Peter Gülke – Guillaume Du
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Peter Gülke – Guillaume Du Fay Du Fay – links vor dem Portativ – und Binchois – rechts, mit der Harfe, Miniatur aus einer um 1451 in Arras angefertigten Kopie des Champion des Dames von Martin le Franc (Paris, Bibliothèque Nationale, fonds français 12476, folio 98 recto Peter Gülke Guillaume Du Fay Musik des 15. Jahrhunderts Verlag J. B. Metzler Stuttgart · Weimar Bärenreiter Kassel Bibliografi sche Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar ISBN 978-3-476-01883-0 (J.B. Metzler) ISBN 978-3-476-02848-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-02848-8 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 2003 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprü nglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel GmbH in Stuttgart 2003 www.metzlerverlag.de [email protected] Inhalt Vorwort ...................................................................................................................... VII Zeittafel ................................................................................................................... XIX I. De presbytero genitus et soluta ............................................................................. 1 II. Cambrai – Konstanz und zurück: Klausur und große Welt ............................... 7 III. Zwischen Ländern und Epochen? – Drei Malatesta-Motetten ........................ 15 IV. Rimini: Zwei Balladen und die erste Messe .................................................... 38 V. Chanson I: »Fröhliche Wissenschaft« .................................................................. 56 VI. Pfründen ........................................................................................................ 76 VII. Komponieren ohne Netz: Meßsätze und Satzpaare ......................................... 80 VIII. Contenance angloise .......................................................................................... 93 IX. Im Lande Petrarcas ....................................................................................... 105 X. Im Zeichen des heiligen Jakob: Bologna 1425-28 ......................................... 117 XI. Fauxbourdon ............................................................................................... 134 XII. Chanson II: »Qui veult faire rondeau ...« .......................................................... 148 XIII. Drei Papstmotetten ...................................................................................... 153 XIV. Kanonkünste ................................................................................................ 170 XV. Drei Motetten für Florenz ............................................................................ 184 XVI. Modus, Tonalität und Perspektive .................................................................. 210 XVII. Liturgischer Alltag? – Hymnen, Antiphonen, Sequenzen ............................... 230 XVIII. Chanson III: Douce Melancholie ...................................................................... 245 XIX. Balladen, Dispute, Lamenti: Gelegenheitsmusik ............................................. 261 XX. Galt ein Musiker überhaupt als Künstler? ...................................................... 280 XXI. Chanson IV: Or pleust a dieu intertextuell ...................................................... 293 XXII. Anonymitäten, Grauzonen und ein »zweiter Stil« .......................................... 303 XXIII. Antonius von Padua – Patron offener Formen .............................................. 323 XXIV. Weltlich veranlaßt – die Messen über Se la face ay pale und L’homme armé ...... 344 XXV. Du Fay einstimmig ....................................................................................... 376 XXVI. Testamente im Zeichen der Gottesmutter ..................................................... 382 XXVII. Ars moriendi und motettisches Bewußtsein .................................................... 412 Anhang Notenanhang ................................................................................................................ 439 Werkverzeichnis ........................................................................................................... 455 Eigens erwähnte oder eingehender erörterter Werke ..................................................... 469 Glossar ........................................................................................................................ 472 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 477 Personenregister ........................................................................................................... 492 V Vorwort Guillaume Du Fay, zu seiner Zeit in seinem Fach eine Jahrhundertfi gur, stellt sich heute im Bewußtsein der musikalischen Öffentlichkeit als nebulöse bis legendäre Größe dar, nahezu als Geheimtip für Spezialisten und Eingeweihte. Die Gründe hierfür sind zu vielfältig, zu tief mit der Strukturierung des Musiklebens, mit der Art und Weise unseres Musikhörens und -erle- bens verbunden, als daß einer, der über ihn zu schreiben unternimmt, versuchen dürfte, sie geradenwegs zu entkräften oder auf einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit auszugehen. Wichtiger und angemessener wäre anhand unterschiedlicher Stücke und von verschiedenen Seiten her immer neu zu fragen, weshalb und inwiefern diese Musik sich uns entzieht und dennoch eine Vorstellung vermittelt von dem, was sich da entzieht. Weil sich unter dem Gegendruck dieser Fragestellung tragfähige Verständnisbrücken am ehesten bauen lassen, hat der Rekurs auf sie mit Resignation nichts zu tun. Würden wir nicht so fragen, hätten wir mehr Anlaß zu Resignation – beispielsweise ange- sichts der Nachbarschaft von Hochschätzung und raschem Vergessen nach Du Fays Tod, noch mehr angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der fast alle kulturgeschichtlichen Darstellun- gen seiner Zeit Musik vernachlässigen und sich ersparen, dieses anhand der Quellen leicht überführbare Defi zit zu refl ektieren. Wenn schon nicht hierüber, müßten wir uns wenigstens darüber wundern, daß eine musikalische »Achsenzeit«1, in der die wichtigsten Weichen für die Entwicklung des mehrstimmigen Komponierens gestellt und Maßstäbe etabliert wurden, bei denen spätere Generationen oft nur mit Mühe mithalten konnten – nicht zufällig trägt deren ambitionierteste Darstellung aus jüngerer Zeit den Titel The Rise of European Music 2 – , so wenig Aufmerksamkeit fi ndet. Freilich hätten wir die Gegenfrage zu gewärtigen, weshalb wunderbare Musik komponiert, wunderbar aufgeführt und kompetent über Musik geschrie- ben werden konnte von Leuten, die von Du Fay, Ockeghem oder Josquin des Prés keine Ahnung hatten. Sie wären, sofern sie sich zu verteidigen nötig fänden, kaum widerlegbar mit der Argumentation, deren Schöpfungen hätten nur eine winzige Enklave in der Gesamtmasse des seinerzeit Gesungenen bzw. Musizierten gebildet, und die Art und Weise, in der wir Zutritt zu dieser Enklave suchten, hätte mit dem originaliter zugehörigen, vermutlich enttäuschend pragmatischen, viel weniger ästhetischen Verständnis wenig gemein. Wer immer wieder auf die Situation der entfernten, schwer zugänglichen Musik rekur- riert, bekommt, weil er einen weiten Problemhorizont offenhalten muß, mit einem metho- dischen Dilemma zu tun: Sauberes Nacheinander im Abhandeln aller auf Grundsätzliches zielenden Fragestellungen muß er sich versagen, Verfl echtungen von Werk und Biographie, Wiederholungen, wie immer aufs jeweilige Detail zuspitzend, kann er nicht vermeiden. Im vorliegenden Buch betrifft das die Problematik der Epochengrenze ebenso wie die eines angemes senen Hörens, diejenige adäquater ästhetischer Kategorien ebenso wie die soziologi- sche der jeweils gemeinten Adressaten, diejenige des Verhältnisses der notierten, komponierten zur nicht notierten, vornehmlich usuell geprägten Musik ebenso wie die der Aufführungswei- sen, es betrifft das Spannungsverhältnis zwischen der Dynamik der in den Werken initiierten 1 Eine Prägung von Karl Jaspers, vgl. ders.: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, Frankfurt am Main/Hamburg 1955, S. 58 ff. 2 Strohm 1993 VII Entwicklung und deren Abbremsung in konsistenten Strukturen ebenso wie dasjenige einer zunehmend prätendierten ästhetischen, wo nicht gar personenbezogenen Unverwechselbar- keit und der anonymisierenden Einbindung in Anlässe, Funktionen, Rituale, transzendierende Bezüge. Der eingangs behauptete, auf legendäre Größe reduzierte Du Fay scheint im Widerspruch zu stehen zu hochachtbaren, vielfältigen musikwissenschaftlichen Bemühungen und zur Arbeit von Spezialensembles, welche dem Interessierten kompetente Höreindrücke vermitteln, im Widerspruch auch zum interessierten, sachkundigen Verhältnis zu Du Fay bei etlichen Kom- ponisten unserer Zeit. Wir verfügen über eine, wie immer umstrittene, mittlerweile ergänzte und weiter ergänzungsbedürftige Gesamtausgabe, eine den Lebensweg nahezu lückenlos erhellende Dokumentation und können Aufführungen erleben, deren Überzeugungskraft uns das Gefühl vermittelt, dieser Musik nahe zu sein – und