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Hotze, Jessica

Research Report Das Ernährermodell als Armutsrisiko? Eine bremische Bestandsaufnahme von Erwerbsmustern in Familien

Reihe Arbeit und Wirtschaft in , No. 1

Provided in Cooperation with: Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW), Universität Bremen / Arbeitnehmerkammer Bremen

Suggested Citation: Hotze, Jessica (2013) : Das Ernährermodell als Armutsrisiko? Eine bremische Bestandsaufnahme von Erwerbsmustern in Familien, Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen, No. 1, Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW), Universität Bremen und Arbeitnehmerkammer Bremen, Bremen

This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/98144

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Jessica Hotze Eine bremische Bestandsaufnahme von Erwerbsmustern in Familien

eine publikation von Aufgrund der Ausweitung von Niedriglöhnen und anhaltender Unterbeschäftigung kann Armut nicht mehr als ein gesell - schaftliches Randphänomen angesehen werden. So ist fast jeder vierte Bremer beziehungsweise jede vierte Bremerin von Armut bedroht. Armut kann dabei nur im Haushaltszu - sammenhang angemessen nachvollzogen werden und ergibt sich aus der Relation von Einkommen und Bedarf. Daher spielen Veränderungen im Haushaltszusammenhang und der Wandel von Erwerbsmustern in Familien bei der Armutsver - meidung eine zentrale Rolle. Das lange Zeit dominierende Ernährermodell, das allein auf der Beschäftigung eines – zumeist männlichen – Ernährers im Normalarbeitsverhältnis basiert, verschwindet immer mehr. Da ein einzelner Ernährer den notwendigen Familienlohn nicht mehr verdienen kann, wird die Erwerbstätigkeit beider Partner zu einer wichtigen Kompensationsstrategie. Vor diesem Hintergrund wurden das Armutsrisiko und die Entwicklung von Erwerbsmustern in Familien zwischen 1996 und 2009 untersucht.

Jessica Hotze Die Arbeitnehmerkammer Bremen vertritt als Körper - Impressum Herausgeber: schaft des öffentlichen Rechts die Interessen der im Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) Land Bremen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen Arbeitnehmer. Um diesem gesetzlichen Auftrag auf Universitätsallee 2 1–23 der Basis aktueller wissenschaftlicher Forschungs- 28359 Bremen Arbeitnehmerkammer Bremen ergebnisse umfassend gerecht zu werden, kooperiert Bürgerstraße 1 die Arbeitnehmerkammer mit der Universität Bremen. 28195 Bremen Teil dieser Kooperation ist das Institut Arbeit und Umschlaggestaltung: Designbüro Möhlenkamp Bremen Wirtschaft ( IAW) , das gemeinsam von beiden Häusern Titelfoto: getragen wird. Schwerpunkte des IAW sind die Er- Pavel Losevsky / Fotolia.com forschung des Strukturwandels von Arbeit, Wirtschaft 1. Auflage 2013 ISSN: 2195-7266 und Gesellschaft, insbesondere in seinen Auswir- Bestellung: kungen auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) Geschäftsstelle Im Rahmen dieser Reihe werden die Forschungs- Telefon +49 42 1· 218-61704 ergebnisse, die aus der Kooperation zwischen Arbeit - [email protected] Schutzgebühr: 5, – Euro nehmerkammer und IAW hervorgehen, veröffentlicht.

Kurzfassung

Aufgrund der massiven Verbreitung von Niedriglöhnen und Erwerbsarmut in den letzten Jahren, kann Armut nicht mehr als ein gesellschaftliches Randphänomen angesehen werden. In Bremen ist fast je- der vierte von Armut bedroht. Armut kann nur unter Bezugnahme auf Haushalt und Familie angemes- sen erfasst werden und ergibt sich aus der Relation von Einkommen und Bedarf. Daher spielen Ver- änderungen im Haushaltskontext und der Wandel familialer Erwerbsmuster bei der Armutsvermei- dung eine tragende Rolle. Das lange Zeit dominierende Ernährermodell, das allein auf der Beschäfti- gung eines zumeist männlichen Ernährers im Normalarbeitsverhältnis basiert, ist im Schwinden be- griffen. Die Erwerbstätigkeit beider Partner wird zu einer wichtigen Kompensationsstrategie erodie- render Familienlöhne. Vor diesem Hintergrund wurden auf der Grundlage des Mikrozensus das Ar- mutsrisiko von Alleinverdienerhaushalten und die Entwicklung familialer Erwerbsmuster unter Be- rücksichtigung des Haushaltskontextes in Bremen für den Zeitraum zwischen 1996 und 2009 unter- sucht und mit den entsprechenden Daten für Deutschland verglichen. Die häufig diskutierte Auswei- tung der Armut auf die gesellschaftliche Mitte, konnte in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden.

Diese Veröffentlichung präsentiert die Ergebnisse eines durch die Arbeitnehmerkammer Bremen fi- nanzierten und am IAW von Juli 2011 bis Februar 2012 durchgeführten Projektes mit dem Titel „Er- nährermodell als Armutsrisiko? Entwicklung familialer Erwerbsmuster und Armutsrisiken in Erwerb- stätigenhaushalten in Bremen und .“ Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ...... 7

2 FAMILIENPOLITIK UND ERWERBSARBEIT IN DER BRD ...... 8

2.1 Abkehr von einem Leitbild- die Erosion des Normalarbeitsverhältnisses 8

2.2 Gesellschaftspolitische Implikationen des Familienlohns 9

2.3 Arbeitsmarktintegration von Frauen 12

3 DIE WIRTSCHAFTLICHE UND STRUKTURELLE SITUATION IM LAND BREMEN . 13

3.1 Arbeit und Armut im Land Bremen 14

3.2 Vereinbarkeit von Beruf und Familie - die Betreuungssituation von Kindern 15

4 EMPIRISCHE ANALYSEN ...... 15

4.1 Datengrundlage 15

4.2 Methodisches Vorgehen und Hypothesen 17

4.3 Beschreibung der Ergebnisse 19

4.3.1 Individueller Erwerbsumfang 19

4.3.2 Die Modernisierung des Ernährermodells - Erwerbsmuster im Wandel 20

4.3.2.1 Erwerbsmuster und Elternschaft 21

4.3.2.2 Familienzyklus 22

4.3.2.3 Größe der Familie 23

4.3.3 Bereiche der Armutsgefährdung 24

4.3.4 Das Ernährermodell als Armutsrisiko 26

4.3.5 Familienlohn: Reicht das Einkommen für zwei Kinder? 27

5 FAZIT ...... 28

6 LITERATUR ...... 30

Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Verteilung des Ernährermodells nach Alter des jüngsten Kindes im Land Bremen ...... 22

Abbildung 2: Verteilung des modernisierten Ernährermodells nach Alter des jüngsten Kindes im Land Bremen .... 22

Abbildung 3: Verteilung des Ernährermodells nach Kinderzahl im Land Bremen ...... 23

Abbildung 4:Verteilung des modernisierten Ernährermodells nach Kinderzahl im Land Bremen ...... 23

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Erwerbsumfang von Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter im Land Bremen ...... 19

Tabelle 2: Erwerbsumfang von Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter, aufgeteilt nach Elternschaft, im Land Bremen ...... 20

Tabelle 3: Familiale Erwerbsmuster im Land Bremen ...... 20

Tabelle 4: Verteilung der familialen Erwerbsmuster aufgeteilt nach Elternschaft im Land Bremen ...... 21

Tabelle 5: Erwerbsumfang von Alleinstehenden und Alleinerziehenden im Land Bremen ...... 21

Tabelle 6: Verteilung der Nettoeinkommen im Land Bremen und der BRD ...... 24

Tabelle 7: Armutsindikatoren der Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer im Land Bremen ...... 25

Tabelle 8: Reale Armutsquote der NormalarbeitnehmerInnenhaushalte verteilt nach Erwerbsmuster in Bremen ..... 26

Tabelle 9: Reale Armutsquote verteilt nach Elternschaft und Erwerbsmuster ...... 27

Tabelle 10: Reale Armutsquote des Ernährermodells in Bremen ...... 27

Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

1 Einleitung sorgte. Tertiarisierung von Beschäftigung, die Aus- weitung der Bildungsteilhabe von Frauen wie auch Die Ursachen von Armut sind sehr unterschiedlich1. allgemeine Individualisierungstrends haben jedoch Arbeitslosigkeit galt und gilt immer noch als bedeu- seit den 1960er Jahren zu einer zunehmenden und tender Einflussfaktor für Armut. Jüngst rückt jedoch tendenziell kontinuierlichen Arbeitsmarktteilhabe der 3 die Armut von Erwerbstätigen zunehmend in den Fo- Frauen beigetragen . Ergänzend schwinden seit den kus der Betrachtung: Armut und Erwerbstätigkeit 1970er Jahren die ökonomischen Grundlagen des Er- werden nicht mehr als per se gegensätzlich angesehen nährermodells. Insgesamt haben diese Entwicklungen (vgl. Buhr 2004; Bosch/Weinkopf 2007; George zu einem Bedeutungsverlust dieses Modell geführt 2008; Gießelmann/Lohmann 2008; Klammer 2008). (vgl. Kreyenfeld et al. 2007; Steiber/Haas 2010). Armut trotz Erwerbstätigkeit kann auf unterschiedli- Gleichzeitig hat damit die Bedeutung der Wahl der che ursächliche Prozesse zurückgeführt werden. Der jeweiligen familialen Erwerbsmuster für die Armuts- Bezug von Niedriglöhnen gilt hierbei als maßgebli- vermeidung stark zugenommen. cher Einfluss2. Zwar ruft ein niedriger Lohn nicht Aufgrund der Ausdehnung des Niedriglohnbereichs zwingend Armut hervor, dennoch weisen Bezieherin- und der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses wird nen und Bezieher von Niedriglöhnen im Vergleich zu davon ausgegangen, dass Armut nicht mehr ‚nur‘ ein anderen Bevölkerungsgruppen ein erhöhtes Armutsri- gesellschaftliches Randphänomen darstellt, sondern siko auf (Hellmuth/Urban 2010). Lange Zeit galten dass auch die so genannte Mitte der Gesellschaft zu- atypisch beschäftigte Personen als die typischen nehmend verarmt(Bruzan 2008; Frick et al. 2005; Niedriglohnbezieher. Ein Trend zur Substitution von Grabka/Frick 2008; Vogel 2008).Das Auftreten von Vollzeitarbeitsplätzen durch Teilzeit oder geringfügi- Armut kann aber nur unter Bezugnahme auf Haushalt ge Beschäftigung wird festgestellt und mit dem Stich- und Familie angemessen nachvollzogen werden. Die wort der ‚Erosion des Normalarbeitsverhältnisses‘ Größe und Struktur des Haushalts sind nur zwei von assoziiert (vgl. Mückenberger 1985; Schulze Bu- vielen Einflussfaktoren. Partnerschaft, Elternschaft schoff 2000; Bosch 2002; Wick 2003; Diekmann und Familienzyklus beeinflussen nicht nur die Mög- 2008). Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren ein lichkeiten der Erwerbsbeteiligung einzelner Haus- besonders starker Zuwachs an Niedriglöhnen bei den halts- bzw. Familienmitglieder, sondern auch die sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten Haushaltsgröße und den finanziellen Bedarf (Eggen beobachtet (vgl. Buryet al. 2006: 15; Kalina/Wein- 1998). Das Ernährermodell wird in diesem Zusam- kopf 2008). Dieses Phänomen stellt die zu Beginn der menhang zunehmend als potentielles Armutsrisiko Bundesrepublik typische Verknüpfung zwischen wahrgenommen. Normalarbeitsverhältnis und dem Erzielen eines Fa- In der nachfolgenden Analyse wird die ‚Gefährdung milienlohns (Hinrichs 1996) in Frage. der sozialen Mitte‘ mit der Entwicklung familialer Die zunehmende Verbreitung von Niedriglöhnen und Erwerbsmuster verknüpft. Dabei wird einerseits ge- Erwerbsarmut wird durch einen Wandel der familia- fragt, wie verbreitet das Ernährermodell heute noch len Arbeitsteilung begleitet. Für die alten Bundeslän- ist. Andererseits wird die Frage beantwortet, inwie- der war das männliche Ernährermodell lange Zeit fern sich das Fehlen eines Familienlohns in einem dominant. Der (Ehe-)Mann hatte die Rolle des Al- erhöhten Armutsrisiko der Familien widerspiegelt. leinernährers inne, während die nicht erwerbstätige Dabei wird auch überprüft, ob niedrige Erwerbsein- (Ehe-)Frau Haushalt und gegebenenfalls Kinder ver- kommen durch weitere Erwerbseinkommen im Haushalt kompensiert werden oder andere Kompen- sationsstrategien beobachtet werden können. Der analytische Rahmen soll die Wirkung der ar- 1 In empirischen Analysen wird häufig ein relationales beitsmarkt- und familienpolitischen Veränderungen Konzept der Einkommensarmut verwendet. Das indi- in der BRD untersuchen, wobei der räumliche Fokus viduelle Einkommen bzw. Haushaltseinkommen wird auf das Bundesland Bremen gerichtet ist. Spezifisch in Bezug zum Einkommen der gesamten Bevölkerung an der Situation in Bremen ist nicht nur die Domi- gesetzt. Als arm gelten diejenigen Personen oder nanz maritimer Strukturen, sondern auch eine starke Haushalte, die ein Einkommen unterhalb einer defini- torisch festgelegten Schwelle beziehen. Diese Schwel- industrielle Prägung des Arbeitsmarktes. Als Stadt- le wird anhand eines bestimmten Prozentsatzes des- staat weist Bremen einige Vorzüge auf, dennoch sind mittleren Wertes oder des Durchschnitts aller Ein- kommen zu einem Erhebungszeitpunkt berechnet. Als international normierter Standard zur Berechnung der Armutsschwelle werden 60% des Medians aller Ein- 3 Es herrscht weitestgehend Uneinigkeit über den kausa- kommen verwendet. len Zusammenhang zwischen Geburtenzahlen und 2 Üblicherweise wird unter einem Niedriglohn ein Stun- Müttererwerbstätigkeit. Beide möglichen Wirkungs- denlohn verstanden, der weniger als zwei Drittel des richtungen stellen einen plausiblen Erklärungsansatz Medians aller Bruttostundenlöhne beträgt. dar (vgl. Beck-Gernsheim 1988).

7 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Herausforderungen durch die räumlich stark begrenz- nicht nur die individuelle Selbstverwirklichung von te Fläche ebenso zahlreich. Frauen und Männern eingeschränkt, sondern sie ha- Im Folgenden werden zunächst arbeitsmarkt- und ben auch zunehmenden Einfluss auf das Auftreten familienpolitische Veränderungen in der BRD dar- bzw. das Vermeiden von Armutslagen insbesondere gestellt (Abschnitt 2). Dabei liegt das Augenmerk auf bei Familien. der Entwicklung des Familienlohns und des Normal- arbeitsverhältnisses. Sie haben in der Geschichte der 2.1 Abkehr von einem Leitbild- die Ero- BRD die Haushaltseinkommen und die Erwerbsbetei- sion des Normalarbeitsverhältnisses ligung von Frauen und Männern maßgeblich geprägt. Ferner werden die prägenden wirtschaftlichen Verän- Seit Mitte der 1980er Jahre wird die Erosion des derungen und Strukturen des Bremer Arbeitsmarktes Normalarbeitsverhältnisses wissenschaftlich themati- dargestellt. Darüber hinaus wird die Vereinbarkeit siert (vgl. Mückenberger 1985). Eine weit verbreitete von Beruf und Familie in Bremen exemplarisch an- Theorie ist, dass das Normalarbeitsverhältnis zuneh- hand der städtischen Kinderbetreuungsmöglichkeiten mend von atypischen oder sogar prekären Beschäfti- betrachtet (Abschnitt 3). Im Anschluss wird die Ent- gungen verdrängt wird (Bosch 2002; Diekmann wicklung familialer Erwerbsmuster im Kontext von 2008; Dombois 1999; Kommission für Zukunftsfra- Familienzyklen und Kinderzahl in Bremen empirisch gen der Freistaaten Bayern und Sachsen 1996; untersucht. Ergänzend wird die armutsvermeidende Mückenberger 1985; Schulze Buschoff 2000; Wick Wirkung des Einkommens von Normalarbeitnehme- 2003). rinnen und Normalarbeitnehmern4 analysiert (Ab- Als normatives Leitbild wird eine unbefristete Voll- schnitt 4).Ein spezieller Fokus wird auf die Verbrei- zeitbeschäftigung angesehen. Sie soll zeitliche Konti- tung des Ernährermodells und dem damit einherge- nuität und Stabilität in der Beziehung zwischen Ar- henden Armutsrisiko gelegt. Daneben wird die Ver- beitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen, eine zumin- breitung des Familienlohns untersucht. Grundlage ist dest partielle Dekommodifizierung der Arbeitskraft dabei ein Familienlohnkonzept, das den Bedarf einer und einen existenzsichernden Lohn gewähren (Bosch vierköpfigen Familie jenseits der Armutsgrenze 2005: 13). Dementsprechend werden alle Formen der deckt. Die erlangten Erkenntnisse werden zueinander Arbeit, die von dieser Norm abweichen, als atypisch in Bezug gestellt und herausgestellt, inwiefern spezi- klassifiziert, wie beispielsweise Teilzeitarbeit, gering- fische Erwerbsmuster mit erhöhten Armutsrisiken fügige Beschäftigung, Zeitarbeit oder andere Formen einhergehen. Abschließend folgte eine zusammenfas- der zeitlich befristeten Arbeit. Empirisch wurde die sende Interpretation der Ergebnisse (Abschnitt 5). Erosion des Normalarbeitsverhältnisses in zahlrei- chen Publikationen durch den absoluten und relativen Rückgang von (unbefristeten) Vollzeitarbeitsplätzen 2 Familienpolitik und Erwerbsar- belegt (Brinkmann et al. 2006; Diekmann 2008). beit in der BRD Breiter wissenschaftlicher Dissens besteht bezüglich des Ausmaßes und der Bewertung dieser Entwick- Familiare Erwerbsmuster wurden in der Geschichte lung(Brinkmann et al. 2006: 19ff). Ein gewichtiges der BRD von den normativen Leitbildern des Nor- Argument ist, dass das Normalarbeitsverhältnis noch malarbeitsverhältnisses und des damit verbundenen nie eine flächendeckende empirische Realität für die Familienlohns grundlegend geformt. Unabhängig von gesamte Bevölkerung besessen habe. Es gab schon ihrer empirischen Evidenz haben sie weibliche Er- immer Bereiche der Arbeit, die nicht als solche werbsarbeit und männliche Reproduktionsarbeit wahrgenommen wurden und aus dem Raster der maßgeblich beschränkt und weisen als normatives Normalarbeit herausfielen (Mückenberger 1985), wie Leitbild eine erstaunliche Persistenz auf. Die Integra- die Reproduktionsarbeit, die immer noch mehrheit- tion von Frauen in den Arbeitsmarkt wird zu einem lich von Frauen ausgeübt wird. Dabei verhält sie sich bedeutenden Maß von ihnen geprägt. Damit wird komplementär zu dem Normalarbeitsverhältnis. Denn um die geforderte Kontinuität in der Erwerbsbiogra- phie wie auch die zeitliche Verfügbarkeit der Arbeit- nehmer zu gewährleisten, bedarf es einer Person, die 4 Im Bemühen um eine gendergerechte Sprache wird bereit ist, Haushalt und Kinder zu versorgen und die darauf verzichtet nur die männliche Form zu verwen- damit dem Arbeitsmarkt selber nur eingeschränkt zur den, wenn Bezug auf Geschlechter genommen wird. Verfügung steht. Die weibliche atypische Beschäfti- Stattdessen werden beide Formen verwendet. Wird nur gung oder Nichterwerbstätigkeit ist folglich als not- ein Genus verwendet, dann handelt es sich um eine wendige Ergänzung des männlichen Normalarbeits- explizite Bezugnahme auf das betreffende Geschlecht. verhältnisses zu sehen. Frauen dominieren den Be- Auf das ‚Binnen-I‘ wird aus Gründen des Leseflusses reich der Teilzeitarbeit, und in typischen Frauenberu- in der Regel verzichtet, es sei denn, es ist aus Gründen fen wird auch trotz Vollzeittätigkeit in der Regel kein des Platzmangels unumgänglich. existenzsicherndes Einkommen erzielt (Gottschall 2010: 680). Auch wenn das Normalarbeitsverhältnis nicht geschlechtsneutral ist, strukturiert es zu Beginn 8 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 des 21. Jahrhunderts das Erwerbsleben für fast die gen, zwar zurückgegangen ist, aber aufgrund des all- Hälfte aller weiblichen und für die überwiegende gemeinen Rückgangs von Vollzeittätigkeiten der pro- Mehrheit aller männlichen abhängig Beschäftig- zentuale Anteil sich sogar erhöht hat. Folglich wer- ten(Diekmann 2008). den nicht nur Vollzeitarbeitsplätze abgebaut, sondern Gerne wird die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes auch vornehmlich nur die Arbeitsplätze erhalten, die als notwendiges Mittel zur Bekämpfung struktureller im Niedriglohnbereich anzusiedeln sind. Andreß und Arbeitslosigkeit bewertet. Durch marktgerechte Löh- Seeck (2007) führen den Anstieg des Niedriglohnsek- ne kann eine Integration von arbeitsmarktfernen tors auf einen negativen Effekt der Flexibilisierung, Gruppen in den Arbeitsmarkt gewährleistet werden Deregulierung und Dezentralisierung der Arbeitsbe- (Brinkmann et al. 2006: 9). Mütter erhalten nun zu- ziehung auf die Löhne zurück. Niedriglöhne an sich nehmend durch flexiblere Formen der Erwerbsarbeit können jedoch keine Aussage über das tatsächliche die Möglichkeit zur Integration in den Arbeitsmarkt. Eintreten von Armut treffen. Im Jahr 2004 wurde, unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße und des Auch wenn atypische Beschäftigungen nicht per se Haushaltseinkommens, für Haushalte mit mindestens als prekäre Beschäftigungen im Niedriglohnbereich einer vollzeiterwerbstätigen Person eine Armutsquote bewertet werden können (Janowitz 2006: 337), darf (ohne staatliche Transferleistungen) von8,3% in den ihr prekäres Potential nicht unterschätzt werden. alten Bundesländern und18,1% in den neuen Bundes- Zahlreiche Studien verweisen auf ein erhöhtes Ar- ländern berechnet. Es könnte davon ausgegangen mutsrisiko von Nicht-NormalarbeitnehmerInnen- werden, dass sich der (negative) Effekt des gesteiger- haushalten (Kalina/Weinkopf 2008; Strengmann- ten Bedarfs durch die Betrachtung aller Haushalts- Kuhn 2003). Es lässt sich empirisch auch nicht mitglieder und der (positive) Effekt der zusätzlichen nachweisen, dass die erhöhte Flexibilität am Ar- Einkommen durch die Betrachtung aller Einkommen beitsmarkt einen tatsächlichen Zugewinn an Arbeits- im Haushalt nivellieren. Tatsächlich gehen Andreß plätzen zur Folge hatte. Tatsächlich wird eher davon und Seeck jedoch davon aus, dass die Haushaltsgröße ausgegangen, dass bei einem konstant bleibenden einen stärkeren Einfluss ausübt. In ihrer Analyse der Arbeitsvolumen eine Verlagerung der Vollzeitar- zeitlichen Entwicklung von Haushaltsarmut stellen beitsplätze hin zu Teilzeitarbeitsplätzen oder gering- sie fest, dass selbst die Hinzunahme eines zweiten fügiger Beschäftigung vollzogen wurde (Wanger Einkommens zur Kompensation eines unzureichen- 2006: 12ff). den Einkommens des Alleinverdieners ihre Effektivi- Ergänzend ruft der Verlust an Sicherheit eine Verun- tät hinsichtlich der Armutsvermeidung verloren hat. sicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Die Haushaltseinkommen sinken. „Die mangelnde hervor, die weit über die betroffene Gruppe hinaus individuelle Existenzsicherung am Arbeitsmarkt wird reicht. Insbesondere wird dem Gros der atypischen auch durch den Einkommenspool im Haushalt nicht Beschäftigungen eine rechtliche Prekarisierung attes- abgefangen“, so ihre Bilanz (ibd. 489). Diesem Trend tiert (Brinkmann et al. 2006: 19). Die unterschiedli- hat sich die Entwicklung der Haushaltsgrößen ange- chen Gruppen am Arbeitsmarkt sind in verschiede- passt: die Haushalte werden kleiner und die Anzahl nem Ausmaß von atypischen Beschäftigungsformen der im Haushalt lebenden Kinder nimmt ab. Dennoch betroffen. Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäfti- gelingt es einem nicht unbeträchtlichen Teil der gung werden primär von Frauen ausgeübt Normalarbeitnehmerhaushalte nicht, mit ihrem Er- (Oschmiansky/Oschmiansky 2003), wohingegen die werbseinkommen Armut zu vermeiden. Lediglich Zeitarbeit, insbesondere in Bremen, einen erhöhten staatliche Transfers verhindern, dass die Armut in Männeranteil aufweist. Atypische Beschäftigungs- diesen Haushalten tatsächlich das zuvor genannte formen sind besonders bei öffentlichen und persönli- Ausmaß besitzt (in den neuen Bundesländern 6,5% chen Dienstleistungen, Handel und Gastgewerbe, und in den alten Bundesländern 3,3%). Grundstückswesen, Vermietung und wirtschaftlichen Wird das Normalarbeitsverhältnis also unter dem As- Dienstleistungen zu beobachten (Hans-Böckler Stif- pekt des existenzsichernden Lohns betrachtet, kann tung 2011). folglich auch hier der Prozess der Erosion beobachtet Neben der Diskussion um die Prekarisierung von werden. atypisch Beschäftigten wurde bislang vernachlässigt, die Situation der Normalarbeitnehmerinnen und 2.2 Gesellschaftspolitische Implikatio- Normalarbeitnehmer zu untersuchen: Hat der Trend zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen einen ne- nen des Familienlohns gativen Effekt auf ihr Einkommen? In den Analysen von Rhein und Stamm (2006) wird seit Mitte der Der Begriff des Familienlohns ist eng mit dem der 1990er Jahre eine stetige Zunahme des Niedriglohn- Normalfamilie verbunden (Zinser 1955). In den sektors auch bei vollzeittätigen Arbeitnehmerinnen 1950er Jahren wurden die Zweikinderfamilien zur und Arbeitnehmern beobachtet. Seit 1996 ist der An- Norm und ihre Gründung als Grundrecht eines jeden teil des Niedriglohnsektors bei Vollzeiterwerbstätigen Mannes angesehen. Sein Lohn müsse demzufolge von 15,9% auf 18,4% im Jahr 2004 angestiegen. Be- entsprechend hoch sein, um neben ihm selbst jene merkenswert dabei ist, dass die absolute Zahl der zwei Kinder und eine nicht erwerbstätige Mutter und Vollzeiterwerbstätigen, die einen Niedriglohn bezo- Ehefrau jenseits des Existenzminimums zu unterhal- 9 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 ten. Obwohl ein gesellschaftlicher Konsens bezüglich auch die erhöhten Bedarfe großer Familien zu de- der Notwendigkeit eines Ausgleichs der besonderen cken. Die Kosten für das Kindergeld wurden zu- wirtschaftlichen Belastungen von Familien gegenüber nächst von den Arbeitgebern getragen (Moeller 1997: anderen Bevölkerungsgruppen bestand (Kuller 2004: 182). Um die thematisierten Wettbewerbsnachteile zu 166), wurde das Konzept eines Familienlohns im vermeiden, mussten Arbeitgeber für jeden Arbeit- Spannungsfeld zwischen Leistungs- und Bedarfsge- nehmer eine Abgabe bezahlen, die von Familienaus- rechtigkeit kontrovers diskutiert. Mit den Begriffen gleichskassen der Berufsgenossenschaften verwaltet der Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit wird die Le- wurden. Das Kindergeld wurde in Form einer Lohn- gitimation sozialer Ungleichheit aufgrund unter- zulage dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers schiedlicher Leistung bzw. unterschiedlichen Bedarfs ausgezahlt. Dadurch erhielten lediglich abhängig Be- der Individuen assoziiert. Der Leistungsgerechtigkeit schäftigte mit drei oder mehr Kindern dieses Kinder- liegt das Prinzip des gleichen Einkommens für glei- geld. Effektiv erhielten lediglich 8% aller Kinder che/gleichwertige Leistung zugrunde. Die Definition 1954 Kindergeld (Kuller 2004: 169). Dennoch wurde von Leistung besitzt jedoch keine absoluten Maßstä- mit dieser Regelung ein erster Schritt in Richtung be, sondern ist das Ergebnis gesellschaftlicher Aus- Bedarfsgerechtigkeit vollzogen. Viele Familien, in- handlungsprozesse. Nach dem Prinzip der Bedarfsge- sbesondere kinderreiche Familien, konnten von den rechtigkeit ist soziale Ungleichheit dann legitim, Kinderfreibeträgen nicht angemessen profitieren. Der wenn das Einkommen den individuellen Bedarf an Verdienst eines Großteils der Arbeitnehmer befand Gütern und Dienstleistungen angemessen decken sich in einem Bereich, der nur geringfügig oder gar kann. Auch dem liegt eine gesellschaftliche Definiti- nicht besteuert wurde. Somit konnten viele Arbeit- on des Bedarfs und der zu berücksichtigenden Perso- nehmer bestenfalls ihr erstes Kind steuerlich abset- nen zugrunde (Bäcker et al. 2010: 55f). Die Forde- zen. Für die darauffolgenden Kinder konnten sie in rung nach der Auszahlung eines bedarfsgerechten dem Sinne von keiner Steuererleichterung profitieren, Lohns in Abhängigkeit von der Größe der zu versor- da sie durch den Kinderfreibetrag des ersten Kindes genden Familie wurde ambivalent bewertet. Es wur- bereits keine Steuern mehr zahlten. Das Kindergeld den Wettbewerbsnachteile von Familienvätern auf wurde zum komplementären Faktor der Kinderfreibe- dem Arbeitsmarkt bzw. eine überproportionale Belas- träge und zum ersten Mal wurde der Familiengröße tung von Betrieben mit erhöhtem Anteil an Familien- als maßgeblicher Faktor für den Bedarf der Familie vätern als Arbeitnehmer befürchtet. Für alleinstehen- Rechnung getragen (Kuller 2004: 175). de Männer hätte der absolute Familienlohn den Ef- Die Unzulänglichkeit dieser Familienpolitik offenbar- fekt, dass ihr Einkommen die reine Bedarfsdeckung te sich relativ schnell. Die normativen Vorgaben des weit überschreitet. Dies solle ihnen ermöglichen, für absoluten Familienlohns waren schließlich unver- die zukünftige Familiengründung Geld zu sparen bindlicher Natur, da die Leistungslöhne von den So- (Kuller 2004; Zinser 1955: 21). Aus Sicht der Wirt- zialpartnern ausgehandelt wurden (Moeller 1997: schaft bzw. der Arbeitgeber wurde gleichwohl das 181). Die Bundesregierung musste sich im Jahr 1960 Prinzip der Leistungsgerechtigkeit gegenüber dem bereits wieder von dem Idealbild der Normalfamilie der Bedarfsgerechtigkeit favorisiert. distanzieren. Sie gestand öffentlich ein, dass der Leis- Die Familienpolitik der Bundesrepublik basierte in tungslohn eines einzelnen männlichen Arbeitnehmers den 1950er Jahren auf der normativen Prämisse, dass nicht ausreiche, um den Unterhalt einer vierköpfigen der Leistungslohn der Arbeitnehmer mit einem (abso- Familie zu decken und die Familienpolitik der Regie- luten) Familienlohngleichzusetzen war. Eine politi- rung dieser Erkenntnis angepasst werden müsse (Stel- sche Einflussnahme auf die Lohnhöhe der Arbeit- lungnahme des Bundesarbeitsministers 15.10.1960 nehmer war explizit nicht erwünscht (Kuller 2004: zitiert nach Kuller 2004: 183). Als Anstoß für diese 166; Moeller 1997: 181). Vor diesem Hintergrund Erkenntnis dienten die Forschungsergebnisse von wurde komplementär zu dem postulierten absoluten Schmuckler et al. aus dem Jahr 1959. Sie belegten Familienlohn von der Bundesregierung ein relativer unter erstmaliger Berücksichtigung der Haushalts- Familienlohnetabliert. In den frühen Anfängen der größe, dass 25% aller Familien mit zwei Kindern Bundesrepublik, ab dem Jahr 1946, äußerte er sich in nicht angemessen versorgt5 werden könnten, wenn Form von steuerlichen Freibeträgen in Abhängigkeit dem Haushalt lediglich das Einkommen des Eheman- von der Anzahl der Kinder. Diese Freibeträge wurden nes bzw. Vaters zur Verfügung stehe. Insbesondere von dem zu versteuerndem Einkommen abgezogen die Normalfamilie sei benachteiligt, da sie aufgrund und hatten somit progressiven Charakter (Kuller der Prämisse des absoluten Familienlohns von fami- 2004: 158). Damit wurde auch dem Anspruch der Leistungsgerechtigkeit Rechnung getragen, da Bes- serverdienende einen höheren steuerlichen Familien- lastenausgleich erhielten. 5 Das heißt, es soll ein pro-Kopf-Haushaltseinkommen Der Logik folgend, dass der so gestaltete Familien- bestehen, dass sich oberhalb des Haushaltseinkom- lohn ausreiche, um zumindest eine vierköpfige Fami- mens von Fürsorgeempfängern befindet. lie versorgen, wurde ab 1954 ein Kindergeld für Fa- milien mit drei oder mehr Kindern eingeführt – um

10 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 lienpolitischen Leistungen weitestgehend ausge- Aufgrund des progressiven Charakters desdeutschen nommen wurde (vgl. Schmuckler, Schubnell et al. Steuersystems zahlten sie, zumindest wenn die Ehef- 1961). rau ebenfalls berufstätig war, mehr Steuern als un- Infolgedessen wurden die Leistungen des Kinderge- verheiratete Paare in der gleichen Erwerbskonstella- ldes sukzessiv erweitert und die Bedarfsgerechtigkeit tion. Diese Besteuerung hatte expressis verbis das rückte zunehmend in den Mittelpunkt der Betrach- Ziel, die Erwerbstätigkeit von Ehefrauen zu unterbin- tung. 1961 wurde ein Kindergeld für Familien mit den. Dieser Ausschluss von Frauen aus dem Erwerbs- zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen unter- leben wurde in dem Urteil des Bundesverfassungsge- halb der Besteuerungsgrenze von 550 DM eingeführt. richts als unzeitgemäß kritisiert und die Gleichstel- Ab dem Jahr 1975 erhielten schließlich alle Familien lung der Geschlechter bezüglich der rechtlichen Mög- für ihre gesamten Kinder ein gestaffeltes Kindergeld lichkeiten zur Erwerbsarbeit verlangt. Insbesondere und die Auszahlungen pro Kind wurden erheblich bei Haushalten mit hohem Einkommen hatte das erhöht. Die Arbeitgeber wurden zunehmend ihrer Splitting einen stärkeren Einfluss auf die familialen Pflicht entbunden und mussten sich schließlich ab Steuererleichterungen als die Kinderfreibeträge. Die dem Jahr 1964 nicht mehr an den Zahlungen für das Steuerreform galt bei den Befürwortern des Splittings Kindergeld beteiligen (Kuller 2004: 184).Im Zuge als Maßnahme zur Anerkennung der Tätigkeiten von der Kindergeldreform wurden schließlich die Kinder- Müttern und Hausfrauen, die nicht erwerbstätig war- freibeträge abgeschafft, die jedoch 1983 wieder ein- en (Kuller 2004: 173ff). Nichteheliche Gemeinschaf- geführt wurden. Seit dem Jahr 1996 können Eltern ten mit Kindern sowie Alleinerziehende können von Kindergeld oder Kinderfreibeträge nur noch alterna- dieser steuerlichen Form der Familienförderung je- tiv nutzen (vgl. Fischer 2008). doch nicht profitieren. Aktuell handelt es sich dabei um ein Viertel aller Familien (Spangenberg 2005: Auch wenn der Staat zunehmend Unterhaltspflichten 22). für die Familien übernahm und das Bild des absolu- ten Familienlohns von Anfang an eher einem Ideal Bei der Wahl der gemeinsamen Ehegattenbesteue- als der gesamtgesellschaftlichen Realität entsprach, rung entlang des Splittingtarifs wird die Steuerlast lässt sich dennoch festhalten, dass in der Nachkriegs- des Paares folgendermaßen berechnet: Die Einkom- phase bis zum Anfang der 1970er Jahre große Teile men beider Partner werden addiert und anschließend der männlichen Arbeitnehmer einen Familienlohn halbiert. Der Steuertarif wird jeweils auf jede „Hälf- erhielten. Dieser Zeitraum war von extremer wirt- te“ des Einkommens angewandt und verdoppelt. Der schaftlicher Prosperität geprägt und es wurde von so genannte Splittingvorteil entsteht, wenn ein Part- dem Wirtschaftswunder gesprochen. Im Zentrum der ner keine oder ein deutlich niedrigeres Einkommen Politik standen soziale Rechte, stabile Arbeits- und hat als der andere, da Steuerfreibeträge beider Partner Einkommensverhältnisse. Die Gewerkschaften konn- angewandt werden und die aufgezeigte Kalkulation ten einen massiven Machtgewinn verzeichnen. Somit die Wirkung der progressiven Besteuerung deutlich konnte sich die soziale Marktwirtschaft etablieren abmildert. Entsprechend ist der Splittingvorteil bei und die Rechte der Arbeitnehmer wurden erweitert Paaren mit einem hohen Einkommen deutlich größer (Streeck 2008; Streeck 2009).In der Diskussion um als bei einem niedrigen Einkommen. Der Splitting- den Familienlohn wird seitens feministischer For- vorteil verringert sich bzw. entfällt, wenn sich beide scherinnen und Forscher die enge Verbindung zu der Einkommen annähern bzw. gleich hoch sind. Ist dies ‚Normalfamilie‘ kritisch reflektiert (vgl. Fraser der Fall, werden verheiratete Erwerbspersonen wie ledige besteuert (Klammer, Schick et al. 2011: 1994). In der Familienlohndebatte der Nachkriegs- 6 zeit, aber auch weit darüber hinaus, wurde als explizi- 60).Durch den Splittingvorteil wird das klassische tes Ziel die Überwindung von Müttererwerbstätigkeit Ernährermodell mit nur einer/einem erwerbstätigen und damit die Förderung des männlichen Ernährer- Partnerin/Partner begünstigt und sich als negativer modells als maßgebliches Ziel formuliert. Dass auch zu diesem Zeitpunkt viele Familien dem Ideal der Normalfamilie nicht entsprachen und von Leistungen des Familienlastenausgleichs ausgeschlossen wurden, 6 Die Wahl der Steuerklasse hat zwar keine Auswirkung wurde bewusst und willentlich in Kauf genommen auf die tatsächliche jährliche Steuerlast des Paares, (Moeller 1997: 179). aber der unmittelbare monatliche Verdienst beider Partner wird durch sie stark beeinflusst. Wählt das Neben den Kinderfreibeträgen diente die gesonderte Paar die gleichgewichteten Steuerklassen, zahlen bei- Besteuerung von Ehepaaren als wichtiges familienpo- de Partner monatlich dieselben Steuern wie unverhei- litisches Instrument. 1958 wurde das Ehegattensplit- ratete Personen, das Splittingverfahren wird bei der ting als Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfas- Lohnsteuererklärung am Ende des Jahres angewandt sungsgerichts aus dem Jahre 1957 eingeführt. Diese und führt in der Regel zu Rückzahlungen. Die unglei- mittlerweile politisch stark umstrittene Besteuerung chen Steuerklassen ermöglichen, dass die „Begünsti- von Ehepartnern galt damals als Maßnahme zur Be- gungen“ durch das Splitting unmittelbar monatlich hebung eines Gerechtigkeitsdefizits gegenüber Ehe- wirksam werden. paaren. Bis zum Jahre 1958 wurde das Einkommen von Eheleuten aufaddiert und gemeinsam versteuert.

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Anreiz für die Aufnahme einer zweiten Erwerbstätig- (Dressel/Wagner 2010: 489). Sie wurde durch eine keit im Haushalt aus. Dies wird durch die Möglich- wachsende Arbeitslosigkeit von Männern, dem stei- keit der Wahl unterschiedlicher Lohnsteuerklassen genden Armutsrisiko von Familien, Altersarmut von bei zwei erwerbstätigen Ehepartnern noch verstärkt. Frauen und auch durch gestiegene Scheidungsraten Diese ermöglicht es, die Verteilung der Steuerlast pro notwendig. Dennoch verbessert sich allgemein die Monat „ungleich“ zu verteilen, indem die Steuerklas- Arbeitsmarktintegration von Frauen in Relation zu sen (III/V) gewählt werden. Bei den ungleichverteil- den Männern (Dressel/Wagner 2010; Gottschall ten Steuerklassen erhält der Partner mit der Lohn- 2010; Hinz 2009). steuerklasse III sämtliche Vorteile der gemeinsamen Ungeachtet dessen bleiben auch weiterhin zahlreiche Besteuerung - in Form der beiden Grundfreibeträge strukturelle Hindernisse bestehen, die die Herstellung und eventueller Kinderfreibeträge. Dem zweiten von Chancengleichheit behindern. Eine vertikale und Partner mit der Lohnsteuerklasse V werden diese horizontale Segregation des Arbeitsmarktes wird als Vergünstigungen nicht gewährt und er wird mit dem ursächlich dafür angesehen: höchsten Grenzsteuersatz belegt. Diese Kombination Die vertikale Segregation wird über die verminderten wird häufig bei ungleichen Einkommen beider Ehe- Karrierechancen von Frauen gegenüber ihren männli- partnern, mit der Lohnsteuerklasse III für den Bes- chen Kollegen definiert: Frauen sind in der Wirt- serverdienenden gewählt (Klammer, Schick et al. schaft und der Wissenschaft unzureichend in den 2011: 61). Die hohe monatliche Besteuerung des ge- Führungsebenen vertreten (Dressel/Wagner 2010: ringeren Einkommens und hinzukommende Beiträge 492f). Die sogenannte statistische Diskriminierung zur Sozialversicherung begünstigen die Wahrneh- spielt dabei eine bedeutende Rolle. Aufgrund der mung, dass sich die Erwerbstätigkeit einer zweiten Doppelbelastung von Erwerbstätigkeit und Repro- Person im Haushalt nicht lohne. Da Frauen aufgrund duktionsarbeit wird von einer verminderten Arbeits- der geschlechtlichen Lohndifferenz in der Regel we- produktivität und beruflichen Belastbarkeit ausge- niger verdienen als Männer (vgl. Kapitel 2.3), sind gangen. Ergänzend wird eine höhere Fluktuation sie in erster Linie von Abwägungen bezüglich der weiblicher Arbeitnehmerinnen postuliert. Diese An- Wirtschaftlichkeit ihrer Erwerbsarbeit betroffen (vgl. nahme wird unabhängig von der tatsächlichen Le- Dingeldey 2000; Kuller 2004; Spangenberg 2005; benssituation der betroffenen Frauen generalisiert Eckstein 2009; Hinz 2009). (Dressel/Wagner 2010; Hinz 2009). Ein „Ausweg“ aus dieser erhöhten Besteuerung für Daneben spielt die überproportional häufige Teilzeit- den zweiten Verdienst im Haushalt stellt die Auf- tätigkeit von Frauen eine gewichtige Rolle. Nicht nur nahme einer geringfügigen Beschäftigung dar, die der Stundenlohn teilzeitbeschäftigter Menschen ist in pauschal besteuert wird. Jedoch kann damit lediglich der Regel unterdurchschnittlich, auch die beruflichen ein monatliches Einkommen von höchstens 400 Euro Aufstiegschancen sind stark eingeschränkt. Lediglich erzielt werden und es werden nur geringfügige Ren- 14% der weiblichen Führungskräfte arbeiteten 2004 tenansprüche erworben (Spangenberg 2005: 25). Teilzeit und die durchschnittliche wöchentliche Ar- beitszeit betrug 39 Stunden (Kleinert 2006: 3). Ent- 2.3 Arbeitsmarktintegration von sprechend muss die Teilzeittätigkeit ambivalent be- Frauen wertet werden, da sie Müttern zumindest eine einge- schränkte Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit bietet. Ab den 1970er Jahren geriet die Lohnarbeit in die Als weitere maßgebliche zeitliche Komponente be- Krise. Löhne gerieten zunehmend unter Druck und einflusst die Erwerbsunterbrechung zugunsten der eine Flexibilisierung der Erwerbsarbeit wurde seit Familiengründung die Möglichkeiten des beruflichen den 1980er Jahren vermehrt durchgesetzt. Mit der Aufstiegs und die Entlohnung. Ein großer Teil der zunehmenden Erosion des Normalarbeitsverhältnis- Gender-Pay-Gap kann durch eine Erwerbsunterbre- ses ging auch die Erosion der Normalfamilie einher, chung erklärt werden. Für das Jahr 2008 wurde auf ein Wandel der Geschlechterrollen setzte ein. Die Basis von Daten des Sozioökonomischen Panels von starren Verpflichtungen der ‚Normalfamilie‘ verloren Anger und Schmidt eine geschlechtliche Lohndiffe- ihren Anspruch auf Allgemeingültigkeit, eine Viel- renz von 29,3% berechnet. Werden jedoch Bildungs- zahl alternativer Lebensentwürfe entwickelt sich ne- stand, Wohnregion (Ost-/Westdeutschland), Alter, ben dem ehemaligen Leitbild der Elternschaft und Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unternehmensgrö- Ehe. Die Scheidungsrate und die Anzahl der nichte- ße, Art der beruflichen Tätigkeit, ausgedrückt durch helichen Kinder stiegen an. Mit der Bildungsexpansi- den Grad der beruflichen Autonomie, Berufserfah- on der Frauen sank die Akzeptanz für die Reduktion rung, Anteil der Teilzeiterfahrung, Zeit der Arbeitslo- von Frauen auf ihre Rolle als Hausfrauen und Mütter. sigkeit und Branche berücksichtigt, reduziert sich Unabhängig vom Familienstand wurde zunehmend diese Differenz auf 12,9%. Selbst unter Berücksichti- das Recht nach einem eigenen existenzsichernden gung dieser Faktoren weisen Mütter eine überdurch- Einkommen eingefordert (vgl. Bäcker, Naegele et al. schnittliche Lohndifferenz von 13,8% auf. Für Müt- 2010). Mit der Möglichkeit der Integration von Frau- ter, denen jedoch ein beruflicher Wiedereinstieg nach en in den Arbeitsmarkt ging auch die wachsende weniger als eineinhalb Jahren gelang, liegt diese Dif- Notwendigkeit weiblicher Erwerbstätigkeit einher ferenz nur noch bei 4% und weist damit keine signi-

12 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 fikanten Unterschiede zu dem Einkommen von Män- senvertretung eher schwach ausgebildet, was sich ne- ner auf (Anger/Schmidt 2010). gativ auf die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird als auswirkt. Es besteht eine starke Ungleichverteilung wichtige Determinante weiblicher Erwerbsintegration der Geschlechter auf das Ausbildungssystem. Frauen angesehen. Als besondere Hemmnisse stechen die sind in der vollzeitschulischen Ausbildung stark über- unzureichende Kinderbetreuung (Eckstein 2009)und repräsentiert, während das Geschlechterverhältnis im steuerliche Anreize, die das Ernährermodell begüns- dualen System weitestgehend ausgeglichen ist. Inner- tigen (Dingeldey 2000), hervor. Jedoch auch fami- halb der dualen Ausbildung besteht ebenfalls eine ge- lienpolitische Maßnahmen, wie der Mutterschutz, die schlechtliche Segregationen: Frauen konzentrieren Elternzeit und das Elterngeld, werden unter den Ge- sich auf Dienstleistungs- und kaufmännische Berufe sichtspunkten der Arbeitsmarktintegration von Frau- und Männer auf Handwerks- und Produktionsberufe en zumindest ambivalent bewertet (Eckstein 2009; (vgl. Falk 2004; Gottschall 2010; Hinz 2009). Vor Falk 2004: 95). Hier ist hervorzuheben, dass, zumin- allem in den von Frauen dominierten personenbezo- dest hinsichtlich der Erwerbstätigkeit, von der unzu- genen Dienstleistungsbranchen, wie z.B. Handel, Ho- reichenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie pri- tel- und Gaststätten oder Friseurhandwerk, sind auch mär Frauen betroffen sind. Es scheint immer noch hier wiederum die Entlohnungsbedingungen ver- selbstverständlich zu sein, dass Reproduktionsarbeit gleichsweise schlecht. eine Frauendomäne ist. Durch den Bedeutungsverlust des Familienlohns und Unter der horizontalen Segregation des Arbeitsmark- des männlich dominierten Normalarbeitsverhältnisses tes wird die geschlechtliche Segregation der Berufe nimmt die Erwerbstätigkeit von Frauen eine Schlüs- verstanden. Frauen und Männer sind in unterschiedli- selrolle in der Vermeidung familiärer Einkommens- chem Ausmaß auf verschiedene Berufe verteilt. armut ein. Dies gilt insbesondere in Situationen, in Durch die gesellschaftlich ungleiche Bewertung der denen der Partner von Arbeitslosigkeit betroffen, Männer- und Frauenberufe und die Unterschiede in oder geringfügig beschäftigt ist. Entsprechend ist das den Karriere- und Einkommenschancen wird die Seg- Armutsrisiko nicht zuletzt dann hoch, wenn Frauen regation zu einem ungleichheitsrelevanten Merkmal zum Familienernährer werden – ein Phänomen, das (Dressel/Wagner 2010,Falk 2004). Der deutsche Ar- aufgrund der Arbeitsmarktsituation, der veränderten beitsmarkt wird maßgeblich durch das System der Rollenvorstellungen und Familienformendeutlich zu- Berufsausbildung geprägt, aufgrund der starken Pfad- nimmt (vgl. Klenner et al. 2011) Im internationalen abhängigkeit des Ausbildungssystems sind Entschei- Vergleich wird der damit einhergehende Zusammen- dungen im frühen Lebensalter maßgeblich für den hang zwischen der Erwerbstätigkeit von Frauen, der späteren Berufsverlauf. Bereits die Berufsausbildung Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Armut weist eine geschlechterrelevante Komponente auf. Im deutlich. Diejenigen Länder, die eine hohe Verein- dualen System wird die betriebliche Ausbildung mit barkeit gewährleisten, weisen analog dazu eine hohe einer schulischen Ausbildung kombiniert. Damit geht Müttererwerbstätigkeit und eine geringe Kinderarmut eine gesetzliche Absicherung der Auszubildenden auf(vgl. Träger et al. 2011). einher. Es existieren bundesweit geregelte Qualifika- tionsrichtlinien und arbeitsrechtliche Standards, wie die Einbindung in die Betriebsverfassung und das Ta- 3 Die wirtschaftliche und struktu- rifsystem. Diese Kombination im dualen System vermindert die Risiken der Arbeitslosigkeit beim relle Situation im Land Bremen Übergang in das Beschäftigungssystem. Die Über- nahme des ehemaligen Lehrlings im Ausbildungsbe- Als Stadtstaat ist Bremen besonderen Herausforde- trieb ist eine übliche Praxis, zudem existieren be- rungen ausgesetzt. Die räumlich stark begrenzte Flä- triebsinterne Strukturen des beruflichen Aufstiegs. che wird annähernd komplett von städtischen Struk- Parallel zu der dualen Ausbildung existiert als zwei- turen eingenommen. Suburbanisierung gehört zu ei- ter Strang der beruflichen Ausbildung eine vollzeit- nem prägenden Problem. Insbesondere Unternehmen schulische Ausbildung, die sich auf den von Frauen mit großem Flächenbedarf oder schadstoff- bzw. dominierten Kernbereich der Sozial-, Erziehungs-, lärmemissionsintensive Unternehmen neigen dazu, und Assistenzberufe konzentrieren. Im Vergleich feh- den Standort zu verlagern und damit das Bundesland len bei der reinen schulischen Ausbildung einheitli- zu verlassen. Ebenso verlegen junge und finanzstarke che Ausbildungsrichtlinien und Qualitätsstandards. Familien ihren Wohnort ins Umland. Das Land Bre- Diese bewirken unzureichende Karriereopportunitä- men leidet unter einem starken Bevölkerungsrück- ten und Teile der Tätigkeiten in diesen Bereichen gang. Dieser Bevölkerungsrückgang verschärft die können auch von un- oder angelernten Arbeitnehme- bereits vorhandene Verschuldung des Landes (Wro- rinnen und Arbeitnehmern ausgeführt werden. Ein bel, Brük-Klingberg et al. 2005: 17), Bremen weist institutionell abgesicherter Berufseinstieg wie bei der die höchste pro-Kopf-Verschuldung aller Bundeslän- dualen Ausbildung existiert nicht. Durch die man- der auf. Im Jahr 2009 lagen die Schulden pro Ein- gelnde Verbindung zum Arbeitsmarkt während der wohner bei 24.256 Euro(Statistisches Landesamt Ausbildung sind die Systeme der beruflichen Interes- Bremen 2011: 50ff). Seit der Finanzreform im Jahr 1970 werden die Lohn- und Umsatzsteuer an dem 13 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Wohnort der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze um vereinnahmt. Zuvor handelte es um den Ort ihrer Er- rund ein Viertel reduziert (Salot 2010). wirtschaftung. Seitdem befindet sich Bremen in einer Erst ab dem Jahr 2006setzte im Land Bremen eine Haushaltsnotlage und wurde von einem Geberland im positive Beschäftigungsentwicklung ein, die jedoch finanziellen Ausgleich zwischen finanzschwachen infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise bereits im und finanzstarken Ländern zu einem Nehmer- Jahr 2008 wieder endete. Die starke Exportorientie- land(Wrobel, Brük-Klingberg et al. 2005: 17). Die rung der Stadt Bremen führte zu unmittelbar negati- prekäre Haushaltssituation hat massive Auswirkun- ven Krisenfolgen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere gen auf die Lebenssituation der Bürgerinnen und in der Industrie und dem industrienahen Bereich. In Bürger in Bremen. Bremerhaven konnten krisenbedingte Arbeitsplatz- Dennoch: neben der Überschuldung weist Bremen, verluste in dem Bereich der Häfen, Zeitarbeit und nach dem Stadtstaat Hamburg, das zweithöchste pro- Schiffsbau temporär durch Gewinne in anderen Be- Kopf-Bruttoinlandsprodukt in der BRD mit 42.046 reichen kompensiert werden. Doch Ende 2009 be- Euro pro Einwohner (Arbeitskreis "Volkswirtschaft- gann auch in Bremerhaven ein kontinuierlicher Ans- liche Gesamtrechnungen der Länder" 2011) und als tieg der Arbeitslosenzahlen (Farke 2010b, Salot/ Universitätsstandort einen überdurchschnittlichen Heyduck 2011). Anteil hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Ar- Die Kurzarbeit war ein wichtiges Instrumentarium, beitnehmerauf. um auf die erwähnten Krisen zu reagieren. Sowohl während der Werftenkrise, als auch während der Fi- 3.1 Arbeit und Armut im Land Bremen nanz- und Wirtschaftskrise, wurde massiv darauf zu- rückgegriffen, um Entlassungen zu vermeiden. Im Das Land Bremen wird oftmals als strukturschwache Mai 2009 hat die Zahl der Kurzarbeiter nach §170 Krisenregion beschrieben, in der der Strukturwandel SGB III7 in der BRD mit 1.442.667 Arbeitnehmerin- nur mäßig gelungen ist(Möller, Endl et al. 2005, Sa- nen und Arbeitnehmern ihren Höchststand seit 1991 lot 2010). Seit den 1980er Jahren ist die Situation auf erreicht. Im Land Bremen war bereits im April der dem Bremer Arbeitsmarkt angespannt (Baumeister Höchststand mit 22.544 Arbeitnehmerinnen und Ar- 2005). Dies wird auf die mangelhafte Dynamik des beitnehmern erreicht (Statistik der Bundesagentur für Dienstleistungssektors (Heseler 2000, Wrobel, Brük- Arbeit 2011b). Damit waren zu diesem Zeitpunkt Klingberg et al. 2005) und auf die Prozesse der De- 7,92% der sozialversicherungspflichtigen Beschäftig- industrialisierung (Möller et al. 2005) des altindustri- ten von Kurzarbeit betroffen. Wobei die männlichen ell geprägten Bundeslandes zurückgeführt. Kurzarbeiter einen Anteil von 84% ausmachten. Im Die Stadt Bremen wird immer noch stark durch das Vergleich dazu befand sich die Männerquote der Produzierende Gewerbe dominiert. Der Bestand eines Kurzarbeit auf Bundesebene nur bei 79% (Eigene Be- Großteils der Arbeitsplätze ist hierbei sowohl direkt rechnung auf Basis der Daten der Bundesagentur für als auch indirekt über Zulieferbetriebe von multina- Arbeit 2011b). tionalen Großkonzernen abhängig. Auch wenn der Im Vergleich zum Bund ist Bremen besonders stark industrielle Sektor in Bremen breit aufgestellt ist, ist von Arbeitslosigkeit betroffen. In der Stadt Bremen er dennoch durch seine Exportabhängigkeit stark den betrug für die gewählten Analysezeitpunkte die Ar- Einflüssen der Globalisierung ausgesetzt (Sa- beitslosigkeit 14,4% (März 1996), 12,7% (April lot/Heydruck 2011). Bremerhaven hingegen weist 2002) und 11,4% (April 2009). Die Arbeitslosigkeit eine starke ökonomische Monostruktur auf (Salot in der Stadt Bremerhaven lag bei 19,8% (März 1996), 2010). Annähernd zwei Drittel aller Beschäftigten 18,1% (April 2002) und 16,4% (April 2009). Zu den- haben sich 2005 auf sechs Branchen konzentriert, die selben Zeitpunkten lag die Arbeitslosigkeit im Bun- besonders von der maritimen Wirtschaft dominiert desdurchschnitt bei 10,8%, 9,7% und 8,5% (Statistik werden (Wrobel et al. 2005). Seit Ende der 1980er der Bundesagentur für Arbeit 2011a). Jahre hat sich das Umschlagvolumen der Häfen von Dennoch lässt sich eine leichte Zunahme sozialversi- der Stadt Bremen in die Stadt Bremerhaven verlagert, cherungspflichtiger Beschäftigung von 0,7% für den was auf eine zunehmende Konzentration des Welt- Zeitraum von 2000 bis 2009 feststellen. Bei genauer handels auf Containergut zurückzuführen ist (Schrö- Betrachtung der Zahlen fällt jedoch auf, dass eine ter 2005). Verlagerung zur Teilzeitbeschäftigung stattgefunden Seit Beginn der 1990er Jahre hat das Auftreten meh- hat. 9.068 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer we- rerer Krisen im Land Bremen, insbesondere die niger waren vollzeitbeschäftigt, während 11.027 Ar- Werftenkrise Mitte der 1990er Jahre, zu einem star- beitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr teilzeitbe- ken Anstieg und der Verfestigung von Arbeitslosig- keit bis zum Jahr 2005 geführt (Baumeister 2005, Sa- lot 2010). Der Arbeitsmarkt in Bremerhaven wurde 7 aufgrund seiner mangelenden wirtschaftlichen Diffe- Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall aus wirtschaftlich renzierung besonders einschneidend von diesen Kri- bedingten Gründen. (Bundesagentur für Arbeit). sen beeinträchtig. In dem Zeitraum zwischen Anfang der 1990er Jahre und dem Jahr 2005 wurde die Zahl

14 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 schäftigt waren. Damit verringert sich der Anteil der Bei einer Betrachtung differenziert nach dem Alter Vollzeitbeschäftigten unter den sozialversicherungs- der Kinder fällt jedoch auf, dass nur Betreuungsplätze pflichtig Beschäftigten von 84% auf 80%. für Kinder im Alter von 3-6 Jahren reduziert wurden. Insbesondere die Fertigungsberufe waren in dem Während im Jahr 1998 96,5% der Kinder dieser Al- Zeitraum von 2000 bis 2009 von einem Rückgang der tersklasse ein Kindergartenplatz zur Verfügung stand, Erwerbstätigkeit betroffen. In diesem Bereich vollzog waren es im Jahr 2009 nur noch 87,6%. Hinzu sich tatsächlich ein Stellenabbau und keine Substitu- kommt eine massive Reduktion der Ganztagsbetreu- tion durch Teilzeitbeschäftigungen. Dagegen ist in ung. Während 1998 38,7% der Kindergartenkinder einigen Dienstleistungsbranchen ein Abbau von die Ganztagsbetreuung in Anspruch nahmen, waren Vollzeitbeschäftigung zu beobachten. Dieser wird es 2009 nur noch 24,2%. Krippenplätze jedoch, jedoch häufig von einer Zunahme an Teilzeitbeschäf- sprich die Betreuung von Kindern im Alter von 0-3 tigungen begleitet. Männer waren allgemein stärker Jahren, wurden in dem genannten Zeitraum konstant vom Stellenabbau in der Fertigungsbranche betroffen, ausgebaut. Die Betreuungsquote der 0- bis 3-Jährigen während die Vollzeitarbeitsplätze von Frauen im wurde von 6,8% auf 13,7% gesteigert. Es wurden Dienstleistungssektor vermehrt durch Teilzeitarbeits- primär Halbtagsplätze geschaffen, 57,9% der Krip- plätzen ersetzt wurden (Statistik der Bundesagentur penplätze wiesen 2009 einen Betreuungsumfang von für Arbeit 2011c). weniger als 7 Stunden auf. Ebenfalls wurden Hort- plätze für Kinder von 6-10 Jahren geschaffen. In die- Die Armutsquote im Land Bremen betrug im Jahr ser Gruppe stieg die Betreuungsquote von 13,1% auf 2008 22,2%. Sie lag damit bedeutend über dem Bun- 22,8% (Eigene Berechnung auf Basis von Daten des desdurchschnitt von 14,4%. Insbesondere waren Al- Statistischen Landesamtes Bremen 2002). leinerziehende (49,8%), Familien mit drei oder mehr Kindern (39,1%) und Alleinstehende (28,8%) gefähr- Im Städtevergleich weist die Stadt Bremerhaven eine det (Bronke et al. 2010: 25). bedeutend geringere Betreuungsquote auf als die Stadt Bremen. Im Jahr 2009 lag die Betreuungsquote In Bremen sind die Löhne „unter Druck“ geraten, ih- von Kindern im Alter von 0-3 Jahren in der Stadt re Entwicklung liegt weit unterhalb derer der Wirt- Bremen bei 15% und in Bremerhaven bei 7,9%. Die schaftsleistung. Während in dem Zeitraum von 2000- Betreuungsquote für Kinder im Alter von 3-6 Jahren 2008 die Summe der Arbeitsentgelte lediglich um lag in Bremen bei 88,9% und in Bremerhaven bei 6,9% gestiegen sind, stieg das BIP des Landes um 80,9% (Bundesamt für Statistik 2010: 35). 22,1% (Bronke et al. 2010: 15). Die Löhne der Voll- zeitbeschäftigten sind im Zeitraum zwischen 2000- 2007 um 10,4 % gestiegen und gleichen damit ledig- lich den Anstieg des Verbraucherpreisindexes aus. In 4 Empirische Analysen diesem Zeitraum hat sich in dieser Gruppe der Anteil der Personen mit einem Niedriglohn um 5 Prozent- Im Folgenden wird die Fragestellung empirisch bear- punkte auf 20% erhöht (Strüßmann et al. 2009: 3). beitet und die verwendeten Daten und Methoden dar- gestellt und Arbeitshypothesen formuliert. Der Fokus 3.2 Vereinbarkeit von Beruf und Fami- der Analysen liegt auf der Entwicklung familialer Erwerbsmuster im Kontext der Familien und die ar- lie - die Betreuungssituation von mutsvermeidende Wirkung des Einkommens von Kindern Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeitneh- mern. Ergänzend werden die Verbreitung des Fami- Ein bedeutender Faktor für die Arbeits- und Lebens- lienlohns und des Ernährermodells und dem damit bedingungen von Familien ist die Betreuungssituati- einhergehenden Armutsrisiken untersucht. on von Kindern. Das Bild, das sich im Land Bremen ergibt, ist gemischter Natur. In absoluten Zahlen be- 4.1 Datengrundlage trachtet, ist ein Abbau der Kindertagesbetreuung in Bremen zu beobachten. Während im Jahr 1998 Der Mikrozensus ist die größte Haushaltsbefragung 22.959 Betreuungsplätze und im Jahr 2002 23.295 Europas. Seit dem Jahr 1957 werden in Deutschland Plätze insgesamt für alle Altersgruppen in Tagesein- jährlich ein Prozent aller Haushalte befragt. In richtungen zur Verfügung standen, waren es 2009 nur 380.000 Haushalten mit 820.000 Individuen werden noch 22.445 Plätze. Diese Reduktion wird ursächlich die Befragungen durchgeführt. Für den Großteil der auf die Kopplung von Betreuungsplätzen und der Fragen unterliegen die Befragten der Auskunfts- Anzahl der in Bremen lebenden Kinder zurückgeführt pflicht und die Antwortquote liegt dementsprechend (Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend bei 97%. Der Mikrozensus enthält wichtige Struktur- und Soziales 2009: 189). Doch obwohl sich in Bre- daten über die Bevölkerung, Fragen zum Familien- men die Bevölkerungszahlen, und damit auch die ab- und Haushaltszusammenhang sowie zur Erwerbstä- soluten Zahlen der in Bremen lebenden Kinder, seit tigkeit, zum Einkommen und zur schulischen und be- den 1990er Jahren konstant verringern, hat sich die ruflichen Ausbildung. Quote der in Tageseinrichtungen betreuten Kinder Der Analysezeitraum der vorliegenden Untersuchung insgesamt ebenfalls reduziert. bezieht sich auf die Jahre 1996, 2002 und 2009. Der 15 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 räumliche Fokus liegt auf dem Bundesland Bremen. chentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden10 Sowohl die Individualebene als auch die gesellschaft- nachgeht. Sind Paare oder Familien die relevante Un- lichen Mesoebenen Familie (Konzept der Lebens- tersuchungseinheit, werden nur die Paare untersucht, form8) und Haushalt bilden die grundlegenden Ana- bei denen mindestens einer der beiden Partner die je- lyseeinheiten. In Abhängigkeit von der Analyseein- weiligen Kriterien erfüllt. Zudem werden nur Perso- heit werden entweder der Hochrechnungsfaktor für nen in Privathaushalten und diejenigen, die an ihrem die regionale Anpassungsschicht für Individuen oder Hauptwohnsitz befragt wurden, in die Analyse mit der Hochrechnungsfaktor für die regionale Anpas- einbezogen. Im Mikrozensus 2009 wurden ferner die sungsschicht für Haushalte und Familien genutzt. Im Jahresüberhänge aus der Analyse ausgeschlossen. Für Mikrozensus 2009 liegt für alle Personen eines Haus- die Berechnung des Einkommens wurde das verfüg- halts ein gleicher Hochrechnungsfaktor vor. bare individuelle Nettoeinkommen bzw. Nettohaus- Sind Individuen das Ziel der Analyse, werden nur haltseinkommen zugrunde gelegt. Unter dieses Ein- Personen im erwerbsfähigen Alter (25-64 Jahre) oder kommen fallen nicht nur Erwerbseinkommen, son- Normalarbeitnehmerinnen bzw. Normalarbeitnehmer dern auch jegliche andere Formen der Einkommen, betrachtet. Abweichend von der klassischen Definiti- wie sozialstaatliche Transferleistungen, Renten oder on wird hier unter einer Normalarbeitnehmerin oder Einkommen aus Vermögen. Damit kann mit den zu- einem Normalarbeitnehmer eine Person im erwerbs- grundeliegenden Daten keine Aussage über das er- fähigen Alter mit berufsfachlicher Ausbildung9 ver- zielte Erwerbseinkommen getroffen werden. Insbe- standen, die einer nicht-selbstständigen Arbeit mit sondere im Bereich der Niedriglöhne können jedoch einem unbefristeten Arbeitsvertrag und einer wö- staatliche Transferleistungen ausschlaggebend dafür sein, ob ein Haushalt als arm eingestuft wird oder nicht (vgl. Andreß/Seeck 2007). Die Aussagekraft der vorliegenden Analysen wird zudem durch die Zusammenfassung der Einkommen in Einkommensklassen eingeschränkt. Aus daten- schutzrechtlichen Gründen sind die individuellen und Haushaltseinkommen lediglich in Einkommensklas- sen zusammengefasst verfügbar. Da diese Klassen teilweise eine Bandbreite von über 1.000 Euro besit- zen, ist durch diese Reduktion ein großer Informati- onsverlust hervorgerufen worden. Um die Einkom- men in ein metrisches Maß zu übertragen, wurde der

8 mittlere Wert der betreffenden Kategorie berechnet „Grundlage für die Bestimmung einer Lebensform und stellvertretend verwendet. sind soziale Beziehungen zwischen den Mitgliedern eines Haushalts. Eine Lebensform kann aus einer oder Als problematisch ist die Erhebung des Einkommens mehreren Personen bestehen. Die privaten Lebensfor- anzusehen. Durch das Berichtswochenkonzept wer- men der Bevölkerung werden im Mikrozensus grund- den Sonderzahlungen, Steuerrückzahlungen und sätzlich entlang zweier „Achsen“ statistisch erfasst: Zinserträge unzureichend erfasst. Auch können die erstens der Elternschaft und zweitens der Partner- Befragten stellvertretend für andere Haushaltsmitg- schaft. Entsprechend dieser Systematik zählen zu den Lebensformen der Bevölkerung Paare mit und ohne ledige Kinder, alleinerziehende Elternteile mit Kin- dern sowie alleinstehende Personen ohne Partner/in 10 Grundlage für die Operationalisierung der Vollzeittä- und ohne ledige Kinder im Haushalt. Als Haushaltsbe- tigkeit sind die Selbstauskünfte der über die geleiste- fragung konzentriert sich der Mikrozensus auf das Be- ten Arbeitsstunden in der Berichtswoche. Dies hat ge- ziehungsgefüge der befragten Menschen in den „eige- genüber der vom Mikrozensus erfassten Vollzeit- nen vier Wänden“, also auf einen gemeinsamen Haus- Teilzeit-Variable sowohl Vor- als auch Nachteile. Die halt. Eltern-Kind-Beziehungen, die über Haushalts- vom Mikrozensus erfasste Variabel basiert auf der grenzen hinweg bestehen, oder Partnerschaften mit ge- subjektiven Einschätzung des Befragten bezüglich ih- trennter Haushaltsführung, das sogenannte „Living- rer/seiner Erwerbsform. Dem werden keine objektiv apart-together“, bleiben daher unberücksichtigt. Le- messbaren Kriterien zugrunde gelegt und somit die bensformen am Nebenwohnsitz sowie die Bevölke- Vergleichbarkeit zunehmend erschwert. Im Gegenzug rung in Gemeinschaftsunterkünften werden aus der weist die Operationalisierung anhand der tatsächlich Betrachtung ausgeblendet.“ (Statistisches Bundesamt geleisteten Arbeitsstunden speziell für das Jahr 2009 2006) einen eklatanten Nachteil auf. In dem Krisenjahr be- 9 Der Grad der Ausbildung wird mittels der ISCED97 fand sich die Kurzarbeit sowohl in Bremen, als auch in Bildungsskala operationalisiert. Der berufsfachlichen der BRD auf ihrem Höchststand. Die verwendete Va- Ausbildung werden die ISCED-Stufen 3-5 zugeordnet. riable unterschätzt damit das Ausmaß der Vollzeiter- Die Routinen zur Erstellung einer ISCED-Variable werbstätigkeit und überschätzt den armutsvermeiden- stammen von Schroedter et al. (2006). den Effekt von Teilzeittätigkeit.

16 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 lieder Einkommensangaben machen. Da nicht immer In einem zweiten Schritt werden die familialen von einem umfassenden Wissen über das Einkommen Erwerbsmuster in Abhängigkeit von Eltern- ihrer Familienmitglieder auszugehen ist, kann ange- schaft, Familienzyklus und Kinderzahl analy- nommen werden, dass Einkommensbestandteile, in- siert. Als Indikator für den Familienzyklus wird sbesondere bei steigender Haushaltsgröße, vergessen das Alter des jüngsten Kindes im Haushalt ge- werden (Eggen 1998). wählt. Darüber hinaus wird die Zahl der im Die zugrunde liegenden Prämissen über die Haushal- Haushalt lebenden Kinder in die Betrachtung mit te bergen ein gewisses Maß an Ungenauigkeit. Es einbezogen. werden nur Familienmitglieder als dem Haushalt zu- gehörig erachtet, wenn sie an dem betreffenden Wohnsitz gemeldet sind. Familienmitglieder, die 2. Hypothesen zu den familialen Erwerbsmustern: nicht vor Ort wohnen, für die jedoch finanzielle Ver- a. Im Zuge der sich auch in Bremen voll- pflichtungen bestehen, erhalten keine Beachtung. ziehenden zunehmenden Arbeitsmarkt- Dies ist besonders unter dem Aspekt der Elternschaft integration von Frauen ist von einem problematisch. Kinder, die mit ihren Eltern nicht zu- Rückgang des klassischen Ernährermo- sammen wohnen, werden nicht als solche erfasst, die dells und eine Zunahme der Zweiver- Eltern gelten als kinderlos. Im Gegenzug werden je- dienermodelle auszugehen. doch Familienmitglieder, trotz Abwesenheit, als dem Haushalt zugehörig betrachtet wenn sie am Haupt- b. Für Bremen wird im Vergleich zum wohnsitz gemeldet sind (Eggen 1998). Bundesdurchschnitt eine geringere Ver- breitung der Version der doppelten Er- 4.2 Methodisches Vorgehen und Hypo- werbstätigkeit mit zwei vollzeitbeschäf- tigten Partnern, im Folgenden ‚gleich- thesen berechtigtes Zweiverdienermodell‘ ge- nannt, angenommen. Die drei zentralen Variablen dieser Untersuchung, familiale Erwerbsmuster, Familienlohn und Armut c. Unter den vorliegenden Konditionen werden mithilfe deskriptiver Auswertungen bearbei- des Bremer Arbeitsmarkts ist stattdes- tet. In einem ersten Schritt wird die Entwicklung des sen eine Dominanz des Zweiverdiener- individuellen Erwerbsumfangs analysiert. Dabei wird modells mit einer/einem atypisch be- Bezug auf das Geschlecht und Vorliegen von Eltern- schäftigten Partnerin/Partner, im Fol- schaft genommen. genden ‚modernisiertes Ernährermo- dell‘ genannt, zu beobachten. d. Aufgrund der angenommenen Erosion 1. Hypothesen zum individuellen Erwerbsumfang: des Familienlohns wäre eine besonders starke Verschiebung der Erwerbsmuster a. Unter der Annahme der Krise des Normal- vom Ernährermodell hin zum Zweiver- arbeitsverhältnisses wird von einem allge- dienermodell bei Familien mit Kindern meinen Rückgang der Vollzeittätigkeit aus- zu erwarten. Da die mangelnden Kin- gegangen. derbetreuungsmöglichkeiten in Bremen jedoch restriktiv wirken, ist mit einer b. Da infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise besonders viele Arbeitsplätze in männerdo- Persistenz des Ernährermodells in den minierten Branchen in Bremen abgebaut ersten sechs Lebensjahren des jüngsten wurden, ist davon auszugehen, dass Männer Kindes zu rechnen. von der Reduktion der Vollzeittätigkeit be- In einem dritten Schritt wird die Armut in Bremen sonders stark betroffen sind. analysiert. Die Autorin folgt der gängigen (relativen) Armutsdefinition und legt der berechneten Armuts- c. Aufgrund der Strukturschwäche der Region und unzureichender Möglichkeiten der Kin- schwelle als Maß 60% des Medians aller äquivalenz- derbetreuung vollzieht sich die Arbeits- gewichteter Haushaltseinkommen zugrunde. Die marktintegration von Frauen auf einem Ni- Äquivalenzgewichtung basiert auf der neuen OECD- Skala. Nach dieser wird der Haushaltsvorstand ein- veau unterhalb des Bundesdurchschnitts. fach gewichtet, jede weitere Person älter als 15 Jahre Weiterhin bestehen große Differenzen zwi- schen Müttern und kinderlosen Frauen. wird mit 0,5 gewichtet und Kinder unter 15 Jahren erhalten eine Gewichtung von 0,3. Dieser Gewich- d. Im Zuge der Arbeitsmarktreform im Jahr tung liegt die implizite Annahme zugrunde, dass das 2003 wurde die Aufnahme einer geringfügi- verfügbare Haushaltseinkommen entsprechend des gen Beschäftigung erleichtert und es ist von individuellen Bedarfs gerecht zwischen den Fami- einer starken Zunahme der Minijobs auszu- lienmitgliedern aufgeteilt wird. Diese Annahme ist gehen, wovon in erster Linie Frauen betrof- zumindest in einigen Fällen zu bezweifeln (Eggen fen sind. 1998). Alle Individuen oder Haushalte, die ein Ein-

17 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 kommen erzielen, das unterhalb der Armutsschwelle gearbeitet. Hierbei wird nach der Anwesenheit von liegt, gelten als arm. Zunächst wird das individuelle Kindern im Haushalt differenziert. In einem letzten ungewichtete Einkommen aller Normalarbeitnehme- Schritt wird das Konzept des Familienlohns und der rinnen und Normalarbeitnehmer mit der Armuts- Normalfamilie wieder aufgegriffen. Der Fokus der schwelle verglichen. Es gilt herauszufinden, wie groß Betrachtung liegt in diesem Schritt auf der vierköpfi- der Anteil unter ihnen ist, der trotz Normalarbeitsver- gen ‚Normalfamilie‘. Es wird untersucht, ob die hältnisses ein Einkommen bezieht, das nicht zur indi- NormalarbeitnehmerInnenhaushalte mit nur ei- viduellen Bedarfsdeckung ausreicht. Da in diesem ner/einem erwerbstätigen Partnerin/ Partner und zwei Fall der Haushaltskontext nicht in die Betrachtung Kindern ein erhöhtes Armutsrisiko aufweisen. Ihre mit einfließt, handelt es sich um eine rein hypotheti- Armutsquote wird mit der Armutsquote von kleineren sche Armut. Aus Gründen der Deutlichkeit wird im und größeren Familien verglichen. Folgenden der Begriff ‚hypothetische individuelle Armut‘ verwendet, wenn weder Haushaltsgröße, noch 3. Hypothesen zum Einkommen: Haushaltseinkommen Gegenstand der Betrachtung sind. Als ein zentrales Konzept dieser Arbeit wird in a. Die Ausweitung der Niedriglöhne wirkt sich einem darauffolgenden Schritt die gesellschaftliche auch negativ auf das Einkommen der Nor- Relevanz des Familienlohns empirisch überprüft. Ei- malarbeitnehmerinnen und Normalarbeit- ne Familienlohnschwelle wurde basierend auf der nehmer aus. Dies schlägt sich in einem all- Armutsdefinition berechnet. Dem liegt der Anspruch, gemeinen Anstieg der i) hypothetischen in- dass das Einkommen einer Normalarbeitnehmerin/ dividuellen Armutsquote, ii) der hypotheti- eines Normalarbeitnehmers ausreichen sollte, um ei- schen Haushaltsarmut und iii) des Anteils ne vierköpfige Familie zu versorgen, zugrunde. Die derjenigen, die keinen Familienlohn verdie- vorliegende Familienlohnschwelle wurde, dem Min- nen, nieder. destbedarf einer vierköpfigen Familie entsprechend, 11 b. Die Strukturschwäche Bremens führt im als 2,1-fach gewichtete Armutsschwelle berechnet . Vergleich zur BRD zu einer überdurch- In einem weiteren Schritt wird berechnet, in welchem schnittlich hohen i) hypothetischen indivi- Maße das alleinige Einkommen der Normalarbeit- duellen Armutsquote, ii) hypothetischen nehmerinnen und Normalarbeitnehmer den Bedarf Haushaltsarmut und iii) Anteil derjenigen, des Haushaltes decken kann, in dem er/sie lebt, und die keinen Familienlohn verdienen. eine Armutsquote berechnet. Auch hierbei handelt es sich um eine hypothetische Armut, da lediglich das c. Die Finanz- und Wirtschaftskrise und die Einkommen der Normalarbeitnehmerin/ des Normal- starke Exportorientierung Bremens verstär- arbeitnehmers im Haushalt und nicht das tatsächliche ken die zuvor beschriebene Entwicklung im Haushaltseinkommen betrachtet wird. Anders als bei Jahr 2009. der ‚hypothetischen individuellen Armut‘ wird je- d. Da die exportorientierten Branchen stark doch die Struktur des Haushalts mit Hilfe der OECD- von Männern dominiert werden, steigt bei Skala haushaltsgewichtet betrachtet. Im Folgenden ihnen die individuelle hypothetische Ar- wird in diesem Kontext der Begriff der ‚hypotheti- mutsquote und der Anteil derjenigen, die schen Haushaltsarmut‘ verwendet. Auf Basis des keinen Familienlohn verdienen, im Jahr äquivalenzgewichteten Einkommens aller Haus- 2009 überdurchschnittlich stark an. haltsmitglieder in den NormalarbeitnehmerInnen- haushalten wird als drittes die ‚reale Armutsquote‘ e. Da der Familienlohn sich in seiner histori- berechnet. Mit ihr kann sich dem tatsächlichen Aus- schen Entwicklung explizit auf den männli- maß der Einkommensarmut am besten angenähert chen Alleinverdiener bezieht, ist von einem werden. Die reale Armutsquote wird mit der hypothe- bedeutend höheren Anteil an Frauen, die tischen Haushaltsarmut verglichen, um die Bedeu- keinen Familienlohn verdienen, auszugehen. tung des Zweiverdienermodells als Strategie der Ar- f. Im Analysezeitraum bleibt die reale Ar- mutsvermeidung zu verdeutlichen. Aufbauend auf mutsquote konstant, da unzureichende Ein- dieser Analyse werden die Erwerbsmuster der Haus- kommen zunehmend durch ein zweites Ein- halte, die arm sind, detailliert untersucht und die Er- kommen kompensiert werden. werbsmuster mit dem höchsten Armutsrisiko heraus- g. Mit steigendem Erwerbsvolumen der Partne-

rin/des Partners der Normalarbeitnehmerin- nen und Normalarbeitnehmern sinkt das rea- 11 Familienlohnschwelle = (1x erste Person+ 0,5x zweite le Armutsrisiko. Person älter 15 + 0,3x erste Kind jünger 15 + 0,3x zweite Kind jünger 15)x Armutsschwelle. Für das Jahr h. Haushalte mit Kindern sind nach wie vor ei- 2009 beträgt die Familienlohnschwelle demnach 2,1x nem erhöhtem Armutsrisiko ausgesetzt. 785,71 (siehe Tabelle 6) = 1.649,99 Euro.

18 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

4.3 Beschreibung der Ergebnisse weiblichen Minijobber in Bremen liegt im Gegensatz dazu auf einem unterdurchschnittlichen Niveau. Im Im Folgenden werden die Ergebnisse der deskriptiven Bereich der Teilzeitarbeit bestehen nur geringfügige Analyse des Erwerbsumfangs, der Erwerbsmuster Unterschiede zum Bundesdurchschnitt. und der verschiedenen Bereiche der Armutsgefähr- Bestehende Unterschiede zwischen den Geschlech- dung beschrieben und hinsichtlich ihrer Übereins- tern werden durch Elternschaft verschärft (vgl. Tabel- timmung mit den Hypothesen überprüft. le 2) – womit Hypothese 1c bestätigt wird. 2009 bet- rug die Differenz zwischen vollzeittätigen Müttern 4.3.1 Individueller Erwerbsumfang und Vätern 47 Prozentpunkte. Zwischen den kinder- Für den Beobachtungszeitraum lässt sich in Übereins- losen Frauen und Männern bestand immerhin noch timmung mit Hypothese 1a eine allgemeine Verlage- eine Differenz von 14,2 Prozentpunkten. Im Analyse- rung von Vollzeitbeschäftigungen hin zu atypischen zeitraum haben sich diese Unterschiede um 2,2, bzw. Beschäftigungsformen beobachten. Bei männlichen 3,7 Prozentpunkte verringert. 12 Arbeitnehmern wurde auch eine tatsächliche Substi- Dessen ungeachtet weisen auch kinderlose Frauen tution von Vollzeitarbeitsplätzen durch atypische Be- ein geringeres Erwerbsvolumen als Männer auf. Zwi- schäftigungen festgestellt. Bei den Arbeitnehmerin- schen kinderlosen Frauen und Müttern besteht ein nen haben die atypischen Beschäftigungsformen so- Unterschied von 26 Prozentpunkten, der weitestge- gar in einem stärkeren Ausmaß zugenommen als bei hend konstant geblieben ist. den Arbeitnehmern, jedoch vollzieht sich diese Ent- Im Bereich der Teilzeitarbeit und der geringfügigen wicklung im Zuge der zunehmenden Arbeitsmarktin- Beschäftigung sind die Unterschiede zwischen den tegration von Frauen. Das heißt, es sind mehr Frauen beschriebenen Gruppen nicht so stark ausgeprägt wie erwerbstätig als zuvor, jedoch wird der Zugang zum Arbeitsmarkt hauptsächlich über Teilzeittätigkeiten oder geringfügige Beschäftigung reguliert. Diese Be- obachtung trifft in ihrem Kern sowohl auf die Ent- Tabelle 1: Erwerbsumfang von Männern und wicklung in der BRD als auch im Bundesland Bre- Frauen im erwerbsfähigen Alter im Land Bre- men zu. Diese Beobachtung steht in Übereinstim- men mung mit zahlreichen Analysen, die die Erosion des 1996 2002 2009 Normalarbeitsverhältnisses konstatieren (Dombois männl. 68,5 (-5,6) 65,3 (-7,2) 60,2 (-14,5) 1999; Bosch 2002; Mückenberger 1985). Vollzeit weibl. Die Entwicklung vollzieht sich in Bremen in stärke- 31,8 (-4,0) 33,0 (-1,7) 32,4 (-4,0) rem Ausmaß als in der gesamten BRD. Während in männl. 3,1 (0,9) 4,1 (1,3) 6,6 (2,8) Teilzeit der Bundesrepublik die Vollzeiterwerbstätigkeit um weibl. 5,5 Prozentpunkte zurückgegangen ist, sank sie in 19,5 (2,1) 19,8 (0,1) 24,8 (1,1) männl. Bremen um 10,2 Prozentpunkte. Die Beobachtungen Geringfüg. 1,0 (-0,1) 2,5 (0,9) 4,9 (2,0) können Hypothese 1b belegen. Der Rückgang der beschäftigt weibl. Vollzeiterwerbstätigkeit von Männern fällt für das 2,7 (-1,9) 6,4 (-1,1) 8,8 (-0,5) männl. Jahr 2009 besonders stark aus. 9,4 (1,6) 10,9 (2,3) 10,4 (3,0) Arbeitslos weibl. Zwischen den Geschlechtern besteht in der Erwerbs- 6,4 (-0,8) 7,0 (0,1) 5,3 (-0,7) integration ein deutlicher Unterschied. In Bremen männl. waren 2009 28,6% der Frauen im erwerbsfähigen Al- Nichter- 18,0 (3,2) 17,3 (2,7) 18,0 (6,8) werbstätig weibl. ter und 18% der Männer Nichterwerbspersonen. Dies 39,6 (4,7) 33,8 (2,6) 28,6 (4,1) ist bereits das Ergebnis einer Zunahme weiblicher Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen- Erwerbstätigkeit um 11 Prozentpunkte. Zwar fällt BRD im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, damit die Geschlechterdifferenz in Bremen moderater 2002 und 2009. aus als im Bundesdurchschnitt, dennoch liegt der An- teil der Nichterwerbspersonen beider Geschlechter über dem Bundesdurchschnitt. Bei Frauen dominieren Beschäftigungsformen, die als atypisch bezeichnet werden. Der Anteil der geringfü- 12 Im Mikrozensus wird nicht die Elternschaft im All- gig beschäftigten Frauen ist im Jahr 2009 um 6,1 gemeinen erhoben, sondern lediglich die Anwesen- Prozentpunkte auf 8,8%, und der der teilzeitbeschäf- heit von Kindern im Haushalt. Dies hat zur Konse- tigten Frauen um 5,4 Prozentpunkte auf 24,8% ge- quenz, dass die Elternschaft von Eltern, deren Kinder stiegen, Hypothese 1d wurde bestätigt. Aber bei den den Haushalt verlassen haben, nicht erhoben werden Männern ist ebenfalls eine Zunahme von 3,4 und 3,9 kann. Zur Verbesserung des Leseflusses wird im Fol- genden satt der Formulierung ‚Personen, die ohne Prozentpunkten auf 4,9% männliche geringfügig Be- Kinder im Haushalt leben‘ die inhaltlich nicht ganz schäftigte und 6,6% Teilzeitbeschäftigte zu beobach- korrekte Form der Kinderlosigkeit verwendet. ten. Damit liegt der Anteil der männlichen atypisch Beschäftigten, im Vergleich zur BRD, auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. Der Anteil der 19 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Tabelle 2: Erwerbsumfang von Männer und Frauen im erwerbsfähigen Alter, aufgeteilt nach Elternschaft, im Land Bremen Ohne Kinder Mit Kinder Gesamt weibl. männl. Frauen Männer

1996 70,5 (-2,7) 63,4 (-1,5) 81,3 (-1,9) 37,1 (-10,0) 86,2 (-3,5)

Vollzeit 2002 66,0 (-3,6) 61,5 (-1,2) 75,9 (-5,2) 35,1 (-5,3) 83,3 (-4,8)

2009 60,3 (-7,4) 56,6 (-5,7) 70,8 (-10,0) 30,5 (-4,4) 77,5 (-10,1)

1996 15,8 (2,9) 24,0 (5,2) 4,5 (1,2) 44,2 (11,1) 3,1 (1,0)

Teilzeit 2002 16,0 (1,5) 20,4 (0,7) 6,0 (2,0) 41,9 (6,0) 3,4 (0,8)

2009 20,5 (3,8) 25,8 (4,2) 9,3 (4,2) 46,7 (6,0) 5,9 (2,5)

1996 2,6 (-1,2) 2,5 (-2,6) 1,7 (-0,2) 7,4 (-1,4) 0,6 (-0,2) Geringfüg. beschäf- 2002 tigt 6,0 (0,1) 6,8 (-0,5) 4,1 (1,5) 13,4 (-0,5) 1,4 (0,2)

2009 9,0 (1,6) 10,3 (1,9) 6,3 (2,2) 15,2 (-0,9) 5,6 (3,2)

1996 11,1 (1,1) 10,1 (-1,1) 12,5 (0,8) 11,4 (0,4) 10,1 (2,8)

Arbeitslos 2002 12,0 (2,0) 11,3 (1,0) 13,9 (1,6) 9,6 (-0,2) 11,9 (3,9)

2009 10,2 (2,0) 7,3 (-0,4) 13,7 (3,7) 7,6 (-0,7) 11,0 (4,4) Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen-BRD im entsprechenden Jahr an. Nicht-Erwerbspersonen haben bei dieser Be- rechnung keine Berücksichtigung erfahren. Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009 bei der Vollzeitarbeit. Die Teilzeitquote von Müttern ten Partnern. 2009 befand er sich bei 19,2% und da- lag 2009 40,8 Prozentpunkte höher als bei Vätern. mit 6,2 Prozentpunkte unterhalb dessen der gesamten Bei kinderlosen Frauen und Männern betrug der Un- BRD. terschied 16,5 Prozentpunkte. Die Teilzeitquote der Der Anteil der Zweiverdienerhaushalte mit einer/ ei- Mütter befand sich 19,1 Prozentpunkte oberhalb der nem atypisch beschäftigten (Teilzeit oder geringfügi- von kinderlosen Frauen. Die Integration von Frauen, ge Beschäftigung) Partnerin/ Partner ist seit 1996 um und insbesondere von Müttern, vollzieht sich in erster 8,7 Prozentpunkte auf 30,5% gestiegen (vgl. Tabelle Linie im Bereich der atypischen Beschäftigung, wo- 3, Spalte 3). Damit ist das modernisierte Ernährer- bei prekäre Beschäftigungen eine zunehmende Rolle modell 2009 zum wichtigsten Erwerbsmuster avan- spielen. ciert und hat das klassische Ernährermodell abgelöst (vgl. Hypothese 2c). 4.3.2 Die Modernisierung des Ernährermo- Auch wenn die geringfügige Beschäftigung insbe- dells - Erwerbsmuster im Wandel sondere für Frauen eine zunehmend bedeutende Rolle Auch für Bremen lässt sich in Übereinstimmung mit spielt, hat das modernisierte Ernährermodell mit ge- gängigen Forschungsergebnissen im Bereich der Er- ringfügiger Beschäftigung noch keine herausragende werbsmodelle ein Prozess der Erosion des Ernährer- Bedeutung erlangt. modells beobachten. Der Trend, der in Deutschland seit den 1970erJahren eingesetzt hat (vgl. Streeck Tabelle 3: Familiale Erwerbsmuster im Land 2009), wird auch im Analysezeitraum in Bremen Bremen fortgeführt und Hypothese 2a bestätigt. 1. Person 2. Person 1996 2002 2009 In diesem Zeitraum ist der Anteil der Paare mit nur einem erwerbstätigen Partner von 34,5% auf 21,4% Vollzeit 20,2 (-7,2) 20,4 (-4,7) 19,2 (-6,2) Prozent gesunken. Die Abkehr vom Ernährermodell Teilzeit (inkl. Gb) 21,8 (0,4) 25 (-1,1) 30,5 (-1,4) vollzieht sich in Bremen stärker als im restlichen Bundesgebiet: in den Jahren 1996 und 2002 lag der Vollzeit Teilzeit 19,1 (2,2) 18,7 (-0,1) 23,1 (0,1) Geringfüg. Anteil der Alleinverdienerhaushalte in Bremen 3,3 2,7 (-1,8) 6,2 (-1,1) 7,3 (-1,5) bzw. 1,2 Prozentpunkte oberhalb des Bundesdur- beschäftigt Nicht er- schnitts und sank im Jahr 2009 auf 2,3 Prozentpunkte werbstätig 34,5 (3,3) 27,7 (1,2) 21,4 (-2,3) unterhalb des Bundesdurchschnitts. Annahmegemäß Beide nicht erwerbstätig (vgl. Hypothese 2b) wurde aufgrund des Abbaus von 17,6 (2,6) 18,5 (2,8) 15,3 (4,7) Vollzeitarbeitsplätzen eine Entwicklung vom Ernäh- Sonstige 5,9 (0,9) 8,4 (1,8) 13,7 (5,3) rermodell hin zum gleichberechtigten Zweiverdie- Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen- nermodell nicht vollzogen. Im Analysezeitraum stag- BRD im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf niert der Anteil der Paare mit zwei vollzeitbeschäftig- Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009

20 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Tabelle 4: Verteilung der familialen Erwerbsmuster aufgeteilt nach Elternschaft im Land Bremen 1.Partner 2. Partner Kinder 1996 2002 2009

ohne 25,9 (-4,7) 25,5 (-3,2) 26,8 (-6,4) Vollzeit mit 14,5 (-10,6) 15,2 (-7,1) 11,2 (-7,7)

ohne 16,2 (5,7) 14,2 (0,0) 18,8 (0,2) Teilzeit (inkl. Gb) mit 27,7 (5,7) 36,4 (0,7) 42,5 (-0,3)

ohne 14,5 (4,2) 11,2 (0,5) 14,2 (0,4) Vollzeit Teilzeit mit 24,0 (2,3) 26,7 (1,4) 32,5 (1,7)

ohne 1,7 (1,5) 3,0 (-0,5) 4,6 (-0,2) Geringfüg. beschäftigt mit 3,7 (3,4) 9,7 (-0,7) 10,1 (-2,0)

ohne 25,8 (2,1) 22,4 (1,5) 19,8 (-0,2) Nicht erwerbstätig mit 43,1 (6,6) 33,4 (2,5) 23,1 (-3,8)

ohne 25,0 (-1,7) 28,0 (-0,1) 19,4 (1,2) Beide nicht erwerbstätig mit 9,9 (3,3) 8,0 (2,3) 10,9 (6,6)

Sonstige ohne 7,0 (0,7) 9,9 (1,8) 15,1 (5,1) mit 4,9 (0,7) 7,0 (1,6) 12,3 (5,1) Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen-BRD im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mik- rozensus 1996, 2002 und 2009

Die Annahme der Prekarisierungstendenzen in Bre- Analysezeitraum um 22 Prozentpunkte auf 46%. Der men lässt sich anhand der Zunahme in der Kategorie Anteil der Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten ‚Sonstige‘ am deutlichsten belegen. Es handelt sich steigt nur moderat an, liegt aber ebenfalls über dem hierbei um Erwerbsmuster, die ein Auskommen jen- Bundesdurchschnitt. Der Anteil der nichterwerbstäti- seits der Armutsgrenze, unabhängig von staatlichen gen Personen ohne Partner im Haushalt steigt um 15 Sozialleistungen, unmöglich machen. Es wurden Paa- Prozentpunkte auf 32% an und kann als Indiz für eine re, die entweder beide atypisch beschäftigt sind oder überdurchschnittliche Prekarisierung bzw. ein erhöh- bei denen sogar ein Partner nicht erwerbstätig ist, in tes Armutsrisiko in Bremen gewertet werden. dieser Kategorie zusammengefasst. Im Analysezeit- raum ist der Anteil der atypisch beschäftigten Paare 4.3.2.1 Erwerbsmuster und Elternschaft um 7,8 Prozentpunkte auf 13,7% angestiegen und hat sich somit mehr als verdoppelt. Der Großteil des Nicht nur für den individuellen Erwerbsumfang, son- Anstiegs vollzog sich im Zeitraum von 2002-2009. In dern auch für die Verteilung der familialen Erwerbs- Bremen lag 2009 der Anteil der Paare mit diesem be- muster, ist die Elternschaft ein bedeutendes Unter- sonders prekären Erwerbsmuster 5,3 Prozentpunkte scheidungskriterium. oberhalb des Bundesdurchschnitts. Bei Paaren, die ohne Kinder im Haushalt leben, do- Bei den Personen, die ohne Partner im Haushalt le- minieren drei Erwerbsmuster: das gleichberechtigte ben, verläuft der Trend weitestgehend parallel zur Zweiverdienermodell, das Ernährermodell und die allgemeinen Entwicklung. Die Vollzeittätigkeit sinkt doppelte Nichterwerbstätigkeit, die 1996 mit jeweils im Erhebungszeitraum. Zudem sind Haushalte ohne rund 25% weitestgehend gleich verteilt sind. Im Ana- Erwerbstätige in Bremen stark vertreten. Obgleich sie lysezeitraum bleibt jedoch allein die Bedeutung des zwischen 2002 und 2009 um 3,2 Prozentpunkte zu- gleichberechtigten Zweiverdienermodells konstant, rückgegangen sind, ist diese Gruppe mit 15,3% stär- wohingegen die beiden anderen Modelle an Bedeu- ker ausgeprägt als in der gesamten BRD. tung verlieren. Tabelle 5: Erwerbsumfang von Alleinstehenden Das modernisierte Ernährermodell kann dagegen ei- und Alleinerziehenden im Land Bremen nen Bedeutungsgewinn verzeichnen und liegt mit rund 19% in einem ähnlichen Bereich wie das Ernäh- 1996 2002 2009 rermodell. Ein Großteil der Zunahme wird durch Zu- Vollzeit 68,9 (-5,7) 65,2 (-5,9) 46,5 (-10,6) wächse in der Minijobvariante des modernisierten Ernährermodells hervorgerufen. Bedeutend mehr El- Teilzeit 11,1 (2,1) 12,9 (2,3) 13,3 (2,1) tern als kinderlose Paare favorisierten 1996 das klas- Geringfüg. beschäftigt 3,0 (-0,2) 6,4 (2,3) 7,8 (2,1) sische Ernährermodell, zu diesem Zeitpunkt war bei Nicht erwerbstätig 17,0 (3,7) 15,5 (1,3) 32,4 (6,4) 43,15 % der Familien nur ein Elternteil erwerbstätig. Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen- Im Analysezeitraum ist der Anteil jedoch um 20 Pro- BRD im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf zentpunkte gesunken und befand sich 2009 nur noch Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009 knapp oberhalb des Anteils der kinderlosen Paare. 21 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Abbildung 1: Verteilung des Ernährermodells Abbildung 2: Verteilung des modernisierten Er- nach Alter des jüngsten Kindes im Land Bremen nährermodells nach Alter des jüngsten Kindes im Land Bremen

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009 und 2009.

Bei dem modernisierten Ernährermodell verschärft bachtet. Dies lässt auf eine enge Verbindung zur sich der Unterschied zwischen den kinderlosen Paa- Kinderbetreuungssituation schließen. ren und den Eltern im Analysezeitraum von 11,5 auf Ab dem Alter von 3 Jahren besteht ein Rechtsans- 23,5 Prozentpunkte Differenz. 2009 lebten 42,5% der pruch auf Kinderbetreuung und ab 6 Jahren unterlie- Eltern das modernisierte Ernährermodell, das somit gen die Kinder der Schulpflicht. Eine Erwerbstätig- um 14,9 Prozentpunkte im Analysezeitraum anges- keit der Partnerin/des Partners wird somit erleichtert. tiegen ist. Damit besitzt es für Eltern eine deutlich Ein „Verharren“ im Ernährermodell während der ers- größere Relevanz als für kinderlose Paare. Anders als ten sechs Lebensjahre der Kinder aufgrund des in bei den kinderlosen Paaren wird der Zuwachs zu die- Bremen geringer ausgebauten Betreuungsangebotes sem Erwerbsmodell sowohl durch Zunahmen bei der kann damit nicht nachgewiesen werden. Hypothese Teilzeiterwerbstätigkeit als auch durch Zunahmen bei 2d konnte damit nicht bestätigt werden. der geringfügigen Beschäftigung des zweiten Part- Eine zum Ernährermodell komplementäre Zunahme ners hervorgerufen. des modernisierten Ernährermodells ist zu beobach- Die Zahl der Familien mit zwei vollzeiterwerbstäti- ten. Von der Geburt des Kindes bis zu dem Alter von gen Elternteilen ist im Analysezeitraum um 3,3 Pro- 9-11 Jahren vollzieht sich eine Zunahme mit an- zentpunkte auf 11,2% zurückgegangen. Damit be- schließender Stagnation. Um das Alter der Volljäh- steht auch hier ein besonders großer Unterschied zu rigkeit herum verringert sich die Zahl der Zweiver- den kinderlosen Paaren. dienerhaushalte. Dies kann zum einen durch das Alter der Eltern und dem wahrscheinlichen Eintritt in den 4.3.2.2 Familienzyklus Ruhestand erklärt werden. Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass in dieser Altersklasse die Der aufgezeigte Trend der sukzessiven Substitution Kinder im Haushalt zunehmend selber erwerbstätig des klassischen Ernährermodells durch das moderni- sind und zumindest Teile ihres Bedarfs mit einem ei- sierte Ernährermodell spiegelt sich auch innerhalb der genen Einkommen decken können. Die Erwerbstätig- Familienzyklen wider. Daneben übt das Alter des keit beider Partner ist damit nicht mehr zwingend jüngsten Kindes einen maßgeblichen Einflussauf die notwendig. familialen Erwerbsmuster aus. Das Ernährermodell Die stärkste Ausprägung erfährt das modernisierte ist über den Familienzyklus hinweg u-förmig verteilt. Ernährermodell im Jahr 2009 in der Altersklasse 6-8 In den Altersklassen der Kinder mit 0-2 und 24-26 Jahre mit 63%. Jahre(bzw. für das Jahr 1996 21-23 Jahre) ist ein Höchststand zu beobachten. Für die Kategorie 'Sonstige' und die doppelte Nicht- Erwerbstätigkeit ist kein eindeutiger Effekt des Fami- Im Jahr 1996 bewegte sich der Anteil der im Ernäh- lienzyklus zu beobachten. Dies kann als ein Indiz für rermodell lebenden Eltern zwischen 65,1% (jüngste die Unfreiwilligkeit dieser Lebensform bewertet wer- Kind ist 0-2 Jahre alt) und 23,3% (jüngste Kind ist den. Bei beiden kann lediglich ein Anstieg ab einem 15-17 Jahre alt). Diese Anteile haben sich zum Jahr Alter des Jüngsten Kindes zwischen 24-26 Jahren be- 2009 um 18,6 Prozentpunkte (jüngste Kind ist 0-2 obachtet werden. Dies deutet auf Frühverrentung und Jahre alt), bzw. 12,1 Prozentpunkte (jüngste Kind ist die Problematik der Altersarbeitslosigkeit hin (vgl. 15-17 Jahre alt) verringert. Der größte Anteil der Re- Sackmann 1998). duktion wurde jedoch bei den Eltern mit einem Kind in den Altersklassen von 3-5 und 6-8 Jahren mit 28,7 Das gleichberechtigte Zweiverdienermodell unterlag und 27,4 Prozentpunkten auf 18,2% und 14,7 % beo- im Analysezeitraum keinen starken Veränderungen. Ab der Altersklasse 3-5 steigt es an und erhält seinen 22 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Höhepunkt im Alter von 18-20. 2002 war der Anteil der Eltern mit zwei Kindern um 6,5 (2002) bzw. 3,9 der gleichberechtigten Zweiverdienerhaushalte unter Prozentpunkten mit 41,8%, bzw. 48,8% höher als bei den Eltern mit Kindern im Alter von 18-20 Jahren Eltern mit nur einem Kind. Allein bei Familien mit mit 30% am stärksten ausgeprägt. drei oder mehr Kindern ist das modernisierte Ernäh- Demnach hat nicht nur die Elternschaft per se einen rermodell seltener vertreten und lag 2002 bei 25,3% Einfluss auf die Verteilung der Erwerbsmuster unter und 2009 bei 12,8%. Paaren, sondern auch der jeweilige Familienzyklus, der anhand des Alters des jüngsten Kindes im Haus- Abbildung 4: Verteilung des modernisierten Er- halt gemessen wurde. Eine dominante Rolle spielt des nährermodells nach Kinderzahl im Land Bremen Ernährermodell und das modernisierte Ernährermo- dell. In den ersten 3 Lebensjahren des jüngsten Kin- des dominiert noch das klassische Ernährermodell, das jedoch in darauffolgenden Lebenszyklen durch seine modernisierte Version ersetzt wird.

4.3.2.3 Größe der Familie

Abbildung 3: Verteilung des Ernährermodells nach Kinderzahl im Land Bremen

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009

Ähnlich dem modernisierten Ernährermodell im Jahr 1996, besteht auch beim gleichberechtigten Zweiver- dienermodell ein negativer Zusammenhang zwischen der anteiligen Verteilung der Familien und der An- zahl der im Haushalt lebenden Kinder. Dieser Effekt bleibt konstant über den Analysezeitraum hinweg be- stehen, er schwächt sich allerding für das Jahr 2009 leicht ab. Im Jahr 2009 bestanden die größten Unter- Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 schiede zwischen kinderlosen Paaren und Familien und 2009 mit Kindern, es bestand eine Differenz von 13,6 bis 16,1 Prozentpunkten. Das Auftreten des Ernährermodells wurde in den Jah- Die Verteilung der Kategorie ‚Sonstige‘ wurde stark ren 1996 und 2002 eindeutig von der Anzahl der im von der Kinderzahl beeinflusst. Mit steigender Kin- Haushalt lebenden Kinder beeinflusst. Mit steigender derzahl verringert sich die Zahl der betroffenen Paa- Kinderzahl stieg auch der Anteil der Eltern, bei denen re. Die einzige Ausnahme bilden Familien mit drei nur ein Elternteil arbeitete. oder mehr Kindern im Jahr 2009. Sie wiesen mit 1996 handelte es sich um 36,3% der Eltern mit einem 16,5% den höchsten Anteil auf. Kind und sogar 57,1% der Eltern mit drei oder mehr Die Verteilung der Haushalte ohne Erwerbstätige hat Kindern. 2009 hat sich dieser Einfluss jedoch verän- sich im Analysezeitraum nicht stark verändert. Die dert. Es bestehen nur noch geringfügige Unterschiede doppelte Nichterwerbstätigkeit ist am stärksten bei zwischen kinderlosen Familien, Familien mit einem kinderlosen Paaren vertreten. oder zwei Kindern. Einzig bei den Familien mit drei Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass neben oder mehr Kindern dominiert das Ernährermodell mit dem Alter des jüngsten Kindes auch die Anzahl der 40%. Kinder im Haushalt wichtige Determinanten für die Bei dem modernisierten Ernährermodell bestehen Erwerbsbeteiligung beider Elternteile darstellen. deutliche Unterschiede zwischen kinderlosen Paaren Auch hier wird die doppelte Wirkung von Be- und Familien mit Kindern. Die Verteilung dieses Er- treuungsaufwand und finanziellem Bedarf auf die werbsmodells hat sich bei kinderlosen Paaren im Wahl des Erwerbsmusters deutlich. Analysezeitraum kaum verändert und liegt zwischen Zwei berufstätige Elternteile können anscheinend 14,2% (2002) und 18,8% (2009). Allgemein ist der dem Betreuungsaufwand zunehmender Kinderzahl Anteil der Eltern in diesem Modell bedeutend höher. nicht gerecht werden. Dementsprechend weisen Für das Jahr 1996 kann innerhalb der Familien ein Haushalte mit mehr als zwei Kindern, trotz gestiege- negativer Zusammenhang zwischen der Kinderzahl nen Bedarfs, einen überdurchschnittlich hohen Anteil und der Verteilung dieses Erwerbsmusters beobachtet an Alleinverdienern auf. Familien mit einem oder werden. Diese Beziehung bleibt im Analysezeitraum zwei Kindern tendieren dahingegen zu einer vermin- jedoch nicht bestehen. 2002 und 2009 war der Anteil 23 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 derten Erwerbsbeteiligung von einem der beiden El- Die individuelle hypothetische Armutsquote der ternteile. Bremer Normalarbeitnehmerinnenfällt bedeutend hö- her aus als bei den Männern.1996 lag sie bei 6,53% 4.3.3 Bereiche der Armutsgefährdung und ist bis zum Jahr 2009 konstant auf 4,44% gesun- ken. Zu allen Zeitpunkten lag sie unterhalb des Bun- Die Analyse der Armut bezieht sich ausschließlich desdurchschnitts. Bei den Männern hingegen ist für auf Haushalte mit mindestens einer Normalarbeit- den Zeitraum 2002-2009 ein leichter Anstieg um 1 nehmerin oder einem Normalarbeitnehmer (zu den Prozentpunkt auf 1,5% zu beobachten. Dies wider- genauen Auswahlkriterien siehe Kapitel 4.2). Ent- spricht Hypothese 3a,i. sprechend des aufgezeigten Rückgangs der Vollzeit- arbeitsplätze ist die Zahl der NormalarbeitnehmerIn- Als weiterer Vergleichsmaßstab wurde eine Fami- nenhaushalte im Analysezeitraum um 20% zurückge- lienlohnschwelle berechnet. Die These (3a,iii) zur gangen, während sich die Zahl der Erwerbspersonen Erosion des Familienlohns kann anhand der vorlie- im erwerbsfähigen Alter im gleichen Zeitraum ledig- genden Daten voll bestätigt werden. Knapp die Hälfte lich um 5% reduziert hat. der Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeit- nehmer bezog 2009 keinen Familienlohn. Über den Zur Bemessung der Armut wurden mehrere Szena- Analysezeitraum hinweg fällt ein starker Anstieg des rien berechnet. Im ersten Schritt wurde eine Armuts- Anteils der männlichen Normalarbeitnehmer mit ei- schwelle, basierend auf 60% des Medians des äquiva- nem persönlichen Einkommen unterhalb der Fami- lenzgewichteten Einkommens aller Haushalte, be- lienlohnschwelle auf. Er ist um mehr als 15 Prozent- rechnet. Die individuelle hypothetische Armutsquote punkte angestiegen und lag im Jahr 2009 bei 41,4% der Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeit- und damit auf demselben Niveau wie im Bundes- nehmer wurde auf Basis dieser Armutsschwelle be- durchschnitt. Im Bundesdurchschnitt ist ebenfalls ei- rechnet. In Tabelle 7 wird deutlich, dass die Bremer ne Zunahme zu beobachten, die mit 9 Prozentpunkten Normalarbeitnehmer zu allen Erhebungszeitpunkten jedoch weniger stark ausgefallen ist. Die Theorie der eine ausgesprochen niedrige Armutsquote aufweisen. erhöhten Krisengefährdung lässt sich damit nicht ein- Sie bleibt zu allen Erhebungszeitpunkten unterhalb deutig belegen. von 2% konstant und befindet sich ebenfalls zu allen Zeitpunkten unterhalb des Bundesdurchschnitts. Im Bei den Bremer Normalarbeitnehmerinnen liegt die- Zeitraum zwischen 2002 und 2009 ist in der BRD ein ser Anteil konstant bei 59%. Damit liegen sie, im Anstieg der Armutsquote unter Normalarbeitnehme- Gegensatz zu den Männern, rund 4 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt, Hypothese 3e wird rinnen und Normalarbeitnehmer um mehr als 4 Pro- 13 zentpunkte zu beobachten. Entgegen der formulierten bestätigt. Annahme vollzieht sich diese Entwicklung in Bremen Eine Analyse der Mittelwerteder individuellen Ein- in geringen Maßen. kommen aus Tabelle 6 bestätigt das gezeichnete Bild. Die Bremer Normalarbeitnehmerinnen sind erwar- tungsgemäß gegenüber den Bremer Normalarbeit- Tabelle 4: Verteilung der Nettoeinkommen im nehmern schlechter gestellt. Der Mittelwert ihrer Land Bremen und der BRD Einkommen lag im Jahr 2009 rund 20% unterhalb 1996 2002 2009 deren der Männer. Jedoch ist ein Trend der Anglei- chung zu beobachten, im Jahr 1996 betrug die ge- Haushaltsgewichtete Einkommen aller Personen in der BRD schlechtliche Einkommensdifferenz noch knapp 28%. Median 1037,85 1200,00 1309,52 Im Vergleich mit dem Bund liegt nicht nur der Mit- telwert der Einkommen der Bremer Normalarbeit- Mittelwert 1449,98 1410,85 1534,55 nehmerinnen oberhalb dem der Frauen im Bundes- 622,71 720,00 785,71 Armutsschwelle durchschnitt, auch die Differenzen der Einkommen Familienlohnschwelle 1307,69 1512,00 1649,99

Einkommen der NormalarbeitnehmerInnen in Bremen Mittelwert 1809,09 1803,20 1932,78 13 Die Wahl der Familiengröße bei der Definition der Mittelwert Frauen 1434,68 1533,49 1676,59 Normalfamilie basierte auf einer Berechnung der zu- Mittelwert Männer 1984,49 1955,40 2080,58 sammengefassten Geburtenziffer in den 1950er Jah- ren, die bei über zwei Kindern pro Frau lag (Moeller Einkommen NormalarbeitnehmerInnen in der BRD 1997). Würde nun die Definition des Familienlohns Mittelwert 1849,61 1851,58 1912,15 der aktuellen Geburtenziffer von 1,38 Kindern pro Frau angepasst, so würde sich das gezeichnete Bild Mittelwert Frauen 1275,64 1460,94 1586,07 weiter verändern: eine Minderheit von höchstens 3,3% Mittelwert Männer 2113,12 2039,13 2075,81 der Haushalte mit nur einer Arbeitnehmerin/einem Arbeitnehmer kann den Bedarf einer dreiköpfigen Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 Familie nicht decken. und 2009

24 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 zwischen den Geschlechtern ist um 4-12 Prozent- Tabelle 5: Armutsindikatoren der Normalarbeit- punkte niedriger. nehmerinnen und -arbeitnehmer im Land Bremen

Da Armut im Kontext des Haushalts gesehen werden 1996 2002 2009 muss, wurde eine Armutsquote auf Basis des äquiva- lenzgewichteten persönlichen Einkommens, die hy- Armutsquote ‚hypothetische individuelle Armut‘ pothetische Haushaltsarmut, berechnet. Demnach wä- männl. 1,11 (-0,6) 0,51 (-0,52) 1,53 (-4,16) ren in den Jahren 1996 und 2002 11%und im Jahr weibl. 6,53 (-5,72) 5,45 (-2,96) 4,44 (-3,04) 2009 sogar nur 10% der NormalarbeitnehmerInnen- haushalte arm gewesen, wenn ihnen nur das Ein- Gesamt 2,84 (-2,18) 2,29 (-1,13) 2,59 (-3,7) kommen einer Normalarbeitnehmerin bzw. eines Anteil an Personen, die keinen Familienlohnbeziehen Normalarbeitnehmers zur Verfügung gestanden hätte männl. 25,95 (-6,3) 34,18 (-0,62) 41,38 (0,03) (siehe Tabelle 7). In Anbetracht dessen, dass 2009 die Hälfte der Bremer Normalarbeitnehmerinnen und weibl. 59,77 (-4,06) 59,03 (-3,85) 59,53 (-5,23) Normalarbeitnehmer keinen Familienlohn erzielen Gesamt 36,74 (-5,45) 43,15 (-0,76) 48,02 (-1,15) konnte, ist die hypothetische Haushaltsarmut erstaun- Armutsquote ‚hypothetische Haushaltsarmut‘ lich gering. Dies lässt auf kleine Haushalte vor allem bei Beziehern von geringen Einkommen schließen. 11,03 (-11,29) 11,45 (-10,95) 10,9 (-6,94) Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass entgegen der Armutsquote ‚reale Armut‘ Entwicklung des Familienlohns im Analysezeitraum der Anteil der Normalarbeitnehmerinnen und Nor- Paare 4,04 (-2,29) 3,89 (0,88) 2,32 (-6,56) malarbeitnehmer, die den Bedarf ihrer Familie ohne m. Kinder 7,61 (0,21) 6,68 (2,46) 2,71 (-7,34) zusätzliches Einkommen nicht bestreiten können, ge- o. Kinder 0,29 (-4,06) 0,56 (-0,41) 1,94 (-5,28) sunken ist. Dies lässt sich wiederum zum einen durch eine Reduktion der Haushaltsgrößen und zum ande- Alleinstehend 1,1 (-4,75) 1,05 (-0,84) 2,82 (-3,98) ren durch die relative Besserstellung der Normalar- m. Kinder 2,02 (-6,6) 4,45 (0,39) 4,62 (-7,96) beitnehmerinnen in Bremen im Vergleich mit dem o. Kinder 0,85 (-3,58) 0,6 (-0,51) 2,44 (-2,36) Bundesdurchschnitt erklären. Im Bundesdurchschnitt war in den Jahren 1996 und 2002 die Armutsquote Gesamt 2,88 (-3,3) 2,49 (-0,14) 2,57 (-5,56) Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen-BRD doppelt so hoch wie in Bremen. Im Jahr 2009 lag sie im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des mit 17,8% nur noch rund 40% oberhalb der Bremer Mikrozensus 1996, 2002 und 2009 Armutsquote. In den Hypothesen 3c und 3d wurde angenommen, dass das Einkommen der Normalarbeitnehmer in Bremen stärker von der Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen ist als in der Bundesrepublik insgesamt. 14. hen die Analysen von Farke und Strüßmann. Sie stellen fest, Dies kann nur partiell bestätigt werden dass die Löhne aller Bremer Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer krisenbedingt seit 2008 um 3,2% zurückgegangen sind. Dies führen sie unter anderem auf nicht ausgezahlte oder zurückgehende Sonderzahlungen und einer Verringe- rung des Arbeitsvolumens durch Kurzarbeit, Freizeitgewäh- 14 Die relativ gute Positionierung der Bremer Normalarbeit- rung für geleistete Überstunden und Betriebsurlaub zurück nehmerinnen und Normalarbeitnehmer gegenüber dem Bun- (Farke/Strüßmann 2011). Dies sind Einflussfaktoren, die desdurchschnitt und insbesondere die starken Diskrepanzen sich zumindest prinzipiell negativ auf das Einkommen der im Krisenjahr 2009 sind erklärungsbedürftig. Es ist anzu- Bremer Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeitnehmer merken, dass Bremen als Stadtstaat nur bedingt mit der ge- auswirken können. Jedoch kann dieser Einfluss mit den vor- samten Bundesrepublik verglichen werden kann. So beste- liegenden Daten weitestgehend nicht erfasst werden. Der hen große Differenzen in der Erwerbs- und Lohnstruktur Einfluss der fehlenden oder sinkenden Sonderzahlungen auf zwischen Städten und ländlichen Gebieten. Im Gegensatz die Löhne kann mit dieser Analyse nur unzureichend nach- zur Bundesrepublik handelt es sich bei Bremen um fast aus- vollzogen werden, da Einkommensdaten nur für den Monat schließlich städtisches Gebiet. Ein Vergleich mit Städten April erhoben wurden. So findet beispielsweise das Weih- ähnlicher Größenordnung würde der Struktur Bremens an- nachtsgeld als dreizehntes Monatsgehalt als eine der wich- gemessener Rechnung tragen. In Bremen ist zudem im Zeit- tigsten Sonderzahlungen keinen Eingang. Personen, die zum raum von 2002 bis 2009 eine Zunahme der Beschäftigung Erhebungszeitpunkt Kurzarbeit geleistet haben, wurden hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu nicht als Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeitneh- beobachten. So nimmt die Zahl der sozialversicherungs- mer gewertet. Der Einfluss staatlicher Transferleistungen, pflichtig beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker die ein Absinken des Haushaltseinkommens unterhalb der um 3.447 weibliche und 2.980 männliche Arbeitnehmer zu. Armutsschwelle verhindern, kann mit den vorliegenden Da- Dies ist eine Steigerung von 30% bzw. 15% (Statistik der ten nicht differenziert erfasst werden. Allgemein lässt sich Bundesagentur für Arbeit 2011). jedoch konstatieren, dass sich die negativen Krisenfolgen in Offen bleibt die Frage, in welchem Ausmaß sich die Finanz- einem geringeren Ausmaß in den Daten widerspiegeln, als und Wirtschaftskrise tatsächlich negativ auf die Löhne der erwartet. Um Krisenfolgen jedoch genauer zu untersuchen, Normalarbeitnehmerinnen und Normalarbeitnehmer ausge- wäre ein detaillierter Vergleich zwischen den Jahren 2008 wirkt hat. Im Gegensatz zu den eigenen Beobachtungen ste- und 2009 nötig.

25 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Im Zeitvergleich der Normalarbeitnehmerinnen in Haushalt, ist zwar angestiegen, bleibt jedoch unter- Bremen trifft diese Hypothese nicht zu. Im Gegensatz halb des bremischen Durchschnitts. zu den Frauen haben allerdings die Männer durchaus Lohneinbußen hinnehmen müssen. Im Vergleich zur 4.3.4 Das Ernährermodell als Armutsrisiko gesamten Bundesrepublik wird diese These jedoch widerlegt. Hier weisen sowohl Bremer Normalarbeit- nehmerinnen, als auch Bremer Normalarbeitnehmer Tabelle 6: Reale Armutsquote der Normalarbeit- eine geringere Armutsgefährdung auf, die Hypothe- nehmerInnenhaushalte verteilt nach Erwerbsmus- sen 3b und 3c konnten damit nicht bestätigt werden. ter in Bremen Die zuvor betrachtete Quote der hypothetischen PartnerIn arbeitet… 1996 2002 2009 Haushaltsarmut unterstellt, dass den Haushalten nur 0,5 (-4,8) 2,3 (1,3) 0,6 (-7,1) ein Einkommen zur Verfügung steht. Anhand der Vollzeit Erwerbsmuster ist jedoch deutlich geworden, dass Teilzeit 1,4 (-2,9) 4,1 (2,9) 1,1 (-5,9) das Ernährermodell nicht mehr zu den vorherrschen- Geringfüg. beschäftigt 13,1 (9,2) 3,3 (0,5) 3,4 (-5) den Erwerbsmustern gehört. Um die Armutsquote 7,6 (-1,3) 5,4 (-1,2) 5,3 (-7,1) nicht zu überschätzen, muss folglich das gesamte Erwerbslos äquivalenzgewichtete Haushaltseinkommen Grundla- Durchschnitt 2,88 2,49 2,57 ge der Armutsanalyse sein. Die reale Armutsquote Anmerkung: Zahlen in Klammern geben die Differenz Bremen- liegt zu allen Erhebungszeitpunkten weitestgehend BRD im entsprechenden Jahr an. Quelle: Eigene Berechnung auf konstant unterhalb von 3% und fällt somit bedeutend Basis des Mikrozensus 1996, 2002 und 2009 geringer aus als die hypothetische Haushaltsarmut. Hypothese 3f kann als bestätigt angesehen werden. Im Folgenden wird die reale Armutsquote unter Be- Damit ist in den Jahren 1996 und 2009 die Armuts- rücksichtigung der Erwerbsmuster und der Anwesen- quote unter Normalarbeitnehmerinnen und Normal- heit von Kindern im Haushalt analysiert. arbeitnehmern im Bundesdurchschnitt mit 6,1% und 8,1% mehr als doppelt so hoch. Lediglich im Jahr Das klassische Ernährermodell und die Minijobva- 2002 nähern sich die beiden Quoten einander an. riante des modernisierten Ernährermodells sind die beiden Erwerbsmuster, die konstant zu einem über- In Tabelle 7 sind die realen Armutsquoten unter Be- durchschnittlichen realen Armutsrisiko unter den rücksichtigung des Vorliegens einer Partnerschaft NormalarbeitnehmerInnenhaushalten führen. Jedoch und Elternschaft dargestellt. Paare mit Kindern wie- lagen 2002 und 2009 die Haushalte, die die Minijob- sen 1996 eine Armutsquote von 7,6% auf, während variante des modernisierten Ernährermodells prakti- die Armutsquote der kinderlosen Paare in diesem zierten lediglich mit rund 0,9 Prozentpunkten Unter- Zeitraum bei lediglich 0,2% lag. Die Armutsgefähr- schied nur geringfügig über dem Durchschnitt von dung von Alleinerziehenden befand sich mit 2,0% rund 2,5%. Das klassische Ernährermodell lag rund 3 rund 0,8 Prozentpunkte unterhalb der durchschnittli- (2009) bzw. 5 (1996, 2002) Prozentpunkte über der chen Bremer Armutsquote von 2,8%. Im zeitlichen durchschnittlichen Armutsquote. Haushalte mit nur Verlauf sind jedoch die Paare mit Kindern die einzige einer Erwerbstätigen Person wiesen somit die höchste Gruppe, bei der sich die Armutsquote reduziert hat. Armutsgefährdung unter allen untersuchten Gruppen Insbesondere im Zeitraum zwischen 2002 und 2009 auf. Dieses höhere Armutsrisiko wird jedoch durch ist der Anteil der armen Paare mit Kindern um knapp den allgemeinen Rückgang des Armutsrisikos „ent- 4 Prozentpunkte auf 2,7% besonders stark gesunken. schärft“, so dass auch über den Analysezeitraum Damit lagen sie 2009 nur noch geringfügig oberhalb hinweg Ernährerfamilien relativ seltener von Armut des bremischen Durchschnitts. Dieser Trend lässt betroffen sind. Das gleichberechtigte Zweiverdie- sich auf Bundesebene nicht beobachten. Insbesondere nermodell und die Teilzeitvariante des modernisier- im Jahr 2009 sind Haushalte mit Kindern, unabhän- ten Ernährermodells (mit Ausnahme des Jahres 2002) gig davon, ob eine Partnerschaft vorliegt, einem weisen eine unterdurchschnittliche Armutsquote auf. überproportionalen Armutsrisiko ausgesetzt. Für den Damit lässt sich Hypothese 3g bestätigen: mit stei- Raum Bremen lässt sich in Hinblick auf Familien mit gendem Umfang der Erwerbsbeteiligung der Partne- Kindern die Theorie, dass eventuell krisenbedingte rin oder des Partners sinkt das reale Armutsrisiko der Lohneinbußen durch ein zusätzliches Einkommen Haushalte. Dieser Zusammenhang wird auch –jedoch kompensiert werden können, bestätigen. Die Lebens- mit höherer Armutsquote als in Bremen – in der ge- bedingungen von alleinerziehenden Normalarbeit- samten BRD beobachtet. nehmerinnen und Normalarbeitnehmern haben sich in Bremen verschlechtert. Die Armutsquote hat sich von Diese beobachtete Tendenz bleibt auch bei Paaren 2% auf 4,6% mehr als verdoppelt und vollzieht damit mit Kindern bestehen, obgleich Haushalte mit Kin- den Bundestrend. Dennoch liegt sie 8 Prozentpunkte dern stärker armutsgefährdet sind (vgl. Tabelle 9). unterhalb der bundesweiten Armutsquote. Die Ar- NormalarbeitnehmerInnenhaushalte ohne Kinder sind mutsquote kinderloser Normalarbeitnehmerinnen und unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Partnerin/ Normalarbeitnehmer, mit oder ohne Partner im des Partners einer ausgesprochen geringen Armutsge- fährdung ausgesetzt. Die einzige Ausnahme besteht 2009 bei Haushalten, in denen die Partnerin/der Part- 26 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 ner nicht erwerbstätig war. Dort wird mit 5,2% eine arbeitnehmerinnen und Normalarbeitnehmer kein überdurchschnittliche Armutsquote beobachtet. Im ausreichend hohes Einkommen zur Verfügung steht, Gegensatz dazu weisen 2002 alle Erwerbsmuster der um eine potentielle vierköpfige Familie alleine zu Haushalte mit Kindern eine überdurchschnittliche versorgen. Das Fehlen eines Familienlohns führt de Armutsquote auf (Bestätigung von Hypothese 3h). facto jedoch nicht zur Armut in jedem zweiten Bre- Die Armutsquote aller Zweiverdienermodelle weist mer NormalarbeitnehmerInnen-Haushalt, da sich un- mit 4,6%, 5,5% und 4,7%keine substantiellen Unter- ter ihnen auch Single oder Paarhaushalten ohne Kin- schiede auf. Eine beobachtbare Differenz besteht nur der befinden und somit kein Bedarf an solch einem zu den Haushalten mit einer/einem nicht erwerbstäti- Lohn besteht. Die empirische Überprüfung der Le- gen Partnerin/ Partner mit einer Armutsquote von benssituation der tatsächlichen ‚Normalfamilien‘ ist 9,5%. Sowohl 1996 als auch 2009 können die Er- daher noch offen geblieben. Die Verteilung der Ar- werbsmuster in zwei Gruppen unterschieden werden. mutsquoten der NormalarbeitnehmerInnenhaushalte Nichterwerbstätigkeit oder geringfügige Beschäfti- mit einer/ einem nicht erwerbstätigen Partnerin/ Part- gung der Partnerin/des Partners führen zu einem ner unter Berücksichtigung der Kinderzahl wurde in überdurchschnittlichen Armutsrisiko, während das einem weiteren Schritt analysiert. gleichberechtigte Zweiverdienermodell bzw. die Teilzeitbeschäftigung der Partnerin/des Partners, eine Tabelle 7: Reale Armutsquote des Ernährermo- unterdurchschnittliche Armutsquote aufweisen. Da- dells in Bremen mit ist in 2009 ein erhöhtes Armutsrisiko sowohl für das traditionelle als auch das modernisierte Ernäh- Kinderzahl 1996 2002 2009 rermodell in der Variante Vollzeit/geringfügige Teil- 1 1,5 3,3 2,2 zeit in Haushalten mit Kindern zu konstatieren. 2 19,8 14,6 10,9 Werden diese Beobachtungen mit der Entwicklung der Familiengröße verglichen, fällt auf, dass sich der 3 19,0 14,8 0,0 Anteil der Familien mit einem und zwei Kindern von Durchschnitt 2,9 2,5 2,6 dem klassischen Ernährermodell hin zur Teilzeitva- riante des modernisierten Ernährermodells verlagert Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, hat. Familien mit drei oder mehr Kindern folgen zu- 2002 und 2009 nehmend dem gleichberechtigten Zweiverdienermo- dell. Haushaltsgröße und familiale Erwerbsmuster Bremer Haushalte mit nur einem Kind wiesen 1996 werden aufeinander abgestimmt und haben somit und 2009 eine unterdurchschnittliche und 2002 eine Einfluss auf die reale Armutsquote. Zur Armutsver- geringfügig über dem Durchschnitt (0,9 Prozentpunk- meidung ‚reicht‘ es für kleinere Haushalte mit einem te) liegende Armutsquote zwischen 1,5 bis 3,3% auf. oder zwei Kindern aus, dass die Partnerin/der Partner Demgegenüber waren Haushalte mit mehr als einem der Normalarbeitnehmerin/des Normalarbeitnehmers Kind überdurchschnittlich armutsgefährdet. Anders nur teilzeittätig ist. Bei größeren Haushalten mit drei als jedoch erwartet werden könnte, bestanden in den oder mehr Kindern reicht anscheinend eine Teilzeittä- Jahren 1996 und 2002 nur geringfügige Unterschiede tigkeit zur Armutsvermeidung nicht mehr aus, ein (0,8 bzw. 0,2 Prozentpunkte) zwischen Haushalten größerer Erwerbsumfang der Partnerin/ des Partners mit zwei Kindern und Haushalten mit drei oder mehr wäre notwendig – was allerdings durch zunehmende Kindern. Im Jahr 1996 waren rund 19% und 2002 Vereinbarkeitsprobleme restringiert wird. rund 14% dieser Haushalte armutsgefährdet. Für das Jahr 2009 wurde der Anteil der armen Haushalte mit 4.3.5 Familienlohn: Reicht das Einkommen drei oder mehr Kindern mit 0 beziffert, während sie für zwei Kinder? für Haushalte mit zwei Kindern bei 10% lag. Die Er- wartung, dass mit jedem zusätzlichen Kind im Haus- Anhand der Berechnung der Familienlohnschwelle halt das Armutsrisiko proportional ansteigt, kann für wurde deutlich, dass der Hälfte der Bremer Normal- den Raum Bremen nicht bestätigt werden. Tabelle 8: Reale Armutsquote verteilt nach El- Besondere Beachtung sollten folgende zwei Punkte ternschaft und Erwerbsmuster finden. Zum einen wurde eine starke Reduktion der Armutsquoten kinderreicher Familien über den Ana- mit Kinder ohne Kinder lysezeitraum hinweg beobachtet. Eine übereinstim- PartnerIn ar- beitet… 1996 2002 2009 1996 2002 2009 mende Beobachtung konnte auf Bundesebene nicht 1,5 4,6 0 0 1,1 0,9 gemacht werden. Stattdessen stieg dort im Zeitraum Vollzeit von 2002-2009 die Armutsquote aller Haushalte mit Teilzeit 2,3 5,5 1,6 0 0 0 Kindern sogar an. Geringfüg. 18,8 4,7 5,2 0 0 0 beschäftigt Die sinkende Kinderzahl in den Haushalten kann als maßgeblicher Faktor für die Reduktion des finanziel- Erwerbslos 12,5 9,5 5,4 0,8 0 5,2 len Bedarfs und damit der Armut angesehen werden Quelle: Eigene Berechnung auf Basis des Mikrozensus 1996, 2002 (vgl. Andreß /Seeck 2007). Erwerbsmuster und und 2009 Haushaltsgröße haben sich einander angepasst. Die 27 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013

Kausalität kann jedoch nicht festgestellt werden (vgl. (unbefristet vollzeittätig mit einer mindestens berufs- Streeck 2008). Zum einem kann gefolgert werden, fachlichen Ausbildung) beziehen. Diese Gruppe dass eine verringerte Haushaltsgröße den finanziellen scheint vor dem Hintergrund der spezifisch bremi- Bedarf mindert und das zu dem finanziellen Bedarf schen Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur ten- passende Erwerbsmuster gewählt wird. Der Werte- denziell besser gestellt als in der Bundesrepublik in- wandel in Bereich der geschlechtlichen Arbeitstei- sgesamt. Die generell für Bremen deutlich höher zu lung steigert die Flexibilität in der Wahl der Er- verortenden Armutsquoten von 22% ergeben sich werbsmuster. Die Kausalität könnte jedoch ebenfalls entsprechend primär in Bezug auf Haushalte mit aus- umgekehrt sein: Die Familienplanung passt sich dem schließlich atypisch Beschäftigten bzw. Haushalte Einkommen an. Der Unterhalt einer dreiköpfigen ohne Erwerbstätige. Familie mit nur einer erwerbstätigen Person im Das Erwerbsmuster und Haushaltseinkommen scheint Haushalt scheint in der Regel für die meisten Nor- für die Familienplanung eine gewichtige Rolle zu malarbeitnehmerinnen und Normalarbeitnehmer in spielen. Die Größe der Haushalte, die aufgrund unzu- Bremen, die dieses Modell wählen, möglich zu sein. reichender Erwerbsbeteiligung der Eltern kein ausrei- Für ‚Normalfamilien‘ mit zwei Kindern bzw. kinder- chendes Einkommen erzielen konnten, wurde im reiche Familien trifft diese Beobachtung in deutlich Analysezeitraum kleiner. geringerem Maße zu. Der Bedeutungsverlust des Familienlohns kann je- doch auch anders begründet werden: der Familien- lohn wurde als Maßnahme zu Behinderung der Er- 5 Fazit werbstätigkeit von Frauen und insbesondere Müttern kritisiert. Mit der zunehmenden Integration von Frau- Aufgrund der Analysen des Mikrozensus hat sich ein en in den Arbeitsmarkt ging auch ein Bedeutungsver- differenziertes Bild der Lebenslage der Normalar- lust des Ernährermodells und des Familienlohns ein- beitnehmerinnen und Normalarbeitnehmer in Bremen her. Mittlerweile besitzt das Ernährermodell selbst ergeben. Die Frage nach der Prekarisierung der Mitte für Eltern keine außergewöhnliche Bedeutung mehr. kann für das Bundesland Bremen in mehreren Schrit- Als einzige Ausnahme sind Eltern mit Kindern jünger ten beantwortet werden: als drei Jahre zu nennen. In dieser Phase wählt rund Wird die ‚Gefährdung der Mitte‘ anhand der Verbrei- die Hälfte der Eltern dieses Erwerbsmuster, aber auch tung des Normalarbeitsverhältnisses betrachtet, wer- für diese Gruppe schwächt sich das Bild ab. den vorangegangene Analysen bestätigt: unbefristete Mit dem Wandel der familialen Erwerbsmuster glei- Vollzeittätigkeit wird zunehmend durch atypische chen sich die Unterschiede in den Einkommen der Beschäftigungen verdrängt. Das Normalarbeitsver- Geschlechter an. Auch wenn weiterhin eine massive hältnis wird zunehmend seltener. Bislang wenig be- Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern be- achtet wurde jedoch, dass sich innerhalb des Normal- steht, hat sich ein leichter Trend der relativen Besser- arbeitsverhältnis ebenfalls ein „Wandel“ abzeichnet. stellung von Frauen bei einer gleichzeitigen Ver- Wird die ‚Gefährdung der Mitte‘ am Bezug eines schlechterung der Situation der Männer vollzogen. Familienlohns im Rahmen des Normalarbeitsverhält- Männer haben sowohl im Bereich des Erwerbsum- nisses gemessen, so kann die These der Prekarisie- fangs, als auch im Bereich der Einkommen starke rung bestätigt werden. Der Familienlohn in seiner Einbußen hinnehmen müssen. Für Frauen konnte ursprünglichen Definition, als Lohn eines jeden Ar- größtenteils eine Zunahme der Erwerbsintegration beitnehmers, der ausreichend bemessen ist, um ar- und im Bereich der Einkommen beobachtet werden. mutsvermeidend den Bedarf einer vierköpfigen Fami- Trotz eklatanter Unterschiede zwischen den Ge- lie zu decken, besitzt eine stark abnehmende gesell- schlechtern und unzureichender Arbeitsmarktintegra- schaftliche Relevanz. Dabei ist jedoch auch festzu- tion von Frauen darf die Bedeutung der Erwerbstä- halten, dass Männer weiterhin konstant zu einem wei- tigkeit von Frauen nicht unterschätzt werden. Das Er- taus größeren Teil (60-70 %) einen Familienlohn er- nährermodell stellt für die Familien, die ihm folgen, zielen als Frauen (ca. 40 %). Obwohl sich die Analy- ein erhebliches Armutsrisiko dar, erst ein zweites se auf eine Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Ar- Einkommen im Haushalt senkt das Armutsrisiko. beitnehmer beschränkt, die unbefristet vollzeittätig Insgesamt lässt sich damit zwar eine Erosion des sind und mindestens eine berufsfachliche Ausbildung Normalarbeitsverhältnisses wie auch des Familien- aufweisen, steht rund der Hälfte von ihnen kein Fa- lohns bestätigen. Dennoch bleibt eine Prekarisierung milienlohn zur Verfügung. Personen, die sich nicht in der Mitte mit Blick auf die Armutsquoten von Nor- einem Normalarbeitsverhältnis befinden oder einen malarbeitnehmern aus bzw. nimmt im Zeitverlauf so- geringeren Ausbildungsstand besitzen, werden in ei- gar partiell ab. Dies gilt für Bremen noch stärker als nem höheren Ausmaß dieses Einkommensziel verfeh- für die restliche Bundesrepublik. Dies ist einerseits len (Andreß /Seeck 2007: 489). auf die Reduktion der Haushaltsgrößen bzw. die Zu- Vor diesem Hintergrund ist auch zu betonen, dass nahme von Singles unter den Normalarbeitnehmern sich die im Vergleich zur Bundesrepublik insgesamt und andererseits auf die zunehmende Arbeitsmarkt- niedrigen (hypothetischen und realen) Armutsquoten teilhabe jenseits des Ernährermodells – auch bei Fa- auf diese spezielle Gruppe der Normalarbeitnehmer milien mit Kindern zurückzuführen. Entsprechend 28 Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen 1 | 2013 sind auch unter den Normalarbeitnehmern vor allem alleinerziehender Eltern besonders armutsgefährdet. Hier zeigt sich die Lohndiskriminierung von Frauen in Verbindung mit fehlenden Kompensationsmög- lichkeiten durch erweiterte Erwerbsteilhabe bei gleichzeitig hohen Bedarfen.

Vorankündigung

WSI-Mitteilungen, Zeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung, Schwerpunktheft 3/2013: Vom Ernährerlohn zum Familieneinkommen

Herausgegeben von Irene Dingeldey (IAW) und Karin Gottschall (ZeS, Universität Bremen)

In diesem Schwerpunktheft der WSI-Mitteilungen werden die historische Dimension und Bedeutung des Fami- lienlohnkonzeptes in enger Verbindung mit dem männlichen Ernährermodell dargelegt. Ferner wird geprüft, in- wiefern der ursprünglich als männlicher Ernährerlohn konzipierte „Familienlohn“ auch für Frauen bzw. in Ost- deutschland Gültigkeit hat. Darüber hinaus wird die Frage beantwortet, ob „ein angemessener Lebensstandard“ in verschiedenen Familienformen noch über ein Erwerbseinkommen erreicht wird oder aber ein Familieneinkom- men voraussetzt, das durch die Erwerbstätigkeit beider Partner erzielt bzw. durch Sozialtransfers ergänzt wird. Für die entsprechende Fragestellung aufschlussreich sind dabei auch die in einem weiteren Beitrag dargelegten Differenzen der Tariflohnentwicklung in verschiedenen Industrie- und Dienstleistungsbranchen in Deutschland. Im europäischen Vergleich wird darüber hinaus betrachtet, wie familiale Risikogruppen mit geringem Einkom- men in den jeweiligen Wohlfahrtsstaaten unterstützt werden.

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