Architektur Mit Dem Automobil
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Datum: 02.07.2020 Kunst+Architektur i.d. Schweiz k+a / Kunst+Architektur in der Schweiz Medienart: Print 3012 Bern Medientyp: Spezial- und Hobbyzeitschriften 031/ 308 38 38 Auflage: 3'699 Seite: 6 Auftrag: 641036 Referenz: 77778076 https://www.gsk.ch/de/zeitschrift-ka.... Erscheinungsweise: 4x jährlich Fläche: 579'520 mm² Themen-Nr.: 641.036 Ausschnitt Seite: 1/13 Simon Bundi Architektur mit dem Automobil Ein Überblick bis in die Blütezeit des Autobooms Anfang der 1970er Jahre Die Bauwirtschaft und die Automobilindustrie haben die kleine Schweiz seit den 1950erJahren radikal umgestaltet. Während ein beispielloser Bauboom einsetzte übertraf das Auto die Bedeutung des Bauens sogar noch: Es wurde zur wichtigsten Erfindung des 20.Jahrhunderts. Als Sinnbild der Moderne regte das Auto bereits die avantgardistische Architekturtheorie der 1920erJahre an. Das Neue Bauen brachte auch die ersten «Grossgaragen» hervor. Als später immer mehr Menschen das Auto in den Ferien und im Alltag nutzten, entstand eine Architektur für das Automobil, wie es sie heute nicht mehr gibt.' Nachdem Andre Citron T919 als erster eu-ne.»2 Le Corbusier schwebte 1921 also ein Haus ropäischer Autohersteller die Fliessbandproduk-vor, das aus industriell vorfabrizierten Einzelele tion eingeführt hatte, dauerte es nicht lange, bismenten bestand. Im gleichen Jahr hatte er bereits Le Corbusier in der Zeitschrift L'Esprit nouveau einden Begriff der «Wohnmaschine» eingeführt - architektonisches Äquivalent zum neuen Massen-eine wie bei einer Fahrzeugkabine auf äusserste produkt Auto vorschlug: «Typenhaus <Citrohan>,Raumökonomie zielende Wohneinheit.3 um nicht Citron zu sagen. Mit anderen Worten, Le Corbusier, der sich stets fleissig in die öffent ein Haus wie ein Auto, entworfen und durchkon-liche Diskussion einbrachte, war weder der Erste struiert wie ein Omnibus oder eine Schiffskabi-noch der Einzige, der das Automobil oder dessen So hätte ein autogerech- tes Zürich ausgesehen: die Sitilhochstrasse bei der Sihlpost als Teil des nie realisierten Expressstrassen-Y am Oberen Letten. Zeich- nung/Repro Tiefbauamt des Kantons Zürich ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 02.07.2020 Kunst+Architektur i.d. Schweiz k+a / Kunst+Architektur in der Schweiz Medienart: Print 3012 Bern Medientyp: Spezial- und Hobbyzeitschriften 031/ 308 38 38 Auflage: 3'699 Seite: 6 Auftrag: 641036 Referenz: 77778076 https://www.gsk.ch/de/zeitschrift-ka.... Erscheinungsweise: 4x jährlich Fläche: 579'520 mm² Themen-Nr.: 641.036 Ausschnitt Seite: 2/13 Serienfertigung als Referenzpunkt nahm. Bei ihm Grand Garage du Jura aber war das Auto omnipräsent. Mit seinem Ent- in Biet, wahrscheinlich Anfang der 1930er Jahre. Der 2002 renovierte Bau wurf für eine durchgrünte Hochhausstadt zeigte ist äusserlich weitgehend im Ursprungszustand er schon 1925, dass er nichts Geringeres als die erhalte, Foto Vereinigung für Heimatpflege Buren, Welt verändern wollte. Diese neue Welt war auf Jean-Claude Borel das Auto ausgerichtet. Auf erhöhten Einbahnstras- sen sollten die Autos «ohne Halt wie Raketen Paris durcheilen». Ihr Tempo mache sie zu Garanten für eine erfolgreiche Stadt.4 Stiessen bereits diese radikalen Umbaupläne für das rechte Pariser Seineufer auf viel Kritik, er- ging es den Schweizer Expressstrassen der späten 195oer Jahre nicht viel besser. Die Eidgenössi- sche Planungskommission für die Nationalstras- sen wollte in Zürich, Bern und Luzern Stadtauto- bahnen möglichst bis in die Zentren führen. Kein einziges dieser Projekte wurde so umgesetzt. Bis heute zeugt der Stumpf von Zürichs Sihlhochstras-wurden Automobile für die obere Mittelschicht se vom Ende der Autoeuphorie in den i97oer Jah-erschwinglicher. So entstanden einige herausra- ren. Obwohl sicher nicht nur die Kritik des Bun-gende Beispiele des Neuen Bauens, von denen die des Schweizer Architekten zum Scheitern geführtBasler Grossgarage Schlotterbeck (1928) vielleicht hatte, war Le Corbusiers Autostadt hierzulande of-das berühmteste ist (siehe den Beitrag von Anne- fenbar nie richtig angekommen - ausser vielleichtCatherine Schröter in diesem Heft). Genauso bei Max Frisch. Diesem war 1953 die Schweizermodern zeigten sich kleinere Reparatur- und Ver- Mentalität auf die Nerven gegangen, «nie etwaskaufsgaragen jener Zeit. Man findet (oder fand) sie Radikales auch nur zu wollen, geschweige dennsowohl in der Stadt (Grand Garage du Jura in Biel es zu tun».5 von 1929, Touringhaus in Solothurn von 1933) Pragmatismus als auch in ländlichen Touristenorten (Garage und Grossstadtphantasie Central in Crans-Montana von 1929, Palü Garage Immerhin realisierte sich die neue Welt derin Samedan von 1935). Geometrisch-klare For- Avantgarde im Kleinen. In der zweiten Hälfte der zoer Jahre tauchten die ersten grossen Repara- tur- und Parkgaragen der Schweiz auf - eigentlich sehr spät, wenn man bedenkt, dass das Automobil schon Mitte der r89oer Jahre vom Pariser Bürger- tum als Sport- und Prestigeobjekt entdeckt wor- den war. Doch erst nach dem Ersten Weltkrieg ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 02.07.2020 Kunst+Architektur i.d. Schweiz k+a / Kunst+Architektur in der Schweiz Medienart: Print 3012 Bern Medientyp: Spezial- und Hobbyzeitschriften 031/ 308 38 38 Auflage: 3'699 Seite: 6 Auftrag: 641036 Referenz: 77778076 https://www.gsk.ch/de/zeitschrift-ka.... Erscheinungsweise: 4x jährlich Fläche: 579'520 mm² Themen-Nr.: 641.036 Ausschnitt Seite: 3/13 men, Flachdächer und grosse Fenster waren ihreder Bau ziemlich ausgefallen. Den Mechanikern Merkmale, schliesslich galten dunkle Räume unddes im Untergeschoss eingemieteten Autoim- schlechte Luft als Ballast des 19. Jahrhunderts. Fürporteurs Emil Frey stand eine Autodrehscheibe Davos Dorf entwarf Rudolf Gaberel 1927 eine Ein-zur Verfügung, wie es sie bereits in der Luzerner stellhalle für die lokalen Autobusse. Parallel zurBourbaki-Garage gab. Strasse gelegen, folgte die Rückwand dem Wende- kreis der Busse, die am nächsten Tag wieder nach Tankstellen im Geiste Davos Platz zurückfuhren.6 des Heimatschutzes Ob die Bauherren eine moderne Formenspra- Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ein neu- che wählten, weil sie damit die Modernität deses Automobilzeitalter, die Massenmotorisierung Automobils unterstreichen wollten, lässt sich nursetzte ein. Nach und nach entstand eine vielfältige mehr schwer nachvollziehen. MöglicherweiseAutoinfrastruktur, die sich weiterhin nicht bloss waren die Gründe wie bei einer Industriehallein der «Alltagsarchitektur» manifestierte, sondern rein praktischer Natur. Gewiss wollten die Auto-auch prägende Bauten der Architekturgeschichte unternehmer möglichst günstig bauen und denhervorbrachte. zur Verfügung stehenden Bauplatz effizient nut- Zunächst verdichtete sich das Versorgungs- zen. So waren die Strassenfassaden wohl meist nurnetz. 1954 zählte man gegen 6000 Tankstellen in deshalb gerundet, weil man sie dem Strassenver-der Schweiz - eine gewaltige Zah1.8 Schon 1935 lauf angepasst hatte. hatte die Zeitschrift Heimatschutz in ihrem unver- Nicht alles an der neuen Architektur des Au-kennbaren Duktus diese «Schankeinrichtungen» tomobils wirkte derart fabrikhaft wie die City-Ga-beschrieben: «Möglichst amerikanisch, möglichst rage in Schaffhausen (1933) Städtebauliche Auto-gelb-rot-weiss, mit Bauformen, die wie im Schnaps- mobilgesten zeigen die Garage des Nations in Genfrausch erfunden sind, <sachlich>, wie man das (siehe den Beitrag von Marcel Just in diesem Heft),nennt, und möglichst sinnlos.»9 Daneben sah man die Geschäftshäuser Schmidhof und Handelshofviele weit weniger einheitliche Lösungen, vom an der Sihlporte in Zürich, ebenso das Anfang derHeimatschutz als «Missgeburten» beschimpft, 193oer Jahre fertiggebaute Zett-Haus am Stauffa-weil häufig das Erdgeschoss eines bestehenden cher. Mit seiner geschwungenen Fassade nimmtGiebelhauses zur Tankstelle ausgebaut war. das Zett-Haus bewusst die Bewegung des «hin und Da und dort konnten die Heimatschützer aber her flutenden Verkehrs» auf, so wie es der Berlinerauch Positives vermelden. Man lobte ein unauffäl- Architekt Erich Mendelsohn vorgemacht hatte.liges, sanft geschwungenes Vordach auf Holzträ- Dafür mussten die Architekten Rudolf Steiger undgern von Oskar Sattler in Biberist.10 Mehr noch: Carl Hubacher gar eine AusnahmegenehmigungDer ganze Bau war mit seinem Satteldach, der beantragen. Beim Schmidhof und beim Handels-verputzten Giebelseite, den Brüstungsfeldern in hof sind die Ecken abgerundet, als wollten dieSichtmauerwerk, den Sprossenfenstern und der Häuser an dieser Zürcher Ausfallstrasse Rücksicht auf die (damals nicht vorhandene) Verkehrsdichte nehmen.? Im Vergleich dazu wirkt der Schwung des Zen- Hauses eleganter, was nicht zuletzt mit dem zu- rückversetzten Erdgeschoss und den langen Fens- terbändern zu tun hat. Dank seiner automatischen Klimaanlage und dem Kino mit Cabriodach war ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 02.07.2020 Kunst+Architektur i.d. Schweiz k+a / Kunst+Architektur in der Schweiz Medienart: Print 3012 Bern Medientyp: Spezial- und Hobbyzeitschriften 031/ 308 38 38 Auflage: 3'699 Seite: 6 Auftrag: 641036 Referenz: 77778076 https://www.gsk.ch/de/zeitschrift-ka.... Erscheinungsweise: 4x jährlich Fläche: 579'520 mm² Themen-Nr.: 641.036 Ausschnitt Seite: 4/13 rgut-rill II