LANDSCHAFTSPARK BINNTAL

Kulturweg Binntal

1 Die Broschürenreihe «Kulturwege im Land- schaftspark Binntal» entstand mit Unterstüt- Guten Tag! zung des Bundesamts für Umwelt und des Kantons Wallis.

Wir freuen uns, dass Sie den Landschaftspark - tal entdecken möchten. Er besteht aus dem Gebiet der Gemeinden Binn, Bister, Ernen und , sowie der Titelbild: Paradieslilien im inneren Binntal mit Blick gegen Westen Dörfer Niederwald und Blitzingen der Gemeinde Goms. Die Dörfer und Weiler sind Ortsbilder von nationaler Bildlegenden: und regionaler Bedeutung. Sie liegen in einer vielfälti- S. 11 Scheuchzers Wollgras am Geisspfadpass S. 24 Brotleiter gen Kulturlandschaft. Im Parkgebiet leben rund 1‘300 S. 34 Heiliger Wendelin am Weg zum Schaplerstafel EinwohnerInnen. In einem Naturpark von nationaler Be- S. 42 Wilere von Süden deutung sollen Landwirtschaft, Tourismus und Gewerbe S. 52 Kapelle St. Martin in Fäld gestärkt werden und von den landschaftlichen Vorzügen Projektleitung und Redaktion: profitieren, diese aber gleichzeitig schonend behandeln. Peter Clausen Ziel ist ein Gleichgewicht zwischen Erhalt und Entwick- lung. Sie unterstützen die lokale Wertschöpfung, wenn Texte: Dr. Klaus Anderegg (Kulturwissenschaftler) Sie bei uns einkaufen, einkehren oder übernachten. Die Dr. Annekäthi Heitz (Botanikerin) vorliegende Broschüre «Kulturweg Binntal» lädt Sie zu Spaziergängen und kurzen Wanderungen ein. Sie erhal- Fotos: Oliver C. Ritz, Klaus Anderegg (Twingi), ten Informationen zu ausgewählten Sehenswürdigkei- Annekäthi Heitz (Flora), Landschaftspark Binntal, ten. Hintergrundtexte vermitteln Einblicke in die natur- Archive historisches Bildmaterial: Martha Schmid, räumlichen Gegebenheiten und das Zusammenspiel von Ursula Imhof Ulrich, Erwin Imhof (†), Marie Tenisch, Landschaftspark Binntal Geologie und Pflanzenvielfalt. Die Karten zeigen Ihnen, wo es lang geht. Karten: Julia Agten In dieser Broschüre wird der Kulturweg Binntal von Ausserbinn Kartendaten: bis nach Fäld beschrieben: Bundesamt für Landestopographie Bundesamt für Umwelt Wegabschnitt 1: Ausserbinn – Steinmatten S. 25 Wegabschnitt 2: Steinmatten – Twingischlucht – Ze Binne S. 31 Gestaltung: CH.H.GRAFIK Gestaltungswerkstatt Wegabschnitt 3: Ze Binne – Wilere – Schmidegehischere S. 45

Druck: Wegabschnitt 4: Schmidegehischere – Giesse – Fäld S. 53 s+z:gutzumdruck

©2 Landschaftspark Binntal, 2018 3 ±

Ausserbinn – WILERE Seite 21 0 0.5 1 KilometerBru

Gehzeit 2 Stunden Sattulti rs ete 2130 e ilom Höhenmeter 168 m Auf- und 80 m Abstieg ss 1 K Löüb Gie Länge 5.6 km

0.5 1418 a Äbnimatt er us Bine 2091 0 Tr AUSSERBINN 1304 8 48 Asp 12 Meili Hubu 0 0.5 1 Kilometers BINN 1199 Hasuwald 9 Steinmatten Bärefatt 1310 10 Wilere 1625 ± ld rt 11 wa Ga Binna 1323 16 ene 18 Ruf 13 14 Twingischlucht 1325 15 1309 17 Ze Binne 1328 r. 1 siehe hinten. ab N r. D etailkarten 12 2091 Santigläis ggi hbe atta Risc ulm hap Schmidigehischere – Fäld Seite 49 0 0.5 1 Kilometer Sc

Gehzeit 1 Stunde Täl 1475 1320 Höhenmeter 165 m Auf- und 20 m Abstieg 1547 Binna FÄLD Länge 2.6 km Giesse 36 37 Rippje BINN 1507 a wär ent 1400 Schmidigehiischere Hitt Santigläis 1328 Wilere E

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Ausserbinn Seite 22 Fäld Seite 60 1589

45 44 0 1547 50 1 43 00 Met ers 41 40 42 39 7 5 3 1304 6 4 2 h c

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L ± Wilere – Schmidigehischere S. 43

Schmidigehischere 34 35 33 30 27 32 28 1519 Binna 29 26 1400 31 25

24 BINN

1421 19 21 20 Wilere

22 23 5

Aebmet schon weiträumigen Handelsbeziehungen und für den Willkommen Austausch von Rohstoffen (im Binntal zum Beispiel im Binntal Bergkristall). Diese vorgeschichtliche Route durch das Tal hat die Siedlungsentwicklung des Binntals massge- bend bestimmt. Rund vierzig Gräberfunde an acht ver- schiedenen Stellen aus der La-Tène- und der Keltorömi- schen Zeit weisen auf die hervorragende Bedeutung des Al­brunpasses in vorgeschichtlicher und römischer Zeit hin. Vor der Eroberung des Wallis im Jahre 57 v. u. Z. durch Julius Caesar lebte im Binntal eine keltische Be- völkerung, die bereits damals – den topgrafischen Ver- Die Wanderung durchs Binntal beginnt in Ausser- hältnissen angepasst – in einer jahreszeitlichen Wande- binn, das bis 2005 eine eigenständige Gemeinde war. rung die verschiedenen Höhenstufen für Ackerbau und Ausserbinn ist durch die Twingischlucht vom inneren Viehwirtschaft genutzt hat. Diese Nutzung war im Wal- Binntal mit den Siedlungen Ze Binne, Wilere, Schmi- lis für die Ausformung der Naturlandschaft zur Kultur- digehischere, Giesse und Fäld getrennt. Während der landschaft ausschlaggebend. Wintermonate war die Twingischlucht kaum passierbar. Ausserbinn war deshalb kulturell und wirtschaftlich Das Binntal war bis weit ins 20. Jahrhundert ein Ge- auf die Gemeinde Ernen ausgerichtet. Die Kleingemein- biet mit bergbäuerlicher Wirtschaft mit Viehzucht und de gehört zur Pfarrei Ernen. Hingegen Binn bildet seit Ackerbau. In vorindustrieller Zeit gab es zu der den 1296 eine eigenständige Pfarrei. Auch politisch gehört geographischen Gegebenheiten angepassten Landwirt- Ausserbinn zur Gemeinde Ernen. Der Dorfteil hat rund schaft kaum Alternativen. Als Selbstversorgungswirt- 40 EinwohnerInnen und liegt auf rund 1‘300 m ü.M. schaft war dieses Agrarsystem weitgehend auf den eige- nen Konsum ausgerichtet. Die Alltagsgeschichte wurde Das innere Binntal ist – wie das auch in anderen bestimmt vom Arbeitsanfall und dem katholischen Fest- Talendgemeinden des Oberwallis manchmal der Fall tagskalender. Sie verlief in einem langsamen Rhythmus, ist – ein Gebiet mit mehreren Weilersiedlungen. Der bei dem weniger das einzelne Ereignis als vielmehr die Name Binn als Ortsbezeichnung existiert nicht. Die ei- gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen be- genständige Gemeinde Binn hat 145 EinwohnerInnen. stimmend waren. Die Hauptsiedlung des Tals Schmidigehischere liegt auf 1‘400 m ü.M. Von den fünf Siedlungen des inneren Bin- Heute gibt es im Binntal noch 4 Bauernbetriebe. In ntals sind drei vom ISOS (Inventar der schützenswerten der Zeitachse erfolgten in der Landwirtschaft zwar An- Ortsbilder der Schweiz) als von nationaler Bedeutung passungen, einerseits bedingt durch klimatische Verän- klassiert: Wilere, Schmidigehischere und Fäld. derungen, anderseits durch Neuerungen im Anbau- und Betriebssystem. So brachte zum Beispiel die Umstellung Zur Geschichte des Binntals von der Einzelsennerei zur genossenschaftlichen Alpung Das Binntal gehört als Passtal zum frühen Sied- eine rationellere Alpwirtschaft und Käseproduktion. Im lungsgebiet des Oberwallis. Der nach Oberitalien füh- 19. Jahrhundert gewährleistete eine starke Verlagerung rende Albrunpass diente nicht nur dem lokalen Verkehr, vom Getreide- zum Kartoffelanbau eine krisenunabhän- sondern war eine wichtige Transitachse für die damals gigere Versorgung.

6 7 Die Lage des jeweiligen Kulturlandes bestimmte den Die Kulturlandschaft Standort der Gebäude. In der Zone der Heimgüter stehen des Binntals das Wohnhaus und der Speicher, die Stallscheune und der Stadel in geschlossenen Dorf- und Weilersiedlun- gen (Haufendorf-Typus). Die Stallscheunen sind teilwei- se aber auch als Ausfütterungsställe verstreut auf den Mähwiesen erbaut. Um den mühsamen Heutransport zurück ins Dorf zu umgehen, brachte man das Vieh zum Heu. Zahlenmässig ist die Stallscheune der bedeutends- te Ökonomiebau.

Der bäuerliche Hausbestand Die Sakrallandschaft Die historische Kulturlandschaft des Binntals ist Das Binntal besitzt eine bemerkenswert reiche Sa- funktional auf das mehrstufige Betriebssystem mit krallandschaft, die von der barocken, nach Versinnli- jahrzeitlicher Wanderung ausgerichtet. Die vertikale chung strebenden Religiosität geprägt ist. Neben der Stufung der einzelnen Nutzungszonen hat im Zuge der Pfarrkirche in Wilere besitzt das Gebiet sechs Kapellen. Umgestaltung der Naturlandschaft zur Kulturland- Die wirtschaftliche Blüte des 17. und 18. Jahrhunderts schaft zu einem differenzierten Landnutzungssystem ermöglichte diese reiche Bautätigkeit, die wenig Rück- geführt. Die wirtschaftliche Nutzung der verschiedenen sicht auf die Bauten vorangegangener Epochen nahm, Höhenstufen und die damit verbundenen Wanderungen wenn sie dem eigenen Schaffen im Wege standen. Ne- von Mensch und Tier, sowie die erschwerten Transport- ben der Pfarrkirche St. Michael in Wilere stehen in allen verhältnisse in steilem Gelände verlangten, dass auf Weilern des Binntals Barockkapellen (17. und 18. Jh.). jeder Höhenstufe der zur Bestellung und Nutzung der Sie sind zentraler Punkt dieser ehemals bäuerlichen Güter notwendige Baubestand errichtet werden musste Siedlungen; ihnen fiel innerhalb der dörflichen Gemein- (individuell auf der Stufe der Heimgüter und Voralpen, schaft eine wichtige Funktion zu. Hier versammelten genossenschaftlich auf den Sommerweiden). Die starke sich alle zum abendlichen Gebet. Und hier fand das Volk Hangneigung und die Trockenheit der Wiesen bedingten seine Heiligen. In dieser Zeit wurde die mittelalterliche weitere Ertrag sichernde und -steigernde Einrichtungen Kultschicht zum Teil von modernen barocken Heiligen wie Terrassierungen, Bewässerungsanlagen und ein ver- (Antonius von Padua) oder Kulten abgelöst (Maria Hilf, ästeltes Wegnetz. Heilige Familie oder Rosenkranzverehrung).

Dieser als inneralpiner Streuhof bezeichnete Hofty- Wenn auch alle Sakralgebäude in barocker Zeit ent- pus besteht aus Einzweckbauten, aus Wohnhaus, Stall- standen sind, dürften viele mittelalterliche Vorläufer- scheune, Stadel und Speicher sowie aus Maiensässhaus bauten gehabt haben. Von diesen früheren Kapellen feh- und Alphütte. Sowohl Wohnhaus als auch Nutzbauten len zwar meistens direkte Zeugnisse, doch lassen zum sind – bis auf einige Alphütten, die in Mauerwerk er- Teil ihre Patronate auf eine mittelalterliche Kultschicht stellt wurden – aus gestrickten (gwätteten) Kantholz- schliessen, die sich trotz der barocken Ausgestaltung balken gefügt. Der Walliser Blockbau ist ein typisches der Sakrallandschaft in die Neuzeit hinüberretten konn- Wandhaus mit hochrechteckigen Wänden und einem fla- te. So gehört die Verehrung des heiligen Martin in der chen Satteldach (Tätschdach), das früher mit Schindeln Kapelle im Fäld und des heiligen Theodul in Ausserbinn gedeckt war. zu einer mittelalterlichen Kultschicht. 8 9 Die Naturlandschaft des Binntals

Das Binntal ist eine reich gegliederte Landschaft mit einem naturräumlichen Mosaik. Die Flora des Binntals gilt als eine der reichsten der Schweiz, was durch die klimatischen, topographischen, geologischen und sied- lungsgeschichtlichen Verhältnisse bedingt ist.

Topographie, Klima, Mensch Die in allen Richtungen verlaufenden Seitentäler er- schliessen über Pässe die Einwanderungswege der Flo- renelemente aus den Valli Formazza, Devero, Divedro sowie aus dem Ganter- und Rhonetal und bieten für das Gedeihen der Pflanzen Hangneigungen in allen Himmels- richtungen. Beides ist für die Artenvielfalt essentiell. Dank dem Einfluss des trockenen inneralpinen Klimas des Rhonetals können wärmeliebende Steppenpflanzen bis in die unteren Lagen des Tals, in die Montanstufe, vordringen in der sonst subalpinen und alpinen Region, Glockenblume. Der bräunliche silikat- sowie karbonat- die am 3272 m ü. M. erreicht. Dank der bis haltige Bündnerschiefer auf der Nordseite verwittert heute praktizierten traditionellen Landwirtschaft wer- leicht, so dass sich runde Gebirgsformen, Feinschutt- den die ausgedehnten Wiesen und Weiden gepflegt und halden und tiefgründige Böden bilden. Hier finden wir bleiben in ihrer Vielfalt und Blumenpracht erhalten. die allerreichste Flora – eine Mischgesteinsflora – mit einer enormen Blütenpracht im Frühsommer. Dazwi- Geologie UND FLORA schen durchziehen auffallend weisse Dolomitbänder Die Hauptursache der Pflanzenvielfalt sind die vier das Tal. Auf diesem Karbonatgestein wachsen speziell Hauptgesteine des Binntals, alle farblich gut unter- kalkliebende Pflanzenarten, wie der Silberwurz oder das scheidbar und florenspezifisch. Der graue Gneis mit berühmte Edelweiss. Auch ein pflanzenarmes Gestein ist den schroffen Felsen auf der Südseite des Tales ist ein vorhanden: der grüne, rostrot verwitternde Serpentinit Silikatgestein und trägt eine typische Silikatflora, z. B. in der Geisspfad-Region, dessen Mineralangebot nur für die für das Gebiet charakteristische Ausgeschnittene wenige Spezialisten erträglich ist.

10 11 Ausserbinn

Ausserbinn liegt als geschlossene Hau- derte v. u. Z.) weisen auf die Bedeutung der fendorfsiedlung auf der nach Süden aus- Siedlung in vorgeschichtlicher Zeit hin. gerichteten Talflanke des äusseren Bin- Durch die Siedlung führte damals schon ntals. Die Dorfkapelle St. Theodul steht der vielbegangene Saumpfad über den am Nordostende der Siedlung am alten Albrunpass.

Talweg. Gräberfunde (1959 und 1970) aus Ausserbinn mit dem Verlauf des alten Talweges der La-Tène-Zeit (nach 450 v. u. Z.) und aus am oberen Rand der Siedlung der kelto-römischen Zeit (erste Jahrhun- (Ausschnitt aus einer Postkarte aus den 1920er-Jahren)

12 13 Ze Binne

Die Gebäudegruppe des kleinen Weilers erhält der Weiler durch ein 1628 erbautes steht auf einer Kuppe über dem Zusam- Wohnhaus und einen schlanken Speicher, menfluss von Binna und Lengtalwasser am beide auf hohen gemauerten Sockeln. Diese alten Weg ins Lengtal. Die erste urkund- Gebäudegruppe zählt zusammen mit der liche Erwähnung des Weilers Ze Binne Kapelle zu den bemerkenswertesten Sied- stammt aus dem Jahr 1395. In diesem Jahr lungseindrücken des Wallis. wird in einer Urkunde ein «Petrus zenbün- nen de büll» erwähnt. Ebenso zeugt auch ein spätmittelalterliches Heidehüs von der frühen Besiedlung von Ze Binne als Ze Binne am alten Talweg ins Lengtal Dauerwohnsitz. Sein besonderes Gepräge (Postkarte aus den 1960er-Jahren)

14 15 Wilere

Wilere mit der Pfarrkirche St. Michael ist hoch. Die zum steilen Abhang gegen die der kirchliche Mittelpunkt des Tals. Weil Binna quer stehende Pfarrkirche St. Mi- in den Wintermonaten die Twingischlucht chael vermittelt den Eindruck, als würde wegen Lawinenniedergängen nur schwer sie die treppenartig ansteigende Siedlung passierbar war, bestand in Binn – um abstützen. Neben der Pfarrkirche bildet die seelsorgerische Betreuung der Talbe- ein Mantelmauerhaus einen wichtigen wohnerInnen zu gewährleisten – bereits Siedlungsakzent des ausserordentlichen seit dem Ende des 13. Jh. eine von Ernen Ortsbildes. unabhängige Pfarrei. Die bemerkenswerte Siedlung zieht sich treppenartig am lawi- Prozession auf dem Kirchweg, Wilere mit Pfarrkirche St. Michael nensicheren Hang längs des Reckibachs (Foto aus den 1950er-Jahren)

16 17 Schmidigehischere

Schmidigehischere ist seit prähistorischer erbaute Wohnhäuser, südlich Häuser aus Zeit die Hauptsiedlung des Binntals. Ein der Barockzeit (1630 -1770). Im Westen ist keltisches und gallo-römisches Gräber- das eindrückliche Nutzbautenquartier «Ze feld mit 24 Gräbern beim Hotel Ofenhorn Stadle» vorgebaut. Östlich des Strassen- am östlichen Ortsrand zeugt davon. Der dorfs weitet sich die Siedlung platzartig Name «Schmidingerro Husren» wird 1437 aus. Die steinerne Bogenbrücke führt zu erstmals erwähnt. Er leitet sich von der den wenigen Häusern «Ennet der Binna». hiesigen Eisenverarbeitung ab. Die stras- sendorfartige Siedlung weist einen be- achtlichen Wohnhausbestand auf; nörd- Zentrum von Schmidigehischere mit Bogenbrücke, Antoniuskapelle lich der Strasse zwischen 1500 bis 1630 und Schulhaus (Postkarte aus den 1920er-Jahren)

18 19 Giesse

Giesse ist ein streusiedlungsartiger Wei- Inschrift an einer abgebrochenen Stall- ler. Dazu gehören Giesse, Ober- und Un- scheune berichtet davon: «IM. IAHR * 1888. ner Holzerhiischere und das hinter dem DEN * 26 * FEBRUAR * SIND *IN* DEN * Wald verborgene Ebmet. Die Siedlung GIESSEN * 8 * STÄLLE * 3 WOHNHÄU- wird 1437 urkundlich als «in den gießun» SER * VON * DER * LAVINE * ZERSTÖRT erwähnt. Der Name leitet sich von einer * WORDEN». In jenem Winter fanden fünf Eisenschmelze aus vorindustrieller Zeit BewohnerInnen von Binn den Lawinentod. ab. An Giesse führte bereits in keltischer und römischer Zeit der viel begangene Weg Giesse mit der Englischgruss-Kapelle und dem rechtsseitig zum Albrunpass vorbei. Grossen Schaden der Binna liegenden Holzerhiischere (Postkarte aus den verursachte ein Lawinenniedergang. Die 1950er-Jahren)

20 21 Fäld

Fäld liegt als kompakte Siedlung am Rand ein einraumbreites Wohn- und Loibege- einer Wiesen- und Ackerflur (Fäld) auf schoss. Beim späteren Aufstocken wählte einem jäh zur Binna abfallenden Hang- man den Eingang für das zweite Stock- plateau. Die Wohnhäuser stehen an der werk bei steilem Gelände an der Rück- ansteigenden Gasse, die sich bei der Ka- wand. Teils wurde zum Schutz gegen den pelle zu einem kleinen Platz ausweitet. Luftdruck der Lawinen auch ein «Withüs» 1598 zerstörte ein Brand den Weiler. Nur angebaut. 1998 wurde der Weiler mit der das höchst gelegene Haus blieb verschont. Medaille der Stiftung «Archicultura» für Unmittelbar danach wurden acht der vier- sein intaktes Ortsbild ausgezeichnet. zehn Wohnhäuser wiederaufgebaut. Sie waren durchwegs schmal und umfassten Postkarte aus den 1920er-Jahren

22 23 Wegabschnitt 1 Ausserbinn – Steinmatten

Der kürzeste Weg zwischen Ausserbinn und Steinmatten ist die Au- tostrasse bis zum «Lätze Üsserbi» und dann auf dem Wanderweg weiter bis zum Tunnelportal Steinmatten (Variante 1). Eine abwechslungsreiche Alternative führt von der Postautohalte- stelle in Ausserbinn auf steilen, bei nassem Wetter rutschigen Wan- derwegen hinunter zur Binna, über eine Hängebrücke auf die andere Talseite und dann auf breitem Weg zur Schärtbrücke, einer spätmit- telalterlichen Steinbogenbrücke, und von hier ansteigend ebenfalls zum Tunnelportal Steinmatten (Variante 2).

Variante 1: via Fahrstrasse und Lätzus Üsserbi

Gehzeit 40 Minuten

Höhenmeter 40 m Auf- und Abstieg

Länge 1.8 km

beschaffenheit kurzes Strassenstück, Wanderweg

ÖV Postauto in Ausserbinn und Steinmatten

Restaurant in Ausserbinn

Variante 2: via Schärtbrücke

Gehzeit 70 Minuten

Höhenmeter 230 m Aufstieg und 200 m Abstieg

Länge 2.3 km

beschaffenheit steil, rutschig bei nasser Witterung!

ÖV Postauto Ausserbinn und Steinmatten

Restaurant in Ausserbinn

24 25 Die Dorfbesichtigung in Ausserbinn beginnt bei der Postautohalte- gedrängt. Dabei werden die Gwätte (Blockwandvorstös- stelle. Steigen Sie durch das Dorf hinauf zur Kapelle. se) der Traufwände in den Eckpfosten der Eingänge ver- nutet. In der hinteren Giebelwand befindet sich in der Dachschräge der Heueinwurf, der über eine Leiter zu- 1|Burgerhaus 1739 gänglich ist.

In der originalen Bausubstanz gut erhaltener Block- bau über hinten gestuftem Mauersockel. Auffallendes 3|Stadel Merkmal des Hauses ist der weit vorkragende Vorschutz mit abgetreppten Wandbalken an Der altertümliche Blockbau steht gestelzt auf Baum- der linken Traufseite über dem trommeln über einem Fundament aus Bruchstein-Mau- untersten, nur einraumbreiten erwerk. Das mit Wandzangen gefestigte Blockwerk kragt Sockelgeschoss. Die zwei oberen an der Stirnseite über dem Ein- Stockwerke sind im Vorderhaus gang vor und bildet einen Vor- durch Wandgwätte in Stube und schutz. Dem einräumigen Bau Kammer unterteilt. Das erste kommt als Garbenspeicher und Stockwerk wurde 1963 von der Dreschraum eine Doppelfunktion damaligen Gemeinde Ausserbinn zu. Der breite, über eine Leiter zu- erworben. Auf den Bindbalken gängliche Eingang ist in der Mit- in den Wohnstuben Bauinschriften mit Baudatum 1739 te der stirnseitigen Giebelwand und ermahnendem Inhalt: O. IVNGES. BLVT. SPAHR. DV. angebracht. Das in Firstrichtung DEIN. GVOT. DAN. ARBEITEN. IM. ALTER. WE. THVT. laufende, gangartige Tenn mit di- cken Holzbohlen diente als Dreschplatz. Beidseits des Tenns befinden sich die Garbenspeicher, die mit einer 2|Stallscheune Konstruktion aus Bindbalken und Latten in verschiede- ne Gefache unterteilt sind. Der Blockbau steht auf einer Fundamentmauer. Er besteht aus einem niederen Stallgeschoss und einem aufgesetzten höheren Heuspeicher. Das Stallgeschoss ist 4|Wohnhaus 1528 an der vorderen Giebelwand durch einen in der Gebäu- deachse ausgesparten Eingang zugänglich. Diese An- Der zweigeschossige, ein- ordnung entspricht der inneren raumbreite Blockbau steht auf Raumaufteilung mit seitlichen einem Mauersockel, der am Läger für die Kühe. Beidseits Hinterhaus gestuft ist (Küchen- des Stalleingangs ansteigende teil mit der Trächa, der offenen Balkentreppen mit kleinen Lau- Feuerstelle). Das erste Geschoss benpodesten erschliessen den mit Küche und Stube diente als Heuspeicher (die Treppe rechts Wohnteil, im Loibe-Geschoss wa- fehlt). Die Eingänge der Scheune ren Schlafräume. An der linken sind direkt an die Seitenwände Traufseite wurde im 2. Stockwerk

26 27 unter der Abschleppung des Satteldachs eine Laube Portal mit der Jahreszahl 1678 und auch der Rosen- angebaut. In der Stube ist das Baudatum 1528 in gros- kranzaltar übernommen wurden. Die zierliche Kapelle sen römischen Ziffern eingekerbt. 1790 (Jahreszahl am mit eingezogenem Polygonalchor und einem Satteldach Türsturz der Eingangstür) wurde das Haus renoviert. mit stark eingebuchteten Flanken und einem Krüppel- An der Schauseite ist das Blockwerk verziert mit einem walm über der Eingangsfassade ist in ihrer stilistischen Rillenfries. Auffallend sind die über der Giebelfassade Ausformung von der Architektur der Pfarrkirche von Re- getreppt vorstehenden Pfettenkonsolen. ckingen beeinflusst.

5|Brunnenanlage 7|Wohnhaus 2. Viertel 17. Jh.

Die Brunnenanlage besteht aus einem vorne offenen Der am oberen östlichen Siedlungsrand erbaute Mauerteil, der mit einem Pultdach in einer Holzkonst- Blockbau steht auf einem gestuft in den Hang erbauten ruktion aus liegenden Balken gedeckt wird. Der Brun- Mauersockel. Erbaut wurde das Haus im 2. Viertel des nen selbst setzte sich aus einem 17. Jahrhunderts. Am Blockwerk mächtigen, ausgehöhlten Baum- befindet sich an der Schausei- stamm und einer Baumtrommel te unter der Fensterreihe des 1. als Brunnensäule zusammen. Das Geschosses ein Konsölchenfries Vorhandensein von sauberem und die Pfettenkonsolen sind mit Wasser war unentbehrlich für Rossköpfen verziert. An der lin- das dörfliche Leben und Über- ken Traufseite ist im 2. Geschoss leben. Bis weit ins 20. Jahrhun- der Loibe-Balkon erhalten geblie- dert hinein fehlte in den Häusern ben. Ursprünglich dienten beim fliessendes Wasser. So wurde der Walliserhaus die Räume des 2. Dorfbrunnen zu einem zentralen Element der dörflichen Geschosses, die Loibe (Laube), als Schlafräume. Später Gemeinschaft. Hier wurde das Vieh getränkt und das wurde das Loibe-Geschoss mit dem Anstieg der Bevöl- Wasser für den täglichen Gebrauch geholt. kerung oft zu einer Wohneinheit ausgebaut.

6|Kapelle St. Theodul 8|Bildstock St. Anna (Variante 1) Die dem heiligen Theodul ge- weihte Dorfkapelle steht am obe- An der Fahrstrasse nach Binn ren Rand der Haufensiedlung. steht bei Lätzus Üsserbi ein ge- Hier führte der alte Talweg zum mauerter Bildstock mit stichbo- Albrunpass vorbei. Der nach giger Nische und Steinplatten- Osten ausgerichtete Mauerbau dach. In der Bildnische des in den stammt aus der Mitte des 18. Jahre 1934/35 errichteten Bild- Jahrhunderts. Er besass aber ei- stocks steht eine ca. 70 cm grosse nen Vorläuferbau, von dem das Skulptur der heiligen Anna Selb-

28 29 dritt aus Giltstein (Speckstein). Die Skulptur stammt aus der Zeit um 1700 und stand ursprünglich in der etwas Wegabschnitt 2: unterhalb des Talwegs stehenden St. Annakapelle. Die Steinmatten – bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert als reparatur- Twingischlucht – Ze Binne bedürftig bezeichnete Wegkapelle wurde 1934/35 beim Bau der Autostrasse abgerissen.

Die Variante 2 beginnt beim der Postautohaltestelle Ausserbinn. Der Weg ist schmal, steil und bei Regen und Schnee rutschig.

9|Schärtbrücke/Römerbrücke Gehzeit 60 Minuten (Variante 2) Höhenmeter 50 m Aufstieg und 20 m Abstieg

Die Schärtbrücke ist eine aus Länge 2.8 km Tuffstein und vermörtelten Bruch- Beschaffenheit Wanderweg steinen gefügte Bogenbrücke mit ÖV Postauto Steinmatten und Lengtal einer Spannweite von 15.5 m. Sie führt als Teil des Albrunwegs Restaurant bei Ze Binne (der «Heerstrasse» nach Grengi- ols) kurz vor der Twingischlucht Folgen Sie der ehemaligen Fahrstrasse durch die Twingischlucht bis über die Binna. Erbaut wurde die zur Abzweigung Santigläis. Hier führt ein Wanderweg hinunter zum elegante, im Volksmund Brücke Ausgleichsbecken und dann hinauf zur Siedlung Ze Binne. «Karls des Grossen» genannte Brücke um 1540 vermutlich von dem im Wallis tätigen Prismeller Baumeister Ulrich Ruffiner. 11|Überreste des alten Saumweges

10|Tunnelportal Im Graben Bärenfatt (westlich des letzten Tunnels vor Ze Binne) Bei Steinmatten befindet sich ist im Grabenhang ein Stück des das westliche Portal des 1.8 km alten Saumweges erhalten ge- langen, im Jahre 1964 eröffne- blieben. Nach der Eröffnung des ten Strassentunnels, um die im Hotels Ofenhorn im Jahre 1883 Winter kaum passierbare Twingi- wurde der Weg zwar ausgebes- schlucht zu umfahren. Hätte man sert, aber in den ersten Jahren den Tunnel damals nicht gebaut, nach der Hoteleröffnung mussten wäre Binn vermutlich als Dauer- Waren, Post und zum Teil auch siedlung aufgegeben worden und die Gäste mit Maultieren nach Binn gebracht werden. nicht mehr ganzjährig bewohnt. In der Folgezeit besserte Josef Schmid, der Erbauer des

30 31 Hotels, mit seinen Söhnen den Weg soweit aus, dass er 14 Wegkreuz mit kleinen einachsigen Wagen befahren werden konnte. |

Das aus eisernen Bändern kunstvoll geschmiedete Kreuz hat im Kreuzungspunkt von Längs- und Quer- 12|Binna-Überquerung balken eine Kartusche aus Me- als Erschliessung einer tall, die hinter Glas das Gips- militäranlage relief einer Pietà umschliesst. Im Jahre 2012 wurde das Kreuz

Im Binntal wurden im Zweiten Weltkrieg an verschie- restauriert, die fehlenden Teile denen, strategisch wichtigen Stellen Maschinengewehr- am Relief ergänzt und vom alten Stände erstellt, so auch in der Standort leicht versetzt auf der Twingischlucht hoch über der bereits vorhandenen Betonplatte linken Talseite gegenüber der montiert. Über dem Scheitel der Strasse. Zugänglich war diese mi- Kartusche ist das Kreuz datiert litärische Anlage mit einem Steg auf 1916. Vermutlich stand es ursprünglich am alten über die Binna. Überreste dieses Saumweg und wurde nach dem Bau der Fahrstrasse Übergangs sind von der Twingi- durch die Twingi in den 1930er-Jahren versetzt. strasse ca. 400 m von Steinmat- ten entfernt unten an der Binna noch sichtbar. Zwei Felsböcke 15|Memento Mori dienten als Widerlager des nicht mehr vorhandenen Holzstegs. Im anschliessenden steilen Gelände wurden Als «Memento Mori» erinnert treppenartig Stufen in das steile Gelände eingebaut. das Kreuz an einem durch ei- nen «gähen» Tod Dahingerafften. Wie weitere Gedenkkreuze von 13|Inschrift Verunfallten zeigen, kam es in Grenzbesetzung 1939 der Twingischlucht hin und wie- der zu tödlichen Unfällen. Diese Kreuze fordern die Vorbeigehen- Am östlichen Ausgang (Sei- den auf, der Verunfallten im Ge- te Binn) des dritten Tunnels der bet zu gedenken. An der unteren Twingistrasse vor Ze Binne liegt Seite des einfachen, abgedeckten Holzkreuzes mit einem auf der linken Seite ein Fluss- in Metall gegossenen Korpus ist eine Messingplakette stein mit unbeholfen eingeritzter angebracht mit der Inschrift: «Hier verunglückte als Op- Inschrift: Zur Erinnerung an die fer der Arbeit am 5. XII. 1951 Volken Albert / Seine Seele Grenzbesetzung 1939 | Bew. Abt. ruhe im Frieden / Seid wachsam! Denn ihr kennt weder Andere militärische Zeugen aus Tag noch Stunde». dem letzten Jahrhundert finden sich z.B. auf der Südseite des Eg- gerhorns.

32 33 Religiöse Zeichen am Wege Föhrenwald, Felsensteppe und Wasserfall

Wir durchwandern die unberührte Natur- landschaft der Twingischlucht. Während am Schattenhang Lärchen und Fich- ten den Wald bilden, ist es am Südhang längs des Weges die Waldföhre, die hier – im Rhonetal verbreitet – ihre obersten Standorte erreicht. An den Bündnerschieferfelsen dazwi- schen blüht im Juni rosa die Walliser Levkoje (Matthiola valesiaca), eine Spe- Federgras zialität des Gebiets Binntal–Simplon– Pfynwald. Das Federgras (Stipa penna- ta) lässt seine 20 cm langen, zierlichen Federn – eigentlich Grannen, die je einen Samen tragen – im Juli fliegen; der Blaue Lattich (Lactuca perennis) blüht über Wochen, doch stets nur am Morgen mit frisch aufgeblühten Blüten. Im mittleren Teil der Schlucht fällt ein gewaltiger Felshang mit dauernd rieseln- Walliser Levkoje Im Bestreben, dem gesamten Lebensraum sakrale Be- dem Wasser und Sinterbildung auf (Dr deutung zu geben, sind neben den Gotteshäusern in den Schräjend Bach). Feuchtbodenpflanzen Primärsiedlungen und in den Weilern auch am Wege re- wie die Rostrote Kopfbinse (Schoenus ligiöse Bilder und Zeichen entstanden. In der religiösen ferrugineus), das Breitblättrige Wollgras Vorstellung und Praxis des Volkes nehmen diese Zeichen (Eriophorum latifolium) und Alpenmass- eine wichtige Stellung ein. Sie laden zum stillen Verwei- lieb (Aster bellidiastrum) gedeihen hier. len und frommen Beten ein; oder als Memento Mori er- innern Kreuze an einen durch einen jähen Tod Dahinge- rafften und bitten die Vorbeigehenden seiner im Gebet zu gedenken. Blauer Lattich

34 35 an der Ausbesserung der gefährlichen Twingistrecke be- Strassengeschichte schäftigt. Mit dem Aufkommen der modernen Verkehrs- Twingi mittel in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. genügte auch im Binntal der Saumweg den neuen Ansprüchen nicht mehr. Mit über 40 Oberwalliser Dörfern war auch Binn eine der Gemeinden ohne Strassenverbindung ins Haupttal. Am 6. Oktober 1926 beschloss die Urversamm- lung der Gemeinde Ernen den Bau der Binntalstrasse.

Im Jahre 1929 wurde mit dem Bau begonnen. Nach politischen Querelen und der dadurch bedingten Bau- verzögerung wurde auf Intervention des Kantons an der Strasse weitergebaut. Im Sommer 1938 fuhr das erste Postauto nach Binn. 1964 wurde die Twingischlucht, um die Winterzugänglichkeit der Siedlungen im Binn- tal zu gewährleisten, mit einem Tunnel umfahren. In der Folgezeit gab es an der Strasse ausser der nötigsten Räumungsarbeiten kaum mehr Unterhaltsarbeiten und die Kunstbauten der Strasse verfielen zusehends. Da- mit drohte ein geschichtlich und strassenbautechnisch wertvolles Baudenkmal verloren zu gehen.

Der Weg durch die Twingischlucht wurde bereits in vorgeschichtlicher Zeit begangen. Er führte zum Sied- lungsgebiet des inneren Binntals und war Verbindungs- weg zum Albrunpass, einem in dieser Zeit wichtigen Passübergang. Der Pass diente nicht nur dem lokalen Verkehr, sondern war eine wichtige Transitachse für die damals schon weiträumigen Handelsbeziehungen.

Neue Bedeutung erhielt der Weg durch die Twingi in der Zeit des Frühtourismus, als die Engländer nach der Mitte des 19. Jahrhunderts das Binntal – vor allem wegen seiner Mineralien und Flora – entdeckten. Kor- Der Landschaftspark Binntal hat in Zusammenarbeit respondenzen in der lokalen Presse beklagten damals mit den Gemeinden Binn und Ernen in den Jahren 2010 den schlechten Zustand des Twingiweges, der selbst im bis 2013 in einem aufwändigen Projekt die historische Grossen Rat in Sitten ein «Gemsweg» genannt worden Fahrstrasse durch die Twingi saniert. Mit der Renova- sei. Im Sommer 1884 wurde eine Sanierung des Saum- tion der Fahrstrasse konnte die Originalsubstanz der weges vorgenommen. An die 80 Arbeiter waren damals Strasse wiederhergestellt werden. Ein – auch im ge-

36 37 samtschweizerischen Kontext – hervorragendes Bauob- jekt blieb so der Nachwelt erhalten. Das Binntal zur Zeit der Grenzbestzungen

Als Grenzland nahm das Binntal während den Grenz- besetzungen der zwei Weltkriege in der Militärgeogra- phie der Schweiz eine gewichtige Stellung ein. Seine Be- deutung hatte es wegen der Passwege nach Italien.

In der von Oberst Arnold Keller 1910 verfassten Mili- tärgeographie der Schweiz werden im Binntal besonders neuralgische Punkte an den Passübergängen und an Brückenköpfen aufgezählt und in ein gesamtschweizeri- Die Bausubstanz der Twingistrasse wurde vom In- sches Verteidigungsdispositiv einbezogen. Damals rech- ventar historischer Verkehrswege der Schweiz (IVS) als neten die schweizerischen Militärstrategen im Binntal Baudenkmal von nationaler Bedeutung eingestuft. Mit mit einem militärischen Aufnahmevermögen von einem ihren Begrenzungsmauern, Entwässerungsrinnen und Regiment und zwei Gebirgsbatterien. Auch im Zweiten Tombinos (Schächte für die unterirdische Wasserab- Weltkrieg behielt das Binntal im Verteidigungskonzept fuhr) sowie den Tunnels und der ungeteerten Fahrbahn der Schweiz seine Bedeutung und strategisch wichtige sei sie ein Beispiel historischen Strassenbaus, welches Punkte wurden mit Unterständen, Bunkern und durch das Landschaftsbild auf einzigartige Weise präge und die Verminung der Brücken gesichert. Der Bau der un- den Pioniergeist vergangener Generationen verdeutli- terschiedlichen Befestigungsanlagen wurde in der Zeit che. Die im Sommer 2010 begonnenen Renovationsar- des Zweiten Weltkriegs von der Idee der Reduit-Vertei- beiten haben wider Erwarten gezeigt, dass sehr viele digung bestimmt, d. h. vom Konzept, die Verteidigung der ursprünglichen Bauelemente unter dem Schutt der beim Einmarsch einer feindlichen Armee in den alpinen jährlichen Strassenräumung erhalten geblieben sind. So Regionen zu konzentrieren. waren die bergseitigen, gemauerten Entwässerungsrin- nen auf der gesamten Strassenlänge integral erhalten. Auch konnte der grösste Teil der zugeschütteten Tombi- nos geöffnet und das Wasser wieder unterirdisch abge- leitet werden. In den folgenden zwei Jahren wurden die Begrenzungsmauern saniert oder neu gemauert und die Eisengeländer nach originalem Muster ersetzt.

38 39 nen grossen Fernwallfahrten nach Rom, Jerusalem und Das Lengtal und die Santiago de Compostela wird im Spätmittelalter und vor Kapelle des hl. Kreuzes allem in barocker Zeit aus dem Streben heraus, den Le- bensraum als Andachtsraum zu gestalten, auch der lo- kale Bereich wallfahrtswürdig.

Urkundlich erwähnt wird die Kapelle im Lengtal erst- mals in einem Testament aus dem Jahre 1593, in dem Johann Tscheinen von Obergesteln eine «farrt in Bynn Zum heilige Crütz» verordnete. Um die Mitte des 17. Jh. müssen am Vorläuferbau der Kreuzkapelle bauliche Ver- änderungen vorgenommen worden sein. Domherr Jo- hannes de Sepibus berichtet im Jahre 1660, er habe die Kapelle im Lengtal eingesegnet. Bereits 20 Jahre später aber erfolgte ein Kapellenumbau oder -neubau, welcher der Kapelle einen für das Goms ungewöhnlichen, kreuz- förmigen Grundriss gab. Der Hauptaltar trägt die Jah- reszahl 1681.

Bei Ze Binne öffnet sich in südlicher Richtung das Lengtal als Seitental des Binntals. Das Tal und seine Wallfahrtskapelle ist nach wie vor ein beliebter Pilger- ort. Die vor Jahren abgebrannte Pilgerherberge wurde wieder aufgebaut und bietet Speis und Trank an. Zurzeit wird der alte Pilgerweg restauriert. Das Tal wurde – ne- ben dem Eisenabbau am Helsen und dessen Verhüttung im Talgrund – land- und alpwirtschaftlich genutzt. Es war nicht ganzjährig bewohnt.

Zuhinterst im Lengtal, in Heiligkreuz steht die Ka- pelle des heiligen Kreuzes (Wanderzeit von Ze Binne 45 Min. auf Wanderweg und Kraftwerkstrasse). Diese Ka- pelle wurde in barocker Zeit zu einem der beliebtesten Wallfahrtsorte des Oberwallis. Und der Weg durch die Die Kapelle gehört zu den am meisten besuchten Twingi zur Kapelle war damals auch ein oft begangener Wallfahrtsorten des Oberwallis. Unter den Votivga- Pilgerweg. Im Gegensatz zum Hochmittelalter mit sei- ben hing bis zu seiner Entwendung im Jahre 1918 ein

40 41 Halseisen, das laut der Sage von einem wunderbar aus türkischer Gefangenschaft befreiten Soldaten stammen sollte. Um der Gefangenschaft zu entrinnen, versprach er eine Wallfahrt ins Lengtal. Im Traum begann er die Wallfahrt und ging und ging die ganze Nacht hindurch. Am Morgen erwachte er vor der Heiligkreuz-Kapelle. Als Dank für die Rettung hängte er die Fesseln in der Ka- pelle auf.

In der Nähe der Kapelle stand früher ein beachtliches Haus, das am 26. April 1999 bei einem Brand total zer- stört wurde. Erbaut wurde dieses Haus im Jahre 1667 vom grossen Wohltäter der Kapelle, von Meier Melchior Bodenmann, also zu der Zeit, als die neue Kapelle erbaut wurde. Nach nicht gesicherten Quellen war Bodenmann auch Stifter dieser neuen Kapelle. In der Folgezeit diente das stattliche Haus in den Sommermonaten als vielbe- suchte Pilgerherberge und später als kleines Restaurant für Wanderer. Der Neubau ist heute wiederum ein Gast- haus.

Hydroenergetische Nutzung des Lengtals Die Gommerkraftwerke AG (GKW) betreiben im Leng- tal ein Wasserkraftwerk. Das dafür benötigte Wasser wird auf 2‘097 m ü. M. auf dem Chummibort gestaut und in einer Druckleitung mit einer Gefällshöhe von 680 m zur Zentrale Heiligkreuz geleitet. Die etwas unterhalb von Heiligkreuz gelegene Zentrale wurde 1971 fertigge- stellt.

Neben den Zentralen Heiligkreuz und Saflisch im Lengtal betreiben die GKW weitere Anlagen in Fiesch beim Zusammenfluss von Rhone und Wysswasser und im Fieschertal. Die 1974 eingeweihte Zentrale Fiescher- Ausgleichsbecken unterhalb von Ze Binne am Zusammenfluss von tal ist die leistungsstärkste Installation der Aktienge- Lengtalwasser und Binna sellschaft. Entstanden sind die GKW aus der MUBISA, einem Unternehmen, das gegründet wurde, um den Kan- wichtiger Wirtschaftsfaktor des Untergoms. Die mittlere ton Neuenburg mit elektrischer Energie zu versorgen. Jahresproduktion des Unternehmens beträgt 290 Giga- Die GKW beschäftigen zurzeit 20 Personen und sind ein wattstunden.

42 43 Wegabschnitt 3: Ze Binne – WILERE – Schmidegehischere

Gehzeit 25 Minuten

Höhenmeter 78 m Aufstieg, 20 m Abstieg

Länge 1 km

Beschaffenheit Wanderweg

ÖV Postauto in Lengtal und Binn, Dorf

RestaurantS in Schmidigehischere

Folgen Sie dem markierten Wanderweg Richtung Binn. Kurz vor der Hauptsiedlung des Binntals «Schmidigehischere» steigen Sie rechts zum Weiler «Wilere» mit der Pfarrkirche auf.

16|Kapelle St. Sebastian

Die 1725 erbaute Weiler- kapelle in Ze Binne war ur- sprünglich dem dornengekrön- ten Christus geweiht. Im 19. Jh. wird sie als Sebastianska- pelle bezeichnet. Der nach Os- ten gerichtete, hohe Mauerbau schliesst dreiseitig mit nicht abgesetztem Chor. Er besitzt ein auffällig steiles Satteldach mit einem Dachreiter mit achtseitigem Spitzhelm über dem Chorbogen. In der Mittelachse der Eingangsfassa- de befinden sich ein rundbogiges Giltsteinportal und

44 45 im Giebeldreieck ein tuffsteingerahmter Okulus. Im In- telalter, wurde das Haus 1759 neren der Kapelle steht ein Rosenkranzaltar aus dem gemäss Bauinschrift in der Stu- Jahre 1675, der aus der Pfarrkirche Wilere stammt. Zu be der linken Gebäudehälfte Beginn der 1960er Jahre wurde der ursprüngliche Ka- renoviert und 1977 um einige pellenaltar mit dem dornengekrönten Christus mit dem Ringe aufgestockt. Die Giebel- Rosenkranzaltar aus der Pfarrkirche vertauscht. konstruktion besteht an beiden Giebeln aus Firstständern zwi- schen kreuzförmigen Öffnungen. 17|Wohnhaus 1628 / 1696 Diese mittelalterliche Konstruk- und Speicher tion besteht aus einer in der Firstpfette verzapften Stud, in deren seitlichen Nuten die Wandhölzer des Giebelfeldes eingelassen sind. Die- Das Wohnhaus besteht aus einem dreigeschossigen ses altertümliche Konstruktionsprinzip wird – in un- Blockbau über einem hohen, in den Hang eingetieften vordenklich heidnische Zeit zurückreichend – im Volks- Mauersockel. Wegen der Hanglage besitzen alle Stock- mund als «Heidechriz» bezeichnet. werke ebenerdige Zugänge. Das Haus ist in zwei Etap- pen gebaut worden. Das erste Stockwerk stammt gemäss Bau- inschrift in der Stube aus dem 19|Pfarrkirche St. Michael Jahre 1628, das zweite Stockwerk und das Loibe-Geschoss aus dem In ihrem Grundbestand stammt die Kirche in Wile- Jahre 1696. Der Speicher steht re aus den 1560er Jahren (Jahreszahl 1565 am Rund- gestelzt auf einem hohen Sockel, bogen-Eingangsportal). Bauteile des Vorläuferbaus aus der im unteren Teil aus Mauer- dem 14. Jahrhundert wurden aber in den bestehenden werk und einem oberen Geschoss Baukorpus integriert, wie dies das Fresko einer thronen- aus Blockwerk besteht. Der Spei- den Madonna (um 1300) an der cheroberbau ist zweigeschossig mit je zwei Räumen pro Schulterwand des Chors zeigt. Geschoss. Die Eingänge zu den Speicherteilen befinden Um 1679 erfolgte eine tiefgrei- sich in der hinteren Giebelwand: im unteren Geschoss fende Barockisierung der Kirche in der Gebäudeachse als gekuppelter Doppeleingang; mit Einwölbung von Schiff und im oberen Geschoss als an die Traufwände gedrängte Chor und barocker Ausgestal- Einzeleingänge. Zugänglich sind diese oberen Eingänge tung des Innenraums. Am 28. über Aussentreppen, die von der Gebäudeachse schräg Juli 1678 weihte Bischof Adrian ansteigen. V. von Riedmatten das neugestal- tete Gotteshaus ein. Der barocke Hauptaltar (1767) mit dem Kirchenpatron St. Michael 18 Spätmittelalterliches ist ein Werk des Bildhauers Peter Lagger von Reckingen. | Unter der barocken Ausstattung fällt ein Armenseelen- Wohnhaus bild eines italienischen Malers aus dem 3. Viertel des 17. Jahrhunderts ins Auge, mit Darstellung des Fegefeuers Der Blockbau steht auf einem Sockel aus gefugtem unter dem pelerineartigen Mantel der Madonna. Bruchstein-Mauerwerk. Erbaut im ausgehenden Mit-

46 47 20|Pfarrhaus 1822 22|Stallgruppe

Das stattliche Haus besteht aus einem langgezoge- Am oberen Siedlungsrand von nen Blockbau, der am Hinterhaus auf Deckenhöhe des 1. Wilere stehen wenige Wirtschafs- Stockwerks gestuft ist. Erbaut wurde das Haus 1822 un- gebäude, darunter zwei gestaffelt ter Pfarrer Alois Moritz Zurbrig- in den Hang gebaute Stallscheu- gen (Inschrift am Giebel: ANNO nen. Architektonisch entsprechen 1822 und Bauinschrift auf dem die Blockbauten dem im Ober- Bindbalken der Stube im Wohn- wallis verbreiteten Bauschema geschoss). Im vorderen Hausteil der Stallscheune (s. Objekt 2). befindet sich in der östlichen Traufwand zwischen Scheren- pfosten der über eine Steintreppe 23|Spätmittelalterliches zugängliche rundbogige Eingang. Wohnhaus Der Anbau am Hinterhaus erfolg- te 1954. Weil es nicht mehr in jeder Pfarrei einen Pfarrer Der altertümliche, geschlossen wirkende Blockbau gibt, werden die oft stattlichen Pfarrhäuser heute an- über einer niederen Fundamentmauer stammt ver- derweitig genutzt. mutlich aus dem 14. Jahrhun- dert. Im Vorderhaus bestehen die Stuben- und Kammerfenster 21|Mantelmauerhaus 1669 aus Einzel- sowie aus zwei- und dreifach gekuppelten Öffnungen. Erbaut wurde das Haus 1669. Die Giebelkonstruktion bestand Der Blockbau steht auf einem ursprünglich aus einem First- Mauersockel, der im Hinter- ständer (Heidechriz) (s. Objekt haus bis auf Deckenhöhe des 18). Das Haus wurde mit neuem Wohnstockwerks gestuft ist. Das Giebelaufbau vor einigen Jahren Blockwerk ist an der Stirnfassa- renoviert. Der Firstständer ist durch ein Brett ersetzt de und an der linken Traufwand worden. Im Inneren des Hauses sind die Räume durch des Vorderhauses mit einer Mau- Stutzwände separiert. er ummantelt. Dadurch liegen die Einzel- und die zweifach gekup- pelten Fenster in tiefen Nischen mit schwarz bemalten Rahmen. Durch die im Goms äusserst seltene Bauform der Ummantelung erhält das Gebäude den Charakter ei- nes Mauerbaus. Laut Bauinschrift in der Stube war Pe- trus Karlen, damals Pfarrer in Binn, der Erbauer dieses ausserordentlichen Hauses. Vermutlich diente es früher als Pfarrhaus.

48 49 Die Reckibach-Lawine Feuchtwiesen und Grauerlenwald

Der Hang zwischen Ze Binne und Wilere zeichnet sich aus durch sein feuchtes Gelände. Ursprünglich war er von mehre- ren Rinnsalen durchflossen. Eine Quelle ist besonders eisenhaltig, wie die rotver- färbte Erde und der alte Flurname «Roth- trog» verdeutlichen. Der feuchte Hang wird nur noch teilweise gemäht. Die Nasswiesen fallen durch ihre hoch- Verschiedenblättrige wüchsigen Arten wie Mädesüss (Filipen- Kratzdistel dula ulmaria) mit kleinen weissen Blüten in dichten Blütenständen oder die nicht häufige Verschiedenblättrige Kratzdistel (Cirsium helenioides) mit grossen, lan- zettlichen, unten weissfilzigen Blättern auf. Natürlicherweise sind solche Feuchtge- biete mit Grauerlenwald bewachsen, wie z. B. am Weg unterhalb Wilere. Im Früh- ling kommt dort in typischem Biotop die Mädesüss leuchtend gelb blühende, weit verbreitete Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris) Von Wilere führt der Kirchweg nach Schmidigehi- vor. schere. Dieser Weg quert den Reckibach, der vor allem im Frühjahr lawinengefährdet ist. Bei Lawinengefahr konnte – und kann – die nicht in Wilere wohnende Be- völkerung Binns den sonntäglichen Gottesdient nicht besuchen. Die eindrückliche Abbildung auf der Postkar- te zeigt einen Lawinenniedergang im Reckibach in den 1920er-Jahren. Sumpf-Dotterblume

50 51 Wegabschnitt 4: Schmidegehischere – GIESSE – Fäld

Gehzeit 1 Stunde

Höhenmeter 165 m Aufstieg und 20 m Abstieg

Länge 2.6 km

Beschaffenheit Wanderweg

ÖV Postauto Binn und Bus alpin in Fäld

RestaurantS in Schmidigehischere und Fäld

Beginnen Sie die Dorfbesichtigung bei der markanten Steinbogen- brücke.

24|Wohnhaus 1783

Das an der linken Seite der Binna gegenüber der Bogenbrü- cke dominant stehende Haus wurde 1783 erbaut. Das dreige- schossige Blockwerk steht auf einem gestuft in den Hang ge- bauten Mauersockel. In seiner architektonischen Ausgestaltung entspricht es dem hochrechtecki- gen barocken Haustypus mit zwei Wohnstockwerken, die im Vorderhaus mit einem Wand- gwätt in Stube und Kammer unterteilt sind, sowie mit ei- nem Loibe-Geschoss unter dem Giebel mit einem breiten Mittelteil und seitlichen, durch Wandgwätte separierten

52 53 Nebenräumen. Die ursprüngliche Fensteranordnung aus von Selkingen und ist datiert auf 1691. Die Rückwand gekuppelten Fensterreihen und Einzelfenstern wurde der Kapelle wird beherrscht von einem Tafelgemälde aus nachträglich durch Fenstervergrösserung verändert. dem Ende des 17. Jh. mit der Darstellung des Jüngsten Gerichtes. Auffallend an diesem an sich derben Gemälde sind einige elegante Figuren, die vom Maler vermutlich 25|Steinbogenbrücke nach gedruckten Vorlagen geschaffen wurden.

Die am östlichen Scheitel der Brüstungsmauer 1564 datierte 27|Speicher Bogenbrücke ist das eigentliche Wahrzeichen von Schmidigehi- Der kleine Speicher besteht schere. Die in einem eleganten aus einem einräumigen Kant- Bogen über die Binna führende, holzblock mit wildem Gwätt aus Tuffstein und vermörtelten (ungleichlange Enden der sich Bruchsteinen gefügte Brücke ent- überkreuzenden Wandbalken). spricht im Stil der Schärtbrücke Das Gebäude steht gestelzt auf (Objekt 9). Die Brücke ist vermut- einem Sockel aus Blockwerk, lich auch ein Werk von lombardischen Baumeistern bzw. der ursprünglich vermutlich als von Walsern aus den Tälern am Südhang der Alpen. Kleinviehstall genutzt wurde. Der über eine Leiter zugängliche Speichereingang befindet sich in 26|Kapelle St. Antonius der Gebäudeachse der hinteren Giebelwand. Die an der westlichen Flanke der Bogenbrücke erbau- te Kapelle stammt aus dem Jahr 1690. Der Mauerbau hat ein eingezogenes, dreiseitig schliessendes Chor. Über 28|Wohnhaus 1561 / 1782 dem steilen Satteldach thront über dem chorseitigen Giebel ein Der über einem gestuften Dachreiter mit spitz zulaufen- Mauersockel stehende Blockbau dem Helm. Die Eingangsfassade ist in zwei Bauetappen entstan- ist symmetrisch gegliedert: In den. Das unterste Geschoss ist in der Gebäudemitte befindet sich der Stube mit römischen Ziffern der Eingang mit Rundbogen auf auf 1561 datiert. Die Aufstockung Kämpfern und darüber eine Bo- um ein 2. Geschoss sowie um ein gennische mit Statue. Flankiert Loibe-Geschoss ist 1782 erfolgt wird der Eingang von zwei Recht- (Jahreszahl im Giebel). Zu Beginn eckfenstern. Des Weiteren befindet sich im Giebeldrei- der 1970er Jahre ist das Loibe- eck ein Okulus. Sämtliche Öffnungen besitzen bemalte Geschoss – verbunden mit einer Giebelerneuerung – um Rahmungen aus Tuff. Der qualitätsvolle Altar mit dem drei Ringe erhöht und zu einer dritten Wohneinheit heiligen Antonius von Padua stammt von Johann Ritz ausgebaut worden. Im zweiten Stockwerk blieb die vier-

54 55 fach gekuppelte Fensterreihe original erhalten. Der Lau- mieteil angebaut. Dieser Anbau ist zu Beginn der 1960er benanbau unter der Abschleppung des Satteldachs an Jahre ersetzt worden durch einen Blockwerk-Anbau mit der rechten Traufwand wurde vermutlich zur gleichen Wohnstudio im 1. Geschoss und Wohnungsvergrösse- Zeit als Kammerachse mit den Wohneinheiten verbun- rung im 2. Geschoss. den.

31|Hanfribi 29|Wohnhaus 1714 Die Hanf- und Flachsmühle stand ursprünglich an Das auf einem in den Hang eingetiefen Mauersockel der Binna am südlichen Rand von Schmidigehischere. gebaute Blockwerk des dreigeschossigen, stattlichen 1973 musste sie dem Parkplatz weichen. 1975 wurde sie Hauses wurde 1714 errichtet. südlich des Platzes an der Binna wiederaufgebaut. Noch Der mit Kielbögen verzierte nörd- bis in 1940er Jahre wurden in Binn Hanf und Flachs liche Fussbalken und ein Wür- angebaut und im Tal verarbeitet. Die Hanf- und Flachs- felfries unter Wolfszahn sind mühle diente zur Verarbeitung zeittypische Schmuckelemente der Textilfasern. In ihrer Anlage am Blockbau. Das 3. Geschoss, ähnelt die Ribi einer Stockmüh- das Loibe-Geschoss erfuhr 1964 le mit unterschlächtigem Was- eine Erhöhung um einen Ring, serrad. An der vertikalen, vom verbunden mit dem Ausbau zu Wasserrad angetriebenen Achse einem Wohnstockwerk. Damit ge- ist ein runder Läuferstein befes- hört das Haus zu den wenigen Gebäuden, die im Nach- tigt, der auf einer mühlsteinarti- hinein keine grösseren baulichen Veränderungen und gen Unterlage sich um die Achse Erweiterungen erfahren haben. bewegt. Nach dem Trocknen und Brechen des Hanfs und Flachs wurden die Pflanzen in der Ribi durch Zusammenquetschen von den verholzten 30|Gurtehüs 1584 Pflanzenteilen befreit, so dass nur die Fasern übrigblie- ben. Der Blockbau, der an der Strassenseite über den Mauersockel vorkragt, ist in verschiedenen Bauetappen entstanden: Ein spätmittelalter- 32|Nutzbautengruppe Ze Stadle liches Haus wurde 1584 um zwei Stockwerke erhöht. Das Block- Ze Stadle am westlichen Dorfeingang von Schmidige- werk dieser Aufstockung bildet hischere besteht aus einer Gruppe von Ökonomiebauten. über der linken Traufseite des Dieses Ensemble bildet das grösste zusammenhängende untersten Wohnstockes einen auf Nutzbautenquartier des Untergoms. Die Gebäudegruppe Blockwandkonsolen abgestütz- besteht aus Stallscheunen, Speichern und Stadeln. Sta- ten Vorschutz. An der rechten del und Speicher sind meistens gestelzt und stehen auf Traufseite war ursprünglich un- Holzstützeln, die mit Steinplatten abgedeckt sind. Bei ter einem Pultdach ein Ökono- den Stadeln tritt im Binntal hin und wieder eine archi-

56 57 tektonische Besonderheit auf. Sie Jesusmonogramm die Jahreszahl 1904 eingekerbt. In werden nicht gestelzt, sondern der Stube des 2. Geschosses Bauinschrift: Dieses Haus der Oberbau wird auf in die Zwi- hat umbauen lassen Clemenz Camil und seine Gattin schenzone eingeschobenen, brei- Maria Tenisch mit ihren neun Kindern / durch den Zim- ten Balkenstümpfen abgestützt. mermeister Genelten Joseph u. seine Arbeiter Schmid Eindrücklich ist vor allem der Wend. Mutter Jul. Bittel Wend. und Genelten Jos. im nach Süden offene kleine Platz, Jahr 1904 dominierend gesäumt von einem grossen Stadel (datiert auf dem Türsturz des Sockels 1863). 35|Hotel Ofenhorn

Der Mauerbau wurde 1881 auf dem prähistorischen 33|Dorfgasse Gräberfeld «Uf em Acher» gebaut. Ursprünglich bestand das Gebäude aus drei giebelseitigen Achsen und vier Die nördliche Seite der Dorfstrasse von Schmidige- Achsen auf der Traufseite. In den ersten Jahren gingen hischere wird von einer Reihe stattlicher Wohnhäuser die Geschäfte so gut, so dass im Jahr 1897 das Gebäu- gesäumt, die giebelständig zur de an der Nordseite um fünf Achsen verlängert wurde. Strasse stehen. Hinter dieser Häu- Das Haus trägt ein blechgedecktes Satteldach, das an serzeile befindet sich eine weite- der Giebelfront abgewalmt ist (Krüppelwalm). Im aus- re Gebäudezeile, die neben einem gebauten Dachgeschoss sorgen Wohnhaus von 1614 (Jahreszahl im zwei Reihen Lukarnen für das Giebel) und Haus Nr. 34 aus Ökono- notwendige Licht. Die Familie miebauten besteht. Ein schmales, Schmid aus Ernen, Nachfahren pittoreskes Gässchen trennt beide des Hotelgründers Josef Schmid, Zeilen. besassen und führten den Betrieb in dritter Generation. 1969 stellte sie den Betrieb ein. Zu gross war 34|Wohnhaus 1788 / 1904 der Erneuerungsbedarf. 1972 kaufte zwar die Pro Unter- und Der Blockbau über einem in den Hang eingetieften, Mittelgoms AG das Hotel, aber dessen Betrieb blieb un- gestuften Mauersockel wurde 1788 erbaut. Ursprüng- rentabel. Dem Hotel drohte das endgültige Aus. Zur Ret- lich war das 2. Geschoss ein Loi- tung des Hotels wurde auf Initiative der Gemeinde Binn be-Geschoss, das 1904 zu einem 1987 die Genossenschaft Pro Binntal gegründet, die das Wohnstockwerk ausgebaut wurde Hotel kaufte und die Aussenhülle sanierte. Doch die Mit- (mit Erhöhung des Blockwerkes um tel, die Innenräume zu restaurieren, fehlten. Nach 2006 einige Ringe und Erweiterung des gelang es der Genossenschaft – vor allem mit Hilfe von Hinterhauses). Im 1. Geschoss sind öffentlichen Institutionen und Stiftungen – 3 Millionen die originalen Fensteröffnungen Franken zusammenzubringen, welche die denkmalpfle- erhalten. Auf dem Türsturz zum gerische Innenrenovation ermöglicht haben. Heute ge- oberen Geschoss ist neben einem hört das Hotel Ofenhorn zu den Swiss Historic Hotels.

58 59 Goldhaferwiesen

Zwischen Schmidegehischere und Hol- zerhiischere/Giesse prägen verschiede- ne weisse Doldenblütler das Bild der ge- düngten, nährstoffreichen Mähwiesen, der Goldhaferwiesen. Am Südhang sind es Bärenklau (Heracleum sphondylium) und Wiesenkerbel (Anthriscus sylvest- ris), am Nordhang vermehrt Gebirgs-Käl- berkropf (Chaerophyllum villarsii). Wie- Rautenblättrige sen ohne Hangneigung gibt es im Binntal Glockenblume kaum – die einzige dient den Touristen als Zeltplatz! Auch in diesen Fettwiesen gibt es in- teressante, farbige Arten wie die Rau- tenblättrige Glockenblume (Campanula rhomboidalis) mit den blauen Glocken und den breiten Stängelblättern, deren Vorkommen sich fast nur auf die Schweiz beschränkt, quasi ein Schweizer Endemit ist. Wiesenkerbel Der Wegrand entlang der Strasse über- rascht immer wieder neu, z.B. bereits im Ausschnitt aus einer Fotografie um 1890 vor der Vergrös­serung des Juni mit einer besonderen Orchidee, dem Hotels Ofenhorn. Holunder-Knabenkraut (Dactylorhiza sambucina), das gelb oder rot blühend Oberhalb des Hotels Ofenhorn nehmen Sie den Wanderweg Richtung nebeneinander gedeihen kann. Fäld. Die Siedlung Giesse liegt auf der Südseite der Binna. Bei Hol- zerhiischere steigen Sie deshalb kurz ab, um Giesse zu besichtigen. Kehren Sie dann auf den Wanderweg zurück und gehen Sie weiter nach Fäld. Holunder-Knabenkraut

60 61 36|Englischgruss-Kapelle Trockenwiesen –

Gemäss einer Urkunde im Pfarreiarchiv von Binn Trockenrasen wurde die Kapelle 1660 eingesegnet. Der frühbarocke Al- tar mit dem Gemälde Maria Verkündigung (italienischer Herkunft) stammt aus dieser Zeit. Am Giebel der Kapelle steht die Jahreszahl 1734 – vielleicht das Baujahr des Schiffs. Die nach Sü- den gerichtete Kapelle steht gie- belständig direkt an der Strasse. Am Südhang zwischen Holzerhiischere Das rechteckige Schiff und das und Fäld gedeiht eine äusserst reiche eingezogene Rechteckchor wer- Flora, denn der Wanderweg ist gesäumt den überdeckt von leicht geknick- von nährstoffarmen Trockenbiotopen.Es ten Satteldächern. Überhöht wird blühen weiss Astlose Graslilien (Anthe- das Schiffdach von einem Dachreiter mit achteckigem ricum liliago), in den Gräben auch mal Pyramidenhelm. In der Mittelachse der Giebelfront be- eine Paradieslilie (Paradisea liliastrum), findet sich der mit Granit gerahmte Rundbogeneingang, gelb die Lampen-Königskerze (Verbas- darüber eine Figurennische und eine zugemauerte Fens- cum lychnitis), rosa die Langspornige teröffnung. Handwurz (Gymnadenia conopsea), eine Astlose Graslilie Orchidee. Auffallend ist das hohe schöne Dolden- 37|Wohnhaus 1699 gewächs Berg-Laserkraut (Laserpitium siler), auch Berg-Kümmel genannt, das Der dreigeschossige, den Weiler dominierende Block- sich auf nicht mehr gemähten Wiesen bau steht auf einem gestuft in den Hang gebauten Mau- stark ausbreitet. ersockel. Am Giebel steht als An schuttreichen Stellen im Bündner- Baudatum die Jahreszahl 1699. schiefer gedeihen lokaltypische Pflanzen Der Friesschmuck am Blockwerk wie die Ähriger Glockenblume (Campanu- besteht aus Würfelfriesen un- la spicata) mit ihren langen Blütenstän- Langspornige Handwurz ter Wolfszahn. An der rechten den voller kleiner blauer Glöckchen, die Traufwand wurden unter der Ab- seltene rosarote Rundblättrige Hauhe- schleppung des Satteldachs spä- chel (Ononis rotundifolia), ein Schmet- ter Lauben angebaut. Das Vorder- terlingsblütler, und wie in der Twingi, die haus wird im 1. und 3. Geschoss Rarität Walliser Levkoje (Matthiola vale- mit Wandgwätten in Stube und siaca). Kammer unterteilt. Das Vorderhaus des mittleren Ge- schosses besteht aus nur einem Raum mit ursprünglich fünffach gekuppelter Fensterreihe. Rundblättrige Hauhechel

62 63 38 Wohnhaus 1706 Bis in die 1960er Jahre, als in Fäld noch Schule gehalten | wurde, dienten die Räume des Hauses als Schulstuben.

Der in seiner originalen Bausubstanz gut erhaltene Blockbau steht in Fäld auf einem hohen, an der Front- seite mit einer Fensterreihe 40|Wohnhaus um 1600 / 1717 belichteten zweigeschossigen Mauersockel. Der Sockel ist im Das langgestreckte Haus wur- 1. Geschoss des Hinterhauses de um 1600 erbaut. 1717 wurde es gestuft (mit der Küche). Das Bau- baulich verändert und renoviert jahr 1706 findet sich an der Fens- (Jahreszahl auf dem Stubenbind- terwange des Sockels. Die Block- balken). Der Blockbau steht auf wände sind verziert mit einem einem in den Hang eingetieften Würfelfries unter Wolfszahn. An Mauersockel. Ein Wandgwätt un- der linken Traufseite sind unter terteilt das Vorderhaus (Stuben- der Abschleppung des Satteldachs offene Lauben ange- teil) und das Hinterhaus (mit Vor- baut (auf 1. Geschosshöhe mit ursprünglichem Hausein- raum und Küche). An der hinteren gang?). Das 1. Geschoss mit den gekuppelten Fenstern Giebelwand ist ein Flurraum, ein Withüs, angebaut. Das dient mit Stube und Küche als Wohngeschoss, das obere Haus ist in seiner ursprünglichen Substanz gut erhalten Geschoss mit spärlicherer Befensterung als Schlafkam- mit zum Teil originalen Fensteröffnungen. mern.

41|Wohnhaus 1789 39|Ehemaliges Gemeindehaus 1669 / 1796 Der 2½-geschossige Blockbau steht gestuft auf einem in den Hang eingetieften Mauersockel. Das Vorderhaus ist in den zwei unteren Geschos- Das beachtliche Haus steht zuunterst an der linken sen durch ein Wandgwätt in Stu- Seite der zur Kapelle ansteigenden Dorfgasse. Der auf be und Kammer unterteilt. Ein einem gestuften Mauersockel Mittelgwätt unter dem First hälf- stehende Blockbau wurde 1669 tet das Loibe-Geschoss in zwei (Baudatum in der Stube des 1. Ge- Kammerteile. Der reiche Fries- schosses) errichtet. Unter der lin- schmuck an den Blockwandteilen ken Flanke des abgeschleppten besteht aus Pfeilschwanzfriesen Satteldachs ist eine Kammerach- unter Wolfszahn. Am Blockwerk se angebaut. Das breitere Hin- ist die ursprüngliche Fensteran- terhaus stösst auf der rechten ordnung zum Teil erhalten geblieben; die grünen Fens- Traufseite in die Gasse vor. Die terläden kamen in neuerer Zeit hinzu. Auf den Bindbal- Blockwandteile sind mit zeittypi- ken der Stuben sind längere Bauinschriften eingekerbt schen kräftigen Würfelfriesen verziert. 1796 erfuhr das mit dem Namen des Erbauers, Meier Johannes Tenisch, Haus eine Renovation mit baulicher Erweiterung. Diese und dem Baujahr 1789. Jahreszahl findet sich in der Stube des 2. Geschosses.

64 65 42|Wohnhaus 1611 / 1766 44|Kapelle St. Martin

Das beachtliche Haus steht Vermutlich hat der Dorfbrand abseits der Dorfgasse inmitten von 1598 auch die Kapelle in Mit- von Nutzbauten. Erbaut wurde leidenschaft gezogen. Die jetzige das aus Blockwerk und einem am Kapelle wurde 1660 eingesegnet. Hinterhaus bis zur Dachlinie ge- Sie steht traufständig an der stuften Mauersockel bestehende Dorfgasse. Der hohe Mauerbau Haus 1611. Es ist 1½-geschossig schliesst an der Nordseite mit ei- mit Wohnstockwerk und Loibe- nem dreiseitigen Chor. Über dem Geschoss. An der Schauseite chorseitigen Schiffsgiebel befin- kragt das Blockwerk auf einem det sich ein gemauertes Glocken- auf Balken abgestützten Vorschutz über dem Mauerso- joch. Die Kapelle ist in der rechten Traufwand über eine ckel vor. Das Haus erfuhr 1766 eine Renovation, wie das halbrunde Aussentreppe durch einen Rundbogenein- in einer Bauinschrift in der Stube erwähnt wird. Wie es gang zugänglich. Im Inneren der Kapelle fällt die Höhe der Name sagt, schützt ein Vorschutz das Mauerwerk. Er des Raumes auf, der durch die spitzbogige Choröffnung hat aber auch repräsentativen Charakter. noch akzentuiert wird. Der zweigeschossige Barockalter mit dem heiligen Martin als Hauptfigur stammt aus der Zeit um 1700 und wird Johann Ritz von Selkingen zuge- 43|Wohnhaus 1599 schrieben.

Der um 1599 erbaute Blockbau ist das grösste Wohn- gebäude des Weilers. Er wurde 1932 um zwei Ringe 45|Ledihüs 1530 aufgestockt. Der Mauersockel ist am Hinterhaus bis zur Dachlinie Das Wohnhaus steht am nord- gestuft. Der über eine Aussen- östlichen Rand des Weilers. Mit treppe zugängliche Hauseingang dem Erbauungsjahr 1530 ist es befindet sich in der linken Trauf- das älteste Gebäude von Fäld wand des Hinterhauses. An der (Jahreszahl in arabischen und Schauseite kragt das Blockwerk römischen Ziffern am Giebel). An auf einem auf Konsolen abge- der rechten Traufseite des 1½-ge- stützten Vorschutz über den So- schossigen Hauses ist unter der ckel vor. Am Vorderhaus wird der Abschleppung des Satteldachs Kantholzblock im 2. Geschoss und im Dachgiebel mit eine Kammerachse angebaut, die Wandgwätten unterteilt und gefestigt. An der rechten später um eine weitere Achse erweitert wurde. Dadurch Traufwand waren ursprünglich Stall und Speicher an- erhält der Blockbau seine sonst im Goms unübliche gebaut, die abgerissen und durch einen Wohnteil ersetzt breite Proportion. Als einziges Wohnhaus überstand das wurden. Ledihüs den verheerenden Dorfbrand von 1598.

66 67 Weiterführende Museen und Ausstellungen Literatur im Landschaftspark Binntal

Anderegg, Klaus: Durch der Heiligen Gand und Hilf. Wallfahrt. Hanschbielhütte, Binntal Wallfahrtskapellen und Exvotos in den Oberwalliser Bezirken Jost-Sigristen-Museum, Ernen Goms und Östlich-Raron. Basel 1979. Kirchenmuseum, Ernen Anderegg, Klaus: Wandern im Binntal. Binn 2005. Mineralienmuseum, Fäld Rathaus des Zenden Goms, Ernen Gemeinde Ausserbinn: Ausserbinn 1988. Regionalmuseum, Binn Graeser, Gerd: Ein neues Hotel an uralter Reiseroute. 100 Jahre Tiermuseum, Blitzingen Hotel Ofenhorn 1883-199. Binn 1983. Entdecken Sie Ihre eigenen Kulturwege. Heitz-Weniger, Annekäthi: Was sagt der Dolomit dem Edelweiss? Die Flora des Binntals in Beziehung zum Gestein. In: André Der Landschaftspark Binntal bietet ein weitver- Gorsatt (Hrsg.): Die besten Seiten des Binntals. Achberg und zweigtes Wanderwegnetz. Binn 2014. Wanderkarten und -literatur begleiten Sie.

Keller, Arnold; Imhof, Georg: Militärgeographie der Schweiz und ihrer Grenzgebiete Sektor Oberwallis. 1911, Hrsg.: Eidgenössi- Lernen Sie die Gegend auf Dorfführungen, sche Militärbibliothek. Bern 2005. botanischen Führungen und Mineralienführun-

Koller, Gerold: Das Binntal – Exkursionen durch die Zeit. Baden gen kennen. 2015. Informationen: Naturfreunde Schweiz: Natura Trail Binntal. Bern 2017. Tourismusbüro Ernen

Ruppen, Walter: Die Kunstdenkmäler des Kantons Wallis. Bd 2: Das Dorfplatz, 3995 Ernen Untergoms – Die ehemalige Grosspfarrei Ernen. Basel 1979. Tel. +41 (0)27 971 50 55 [email protected] Ruppen, Walter: Die Binntal – Schweizerischer Kunstführer. Bern 1992. www.landschaftspark-binntal.ch

Weissen, Andreas: Binntal – Veglia – Devero, Naturpark-Wandern Weitere Tourismusbüros in Binn, ohne Grenzen zwischen Wallis und Piemont. Zürich 2015. Blitzingen und Grengiols

68 69 Kulturwege im Landschaftspark Binntal

Die vorliegende Broschüre «Kulturweg Binntal» beglei- tet Sie auf Spaziergängen und kurzen Wanderungen. Sie finden Angaben zu den Wegen, Hintergrundtexte zu ausgewählten natur- und kulturlandschaftlichen The- men und kurze Beschreibungen zu Sehenswürdigkeiten. Wir möchten das genaue Beobachten anregen, Einbli- cke in die besuchte Lebenswelt ermöglichen und so die Verbundenheit mit der Umgebung stärken.

Folgende 5 Kulturwege-Broschüren sind erhältlich:

• Binntal • Blitzingen und Niederwald • Ernen und Niederernen • Grengiols und Bister • Mühlebach und Steinhaus

Wir wünschen Ihnen spannende Entdeckungen, berei- chernde Begegnungen und frohe Stunden im Land- schaftspark Binntal.

LANDSCHAFTSPARK BINNTAL Postfach 20, 3996 Binn [email protected] www. landschaftspark-binntal.ch 70