Deutscher Bundestag Drucksache 12/6371 12. Wahlperiode 07.12.93

Sachgebiet 91

Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr (16. Ausschuß)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung — Drucksache 12/5001 —

Entwurf eines Gesetzes über den Bau des Abschnitts West-Wismar Ost der Bundesautobahn A 20 Lübeck-Bundesgrenze (A 11)

A. Problem Die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit" sind von großer Bedeu- tung für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundes- ländern und zielen darauf ab, leistungsfähige Verkehrsverbindun- gen zu schaffen. Zu diesen Verkehrsprojekten zählt die geplante Bundesautobahn A 20. Sie verknüpft den nordost- und nordwest- deutschen Raum, sie erhält über das Autobahnnetz bei Lübeck Anschluß an Nord-, West- und Südwesteuropa und über die Anbindung an die Autobahn Berlin-Stettin Anschluß nach Südost- und Nordosteuropa. Daneben soll sie die Ortslagen und insbeson- dere die Hansestadt Wismar vom Durchgangsverkehr entlasten und damit einen besonders prekären Verkehrsengpaß beseitigen. Die genannten Ziele verlangen eine rasche Realisierung des Vorhabens.

B. Lösung Die Bauzulassung für den Teilabschnitt Wismar West-Wismar Ost geschieht durch ein sogenanntes Investitionsmaßnahmegesetz, in dem die Zulässigkeit des geplanten Vorhabens einschließlich aller notwendigen Folgemaßnahmen festgestellt wird. Die Wahl eines Investitionsmaßnahmegesetzes verkürzt das Verfahren im Ver- gleich mit einem Planfeststellungsverfahren um mindestens ein- einhalb Jahre.

Mehrheitsentscheidung im Ausschuß. Drucksache 12/6371 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

C. Alternativen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens bzw. Verzicht auf den Bau der Bundesautobahn A 20 und Ausbau vorhandener Straßen.

D. Kosten Durch das Gesetz selbst entstehen keine Kosten. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/6371

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzentwurf — Drucksache 12/5001 — unverände rt anzu- nehmen.

Bonn, den 7. Dezember 1993

Der Ausschuß für Verkehr

Dr. Dionys Jobst Vorsitzender

Horst Gibtner Reinhold Hiller (Lübeck) Dr. Klaus Röhl Dr. Klaus-Dieter Feige Berichterstatter

Rudolf Meinl Manfred Schell Mitberichterstatter Drucksache 12/6371 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Horst Gibtner, Reinhold Hiller (Lübeck), Dr. Klaus Röhl, Dr. Klaus-Dieter Feige, Rudolf Meinl und Manfred Schell

I. Zum Beratungsverfahren bahnstrecke Berlin-Oebisfelde (Drucksachen 12/4480 und 12/5126) vorzubereiten, wobei 1. Der von der Bundesregierung eingebrachte Ent- auch ein Informationstermin vor Ort im Bereich wurf eines Gesetzes über den Bau des Abschnitts des geplanten Teilabschnitts in Be tracht gezo- Wismar West-Wismar Ost der Bundesautobahn gen werden sollte. Einmütig hat der Ausschuß A 20 Lübeck-Bundesgrenze (A 11) — Drucksache für Verkehr davon abgesehen, eine öffentliche 12/5001 — wurde in der 173. Sitzung des Deut- Anhörung durchzuführen, da die grundsätzli- schen Bundestages in erster Lesung beraten und chen Fragen zum Einsatz eines Investitionsmaß- zur Federführung dem Ausschuß für Verkehr sowie nahmegesetzes bereits in der öffentlichen zur Mitberatung dem Rechtsausschuß, dem Aus- Anhörung zum Gesetzentwurf zur „Südumfah- schuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- rung Stendal" in der 39. Ausschußsitzung vom heit sowie dem Ausschuß für Raumordnung, Bau- 10. März 1993 behandelt worden seien. wesen und Städtebau überwiesen. Das Mitglied der Gruppe der PDS/Linke Liste im 2. Der Rechtsausschuß erhebt in seiner Stellung- Ausschuß hat am 7. Dezember 1993 auf die nahme vom 1. Dezember 1993 mehrheitlich gegen Berichterstattung verzichtet. den Gesetzentwurf keine verfassungsrechtlichen b) oder sonstigen rechtlichen Bedenken. Der Aus- Anträge der Fraktion der SPD, die Bundesregie- schuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- rung zur parallelen Durchführung eines Plan- heit hat am 1. Dezember 1993 mit den Stimmen der feststellungsverfahrens aufzufordern, und des Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, die Bera- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Gruppe tung des Gesetzentwurfs auszusetzen, bis eine BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des vollständige Gesamtkonzeption zur Bundesau- Gesetzentwurfs empfohlen. tobahn A 20 den Mitgliedern des Ausschusses vorliege, wurden in der 50. Sitzung vom 22. Sep- Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und tember 1993 mehrheitlich abgelehnt. Städtebau schlägt in seiner Stellungnahme vom - 1. Dezember 1993 dem federführenden Ausschuß c) Am 15. November 1993 haben Berichterstatter für Verkehr mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- aus den Ausschüssen für Verkehr, für Umwelt, nen sowie einer Stimme aus der Fraktion der SPD Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für gegen die übrigen Stimmen der Fraktion der SPD Raumordnung, Bauwesen und Städtebau einen sowie die der Gruppe der PDS/Linke Liste vor, dem Informationstermin bei und in Wismar durchge- Deutschen Bundestag die Annahme der Vorlage zu führt. Bei einer Rundfahrt im Bereich des empfehlen. Ein Antrag der Fraktion der SPD geplanten Teilabschnitts wurden Einzelheiten des Trassenverlaufs und hiermit im Zusammen- Die Bundesregierung wird aufgefordert, parallel hang stehende Fragen erörtert. Im Anschluß zum Investitionsmaßnahmegesetz — Drucksa- hieran fand ein Gespräch mit Vertretern von che 12/5001— ein „normales" Verfahren durch- Ministerien des Landes Mecklenburg-Vorpom- zuführen. mern, der Hansestadt Wismar, der Landkreise Wismar und Grevesmühlen sowie weiterer Außerdem beantragt die Fraktion der SPD, Gebietskörperschaften, der DEGES (Deutsche zusammen mit dem Bau der A 20 den Bau der Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau Westtangente Wismar und die Anbindung der GmbH), anerkannter Naturschutzverbände und A 20 an die A 241 zeitgleich zu verwirklichen. Bürgerinitiativen für und gegen die Bundesau- wurde im Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen tobahn A 20 statt. Die anwesenden Vertreter der und Städtebau mit den Stimmen der Koalitionsfrak- kommunalen Gebietskörperschaften, der L an tionen gegen die der antragstellenden Fraktion bei -desregierung und eine Bürgerinitiative befür- Enthaltung der Gruppe der PDS/Linke Liste abge- worteten eindringlich das Projekt der Bundes- lehnt. autobahn A 20. Die drei teilnehmenden Natur- schutzverbände (BUND, Naturschutzbund 3. a) Der Ausschuß für Verkehr hat den Gesetzent- Deutschland, Grüne Liga) sowie eine Bürgerin- wurf in seiner 50., 53. und 57. Sitzung vom itiative wandten sich gegen den Bau einer 22. September, 27. Oktober und 1. Dezember Autobahn. 1993 beraten. In der 50. Sitzung wurden von den Fraktionen und Gruppen im Ausschuß die Das Gespräch betraf neben anderem die der Berichterstatter benannt und zugleich beauf- Planung zugrundeliegenden Verkehrsprogno- tragt, die weiteren Beratungen in Anlehnung an sen, die Beteiligung der Träger öffentlicher die Behandlung des Gesetzentwurfs über den Belange, Verbände und Bürgerinitiativen im Bau der „Südumfahrung Stendal" der Eisen Planungsverfahren, die Frage nach möglicher- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/6371

weise neuen Erkenntnissen seit Abschluß der richts ist die Linienfindung für die A 20 von Planungen, die Bewertung der vorgesehenen bis behandelt; Teil II ist dem durch den Ausgleichsmaßnahmen, das Verhältnis zu an- vorliegenden Gesetzentwurf festzustellenden Teil- deren Teilabschnitten der A 20 sowie der abschnitt Wismar West-Wismar Ost gewidmet. Zusammenhang mit anderen Straßenbaupro- Dem Teil I sind die Auswahl und die Entscheidung jekten. Erörtert wurden darüber hinaus Fragen für die Linienfindung mit dem Ergebnis der Vari- der Biotopkartierung, des aktiven und passiven ante 1* zu entnehmen, die die Grundlage für die Lärmschutzes, der Trinkwasserversorgung, der Gestaltung der Trasse des konkreten Teilab- Verwendung von Geotextilien sowie weitere schnitts Wismar West-Wismar Ost bildet. Für beide Einzelaspekte aus den Anlagen zum Gesetzent- Schritte (Variantenauswahl sowie Gestaltung des wurf. Teilabschnitts) sind jeweils die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Bel ange und von Dritten bei Die Ergebnisse des Informationstermins, über Informationsveranstaltungen oder durch schriftli- den dem Ausschuß ein Bericht vorgelegt wor- che Äußerungen wiedergegeben und mit Erwide- den ist, sind in die Beratungen des Ausschusses rungen, Bemerkungen und Entscheidungsvor- eingegangen. In gleicher Weise hat der Aus- schlägen versehen (S. 37 ff. und S. 91 ff.). Der schuß eine nachgereichte Stellungnahme des Erläuterungsbericht gibt außerdem Aufschluß dar- Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutsch- über, in welcher Weise die Be troffenen unterrichtet land (BUND), Landesverband Mecklenburg wurden und ihre Standpunkte vertreten konnten. Vorpommern e. V., vom 25. November 1993 in seine Beratungen einbezogen. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan (An- lage 11 des Gesetzentwurfs, S. 283 ff.) werden Naturhaushalt und Landschaftsbild im Bereich des II. Zum Ziel und wesentlichem Inhalt des Vorhabens ermittelt, beschrieben und bewertet, Gesetzentwurfs Beeinträchtigungen des Bodens, von Wasser und Gewässer, von Klima und Luft, der Pflanzen- und 1. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Bau eines Tierwelt sowie des Landschaftsbildes ermittelt und 10,13 km langen Teilabschnitts des Autobahnpro- bewertet, Untersuchungen zur Vermeidbarkeit jekts A 20 südlich der Hansestadt Wismar dadurch von Beeinträchtigungen vorgenommen sowie die zu beschleunigen, daß die Bauzulassung statt mit zu treffenden landschaftspflegerischen Maßnah- Hilfe eines Planfeststellungsverfahrens durch Ge- men dargestellt. Aus der Anlage 11 sind die Abwä- setz (sog. Investitionsmaßnahmegesetz) erfolgt. gungen ersichtlich, mit denen die Belange der Die geplante Bundesautobahn A 20 Lübeck-Bun- Umwelt und der Natur berücksichtigt werden. desgrenze (A 11) zählt zu den „Verkehrsprojekten Weitere Anlagen des Gesetzentwurfs sind Über- Deutsche Einheit" und soll zur Schaffung leistungs- sichtskarten- (Anlagen 2 und 3), ein Übersichtsla- fähiger Verkehrsverbindungen in und mit den geplan und -höhenplan (Anlage 4), ein Bauwerks- neuen Bundesländern, aber auch zum wirtschaftli- verzeichnis (Anlage 5), eine Darstellung der Quer chen Aufschwung in diesem Gebiet beitragen. schnitte (Anlage 6), Lagepläne und Höhenpläne Zugleich wird durch den Teilabschnitt eine südli- (Anlage 7), ein Grunderwerbsverzeichnis (An- che Umgehung Wismars erreicht und damit die lage 9), Grunderwerbspläne (Anlage 10) und eine Stadt von Durchgangsverkehr entlastet. Innerhalb schalltechnische Untersuchung (Anlage 12). des Bereichs zwischen Rostock und der L andes- grenze zu Schleswig-Holstein sind im Zuge der Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus weitere vorhandenen Bundesstraße 105 bei Wismar in Regelungen besonders starkem Maße öffentliche und p rivate — zu eventuellen Änderungen und Ergänzungen Belange mit der Folge berührt, daß ein entspre- des Planes durch den Bundesminister für Ver- chend höherer Zeitbedarf für die Durchführung kehr bzw. die nach dem Bundesfernstraßenge- eines Planfeststellungsverfahrens zu erwarten ist. setz für Planfeststellungen zuständige Behörde Die hiermit verbundene Zeitverzögerung ist zu (§ 2 Abs. 1 und 2), vermeiden, da der mit der A 20 angestrebte entla- stende und wirtschaftsfördernde Effekt möglichst — zum Rechtsweg bei Streitigkeiten über die Gill- bald erreicht werden soll. tigkeit von Rechtsverordnungen des Bundesmi- nisters für Verkehr zur Planänderung oder 2. In § 1 des Gesetzentwurfs wird die Zulässigkeit der -ergänzung gemäß § 2 Abs. 1, Baumaßnahme einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hin- — zur Enteignung (§ 3), blick auf alle von ihr berührten öffentlichen — zur vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 4) und Belange festgestellt. Dem Gesetz kommt damit eine einem Planfeststellungsbeschluß vergleich- — zur Vertretungsregelung bei ungeklärten Ei- bare Wirkung zu. Der Pl an, der dem Bau zugrunde gentumsverhältnissen (§ 5). liegen wird und der die Einzelheiten des Vorha- bens darstellt, ist als Anlagen 1 bis 12 Bestandteil 3. Die planerischen Unterlagen wurden von der Deut- des Gesetzentwurfs. sche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) im Auftrag der Bundesrepublik Der Erläuterungsbericht (Anlage 1 des Gesetzent Deutschland (Bundesstraßenverwaltung), vertre- wurfs, S. 11 bis 158) beschreibt das Vorhaben in ten durch das Land Mecklenburg-Vorpommern, allen Einzelheiten. In Teil I des Erläuterungsbe erarbeitet. Drucksache 12/6371 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

III. Zur Begründung der Beschlußempfehlung Die Entscheidung über den Teilabschnitt Wismar West-Wismar Ost sei losgelöst von Entscheidungen 1. Der Ausschuß für Verkehr hat seine abschließen- über die geplante A 241 oder die Westtangente den Einzelberatungen in seiner 57. Sitzung vom Wismars möglich. Unabhängig davon, daß alle 1. Dezember 1993 in folgende drei Komplexe Beteiligten, insbesondere das L and Mecklenburg- unterteilt: Vorpommern, an einer schnellen Realisierung der A 241 interessiert seien, sei dieses Autobahnpro- — Einsatz eines Investitionsmaßnahmegesetzes, jekt Gegenstand eines eigenständigen, sich derzeit im Stadium der Linienfindung befindlichen Ver- — Linienfindung Rehna-Neukloster (Varianten- fahrens. vergleich mit dem Ergebnis der Entscheidung für Variante 1*) und Eine mögliche Verknüpfung der A 20 mit der A 241 sei zwar bei der Anschlußstelle Wismar Ost denk- — Entwurfsplanung des Teilabschnitts Wismar bar, werde aber außerhalb des vorliegenden West-Wismar Ost. Gesetzgebungsverfahrens in einem Planfeststel- lungsverfahren geregelt. Für eine hieraus folgende Diese Komplexe sind, wie nachfolgend aufgezeigt, notwendige Anpassung des gesetzlich festgeleg- durch Unterfragen näher strukturiert worden. ten Teilabschnitts käme eine Rechtsverordnung 2. Im ersten Komplex hat sich der Ausschuß die Frage gemäß § 2 in Betracht. Im übrigen würden die auf gestellt, ob eine Bauzulassung durch ein Investi- einer A 241 zu erwartenden Verkehrsströme den tionsmaßnahmegesetz — auch im Falle einer Bun- geplanten vierstreifigen Ausbau der A 20 nicht desfernstraße — zulässig und im Rahmen des Baus berühren. der Bundesautobahn A 20 für den Teilabschnitt Die Fraktion der SPD hält ebenso wie die Aus- Wismar West-Wismar Ost notwendig ist. schußmehrheit die geplante A 20 und den Teilab- Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. sehen schnitt Wismar West-Wismar Ost für notwendig. den Einsatz eines Investitionsmaßnahmegesetzes Sie lehnt jedoch den Einsatz eines Investitionsmaß- angesichts der schwierigen Verkehrssituation im nahmegesetzes anstelle eines Planfeststellungs- betreffenden Gebiet und der besonderen Bedeu- verfahrens aus den bereits bei den Beratungen zur tung guter Verkehrsverbindungen für den wirt- „Südumfahrung Stendal" vorgetragenen Beden- schaftlichen Aufschwung in den neuen Bundeslän- ken ab. Die Mitglieder des Bundestages seien dern als zulässig an und beziehen sich auf die mangels Fachkompetenz nicht in der Lage, das den entsprechenden Beratungen des Gesetzentwurfs Planungen zugrundeliegende Mate rial hinrei- über den Bau der „Südumfahrung Stendal" (Be- chend zu verarbeiten, um die erforderlichen Abwä- schlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für gungen vornehmen zu können. Verkehr, Drucksache 12/5126, S. 9f.). Für den Der geltend gemachte Zeitvorteil sei angesichts der Teilabschnitt Wismar West-Wismar Ost der zu den verfassungsrechtlichen Bedenken zu bezweifeln, „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit" zählenden da im Falle einer Verfassungswidrigkeitserklärung A 20 ergebe sich im Vergleich zu den anderen die Bauzulassung erneut betrieben werden müsse. Teilabschnitten eine außergewöhnliche Situation, Um mögliche Zeitverzögerungen zu vermeiden, weil die Hansestadt Wismar und ihre Bürger durch hat die Fraktion der SPD ihren bereits in der den Durchgangsverkehr, insbesondere den 50. Sitzung des Ausschusses für Verkehr gestellten Schwerlastverkehr, auf den Bundesstraßen B 105 Antrag wiederholt: und B 106 unzumutbar belastet seien. Der geplante Teilabschnitt werde insoweit zugleich die Funktion Die Bundesregierung wird aufgefordert, parallel einer Ortsumfahrung erfüllen. Hieraus folge für zum Investitionsmaßnahmegesetz — Drucksa- den Teilabschnitt eine außerordentliche terminli- che 12/5001 — ein „normales" Verfahren durch- che Dringlichkeit, die neben der bereits zuvor zuführen. begründeten Notwendigkeit des Teilabschnitts den Einsatz eines Investitionsmaßnahmegesetzes Außerdem hat die Fraktion der SPD beantragt, rechtfertige. Gegenüber einem herkömmlichen zusammen mit dem Bau der A 20 den Bau der Planfeststellungsverfahren dürfe unter Berücksich- Westtangente Wismar und die Anbindung der tigung der voraussichtlichen Dauer des Gesetzge- A 20 an die A 241 zeitgleich zu verwirklichen. bungsverfahrens ein Zeitgewinn von eineinhalb Jahren erwartet werden. Dem Gesetzentwurf auf Drucksache 12/5001 las- sen sich nach Auffassung der Fraktion der SPD Die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. halten keine ausreichenden Aussagen zur Westtangente auch im Falle einer Bundesfernstraße ein Investi- und zur Anbindung der A 241 entnehmen. Es stelle tionsmaßnahmegesetz für zulässig. Das L and einen Verfahrensfehler dar, daß diese Fragen nicht Mecklenburg-Vorpommern, das im Rahmen der von vornherein mit untersucht und ein Gesamtkon- Bundesauftragsverwaltung für die Planung von zept vorgelegt worden sei. Bundesfernstraßen zuständig sei, habe bereits in einem frühen Stadium und zuletzt während des Die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnt die Informationstermins in Wismar erklärt, daß der geplante A 20 und damit den Teilabschnitt Wismar Bund zum Zwecke einer schnelleren Verbindlich- West-Wismar Ost wegen der Auswirkungen auf keit der Planungen das Institut des Investitions- die Umwelt und die Natur ab. Abhilfe für die nicht maßnahmegesetzes einsetzen solle. zu verkennenden Verkehrsprobleme sei in ande- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/6371

ren Verkehrskonzepten und im Ausbau vorhande- feln, daß jedes Mitglied des Ausschusses die ner Straßen zu suchen. Im übrigen sei der Einsatz Fakten und Unterlagen nachvollziehen könne. eines Investitionsmaßnahmegesetzes aus den Die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be- schon bei der Beratung des Gesetzentwurfs zur mängelte erneut das Fehlen von Aussagen zur „Südumfahrung Stendal" vorgetragenen Beden- geplanten A 241. Weiterhin seien die Untersu- ken, die auch von Sachverständigen in der diesbe chungen über die Eingriffstiefe, die Umweltver- züglichen öffentlichen Anhörung am 10. Februar träglichkeitsuntersuchung und die Biotopkar- 1993 gestützt worden seien, abzulehnen. Nur durch tierung nicht ausreichend. Die sog. Nullvariante eine intensive, faktisch aber nicht mögliche Aus- und ein Ausbau vorhandener Straßen seien nur einandersetzung mit dem gegenüber dem vorlie- summarisch abgelehnt. genden Gesetzentwurf weit umfangreicheren Ma- terial sei es überhaupt denkbar, die dem Deutschen b) Der Ausschuß bejahte die Frage Bundestag als Planfeststellungsbehörde zugewie- sene Aufgabe wahrzunehmen. Im übrigen lasse 2. Trägt die Aufbereitung und Darstellung der sich der Teilabschnitt schon wegen möglicher Aus- Umweltverträglichkeitsuntersuchung (vgl. wirkungen der Verkehrsströme nicht isoliert von Anlage 1 des Gesetzentwurfs, S. 31 bis 35) Anbindungen anderer Straßen, insbesondere der den Erfordernissen des vorliegenden Verfah- A 241, beurteilen. rens Rechnung ? mit demselben Stimmenverhältnis wie die vor- Der Ausschuß hat die Eingangsfrage mit den Stim- aufgegangene Frage. men der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. gegen diejenigen der Fraktion der SPD und der Die Ausschußmehrheit betonte die Qualität der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bejaht. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung. Gruppe der PDS/Linke Liste war während dieser und aller folgenden Abstimmungen abwesend. Die Fraktion der SPD begründete ihre Ableh- nung mit den bereits vorgetragenen grundsätz- Der erste Antrag der Fraktion der SPD wurde mit lichen Einwänden gegen ein Investitionsmaß- den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und nahmegesetz. F.D.P. gegen diejenigen der Antragsteller bei Ent- Die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hielt haltung seitens der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE die vorgelegten verdichteten Informationen GRÜNEN, der zweite Antrag mit den Stimmen der nicht für ausreichend, um die Eingriffsauswir- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. sowie der kungen hinreichend charakterisieren und die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die summarischen Darstellungen nachvollziehen Stimmen der Fraktion der SPD abgelehnt. zu können. 3. a) Im zweiten Komplex seiner Beratungen (Linien c) Der Ausschuß- bejahte die Frage findung Rehna-Neukloster) ist die Frage 3. Spricht die Abwägung anhand der Kriterien 1. Reichen die vorhandenen Unterlagen zur Verkehr, Raumordnung, Umwelt, Straßen- Beratung und Abstimmung aus? bau und Wirtschaftlichkeit für die dem Gesetzentwurf zugrundeliegende Ausfüh- mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU rungsvariante 1* ? und F.D.P. gegen diejenigen der Fraktion der SPD und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU NEN bejaht worden. und F.D.P. gegen diejenigen der Fraktion der SPD und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Die Ausschußmehrheit folgerte aus den vorhan- NEN. denen Unterlagen die Durchführung sehr weit- gehender Untersuchungen. Die Behandlung Die Ausschußmehrheit trägt die im Gesetzent- der Einzeleinwendungen, wie sie in der Anlage wurf vorgezeichnete Abwägung in allen Punk- zum Gesetzentwurf erkennbar werde, verdeut- ten mit. liche die Gründlichkeit der Untersuchungen für Die Fraktion der SPD bezog sich auf ihre Aus- die Linienbestimmung. Da ursprünglich der führungen zu den beiden voraufgegangenen gesamte Abschnitt Rehna-Neukloster mit einem Fragen. In gleicher Weise verfuhr die Gruppe Investitionsmaßnahmegesetz zugelassen wer- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. den sollte, gebe es keinen Qualitätsunterschied in der Bewertung des Gesamtabschnitts und des 4. a) Im dritten Komplex seiner Beratungen (Ent- Teilabschnitts Wismar West-Wismar Ost. Aus wurfsplanung des Teilabschnitts Wismar West der bereits zu der vorherigen Frage vertretenen Wismar Ost) befaßte sich der Ausschuß zunächst Begründung seien Fragen zur geplanten A 241 mit folgender Frage: in diesem Zusammenhang nicht zu behan- deln. 1. Werden eine Zerschneidung, Störung oder Verlust hochwertiger Lebensräume für Pflan- Die Fraktion der SPD äußerte sich sehr positiv zen und Tiere im Umfeld des Wallensteingra- über die Vorarbeiten der DEGES. Sie begrün- bens, des Rosenthaler und Triwalker Grabens dete ihre Ablehnung jedoch damit, daß trotz sowie des Greeser-Baches, insbesondere zur dieser guten Vorarbeiten ein normales Verfah- Erhaltung der Vernetzungsstrukturen ent- ren hätte stattfinden müssen. Es sei zu bezwei lang dieser Täler und Talauen, durch geeig- Drucksache 12/6371 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

nete Maßnahmen angemessen vermieden An der Abstimmung über Frage 2 nahm der oder gemindert? Vertreter der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN nicht teil, da er sich aufgrund der vorge- Die Ausschußmehrheit der Fraktionen der legten Unterlagen nicht zur Abgabe eines CDU/CSU und F.D.P. entnahm den Anlagen Votums im Stande sah. zum Gesetzentwurf, daß große Mühe drauf verwandt worden sei, Zerschneidungseffekte zu c) Im Zusammenhang mit der nächsten Frage vermeiden oder zu vermindern. Ausgleichs- 4. Wird das teils oberflächennahe Grundwas- maßnahmen seien im erforderlichen Ausmaße servorkommen in der Entwurfsplanung in vorgesehen. Herausgestellt wurde, daß die Zer- geeigneter Weise berücksichtigt? schneidungen im wesentlichen nur Ackerflä- chen beträfen. Jeder Verkehrsweg führe not- befaßte sich der Ausschuß auch mit Maßnah- wendig zu Zerschneidungen, wobei ein Aus- men zum Schutz der im Anschlußbereich Wis- gleich immer nur bis zu einem gewissen Maße, mar Ost berührten Trinkwasserschutzzone III. nie aber vollständig möglich sei. An den ökolo- gisch sensiblen Stellen seien besondere und Frage 4 wurde sodann mit den Stimmen der kostenwirksame Ausgleichsmaßnahmen ge- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. gegen plant. So seien an vier Stellen zur Erhaltung der diejenigen der Fraktion der SPD bei Stimment- vorhandenen Vernetzungsstrukturen Talbrük- haltung der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ken vorgesehen. Die Richtungsfahrbahnen wür- NEN bejaht. den um 15 m auseinandergezogen. Die hier- d) Die anschließend aufgerufene Frage durch zu erwartenden Belichtungs- und Durch- feuchtungseffekte auf das unter dem Brücken- 5. Sind die Auswirkungen einer provisorischen bereich liegende ökologische Gebiet würden Anbindung der A 20 an die L I O 5 bei die Zerschneidungswirkung für Vegeta tion und zur verkehrswirksamen Entla- Wild minimieren. stung der Hansestadt Wismar gerechtfer- tigt? Die Fraktion der SPD betonte, daß die gewählte Trasse eine hohe Plausibilität aufweise und daß wurde vom Ausschuß mit den Stimmen der mit erheblichem Aufwand und mit beträchtli- Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. gegen chen Kosten eine Minimierung der Auswirkun- diejenigen der Fraktion der SPD und der gen angestrebt werde. Die Mitglieder des Bun- Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bejaht. destages seien aber nicht in der Lage, die Im Zusammenhang mit dieser Frage wurde von Fragestellungen nachprüfen zu können. seiten der Ausschußmehrheit eine Entlastung der Hansestadt Wismar erwartet. Der Durch- Die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be- - gangsverkehr liege bei durchschnittlich 28 % tonte, daß die Auswirkungen einer Autobahn des Verkehrsaufkommens und steige in der weit über den eigentlichen Straßenstreifen hin- nachmittäglichen Verkehrsspitze auf 48 %. Be- ausgingen und die vorgesehenen Maßnahmen deutsam sei auch der während des Informa- unzureichend seien, auch wenn ein Bemühen tionstermins betonte psychologische Entla- um sensible Schnittpunkte anerkannt werde. stungseffekt für die be troffenen Einwohner Wis- Die Wirksamkeit mancher Maßnahme, z. B. der mars, zumal der Durchgangsverkehr durch Wildwechselbrücken, werde aufgrund heutiger Schwerlastverkehr geprägt sei. Kenntnisse teilweise angezweifelt. Auch die Fraktion der SPD erwartete eine spür- Der Ausschuß bejahte die Frage mit den Stim- bare Entlastung der Hansestadt Wismar, be- men der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. gründete ihr Abstimmverhalten aber mit ihren gegen diejenigen der Fraktion der SPD und der Bedenken gegenüber einem Investitionsmaß- Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. nahmegesetz.

b) In gleicher Weise entschied der Ausschuß über Die Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgende zwei Fragen bezweifelte eine Entlastung, da Wismar in star- kem Maße Ausgangs- oder Zielpunkt des Ver- 2. Ist bei der Entwurfsplanung dem Gesichts- kehrs sei. Zudem würden Entlastungen durch punkt des Lärmschutzes einschließlich akti- neues Verkehrsaufkommen, z. B. in Urlaubszei- ver wie passiver Lärmschutzmaßnahmen, ten, ausgeglichen. insbesondere für die Bebauung südlich der A 20 bei Steffin sowie für die Einzelbebauun- e) Der Ausschuß befaßte sich mit den Einzelein- gen im Bereich Karow, Rosenthal, Triwalk wendungen von Trägern öffentlicher Bel ange und Kritzowburg, angemessen Rechnung und von Dritten, wiedergegeben in Anlage 1 des getragen worden? Gesetzentwurfs auf Drucksache 12/5001, Seiten 94 bis 149, anhand gesonderter Volltextauszüge und der Seiten 94 bis 149 sowie der Übersicht auf Seiten 92f. 3. Werden die Belange des Gewässerschutzes gewahrt, und sind die hieraus resultierenden In den Textauszügen war für jede Stellung Verluste an intensiv bewirtschafteten Flä- nahme — soweit durch deren Inhalt geboten, chen der Landwirtschaft gerechtfertigt? auch nach Bestandteilen differenzierend — die Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/6371

Behandlung in der jeweils abgedruckten Erwi- f) Bezüglich der während des Informationstermins derung bzw. der Entscheidungsvorschlag durch zugelassenen und unter dem 25. November zusätzliche Markierungen verdeutlicht. Hierbei 1993 nachgereichten Stellungnahme des Bun- waren sechs Kategorien unterschieden worden: des für Umwelt und Naturschutz Deutschl and, Außerhalb des Abschnitts des Investitionsmaß Landesverband Mecklenburg-Vorpommern nahmegesetzes; Ablehnung der Einwendung; e. V. (BUND), schloß sich der Ausschuß mit den Einwendung berücksichtigt; Wiederholung; Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und Zurückstellen; Grundsatzfrage eines Investi- F.D.P. gegen diejenigen der Fraktion der SPD tionsmaßnahmegesetzes. und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der schriftlich vorgelegten Stellungnahme des Nachdem von keinem Mitglied des Ausschusses Bundesministeriums für Verkehr vom 29. No- Einzelabstimmungen zu einzelnen oder allen vember 1993 an. (Beide Unterlagen werden zum Einwendungen verlangt worden waren und die Protokoll der 57. Sitzung des Ausschusses für Vertreter der Ausschußmehrheit der Fraktionen Verkehr vom 1. Dezember 1993 genommen.) der CDU/CSU und F.D.P. darauf aufmerksam gemacht hatten, daß die Textauszüge durchge- 5. In der Schlußabstimmung hat der Ausschuß für arbeitet worden seien, schloß sich der Ausschuß Verkehr dem Gesetzentwurf auf Drucksache den Erwiderungen und Entscheidungsvorschlä- 12/5001 als Ganzem einschließlich der Anlagen 1 gen in einer Gesamtabstimmung mit den Stim- bis 12 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/ men der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. CSU und F.D.P. gegen die Stimmen der Fraktion gegen diejenigen der Fraktion der SPD bei der SPD und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Nichtbeteiligung der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE NEN bei Abwesenheit der Gruppe der PDS/Linke GRÜNEN an. Liste zugestimmt.

Bonn, den 7. Dezember 1993

Horst Gibtner Reinhold Hiller (Lübeck) Dr. Klaus Röhl Dr. Klaus-Dieter Feige Berichterstatter

Rudolf Meinl Manfred Schell Mitberichterstatter -