– Vom Luftschiffhafen zum olympischen Leistungszentrum

Dr. Dieter Diehlmann

Der Luftschiffhafen (1910 bis 1917)1,2

Von der Öffentlichkeit unbemerkt, waren im Jahre 1910 die, 1909 in Frankfurt a. M. gegründete, „Deutschen Luftschiffahrts-Aktien-Gesellschaft“ (DELAG) und der Magistrat, der seit 1871 kaiserlichen Residenzstadt Potsdam, vertreten durch den Oberbürgermeister Dr. Kurt Vosberg (1865 - 1940), in Übereinstimmung gekommen, Potsdam solle als Luftschiffhafen , gemeinsam mit Staaken, ein Luftfahrtzentrum Europas werden. Die DELAG hoffte durch die Gegenwart des kaiserlichen Hofes auf besonders regen Besuch des Landeplatzes. Auch Luftschiff-Rundfahrten waren vorgesehen, die der Gesellschaft Gewinne und Mittel zu weiteren Bauten einbringen sollten.

Nach Besichtigung mehrerer Gründstücke in Potsdam entschied sich der erste Direktor der DELAG, Alfred Colsmann, am 12. August 1910 für die Pirschheide, ein etwa 25 ha großes Gelände. Es wurde begrenzt durch die Straße Potsdam – Werder – Brandenburg, die Eisenbahnlinie Potsdam – Geltow - Beelitz und auf der anderen Seite durch den Templiner See, der von der Havel durchflossen wird.

Graf Ferdinand von Zeppelin hatte den ehrgeizige Plan, auf diesem Gelände ein europäisches Luftfahrtzentrum unter seiner Leitung zu errichten, das als Zeppelinwerft und Versuchstation zur zivilen und militärischen Nutzung sowie als Ausbildungsstätte vorgesehen war.

Poststempel vom Luftschiffhafen (nur 1911 verwendet)

violetter Bordstempel3 vom

LZ 10 „Schwaben“ Luftschiff LZ 10 „Schwaben“ (Abb. nach einem Modell).

Am 04. März 1911 wurde zwischen der Stadt Potsdam, die 1911 das Gelände aus Privathand und von der Forstverwaltung erworben hatte und als Zeppelinlandeplatz vorbereitet hat, und der DELAG ein Pachtvertrag über dieses Gelände abgeschlossen.

1 Flugpioniere in der Mark Brandenburg, Herausgeber: Luftsportlandesverband Brandenburg e. V., 1993 2 Luftschiffe in Potsdam 1908 – 1924, Herausgeber LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG, 1993 3 „Zeppelin Post Katalog“, Sieger-Verlag, Lorch, 21. Auflage, 1995 48 Bereits am 9. September 1911 landete hier gegen 12.45 Uhr das Luftschiff LZ 10 „Schwaben“ nach sechseinhalbstündigen Fahrt unter Führung von Dr. Hugo Eckener (1868-1954) aus Gotha über kommend.

Das Luftschiff LZ 10 „Schwaben“ war 140 m lang, hatte einen Durchmesser von 14 m, wurde von 3 Maybach-Motoren zu je 145 PS angetrieben und erreichte eine Geschwin- digkeit von 78 km/h. Dieses Luftschiff unternahm 219 Fahrten und verunglückte am 28. Juni 1912 in der Nähe von Düsseldorf. Von Potsdam aus startete die LZ 10 „Schwaben“ von Ende Oktober bis Ende November 1911 zu seinen Fahrten.

Für alle Fahrten im Jahre 1911 wurde im Luftschiffhafen Potsdam ein Poststempel (Abb. -9.9.11)eingesetzt, der aber bereits 1912 nicht mehr verwendet wurde. Er soll in den Jahren 1925, 19263 und 19274 – also vor und nach der offiziellen Eröffnung des Land- und Wassersportplatzes Luftschiffhafen (1927) – nochmals verwendet worden sein.

Bereits 1912 errichtete man die größte Luftschiffhalle Deutschlands. Die Halle war 175 m lang, 50 m breit und 35 m hoch, so dass darin Platz für zwei Luftschiffe nebeneinander war. Wegen des Baus dieser Luftschiffhalle wurden in Potsdam in dieser Zeit keine Starts und Landungen von Luftschiffen durchgeführt. Das erste Luftschiff, das in der neuer Halle ankerte, war die LZ 13 „Hansa“.

Farbige Vignette vom 19.11.1912, dem Einweihungstag der Luftschiffhalle durch die LZ 13 „Hansa“.

Von Anfang Juni bis Ende Juli 1913 war für das Luftschiff LZ 11 „Viktoria Luise“ – ein Schwesternluftschiff der LZ 10 „Schwaben“, benannt nach der am 13. 09. 1892 in Potsdam geborenen Tochter des Deutschen Kaisers und König von Preußen, Wilhelm II – Potsdam der Ausgangshafen für dessen Fahrten. Eine Fahrt dieses Luftschiffes führte am 8. Juni 1913 auch über das an diesem Tag von Wilhelm II geweihte „Deutsche Stadion“ im Berliner Grunewald.

Dieses Luftschiff wurde vom Ausbruch des 1. Weltkrieges bis 1915 vom Heer und von der Marine als Schulschiff genutzt und am 8. 10. 1915 beim Einfahren in die Luftschiffhalle in der Nähe von Liegnitz zerstört.

Von gleicher Bauart wie das Luftschiff „Viktoria Luise“ war das Luftschiff LZ 13 „Hansa“, das Anfang August 1912 in Dienst gestellt wurde und der Luftschiffhafen Potsdam war einer seiner Hauptstandorte. Von Anfang Dezember 1912 bis Ende Mai 1913 sowie von Mitte August 1913 bis Mitte September 1913, von Mitte Oktober 1913 bis Mitte Juli 1914 war es in Potsdam stationiert und z. T. auch für Militärfahrten benutzt. Seine Letzte Postfahrt startete am 29. Juli 1914 von Dresden. Ab Anfang August 1915 wurde es, ebenso wie die LZ 17 „Sachsen“, an verschiedenen Standorten als Schulschiff des Heeres bzw. der Marine eingesetzt.

4 Luftpostbrief nach Leipzig vom 4. 6. 1927 ist im Besitz des Verfassers 49

amtlicher Bordpoststempel und

Bordstempel3 der „Viktoria Luise. AK von der Weihe des Deutschen Stadions am 8. Juni 1913.

Ein weiteres stark verbessertes Luftschiff, die LZ 17 „Sachsen“, war nur wenige Tage im September 1913 und im April/Mai 1914 in Potsdam anwesend. Die beiden letzteren Luftschiffe wurden im September 1916 abgerüstet.

Bordpoststempel und Bordstempel3 der LZ 13 „Hansa“ und LZ 17 „Sachsen“.

Mit der Mobilmachung für den 1. Weltkrieg wurden auf dem Gelände des Luftschiffhafens Potsdam ausschließlich Heeres- und Marine-Luftschiffe produziert – insgesamt 16 Militärluftschiffe. Die Produktion von (Kriegs-)Luftschiffen wurde in Potsdam 1917 eingestellt und 1920 die Halle aufgrund des Versailler Vertrages abgerissen.

Von den Gebäuden des Luftschiffhafens sind heute nur noch das ehemalige Verwaltungs- gebäude, in dem sich auch die Näherei für die Luftschiffhüllen befand und Teile des Gebäudes in dem sich die Konstruktion und die Metallwerkstätten befanden, die sog. „Shedhallen“(V-förmig sich verbreiternde Hallen), erhalten geblieben.

Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, ehemaliges Verwaltungsgebäude sowie das ehemalige Regattahaus (s. nächsten Abschnitt) sind gegenwärtig noch dem Verfall preisgegeben, während die Shedhallen heute als Seminarräume durch das Kongresshotel Potsdam und die Sparkassenakademie (s. letzter Abschnitt) genutzt werden.

In der Zeit der „alten“ Luftschiffe von 1900 – erster Aufstieg des LZ 1 – bis 1937 – Absturz des LZ 129 „Hindenburg“ in Lakehurst / USA sowie mehrere Fahrten des LZ 130 „Zeppelin II“ in den Jahren 1938 und 1939 über Deutschland, war der Luftschiffhafen Potsdam somit nur eine kurze Episode von wenigen Jahren.

50 Land- und Wassersportplatz Luftschiffhafen (1925 bis 1945)

Nachdem das Gelände des Luftschiffhafens noch 1919 von der „Luftschiffbau Zeppelin G.m.b.H.“ gekauft worden war, erwarb die Stadt Potsdam 1924 wieder das Gelände und errichtete einen Sport- und Freizeitpark nach Plänen des Stadtgartendirektors Hans Kölle, der am 15. Mai 1927 als „Land- und Wassersportplatz Luftschiffhafen“ eröffnet wurde. Dieser Sportplatz war als Trainingsstätte für viele Potsdamer Sportvereine vorgesehen.

Der Eingang zu diesem Land- und Wassersportplatz war der gleiche wie beim Luftschiffhafen, der auch heute noch in leicht abgewandelter Form, insbesondere der Turmdächer, erhalten ist und ebenfalls unter Denkmalschutz steht.

Ansichtskarte vom Eingang zum Land- und Wasser-„Sportplatz Luftschiffhafen“ (die Buchstabenkette „LUFTSCHIFFHAFEN“ wurde übernommen und aus Platzgründen nur die Buchstabenkette „SPORTPLATZ“ darüber angebracht).

Im Programm der Weihefeier waren nach dem Einmarsch des im Potsdamer Lustgarten gestarteten Festumzuges, dem Einbringen der Fahnen, einer Rede des Potsdamer Oberbürgermeisters u. a. sportliche Übungen vorgesehen: Freiübungen von 1500 Schülerinnen und Schülern, turnerische und sportliche Vorführungen in den Disziplinen Turnen (Barren, Reck, Boden), Leichtathletik (Hoch-, Weit- und Stabhochsprung), Ballspiele (Fußball, Faustball, Handball und Hockey) sowie Staffelläufe für die Jugend, für Damen, für Herren und für Senioren.

Die gesamte Anlage bestand aus dem Stadion – heute noch an gleicher Stelle – für 13.000 Zuschauer, dessen Längsseite (in südöstlicher Richtung) den Blick freigab auf den Templiner See, einer Verbreiterung der Havel. Diese Seite des Stadions war ohne Tribüne, aber mit einem Denkmal zu Ehren der im 1. Weltkrieg gefallenen Potsdamer versehen. Vom Stadion in Richtung Templiner See befanden sich 5 Rasenplätze für Fußball, (Feld-)Handball und Hockey sowie eine Schwimmanstalt mit einem Schwimm- becken von 100 m Länge, das in der Havel mit Balken und Barrieren abgesteckt war und der Potsdamer Bevölkerung als Badeanstalt diente. Am südwestlichen Rand dieses Schwimmbeckens befand sich ein Sprungturm aus Holz für Sprunghöhen von 1 m, 3 m, 5 m und 10 m, daneben der Strand für die Nichtschwimmer. Neben der Schwimmanstalt befand sich eine Umkleidehalle – nicht nur für die Schwimmer.

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Die Eintrittskarten waren verschiedenfarbig, in mindestens fünf Farben (Schrift jeweils in schwarz).

Eintrittskarte und Programm der Weihefeier am 15. Mai 1927.

Auf der südwestlichen Seite der fünf Rasenplätze befand sich ein Reitturnierplatz, ein Kinderspielplatz und das weiter unten angeführte Regattahaus.

Auf der östliche Seite des Geländes waren Anlagen für die Leichtathleten – u. a. eine 110 m lange Laufbahn, Weitsprunganlagen sowie Plätze für Kugelstoßen – und die Turner, ein weiterer Fußballplatz sowie Ausstellungshallen und Wirtshäuser.

Weiterhin entstand auf dem Templiner See eine riesige Regattastrecke und ein dazu gehöriges Regattahaus, das heute noch existiert, aber z. Z. ebenfalls nicht mehr genutzt wird und unter Denkmalschutz steht. Der heute als Gaststätte und Vereinshaus bestehende „Seekrug“ wurde Anfang der 30er Jahren gemeinsam mit den Bootshäusern errichtet. Weiterhin wurden auf dem Gelände eine Festhalle, eine Kleinkaliber- Schießanlage, ein Yachthafen, sowie Spielplätze und Gaststätten erbaut. Potsdam hatte sich damit einen Mittelpunkt des Sports geschaffen. Heute sind davon einige dieser Gebäude nicht mehr vorhanden oder dem Verfall preisgegeben.

Einer der ganz großen des deutschen Sports, Max Schmeling – Weltmeister aller Klassen im Boxen –, geb. am 28.09.1905 in Klein-Luckow, damals zu Brandenburg gehörend, gest. am 02.02.2005 in Hollenstedt (nahe Hamburg) – trainierte 1935 auf dem Sportgelände Luftschiffhafen für seinen am 7. Juli 1935 im Berliner Poststadion durchgeführten Boxkampf gegen den Spanier Uzcudum Paolino5, den er auch in seinem zweiten Kampf gegen diesen Gegner (1. Kampf 13.5.1934 in Barcelona) mit gleichem Ergebnis nach 12 Runden nach Punkten für sich entschieden hat.

5 Volker Kluge, „Max Schmeling – Eine Biografie in 15 Runden“, Aufbau-Verlag, 2004 52 Der Armeesportklub ASK „Vorwärts“ Potsdam (1945 bis 1990)

Nach dem 2. Weltkrieg gehörte Potsdam zur Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Sportplatz Luftschiffhafen wurde, soweit die Anlagen nicht durch Kriegseinwirkungen zerstört waren, von der Roten Armee genutzt. Da die Anlagen aber zu weit von den Kasernen lagen, wurde die Nutzung durch die Rote Armee bald eingestellt.

Schon am 1. Juli 1945 wurde in der SBZ die „“ (VP) gegründet, die zu Beginn jedoch nur den Charakter einer Ordnungspolizei hatte und der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) unterstellt war. Jedoch schon im Oktober 1945 wurden diese Polizeieinheiten den jeweiligen Länderinnenministerien unterstellt. In den Ländern der SBZ wurden 1947 je drei kasernierte Bereitschaften, die sog. „Kasernierte Volkspolizei“, aufgestellt6.

Gleichzeitig (Ende 1945, Anfang 1946) wurden durch die VP „Volkspolizeisport- gemeinschaften“ in der SBZ gegründet, eine davon in Potsdam mit den Schwerpunkten Fußball, Handball und Judo7. Von der VP wurde zu dieser Zeit das Gelände des Luftschiffhafens für den Dienstsport und als Trainingsstätte für die genannten Sportarten genutzt.

Bereits am 01. Oktober 1956 wurde innerhalb der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR die Armeesportvereinigung „Vorwärts“ (ASV) in Berlin gegründet, die Armeesportklubs (ASK „Vorwärts“) in Berlin, Leipzig, , Neubrandenburg, Erfurt und Cottbus unterhielt7. Das Gelände des Luftschiffhafens Potsdam wurde zunächst als Außenstelle des ASK „Vorwärts“ Berlin genutzt, ehe etwas später daraus der eigenständige ASK „Vorwärts“ Potsdam gebildet wurde.

Embleme der Armeesportvereinigung (ASV) und des ASK Vorwärts Potsdam,

schwarz: AS, rot: V, gold (gelb) Grundfarbe. schwarz: ASK und Potsdam, rot: Vorwärts gold (gelb): Grundfarbe.

Das Emblem des ASK „Vorwärts“ Potsdam zeigt das Stadtwappen von Potsdam und soll erst in der 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts eingeführt worden sein.

Mit der Gründung des „Deutschen Turn- und Sportbundes“ (DTSB) im April 1957 und mehreren Partei-Beschlüssen in den folgenden Jahren zur Entwicklung von Körperkultur und Sport in der DDR, wurde auch das Gelände des ASK „Vorwärts“ Potsdam komplett umgestaltet. So entstanden moderne Trainingsstätten, z. B. 1964 ein Pferdestall und eine Fechthalle (umgebaute ehemalige Schießhalle), da Potsdam zu dieser Zeit einen Schwerpunkt im Modernen Fünfkampf und im Reitsport (Dressur und Military) bildete. Auch wenn olympische Medaillen für den Reitsport des DDR nicht gewonnen wurden, so waren zumindest die Dressurreiter von hohen Niveau, belegten sie doch bei den Olympischen Spiele 1968 und 1972 in der Mannschaftswertung einen hervorragenden 4. (1968) bzw. 5. Platz (1972) sowie durch Horst Köhler (ASK) 1968 einen 5. Platz in der Einzelwertung. Ein weiterer Schwerpunkt für Potsdam wurde in den Motorradgeländesport (später Enduro genannt) gelegt. Wegen (relativer) Erfolglosigkeit wurden diese beiden

6 Olaf Freier, Forschungsbericht 1993 „Wiederbewaffnung in der SBZ/DDR zwischen 1945 und 1955“ 7 Kleine Enzyklopädie „Körperkultur und Sport“, Herausgeber: DHfK, 1960 53 Sportarten Mitte der 70er Jahre aus dem Programm in Potsdam (und in der DDR) aus der Förderung gestrichen und damit nur noch auf regionaler Ebene bestritten.

In den Jahren 1974 bis 1976 entstanden auf dem Gelände des Luftschiffhafens eine Schwimm- und eine Leichtathletikhalle, 1978 eine Kanuzentrum, für das 1984 / 1985 eine Kanugegenstromanlage errichtet wurde. Ebenfalls 1978 wurde die Kinder- und Jugendsportschule (KJS) des Bezirks Potsdam, die seit Bildung der KJS in der DDR in Brandenburg (Havel) stationiert war, nach Potsdam-Luftschiffhafen verlegt und mit dem Namen „Friedrich Ludwig Jahn“ versehen. Die Gebäude für diese KJS (Schule, Internat, Mensa und kleine Trainingshalle) wurden nicht auf dem Gelände des Luftschiffhafens errichtet, sondern auf einem daneben liegenden Privatgrundstück. (s. auch Kapitel ab 1990). 1984 / 1985 wurde auch ein Nebenstadion (parallel zur Leichtathletik- und Schwimmhalle) als Trainingsplatz für die Leichtathleten errichtet. Außerdem entstanden eine Turnhalle, eine Ballspielhalle, an der offenen Seite des Stadions wurde das Kriegerdenkmal entfernt und eine Zuschauertribüne errichtet.

Aus den baulichen Einrichtungen leiten sich leicht die sportlicher Schwerpunkte des ASK „Vorwärts“ Potsdam ab: Leichtathletik, Schwimmen, Geräteturnen, Kanurennsport sowie in den Anfangsjahren (Dressur)Reiten, Moderner Fünfkampf und Fechten. Der ASK „Vorwärts“ Potsdam war ein hoch angesehenes Leistungszentrum des DDR-Sports.

In den genannten Sportarten hatte der ASK „Vorwärts“ Potsdam eine große Anzahl bei Olympischen Spielen sowie bei Welt- und Europameisterschaften erfolgreicher Athleten. Einige davon seien hier aufgeführt:

Leichtathletik:

Udo Beyer, Kugelstoßen Gold OS 1976

Peter Frenkel, 20 km Gehen Gold OS 1972

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Evelin Jahl, Diskuswerfen Gold OS 1976 und 1980

55 Turnen:

Holger Behrendt, Reck Gold OS 1988 Ringe Bronze OS 1988 Mannschaft Silber OS 1988

Schwimmen:

Sarina Hülsenbeck,

4x100m Freistil Gold OS 1980

Kanurennsport:

K1 – 500 m Gold OS 1980 K2 und K4 – 500 m je Gold OS 1988 K1 – 500 m Silber OS 1988 Boot (1) K2 Birgit Fischer (vorn) mit Anke Nothnagel.

Birgit Fischer ist mit 8 Goldmedaillen bei Olympischen Spielen die erfolgreichste deutsche Sportlerin.

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Ingo Spelly (hinten) im C 2 – 1000m Silber OS 1988 mit Olaf Heukrodt (2. Boot von vorn).

Ein Sportler des ASK „Vorwärts“ Potsdam, der Speerwerfer Uwe Hohn ist ewiger Welt- rekordler in seiner Disziplin mit einer Weite vom 104,80 m, aufgestellt am 24. Juli 1984 beim 22. Olympischen Tag im (Ost)Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark. Wegen dieser Weite wurden die Speere auf Veranlassung der IAAF geändert, der Schwerpunkt wurde um 4 cm nach vorn verlagert, so dass bis heute solche Weiten nicht mehr erzielt werden konnten.

Das Gelände des ASK „Vorwärts“ Potsdam war in dieser Zeit militärische Gebiet, so dass für die Bevölkerung der Zugang nicht möglich war. Es war eine reine Trainingsstätte für die Sportler des ASK. Ab 1982 fanden lediglich einmal jährlich leichtathletische Wettkämpfe mit internationaler Beteiligung im Stadion Luftschiffhafen statt – immer einen Tag nach dem Olympischen Tag in Berlin.

Eine der begehrten Eintrittskarten von 1982.

Der zum ehemaligen Land- und Wassersportplatz gehörende Ruderkomplex, mit Seekrug und den Bootshäusern gehörte in dieser Zeit nicht zum ASK „Vorwärts“ Potsdam, sondern zur Sportvereinigung der Volkspolizei „SV Dynamo“ als Sportgemeinschaft (SG) „Dynamo“ Potsdam.

57 Der Sportplatz Luftschiffhafen 1990 bis heute (2007)

Nach der politischen Wende in den Jahren 1989 / 1990 und dem Tag der Deutschen Einheit, am 03. Oktober 1990, gingen die Liegenschaften und das Inventar des ASK in den Besitz der Bundeswehr über – es war ja militärisches Gelände – und der Olympische Sportclub Potsdam Luftschiffhafen e. V. (OSC Potsdam), kurz vorher, am 27. September 1990, als sportlicher Nachfolger des ASK gegründet, wurde gleichberechtigter Mitbenutzer der Anlagen8.

Auf dem Gelände des Luftschiffhafens – später ASK – wurde von der Bundeswehr die Sportschule der Bundeswehr – „Lehrgruppe C der Sportgruppe der Bundeswehr“ – gebildet, zuständig für die neuen Bundesländer (Lehrgruppe A in Warendorf für die Sommersportarten, Lehrgruppe B in Sonthofen für die Wintersportarten). In diesen Sportfördergruppen der Bundeswehr finden (und fanden in Potsdam) Wehrdienst leistende Spitzensportler beste Trainingsbedingungen. Außerdem werden (bzw. wurden in Potsdam) an den Sportschulen der Bundeswehr Soldaten zu Übungsleitern und Fachsportleitern ausgebildet.

Ab 1. Januar 1993 wurde das Gelände mit seinen Anlagen der Stadt Potsdam übertragen. Die Sportgruppe der Bundeswehr verabschiedete sich aus Potsdam. Schon vorher, im November 1991, wurde ein Olympiastützpunkt zur übergreifenden Förderung von Jugend- und Spitzensport eingerichtet.

In der Stadtverwaltung Potsdam war das Gelände dem Sport- und Bäderamt, Fachbereich Schule unterstellt. 2006 wurde der „Regiebetrieb Luftschiffhafen“ gebildet – sozusagen als Verwaltungseinheit.

Heute haben auf dem Gelände die in der folgenden Tabelle aufgeführten Vereine und Ver- bände ihr Domizil aufgeschlagen (Trainingsstätten und/bzw. Büros):

Olympiastützpunkt Potsdam e.V. Landesschwimmverband Brandenburg e.V. Olympischer Sportclub Potsdam e.V. Leichtathletikverband Brandenburg e.V. Potsdamer Rudergesellschaft e.V. DLRG Landesverband e.V. Landesruderverband Brandenburg e.V. DLRG Kreisverband e.V. Landeskanuverband Brandenburg e.V. DLRG Landesjugend e.V. Märkischer Turnerbund e.V. Potsdamer Laufclub e.V. DRK Wasserwacht SSV Turbine Potsdam e.V. 1. Potsdamer Schwimmverein e.V. Stadtsportbund Potsdam e.V. Fu-LV, Fußballkreis Havelland-Mitte Europäische Sportakademie des Landes Triathlonbund e.V. Brandenburg Sporthilfe Brandenburg e.V. Fachbereich Schule und Sport, Regiebetrieb SG Fanfarenzug e.V. Luftschiffhafen

Von den angeführten Vereine sollen hier nur einige wenige vorgestellt werden. Die erfolgreichen Sportler und Sportarten werden in anderen Artikeln dieser Broschüre gewürdigt.

Olympischer Sportclub Potsdam Luftschiffhafen e. V. Der 1990 als sportlicher Nachfolger des ASK „Vorwärts“ gegründete OSC hat heute über 1500 Sportlerinnen und Sportler, die unter diesem Namen starten.

Im OSC Potsdam werden folgende Sportarten angeboten: Kanu-Rennsport, Schwimmen, Wasserball, Moderner Fünfkampf Fechten und Triathlon, aber auch der Sport im Preussen-Kanu – die langen Rennboote mit ca. 20 Sportlern als Besatzung und einem

8 Tagesspiegel vom 3.3.1992 „Vom Armeesportklub zum Olympiastützpunkt“ 58 Trommler, der die Schlagzahl vorgibt – wird hier gepflegt. Besonders erfolgreich bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie bei Olympischen Spielen sind die Rennkanuten, aber auch Schwimmerinnen und Radsportler. Besonderes Augenmerk richtet der OSC auf die Nachwuchsarbeit – den Kinder- und Jugendsport. Ca. 50 % der Vereinsmitglieder sind unter 18 Jahren. 2002 wurden im Stadion Luftschiffhafen die 13. Leichtathletik-Senioren- Europameisterschaften unter dem Motto „schneller laufen, langsamer altern“ ausgerichtet. Sportler im Alter bis zu 93 Jahren zeigten noch in verschieden Disziplinen bewundernswerte Leistungen.

Olympiastützpunkt Potsdam Der Olympiastützpunkt Potsdam ist – wie alle deutschen Olympiastützpunkte – ein Servicecenter für Bundeskader- athleten und deren Trainer. Er unterbreitet diesen Sportlerinnen und Sportler Angebote sowohl für das Leben als Leistungssportler als auch für die Zeit da nach. Das Betreuungsfeld dieses Olympiastützpunktes sind die Sportarten: Kanu-Rennsport, Rudern, Fußball (weiblich), Leichtathletik, Schwimmen, Triathlon, Moderner Fünfkampf, und Bobsport. Es sind also jene Sportarten, die von den auf dem Gelände ansässigen Clubs und Vereinen angeboten werden.

Aber was hat die Wintersportart Bobsport mit dem im Flachland liegenden Potsdam zu tun? Potsdam ist seit DDR-Zeiten, das ist bis heute so geblieben, die „Anschieberschule der Nation“. Gegründet wurde diese Tradition durch einen Anschiebertest 1971 bei ASK „Vorwärts“ Potsdam. Meinhard Nehmer, 1963 als Speerwerfer zum ASK gekommen, hat diesen Test mit ausgezeichneten Leistungen bestanden. Er wechselte 1973 zum ASK „Vorwärts“ Oberhof. Dort war die damals einzige künstliche Bob- und Rodelbahn der DDR. Meinhard Nehmer wurde Bobpilot und begründete mit seinen Erfolgen bei Olympischen Winterspielen – 1976: Gold im Zweier- und im Viererbob, 1980: Gold in Vierer-, Silber im Zweierbob - und bei Weltmeisterschaften eine lange und erfolgreiche Bobtradition der DDR, die auch im geeinten Deutschland fortgeführt wird. Viele Anschieber dieser Bobs haben in Potsdam ihre ersten Tests bestanden und ihre athletische Ausbildung für diese Sportart hier absolviert. Aktuell der bekannteste Anschieber aus Potsdam ist Kevin Kuske.

Lake Placid 1980: Gold für Meinhard Nehmer (DDR) im Zweier- und Vierer-Bob.

Aber auch die Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“ – eine der Talentschmieden des deutschen Sports – mit dem „Haus der Athleten“ (Sportlerunterkunft) und der Mensa (Fa. Bärenmenü) profitiert von den Serviceleistungen des Olympiastützpunktes.

59 Sportschule Potsdam „Friedrich Ludwig Jahn“ In der Sportschule Potsdam werden sportlich begabte junge Leute sowohl schulisch als auch sportlich gefördert. In zwei Sekundärstufen werden junge Sportler in ihren Spezialsportarten betreut. Sie erhalten in den Sportanlagen des Komplexes Luftschiffhafen gute Trainingsbedingungen, werden aber auch in ihren schulischen Leistungen gefordert. Junge Sportler werden in den Sportarten Rudern, Leichtathletik, Schwimmen, Fußball (weiblich), Handball (männlich), Triathlon, Moderner Fünfkampf, sowie Judo und (beide weiblich) ausgebildet. In den Jahren 2002 bis 2006 errangen diese Sportler bei Junioren-WM und – EM 16 x Gold, 25 x Silber und 23 x Bronze.

Wie bereits erwähnt, wurde (damals) die Kinder- und Jugendsportschule zu DDR-Zeiten auf dem Privatgrundstück Carlshagen errichtet. Der Berliner Bankier Carl Hagen hatte dieses Grundstück 1909 erworben und darauf eine Villa errichtet (heute noch, aber sehr baufällig, erhalten). Nach 1990 haben die Erben von Carl Hagen Rückübertragungsansprüche gestellt. Im Mai 20079 kam es zwischen den Eigentümern und der Stadt Potsdam, vertreten durch die städtische Wohnungsbauholding Pro Potsdam, zu einer Einigung mit den Erben, so dass Potsdam einen Teil dieses Geländes kaufen konnte. Wegen Problemen beim Grundbuchamt soll der Kauf erst Anfang 2008 rechtsgültig abgeschlossen sein. Damit wären auch die Gebäude der Sportschule (und das Grundstück) Eigentum der Stadt Potsdam und somit dem Gesamtkomplex zugeordnet. Spielgemeinschaft Fanfarenzug Potsdam e. V. Der Fanfarenzug wurde am 30. Juni 1963 mit fünf jungen Leuten gegründet. Das Repertoire der heute über 100 Bläser und Trommler im Alter zwischen acht und vierzig Jahren reicht von Arrangements festlicher Fanfarenmusik über Marschmusik bis zu modernen Klängen.

In den Jahren 1970 bis 1990 war der Fanfarenzug 17-facher DDR- Meister. Seit 1990 errang er auch bei internationalen Meisterschaften hervorragende Plätze, u. a. war er in den Jahren 1996, 1998, 1999 und 2001 Weltmeister der Fanfarenzüge. Der WM-Titel 2001 wurde in Potsdam, auch im Stadion Luftschiffhafen, errungen. Auf Grund solcher ausgezeichneter Leistungen wurden der SG Fanfarenzug Potsdam e. V. auch die Ausrichtung der Weltmeisterschaften 2010 übertragen.

Ostdeutscher Sparkassen Verband und Kongresshotel „Am Templiner See“

Der Vollständigkeit wegen soll angeführt werden, dass in den Jahren 1992 / 1993 der Ostdeutsche Sparkassenverband (zuständig für die Bundesländer Sachsen, Sachsen- Anhalt, Brandenburg Und Mecklenburg-Vorpommern) auf ca. 20% bis 25% des ehemaligen Geländes Luftschiffhafen eine Sparkassenakademie und das Kongresshotel „Am Templiner See“ errichtet hat. Die neuen Gebäude sollen mit ihrer Architektur an die Zeit der Luftschiffe in Potsdam erinnern. Im Kongresshotel befindet sich eine interessante Dauerausstellung mit Exponaten und Modellen zum Luftschiffhafen.

Der Autor bedankt sich für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Artikels bei: Herrn Dirk Albrecht, Leiter Regiebetrieb, Herrn Dr. Andreas Höppner, Leiter Olympiastützpunkt Potsdam, Herrn Jürgen Höfner, Geschäftsführer OSC Potsdam, Herrn Knitter, Rentner, früher Museum Potsdam und Frau Badrow, Rentnerin und Stadtführerin in Potsdam.

9 Märkische Allgemeine, 22. 11. 2007, Lars Sittig, „Müller-Zinsius: Formalie beim Grundbuchamt verhindert Vollzug“, 60