Deutsches Design Als Experiment – Theoretische Neuansätze Und Ästhetische Manifestationen Seit Den Sechziger Jahren
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Deutsches Design als Experiment – Theoretische Neuansätze und ästhetische Manifestationen seit den sechziger Jahren Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades einer „Doktorin der Philosophie” der Fakultät Bildende Kunst an der Hochschule der Künste Berlin vorgelegt von Petra Eisele, M.A. Wallenbachstraße 31 54293 Trier im September 2000 Erster Berichterstatter: Prof. Dr. Andreas Haus Zweiter Berichterstatter: Prof. François Burkhardt Unterstützt durch ein Stipendium der IKEA-Stiftung Vorwort Wie kein anderes Jahrzehnt waren die achtziger Jahre vom „Design” geprägt. Als sei plötzlich ein Damm gebrochen, konnte jetzt alles „Design” sein und jeder, der sich dazu berufen fühlte, sich selbst zum Designer küren. So waren alle Lebensbereiche von einem ebenso diffusen wie unreflektierten „Designanspruch” durchdrungen. Was zählte, war die kreative Selbstverwirklichung, die weder vor dem eigenen „Hair-Design” noch vor einem „Gesamtdesign” der eigenen Wohnung Halt machte. Dieses Klima, in dem es um das spontane Machen, um das Umsetzen der eigenen Ideen ging, hat mich fasziniert, gleichzeitig aber auch zu einer Beschäftigung mit Designgeschichte geführt, durch die ich hoffte, eine Erklärung für diesen „Kreativitätsausbruch” finden zu können. Den eigentlichen Anstoß, mich wissenschaftlich mit der jüngeren Designgeschichte in der Bundes- republik zu befassen, gab ein Forschungsprojekt während meines Kunstgeschichtsstudiums an der Trierer Universität zur Rezeptionsgeschichte des Bauhauses, bei dem mich die Frage beschäftigte, wie sich die postmodernen Designer mit ihrem eigenen funktionalistischen „Erbe” auseinandergesetzt haben. Dieses Thema konnte ich in meiner Magisterarbeit vertiefen, wobei eine Polarisierung von „Moderne” und „Postmoderne” zwar exemplarische Vergleiche zuließ, mich aber auch auf die Frage nach dem „Dazwischen” neugierig machte, auf diejenigen Entwicklungen, die sich vom funk- tionalistischen Erbe gelöst und neue „postmoderne” Positionen vorbereitet haben. Mir war immer bewußt, daß eine Untersuchung größerer historischer Zusammenhänge das Problem mit sich bringt, hinlänglich bekannte Fakten und Themenbereiche zu wiederholen, und dement- sprechend habe ich mich auch inhaltlich auf das „Dazwischen” konzentriert, auf Aspekte, die bislang nicht oder kaum angegangen worden sind. Dabei haben mich besonders inhaltliche Fragen interessiert, die nicht eindeutig kategorisiert, sondern interpretiert werden müssen – und erst so charakteristische Impulse für die bundesdeutsche Designentwicklung verdeutlichen können. Mein erster Dank gilt Prof. Dr. Andreas Haus, der diese Arbeit betreut und mir alle notwendigen Frei- heiten ließ. Die kritische Offenheit seines Denkens hat mir viele Jahre wesentliche Einsichten und Anregungen vermittelt und mich dazu ermuntert, mich als Kunsthistorikerin mit designspezifischen Fragestellungen auseinander zu setzen. Ganz besonders bin ich den Designern und Designerinnen verpflichtet, deren großes Interesse an einem Dialog für diese Arbeit unentbehrlich war. In per- sönlichen Gesprächen haben mir Prof. Volker Albus, Prof. Heiko Bartels, Günter Beltzig, Prof. Andreas Brandolini, Michel Feith, Prof. Harald Hullmann, Gerda Müller-Krauspe, Claudia Schneider- Esleben, Frank Schreiner alias STILETTO, Gerd Schulz-Pilath und Prof. Herbert Jakob Weinand anregende Gedanken und ihre persönlichen Erinnerungen mitgeteilt. Danken möchte ich auch Prof. François Burkhardt und Prof. Dr. Siegfried Gronert, die diese Arbeit kritisch begleitet und mir wertvolle Hinweise gegeben haben. Darüber hinaus wurde diese Arbeit von der IKEA-Stiftung finanziell unterstützt, so daß die Archivaufenthalte und die Kontakte zu den einzelnen Designern in den unterschiedlichsten Städten erleichtert wurden. Die langjährige freundschaftliche Diskussionsbereitschaft von Carolyn Weber, Claudia Heitmann und Christa Blasius hat diese Arbeit ebenfalls begleitet. Danken möchte ich für ihre Korrekturhilfen und allen meinen Freunden für ihre Hilfe jedwelcher Art. Mein innigster Dank gebührt meinem Mann und meiner Familie, die mich über alle Jahre verständnisvoll unterstützt haben. 1. Einleitung 1 2. Literatur- und Forschungslage 4 TEIL I DESIGNTHEORETISCHE UND KÜNSTLERISCHE ENTWICKLUNGEN DER SECHZIGER UND SIEBZIGER JAHRE 3. Ratio versus Emotio: Die Auseinandersetzungen 10 um das Für und Wider funktionaler Gestaltung 3.1. Kritik und Krisen: Vorboten der Funktionalismus- Diskussion seit der Mitte der sechziger Jahre 11 3.1.1. „ornament ohne ornament?“ Züricher Thesen für eine neue Gestaltungstheorie – Ornament im Industrie-Design 12 3.1.2. Reaktionen auf die Züricher Thesen: Max Bill und der form-Beirat 17 3.1.3. Ornament zwischen Styling und Funktion: Die Münchner Ausstellung „ornament - heute?“ 19 3.1.4. Die „Krise des Funktionalismus" an der Ulmer Hochschule für Gestaltung – Plädoyer für einen „Erweiterten Funktionalismus“ 23 3.2. Die Funktionalismus-Diskussion in der Zeitschrift form 26 3.2.1. Werner Nehls ruft das Ende der funktionalistischen Epoche aus 27 3.2.2. Reaktionen auf Nehls Thesen 33 3.3. Zusammenfassung 36 4. Kunst als Design als Kunst – Interdependenzen zwischen Kunst und Design in den sechziger und siebziger Jahren 38 4.1. Das Abenteuer des seriellen Gegenstandes: Massenware und Kunst-Stück 38 4.2. Plastic Fantastic: Organische Utopien in Kunst-Stoff 45 4.3. Rauminstallation und Environment: Kunst-Objekte oder Design-Gegenstand? 54 4.4. Zusammenfassung 59 5. Design-Alternativen und Alternativ-Design: Umweltgestaltung als Leitbild 60 5.1. Umweltgestaltung als öffentliches Thema 60 5.2. Institutionalisierte Umweltgestaltung 64 5.2.1. Für eine bedürfnisorientierte Umweltgestaltung: Das Institut für Umweltplanung Ulm 65 5.2.2. Auf dem Weg zu einer humaneren Umwelt: Das Internationale Design Zentrum Berlin zwischen „Guter Form“ und Umweltgestaltung 79 5.3. Praxis der Umweltgestaltung 102 5.3.1. Neue Sinnlichkeit fürs Industrie-Design: DES-IN 102 5.3.2. Experimentelles Design im öffentlichen Raum: Die Projekte der Gruppe DREISTÄDTER 116 5.4. Zusammenfassung 126 TEIL II EXEMPLARISCHE ANALYSE: DAS „NEUE DESIGN“ IN DER BUNDESREPUBLIK 129 6. Mehr Witz als Verstand? Experimentelles Avantgarde-Design 131 6.1. Werkstatt für experimentelles Design: BELLEFAST und die HdK-Projekte 133 6.2. Der Designer als Problemfinder: STILETTOs Bastelmethoden 146 6.3. Loopings am Designer-Himmel: KUNSTFLUG und das Verschwinden der Mechanik 153 6.4. Konzeptuelle Gedankenspiele: GINBANDE und die Einfachheit des Gebrauchs 169 6.5. Zusammenfassung 7. Neulinge auf dem Kunstmarkt: Produzenten-Galerien für Design 181 7.1. Vermöbelte Raumskulpturen: Galerie STILBRUCH 181 7.2. Der Drang zum Gesamtkunstgewerbe: LUX NEONLICHT und MÖBEL PERDU 188 7.3. Inspirator und Koordinator: Galerie WEINAND 205 7.4. Kunstmöbel ohne all das Bunte: UNIKATE und PENTAGON 214 7.5. Zusammenfassung 223 8. Design auf der „documenta 8“ 225 8.1. Präsentation und Reaktionen 225 8.2. Deutsche Beiträge 227 8.2.1. Stefan Wewerka und Florian Borkenhagen 227 8.2.2. PENTAGON: „Café Casino“ 230 8.2.3. Andreas Brandolini und das „Deutsche Wohnzimmer“ 233 8.3. Zusammenfassung 236 9. Design-Avantgarde und Serienproduktion 238 9.1. High-Tech und Avantgarde: Die Agentur BERLINER ZIMMER 238 9.2. Auf dem Weg in die Serienproduktion: Die DESIGNWERKSTATT- Projekte 245 9.1.1. Die Berliner DESIGNWERKSTATT 245 9.1.2. Die ABET-DESIGNWERKSTATT 255 9.3. Zusammenfassung 263 10. Ergebnis 264 11. Ausblick 270 12. Anhang 273 12.1. Gesprächsprotokolle 273 12.1.1. Günter Beltzig, Gespräch am 22.09.1997 274 12.1.2. Gerd Schulz-Pilath (GALERIE STILBRUCH), Gespräch am 20.08.1998 279 12.1.3. Gerda Müller-Krauspe, Gespräch am 31.08.1998 286 12.1.4. Heiko Bartels / Harald Hullmann (KUNSTFLUG), Gespräch am 02.09.1998 294 12.1.5. Andreas Brandolini (BELLEFAST), Gespräch am 05.03.1999 310 12.1.6. Claudia Schneider-Esleben (LUX NEONLICHT und MÖBEL PERDU), Gespräch am 16.03.1999 319 12.1.7. Herbert Jakob Weinand (GALERIE WEINAND), Gespräch am 20.03.1999 326 12.2. Verzeichnis der zitierten Literatur 330 12.2.1. Selbständig erschienene Literatur 330 12.2.2. Unselbständig erschienene Literatur 339 12.2.3. Semester- und Abschlussarbeiten, Dissertationen 353 12.2.4. Unveröffentlichte Quellen, Aktenbestände, Klein- und Kleinstauflagen 355 12.3. Verzeichnis der Abbildungen 358 12.4. Verzeichnis der Abkürzungen 371 1. Einleitung Deutsches Design ist häufig mit Vorstellungen von einer extrem funktionalen Ästhetik verknüpft, und Produkte „Made in Germany“ stehen als Synonym für solide Technik und Zuverlässigkeit. In den achtziger Jahren sorgte dagegen ein „Neues deutsches Design“ international für Aufsehen. Jetzt pro- testierte eine neue Designer-Generation gegen eine ihrer Meinung nach allzu festgelegte Gestaltungsauffassung und postulierte einen vermeintlich neuen Anti-Funktionalismus. Seither präsentiert sich deutsche Designgeschichte als Antagonismus, der zwischen den Polen Funk- tionalismus und Anti-Funktionalismus gefangen scheint. Damit werden jedoch charakteristische Ent- wicklungen ausgeblendet, die disparate Ablösungsprozesse vom funktionalen Erbe verdeutlichen. Aus diesem Grund gilt es, diese polarisierende Bewertung zu hinterfragen und einen neuen, differen- zierten Blick auf das bundesdeutsche Design zu richten. Die vorliegende Arbeit untersucht charak- teristische Designentwicklungen seit den sechziger bis zum Beginn der neunziger Jahre und berück- sichtigt theoretische Neuansätze ebenso wie Design-Objekte und -Projekte, die programmatisch ver- änderte Gestaltungsauffassungen zum Ausdruck bringen. Dabei wird deutsches Design