit eröffnet. Wilko Johnson. Der Primi- jamaikanischem Reggae Game Finish», einem wei- tiv-Boogie «Morning, Noon und lüpfigen Songs aus Ve- teren Beispiel für Blues-Re- Philippe Amrein & Nite» gemahnt an John nezuela oder dem Trinidad petition. Die Gitarren von Lee Hooker, während «Glad der 50er-Jahre. Joe Meeks Major und Jesper Eklow «Never Mind the Bollocks, Here’s the Punk Test», www.klangundkleid.ch Rag Ball» nach prähistori- «Night of the Vampire» spielen ein feines Riff, Ma- schem Rock & Roll klingt. klingt genauso, und «Prima jors Stimme wird in den Dasselbe Gefühl fängt der Donna» von René Aubry Hintergrund gedrängt. eingängige «Winners Cir- könnte auch einer dieser Das Album endet mit ei- cle» mit seinem Mitsing- wunderbaren Begräbnis- nem 25-Minuten-Hammer: Refrain ein. «Célaphine» songs der Genfer Dead Bro­ «Morning Line Dirt» be- klingt nach Cajun. Clevere thers sein: schwarzhumorig ginnt mit einem bluesigen Rhythmuswechsel machen im New Orleans-Style. Inte- Gitarrenduett. Drummer «Be Gone» interessant. Da ressant auch die Bearbeitun- Chris Gray steigt nach drei ist die Kluft zwischen Gos- gen von Stücken von Elliott Minuten ein, der Bassist et- pel und Hill County Blues Smith, Laura Veirs oder Lisa was später. Langsam zieht schnell überwunden. Coun- Germano, deren «If I Think das Tempo an, der Sound try prägt «Wrong Side of of Love» der Platte den Titel wird wilder, abenteuerli- the River», einen Verwand- gegeben hat. Wunderschön cher. Major singt irgend- ten von «Ghost Riders in ist «Anohito», im Origi- was, bricht ab, baut wieder the Sky». Feine Band, die nal von den befreundeten Spannung auf und lässt die sich mächtig ins Zeug legt. Teeniscoats aus Tokio, mit Band abheben. Sie fliegt tat- Zwölf knackige Songs in denen die Hochzeitskapelle sächlich. Endlos, ewig, es- 38 Minuten. Musik ohne demnächst auf Japan-Tour senziell – das ist der Boogie! Faxen. Macht Spass. gehen wird. Gross! tl. tl. tb. DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince «Pushin’ Too Hard» war 1967 ein Top-40-Hit für The Seeds. Früher war also doch alles besser? Eben nicht, denn es blieb ihr einziger, obschon doch noch so mancher hät- te folgen müssen. Der gleichnamige Dokumentarfilm hat leider immer noch nicht die Schweizer Kinosäle erreicht, und so bleibt das Bild von Sänger Sky Saxon ein wider- Atlantean Stereo Total Mudhoney sprüchliches: einerseits selbstherrliches Rockstar-Gehabe Kodex Ah! Quel Cinéma! Morning in America und Aggressivität im Klang, andererseits eine tiefe (Sek- The Course of Empire (Tapete Records/Irascible) (Sub Pop/Irascible) ten-)Spiritualität und -Liebe. Wenigstens stehen (Van Records) die unverzichtbaren (unveröffentlichte Songs, top Klang) Endlich wieder neues Ma- Gäbe es eine Auszeichnung 50-Jahr-Jubiläumsausgaben der ersten beiden LPs in den Das dritte Album von At- terial vom franzosisch- für die unverwüstlichste hiesigen Regalen. Und nun gesellen sich dank dem Label lantean Kodex ist ein Mo- deutschen Duo aus Berlin. Rock’n’Roll-Band, wären Get Hip Records, das seit mehr als 30 Jahren die Garagen nument. Doomige Gitarren «Ah! Quel Cinema!» ist Mudhoney ein besonders dieser Welt mit bestem Stoff versorgt, auch noch die Sin- wuchten im Untergrund, bereits die zwolfte Platte heisser Anwärter. Ihre gles dazu. Alle ausgestattet mit wunderbaren neuen Hül- Sänger Markus Becker von Françoise Cactus und Jahrzehnt-Hymne «Touch len samt Bandfotos, die deutlich machen, dass das heutige schwingt weite Melodiebö- Brezel Göring. 1996 fing al- Me, I’m » erschien vor «cool» eben nicht das «echt» von gestern ist. Und echt war gen, und in den Refrains er- les an mit dem wumderba- 31 Jahren, seither ist viel Sänger Sky Saxon auf jeden Fall. Den Bandnamen bezog er klingen Chöre wie in San- ren Debüt «Oh Ah!» Und passiert, aber Mudhoney auf die Verbundenheit mit der Erde, und ihre erste Single, dalenfilmen. Es ist Musik, auch mehr als zwei Jahr- pflegen immer noch – in das unsterbliche, verspielte und die Psychedelik vorweg- wie sie die frühen Mano- zehnte später gelingt dem Dreiviertel-Urbesetzung – nehmende «Can’t Seem To Make You Mine» – unverkenn- war und mittleren Bathory Duo wieder ein hubsches das, wofür sie 1988 stan- bar dank Melodica-Einwurf des klassisch ausgebildeten spielten. «Lion of Chaldea» Werk voller charmanter den: furios furztrockene Orgelspielers Daryl Hooper –, handelt zwar banal von borgt sich ein Riff von Lo-Fi-Songs mit minima- Rock’n’Roll-Songs. Steve einer Freundin, kritisierte aber eigentlich deren Materi- Rainbow, andernorts grüs- listischem Gebrauchselekt- Turners Gitarre sägt und alismus. «Pushin’» bezog sich auf eine weitere Freundin, sen Black Sabbath mit Dio ro. Ich wundere mich jedes jault, und Mark Arm be- wurde aber wegen seines Refrains und seiner Brutalität oder auch Iron Maiden in Mal, wie sie das schaffen, klagt sein und zunehmend im Zuge der Sunset-Strip-Aufstände als Hymne gegen die progressiveren Momenten, diesen etwas unfertigen, auch Amerikas Elend mit Machtelite verwendet. Zwei Akkorde für die Ewigkeit. Ba- wobei Bandleader Manuel rohen, aber gleichwohl seelenvoll, dann und wann nal einfacher, aber eben perfekter Garage Punk. «Try To Trummer lieber von «Re- charmanten Charakter der auch sarkastisch reibender Understand» oder «Mr. Farmer», beides weitere unerreich- gressive Metal» spricht. Im Songs beizubehalten. «Es Stimme. «Morning in Ame- te Klassiker, denen die seltener gehörten «Out of rhe Ques- eigenen Studio und ohne ist nicht leicht, einfach zu rica» ist eine EP mit 22 Mi- tion» oder «The Other Place» in nichts nachstehen. Alex Produzenten schmiedet das sein», singt Francoise gleich nuten Spielzeit, bestehend Chilton, The Scientists, Chrome Cranks oder Necessary deutsche Quintett Hymnen im ersten Stuck der Platte. aus sieben Songs, die für das Evils – sie alle coverten The Seeds. In den 70ern spielte Sky und beweist dabei bis in die Unter den 14 Tracks finden letztjährige Album «Digital mit Mars Bonfire gute, harte Rocksongs, und kurz bevor Zwischenspiele und Repri- sich schone Titel wie «Ich Garbage» nicht berücksich- das Sunlight erlosch, gabs zum Glück 2004 noch ein klasse sen hinein Sachverstand bin cool», «Le spleen» oder tigt wurden. Normalerweise Konzert in Winterthur. und Liebhaberei. Stücke «Mes copines». Es ist Pop sollte man solcherart Reste- wie «Chariots» stehen auf mit Punk-Attitude. Zwi- verwertung mit Skepsis be- Philipp Niederberger Augenhöhe mit den Gros- schendurch gelingt dem gegnen, doch weil «Digital staten der Altvorderen. Duo dann auch ein wahn- Garbage» das seit langem Textlich behandelt ein Song sinniger Ohrwurm wie stärkste Mudhoney-Album wie «Secret Byzantium» «Dachkatze». Mir jeden- war, kann hier bedenkenlos allerdings nicht das Nie- falls schwebte die Textzeile zugegriffen werden. Die für dermetzeln irgendwelcher «Isch bin eine Dachkatze Mudhoney überraschende Feinde, sondern die Über- und keine Sofakatze» ta- politische Schlagseite findet lieferung alten Wissens. gelange in den Ohren her- sich auch auf «Morning in Und das ist das Verdienst um. Stücke über Frauen im America» – nicht zuletzt von Atlantean Kodex: Sie Einkaufswahn (gesungen im sehr sarkastischen Titel- erwecken ein Genre zu neu- allerdings von Brezel), Ein- song. «Let’s Kill Yourself em Leben, das seine besten samkeit im Kosmos, Liebes- Live Again» ist hier in einer Tage lang hinter sich hatte. kummer oder, ein ernstes deutlich roheren Version zu Wer dafür je empfänglich Thema, Elektroschockthe- hören. Besonders eindring- war, muss nun nicht mehr rapie kommen ebenfalls lichen ist das von einem «Into Glory Ride» oder vor. Die einzige Coverver- langsamen, an «Dirt» von «Hammerheart» aus dem sion ist diesmal der French- The Stooges gemahnenden Regal ziehen, sondern Pop-Song «Sur un fil», im Riff getragene «One Bad kann mit «The Course of Original von der Pop-Ikone Actor», und ganz hübsch ist Empire» die gloriose Wie- Sylvie Vartan gesungen. Mudhoneys Hommage an derkunft des kanonischen die schwedischen Leather Heavy Metal feiern. tb. Nuns («Ensam i Natt»). ash. Live: 9.10., Exil, Zürich cg. Montag 2.9. 20Uhr20 Gessner-Allee 11 8001 Zurigo Isola LUKE WINSLOW-KING www.ellokal.ch Mittwoch 11.9. 20Uhr20 CHARLIE PARR GIIGESTUBETE + JD WILKES Sonntag, 1.9. / 6.10. 3.11. / 15.12. 18Uhr18 Samstag 14.9. 20Uhr20 THE HORMONES Sonntag 15.9. 20Uhr20 JODLEREI Sonntag, 1.9. / 20.10. 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Saisonauftakt mit Deerhoof Film mit Roy & The Devil‘s Motorcycle

In der stromlinienförmigen Openair-Saison geht wegen vielen taghellen ROYDMC – das Kürzel für die drei Stähli-Brüder Matthias, Christian und und mässig begeistert gespielten Konzerten zuweilen vergessen, wie gross- Markus (und den neuen Drummer Beni von Däniken) aus Oberdiessbach artig Live-Musik eigentlich sein kann. Beste Gelegenheit, die Freude am zwischen Thunersee und Bern. Sie spielen seit über 25 Jahren in ihrer ei- Konzertbesuch wiederzufinden, bietet sich nun gleich zur Saisoneröffnung genen musikalischen Liga, mit einem Sound, der von punkigem Blues und des Palace in St. Gallen. Denn dort spielt mit Deerhoof eine der immer psychedelischem Garage-Rock lebt. Und von der Aura der kompletten noch freudigsten Livebands weit und breit auf. Zuletzt veröffentlichte die Anti-Checker, die auch mal mit dem Rücken zum Publikum spielen und Gruppe um den Schlagzeuger Greg Saunier und Sängerin/Bassistin Satomi immer irgendwie überrascht dreinschauen, dass da überhaupt noch ein Pu- Matsuzaki das Album «Mountain Moves», auf dem sie mit Sängerinnen blikum ist und wir tatsächlich schon im 21. Jahrhundert leben. wie Juana Molina oder Xenia Rubinos ihren Sound weiter ausweiteten – Über ganz Europa verstreut haben Roy & The Devil’s Motorcycle mit Le- und gleichzeitig konzentrierten. Auf dem Album gab es immer noch alles genden die Bühne geteilt, etwa mit Acid Mothers Temple, Sonic Boom, zu hören: das ungebändigte Schlagzeugspiel von Saunier, die genauen Gi- Black Lips, Psychic TV oder Martin Rev von Suicide. Ausserdem steuerten tarren von John Dieterich und Ed Rodriguez, und natürlich diese fortwäh- sie den Soundtrack zum Dokfilm «Tino – Frozen Angel» über den Zürcher rende Freude am Pop-Abenteuer. Was für eine Freude! (bs) Chef des ersten Hells-Angels-Chapters in Kontinentaleuropa bei. Die Filmerin Silvia Bergmann und Paul Mayhew sind dem Phänomen die- 5.9., Palace, St. Gallen ser urigen, eigenwilligen Band nachgegangen. Herausgekommen ist «Lear- ning to Lose», ein Roadmovie mit einer Band, der die Musik alles ist, die in Gummistiefeln in der Provinz herumzieht und nicht viel redet. Der Film lebt auch von Gastauftritten von MC Pädu Anliker (Cafe Mokka Thun, wo ROYDMC 1991 ihren allerersten Auftritt hatten), Reverend Beat-Man (Voodoo Rhythm Records und Herausgeber ihrer Platten), der Record Junkee Crew Bern, diversen Musiker*innen – und natürlich den Stähli- Eltern. Dope! (fis)

5.9., 19.30 Uhr, VIA, Amerbachstrasse 55a, Basel Freunde grüssen mit Jeffrey Lewis Vernebeln mit Maria Somerville Er erzählt in seinem neusten Song «LPs» von eine Zeit, in der Vinyl noch kein allzu teures Statussymbol war, sondern ein liegengebliebenes Objekt War es ein Algorithmus? War es eine wohlproduzierte Sendung auf dem in den Kisten der Second-Hand-Shops – auch weil alle Leute CDs kaufen Londoner Kanal NTS? War es die Kolumne im Webmagazin «The Quie- wollten. Damals wurde Jeffrey Lewis angesteckt vom Plattenvirus. Doch tus» über den neuen weirden Sound von Irland? Oder schliesslich doch natürlich ist dieser neue Song keine Übung in Nostalgie, weil der New der Newsletter eines Plattenhändlers, der mich zu Maria Somervilles «All Yorker Antifolker und Comicautor seine Berichterstattung über diese «di- My People» gebracht hat? So leicht ist es ja nicht mehr herauszufinden, sease» rasend abhandelt. So, wie er das in seinen Chroniken über The Fall, wie und warum genau man zu einer Musik gefunden hat, die einen so- über die Geschichte des und auch den Kommunismus immer fort anspricht. Obwohl: Maria Somervilles Folkspielart ist recht vernebelt, wieder getan hat – und wie er das immer wieder auch in den Clubs des mit vagen Ambientspuren und einer Stimme, die nie hellwach erscheint. Landes tun durfte. Beispielsweise im Palace St. Gallen, in das Jeffrey Lewis Und wenn dann ein Song auf einmal doch klar durchkommt, wie etwa als Freund des Hauses wieder einmal zurückkehrt. An diesem Abend wird der abschliessende Titel «Brighter Days», dann scheint dieser umso heller. Lewis mit Sicherheit auch an David Berman erinnern, mit dem er kurz vor Am Somerville-Abend in Düdingen wird auch Ben Vince aufspielen. Der seinem Tod immer wieder wegen seiner Illustration «SilverJewsland» ge- Saxofonist arbeitete für sein Album «Assimilation» mit Mica Levi oder der mailt hat. So werden auch Tränen fliessen, im Gedenken an Berman – und Schlagzeugerin Valentina Magaletti zusammen, auf eine offene, aber doch aus Freude über Jeffrey Lewis. Das gibts nicht auf LP, sondern nur live. (bs) recht dunkle Musik hin. Passt ja auch zum Konzertdatum. (bs)

7.9., Palace, St. Gallen 11.9., Bad Bonn, Düdingen NACHTSCHICHT

Lesen und Streichen mit Tom Combo Trinken mit The Hormones

«Gerda schüttelte den Kopf und blätterte im aktuellen Loop. Nach einer Please welcome the First Ladies of Chinese Pop Punk: The Hormones sind Weile sagte sie: ‹Mann, ich werde alt, ich kenn die Hälfte der Bands hier eine Frauenband aus Chengdu. Als sie auf ihrer ersten China-Tournee 2014 drin gar nicht mehr.› Bruno stand im Türrahmen, unschlüssig, ob er ins Bad den dunklen Pop-Punk ihrer hypnotischen «Elephant»-EP erstmals aus- gehen oder erst einen Schluck Saft trinken sollte. Ohne aufzuschauen, sagte serhalb von Chengdu präsentierten, hatte das Publikum nie zuvor etwas Gerda: ‹Lustig, du kratzt dich immer noch zwischen den Beinen, wenn du Ähnliches gesehen. Ihr Elefantenlied basiert auf einem Zeitungsartikel des- nicht weisst, was du tun sollst.›» Diese Textstelle aus dem Roman «Inneres selben Jahres, geschrieben aus der Perspektive einer Elefantenkuh, die die Lind» (Verbrecher Verlag, Berlin) ist eigentlich bereits Grund genug, sofort Frau des Farmers niedertrampelte, der ihr Elefantenbaby niedergeschossen zur Buchhändlerin seines Vertrauens zu stürmen und das Werk zu kaufen. hatte. «Als ich diese Geschichte las, wurde ich sehr traurig», erklärt Song- Nach einer langen Phase der literarischen Abgeschiedenheit markiert es writerin und Bassistin Wang Minghui. «Also verwandelte ich mich in diese die Rückkehr des Winterthurer Autors Tom Combo zur Romanform. In Elefantenmutter, die in ein Menschendorf zurückgeht, um Rache zu neh- «Inneres Lind» begleiten wir vier nicht mehr ganz so junge Menschen, von men.» Dann kam das Fernsehen, ihre Berühmtheit stieg rasant. «Auf die denen es heisst: «Sie versuchen, im Leben Fuss zu fassen, aber sie landen im Fernsehsendung folgten unzählige Versuchungen und Entscheidungen», Wasser, im Dreck oder auf der Wache.» sagt Sängerin Zhu Mengdie. Alle hatten unterschiedliche Meinungen, und Zum Buch-Release liest Combo mit verschiedenen Gästen aus dem Ro- einige sind gegangen.» Pause. Diverse Wechsel. Neustart. Sie hatten sich man, zur Auflockerung gibt es ein hartes Schlagzeugsolo, und der Meister für den Weg in die Unabhängigkeit entschieden. Der Erstling «Beckon» selbst setzt sich zwischendurch ans Cello und streicht ein paar ausgefallene (2018) verarbeitete die emotionalen Hochs und Tiefs dieser schwierigen Klänge aus dem Instrument. Das ist Teil seines Versprechens: «Ein schnel- Zeit. Bilanz und Moral der Bandgeschicht: The Hormones sind eine gross- les Buch, ein dichter Abend!» (amp) artige Band mit sozial engagierten Lyrics, die es aus dem fernen Riesenland bis in unsere kleine Stadt geschafft hat. Und sie sagen: «We love spicy food 12.9., Kraftfeld, Winterthur; 19.9., Helsinki, Zürich and drink a lot.» (alp)

14.9., El Lokal, Zürich Berge versetzen mit Silberen

Mit seinem ersten Album «Blumenstein» (2016) hat sich das Quartett Sil- Sanft pluckern mit Múm beren – wie die Karstlandschaft am Pragelpass, der das Muotathal mit dem Klöntal verbindet – spektakulär selber erfunden und sich der archaischen Wiederveröffentlichungen sind allerorten gross in Mode. Meist nimmt Volksmusik angenommen. Ureigen interpretieren sie diese auf traditionel- man ein rundes Jubiläum zum Anlass, um das enstprechende Werk, ger- len Instrumenten, behutsam, ergreifend und virtuos. Auf dem eben erschie- ne auch remastered, erneut herauszubringen. In diesem Falle hier ist das nenen Nachfolger «Winder» haben sie nun zu sich gefunden. Dabei sind durchaus sinnvoll: «Yesterday Was Dramatic – Today Is Ok» ist das Debüt sie ganz einfach heimgekommen. Denn diese Combo hat die Gelassenheit der Band mit dem seltsamen Namen Múm, der angeblich gar nichts be- derer, die wissen, was und wie sie es machen. Im Zentrum von Silberen deutet respektive, so die Urheber einst in einem Interview, bildlich gesehen, steht die wilde, pure Lust am Musizieren und Erzählen. Klingenlassen. Fa- zwei Elefanten darstellen soll, die mit dem Rüssel wedeln. bulieren. Präzise hinhören. Schauen. Staunen. Geniessen. Verweilen. Mal Wiedergehört hat «Yesterday » nichts von seinem Glanz verloren. Im Ge- tanzt und swingt die Musik, dann wieder überrascht sie. Selbst gefährliche genteil: Wer nicht regelmässig in der Elektronik-Szene unterwegs ist, könn- Klüfte werden mit freudigem Jubel lockerleicht überhüpft. Der Zungenbre- te das Album auch für eine Neuheit halten. Damals waren Múm Vorreiter cher-Text von «Gspili» lässt manchen Rapper alt aussehen. Und «Es isch» in der Art und Weise, wie elektronische Sounds anders produziert werden türmt sich wuchtiger auf als das Alpenmassiv. So durchschreiten Silberen konnten. Eher melancholisch und sanft pluckern die Sounds vor sich hin; souverän ein musikalisches Universum, das uns mit unseren Vorfahren auf analoges Huschen statt elektronischer Kälte. «Emotional ambient electro- grandiose Weise verbindet. Dafür sei ihnen gedankt. Und sie können im nic music» hat das einst ein Kritiker genannt. Eine Platte, die im Gegensatz Fall Berge versetzend auch die Alpen abräumen für die legendäre Freie zu anderen elektronischen Werken in der Tat berührt. Und das tut sie auch Sicht aufs Mittelmeer. (alp) heute noch, fast 70 Minuten lang. Live natürlich gerne auch länger. (tb)

15.9., El Lokal, Zürich 17.9., Ziegel Oh Lac/Rote Fabrik, Zürich NACHTSCHICHT

Heimkehren mit Wilco Erhitzen mit Charles Hayward

Die Geschichte dieser Band und ihres Leaders ist bereits beeindruckend Was lag da in der Luft? Nun, man weiss es nicht genau, aber in der Mu- genug, um sie vorzeitig in die Hall of Fame aufzunehmen, doch was Jeff sik von This Heat, die zwischen 1976 und 1982 entstanden ist, verband Tweedy in den vergangenen zwei Jahren geleistet hat, lässt sich nur mit sich so vieles zu einem explosiven Gemisch: Da war als Drohkulisse der ehrfürchtigem Staunen quittieren. Nach dem letzten Wilco-Studiowerk Kalte Krieg mitsamt einem möglichen atomaren Erstschlag, da war eine Fi- «Schmilco» (2016) hat er sich in seine Schreibstube zurückgezogen, um gur wie Margaret Thatcher – und ein ungeheures Mass an musikalischem seine Autobiografie «Let’s Go (So We Can Get Back»» zu Papier zu brin- Freiraum zwischen Punk und Krautrock und Tape-Experimenten. Es war gen. Nebenher veröffentlichte er mit «Together At Last» eine Auswahl eine angsteinflössende, alles entfesselnde Musik, die This Heat damals er- neu bearbeiteter Klassiker – und nahm die beiden Soloalben «Warm» und schufen, nachzuhören auf ihren wiederveröffentlichten beiden Alben und «Warmer» auf. Die Fangemeinde war begeistert und wähnte Tweedy im diversen Sessions für . Nach der Bandauflösung machte sich der verdienten Erholungsurlaub. Der hatte allerdings bereits neue Pläne, ver- Schlagzeuger Charles Hayward schnell auf zu neuen Gruppen, gründete sammelte seine fünf Mitmusiker im Hauptquartier der Band in Chicago, Camberwell Now, spielte Ende der Neunziger mit Fred Frith und Bill Las- und gemeinsam haben sie dort das neue Album «Ode to Joy» eingespielt, well im Trio Massacre, war Teil der About Group von Hot-Chip-Sänger das Anfang Oktober erscheinen wird. Die erste Single «Love Is Everywhe- Alexis Taylor. Im Sommer ist Haywards Soloalbum «(begin anywhere)» re (Beware)» ist bereits draussen, doch Jeff, John, Glenn, Nels, Pat und erschienen, und man hört da keinen Noise, sondern eine Klaviermusik Mikael lassen es sich natürlich nicht nehmen, ihren Schweizer Fans das mit der brüchiger gewordenen Stimme des 68-Jährigen. Schön ist das, und neue Material vorab live zu präsentieren. Das Gastspiel im Volkshaus hat harsch aber auch. Weil die Hitze, sie lauert. (bs) Tradition – als Heimspiel des guten Geschmacks. (amp) 24.9., Bad Bonn, Düdingen 18.9., Volkshaus, Zürich

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