Protokoll-Nr. 19/41

19. Wahlperiode Ausschuss für Wirtschaft und Energie

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Wortprotokoll der 41. Sitzung

Ausschuss für Wirtschaft und Energie Berlin, den 15. Mai 2019, 11:00 Uhr 10557 Berlin, Paul-Löbe-Allee 2 Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4.900

Vorsitz: , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Anhörung

Tagesordnungspunkt 1 Seite 5 a) Antrag der Abgeordneten Steffen Kotré, Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie , , weiterer Mitberatend: Abgeordneter und der Fraktion der AfD Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- Deindustrialisierung Deutschlands stoppen – heit Ausstieg aus dem Kohleausstieg BT-Drucksache 19/7720

b) Antrag der Abgeordneten Dr. , Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie , , weiterer Abge- Mitberatend: ordneter und der Fraktion der FDP Finanzausschuss Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Kohleausstieg mit Verantwortung und Weitsicht – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- Sicher, bezahlbar und europäisch heit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- BT-Drucksache 19/7696 schätzung Haushaltsausschuss

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c) Antrag der Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie , Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Mitberatend: Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- heit Kohleausstieg schnell und sozial gerecht umsetzen Haushaltsausschuss BT-Drucksache 19/7703

d) Antrag der Abgeordneten , An- Federführend: Ausschuss für Wirtschaft und Energie nalena Baerbock, , weiterer Abgeordne- Mitberatend: ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicher- Nach den Empfehlungen der Kohlekommission – heit Jetzt Einstieg in den Kohleausstieg Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab- schätzung BT-Drucksache 19/7733 Haushaltsausschuss

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Bleser, Peter Dött, Marie-Luise Durz, Hansjörg Grundmann, Oliver Grotelüschen, Astrid Holmeier, Karl Hauptmann, Mark Kemmer, Ronja Heider, Dr. Matthias Körber, Carsten Helfrich, Mark Kruse, Rüdiger Knoerig, Axel Linnemann, Dr. Carsten Koeppen, Jens Mattfeldt, Andreas Lämmel, Andreas G. Möring, Karsten Lenz, Dr. Andreas Nicolaisen, Petra Loos, Bernhard Nüßlein, Dr. Georg Metzler, Jan Pols, Eckhard Müller (Braunschweig), Carsten Ramsauer, Dr. Peter Pfeiffer, Dr. Joachim Schweiger, Torsten Rouenhoff, Stefan Steier, Andreas Stein (Rostock), Peter Stetten, Christian Frhr. von Willsch, Klaus-Peter Vries, Kees de SPD Freese, Ulrich Bartol, Sören Gremmels, Timon Jurk, Thomas Junge, Frank Kapschack, Ralf Katzmarek, Gabriele Kofler, Dr. Bärbel Mohrs, Falko Miersch, Dr. Matthias Poschmann, Sabine Raabe, Dr. Sascha Rimkus, Andreas Scheer, Dr. Nina Saathoff, Johann Schmidt, Uwe Töns, Markus Schüle, Dr. Manja Westphal, Bernd Stamm-Fibich, Martina Thews, Michael AfD Chrupalla, Tino Bernhard, Marc Heßenkemper, Dr. Heiko Espendiller, Dr. Michael Holm, Leif-Erik Hollnagel, Dr. Bruno Komning, Enrico Kraft, Dr. Rainer Kotré, Steffen Spaniel, Dr. Dirk Müller, Hansjörg Witt, Uwe FDP Houben, Reinhard Bauer, Nicole Kemmerich, Thomas L. Kulitz, Alexander Klinge, Dr. Marcel Reinhold, Hagen Neumann, Dr. Martin Solms, Dr. Hermann Otto Todtenhausen, Manfred Theurer, Michael Weeser, Sandra Ullrich, Gerald

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Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder DIE LINKE. Beutin, Lorenz Gösta Dağdelen, Sevim Ernst, Klaus De Masi, Fabio Lutze, Thomas Riexinger, Bernd Meiser, Pascal Tatti, Jessica Ulrich, Alexander Wagenknecht, Dr. Sahra BÜNDNIS 90/DIE Andreae, Kerstin Badum, Lisa GRÜNEN Dröge, Katharina Baerbock, Annalena Janecek, Dieter Kotting-Uhl, Sylvia Nestle, Ingrid Krischer, Oliver Verlinden, Dr. Julia Müller, Claudia

Sachverständigenliste:

Ulrich Altstetter WirtschaftsVereinigung Metalle e.V. (WVMetalle)

Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU)

Staatsminister Oliver Schenk Chef der Staatskanzlei des Freistaats Sachsen

Dr. Patrick Graichen Agora Energiewende

Alexander Bercht Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)

Prof. Dr. Hans-Günter Appel Stromverbraucherschutz NAEB e.V. (NAEB e.V.)

Prof. Dr. Oliver Holtemöller Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)

Prof. Dr. Volker Quaschning Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW)

Tina Löffelsend Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Detlef Raphael Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände

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Tagesordnungspunkt 1 auf BT-Drs. 19/7733. Ich begrüße zu unserer An- hörung im Einzelnen: Sie als Sachverständige, die a) Antrag der Abgeordneten Steffen Kotré, Tino unserem Ausschuss heute Ihren Sachverstand für Chrupalla, Enrico Komning, weiterer Abgeordne- die Beratung zu diesem Thema zur Verfügung ter und der Fraktion der AfD stellen. Ich begrüße im Einzelnen Herrn Ulrich Deindustrialisierung Deutschlands stoppen – Altstetter von der WirtschaftsVereinigung Metalle Ausstieg aus dem Kohleausstieg e.V., Frau Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Herrn BT-Drucksache 19/7720 Staatsminister Oliver Schenk, Chef der Staats-

kanzlei des Freistaats Sachsen, Dr. Patrick Grai- b) Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Neumann, chen von der Agora Energiewende, Herrn Alexan- Michael Theurer, Reinhard Houben, weiterer Ab- der Bercht von der Industriegewerkschaft Berg- geordneter und der Fraktion der FDP bau, Chemie, Energie, Herrn Prof. Dr. Hans-Günter Kohleausstieg mit Verantwortung und Weitsicht – Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB e.V., Sicher, bezahlbar und europäisch Herrn Prof. Dr. Oliver Holtemöller vom Leibnitz- Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, Herrn BT-Drucksache 19/7696 Prof. Dr. Volker Quaschning von der Hochschule

für Technik und Wirtschaft in Berlin, Frau Tina c) Antrag der Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, Löffelsend vom Bund für Umwelt und Natur- Caren Lay, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeord- schutz Deutschland e.V. und Herrn Detlef neter und der Fraktion DIE LINKE. Raphael, welcher als Sachverständiger für die Kohleausstieg schnell und sozial gerecht umset- kommunalen Spitzenverbände an dieser Anhö- zen rung teilnimmt. Ihnen allen ein herzliches Will- kommen! Ich begrüße des Weiteren natürlich die BT-Drucksache 19/7703 Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für

Wirtschaft und Energie sowie anderer Ausschüsse d) Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, An- des Deutschen Bundestages, ich begrüße für die nalena Baerbock, Lisa Badum, weiterer Abgeord- Bundesregierung Herrn PStS . Des neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Weiteren nehmen Fachbeamte des Ministeriums NEN an der Anhörung teil. Ich begrüße die Vertreter Nach den Empfehlungen der Kohlekommission – der Länder, die Vertreter der Bild-, Ton- und Jetzt Einstieg in den Kohleausstieg Printmedien sowie nicht zuletzt die Zuhörer, die für unsere Anhörung Interesse zeigen oder die, die BT-Drucksache 19/7733 uns über das Parlamentsfernsehen oder das Inter-

net zuschauen. Vielleicht noch einige Anmerkun- Der Vorsitzende: Meine Damen und Herren, liebe gen zum Ablauf der heutigen Anhörung: Wir ha- Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie recht ben uns im Rahmen unserer Fraktionen darauf herzlich zu unserer heutigen öffentlichen Anhö- verständigt, die Anhörung nicht in Themenblöcke rung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. aufzuteilen. Wir führen die Befragung unter Be- Unser Thema ist der Kohleausstieg. Dieser Anhö- rücksichtigung des Stärkeverhältnisses der Frakti- rung liegen zugrunde: Der Antrag der AfD „Dein- onen durch und gehen deshalb nach der soge- dustrialisierung Deutschlands stoppen – Ausstieg nannten AZuR-Liste (Anteile, Zugriffe, Reihen- aus dem Kohleausstieg“ auf BT-Drs. 19/7720, der folge) vor und werden 29 Fragerunden durchfüh- Antrag der Fraktion der FDP „Kohleausstieg mit ren. Um diese Fragerunden in der uns zur Verfü- Verantwortung und Weitsicht – Sicher, bezahlbar gung stehenden Zeit von 120 Minuten durchfüh- und europäisch“ auf BT-Drs. 19/7696, ein Antrag ren zu können, sind wir darauf angewiesen, dass der Fraktion DIE LINKE. „Kohleausstieg schnell sich sowohl die fragenden Abgeordneten als auch und sozial gerecht umsetzen“ auf BT-Drs. 19/7703 die Sachverständigen möglichst kurz fassen. Die und ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Fraktionen sind daher übereingekommen, dass GRÜNEN „Nach den Empfehlungen der Kohle- pro Wortmeldung eine maximale Redezeit von kommission – Jetzt Einstieg in den Kohleausstieg“ insgesamt vier Minuten für Frage und Antwort zur

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Verfügung stehen. Also es ist für Sie jetzt wichtig, sogenannten Kohlekommission verabredet wor- dass Sie wissen, wann Ihre Redezeit abgelaufen den ist, insgesamt für alle Beteiligten glaube ich ist. Es gilt natürlich: Je kürzer die Frage, umso ein schwieriger Kompromiss war. Deshalb ist es mehr Zeit steht für die Antwort zur Verfügung. aber wichtig, dass man einen Kompromiss dann Meine weitere Bitte an die fragestellenden Kolle- auch vollständig umsetzt. Das heißt, dass sowohl ginnen und Kollegen: Bitte nennen Sie stets zu die Dinge, die den Abschalttermin bzw. den Aus- Beginn Ihrer Frage den Namen des Sachverständi- stieg aus der Kohle betreffen und dann aber auch gen, an den sich die Frage richtet. Wegen der be- die Dinge, die diesen Ausstieg begleiten sollen im reits erwähnten Kürze der zur Verfügung stehen- finanziellen Rahmen, im Infrastrukturbereich, im den Zeit sind Eingangsstatements der Sachver- Forschungsbereich, im Regelwerk, auch 1:1 so ständigen nicht vorgesehen. Wir haben ja Ihre umgesetzt werden, wie es vereinbart wurde, denn schriftlichen Stellungnahmen, welche auch ver- nur so kann man glaube ich diesen Kompromiss teilt wurden und die wurden zur Kenntnis genom- dann auch in die Realität umsetzen. Aus Sicht des men. Zu der Anhörung wird ein Wortprotokoll er- Freistaates kommt es in dem Zusammenhang auf stellt. Zur Erleichterung derjenigen, die das Proto- drei Punkte glaube ich besonders an. Der Freistaat koll erstellen, werden die Sachverständigen vor Sachsen ist ein Land, was mit zwei Revieren be- jeder Abgabe einer Stellungnahme von mir na- troffen ist, hier auch besonders herausgefordert, mentlich aufgerufen. Jetzt ist es oft so, dass eine einen vernünftigen Infrastrukturausbau bzw. eine Frage an zwei von Ihnen gerichtet wird. Ich würde vernünftige infrastrukturelle Erschließung der ent- bitten, dass ich dann auch den Zweiten aufrufen sprechenden Reviere zu realisieren, damit wir At- darf, damit das Protokoll weiß, wer der Zweite ist, traktivität schaffen für neue Arbeitsplätze und für der spricht. Damit beginnen wir mit unserer An- neue Jobs in den Regionen. Denn anders als bei- hörung. Als erstes hat das Wort der Kollege Läm- spielsweise im Rheinischen Revier ist doch die Si- mel. tuation in der Lausitz eine ganz andere. Sie ist monostrukturiert und momentan sehr stark abhän- Abg. Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Herr Vor- gig von der Braunkohle. Es hängen insgesamt sitzender, meine Damen und Herren, ich richte rund 20 000 Arbeitsplätze daran, deshalb braucht meine Frage an den Staatsminister Schenk. Der es hier eine deutliche Attraktivitätssteigerung, um Kommissionsbericht ist ja eine Empfehlung für Investitionen in diese Regionen zu ermöglichen. die Politik, wie man aus der Braunkohle ausstei- Infrastruktur, eine bessere Erschließung über gen sollte. Nebensatz: Im parlamentarischen Be- Schiene und Straße wäre eine zentrale Vorausset- reich hat dazu ja noch keine ausreichende Diskus- zung. Das Zweite ist, dass die Finanzsummen, die sion stattgefunden. Die Bundesländer waren zwar in diesem Bericht genannt worden sind, 40 Milli- jetzt nicht direkt beteiligt, aber letztendlich haben arden, dass die auch den Ländern vollständig zur sie dem Kommissionsbericht mehr oder weniger Verfügung gestellt werden und zwar zusätzlich zu zugestimmt. Was sind denn für Sie oder was sind den bestehenden Mitteln im Bundeshaushalt, da- für die Bundesländer die unabdingbaren Dinge, mit es da auch nicht zu Diskussionen und Streite- die aus dem Kommissionsbericht jetzt auch in die reien zwischen unterschiedlichen Regionen inner- Tat umgesetzt werden müssen? halb unseres Landes kommt. Es darf nicht der Ein- druck entstehen, dass jetzt in diesen Kohlerevie- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Herr ren zusätzlich Investitionen auf den Weg gebracht Schenk bitte. werden und andere Regionen dafür in Mitleiden- schaft gezogen werden. Deshalb ist es wichtig, SV StM Oliver Schenk (Chef der Staatskanzlei des dass diese Mittel zusätzlich zur Verfügung gestellt Freistaats Sachsen): Vielen Dank für die Gelegen- werden und vor allem müssen diese Mittel so zur heit, hier heute an der Anhörung teilzunehmen. Verfügung gestellt werden, dass die gewünschten Vielen Dank für die Frage Herr Lämmel. Für uns Ziele auch tatsächlich erreicht werden. Wie sieht als Freistaat Sachsen, aber ich glaube das kann ich der Transferweg aus? Wir setzen uns dafür ein, auch im Namen der anderen betroffenen Länder dass es hier Sonderbedarfsergänzungszuweisun- sagen, ist es wichtig, dass das, was im Rahmen der gen für die finanzschwachen Länder gibt, damit diese Mittel sowohl investiv, aber vor allem auch

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für Cluster-Management, für Personal an neuen Die sind ein essenzieller Bestandteil des Kompro- Wissenschaftseinrichtungen, für entsprechende misses, weil wenn ich nicht die wegfallende Ansiedlungsbehörden mit zur Verfügung gestellt Stromerzeugung aus der Kohle durch Erneuerbare werden können. Der dritte Punkt, den ich in die- ersetze, müsste ich das ja durch Gas machen und sem Zusammenhang gern ansprechen möchte, ist, das wären wieder zusätzliche Emissionen. Das ich glaube wir brauchen auch eine klare Incenti- heißt, wenn ich die Klimaschutzziele erreichen vierung für privatwirtschaftliches Engagement. Es will, müsste ich dann noch mehr Kohle reduzie- kann nicht der Staat allein den Ersatz an Arbeits- ren als hier schon vorgesehen, weil ich anders ja plätzen schaffen. Der Staat ist nicht derjenige, der das Gap nicht erreiche. Das bedeutet, dieser 1:1- Arbeitsplätze schafft in unserer Wirtschaft, son- Ersatz im Bereich der Stromerzeugung ist essenzi- dern es ist die Privatwirtschaft. Wir brauchen An- ell. Das derzeitige EEG stellt das nicht dar. Da reize für privatwirtschaftliches Engagement in den muss ich an das EEG ran, die Ausschreibungs- Regionen, das heißt wir brauchen Erleichterun- mengen erhöhen, ich muss ermöglichen, dass gen, wir brauchen konkrete Ansiedlungsunterstüt- PPAs da weiter möglich werden, die im Moment zungen. Ich kann mir auch vorstellen, dass man noch gehindert werden durch die Strompreiskom- bestimmte Abweichungsregelungen schafft, damit pensation und beim Thema Eigenerzeugung, Mie- es in diesen Regionen noch einmal zusätzlich in- terstrom die Regelungen vereinfachen. Das sind teressant ist, bestimmte Dinge zu machen. die drei Kernelemente. Wir haben berechnet - und das kommt in allen Szenarien eigentlich heraus - Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Als wir brauchen einen Zubau auf 20 Gigawatt Wind- nächstes Kollege Westphal bitte. Offshore im Jahr 2030 und jährlich 5 Gigawatt Photovoltaik, 4 Gigawatt Wind-Onshore. Wir se- Abg. (SPD): Vielen Dank Herr hen bei Wind, wie es gerade zusammenbricht und Vorsitzender, vielen Dank an die Sachverständi- wir sind bei PV auch nicht nahe an diesen 5 Giga- gen, dass Sie uns zur Verfügung stehen. Ich habe watt. eine Frage an Herrn Dr. Graichen und an Herrn Bercht. An Herrn Dr. Graichen die Frage: Der Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank, Herr Kommissionsbericht sieht ja vor, mit dem Aus- Bercht bitte. stieg der Kohle einen Ersatz durch erneuerbare Energien zu schaffen. Im Koalitionsvertrag haben SV Alexander Bercht (IG BCE): Was wir ja durch wir 65 Prozent festgelegt. Dies ist auch die Emp- den Bericht in der Kommission sehen, ist ja, dass fehlung der Kommission. Wie sehen Sie die politi- wir dadurch im Vergleich zu dem Zustand ohne schen Rahmenbedingungen dafür, auch was die Kommission und ohne dieses Paket, ich sage ein- Versorgungssicherheit angeht, das zu leisten? An mal Strukturförderung, jetzt natürlich erst einmal Herrn Bercht die Frage: Sehen Sie in dem Bericht eine Situation haben, wo, wenn das alles so die empfohlenen Maßnahmen ausreichend, um kommt, enorme Mittel bewegt werden, was natür- langfristig Wachstumsperspektiven und auch Be- lich jetzt entscheidend ist für was und in welcher schäftigungsförderung zu etablieren? Wir wollen Form. Ich glaube, das Thema Infrastruktur ist an- ja nicht Arbeitsplätze nur abbauen, sondern die- gesprochen worden, nicht nur dass sie kommen sen Transformations- und Strukturwandelprozess muss, ich glaube wir sehen da auch ein Geschwin- auch mit neuen Jobs, Arbeits- und Ausbildungs- digkeitsthema. Also wenn wir über eine Perspek- plätzen in den Regionen gestalten. Wie bewerten tive 2038 reden, dann reden wir ja nur von dem Sie das? Zeitraum, der zeitnah ist, also auch in der Frage in welcher Form wir jetzt die Investitionen in der Der Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Dr. Graichen Infrastruktur bekommen und in welcher Zeit. Ich bitte mit der Bemerkung ein wenig Zeit für Herrn glaube, ein zweiter Punkt, der wichtig ist, das hat Bercht zu lassen. der Kollege aus Sachsen auch schon angespro- chen, wir haben natürlich einiges an Maßnahmen, SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): Forschung und Entwicklung, aber er hat auch die Vielen Dank auch von mir, dass ich hier heute Frage Incentivierung angesprochen. Ich glaube, vortragen darf. Zu den 65 Prozent Erneuerbaren: ein kritischer Faktor wird natürlich sein, ob man

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eine neue industrielle Wertschöpfung in die Regi- jetzt sehr viel mehr Regelleistung noch dazu auf- onen bekommt. Dafür gibt es Anker in diesem Be- wenden und das wird teuer, aber wir brauchen richt, aber das wird auch die Frage sein, welche eine Grundlast von 45 Prozent im Netz, wenn wir Schwerpunkte man jetzt setzt, weil wenn man ein stabiles Netz haben wollen. Ansonsten bricht sich jetzt das Gehaltsniveau auch anschaut, was die Frequenz zusammen. Es geht nicht mit regene- heute gerade in der Energiewirtschaft erzielt wird, rativer Energie. dann wird man das in der Form nur aufrecht er- halten können, wenn man über industrielle Wert- Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Lenz bitte. schöpfung redet. Letzter Punkt wird natürlich auch die Frage eines kontinuierlichen Monito- Abg. Dr. (CDU/CSU): Danke Herr rings mit Blick auf die Strompreise sein und even- Vorsitzender und danke auch an alle Sachverstän- tuell auch Interventionen, weil am Ende auch die digen. Der Kommissionsbericht gliedert sich ja in Frage aufkommt, was eigentlich in den folgenden zwei Teile, in den Strukturteil und in den Ener- Wertschöpfungsketten folgt, wenn Energieinten- gieteil. Meine Frage richtet sich an Frau Prof. Dr. sive mit einem anderen Strompreisniveau kon- Kreuter-Kirchhof. Es geht ja im Kommissionsbe- frontiert werden. Es ist natürlich auch ein Thema, richt auch um etwaige Strompreiskompensatio- was über den ganzen Prozess eine wichtige Rolle nen, insbesondere auch um die Frage von spielen muss. Netzentgeltbegrenzungen. Stabile Strompreise sind ja sehr wichtig. Wie bewerten Sie europa- Der Vorsitzende: Danke, Herr Kotré bitte. rechtlich diese Forderungen, gerade auch im Hin- blick auf das jüngste EuGH-Urteil? Meine zweite Abg. Steffen Kotré (AfD): Herr Vorsitzender, sehr Frage richtet sich ebenfalls an Sie und betrifft die geehrte Damen und Herren, meine Frage geht an möglichen Entschädigungszahlungen für die Herrn Prof. Dr. Appel zum Stichwort Versorgungs- Kraftwerksbetreiber. Da gibt es ja auch einen Un- sicherheit. Trägt die erneuerbare instabile Strom- terschied zwischen Stein- und Braunkohle. Der erzeugung zur Versorgungssicherheit und für die Leitsatz muss natürlich gelten: So viel wie not- Bereitstellung von Regelleistung bei? Hat die Ver- wendig, aber nicht mehr! Wie würden Sie das am sorgungssicherheit in Deutschland zu- oder abge- besten in einem rechtlichen Rahmen umsetzen? nommen? Der Vorsitzende: Danke. Frau Prof. Dr. Kreuter- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Appel bitte. Kirchhof bitte.

SV Prof. Dr. Hans-Günter Appel (NAEB e.V.): Ich SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): muss das ganz klar verneinen. Es gibt mit regene- Vielen Dank für die Einladung hier zu sprechen rativen Energien keine Versorgungssicherheit. Die und auch für die Frage. Zu Ihrer ersten Frage nach regenerativen Energien sind abhängig vom Wetter der Strompreiskompensation: Strompreiskompen- und wir wissen genau, wie gut Wettervorhersagen sationen müssen das europäische Beihilferecht für drei Tage sind. Wir können nicht feststellen, achten. Wir haben gegenwärtig bereits Strompreis- was wir in drei Tagen an Energie zur Verfügung kompensationen im Rahmen des europäischen haben. Entweder zu viel oder zu wenig, das ist Emissionshandelssystems, die ausgleichen, dass also nicht möglich. Das ist Punkt 1. Punkt 2 ist, durch dieses Handelssystem die Strompreise ge- dass hier die Grundlast im Netz für eine stabile stiegen sind. Das ist insbesondere für die energie- Frequenz gewahrt werden muss. Diese Grundlast intensive Industrie sehr wichtig. Das ist aber auch wird durch die großen Kraftwerke gewährleistet, aus Klimaschutzgründen wichtig, weil es dem Kli- die mit den riesigen rotierenden Massen die Fre- maschutz nicht dienen würde, wenn diese Unter- quenz aufrechterhalten. Schaltet sich ein Verbrau- nehmen sich ins Ausland verlagern. Die Leitlinien cher ein, dann sinkt die Frequenz leicht ab, es zu diesen Strompreiskompensationen werden ge- wird mehr Dampf auf die Turbinen gegeben und genwärtig überarbeitet. Das heißt, jetzt ist der Zeit- dies ist ein automatischer Prozess. Durch die rege- punkt, um hier gut die Weichen in Brüssel zu stel- nerative Energie, die stark schwankt, müssen wir len. Zusätzlich wird überlegt, ob man weitere Kompensationen braucht, weil der Kohleausstieg

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den Preis noch einmal erhöhen könnte. Dafür Ich habe zwei Fragen an Herrn Prof. Dr. Holtemöl- müssen auch die Regelungen in Brüssel getroffen ler. In der ersten Frage geht es um das Instrumen- werden und hier ist es wichtig zu sehen, dass der tarium. Sie schreiben in Ihrer Stellungnahme, Ausstieg aus der Kohleverstromung jenseits des dass das Instrument der GRW-Förderung von europäischen Emissionshandelssystems bewirkt Ihnen als wenig effektiv erachtet wird und dass werden wird, da wir hier von einer Ausnahmere- regionale Strukturförderung auch aus Ihrer Sicht gel Gebrauch machen. Hieran könnten Kompensa- wenig effektvoll ist bzw. dass das Modell auch aus tionen anknüpfen. Ihre zweite Frage bezog sich Ihrer Sicht falsch ausgestattet ist. Wie könnte eine auf mögliche oder notwendige Ausgleichszahlun- passende regionale Strukturförderung aussehen? gen für die Kraftwerksbetreiber. Die Beendigung Welche Indikatoren bzw. Prüfkriterien sollten da der Kohleverstromung ist ein Eingriff in Art. 14 aus Ihrer Sicht vorgesehen werden, um diese des Grundgesetzes, in die Eigentümerfreiheit. Es Strukturentwicklung auch im Prozess zu bewer- ist eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. Es ist ten? die Aufgabe des Gesetzgebers, den Inhalt und die Schranken zu bestimmen. Er muss dabei die ver- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Holtemöller bitte. fassungsrechtlichen Grenzen achten. Die zentrale Grenze, die hier der Maßstab ist, ist der Grundsatz SV Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH): Auch von der Verhältnismäßigkeit und hier insbesondere meiner Seite vielen Dank für die Einladung und der Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das Ver- die Fragen. Zu dem ersten Punkt, welche Instru- trauen der Kraftwerksbetreiber gründet auf einem mente sind geeignet, den Strukturwandel in den konkreten Vertrauenstatbestand und diesen müs- Regionen zu befördern? Die wichtigsten langfristi- sen wir genau betrachten. Bei den Kraftwerksbe- gen Determinanten von wirtschaftlicher Wohlfahrt treibern liegt dieser in der Betriebsgenehmigung. sind Bildung, Forschung und Entwicklung. Das Diese erlaubt ihnen, dass sie in ihren Anlagen heißt, wenn ich langfristig etwas für die ökonomi- Kohle verstromen dürfen. Bei dem Betreiber eines sche Entwicklung der Regionen tun möchte, dann Braunkohletagebaus liegt er in der Genehmigung, gilt es das, was die Ökonomen Humankapital nen- die ihm den Abbau der Kohle erlaubt. Wenn wir nen, zu stärken. Hingegen zeigt die empirische Er- jetzt an den Kohlekraftwerksbetreiber denken, fahrung, dass Subventionen, die sich an jetzt im liegt dessen Vertrauen in dieser Betriebsgenehmi- Moment existierende Unternehmen richten, in der gung. Diese erlaubt ihm nicht unmittelbar CO2 zu Regel keine langfristig nachhaltigen positiven emittieren. Dies wird durch das europäische wirtschaftlichen Effekte mit sich bringen. Diese Emissionshandelssystem reguliert. Das heißt, der Maßnahmen sind geeignet, solange sie laufen, po- Kraftwerksbetreiber vertraut auf dieses System, sitive Effekte zu erzielen. Wenn sie einmal nicht der kennt die Logik des Systems und weiß, auf mehr laufen, werden diese Effekte üblicherweise welchem Weg die Emissionen reduziert werden. wieder eingesammelt. Dafür gibt es sehr viele Bei- Wenn wir jetzt jenseits des Systems aus Klima- spiele in der Empirie. Es kommt hinzu, dass es schutzgründen die Kohleverstromung beenden, auch keine empirische Evidenz dafür in Deutsch- durchbrechen wir dieses Vertrauen. Die Höhe der land gibt, dass im Durchschnitt strukturschwache Ausgleichszahlungen hängt insbesondere von der Regionen aufholen können. Wir können uns dies Art und Weise und dem Zeitpunkt der Stillle- anhand vieler einzelner Beispiele anschauen. Der gungsentscheidung ab. Je früher wir aus der Koh- wirtschaftlich schwächste Landkreis in Deutsch- leverstromung aussteigen, desto höher ist die Kli- land ist die Südwestpfalz, das war vor vierzig Jah- mawirksamkeit, aber auch desto intensiver ist der ren so von den Kennzahlen her und das ist heute Eingriff in die Eigentümerfreiheit des Kraftwerks- auch noch so. Es gibt einige wenige Regionen, die betreibers. es schaffen, wirtschaftlich aufzuholen. Hier ist ganz klar die Stadt Jena hervorzuheben und dort Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Herr Dr. ist es eben ein wissensbasierter Industriezweig Neumann bitte. mit einer langen Tradition, der dazu beigetragen hat, die wirtschaftliche Entwicklung zu befördern. Abg. Dr. Martin Neumann (FDP): Vielen Dank. Wenn man dafür etwas tun will, ist es wichtig,

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ganz langfristig zu denken und Bildung, For- Wort hier habe. Die Ziele des Pariser Klimaschutz- schung und Innovation zu stärken und zwar so- abkommens sehen vor, dass wir die globale Erwär- wohl im öffentlichen als auch natürlich ganz mung deutlich unter 2°C, möglichst auf 1,5°C be- wichtig im privaten Bereich. Es ist ganz klar, dass grenzen, weil wir sonst wirklich gravierende Kli- der beschleunigte Ausstieg aus der Braunkohle, mafolgen erwarten, die unsere Gesellschaftssys- wie jeder Strukturwandel wirtschaftliche Friktio- teme an die Belastungsgrenze bringen und auch nen mit sich bringt. Ansätze, die darauf abzielen, enorme Schäden verursachen werden, die ich in diese Friktionen komplett zu verhindern oder aus- vielen Berechnungen, die ich gesehen habe, gar zuschließen, werden am Ende nicht wirksam sein nicht enthalten sind. Die Frage ist, wie viel CO2 in Bezug auf die Ziele. Klimaschutz heute kostet wir dafür noch ausstoßen dürfen. Dazu gibt es in eben heute Ressourcen. Was wir dafür bekommen, den letzten Berichten des IPCC entsprechende ist also ein zukünftiger Gewinn in Form von weni- Budgetansätze, das heißt wenn wir wirklich sicher ger Beeinträchtigungen durch Klimaveränderun- auf 1,5°C kommen wollen, wie wir es ja eigentlich gen sowie Erderwärmung in der Zukunft. Diese im Wesentlichen versprochen haben, und dieses beiden Größen gilt es, gegeneinander abzuwägen. Budget gleichmäßig pro Kopf weltweit aufteilen, Die Frage nach den Indikatoren, welche man sich müssten wir in Deutschland in acht Jahren auf 0 da anschauen sollte, dieser Prozess sollte flexibel sein. Das ist erst einmal die erste Grenze. Nun ist gestaltet sein. Es macht glaube ich wenig Sinn, das Pariser Klimaschutzabkommen relativ weich heute bis zum Jahr 2038 Dinge festzulegen, die formuliert. Es heißt möglichst 1,5°C, aber deutlich dann auf jeden Fall durchgeführt werden müssen, unter 2°C, das heißt also das 1,5°C-Ziel werden sondern man sollte flexibel auf die Entwicklungen wir in Deutschland schon relativ sicher reißen. Da reagieren. Fördermaßnahmen sollten sich in aller- haben wir kaum eine Chance hinzukommen. erster Linie, wenn sie auf das Wirtschaftswachs- Wenn wir deutlich unter 2°C bleiben wollen, tum bzw. auf die Strukturentwicklung abzielen, dann erhöht sich dieses Budget ein bisschen, das an der Produktivität der Unternehmen orientieren, heißt, wenn wir wenigstens die zweite obere nicht an der Aufrechterhaltung bestehender Ar- Grenze noch einhalten wollen, müssen wir in beitsplätze, sondern langfristig gedacht gilt es, den Deutschland bis 2035 auf 0 sein, das heißt Netto- Wandel zu unterstützen. Emissionen auf 0, keine Emissionen mehr aus der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas. Wenn Der Vorsitzende: Danke, Herr Beutin bitte. wir das nicht schaffen, werden wir das Pariser Klimaschutzabkommen nach dem Stand der Wis- Abg. Lorenz-Gösta Beutin (DIE LINKE.): Vielen senschaft heute reißen, das heißt, die Ziele der Dank. Eine kurze Vorbemerkung an Frau Prof. Dr. Bundesregierung mit Emissionseinsparungen von Kreuter-Kirchhof: Nur zur Klarstellung, die These 80 bis 95 Prozent bis 2050 sehen im Prinzip vor, vom besonderen Vertrauensschutz ist ja eine juris- dass Deutschland nicht seinen Verpflichtungen tische Minderheitsmeinung und keine Mehrheits- des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht wer- meinung. Auch der Kohlekommission lagen ja die den kann. Dann ist es natürlich wichtig zu entsprechenden Gutachten von Prof. Dr. Klinski schauen, wie schnell wir dann entsprechend han- vor, der sich auch damit auseinandergesetzt hat. deln müssen. Wie ich schon gesagt habe, Stand Dies soll nur eine kurze Ergänzung sein. Meine der Wissenschaft 2035 möglichst klimaneutral zu Frage richtet sich an Herrn Prof. Dr. Quaschning. werden, um deutlich unter 2°C bleiben zu kön- Es ist ja überhaupt kein Geheimnis, dass wir den nen, dann kann ich nicht erst 2038 aus der Kohle Strukturwandel zwar begrüßen, dass wir aber sa- aussteigen. Das erschließt sich mir nicht, wie das gen, dass der Kohleausstieg zu spät und zu lang- funktionieren soll. Das heißt also, hier ist schon sam kommt. Wie bewerten Sie die Ergebnisse vor im Kohleausstiegsbeschluss das Verletzen des Pa- dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens? riser Klimaschutzabkommens impliziert. Was ich jetzt hier vorgetragen habe, ist keine Minderheits- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Quaschning bitte. meinung. Das heißt, es gibt jetzt hier eine Stel- lungnahme von Scientists for Future, wir sind SV Prof. Dr. Volker Quaschning (HTW): Danke 26.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Einladung und auch dafür, dass ich das aus den deutschsprachigen Ländern, die genau

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das empfohlen haben, also einen Ausstieg aus der die europäischen Vorgaben, Burden Sharing etc. Verbrennung fossiler Energieträger deutlich vor Das heißt, wir können uns nicht wegducken, wir 2050 und möglichst einen Ausstieg aus der Kohle- können nicht sagen: „Solange China nichts tut verbrennung bis 2030. Hier liegt ein Votum von (China tut aber einiges), können wir hier auch die 27.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- Hände in den Schoß legen!“. Nicht zuletzt, und lern vor. Es gibt noch Minderheitsmeinungen, die das ist übrigens auch immer wieder von der Bun- andere Positionen vertreten, aber wenn Sie wirk- desregierung vorgetragen worden, haben wir auch lich Klimaschutz machen wollen, dann müssen eine Vorbildfunktion. Sie erinnern sich vielleicht Sie sich noch einmal überlegen, ob das so, wie das an die letzten Umfragen unter der Bevölkerung, hier 2038 vorgesehen ist, sinnvoll ist. wo unter anderem das abgefragt wurde und die Deutschen tatsächlich mit überwiegender Mehr- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Frau Ab- heit der Meinung sind, dass Deutschland hier geordnete Badum bitte. diese Funktion wahrnehmen soll und tatsächlich spricht sich die überwiegende Mehrheit für die Abge. Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Energiewende aus. Das heißt, es ist ein klarer Auf- Vielen Dank Herr Vorsitzender. Meine zwei Fra- trag an die Regierung endlich zu handeln. Ich gen richten sich an Frau Löffelsend. Erstens, wir glaube, was auch einen klaren Auftrag an die Re- hatten letzte Woche im Plenum eine Diskussion gierung darstellt, sind die starken Proteste, die wir über einen Vorschlag für ein Kohleausstiegsgesetz, draußen wahrnehmen. Ich rede nicht nur von den was wir Grünen vorgelegt haben. Von den Regie- Schülerinnen und Schülern, sondern es sind auch rungsfraktionen fiel dazu die Äußerung: „Was die Proteste, die wir am Hambacher Wald zuerst stört es uns, wenn in China ein Sack Reis um- gesehen haben im letzten Jahr. Warum gibt es fällt?“ So ist es auch mit der deutschen Kraft- diese Proteste? Aus dem Grund, weil die Leute werkswirtschaft mit Blick auf das Weltklima. nicht mehr verstehen im Falle des Hambacher Meine Frage an Sie: Was denken Sie als BUND, Waldes, warum solche uralten Wälder und ich also als Mitglied dieser Kommission, die die Bun- schließe da übrigens auch die tagebaubedrohten desregierung zum Ende der Kohleverstromung Dörfer mit ein, warum Wälder und Dörfer heutzu- eingesetzt hat, wenn Sie so etwas hören? Wie geht tage noch für Braunkohle weichen müssen, wo es weiter mit dem Hambacher Wald und den von doch alle Welt weiß, dass wir möglichst schnell der Abbaggerung bedrohten Dörfern? Ich habe aussteigen müssen. Die Bundesregierung hat heute auch die 114.000 Unterschriften für den glaube ich eine zentrale Aufgabe an der Stelle bei Wirtschaftsausschuss dabei, wo die Leute hoffen, der Umsetzung des Kohlekompromisses zu erfül- dass wir sie schützen. Welche konkreten Schritte len, der jetzt dringend auf der Agenda steht. Wert- muss die Bundesregierung jetzt einleiten, damit voll ist an diesem Kompromiss erstens, dass es der Hambacher Forst und diese Dörfer bestehen ihn gibt und zweitens, dass er den Einstieg ermög- bleiben? Was ist jetzt das Dringlichste? licht. Der Einstieg sieht eben vor, dass hier min- destens 3 Gigawatt Braunkohle zusätzlich vom Der Vorsitzende: Danke, Frau Löffelsend bitte. Netz gehen müssen. Wo das passiert, ist nicht egal. In der Kommission war die einhellige Auf- SVe Tina Löffelsend (BUND): Danke auch von mir fassung, dass dies zunächst im Westen, sprich im für die Gelegenheit hier zu sprechen und für die Rheinischen Revier, passieren müsse. Diese 3 Gi- Frage. Die Frage nach der Rolle Deutschlands ist gawatt waren aus Sicht der Umweltverbände das eigentlich längst beantwortet in vielerlei Hinsicht, Minimum und zwar deshalb, obwohl sie klimapo- was den Klimaschutz angeht. Einerseits ganz kon- litisch ungenügend sind, waren sie deshalb das kret durch die internationalen Klimaabkommen, Minimum, weil mit dieser Anzahl gerade noch zuletzt das Abkommen von Paris, ist klar, dass je- der Hambacher Wald und die Dörfer am Tagebau der Staat und jedes Land diese Verpflichtung er- Garzweiler gerettet werden können. Das heißt, un- bringen muss, die dort festgeschrieben sind. Wir sere klare Aufforderung an die Bundesregierung erbringen das im Kontext der EU und als größtes ,die jetzt aktuell mit dem Betreiber RWE verhan- Land haben wir natürlich da eigene Verpflichtun- delt, ist sich zur Befriedung des sozialen Konflik- gen. Sie kennen die europäischen Richtlinien und tes (das war ja das Ziel der Kommission), dies zu

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eigen zu machen und zu verhandeln, dass dieser jetzt immer mehr kommt, ist das Ganze natürlich Konflikt eine Befriedung finden kann. Die Voraus- mit Leistungselektronik zu machen. Rotierende setzung dafür ist, den Hambacher Wald und die Massen ist natürlich 20. Jahrhundert. Inzwischen Dörfer zu erhalten und das kann man nicht auf die kann man mit IT sehr viel machen, was früher Landesregierung allein schieben, sondern das echte Hardware erledigen musste. Das kommt jetzt muss sich die Bundesregierung essenziell zu eigen immer mehr. Es werden jetzt Wind- und Solaran- machen. lagen ausgerüstet, die das dann entsprechend auch liefern können immer mit dem Blick auf die Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Es 80 bis 100 Prozent. Denn da wird es dann wirk- spricht bitte der Kollege Saathoff. lich notwendig, dass das nicht allein durch klassi- sche Kraftwerke erbracht wird. Was richtig ist, ist, Abg. (SPD): Vielen Dank Herr dass wir natürlich eine Antwort brauchen für die Vorsitzender. Ich wollte eigentlich noch eine Zeit der Dunkelflaute. Es gibt natürlich immer Frage zum CO2- Preis stellen, aber die stelle ich wetterbedingt ungefähr zwei Wochen, in denen jetzt noch einmal zurück, da kommen wir sicher man wenig Wind hat. Das ist die Flaute im Winter später noch einmal dazu. Ich würde Herrn Dr. und weil es Winter ist eben auch wenig Sonne. Graichen noch einmal bitten, vielleicht etwas zu Das wird jetzt erst einmal noch der klassische dem Thema Versorgungssicherheit zu sagen, das Kraftwerkspark abfahren müssen mit weniger ja Prof. Dr. Appel gerade für sich dargestellt hat Kohle, aber insgesamt auch noch Kohle. Im Jahr aus einer nationalen Sicht heraus mit einem Min- 2030 ist ja immer noch 20 Prozent Kohle im Netz destgrundlastquotienten und so weiter. Herr Dr. und wir werden einige zusätzliche Gaskraftwerke Graichen, vielleicht können Sie uns noch einmal brauchen. Das sind aber nicht klassische alte Gas- aus Ihrer Sicht darstellen, ob die Versorgungssi- kraftwerke, sondern es sind eher Gasmotoren, die cherheit mit dem Einstieg in die Energiewende flexibel herauf- und herunterfahren können, die denn tatsächlich ins Risiko gestellt wird oder ob man modular baut. Das ist jetzt gerade das, was das nicht doch super gut miteinander zu realisie- die Stadtwerke Kiel machen. Sie haben nicht ei- ren ist. nen 400 MW-Block dahin gebaut, sondern 20 20 MW-Blöcke, die sie dann dementsprechend Der Vorsitzende: Herr Dr. Graichen bitte. sehr flexibel zuschalten und wo jeder Block dann im Optimum fahren kann. Das werden die Kon- SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): zepte der Zukunft sein, also modular das ganze Vielen Dank für die Frage. Das Thema Versor- denken, kleinere Elemente. Und am Schluss ist gungssicherheit ist in den letzten Jahren herauf dann die Frage, wie viel das gesamteuropäische und herunter diskutiert worden, auch in der Kom- Netz an Kapazitäten braucht, die flexibel sind. Da mission. Was Herr Prof. Dr. Appel vorgestellt hat, macht das Bundesministerium für Wirtschaft und war der Stand des Wissens der 1990er Jahre. Wir Energie, da macht die Bundesnetzagentur regel- sind jetzt aber weiter. Hier im Osten sieht man es mäßig ihre Szenarien und entsprechend werden ja gerade, 50Hertz managet ein Netz mit über wir die Reserven, die wir ja im Gesetz vorgesehen 50 Prozent Erneuerbaren ohne Probleme. Der ehe- haben, auch ausstatten. malige CEO hat gesagt, 80 Prozent Erneuerbare sind auch kein Problem, macht er. Was haben wir Der Vorsitzende: Danke, Herr Koeppen bitte. inzwischen seither gelernt? Ich kann natürlich auch rotierende Massen haben, ohne dass dabei Abg. (CDU/CSU): Der Vorredner hat gleichzeitig Strom produziert wird. Das ist bei- ja gerade die Aufnahmefähigkeit der Netze mit spielsweise beim Atomausstieg in Biblis gesche- Versorgungssicherheit verwechselt, deswegen hen. Da steht einfach noch die Turbine und er- geht meine Frage an Herrn Altstetter: Wie proble- zeugt die notwendige Trägheit im System, ohne matisch sehen Sie gerade für die energieintensive dass sie Atomstrom ins Netz einspeist. Dies ist Industrie die Beschlüsse der Kohlekommission im eine ganz simple Methode und es ist genau das, Hinblick auf die Strompreise und die Versor- was die Australier jetzt auch diskutieren, weil bei gungssicherheit? Wenn noch Zeit bleibt, würde denen ja das gleiche Thema ansteht. Was zweitens ich gern Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof fragen:

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Bei diesem sogenannten breiten gesellschaftlichen besonderen netztechnischen Betriebsmittel und Konsens, der sehr geprägt ist durch Aktionismus, das Dritte, was meiner Meinung nach zu wenig Emotionen und vor allem sehr viel Geld, was im auf dem Radar erscheint, ist die Netzqualität bzw. Schaufenster steht, wie sehen Sie das, sollte nicht die Frequenzqualität. Hier verspüren wir in den das Parlament die Beschlüsse verfassungsrecht- letzten Jahren wenige, aber doch für uns mit gro- lich treffen und nicht einfach sagen, es wird jetzt ßen Folgen behaftete Einflüsse. weitgehend, weil dieser sogenannte Kompromiss da ist, 1:1 übernommen werden, ohne noch ein- Der Vorsitzende: Danke, Frau Prof. Dr. Kreuter- mal nachzudenken? Kirchhof bitte.

Der Vorsitzende: Herr Altstetter bitte. SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): Vielen Dank. Die Vorschläge der Kommission lie- SV Ulrich Altstetter (WVMetalle): Vielen Dank gen auf dem Tisch, die Entscheidungshoheit und Herr Koeppen, vielen Dank für die Einladung und die Entscheidungsverantwortung liegen beim dass ich hier unseren Verband und die Industrie Deutschen . Es ist Ihre Aufgabe, hier die und insbesondere auch die energieintensive In- richtigen Entscheidungen zu treffen. Das ist der dustrie vertreten darf. Ihre Frage ging in zwei einzige Weg, wie diese Entscheidungen demokra- Richtungen, zum einen in die Preissensitivität tisch legitimiert werden können. Und, das ist ganz dieses Kohleausstiegs und zum anderen in die wichtig, unsere Verfassung gebietet, dass wesent- Richtung der Versorgungssicherheit aus unserer liche Entscheidungen, insbesondere die, die in Sicht. Zum einen gibt es ein Gutachten im Auftrag Grundrechte eingreifen, der parlamentarische Ge- vom BDI und des DIHK von Aurora Energy Rese- setzgeber im parlamentarischen Verfahren in Ge- arch, welches zeigt, dass in der energieintensiven setzen trifft. Das heißt, die Vorschläge liegen auf Industrie der Kohleausstieg zu einer Mehrbelas- dem Tisch und jetzt muss das Parlament eine Ab- tung in der Industrie von 0,4 Cent bis 1,4 Cent wägungsentscheidung treffen. Diese Abwägungs- führt, bei der energieintensiven Industrie teil- entscheidung muss sich am energiepolitischen weise bis zu 1,9 Cent je Kilowattstunde. Das mag Zieldreieck orientieren. Wir brauchen eine ver- sich im ersten Moment als nicht viel anhören, ist lässliche, eine umweltfreundliche und eine be- aber eine enorme Belastung. Es geht von 0,5 Pro- zahlbare Energieversorgung. zent bis 25 Prozent der Bruttowertschöpfung, je nach dem in welcher Branche mit welcher Han- Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank auch für delsintensität und mit welcher Energieintensität die Einhaltung der Zeit von allen. Als nächstes ein Unternehmen produziert. Wir gehören zu den spricht bitte Herr Dr. Heider. weniger betroffenen Unternehmen. Dennoch kann ich Ihnen versichern: Bei uns würde eine 1 Cent- Abg. Dr. (CDU/CSU): Vielen Erhöhung der Energiekosten dazu führen, dass wir Dank Herr Vorsitzender. Ich habe gerade mit eini- in einem guten Jahr eine Zusatzkostenbelastung gem Erstaunen vernommen, dass der Kollege Beu- bekommen würden, die ungefähr einem Drittel tin das Konzept des Vertrauensschutzes für eine dessen entspricht, was wir an unsere Anteilseig- Mindermeinung hält. Angesichts, dass das Grund- ner ausschütten. Da geht es also um enorme Be- gesetz morgen Geburtstag feiert, 70 Jahre alt wird träge. Zum Thema Versorgungssicherheit ist es und der Artikel 14 und seine Vorläufer sogar in Fakt, dass wir mehr und mehr negative Einflüsse vorkonstitutionelle Zeiten zurückreichen, meine auf das Netz bekommen und dass das auch die In- ich doch, dass man dem Vertrauensschutz da eine dustrie beeinträchtigt. Das gliedert sich in dreier- große Stellung einräumen muss und das ist es ge- lei Punkte. Zum einen müssen wir dafür Sorge tra- rade auch bei dem Eingriff aufgrund eines Geset- gen, dass die Leistung, die benötigt wird, weiter- zes, das der Bundestag hier zu beschließen hat, si- hin zur Verfügung gestellt wird, zweitens, dass cherlich angemessen und zu berücksichtigen. Ich die Infrastruktur zur Verfügung gestellt oder ent- würde gerne darüber weiter diskutieren, aber ich sprechend ausgebaut wird. Wir wissen, dass wir glaube wir haben das ausreichend besprochen. da zurückhängen. Da geht es um Netze, da geht es Meine Frage richtet sich an Herrn Altstetter. Sie um Kuppelstellen, da geht es um die sogenannten hatten es gerade im Hinblick auf die Preise schon

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deutlich gemacht, dass das enorme Kosten verur- können auch aber auch durch die sich verän- sachen wird. Wenn Sie uns vielleicht nochmal ei- dernde Netzcharakteristik oder Einspeisecharakte- nen Hinweis geben, mit welchen strukturellen ristik verursacht sein, dann bedeutet das unter Folgen die nachgeordneten Industrien aufgrund Umständen, dass große Anlagen, automatisierte eines solchen Gesetzes, das ich gerade beschrie- Anlagen, in einen Störbetrieb gehen, weil mo- ben habe, zu rechnen haben. Was bedeutet das für derne Bauteile, Frequenzumrichter, Netzbauteile die nachgeordnete Industrie, aber auch für Hand- dann ausfallen oder auf Störbetrieb umschalten. werk und Mittelstand, die in den betroffenen Re- Dann werden unter Umständen große Massen in gionen tätig sidn? Mit was müssen sich die Wirt- Anlagen frei. Das heißt, Mitarbeiter, die an diesen schaftsbeteiligten dort nach Ihrer Einschätzung Anlagen arbeiten, geraten in Gefahr. Mitarbeiter auseinandersetzen? an der Anlage oder im Umfeld geraten in Gefahr. Deswegen müssen wir diese Dinge auf dem Radar Der Vorsitzende: Danke. Herr Altstetter bitte. haben. Das alles wird die Industrie berücksichti- gen und davon abhängig machen, wo sie am bes- SV Ulrich Altstetter (WVMetalle): Vielen Dank ten produziert. Wir müssen das Thema Carbon Herr Dr. Heider für die Frage und die Möglichkeit leakage, also die Gefahr, dass Unternehmen ins der Konkretisierung. Die Wirtschaft wird sich Ausland abwandern, im Auge haben. letztendlich dort ansiedeln und niederlassen, wo sie die besten Rahmenbedingungen hat. Ich bin Der Vorsitzende: Danke. Herr Freese bitte. ein großer Verfechter des Standorts Deutschland mit hervorragenden Wertschöpfungsketten, mit ei- Abg. (SPD): Herr Vorsitzender, ner intakten Struktur. Die Unternehmen werden schönen Dank. All die Fragen, die wir in den letz- sich solange hier ansiedeln, solange die Vorteile ten zwanzig Minuten von den Sachverständigen größer sind als die Nachteile. Wenn das bröckelt, erörtert bekommen haben, waren ja auch Gegen- wenn das aufgrund von Kosten oder Versorgungs- stand der Kommission und haben dort auch einen sicherheit schwindet, dann werden die Unterneh- breiten Raum eingenommen. Deswegen glaube men den Weg ins Ausland suchen und damit ist ich, hat die Kommission auch in ihrem Ab- uns, denke ich, nicht gedient. Wir stellen seit Jah- schlussbericht sogenannte Checkpoints vorge- ren fest, dass die Direktinvestitionen in deutsche schlagen. Nämlich '23, ‘26, ‘29 und ‘32 soll der Unternehmen im Ausland steigen. Auch in unse- Ausstiegspfad und seine Wirkung auf die energie- rem Unternehmen verlagern wir zunehmend In- politischen Zielsetzungen Umweltverträglichkeit, vestitionen ins Ausland und das, denke ich, soll- Bezahlbarkeit und Sicherheit der Stromversor- ten wir verhindern. Das Zweite: Was hat das für gung überprüft werden und natürlich auch die einen Einfluss auf die Industrie? Vielleicht noch- strukturelle Entwicklung in den Regionen. Von mal ein Beispiel der Versorgungssicherheit: Wenn daher die Frage Herrn Bercht: Welcher Bedeutung ein Unternehmen aufgrund von Versorgungssi- kommt dieser Überprüfung für die Gestaltung des cherheit in Schwierigkeiten gerät, dann betrifft es Ausstiegspfades bei? Wie soll diese Überprüfung nicht nur das eine Unternehmen. Es betrifft unter inhaltlich ausgestaltet werden? Wer sollte das Mo- anderem auch die Folgeunternehmen, die dann nitoring vornehmen? Wie soll es institutionell ge- möglicherweise Produkte nicht mehr rechtzeitig sichert werden? Was sollte in dem Fall geschehen, erhalten oder Kunden. Also sind die Wertschöp- in dem die mit dem Ausstieg beabsichtigten Ziele fungsketten zu beachten. Insofern sind die The- nicht vollständig erreicht werden können? men Kosten und Versorgungssicherheit, und das ist ja jetzt mehrfach angesprochen, wirklich mit Der Vorsitzende: Herr Bercht bitte. großer Vorsicht zu bedienen. Ich will vielleicht noch einen weiteren Aspekt in die Runde geben. SV Alexander Bercht (IG BCE): Vielen Dank. Also Wenn wir an Versorgungssicherheit denken, dann die Checkpoints haben in der Diskussion der reden wir immer über Kosten. Wenn wir heute Kommission eine wichtige und große Rolle ge- aufgrund von Störeinflüssen im Netz, die können spielt und wir sehen sie auch persönlich als sehr, verbraucherseitig bedingt sein, durch zuneh- sehr wichtig an, weil sie einfach die Tür dafür mende Automatisierung und Digitalisierung, die sind, regelmäßig in einem Prozess, der nun über

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Jahrzehnte geht, ich sage mal regelmäßig, wieder ist? Ich glaube, deswegen muss dieses Monitoring die Realität durch das Fenster hinein zu lassen. zum einen breit aufgestellt sein, und muss die ver- Wir haben ja in vielen Diskussionen gesehen, wir schiedenen Fassetten, die auch in der Kommis- sehen es ja jetzt auch hier in der Diskussion, ich sion eine Rolle gespielt haben, widerspiegeln und sage mal es ist ein Prozess, der sehr vorausset- darf eigentlich nicht nur eine dieser Dimensionen zungsvoll ist und der auch auf sehr unterschiedli- widerspiegeln , sondern muss eigentlich in der chen Annahmen basiert. Ich sag mal: Selbst wenn ganzen Breite auch so eine politische Diskussion Sie in Ihre Stellungnahmen gucken, werden Sie anhand dieser Checkpoints dann auch führen. feststellen, dass ein Institut für zwei Sachverstän- dige gerechnet hat, wie sich denn der Prozess auf Der Vorsitzende: Danke. Herr Chrupalla bitte. den Strompreis auswirken könnte. In dem einen Fall ist es annahmegetrieben, sagen wir mal eher Abg. Tino Chrupalla (AfD): Vielen Dank Herr Prä- ein skeptischer Blick geworden und im anderen sident. Meine Frage richtet sich an Herrn Prof. Dr. Fall ist es eher ein Blick geworden, der sagt: Okay, Appel. Wir haben das ambitionierte Ziel, auch in wir sehen eigentlich nicht solche großen Auswir- dem Abschlussbericht der Kommission, lebens- kungen. Also wir haben eine sehr große Unsicher- werte, attraktive Regionen mit hoher wirtschaftli- heit, unter der wir operieren. Deswegen ist es es- cher Dynamik, hochwertigen Arbeitsplätzen und senziell, auch immer zu gucken: Was ist denn ei- Innovationskraft zu schaffen, nach diesem Kohle- gentlich von den Annahmen, trifft denn wirklich ausstieg, nach dem voreiligen Kohleausstieg. Nun ein? Da haben wir auch in dem Bericht verabre- wird ja auch häufig, hier auch heute, von Konsens det, das auch nicht monokausal zu machen. Also gesprochen. Was aber weitestgehend ausgeblendet man muss, glaube ich, gucken: Was bedeutet das wird, meiner Meinung nach oder ich möchte auch für Strompreise? Was bedeutet das für Versor- Ihre Meinung dazu hören, ist natürlich der Kon- gungssicherheit? Aber auch natürlich die Frage in sens in der Bevölkerung, der gerade in Ost- den Regionen: Trifft denn eigentlich das ein, was deutschland wesentlich geringer ist. Vor allem neue Wertschöpfung, Arbeitsplätze und alle die 65 Prozent derer doch den Kohleausstieg sehr Annahmen, die getroffen worden sind, treten sie skeptisch sehen, gerade was hier die Beschäfti- wirklich ein? Und ich glaube, das ist ein entschei- gung und die Bewohner angeht in den Regionen. dender Punkt, das auf der Strecke zu machen. Zum Beispiel in der Lausitz, wo eine Wertschöp- Deswegen war auch die Diskussion, die in der fung von einer Milliarde Euro derzeit für die Kommission geführt worden ist, auch alle diese Kohle da ist. Wie sehen Sie das? Im Prinzip vor al- Sichtweisen in der Überprüfung, im Monitoring len Dingen, diesen irrwitzigen Plan der GRÜNEN widerzuspiegeln. Also ich glaube, was halt wich- und LINKEN, noch schneller aus der Kohle auszu- tig ist, wäre Experten zu haben, die diese ver- steigen. Was bedeutet das für die Bevölkerung, für schiedenen Sichtweisen sowohl aus der wirt- die Beschäftigten im Mittelstand, im Handwerk, schaftlichen, als auch sozusagen aus der Frage Ar- wenn man diesen Plänen folgen würde? beitnehmer, also auch der Frage energiewirtschaft- lich, das wieder mit an den Tisch zu bringen und Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Appel bitte. auch ich glaube relativ nah auch an einem Gre- mium, wie dem Wirtschaftsausschuss mitzudisku- SV Prof. Dr. Hans-Günter Appel (NAEB e.V.): Ich tieren, weil das wird eine Reihe von Fragen nach danke für die Frage. Arbeitsplätze bekommen wir sich ziehen: Wie reagiert man denn eigentlich im nur, wenn Wissen da ist, wie es mein Nachbar Falle der Abweichung, wenn das nicht stattfindet? Prof. Dr. Holtemöller ausgeführt hat, Kaufkraft da Wie reagiert man bei der Frage, wenn Infrastruk- ist, was noch gar kein Thema war und drittens tur nicht rechtzeitig kommt? Wie wird nachge- preiswerte Energie. Wenn ich mir hier die Ergeb- steuert? Wie reagiert man bei der Frage, was pas- nisse der Kohlekommission anschaue, dann muss siert eigentlich, wenn man beim 65 Prozent-Ziel ich also feststellen, die Energieversorgung für die nicht on track ist? Und was passiert eigentlich bei Arbeitsplätze ist null Thema. Und das muss also der Frage, wenn man wir sehen, industrielle Wert- Thema Numero Eins sein. Wo kriege ich die Ener- schöpfung entsteht in den Regionen nicht in dem gie her für Arbeitsplätze? Wir haben gerade ge- Maße, wie das eigentlich angenommen worden

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hört, wir brauchen also Leistungen, die pro Ar- Problem, dass Personalknappheit besteht, als dass beitsplatz also 10 Kilowatt und mehr betragen die Arbeitsplätze an sich der Mangel wären. Eine müssen und wir brauchen in Zukunft noch mehr Strukturpolitik sollte umfassend ausgerichtet sein. Energie, weil wir mehr Geräte einschalten müs- Sie sollte sich nicht orientieren an den heute be- sen, mehr Apparate, mehr Computer und so wei- stehenden Strukturen, sondern an den Vorausset- ter, um also wirtschaftlicher zu arbeiten. Es ist ein zungen für eine langfristig positive Entwicklung. Unsinn, hier also zu sagen, wir können die preis- Und da gehört eben das Abwägen dazu: Inwieweit werteste Energie, die wir überhaupt haben und nehmen wir es in Kauf, heutige Aufwendungen in die heimische Energie, die Braunkohle abschalten Kauf zu nehmen für Klimaschutz, um dadurch die und damit ein wirtschaftliches Chaos heraufbe- zukünftigen Möglichkeiten zu verbessern? Das ist schwören. Das kann also nicht der Fall sein. Son- eine Abwägung. Ich glaube, dass Energiepreise na- dern wir müssen die Braunkohle unbedingt erhal- türlich steigen werden, wenn man Klimaschutz- ten und ausbauen. maßnahmen ergreift. Das muss auch so sein, weil sonst die Energienachfrage nicht zurückgeht. Die Der Vorsitzende: Herr Dr. Lenz bitte. Frage ist: Wie schafft man heute den gerechten In- teressenausgleich? Und dazu gehört individuelle Abg. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Danke Herr Kompensation von einzelnen Personen, die indi- Vorsitzender. Meine Frage richtet sich an Prof. Dr. viduell betroffen sind, weil sie beispielsweise ih- Holtemöller und an Herrn Schenk. Herr Schenk, ren Arbeitsplatz verlieren und langfristig die För- Sie haben vorher aufgezeigt, auch basierend auf derung der Regionen durch letztendlich nur Bil- den Ergebnissen der Kommission, was Sie struk- dung, Forschung und Innovation. turell fordern für die Regionen. Mich würde inte- ressieren, welche Konzepte Sie aus Landessicht Der Vorsitzende: Danke. Herr Schenk bitte. bereits entwickelt haben und wie Sie hier auf Län- derebene voranschreiten wollen? Und Herr Prof. SV StM Oliver Schenk (Chef der Staatskanzlei des Dr. Holtemöller, Sie schreiben, dass Maßnahmen Freistaats Sachsen): Ich kann da ansetzen. Aus der zur Förderung des Strukturwandels in den be- Sicht des Freistaats brauchen wir Investitionen in troffenen Regionen sollten sich an langfristigen Infrastruktur. Wir müssen die Regionen, insbeson- Wachstumstreibern bilden. Also nochmal die dere die Lausitz, anbinden an die großen Zentren Frage: Wie sehen Sie hier eine kluge Strukturpoli- Berlin, Dresden, Leipzig. Dazu brauchen wir gute tik, die aktiviert und nicht langfristig alimentiert? Schienenverbindungen, gute Autoverbindungen, Ausbau von Bestehendem bzw. Neubau, beispiels- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Holtemöller bitte. weise einer neuen Schnellverkehrsstrecke, schie- nengebunden von Berlin über die Lausitz, Görlitz, SV Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH): Woran dann perspektivisch auch in das polnische Bres- sollte sich eine langfristige Strukturpolitik orien- lau. Das ist auch eine europäische Achse in die- tieren? Sie sollte zur Kenntnis nehmen, was sem Kontext. Wir brauchen Forschungseinrich- Strukturpolitik leisten kann und was sie nicht tungen, da schließe ich mich dem, was Herr Prof. leisten kann. Es wäre falsch, Erwartungen zu we- Dr. Holtemöller gesagt hat, an. Forschung, Bil- cken, dass Regionen in absehbarer Zukunft ihre dung, um Know-how in der Region zu bündeln, relative Einkommensposition im Gefüge in um attraktiv zu sein, Know-how in die Region zu Deutschland verändern. Das wird nach allen Er- holen, aus dem dann wieder auch neue Arbeits- fahrungen der Vergangenheit nicht passierten. Wir plätze entstehen können. Das ist unmittelbar ver- müssen außerdem zur Kenntnis nehmen, dass wir bunden auch mit der Finanzierungsfrage. Wir einen massiven demografischen Wandel haben. brauchen natürlich auch mit Blick auf die heuti- Wenn gesagt wird, man muss sich darum bemü- gen Infrastrukturfragen einen sehr guten Breit- hen, die bestehenden Arbeitsplätze zu erhalten, bandanschluss. Da denke ich dann auch an neue dann berücksichtigt man dabei nicht, dass die Technologien, wie 5G. Da gibt es gerade auch in Menschen in Zukunft gar nicht mehr da sein wer- diesen Regionen die Möglichkeiten, neue Testfel- den, um die bestehenden Arbeitsplätze auszufül- der zu etablieren, in denen man autonomes Fah- len. Wir haben in vielen Bereichen heute eher das

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ren, autonomes Fliegen, autonome Techniken bes- eine Wasserstoffbeimischungsquote für das Erd- ser entwickeln kann, wahrscheinlich weil diese gasnetz macht. Langsam mit 0,5 Prozent einstei- Regionen nicht so dicht besiedelt sind wie andere. gend heraufgehen. Alle Gasnetzbetreiber, mit de- Das kann ein Vorteil sein, dafür entsprechende nen wir reden, sagen 10 Prozent Beimischungs- Voraussetzungen zu schaffen. Das haben wir uns quote ins Erdgasnetz ist kein Problem, technisch. auf die Fahne geschrieben. Dafür gibt es Rezepte. Das würde eine stabile Nachfrage erzeugen, auf Dafür werben wir, dass wir die dann auch ent- die dann auch Investoren setzen können. Wenn sprechend umsetzen können. man sich anguckt, was die da auch gerade in Dres- den, Sunfuel, und andere, haben. Die stehen in Der Vorsitzende: Vielen Dank. Herr Dr. Neumann den Startlöchern. Sie sagen aber: Wir brauchen bitte. jetzt eine stabile Nachfrage und dann bauen wir die Elektrolyseure, die das auch leisten können. Abg. Dr. Martin Neumann (FDP): Vielen Dank. Ich habe eine Frage an Herrn Dr. Graichen und Der Vorsitzende: Danke. Herr Schenk bitte. Herrn Schenk. Im Kommissionsbericht wird ge- sagt, dass die Reviere Energieregionen bleiben sol- SV StM Oliver Schenk (Chef der Staatskanzlei des len, so steht es da drin. Wasserstoff, Power-to-X Freistaats Sachsen): Ich sehe auch die Chance, wird prominent als Zukunftstechnologie genannt, dass die Lausitz, aber auch das mitteldeutsche Re- mit umfassender Wertschöpfung, darum geht es vier eine Energieregion bleiben. Ich bin ein ja. Ich sehe die Gefahr, dass wir da über Demonst- Freund dieser These, diese langen Linien auch rationsanlagen im Moment nicht hinaus kommen, wirtschaftsgeschichtlich zu denken, weil sich weil die Randbedingungen einfach zu unklar sind. diese Region mit diesem Thema Energie in den Meine ganz konkrete Frage: Was müsste aus Ihrer letzten Jahrzehnten beschäftigt hat, ist dort viel Sicht getan werden, damit sich auch privatwirt- Know-how da. Know-how natürlich für eine schaftlich Investitionen in Power-to-X-Technolo- Technologie, die für die Zukunft nicht mehr in gien tatsächlich dauerhaft als Wertschöpfung dort dem Maße eine Rolle spielen wird. Gleich wohl ansiedeln können? gibt es diese Affinität, das zu stärken durch die Ansiedlung von entsprechenden Forschungsein- Der Vorsitzende: Herr Dr. Graichen bitte. richtungen. Hier gibt es erste Schritte: Fraunhofer wurde genannt. Wir haben gerade die Diskussion SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): über ein neues Institut GLR, über den Ausbau ei- Vielen Dank für die Frage Herr Dr. Neumann. In ner entsprechenden Infrastruktur. Wir brauchen der Tat, es gibt ja jetzt auch vom Wirtschaftsmi- für diese neuen Technologien dann auch entspre- nisterium das Gutachten, wie kann die Lausitz chende Pipelinestrukturen. Auch da gibt es An- Energieregion bleiben? Das heißt, man hat ja Po- sätze dafür. Also einen intelligenten Mix, den tential: Wind, Solar und den gesamten Standort man finanziell unterstützt, indem der Staat ein- Schwarzheide. Und die Frage ist: Wie geht man da geht mit Fragen von Infrastruktur und Forschung. in die Zukunft? Ich glaube es ist zweierlei. Das Aber vor allem auch die Privatinvestoren, die Eine ist, vor Ort die entsprechenden Förderungen heute in der Region sind, die ja auch in Zukunft zu machen. Da ist mit einem potentiellen Fraun- dort tätig sein wollen, die jetzt mitzunehmen, de- hofer Institut auch einiges geplant. Das Zweite nen Anreize zu schaffen, in diese Industrien, in sind die allgemeinen Rahmenbedingungen, Sie diese neuen Felder mit zu investieren. Ich glaube, haben es angesprochen. So wie es jetzt ist, wird dann ist das ein Pfad, den man seriös ernsthaft Wasserstoff aufgrund der Abgaben und Umlagen verfolgen sollte, aber es ist nicht der Alleinige. Ich im Stromsystem nicht wettbewerbsfähig sein, weil glaube, man muss sich breiter aufstellen. Neben der Strom, der da reinfließt in den Elektrolyseur, dem Energiethema wird man noch andere benöti- ist zu teuer. Es wird aber, selbst wenn wir das ab- gen, aber sicherlich ist Energie ein sehr sinnvoller senken, immer noch teurer sein, diesen grünen und ein sehr kluger Ansatz, diesen weiter zu in- Wasserstoff zu produzieren, als fossiler Wasser- tensivieren. stoff. Das heißt, ich brauche noch einen zweiten Hebel. Wir haben jetzt vorgeschlagen, dass man Der Vorsitzende: Danke. Herr Beutin bitte.

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die bisherige Energiepolitik haben wir in Deutsch- Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Lieber land 80.000 Stellen abgeschafft und haben das Kollege Dr. Heider, da Sie mich eben persönlich Problem, dass wir hier um 20.000 Arbeitsplätze in direkt angegriffen haben, eine kurze Replik: Ich der Braunkohle kämpfen. Im Windmarkt droht möchte darauf verweisen, dass die juristische das Gleiche: Wir haben einen deutlichen Rück- Mehrheitsmeinung, die vorgetragen habe, sich in gang der Windinstallationszahlen. Wir rechnen den Gutachten des Bundesumweltministeriums damit, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren und im Gutachten des Wissenschaftlichen Diens- 40.000 Arbeitsplätze in der Windbranche in tes findet. Und ich hoffe sehr, dass Sie den Wis- Deutschland bedroht sind. Mit Unternehmen, wo senschaftlichen Dienst und auch das Bundesum- ich in Kontakt bin, wird schon darüber geredet, weltministerium nicht als verfassungsfeindliche die Produktion und Forschung ins Ausland zu Organe ansehen in der Bundesrepublik. In dem verlagern, weil dort der Markt stattfindet. Das Sinne möchte ich Ihnen vorschlagen, sich vorher heißt, die Frage, die wir uns wirklich stellen müs- bitte kundig zu machen. An Herrn Prof. Dr. sen: Halten wir an alten Arbeitsplätzen fest oder Quaschning die Frage: Es geht viel die Angst um setzten wir auf neue zukunftsfähige Technologien, vor Arbeitsplatzverlusten, vor Verlusten von in die andere Länder, wie China, massiv reinge- Wohlstand. Und da sagen wir zum einen, selbst- hen und wo wir im Prinzip mittlerweile einen verständlich brauchen wir die Beschäftigungssi- technologischen Rückstand erreicht haben? Wenn cherung, wir brauchen die soziale Absicherung wir das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten auch in den Regionen und Alternativen. Aber die wollen, dann brauchen wir nach unseren Berech- Frage wäre: Ist es denn tatsächlich so, dass wir, nungen etwa eine Verfünffachung der Fachkräfte wenn wir die Energiewende machen, dass wir im Photovoltaikbereich, um die nötigen Zubau- wirklich Probleme bekommen mit unserem Wohl- mengen zu erreichen. Das heißt, wir reden über stand? round about 200.000 Arbeitsplätze in der Photo- voltaik, die wir brauchen, um das Pariser Klima- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Quaschning bitte. schutzabkommen umzusetzen. Es gibt vor Ort in den Braunkohleregionen auch die Flächen. Das SV Prof. Dr. Volker Quaschning (HTW): Danke. heißt, die ehemaligen Tagebauten sind wirklich Ja, wir reden bei der Braunkohle round about über Flächen, die zur Verfügung stehen für die Errich- 20.000 direkt Beschäftigte. Das heißt, hier ist na- tung großer Photovoltaik- und Windparks. Das türlich wichtig, dass wir eine sozialverträgliche heißt, wir können dann dort auch einen Großteil Perspektive schaffen. Aber im Vergleich dazu: Bei dieser Jobs schaffen, sodass wir sehen, dass wir den erneuerbaren Energien haben wir schon unter dem Strich eigentlich mehr Arbeitsplätze 340.000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. durch die Energiewende auch in den Regionen ge- Wir haben 2012 schon publiziert, dass es hier ei- nerieren können, als wir verlieren. Ich höre im- nen Zielkonflikt gibt mit dem Ausbau Erneuerba- mer, dass wir die schnelle Energiewende nicht rer und der Kohle. Das heißt, ich kann eigentlich machen können, weil eine schnelle Energiewende keinen schnellen Ausbau Erneuerbarer machen, ja im Prinzip Geld kostet und wir deswegen lang- ohne die Geschäftsmodelle der Betreiber von Koh- sam machen müssen. Und keiner redet über die lekraftwerken hier zu gefährden. Das ist auch mit Kosten, die uns aufgedrückt werden, wenn wir die ein Grund, warum der Photovoltaikmarkt in Energiewende langsam machen. Das Umweltbun- Deutschland jetzt hier massiv geschrumpft ist. desamt, was ja keine Idiotenorganisation ist, die Denn obwohl die Photovoltaik jetzt viel, viel billi- reden von 180,00 Euro pro Tonne CO2. Das heißt, ger ist, das heißt EnBW zum Beispiel baut die ers- 48 Milliarden Klimafolgeschäden. Ich kann ein- ten Anlagen in Deutschland ohne Förderung, wer- fach mal sagen, der Dürresommer letztes Jahr hat den wenige Anlagen gebaut. Von 2012 bis 2015 ist es uns schon gezeigt: BSAF hat alleine 250 Millio- der Photovoltaikmarkt in Deutschland um 80 Pro- nen Euro verloren durch Transportausfälle im zent geschrumpft, 80.000 Arbeitsplätze sind verlo- Klimabereich, also auch die Industrie wird durch ren gegangen. Die sind nicht einfach weg, die sind den Klimawandel schon getroffen. Deswegen ist jetzt in China. China hat im gleichen Zeitraum es umso wichtiger, jetzt zu handeln und nicht zu eine Million Jobs geschaffen. Das heißt, also durch sagen: Nichts, Handeln wird teuer. Nämlich das

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Nichthandeln ist wirklich die absolut teuerste Op- daran sei so wichtig wie das täglich Brot. Das be- tion. deutet, wir können nicht ins Blaue hinein ent- scheiden, sondern wir müssen kontinuierlich Der Vorsitzende: Danke. Kollege Lämmel bitte. überprüfen, ob die Prognosen, auf deren Grund- lage wir die Maßnahmen treffen, auch eintreten. Abg. Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Ich habe Wir müssen die Realität mit der Prognose abglei- zunächst eine Frage an Frau Prof. Dr. Kreu- chen und dann an den Haltepunkte überprüfen, ter-Kirchhof. Sie schreiben ja in Ihrem Punkt, es ob die Ziele Versorgungsicherheit, Wirtschaftlich- geht nochmal um die sogenannten Haltepunkte, keit und die Klimaschutzziele erreicht werden. die vorhin schon einmal kurz erwähnt worden sind. Das Problem ist ja, dass wir oftmals solche Der Vorsitzende: Danke. Herr Schenk bitte. Dinge vereinbaren in verschiedenen Gesetzen, aber dann letztendlich diese Haltepunkte nicht SV StM Oliver Schenk (Chef der Staatskanzlei des wirklich tragen. Die Frage ist für mich jetzt mal an Freistaats Sachsen): Nun zur Frage des Instrumen- Sie: Wie sollte man denn das gesetzestechnisch so tenmixes. Ich glaube, wir brauchen neue Instru- ausgestalten, dass man eben wirklich an einer Dis- mente. Der Blick zurück, die letzten 30 Jahre seit kussion zu diesen Zeitpunkten, vor allen Dingen der Wiedervereinigung, zeigt, wir haben viele An- dann, nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, strengungen unternommen, gerade auch in der dass man dann wirklich eine Diskussion führt Lausitz. Die Erfolge waren ehrlich gesagt mäßig. und wenn die Punkte nicht eingehalten sind, Es ist nach wie vor eine monostrukturierte Region. letztendlich auch über den neuen Weg nachden- Deshalb glaube ich, brauchen wir bei dem Thema, ken muss? Und an Herrn Schenk noch die Frage: was ich schon angesprochen habe, Infrastruktur, Die Leute aus der Lausitz schlafen ja heute auch eine Begleitung durch eine Planungsbeschleuni- nicht und haben auch in den letzten 30 Jahren gung. Wir müssen diese Infrastruktur schnell auf nicht geschlafen, wo sich 90 Prozent der Arbeits- den Weg bringen, damit auch schnell Effekte da plätze in Luft aufgelöst haben. Meinen Sie, dass sind. Wir brauchen glaube ich auch wirklich für die gegenwärtigen Förderinstrumente tauglich die Privatwirtschaft Anreize, die über das beste- sind, diesen Strukturwandel zu bewältigen oder hende Instrumentarium hinausgehen. Ich denke meinen Sie, dass man auch völlig neue Wege da an Abweichungsmöglichkeiten, die diese Re- braucht? gion attraktiv machen in Abgrenzung zu anderen Regionen. Ich will auch daran erinnern, dass wir Der Vorsitzende: Danke. Frau Prof. Dr. Kreuter- auf der anderen Seite, der polnischen Seite, auch Kirchhof. einige Sonderwirtschaftszonen haben. Ich glaube, dass wir uns in diese Richtung auch mehr Gedan- SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): ken machen müssen, wie das aussehen kann. Wir Die Haltepunkte sind die entscheidenden Mo- brauchen in dem Zusammenhang natürlich auch mente, an denen der Gesetzgeber überprüft, ob die Frage: Wie sieht für die betroffenen Regionen seine Maßnahmen die angestrebten Ziele errei- ein Beihilferegime aus? Das ist ein ganz wichtiger chen oder nicht. Deswegen müssen die Maßnah- Punkt. Letzte Woche waren die drei Ministerpräsi- men so ausgestaltet werden, dass an diesen Halte- denten Kretschmar, Woidke, Haseloff zu dieser punkten eine solche Überprüfung möglich ist. Das Frage auch in Brüssel, um diese Frage mit der bedeutet, wir müssen das, was beschlossen wird, Kommission zu diskutieren. Ich vernehme da eine unter einen Korrekturvorbehalt stellen. Der Grund große Offenheit in der dieser Frage. Und wir müs- dafür, dass wir diese Haltepunkte brauchen, ist sen, glaube ich, das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass alle drei Ziele von grundlegender Bedeutung auch dazu kommen, dass wir in diesen betroffe- sind. Ich möchte das am Beispiel der Versorgungs- nen Regionen Angebotspolitik betreiben. Was sicherheit deutlich machen: Das Bundesverfas- heißt das? Wir müssen von dem Bedarfskriterium sungsgericht sagt, dass Versorgungssicherheit ein in diesen Regionen abweichen können, damit wir Gemeingut von Verfassungsrang mit überragender dort nicht nur das herkömmliche Instrumenta- Bedeutung für das Gemeinwohl ist. Das Interesse rium haben, sondern mit Angebotspolitik auch

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eine neue Infrastruktur aufsetzen, die diese Re- eine große psychische Belastung. Das heißt, auch gion erschließt und attraktiv macht. Ansonsten zu sagen, im Sinne der Planungssicherheit, nicht werden wir keinen Erfolg haben in der Ansied- nur wirtschaftlicher Natur, sondern auch sozialer lung neuer Industrien und neuer wirtschaftlicher Natur muss die Bundesregierung hier schnell han- Tätigkeiten in diesen betroffenen Regionen. deln. Auch deshalb werde ich noch ganz kurz auf die Frage eingehen, welche Funktion Checkpoints Der Vorsitzende: Danke. Kollege Krischer bitte. oder Revisionszeitpunkte eigentlich hätten. Ich glaube, dass es richtig ist, sich zu gewissen Zeit- Abg. Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- punkten anzugucken, ob zum Beispiel das Thema NEN): Herzlichen Dank Herr Vorsitzender. Es ist Versorgungssicherheit adäquat adressiert ist etc. ein bisschen irritierend. Wir haben hier vier An- Tatsächlich aber wäre es eine Illusion, zu glauben, träge von Oppositionsfraktionen, über die wir dis- dass wir, und das glaube ich unterstellen hier kutieren und die Regierungsfraktionen, die eine viele, dass wir den Kohleausstieg dann verlangsa- Kommission eingesetzt haben, wo das Ergebnis men könnten. Es wäre glaube ich Gift, nicht nur seit fast vier Monaten vorliegt, da weiß man, gibt für die Menschen, die von Umsiedlung betroffen es nix. Deshalb hätte ich eine Frage an Frau Löf- sind und dann wieder fürchten müssen. Nein, es felsend: Wie wird das eigentlich, der BUND hat wäre auch Gift für die Energiewirtschaft, die sich sich das ja nicht einfach gemacht in der Kommis- einstellen muss darauf, was jetzt kommt, die pla- sion, wie wird das eigentlich vor Ort in den Regio- nen muss für die Zeit nach der Kohle und die nen, vor allen Dingen da, wo jetzt als erstes gehan- massiv investieren muss in erneuerbare Energien. delt werden soll, im Westen, aufgenommen, dass Und dafür müssen jetzt die Weichen gestellt wer- man nach vier Monaten eigentlich nicht weiß, den. Das Pariser Klimaabkommen sagt uns, wir wird das Kommissionsergebnis jetzt umgesetzt o- können die Klimaziele nicht nach unten revidie- der ist das irgendwie alles noch offen? Da würde ren. Im Gegenteil: 2023, das ist der erste Revisi- mich eine Einschätzung interessieren. Dann hätte onszeitpunkt, den die Kommission vorschlägt, ich noch eine Frage an Herrn Dr. Graichen: Sie werden die Staaten nochmals auf den Tisch legen sind ja auch Energiemanager des Jahres. Das heißt, müssen, wo sie beim Klimaschutz stehen und der ich glaube Sie haben einen guten Überblick, was einzige Weg ist nach oben, was die Anpassung der in der Energiewirtschaft passiert. Rechnen Sie mit Klimaziele angeht. Das heißt, eine Verlangsamung stark steigenden Strompreisen aufgrund von Koh- des Kohleausstiegs können wir uns an der Stelle leausstieg und was erwartet eigentlich, ich rede überhaupt nicht leisten. Nichtsdestotrotz muss ge- jetzt nicht von den unmittelbar betroffenen Unter- guckt werden, wie man den versorgungssicher, so- nehmen, was erwartet eigentlich die übrige große zial abgefedert etc. hinbekommt. Energiewirtschaft, was jetzt passieren soll, damit wir weiter vorankommen? Der Vorsitzende: Danke. Dr Graichen.

Der Vorsitzende: Frau Löffelsend bitte. SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): Vielen Dank. Zu den Strompreiseffekten gibt es SVe Tina Löffelsend (BUND): Danke für die Frage. viele Studien, die auf dem Tisch liegen. Es gibt im Dass die Bundesregierung gerade wieder so lange Kern so eine Art Konsens: Dass der Kohleausstieg braucht, sich zu sortieren, führt natürlich zu mas- zu so einem Börsenstrompreiseffekt von 3 bis 4 siver Unsicherheit, einerseits bei den Unterneh- Euro/MWh führt. Dann im Gegensatz, dass der zu- men, aber auch ganz klar bei den bereits angespro- sätzliche Erneuerbaren-Ausbau die Börsenstrom- chenen Menschen, die von Umsiedlung bedroht preise wieder senkt. Es gibt das eine Gutachten sind an den Dörfern am Tagebau Garzweiler, aber von Aurora für den BDI, das zu viel höheren Er- übrigens auch in den noch bedrohten Dörfern in gebnissen kommt. Was war der Trick? Die haben der Lausitz und im mitteldeutschen Revier, weil die Gaspreise in den Annahmen einfach erhöht niemand weiß, wie es weitergeht. Tatsächlich und das war der zentrale Treiber, nicht der Kohle- sind die Unternehmen RWE, LEAG dabei, hier ausstieg. den Druck massiv zu erhöhen, die Umsiedlung zu forcieren und für die, die bleiben wollen ist das Der Vorsitzende: Danke. Kollege Saathoff bitte.

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tisch wie Sie. Sie ist nicht das alleinige Instru- Abg. Johann Saathoff (SPD): Vielen Dank Herr mentarium, aber es ist ein gutes Instrumentarium, Vorsitzender. Wir haben ja viel über Kohleaus- das man mit einsetzen kann, wenn man es refor- stieg gesprochen. Ich würde jetzt den Fokus noch- miert. Wenn man es sozusagen auf neue Förderbe- mal auf Strukturwandel legen wollen. Meine reiche orientiert, die nach vorne gerichtet sind, Frage an Detlef Raphel: Also zum einen hätte ich auf mehr Innovation. Das ist übrigens auch in der gerne eine Bewertung der kommunalen Spitzen- Arbeitsgruppe diskutiert worden. Genauso wie es verbände über das Ergebnis der Strukturwandel- anderer Instrumente bedarf, im Forschungsbe- kommission. Sind aus Ihrer Sicht die richtigen In- reich, die man da stärker hin orientieren kann. Ich strumente gezogen worden? Ich komme aus einer möchte aber eine Bitte äußern: Das ist, die Potenti- Region, die hat auch mal einen Strukturwandel er- ale, die in den Kommunen sind, denn die sind lebt, ohne dass eine Kommission darüber beraten bisher noch überhaupt nicht erwähnt, mit zu nut- hat und entsprechend auch finanziert hat. Ich zen. Wir als Deutscher Städtetag – für den ich ja würde gerne wissen wollen, welche Rolle die hier auch bin – sind gleichzeitig Geschäftsstelle Kommunen denn eigentlich bei der Umsetzung des Städtetages Nordrhein-Westfalen und haben des Strukturwandels spielen sollen. dadurch einen engen Bezug zum Rheinischen Re- vier. Die Kommunen dort denken nicht erst seit Der Vorsitzende: Danke, Herr Raphel bitte. dem Bericht über Strukturwandel nach, sondern die haben mit ihren Wirtschaftsfördereinrichtun- SV Detlef Raphael (Bundesvereinigung der kom- gen in den letzten Jahren nichts anderes betrieben. munalen Spitzenverbände): Herzlichen Dank für Weil sie wussten: Irgendwann ist es zu Ende. Und die Einladung und die Frage. Ich komme auch aus da liegen Konzepte vor. Meine herzliche Bitte ist – einer Region, wo Strukturwandel gang und gäbe und das ist auch eine Bitte an die Länder – ich ist: das ist das Ruhrgebiet. Wir haben da auch die spreche jetzt Herrn Schenk persönlich an, aber einschlägigen Erfahrungen. Es ist so, darauf hat auch an die Bundestagsabgeordneten, die Potenti- Herr Schenk hingewiesen, wir brauchen einen In- ale, die in den Kommunen sind, gemeinsam zu strumenten-Mix, das brauchen die vier Kohleregi- heben. Da liegen Konzepte, und diese sind nicht onen. Ich gebe aber auch gleich zu bedenken, es aus der Welt gegriffen, und die sind nach vorne gibt auch noch – und die sind im Abschlussbe- gerichtet, die betreffen das Thema Innovation, die richt auch erwähnt, die Standorte, die Steinkohle- betreffen das Thema Forschung. Der Strukturwan- kraftwerke haben – egal ob Kraft-Wärme-Kopp- del kann nur mit den Kommunen gelingen, wenn lung oder rein zur Stromerzeugung. Unsere Bitte wir sowohl auf der einen Seite die Pariser Klima- als kommunale Spitzenverbände ist, diese Regio- schutzziele einhalten wollen, wie auf der anderen nen dabei nicht zu vergessen, weil die sind im Be- Seite einen vernünftigen Strukturwandel machen richt auch benannt. Auch da gibt es das Erforder- wollen. Letzte Bemerkung dazu: Ich bitte auch da- nis eines Strukturwandels. Was die Instrumente rum, die Kommunen zu unterstützen, in dem was angeht, möchte ich auch nochmal einen Querbe- sie selber tun, um die Klimaschutzziele einzuhal- zug zu der zeitgleich laufenden Debatte um die ten. Das heißt, die Instrumentarien, die im Mo- Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ment hier diskutiert werden, zu stärken, das be- machen. Dort ist in der Arbeitsgruppe „Wirtschaft trifft beispielsweise alles, wo es sich um die natio- und Innovation“ unter der Federführung des hier nale Klimaschutzinitiative und die Kommunal- auch anwesenden Parlamentarischen Staatssekre- richtlinie handelt. Da sind aber genauso gut auch tärs Oliver Wittke über die Frage diskutiert wor- die Förderinstrumentarien für die Stadtwerke. Ich den, welche Instrumente können wir überhaupt habe ja schon auf das Thema Steinkohle hinge- für Strukturwandel einsetzen und wie kann man wiesen. Ohne eine erhebliche Stärkung von KWK die schon vorhandenen stärker auf Strukturschwä- werden wir das Ganze nicht hinbekommen. che orientieren. Die Kohlereviere sind struktur- schwache Regionen, wie aber andere Regionen Der Vorsitzende: Danke. Kollege Koeppen bitte. auch. Und vielleicht im Gegensatz zu Herrn Prof. Dr. Holtemöller sehe ich die GRW nicht so skep- Abg. Jens Koeppen (CDU/CSU): Meine Frage rich-

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tet sich an Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof zum ei- nen und dann an Herrn Altstetter. Jetzt wird die SV Ulrich Altstetter (WVMetalle): Herr Koeppen, Reduzierung der CO2-Emission über den europäi- vielen Dank für die Frage. Zu den Haltepunkten: schen Emissionshandel reguliert. Wie bewerten Wir bewerten diese Haltepunkte als extrem wich- Sie angesichts dessen die Empfehlungen der Kom- tig. Zum einen geben sie die Chance, Dinge zu be- mission, wenn wir für fünf Jahre eines früheren schleunigen. Wir sollten aber auch den Mut ha- Ausstieges so 80 Milliarden Euro ins Schaufenster ben, wenn wir sehen, dass etwas aus dem Plan ge- stellen? Und zweitens an Herrn Altstetter noch- rät, zu entschleunigen. Diese Korrektur ist – denke mal zu den Haltepunkten und zwar dieses Mal ich – sehr wichtig. Wir müssen dazu, meiner Mei- aus der Sicht des Zieldreiecks: Wie bewerten Sie nung nach, sehr schnell robuste, belastbare und die Haltepunkte? Worauf sollte es aus Ihrer Sicht im Sinne des Projekts auch die richtigen Kriterien besonders ankommen, diese Haltepunkte ganz festlegen. Dazu können wir nur empfehlen, dass konkret im Sinne der Versorgungssicherheit, Wirt- wir auch die energieintensive Industrie als Be- schaftlichkeit und Umweltverträglichkeit auszuge- troffene mit an den Tisch bringen. Klar, die politi- stalten? sche Expertise, die Gutachten, die Institute müs- sen da mithelfen, aber es sollte die energieinten- Der Vorsitzende: Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof sive Industrie als die im wesentlich Betroffenen bitte. dieses Projekts auch mit am Tisch sitzen und ich denke, das kann dem Ganzen nur helfen. Also wir SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): bewerten diese Haltepunkte als extrem wichtig Vielen Dank. Der europäische Emissionshandel ist und würden auch im Sinne der Planungssicher- das Instrument der Europäischen Union für den heit empfehlen, dass man hier sehr schnell zu ei- Ausstieg aus der Kohleverstromung europaweit. nem tragbaren Konzept kommt. Vielen Dank. Die Union hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 80 bis 95 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen zu Der Vorsitzende: Danke, Herr Kotré bitte. reduzieren. Das geht nur, wenn nach und nach aus der Kohle ausgestiegen wird. Dieses Instru- Abg. Steffen Kotré (AfD): Vielen Dank. Herr Prof. ment ist verlässlich klimawirksam. Es bestimmt Dr. Appel: Stichwort Kosten der Energiewende eine zulässige europäische Gesamtemissions- und Strompreiskosten. Die Kosten der Energie- menge: diese wird verlässlich erreicht werden. wende laufen ja völlig aus dem Ruder. Die sind ja Das heißt, wir haben ein klimawirksames System, eigentlich nie abgeschätzt worden, von Anfang an das gleichzeitig Wettbewerbsverzerrungen vermei- nicht. Die eine Billion Euro stehen von Herrn Alt- det. Die Empfehlungen der Kohlekommission maier im Raum. Das war aber vor vier Jahren. Jetzt wollen nun trotzdem nicht über dieses System kommt noch der Kohleausstieg hinzu. Und es sind den Kohleausstieg bewirken, sondern jenseits die- nach seinen Angaben immer noch nur eine Bil- ses Systems voranschreiten. Das ist rechtlich mög- lion. Und zu den Strompreisentwicklungen: Sie lich und zulässig, weil die Emissionshandelsricht- haben ja dort mal nachgerechnet: 65 Cent pro Ki- linie einen Ausnahmetatbestand vorsieht, nach lowattstunde stehen im Raum. Andere Experten dem die Mitgliedstaaten zusätzliche Stromkapazi- sprechen von 50 Cent, wenn man denn die Ener- täten stilllegen können. Verfassungsrechtlich ge- giewende so wirklich durchführen möchte. Regel- boten ist es, dass entsprechend Zertifikate im mäßig werden in den Veröffentlichungen ja propa- Emissionshandel stillgelegt werden. Nur wenn gandistisch die Kostenblöcke für die Erneuerbaren das der Fall ist, vermeiden wir den sogenannten unterschlagen, die da also sind: Kosten für Spei- Wasserbett-Effekt. Andernfalls reduzieren wir cherung, für Netzausbau und natürlich die Oppor- Emissionen in Deutschland, verlagern diese auf- tunitätskosten, die den Konventionellen durch die grund der Gesamtemissionsmenge allerdings nur Vorrangeinspeisung entstehen. Wenn Sie uns viel- ins europäische Ausland. Wir gehen sozusagen ei- leicht da nochmal ein paar Stichpunkte geben nen speziellen Weg und müssen dann aber auch können. konsequent die Zertifikate löschen. Der Vorsitzende: Danke, Herr Prof. Dr. Appel Der Vorsitzende: Danke. Herr Altstetter bitte. bitte.

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cherung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit- SV Prof. Dr. Hans-Günter Appel (NAEB e.V.): nehmer die in neue Beschäftigung hineingehen Danke sehr für die Frage. Ich habe in der Stellung- sollten. Sollte das nur für die Arbeitnehmer im nahme vorgerechnet, dass heute der regenerative Bergbau und im Tagebau gelten oder muss man da Strom auf 65 Cent pro Kilowattstunde kommt, die Mantelwirtschaft mit bedenken? Wer soll das wenn man also die Kosten für die konventionellen bezahlen? Und zu welchem Zeitpunkt glauben Kraftwerke herausrechnet. Ohne die konventio- Sie, dass gesetzliche Regelungen auf den Weg ge- nellen Kraftwerke hätten wir heute noch einen bracht werden müssen, um Sicherheit bei den Ar- Preis von 14 Cent pro Kilowattstunde. Wir haben beitnehmern zu erreichen? Gleich zu Beginn oder heute einen Preis von 31 Cent pro Kilowattstunde, irgendwann? der sich zusammensetzt aus zwei Drittel mal 14 Prozent mal 14 Cent pro Kilowattstunde plus ein Der Vorsitzende: Herr Bercht bitte. Drittel mal 65 Cent pro Kilowattstunde. So ist das also errechnet. Das sind also die Kosten, die uns SV Alexander Bercht (IG BCE): Wir haben ja, heute der regenerative Strom kostet. Mit allem wenn man es sich einmal anschaut, zwei be- Drum und Dran. Mit Regelkraftwerken, mit Spei- troffene Bereiche, die auch nach unterschiedli- cherung und was da alles zugehört und ein- chen Systemen behandelt werden. Das eine ist der schließlich natürlich der Förderung oder des Bereich der Braunkohle und wir haben die Stein- Stromdumpings, was wir da haben. Sie können kohle, wo es ja zum Teil über Verhandlungen lau- also leicht aus diesen Kosten dann ausrechnen, fen soll, laut Kommissionsbericht, und zum Teil wie die Strompreisentwicklung weitergeht. Wenn ja über die Frage, wird es über Ausschreibungen wir auf 50 Prozent kommen sollten für regenera- stattfinden. Was essenzieller Bestandteil ist: Wir tive Energie, dann dürften die Gesamtkosten also brauchen eine Absicherung für Beschäftigte an die 50 Cent pro Kilowattstunde gehen. Soweit selbstverständlich in beiden Bereichen. Was aus also das, was man durchaus sachlich errechnen unserer Sicht entscheidend ist, ist, dass das nicht kann. Es ist also reines Wunschdenken, wenn also nur im Folgeprozess stattfindet. Sondern eigent- geäußert wird, mit mehr regenerativer Energie lich muss die Frage, wie sieht die soziale Abfede- würden Kosten gesenkt. Das ist also nicht der Fall. rung der betroffenen Beschäftigten aus, integraler Denn die Kosten gehen zwar herunter von den Bestandteil der laufenden Verhandlungen sein einzelnen Anlagen, da diese effektiver werden. Da und es muss eigentlich auch integraler Bestandteil wird ja einiges getan von den Ingenieuren, das ist sein, unter welchen Bedingungen Ausschreibun- also auch gut so. Aber es reicht bei Weitem nicht gen stattfinden. Weil ganz praktisch wird es ja so aus, die Förderung und Stützung der regenerati- laufen, dass wir bei denjenigen Beschäftigten, die ven Energiequellen kosten also riesige Mengen. betroffen sein werden, als Gewerkschaft nachher Das ist klar und das wird auch so bleiben. Hinzu Tarifverträge machen werden. Sowohl für diejeni- kommen übrigens auch noch die Kosten, die ich gen, die sagen, sie gehen in eine Form über das vielleicht noch einmal erwähnen sollte: Oster- Anpassungsgeld, als auch für diejenigen, die Be- montag war wieder einmal ein Zahltag für regene- schäftigten, die sagen, ich wechsle gegebenenfalls rative Energie. Es mussten fünf Millionen aufge- in ein anderes Unternehmen, brauche aber Unter- wendet werden für die Entsorgung zu vieler Ener- stützung beim Übergang. Die Frage, unter welchen gie. Bedingungen findet das eigentlich statt, ist schon eine sehr relevante. Denn selbst bei dem Vor- Der Vorsitzende: Danke. Herr Freese bitte. schlag des Anpassungsgeldes, der da drin steht, reden wir nur über einen Bestandteil einer sol- Abg. Ulrich Freese (SPD): Meine Frage richtet sich chen Absicherung. Wir reden nicht über die kom- an Herrn Bercht. Man kann Strukturwandel nur plette Absicherung, sondern die komplette Absi- mit den Arbeitnehmern und nicht gegen Arbeit- cherung wird nachher über einen Tarifvertrag nehmer machen. Im Kommissionsbericht stehen stattfinden müssen. Deswegen ist natürlich die einige sozialflankierende Maßnahmen drin, wie Frage der Leistungsfähigkeit der Unternehmen Anpassungsgeld für ältere Arbeitnehmer, Lohnsi- über den gesamten Zeitraum eine, die nicht trivial

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ist. Also insofern ist auch die Frage - juristisch ha- hier auch eine stärke gesetzliche Definition vor- ben wir zum Thema Entschädigung ja bereits et- stellen, die entsprechend dann auch Sicherheit was gehört -, inwieweit, ich sage mal bei dem gan- für die zukünftige Entwicklung bietet? zen Thema Entschädigung, aber auch bei der Frage Versteigerung der Kostenteil für „was ma- Der Vorsitzende: Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof chen wir eigentlich unter dem Stichwort Sozial- bitte. verträglichkeit“, was steht eigentlich zur Verfü- gung an Mitteln, um Tarifverträge abzuschließen, SVe Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof (HHU): Vielen eine sehr entscheidende. Weil wir sonst, gerade Dank. Versorgungssicherheit ist Teil der staatli- bei Ausschreibungen oder bei anderen Instrumen- chen Daseinsvorsorge. Das bedeutet, dass der ten dann nachher mit einer Situation konfrontiert Staat die Gewährleistungsverantwortung dafür wären, bei denen bestimmte Determinanten ein- trägt, dass wir eine sichere Energieversorgung ha- fach bereits davor entschieden werden. Insofern ben. Wenn Sie die europäische Ebene ansprechen: ist es ein wichtiger Punkt, das immer von vornhe- Auch die Europäische Union ist der Versorgungs- rein zu denken. Darüber hinaus ist glaube ich eine sicherheit verpflichtet, aber die primäre Gewähr- Frage, die man jetzt auch in den Regionen beant- leistungsverantwortung liegt beim Staat. Das be- worten muss: Wie sichert man eigentlich in bei- deutet, dass der Staat einen Rechtsrahmen schaf- den Regionen die Unternehmen als wichtige Trä- fen muss, in dem eine verlässliche Energieversor- ger von Ausbildungsstätten? Wie führt man diese gung gewährleistet wird. Das ist der Grund, wa- eigentlich weiter? Wie organisiert man eigentlich, rum der Staat kontinuierlich überprüfen muss, ob dass da die Fachkräfte der Zukunft weiter ausge- Versorgungssicherheit gewährleistet ist oder bildet werden? Wer trägt das eigentlich, wenn die nicht. Dafür brauchen wir Planungen. Diese Pla- Unternehmen sagen, sie ziehen sich aus solchen nungen sind mit großen Unsicherheiten verbun- Ausbildungsstätten sukzessive zurück? Also nicht den. Die Versorgungssicherheit ist eine staatliche nur die Frage, was passiert eigentlich beim Abbau Aufgabe, die kontinuierlich überwacht und ge- von Beschäftigung muss glaube ich frühzeitig ge- währleistet werden muss. Denn der Bürger kann regelt werden, sondern auch die Frage, was pas- dafür selbst nicht sorgen. Dies bezeichnet der Be- siert eigentlich mit denjenigen – wir haben ja griff der Daseinsvorsorge. nicht nur Ältere in den Unternehmen, sondern wir haben ja auch diejenigen, die Rekultivierung Der Vorsitzende: Danke. Herr Altstetter bitte. noch machen müssen, aber die dann trotzdem wissen, dass sie nicht bis zum Ende ihres Arbeits- SV Ulrich Altstetter (WVMetalle): Wir haben lebens in den Unternehmen sein werden, die heute die Situation, dass wir rückblickend auf dann eine vernünftige Anschlussperspektive brau- 2018 für die öffentliche Versorgung ungefähr eine chen, wo wir auch Tarifverträge machen werden, gesicherte Leistung von 460 Terawattstunden, aber auch Ausbildungseinrichtungen brauchen. wenn ich das richtig weiß, zur Verfügung stellen müssen. 2018 sind im Stromaustauschsaldo mit Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Lenz bitte. den Nachbarländern ungefähr 50 Terawattstunden dem Ausland zur Verfügung gestellt worden. Mit Abg. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Danke Herr einem Kohleausstieg und der damit verbundenen Vorsitzender. Meine Frage richtet sich an Prof. Dr. Entwicklung gleichzeitig mit dem Kernkraftaus- Kreuter-Kirchhof und an Herrn Altstetter. Wir ha- stieg oder der Stromerzeugung aus Kernkraft wer- ben ja jetzt in der Diskussion das Thema Versor- den wir zum Stromimportland werden. Darauf gungssicherheit schon einige Male gestreift. Es ist deutet alles hin. Es ist aus meiner Sicht heute ja auch Thema im Kommissionsbericht. Versor- nicht gesichert, dass die Kuppelstellen ins Aus- gungsicherheit umfasst ja natürlich unterschiedli- land dafür geeignet sind. Also ich denke, wir müs- che Dimensionen. Zunächst auch die Spannungs- sen relativ schnell Klarheit darüber haben und si- ebene, die Qualität der Spannungsebene, dann cherstellen, dass der Stromaustausch mit den aber auch die Fragen der entsprechenden Kapazi- Nachbarländern das bewerkstelligen kann und täten national und europäisch. Könnten Sie sich dass der Handel dazu auch in der Lage ist. Die an- deren Kriterien der Versorgungssicherheit, wie die

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Versorgungszuverlässigkeit, die Versorgungsquali- Schauen nur auf die aktuellen Bedürfnisse der tät und die entsprechende Infrastruktur, die dafür vom Braunkohleausstieg betroffenen Regionen notwendig ist, das sind alles Themen, die haben kann ja auch hinderlich sein für das Finden guter wir in den vorherigen Fragen bereits beantwortet. Konzepte. Natürlich ist der internationale Blick Das sind die Dinge, die die für uns wichtig sind. hier von großer Bedeutung. Das zeigen ja auch Wenn das gewährleistet ist, dann spricht nichts schon die Wanderungsbewegungen, die wir inner- dagegen. halb Europas haben. Also der Beschäftigungsauf- bau in Deutschland in den vergangenen Jahren Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Neumann bitte. war zu fünfzig Prozent nur durch Zuwanderung aus dem Ausland möglich, weil einfach in Abg. Dr. Martin Neumann (FDP): Vielen Dank. Deutschland immer mehr Menschen in den Ruhe- Ich habe eine Frage an Herrn Prof. Dr. Holtemöl- stand gehen und jüngere Menschen nicht im glei- ler. Das Thema Dimension: In der Lausitz und chen Umfang nachkommen. Also der wesentliche auch im Rheinischen Revier bekommt das Thema Aspekt für diese Regionen ist in Zukunft Migra- Strukturwandel zunehmend eine europäische Di- tion: entweder stattfindende Migration oder aus- mension, zum Beispiel im Verbund mit Polen, mit bleibende Migration, je nach dem. Also beides Tschechien und so weiter. Welche Potentiale se- wird die Regionen nachhaltig verändern. Das sind hen Sie da in diesen länderübergreifenden Ansät- die Dinge, über die man nachdenken muss. Wie zen, bei der Förderpolitik beispielsweise, bei der schafft man dafür Akzeptanz? Wie geht man damit Initialisierung von Strukturmaßnahmen und einer um? Bei der Frage der Grenzen in dieser Frage ist entsprechenden Wirtschaftspolitik? Und vielleicht auch nochmal wichtig: Wir müssen unterscheiden ein zweiter Teil bei der Frage: Es wird immer über zwischen Maßnahmen, die die Energienachfrage Sonderwirtschaftszonen gesprochen, wo es dann und die das Energieangebot adressieren. Es ist ja Erleichterungen im Bereich Bürokratie, Steuern, richtig, wir haben einen internationalen Zusam- Planung gibt. Also welche Potentiale stecken in menhang, einen Verbund bei der Produktion von diesen europäischen Ansätzen, weil wir ja auch Energie. Wenn Deutschland tatsächlich einen Bei- Energiepolitik zukünftig stärker noch als heute eu- trag zu Klimaschutzzielen leisten möchte, dann ropäisch sehen müssen? geht das nur über eine Verminderung des Energie- verbrauches. Die Tatsache, dass in Deutschland Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Holtemöller bitte. weniger Energie produziert wird, bedeutet noch nicht einen Beitrag zu Klimaschutzzielen, weil die SV Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH): Man muss verbleibende Energie gegebenenfalls importiert vielleicht eine Unterscheidung machen, wenn werden kann oder weil Produkte, in denen dieser man über diese internationale Koordination von Energieverbrauch schon materialisiert ist, impor- Wirtschaftspolitik spricht. Es gibt natürlich das tiert werden. Das kann in einer freien Wirtschaft Erfordernis, den durch den beschleunigten Braun- ja gar nicht verhindert werden. Also der einzige kohleausstieg vorangetriebenen Strukturwandel Schlüssel zur Reduktion von Emissionen ist die wirtschaftspolitisch zu begleiten. Es gibt darüber Senkung des Energieverbrauches oder die Erhö- hinaus aber auch den allgemeinen Strukturwan- hung der Energieeffizienz. Und das geht nur mit del. Und es ist nicht a priori klar, dass man für die einer Verteuerung der Energiekosten einher. Das Begleitung des Braunkohlausstiegs andere oder muss man erstmal in Kauf nehmen – und dann zusätzliche grundsätzliche Instrumente benötigt. kann man darüber nachdenken, wie man zwi- Sondern man braucht ein Konzept, mit dem man schen den Regionen den Interessenausgleich her- insgesamt den Strukturwandel fördert, also das stellt. Beharren an Bestehendem nicht überhebt. Struk- turwandel bedeutet ja, dass Dinge, die im Moment Der Vorsitzende: Danke. Herr Lämmel bitte. gegeben sind, sich verändern. Das ist ökonomisch in der Regel sinnvoll und das sollte man allge- Abg. Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Das ist jetzt mein fördern. Das gilt nicht nur für den Braun- natürlich schwierig, weil ich Sie ganz kurz jetzt kohleprozess. Und so sollte man vielleicht auch fragen wollte: Sie meinen also, eine Verteuerung über diese Instrumente nachdenken. Das zu starke des Strompreises in Deutschland ist die Lösung

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sozusagen des Klimaproblems für Deutschland? wir als betroffene Landesregierung müssen die Also das würde ich gerne noch in einem Satz be- Planung in diese Richtung vorantreiben können antwortet haben. Aber ich wollte nochmal zum und brauchen dafür entsprechende Rechtssicher- Thema des Beihilferahmens oder überhaupt zum heit. Deshalb wäre mein Wunsch, dass wir sehr Thema des Förderrahmens fragen. Herr Schenk schnell zu gesetzlichen Regelungen kommen und hatte ja gesagt, wir brauchen neue Wege. Und die Dinge, die in diesem Zusammenhang stehen, Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof: Sie haben ja in Ih- dann parallel weiter betrieben werden. rer Stellungnahme auch dazu geschrieben, dass man Klarheit braucht über Dinge, die es eigentlich Der Vorsitzende: Danke. Frau Prof. Dr. Kreuter- noch gar nicht gibt, also zum Beispiel das Thema Kirchhoff mit der Bitte, noch einen Satz übrig zu Strompreiskompensation. Und für mich ist die lassen. Frage, wenn die Bundesregierung jetzt das Gesetz vorlegen wird: Müssen die Dinge dann eigentlich SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhoff (HHU): schon klar sein? Oder kann man jetzt ein Gesetz Ich kann mich im Kern dem anschließen. Jetzt ist beschließen, ohne dass eigentlich die Randbedin- ein guter Zeitpunkt, auch über diese beihilferecht- gungen wirklich klar sind, wie man das dann lichen Fragen zu sprechen. Die Umwelt- und auch umsetzen will? Das geht beides nochmal an Energiebeihilfeleitlinien gelten an sich bis 2020, Herrn Schenk und Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirch- werden jetzt noch einmal verlängert, möglicher- hoff. weise bis 2022. Das heißt, jetzt werden die Wei- chen in Brüssel gestellt. Auch das Europarecht Der Vorsitzende: Herr Schenk bitte. will ja einen starken, einen effektiven Klima- schutz. Auch das Beihilferecht ist offen für klima- SV StMin Oliver Schenk (Chef der Staatskanzlei politische Regelungen. Deswegen ist es richtig des Freistaats Sachsen): Also ich glaube, wir brau- und wichtig, gerade jetzt die Entscheidungen hier chen sehr schnell Klarheit darüber, wie man voranzubringen, zumal das europäische Beihilfe- grundsätzlich den Bericht der Kohlekommission recht in diesem Bereich in Bewegung ist durch die umsetzt. Da sind Dinge vereinbart, was Ausstiegs- jüngste Entscheidung des EuGH, dass das EEG daten, was Finanzvolumen für die Regionen dar- 2012 keine Beihilfe darstellt. stellt, auch die Frage, wie man dann einen Finan- zierungsweg bestreitet. Das ist glaube ich die Der Vorsitzende: Danke, Herr Prof. Dr. Holtemöl- Hauptaufgabe, die jetzt durch dieses Gesetz geleis- ler. tet werden muss. Aber es sollte auch mit adres- siert sein in diesem Kontext, dass natürlich die SV Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH): In einem Frage eines attraktiven Settings an wirtschaftli- Satz: Wenn das Ziel ist, CO2-Emissionen zu ver- chen Unterstützungsinstrumenten begleitet wer- hindern, dann ist eine Verteuerung von Energie- den muss durch Beihilfegespräche. Aber ich verbrauch ein geeignetes Instrument, das aber be- glaube, es wäre falsch, wenn man jetzt sagt, wir gleitet werden muss um entsprechende Maßnah- können erst dann dieses Gesetz beschließen, wenn men zum Interessenausgleich. auch die Beihilfefragen abschließend geklärt sind, denn das wird auf der Zeitachse dann noch etwas Der Vorsitzende: Danke. Herr Westphal bitte. Zeit benötigen, um diese Gespräche mit der Kom- mission abzuschließen. Das ist sicherlich von grö- Abg. Bernd Westphal (SPD): Vielen Dank Herr ßerem Umfang, als dies in der kurzen Zeit, in der Vorsitzender. Eine Frage jeweils an Herrn Bercht wir uns auch die Verabschiedung einer gesetzli- und Herrn Dr. Graichen. An Herrn Bercht die chen Regelung wünschen, darstellbar ist. Ich Frage: Im Organisationsbereich der IG BCE sind ja glaube, dass dieses Gesetzt schnell auf den Weg sehr viele Grundstoffindustrien und -betriebe or- gebracht werden sollte, gerade im Hinblick auf die ganisiert und vor allen Dingen auch energieinten- betroffenen Regionen. Die Menschen brauchen siv, aber auch mit Potential, dieser Energiewende Klarheit dort. Sie sind sehr verunsichert über die auch nochmal Schub zu verleihen. Die Frage ist: Entscheidungen, die getroffen worden sind und Sehen Sie in diesem Transformationsprozess auch wollen nun auch wissen, wie es weitergeht. Auch eine Chance für die Unternehmen, einen Beitrag

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zu leisten, um das internationale Potential - auch ren müssen: Wie schließen wir eigentlich die Lü- Marktpotential - zu erschließen, dieser Energie- cke zwischen dem, was wir brauchen –sich aber wende mit innovativen Produkten zum Erfolg zu heute am Markt noch nicht trägt – über Regulie- verhelfen? Und an Herrn Dr. Graichen die Frage: rung oder auch Förderung? CO2-Preis ist zurzeit viel diskutiert. Könnte das eine Lenkungswirkung entfalten, die soziale Der Vorsitzende: Danke. Herr Dr. Graichen. Schieflage, die wir jetzt mit EEG und anderen ha- ben, auszugleichen? Also bekommen wir eine so- SV Dr. Patrick Graichen (Agora Energiewende): zial gerechte, flankierende Unterstützung dieser Vielen Dank. Wir haben gemeinsam mit der IG Energiewende mit einer CO2-Bepreisung hin? BCE dazu auch eine Veranstaltung gemacht vor ei- ner guten Woche. Im Kern ist das, was die ener- Der Vorsitzende: Danke, Herr Bercht bitte. gieintensive Industrie jetzt braucht, genau die Pla- nungssicherheit. Das Thema Kohleausstieg ist gar SV Alexander Bercht (IG BCE): Ich glaube, es nicht so sehr das Thema. Sondern das Thema grü- kommt jetzt – nicht nur im Hinblick auf den Koh- ner Wasserstoff ist in all diesen technischen In- leausstieg, sondern insgesamt – wie geht’s eigent- dustrien zentral. Wie schaffen wir dafür einen lich mit dem gesamten Transformationsprozess Markt? Wir wissen, wie grüner Stahl produziert und mit der Energiewende weiter? Ich sage mal werden kann. Wie sorgen wir dafür, dass die Dif- genau dafür sind Rahmenbedingungen zu schaf- ferenzkosten, die ungefähr 100 Euro pro Tonne fen. Also wir haben natürlich jetzt eine ganze CO2 sind, gedeckt werden? Das sind die Themen, Reihe von Technologien, die wir für die Energie- um die man sich jetzt kümmern muss in einem wende brauchen werden. Also ich sage mal, das nächsten Schritt. CO2-Bepreisung kann da helfen, Thema Wasserstoff ist ja schon einmal aufgerufen ist aber eigentlich eher im Bereich Verkehr und worden. Was wir natürlich aktuell als Problem ha- Gebäude das anstehende Thema. Und um das so- ben ist, dass eine Reihe von Technologien, von zial gerecht zu machen, und wir haben ja jetzt denen wir wissen, dass wir sie zukünftig brau- auch schon bei der EEG-Umlage eigentlich eine chen werden, sich heute betriebswirtschaftlich Schieflage, sollte man Strom billiger machen noch nicht rechnen. Insofern stellt sich jetzt noch und/oder Pro-Kopf-Rückerstattungen. Das hilft je- die Frage, auch unabhängig von der Frage des weils der unteren Einkommenshälfte. Kohleausstieges, wie setzen wir eigentlich einen Regulierungsrahmen, um diese Brücke zu bauen? Der Vorsitzende: Danke. Kollege Beutin bitte. Und wie schaffen wir es auf dem Weg dorthin, dass nicht auch industrielle Strukturen kaputt ge- Abg. Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE.): Herr Prof. hen? Das eine ist dieser Regulierungsrahmen für Dr. Quaschning, wir haben ja die absurde Situa- bestimmte neue Technologien. Die Frage, was ist tion, dass wir mittlerweile auch ausweislich der mit energieintensiven Industrien – also die Frage: neusten Umfragen eine Situation haben, wo die Wie geht es eigentlich weiter mit ETS-Strompreis- Energiewende einen wesentlich größeren Rück- kompensation? – ist ein wichtiges Element. Und halt in der Bevölkerung hat als in der großen Koa- ich habe ja eben schon einmal gesagt, wie steuert lition. Vor diesem Hintergrund wäre doch die man eigentlich die Energiewende und auch jetzt zentrale Frage: Was kann die Politik tun, um wie- den Kohleausstieg? Ich sage mal realistisch – der Vertrauen herzustellen, auch in politisches Stichwort Checkpoints – wie steuert man nach? Handeln? Und was kann sie tun, um Akzeptanz Wie steuert auch den Regulierungsrahmen regel- und Planungssicherheit jetzt auch zu schaffen im mäßig nach? Dass das eben genau gelingt, wird Angesicht der Energiewende und der Herausfor- eine ganz entscheidende Rolle sein. Da werden derung? wir auch über Maßnahmen reden müssen, die über das, was im Bericht der Kommission drin Der Vorsitzende: Prof. Dr. Quaschning bitte. steht, noch weit hinausgehen. Es gibt ja verschie- dene Vorschläge: Transformationsfonds, et cetera. SV Prof. Dr. Volker Quaschning (HTW): Danke. Wir werden also immer wieder darüber diskutie- Es ist, glaube ich, wirklich essenziell, dass man

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ein schlüssiges Konzept hat. Ich kann auf der ei- wird dann wahrscheinlich schon der Fall sein, nen Seite nicht sagen, wir halten das Pariser Kli- weil hier die falschen Entscheidungen getroffen maschutzabkommen ein und auf der anderen werden. Wir haben auch noch andere Risiken. Das Seite machen wir einen Ausstiegsplan, der da heißt, die EU droht ja auch mit Zahlungen durch nicht hinführt. Wir können auch nicht sagen, wir das Verfehlen der Klimaschutzziele. Also auch machen 65 Prozent erneuerbare Energien und wir hier kommen Kostenzahlungen auf Deutschland bauen so wenig Wind und PV, dass wir da nie zu und man muss auch völkerrechtlich einmal be- hinkommen können. Das heißt also, diese in sich trachten, was passiert, wenn Deutschland das Kli- nicht schlüssigen Sachen, die sind wirklich ein maschutzabkommen nicht einhält und wir dann Problem, das zunehmend von der Bevölkerung, vielleicht in 50 Jahren in der Situation sind, dass gerade der jungen Generation, massiv kritisiert wir massive Klimaschäden in Dritte-Welt-Ländern wird. Und die junge Generation geht ja nicht zu haben. Dann wird auch die Frage der Verursacher Unrecht auf die Straße. Das heißt, wir haben ja ge- gestellt werden und dann ist die Frage auch völ- nau diesen Zielkonflikt: 2030 müssten wir aus der kerrechtlich zu klären, ob wir hier nicht Reparati- Kohle aussteigen, wenn wir das Pariser Klima- onszahlungen zu leisten haben für diese Länder. schutzabkommen einhalten wollen nach einhelli- Das heißt, das sind alles Fragen, die hier entspre- ger wissenschaftlicher Meinung und wir beschlie- chend offen bleiben und deswegen würde ich ßen jetzt 2038. Es ist ja fatal, zu glauben, dass wir ganz klar empfehlen, wenn man sich schon nicht mit dem Ausstiegsbeschluss dann das Ganze be- festlegen kann auf das Jahr 2038 oder 2030, dann frieden werden. Das heißt, wir werden hier noch es wenigstens nicht zu zementieren, dass wir Öl ins Feuer gießen. Die junge Generation wird noch eine Chance haben, wenn eine nächste Re- sich dann wirklich noch viel mehr auf die Straße gierung sagt, wir bewerten das noch einmal neu, bewegen, weil sie sich überhaupt nicht mehr ernst dass man hier auch entsprechend früher heraus genommen fühlt. Wir haben ja noch ganz andere kann. Weil sonst wird auch vor Ort etwas passie- Konfliktfelder – Hambacher Forst, Enteignungen – ren. Wenn Sie jetzt bis 2038 versprechen und die das hat die Kollegin Löffelsend ja auch schon an- nächste Regierung wird auf Druck vom Verfas- gesprochen, die uns aufpoppen. Und noch eine sungsgericht oder sonst irgendwie schneller aus- andere Frage – es ist gerade zum Beispiel beim steigen müssen, dann werden die Leute zu Recht Bundesverfassungsgericht auch eine Klage anhän- vor Ort verärgert sein und sagen, Ihr habt uns et- gig bezüglich des Klimaschutzes, ob die Bundesre- was versprochen und könnt das auch wieder nicht gierung genug tut. Das heißt, es ist ja auch mög- halten. Dann haben Sie enttäuschte Leute einer- lich, dass das Bundesverfassungsgericht irgend- seits auf der Seite der jungen Generation und auf wann einmal entscheidet, dass die Bundesregie- der Seite der Kohlekumpels. Bitte vermeiden Sie rung doch bitte das Pariser Klimaschutzabkom- das. men einzuhalten hat und dass wir dann einen viel schnelleren Kohleausstieg brauchen als jetzt be- Der Vorsitzende: Danke. Frau Verlinden bitte. schlossen. Dann haben wir aber Beschlüsse, die auf 2038 hinarbeiten und dann ist es natürlich Abge. Dr. (BÜNDNIS 90/DIE wieder die Frage, was die Kollegin auch gesagt GRÜNEN): Vielen Dank. Ich habe zwei Fragen an hat, es gilt ja Vertrauensschutz. Das heißt, was Frau Löffelsend. Die erste Frage bezieht sich auf passiert, wenn wir jetzt beschließen, 2038 aus der das, was eingangs in dieser Runde schon einmal Kohle auszusteigen und die Kohleunternehmen Thema war. Nämlich, dass explizit der Ausbau investieren massiv, das müssen sie, weil wir vola- der erneuerbaren Energien auf mindestens 65 Pro- tile Stromerzeugung haben? Sie können gar nicht zent im Stromsektor bis zum Jahr 2030 ganz expli- 65 Prozent erneuerbare Energien machen, ohne ziter Bestandteil des Kompromisses dieser Kom- Kohlekraftwerke weiter zu flexibilisieren. Das mission ist. Ich wüsste gern von Ihnen, welche heißt, Sie müssen dort mit Investitionen und Geld Maßnahmen aus Ihrer Sicht - besonders die kurz- reingehen und dann werden wir die gleiche Frage fristen Maßnahmen - dringend notwendig sind, in zehn oder 15 wieder Jahren haben: Müssen wir um den Ausbau der Erneuerbaren zu flankieren jetzt Entschädigungszahlungen leisten, wenn wir neben dem Abschalten von Kohle und Atom. Und schneller aus der Kohle heraus wollen? Und das die zweite Frage bezieht sich noch einmal auf den

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Punkt der Revisionspunkte. Habe ich das richtig neben dem Kohleausstieg, den es jetzt anzugehen verstanden, dass für die Klimaschutzziele ja be- geht, ist dann eben auch die Frage, worauf richten sonders relevant ist, wie viele Gigawatt wie wir uns ein beim Ende der Kohleverstromung? schnell abgeschaltet werden? Das heißt, wenn im Wenn wir die erneuerbaren Energien so ausbauen Jahr 2019, also in diesem Jahr und im nächsten wie besprochen, dann wird die Kohle wirtschaft- Jahr, vielleicht noch kein einziges Kraftwerk abge- lich stark unter Druck kommen. Sie wird Anfang schaltet wird, dass das dann dazu führt, dass es der 2030er Jahre, das sagen sogar IG BCE-Vertre- umso wahrscheinlicher wird, dass beim ersten Re- ter, so unter Druck sein, dass sie vermutlich rein visionspunkt, nämlich 2023, die Bilanz dann dazu wirtschaftlich zu Ende gehen wird. Das heißt, je- führt, dass der Ausstieg ja noch mehr beschleunigt der der heute über Kohleausstieg redet, tut eigent- werden muss. Habe ich das richtig verstanden? lich gut daran, sich den Ausstieg deutlich vor 2030 vorzustellen. Denn, wenn wir es nicht völlig Der Vorsitzende: Danke. Frau Löffelsend bitte. blöd anstellen, dann wird es genauso kommen. Das heißt, wenn wir jetzt den Kohleausstieg pla- SVe Tina Löffelsend (BUND): Danke für die Fra- nen, müssen wir diese Revisionszeitpunkte so gen. Die Rolle der erneuerbaren Energien wurde wählen und gut setzen und diese dann eben früh- hier ja schon mehrfach betont. Das ist ein essenzi- zeitig nutzen und zwar schon im Jahr 2030, um eller Bestandteil des Abschlussberichts der Kohle- vorzubereiten, dass der Kohleausstieg auch vorbe- kommission und zwar aus mehreren Gründen. Der reitet werden kann. Denn gerade bei den Tage- Ausbau der erneuerbaren Energien hat verschie- bauen hat es ziemlich lange Vorlaufzeiten, wenn dene positive Effekte. Man kann fast sagen, das ist man die anpassen will. Das heißt, wenn wir die die Silver Bullet, um den Kohleausstieg so zu ge- berücksichtigen wollen, müssen wir uns früh stalten, wie wir ihn alle gern hätten. Es geht ein- überlegen, wo wir da hinkommen. Bei den erneu- mal darum, dass durch den Erneuerbaren-Ausbau erbaren Energien geht es jetzt um viele Dinge. Da die Preise tatsächlich stabil gehalten werden kön- ist viel liegen geblieben. Es geht essenziell darum, nen. Es wurde schon gesagt, es ist unsicher, um dass wir dieses Ziel verankern, dass wir die Aus- wie viel durch den Kohleausstieg die Preise am schreibungsmengen für Windkraft und PV deut- Großhandelsmarkt steigen werden. Einen gewis- lich erhöhen und dass wir auch dafür sorgen, dass sen Anstieg sehen die meisten. Der wird aber das Thema Bürgerenergie und kommunale Beteili- deutlich überkompensiert um ein Vielfaches, gung wieder eine Chance erhält, weil wir dann wenn wir die erneuerbaren Energien auch nur auf tatsächlich erstens für Akzeptanz sorgen und auch das Ziel von 65 Prozent bis 2030 ausbauen. Wir wieder für einen Anschub in der Fläche. Danke. haben zugleich das Thema der Handelsbilanz, das wurde auch schon mehrfach angesprochen. Wenn Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Herr Kotré wir die erneuerbaren Energien nur so ausbauen, bitte. wie die Regierung plant, dann haben wir auch dieses Thema der verstärkten Importsituation, Abg. Steffen Kotré (AfD): Vielen Dank. Ich habe nicht weil die Erneuerbaren schlicht günstig pro- jeweils eine Frage an Herrn Prof. Dr. Appel und duzieren und sozusagen verhindern, dass wir zum dann auch an Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof. Die Importland über dies im Saldo werden. Wir haben erste Frage an Herrn Prof. Dr. Appel: Wie sehen an der Stelle auch die Thematik, dass wir nur mit Sie überhaupt die Möglichkeit der Zielerreichung diesem Ausbau der Erneuerbaren die CO2-Ziele der Energiewende - Stichwort CO2 oder Klimaret- einhalten können. Das hat, glaube ich, Patrick tung? Und dann die zweite Frage verfassungs- Graichen eingangs schon gesagt. Wenn wir nicht rechtlicher Art: Sehen Sie noch weitere Bedenken die Erneuerbaren ausbauen, werden wir Gas mehr bei der Energiewende? Hier vielleicht das Stich- als uns lieb ist zubauen müssen. Und das hat hö- wort: Wir gleiten in der Stromversorgung in die here Emissionen und das heißt, wir müssen früher Planwirtschaft ab. Herr Minister Altmaier hat so- aus der Kohle raus oder es drohen Strafzahlungen, gar angedeutet, dass die Strompreise irgendwann weil wir unser 2030-Ziel, was europäisch ver- vielleicht Steuerzahler-mäßig subventioniert wer- pflichtend ist, nicht einhalten werden. Das heißt, den. Und hier ist es ja auch schon angedeutet, wenn wir darüber reden, was jetzt zu tun ist, ist dass man Strompreise beobachten soll bzw. dann

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auch eingreifen soll. Sehen Sie da weitere Prob- und Belange geht. Das bedeutet, wenn der Gesetz- leme? geber die Energiewende umsetzt, dient er einem völkerrechtlich anerkannten, europarechtlich ver- Der Vorsitzende: Herr Prof. Dr. Appel bitte. einbarten, verfassungsrechtlich legitimen Ziel. Gleichzeitig gibt es weitere Ziele, die das Verfas- SV Prof. Dr. Hans-Günter Appel (NAEB e.V.): sungsrecht anerkennt. Dazu gehört die Versor- Eine Zielerreichung der Energiewende mit regene- gungssicherheit als ein Gemeingut von überragen- rativen Energien ist nicht möglich. Das funktio- der Bedeutung für das Gemeinwesen und dazu ge- niert nicht. Einmal brauchen wir die Regelkraft- hört auch, dass der Gesetzgeber entschieden hat, werke, die weiter CO2 emittieren. Wir brauchen eine wirtschaftliche Energieversorgung zu gewähr- dann aber auch noch riesige Mengen von neuen leisten. Windstromanalagen mit Betonsockeln und Eisen und Zement. Auch die Herstellung dieser Materia- Der Vorsitzende: Herzlichen Dank. Als letzter in lien führt zu einem erheblichen Ausstoß von CO2, der heutigen Anhörung Herr Dr. Lenz bitte. der ohne diese Dinge nicht notwendig ist. Wir können also eine begrenzte Zielerreichung errei- Abg. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Danke Herr chen, wenn wir die Kohlekraftwerke ausbauen Vorsitzender. Jetzt würde sich die eine oder an- und den Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken ver- dere Aussage natürlich auch anbieten, Kommen- bessern. Das ist also technisch möglich. Wir kom- tierungen zu wagen. Das ist ja nicht Ziel der An- men noch um etwa 10 Prozent im Wirkungsgrad hörung, aber vielleicht gebe ich einen Hinweis: hoch bei den deutschen Kohlekraftwerken. Das Prof. Schellnhuber vom Klimainstitut war ja selbst bedeutet 10 Prozent Reduktion von CO2. Mehr auch in der Kommission dabei und ich glaube, es sehe ich nicht. Dankeschön. schadet auch nicht, den Bericht der Kommission insgesamt einmal zu lesen. Abschließend noch die Der Vorsitzende: Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof Frage an Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof und auch an bitte. Prof. Dr. Holtemöller. An Sie, Prof. Dr. Frau Kreu- ter-Kirchhof, die Frage: Welche Maßnahmen wür- SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): den Sie als nächstes energieseitlich vom Deut- Vielen Dank. Die Energiewende dient dem Klima- schen Bundestag erwarten? Und an Prof. Dr. Hol- schutz. Vorrangiges Ziel der Energiewende ist, das temöller: Welche Maßnahmen würden Sie sich Klima zu schützen und dieses Ziel ist völkerrecht- strukturpolitisch als Erstes wünschen gesetzlich lich verankert, europarechtlich verbindlich festge- umgesetzt? legt und von unserer Verfassung anerkannt. Völ- kerrechtlich verankert ist es im Pariser Klima- Der Vorsitzende: Frau Prof. Dr. Kreuter-Kirchhof schutzabkommen, das ist richtig so, denn es han- bitte. delt sich um ein globales Umweltschutzziel. Wir brauchen weltweite Kooperationen. Die Europäi- SVe Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (HHU): sche Union hat im Rahmen des Abkommens zuge- Zentral scheint mir zu sein, dass ein Gesamtpaket sagt, bestimmte Klimaschutzziele zu erreichen: geschnürt wird, dass eine strukturelle Entschei- diese müssen kontinuierlich verschärft werden. dung getroffen wird, welche nächsten Maßnah- Wir haben eine europarechtliche Zusage, gemein- men ergriffen werden sollen, um so eine mittel- sam getragen von allen Mitgliedstaaten und der und langfristige Perspektive zu eröffnen. Das ist Union, wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu er- wichtig, weil die Klimaschutzziele langfristige greifen, um die Erdatmosphäre vor einer gefährli- Ziele sind. Das ist unerlässlich, weil aus Gründen chen anthropogenen Störung zu schützen. Das der Versorgungssicherheit grundlegende Entschei- Verfassungsrecht erkennt dieses Ziel an. Wirksa- dungen getroffen werden müssen, die kann man mer Klimaschutz dient dem Erhalt und dem nicht sehr kurzfristig revidieren. Das ist letztlich Schutz der menschlichen Lebensgrundlagen und auch für die Industrie wichtig, denn es bedarf gro- der menschlichen Gesundheit. Wenn Sie sich die ßer grundlegender Investitionsentscheidungen. Berichte des Weltklimarates IPCC ansehen, dann Die kann ich nur treffen, wenn ich einen verlässli- sehen Sie, dass es hier um sehr konkrete Gefahren

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chen Rechtsrahmen habe. Es ist Aufgabe des Deut- Effekte mit sich bringt, wenn solche Strukturwan- schen Bundestages, hier für einen verlässlichen delentscheidungen konzentriert auftreten. Wir ha- Rechtsrahmen zu sorgen, der allen drei Zielen in ben auch empirische Evidenz darüber, dass es in angemessener Weise gerecht wird. Wenn das ge- den individuellen Lebensläufen ein Leben lang lingt, dann haben wir eine Grundlage, auf der die sichtbar bleibt, wenn wir die Einkommen verglei- Energiewende gelingen kann. Vielen Dank. chen mit Menschen, die eine solche Erfahrung nicht gemacht haben. Also kurzfristig geht es da- Der Vorsitzende: Danke. Herr Prof. Dr. Holtemöl- rum, diejenigen Menschen, die davon betroffen ler bitte. sind, unmittelbar zu kompensieren, ohne dabei aber Anreize für die weitere Beteiligung am Struk- SV Prof. Dr. Oliver Holtemöller (IWH): Die Ant- turwandel auch von den einzelnen Personen total wort muss unterscheiden zwischen langfristig und zu mindern. kurzfristig wirkenden Maßnahmen. In der langen Frist ist der empirische Befund absolut eindeutig, Der Vorsitzende: Recht herzlichen Dank. Wir sind dass Maßnahmen, die die Bildung befördern, die damit am Ende unserer heutigen Anhörung. Sie größten wirtschaftlichen Effekte haben. Wenn wir haben mit Ihren Stellungnahmen dazu beigetra- uns angucken, wo die größten Defizite liegen, gen, dass wir vielleicht im Deutschen Bundestag dann ist das nach der bildungsökonomischen For- eine sachgerechte Entscheidung hinbekommen, schung eindeutig der Bereich der frühkindlichen wobei ich davon ausgehe, dass die jeweiligen Bildung. Wir haben in den strukturschwachen Re- Aussagen von der jeweiligen Fraktion auch noch gionen viel höhere Schulabbrecherquoten als es in einmal Verwendung finden, insofern ist es heute anderen Regionen der Fall ist. Das beeinträchtigt ja nicht vorbei. Ich bedanke mich herzlich, dass wirtschaftliche Chancen nachdrücklich und sehr Sie hier waren. Ich bedanke mich auch bei mei- langfristig und hat auch die volkswirtschaftlich nen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für größten Kosten. Kurzfristig geht es eher um Kom- die disziplinierte Vorgehensweise bei dieser Be- pensationsmaßnahmen für Verluste, die resultie- fragung und wünsche uns gemeinsam noch einen ren aus Eingriffen in bestehende Geschäftsmo- schönen Nachmittag. delle. Wir haben Erkenntnisse darüber, dass es für die Regionen langfristig negative wirtschaftliche

Schluss der Sitzung: 12:57 Uhr Zá/Gr/Pr/Kr/La

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