Pyramide in Sicht Der Anblick Des Matterhorns Bildet Das Große Finale Auf Dem Europaweg
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Fotofinder/imageBroker Pyramide in Sicht Der Anblick des Matterhorns bildet das große Finale auf dem Europaweg. Aber schon auf der Strecke zeigt sich ein Viertausender nach dem anderen. TEXT & FOTOS: IRIS KÜRSCHNER in Pfad schlängelt sich durch die Wildnis. Abstechern. Konditionsstarke Wanderer können Wurzeln umkrallen Felsblöcke. Manche in einer Hauruckaktion den netto nur 36 Kilome- der Brocken ragen groß wie Häuser auf. ter langen Europaweg auch in zwei Tagen bezwin- EAndere reichen moosgepolstert bis auf Kniehöhe, gen. Dieter und ich gönnen uns lieber Zeit zum als würden sie auf müde Wanderer warten. Tot- Genießen, zum Beispiel für den Gang über eine holz liegt kreuz und quer. Immer wieder öffnen gewaltige Hängebrücke an Tag drei oder den sich Blicke, die einem die Sprache verschlagen. Schlenker über den Pass »Pfulwe« an Tag vier. Wasserfälle stürzen von Flanken, über denen zer- Doch das ist noch Zukunftsmusik. Gerade rissene Gletscher hängen. Tief unten windet sich bringt uns der wilde Pfad von Grächen nach Her- ein rotes Züglein durch den engen Talboden. Nur briggen. Ursprünglich verlief die Route viel hö- schwach dringt das Rattern des Glacier-Express her als heute, aber Ende August 2018 verschütte- durch das Rauschen der Gebirgsbäche. te ein Felssturz einen Abschnitt. Geologen fürch- Dieter und ich wollen in fünf Tagen auf dem ten, dass immer mehr solcher Steinschläge dro- Europaweg von Grächen nach Zermatt wandern hen werden – eine Folge der Klimaerwärmung. und dabei in den Berghütten hoch oben über- Mit dem Verschwinden des Permafrosts, der wie nachten. Ganz zum Schluss werden wir den be- Kitt den Fels zusammenhält, bröselt es mehr und rühmtesten Berg der Alpen zu sehen bekommen: mehr. Also sperrte man den Weg und führt die das Matterhorn. Doch zwischen Grächen und Wanderer heute auf einer neuen, ebenso span- Das Matterhorn zum Greifen dem majestätischen Anblick liegen 47 Kilometer nenden Route großräumig um das Gebiet herum. nah: Durch den Weiler Findeln und satte 3500 Höhenmeter im Aufstieg. Jeden- Entstanden ist der Europaweg schon in den 90er geht es nach Zermatt hinab. falls auf der von uns gewählten Route mit ihren Jahren: Wo die meisten Viertausender der Schweiz 40 outdoor-magazin outdoor-magazin 41 in den Himmel ragen, braucht es auch einen be- festen Platz. Etiketten mit der Charles-Kuonen- Pass Pfulwe weiterwandern. Eine anspruchsvol- sonderen Weg, dachten sich die fünf Anrainer-Ge- Hängebrücke schmücken die Flaschen. »Charles lere und deshalb einsamere Variante, und allein meinden Grächen, St. Niklaus, Randa, Täsch, Zer- ist Mitgründer der Kellerei«, klärt uns Marcel auf. schon die Nacht in der Täschhütte ist ein Argu- matt und schufen die Panoramaroute 1000 Höhen- »Er stiftete den größten Part der 750 000 Franken, ment für den Schlenker – vor allem, aber nicht meter über dem Grund des Mattertals. Im Sommer die die Brücke gekostet hat.« Wir degustieren Jo- nur wegen der Aussicht. Flammend färbt sich der 1997 wurde sie feierlich eingeweiht. Zwei Jahre hannisberg, einen süffigen Weißen, aus dem man Abendhimmel über Weisshorn, Schällihorn, Zi- später folgte die Eröffnung der Europahütte als die üppige Sonne des Wallis herausschmeckt. nalrothorn. Golden glitzern die Gletscher. Ein wichtiger Stützpunkt auf etwa halber Strecke. Anderntags betreten Dieter und ich die Tritt- Szenario, das dank der Panoramafenster auch di- Kurz vor Herbriggen passieren wir eine Mari- gitter der schwankenden Brücke. Schwindelerre- rekt in die Küche fällt – zur Freude von Renata engrotte. »Sie wurde zum Dank eingerichtet, weil Schmid. Sie könne sich keinen schöneren Ar- im Frühjahr 1959 ein Bergsturz den Ort bedroh- beitsplatz vorstellen, sagt sie. Seit 2018 stemmt te. Drei Monate lang waren wir evakuiert, aber die sympathische Walliserin die Bewirtschaf- dann hielt der Berg doch Frieden«, erzählt uns Beim Blick hinunter möchte tung der Täschhütte. Und manchmal findet sie später Rosi Almendinger-Summermatter. Die einem der Atem stocken. auch etwas Zeit für Ausflüge. Begeistert erzählt 80-Jährige ist die gute Seele vom Hotel Berg- sie vom anderthalb Stunden entfernten Alp- freund, der einzigen Unterkunft in Herbriggen. Dann tauchen wir in ein hubelsee, der in der Sonne türkisfarben leuchtet. Einen gewissen Schutz scheint die Grotte auszu- Stück echte Wildnis ab. Über die Pfulwe wandern, das klingt irgendwie strahlen – seither bedrohten keine Felsrutsche herb und rau – und das ist es auch. Pfulwe bedeu- mehr akut das Dorf. Trotzdem kann es ja nicht tet auf Walliserdeutsch Kissen. Was aber nichts schaden, zu den himmlischen auch noch irdi- mit weichen Polstern zu tun hat, sondern mit sche Kräfte zu bemühen: Aktuell empfangen an gend tief geht es hinunter, der Atem möchte ei- harter Pillowlava – Kissenlava. Als alles hier noch den Hängen über Herbriggen 25 GPS-Geräte Sig- nem stocken. Unwillkürlich greifen wir ans Ge- unter einem Ozean lag, strömte Lava aus den Tie- nale von Satelliten. Die Geräte messen so perma- länder. Gegen Ende hebt sich die Brücke mählich fen der Erde heraus. Durch den Kälteschock des nent ihre genaue Position und registrieren jede an – schon sind wir mit leicht erhöhtem Puls auf Wassers erstarrte die heiße Gesteinsschmelze zu Verschiebung des Untergrunds. Außerdem inves- der anderen Seite. Und bald darauf tauchen wir Kissen, die während der Alpenentstehung in die Seit 1999 markiert die Europahütte (2220 m) die Hälfte des Panoramawegs. Und seit 2017 liegt tierte Herbriggen 2019 rund zwei Millionen Fran- wieder in ein Stück echte Wildnis ab, den Tobel Höhe gelangten. Dieter und ich halten nach die- die mit 494 Metern längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt genau vor ihrer Haustür. ken in vier Steinschlagschutzdämme. Wildikin. Der Pfad klammert sich mal in den Fels sen Kissen nördlich wie auch südlich unterhalb Morgentau glitzert an den Gräsern, als wir in und windet sich durch Tunnelgalerien, mal zieht des Passes Ausschau. Und vor lauter Pfulwe ver- vielen steilen Kehren Herbriggen hinter und un- er an Edelweiß und Murmeltierbauten vorbei. lieren wir fast den absoluten Höhepunkt des ter uns lassen. Eine schneegleißende Pyramide Dann biegt der Europaweg zur Täschalp ein und Wegs aus den Augen: Seine Erhabenheit, das Mat- rückt in den Blick und bekommt immer mehr Im Stellisee beim führt über saftige Wiesen. Weit hinten, im Tal- terhorn. Aber es ist nicht diese Pyramide alleine. Präsenz. Das Matterhorn, jetzt schon? Nein, es ist Berghotel Fluhalp schluss, gleißen die Gletscher des Rimpfisch- Als wir den Blick heben, blendet da ein ganzes das 4505 Meter hohe Weisshorn, König der gleich- steht das Matterhorn horns. Wir wollen hier vom Europaweg zur strahlendes Gebiss an Viertausendern. Kein Zu- namigen Berggruppe. »Einen Diamanten in der perfekt kopf. Täschhütte abzweigen und anderntags über den gang nach Zermatt könnte schöner sein. Alpenkrone« hatte Joseph Anton Berchthold, Domherr von Sitten und Vermesser des Wallis, den Berg genannt. Und der irische Physiker und Erstbesteiger John Tyndall schwärmte: »perhaps the most splendid object in the Alps«. Der Anblick des Weisshorns begleitet uns bis zur Europahüt- te, unserem Quartier an Tag zwei. Sechs Jahre lang führte der Europaweg jedoch nicht bis hierher. Hüttenwirt Marcel Brantschen kann ein Lied davon singen. Eine Steinschlag- Umgehung brachte Wanderer schon vor dem Re- fugium rund 500 Höhenmeter hinab, fast bis ins Dorf Randa, und so blieben die Gäste aus. »Tat- sächlich habe ich schon mit dem Gedanken ge- spielt, eine andere Hütte zu übernehmen«, be- kennt er. Heute freut sich der Hüttenwirt, dass er durchhielt. Im Sommer 2017 wurde vor seiner Haustür die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt eingeweiht. Unglaubliche 494 Meter lang, spannt sie sich 85 Meter hoch über dem Dorfbach und bringt Wanderer sicher über den »Graben- gufer«, ein Gelände, das als steinschlaggefährdet gilt. Die Medien überschlugen sich. »Wandern über dem Abgrund«, titelte der Stern. Marcel Brantschen kann über die Hüttenauslastung nicht mehr klagen. Und wir nicht über sein Kurz nach der Europahütte führt einer der spektakulärsten Abschnitte des Wegs durch den Tobel Weinsortiment: Dort haben die Produkte der Fa- Wildikin. Er taucht immer wieder in Felsgalerien ein und streift dann über Almwiesen. milienkellerei Gregor Kuonen aus Salgesch ihren 42 outdoor-magazin outdoor-magazin 43 Zürich tember, Übernachtung 30 CHF FÜNF TAGE AUF DEM EUROPAWEG FRANK- Grächen Eisten S (27 Euro), Tel. 00 41/2 79/67 23 01, SCHWEIZ l a St. Niklaus S Gasenried a a a h europaweghuette.ch s a Fletsc horn 1 Tennjen e GRÄCHEN–HERBRIGGEN den fulminantesten Aussichtspunkt Genf r V 3985 m t Täschhütte, 2701 m. Bei einer Über- vispa s i Matter- R s p des Europaweges erreicht. Danach REICH i e Mattsand Obri a - nachtung hier besticht schon allein 10 km, 4 Std., 350 Hm , ITALIEN d r Taflüe g Balfrin mit vielen Panoramablicken durch Z 1 le Herbriggen t eissmie der traumhafte Blick von der Ter- 710 Hm , schwer Zinal s 3796 m Saas- W s i c l e h exponiertes Felsgelände. n e Grund 4017 m rasse auf schnee- und eisgekrönte Geisstrift r e a b Am Wasserkanal Suone Bineri von t Europahütte a Walliser Bergpromis. Bewirtschaf- l Weisshorn Randa 2 t t Dom h Saas-Fee Grächen zur Kapelle Schalbettu 3 4505 m t a ZUR TÄSCHHÜTTE a c tet Ende Juni bis Anfang Oktober, 4545 m s l l (1683 m) bei Gasenried. Weiter auf i Winterraum, Übernachtung ab 12 km, 5 Std., 1140 Hm , alrothor a Zin n Täsch Eggenstadel M einem Forstweg über den Riedbach, 4221 m M a Europaweghütte 30 CHF (27 Euro), Tel. 00 41/2 79/ 710 Hm , mittelschwer p s der beim Wegschild Teifi Tola wie- i Täschalp v r 3 Täschhütte 67 39 13, taeschhuette.ch gabelh e ber orn t der zum Pfad wird. Beim nächsten Eine Hängebrücke mit der Länge von Dent Bla O t Stausee nch 4063 m a roth fischh 4357 m e M Ober orn Rimp orn Mattmark Schild links in den oberen Weg Rich- fast einem halben Kilometer macht Zermatt 3413 m 4199 m Grandioses Finale Pfulwe 4 F tung Obri Talflüe/Randa.