Der Nachlass Von Rudolf Mauersberger in Der SLUB Dresden Marina Lang

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Der Nachlass Von Rudolf Mauersberger in Der SLUB Dresden Marina Lang Sächsische Heimatblätter 1|15 Der Nachlass von Rudolf Mauersberger in der SLUB Dresden Marina Lang Werke des Kreuzkantors Rudolf Mauersberger (1889–1971) werden bis heute regelmäßig auf- geführt und natürlich auch verlegt. So kann die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden stolz sein, die Notenmanuskripte aus dem Nachlass des Komponisten ihr Eigen nennen zu können. Es gibt viele Fachbereiche in der Bibliothek, in denen man Materialien zu Rudolf Mauersber- ger entdecken kann. Dazu zählen Noten, Bücher, Zeitschriften, Bilder und Tonträger.1 Die Bibliothek ehrte ihn und seinen umfang- reichen Nachlass 2014 anlässlich seines 125. Geburtstages mit einer Webseite.2 Darüber hinaus gab es eine Kabinettsausstellung zum kompositorischen Nachlass, die von Oberlan- deskirchenrat i.R. Dr. Christoph Münchow, einem ehemaligen Kruzianer unter Mauersber- Rudolf Mauersberger am Flügel, ger, gestaltet und von mehreren Fachvorträgen 1962, Foto: SLUB, Deutsche begleitet wurde. Fotothek. Rudolf Mauersberger fühlte sich stets seinen erzgebirgischen Wurzeln verbunden. Sein Erhard (1903–1982), der später als 14. Tho- Elternhaus blieb der wichtigste Rückzugsort maskantor in Leipzig wirkte, selbst die musika- zum Komponieren und Zufluchtsort in lischen Grundlagen. Die weitere Ausbildung schwierigen Zeiten. Im Berufsleben folgte er erfolgte im Königlichen Lehrerseminar in einem inneren Ehrgeiz und einer hohen Leis- Annaberg. Von 1912 bis 1914 studierte Rudolf tungsbereitschaft, die ihm während seiner 41 Mauersberger am Königlichen Konservatori- Jahre dauernden Amtszeit (1930–1971) als 25. um in Leipzig bei dem Thomasorganisten Karl Evangelischer Kreuzkantor in Dresden antrie- Straube (1873–1950), dem Klavierpädagogen ben. Darunter fielen nicht einfache Jahre wäh- Robert Teichmüller (1863–1939) und bei Ste- rend der Zeit des Nationalsozialismus und das phan Krehl (1864–1924), Lehrer für Musikthe- unmittelbare Erleben der Bombardierung und orie und Komposition. Großen Einfluß auf Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945. Mauersberger hatte der am Königlichen Kon- Mauersberger prägte den Chor wie kein ande- servatorium in Leipzig tätige Komponist Prof. rer vor ihm und führte ihn zu einer nie zuvor Max Reger (1873–1916). erreichten Leistungshöhe. Deshalb verehren 1914 wurde Mauersberger für seine komposi- und schätzen ihn Kruzianer bis zum heutigen torischen Leistungen mit dem Nikisch-Preis Tag. geehrt. Seine erste Kantorenstelle in Lyck (Ost- preußen) musste er aufgrund des Ersten Welt- Aus seinem Leben krieges wieder aufgeben. Den Kriegsdienst ver- 1 Weitere Informationen unter: sah er als Militärmusikleiter von 1915 bis 1918 http://www.slub-dresden.de/ Rudolf Mauersberger wurde am 29. Januar in Bad Lausick. Von 1919 bis 1925 war er Lei- startseite/. 1889 in Mauersberg geboren. Sein Vater war ter des Bachvereins und Organist am Städti- 2 https://www.slub-dresden.de/ entdecken/musik/ der Kirchschullehrer Oswald Mauersberger. schen Konzerthaus in Aachen. Das Vokalwerk musikhandschriften/ Dieser legte bei seinen Söhnen Rudolf und Johann Sebastian Bachs stand ab 1923 im Mit- musiknachlaesse/ 53 Sächsische Heimatblätter 1|15 Der Nachlass von Rudolf Mauersberger in der SLUB Dresden telpunkt aller kirchenmusikalischen Konzerte, Realität zu finden. Seine schweren seelischen die Rudolf Mauersberger mit dem Bachverein Bedrängnisse setzte er in einer eigenen veranstaltete. Bereits 1919 baute er in Aachen Komposition um – dem „Dresdner Te einen Kinderchor auf, der mit dem Chor des Deum“. In den Krisen- und Kriegsjahren ab Bachvereins musizierte. Talentierte Knaben aus 1940 drängte es Mauersberger immer mehr dem Kinderchor setzte er auch solistisch ein. zum Komponieren. Unmittelbar nach der Am 1. August 1925 begann Rudolf Mauersber- Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 ger seinen Dienst als Landeskirchenmusikwart floh Rudolf Mauersberger ins Erzgebirge, wo Thüringen und zugleich als Kantor an der er den Trauerhymnus „Wie liegt die Stadt so Georgenkirche in Eisenach. In seiner Funktion wüst“ mit Worten aus den Klageliedern Jere- als Landeskirchenmusikwart arbeitete er an miae komponierte: „Wie liegt die Stadt so einem einheitlichen Thüringer Gesangbuch wüst, die voll Volks war. Alle Tore stehen öde. und einem dazugehörigen Orgelbegleitbuch. Wie liegen die Steine des Heiligtums vorn auf Das Amt des Dresdner Kreuzkantors trat allen Gassen zerstreut. Er hat ein Feuer aus der Rudolf Mauersberger am 1. Juli 1930 an. Das Höhe in meine Gebeine gesandt und es lassen Repertoire des Chores war geprägt von Wer- walten. Ist das die Stadt, von der man sagt, sie ken alter Meister und Kompositionen aus dem sei die allerschönste, der sich das ganze Land 19. Jahrhundert. Die zeitgenössische Musik freuet? Sie hätte nicht gedacht, dass es ihr fehlte überhaupt. Der Kreuzkantor stellte sich zuletzt so gehen würde; sie ist ja zu gräulich dieser Aufgabe und fortan erklangen Werke heruntergestoßen und hat dazu niemand, der von Günter Raphael (1903–1960), Ernst Pep- sie tröstet. Darum ist unser Herz betrübt, und ping (1901–1981), Hugo Distler (1908–1942), unsere Augen sind finster geworden. […]“3 Wolfgang Fortner (1907–1989), Kurt Thomas Dieses erschütternde Werk wurde am 4. (1904–1973) u. a. Über 75 Ur- und Erstauffüh- August 1945 in den Trümmern der Kreuzkir- rungen gab es bis 1937. Daneben wurden che uraufgeführt. Der Kreuzchor hatte seine Kompositionen alter Meister wiederentdeckt, Spielstätte und sein Alumnat verloren. Für ora- insbesondere die Werke von Heinrich Schütz torische Aufführungen wurden zwischenzeit- (1585–1672) und die Kompositionen von lich die Auferstehungskirche Dresden-Plauen Johann Sebastian Bach (1685–1750). Die Dresd- und die St. Martin-Kirche in Dresden-Neu- ner Philharmonie begleitete den Kreuzchor als stadt (Garnisionskirche) genutzt. In seiner „Hausorchester“. Ab 1932 unterrichtete Rudolf Freizeit komponierte Mauersberger weiter für Mauersberger auch Orgelspiel am Konservatori- den Kreuzchor. Er nahm dafür immer mehr um. Mit Wirkung vom 1. Mai 1933 wurde Mau- die Hilfe von Erna Hedwig Hofmann (1913– ersberger Mitglied der NSDAP. 1937 erfolgte 2001) in Anspruch, die dann später bis zu sei- seine Ernennung zum Professor. nem Tode 1971 seine engste Mitarbeiterin Während einer Tournee mit dem Kreuzchor wurde. Mauersberger hat wie kein anderer das durch die USA im Jahre 1938 wütete in Schicksal der jahrhundertealten Musikstadt im Deutschland gerade der Terror gegen die Trauerhymnus „Wie liegt die Stadt so wüst“, im Juden. Eine Emigration kam für Mauersber- „Dresdner Requiem“, im „Dresdner Te Deum“ ger jedoch nicht in Frage, da er sein Amt als und im „Zyklus Dresden“ verarbeitet. Andere Kreuzkantor nicht aufgeben wollte. Werke der Nachkriegszeit widmeten sich der Beschränkungen durch die Nazis versuchte Schönheit der gottgeschaffenen Natur, wie die er geschickt zu umgehen. Sein Glaube an „Geistliche Sommermusik“ oder dem Kreuzes- Gott und seine Liebe zu seiner erzgebirgi- tod Christi, wie die „Lukaspassion“ oder die schen Heimat bestärkten ihn in seiner Ent- „Christvesper“. scheidung. 1936 führte er für den Kreuzchor Der Chor unternahm nach dem Zweiten Welt- zu Weihnachten die Christmette und 1941 krieg viele Tourneen, wobei oft abenteuerliche die Ostermette ein. Damit hatte Mauersber- Transportmittel genutzt wurden. Rudolf Mau- ger Elemente seiner Heimat in die Großstadt ersberger setzte sich mit ganzer Kraft für den verpflanzt. 1944 komponierte er den „Weih- Wiederaufbau der Kreuzkirche ein, die am 13. nachtszyklus der Kruzianer“ nach Texten Februar 1955 – zehn Jahre nach ihrer Zerstö- von Kurt Arnold Findeisen (1863–1963). rung – wieder eingeweiht werden konnte. Zu 3 Auszug aus dem Beginn des „Bergmann, Engel, Nussknacker und Zap- diesem Anlass erklang das „Dresdner Requi- Werkes „Wie liegt die Stadt so pelmann“ führen in diesem Werk den Hörer em“, welches Mauerberger im Sommer 1947 als wüst“ von Rudolf Mauersberger. in eine weihnachtliche Spielzeugwelt. Diese Entwurf begonnen und 1948 vollendet hatte.4 4 Mauersberger bearbeitete dieses musikalischen Ereignisse boten dem Kreuz- Mit diesem Werk schuf Mauersberger eine Werk über viele Jahre, wobei die letzte Fassung aus dem Jahre kantor die Möglichkeit, eine sinnstiftende evangelische Totenmesse, die er den Opfern 1961 stammt. Antwort auf die immer brutaler werdende des Zweiten Weltkrieges widmete. 54 Der Nachlass von Rudolf Mauersberger in der SLUB Dresden Sächsische Heimatblätter 1|15 Autograph des Werkes „Wie liegt die Stadt so wüst“ von Rudolf Autograph des „Dresdner Requiem“ von Rudolf Mauersberger, Seite 23, Mauersberg (RMWV 4/1) 1945, SLUB: Mus.11302-C-500. SLUB: Mus.11302-D-505,1. In der Kreuzkirche wurde auf Initiative von zierte Mauersberger mit dem Kreuzchor über Mauersberger eine Heinrich-Schütz-Gedächt- 16 Schallplatten mit Werken dieses alten Meis- niskapelle errichtet. Bereits 1947 waren die ters. Dazu zählen die Gesamtaufnahmen von Kruzianer in das Gebäude auf der Eisenacher „Geistlicher Chormusik“ und die „Cantiones Straße gezogen, das sie noch heute nutzen. Als sacrae“. In den letzten Lebensjahren führte er die Komponierphasen im Heimatort nachlie- Schütz-Werke mit historischen Instrumenten ßen, widmete sich Mauersberger der Wieder- auf. Interpreten waren u.a. die „Capella fidici- errichtung der Friedhofskapelle in Mauersberg nia“ unter Leitung von Hans Grüß (1929– und der Familiengruft. Die finanziellen Mittel 2001). In den fünfziger und sechziger Jahren dazu entnahm er aus der Zuwendung des 1950 stellte Mauersberger auch neue, experimentel- erhaltenen Nationalpreises
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    Zum Geleit Herbert Blomstedt PETER SCHREIER Kaum ein Tenor hat so wenig geschrien wie er. Aus seiner Kehle kam nur pures Gold. Mir war es vergönnt, in Dresden große Werke mit ihm zu musi- zieren, darunter Beethovens Missa solemnis und die Neunte Sym- phonie, und einmal auch Mozarts Zauberflöte. Die selten zu hören- den acht Konzertarien von Mozart konnten wir für die Schallplatte aufnehmen. Wir wohnten nahe beieinander in der Nähe des »Blauen Wun- ders«, aber nur selten kamen wir zusammen, er war in aller Welt tätig und ich auch. Aber wenn – dann geschah ein großes Wunder im Saal. Er hat uns mit Stimme und Herz gesegnet. Gesegnet seien auch die Erinnerungen an ihn. Aus diesem Paradies kann uns niemand vertreiben. Luzern, den 26. Mai 2020 Herbert Blomstedt Herbert Blomstedt, Prof. Dr. h.c. In den USA als Sohn schwedischer Eltern geboren und in Uppsala, New York, Darm- stadt und Basel ausgebildet, gab er 1954 sein Debüt als Dirigent mit dem Stock- holmer Philharmonischen Orchester. Es folgten Positionen als Chefdirigent beim Oslo Philharmonic Orchestra, beim Dänischen Nationalen Symphonieorchester, beim Schwedischen Radio-Sinfonieorchester und bei der Staatskapelle Dresden. An- schließend wirkte er als Music Director des San Francisco Symphony Orchestra, war Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters und Gewandhauskapellmeister beim Ge- wandhausorchester Leipzig. Seine ehemaligen Orchester in San Francisco, Leipzig, Kopenhagen, Stockholm und Dresden ernannten ihn ebenso zum Ehrendirigenten wie die Bamberger Symphoniker und das NHK Symphony Orchestra in Tokio. Alle herausragenden Ensembles weltweit konnten sich in all den Jahren schon der Diens- te des hoch angesehenen schwedischen Dirigenten versichern. Mit über 90 Jahren steht er nach wie vor mit enormer geistiger und körperlicher Präsenz, voller Elan und künstlerischem Tatendrang am Pult.
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