Binnenkanäle Im Seeland
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awa fakten Binnenkanäle im Seeland Funktion und Unterhalt Juragewässerkorrektion (JGK) AWA Amt für Wasser und Abfall Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern Hagneckkanal Aarberg Aarelauf vor JGK Verworfene Verworfene Korrektionsprojekte Titelbild: Blick durch ein Regulier- Titelbild: Blick durch wehr auf einen Binnenkanal (Frank) Blau eingefärbt: Blau eingefärbt: Entsumpfungsgebiet vor der ersten Juragewässer- korrektion (JGK) Ausschnitt aus: Übersichtsplan der Jura-Gewässer-Correction (1880) Anders als heute floss die Aare früher mit gerin- gem Gefälle und in vielen Windungen von Aarberg in nordöstlicher Richtung bis Meienried, wo die Zihl vom Bielersee her einmündete. Bei Hochwas- ser brach die Aare nicht selten aus diesem Lauf aus, überschwemmte das umliegende flache Land und staute dadurch den Bielersee ein – und über diesen hinaus auch den Neuenburgersee und den Murtensee. Die Folge waren häufige und grossflä- chige Überschwemmungen im gesamten Seeland. 2 Zur Sache Die Korrektion der Jurarandgewässer Archiv AWA reduzierte die Überschwemmungsge- Das frühere Sumpfland wandelte sich erst fahr im Seeland. Aber erst die grossflä- nach sorgsamer und systematischer Boden- chige Entwässerung der Moore – die so- bearbeitung allmählich in fruchtbare Ackererde genannte Binnenkorrektion – ermöglichte um. Alteingesessene Moosbauern kamen mit die heute vertraute landwirtschaftliche der neuen Situation häufig nicht mehr zurecht. Nutzung dieser Region, und nur ein re- Das entsumpfte Land ging deshalb nach gelmässiger Unterhalt sichert die Funk- den grossen Flusskorrektionen in vielen Fällen tionsfähigkeit des entsprechenden Be- und in neue Hände über. Auch der Kanton Bern Entwässerungssystems. erwarb damals grosse Landstücke. Darauf ent- standen die beiden Staatsbetriebe von Witz- Nie zuvor und nirgends sonst ist in der Schweiz wil und von St. Johannsen. eine Landschaft so tiefgreifend verändert wor- den wie das Seeland. Vor noch nicht einmal 150 Jahren war das Seeland ein wenig ergiebiger Landstrich: Das Land war sumpfig, die Ernte mager, die Armut bedrückend, die Seuchen- gefahr gross. Inzwischen ist das Seeland keine Naturland- schaft mehr, sondern eine durch Menschen- hand geformte und durch menschliche Ansprü- che geprägte Kulturlandschaft. Aus einer immer wieder überfluteten Moorlandschaft hat sich seit dem Jahr 1868 ein intensiv genutzter Lebens- Im Rahmen der Binnenkorrektion – also im und Wirtschaftsraum entwickelt. Nachgang zur eigentlichen Juragewässer- Längst hat man sich allseits daran gewöhnt, korrektion – wurden weiträumig Entwässe- dass die Seewasserstände in dieser Region rungskanäle ausgehoben, Stollen gegraben, innerhalb mehrheitlich akzeptierter Bandbrei- Drainagen verlegt, Pumpwerke errichtet, ten gehalten werden: nicht zu hoch, aber auch Regulieranlagen erstellt und Verbindungswege nicht zu tief, und ernsthaft wird wohl niemand, gebaut. Diese Wasserbau- und Infrastruktur- der im Seeland lebt und arbeitet, etwas ande- arbeiten zogen sich über Jahrzehnte hin res erwarten. und wurden eigentlich erst durch die Intensi- Umgesetzt wird die Regulierung der Wasser- vierung der landwirtschaftlichen Produktion in stände durch zahlreiche bauliche Anlagen, die den Zeiten der beiden Weltkriege (1914 – 1918 im Laufe der beiden Juragewässerkorrektionen bzw. 1939 – 1945) weitgehend vollendet. und der darauf folgenden Meliorationen ent- Archiv AWA standen sind. Davon sind vor allem die gros- sen Bauten bekannt: der Hagneckkanal etwa oder das Regulierwehr Port. Weniger bekannt sind dagegen die vielen Wasserläufe, die das Seeland durchziehen und das landwirtschaftlich genutzte Land nicht nur entwässern, sondern in Trockenzeiten auch bewässern: die sogenann- ten Binnenkanäle. Sie haben entscheidend zum vollzogenen Wandel beigetragen. 3 Leugene Gewässerstrecken 2. Juragewässerkorrektion (interkantonale Unterhaltsgruppe) Hagneckkanal (Unterhaltsgruppe Hagneckkanal) Häftli Binnenkanäle Grosses Moos (Unterhaltsgruppe JGK-West) Binnenkanäle und andere Gewässer (Unterhaltsgruppe JGK-Ost) Biel Nidau-Büren-Kanal Speisrohrleitungen/Stollen Meienried Büren a. A. Übrige Binnenkanäle und andere Gewässer Nidau Alte Zihl 1 Renaturierung Müntschemiermoos Sägibach Regulierwehr Renaturierung Kanalbüüne 2 und Kraftwerk Port 3 Renaturierung Heumoos Bielersee Worben Binnenkanal St. Petersinsel Kraftwerk Alte Aare Lyss La Neuveville Hagneck Länggraben Walperswil St. Johannsen Hagneckkanal Aarberg Mooskanal Erlach Zihlkanal Siselen Kraftwerk Aarberg Jolimontkanal Unterwasserkanal Moosmatt- Kraftwerk Kallnach graben Kraftwerk Islerenkanal Kallnach Stägmattenkanal Haupt- Ins Halenmatten- kanal kanal G r o s s e s Kraftwerk Brästengraben Niederried 1 Schwarz- Neuenburgersee graben 2 M o o s Witzwil 3 Haupt- kanal Kerzers Broyekanal Aare Das Binnenkanalnetz auf Berner Boden gliedert sich in Die Einleitung von Wasser aus vier Hauptgruppen (vgl. auch Grafik oben): dem Unterwasserkanal des Kraft- • Das meiste Wasser südlich und westlich des Hagneck- werks Kallnach ins Binnenkanal- kanals fliesst durch die in den Broyekanal beziehungs- system des Grossen Mooses weise in den Zihlkanal mündenden Binnenkanäle. sorgt auch in Trockenzeiten für • Die Gebiete nördlich des Hagneckkanals werden durch genügend Bewässerungswasser. einen in den Nidau-Büren-Kanal auslaufenden Binnen- kanal entwässert. • Die Hintermöser von Brüttelen, Hagneck, Täuffelen und Epsach werden über zwei Stollen in den Bielersee entwässert. • Die vierte Gruppe umfasst das Lengnau- und das Pieterlenmoos, welche durch die oberhalb von Staad in die Aare mündende Leugene entwässert werden. 4 Landschaftswandel im Seeland: Flusskorrektionen und Binnenkorrektion Wer von der Juragewässerkorrektion spricht, Diese Aufgabe blieb Sache der betroffenen Kan- meint meistens die grossen Flusskorrek- tone. Im Kanton Bern bemühte sich die Re- tionen in diesem Gebiet, allen voran die Um- gierung allerdings lange Jahre vergeblich, die leitung der Aare durch den künstlich angeleg- Grundeigentümer der einzelnen Moosgebiete ten Hagneckkanal in den Bielersee. Die im Jahr zu Entsumpfungsgesellschaften zu vereinigen. 1868 begonnene und schliesslich in mehreren Die Binnenkorrektion kam deshalb nur schlep- Büren a. A. Etappen umgesetzte Juragewässerkorrektion pend voran, und es gab manche Auseinander- (JGK) veränderte das Wasserregime im See- setzungen zur Organisation und Finanzierung land grundlegend: Sie legte den Wasserstand dieser Aufgabe. der drei Jurarandseen tiefer und minderte da- Schliesslich übertrug der Grosse Rat per De- durch die Hochwasserbedrohung in diesem kret vom 15. Juli 1875 die Ausführung der Bin- Gebiet entscheidend. nenkorrektion im bernischen Seeland dem Un- Aber mit den grossräumigen Flusskorrek- ternehmen Juragewässerkorrektion. Noch war tionen und der daraus resultierenden Absen- aber kein Staatsbeitrag gewährt worden, wes- kung der Seespiegel allein war das ehrgeizige halb die Binnenkorrektion weiterhin stockte. Werk noch nicht vollendet. Ebenso wichtig für 1882 wurde daher ein weiteres Dekret erlas- das Gelingen dieses Vorhabens war die Ent- sen, mit dem die Binnenkorrektion auch recht- sumpfung und Entwässerung der Moore, lich und finanziell zum Bestandteil der JGK um das gewonnene Land in ertragreiche An- erklärt wurde. Der Unterhalt wurde aber aus- bauflächen umwandeln zu können: die soge- drücklich beim Grundeigentum belassen. nannte Binnenkorrektion. Erst durch einen Grossratsbeschluss vom An sich war die Anlage eines entsprechenden 4. November 1885 übernahm der Kanton Bern Kanalnetzes bereits im ursprünglichen Korrek- den Unterhalt der inzwischen angelegten Bin- tionsprojekt vorgesehen, das der Bündner nenkanäle. Seither existiert die Regelung, wo- Oberingenieur Richard La Nicca ausgearbei- nach der Kanton wichtige Kanäle mit eigenen tet hatte und nach dessen Plänen die gros- Arbeitsgruppen unterhält (vgl. Seite 15). Seit sen Flusskorrektionen auch ausgeführt wor- 1996 beteiligen sich auch die 41 anstossenden den sind. Im Bundesbeschluss von 1867, der und nutzniessenden bernischen Gemeinden Bewässerung landwirt- das Korrektionsvorhaben finanziell absicherte, zur Hälfte an den Unterhaltskosten. schaftlicher Kulturen waren aber die Arbeiten zur Entsumpfung des durch das in den Binnen- Grossen Mooses und der anderen Sumpf- kanälen aufgestaute ebenen nicht mehr enthalten. Wasser. Im Seeland wer- den in über 800 Betrie- ben mehr als 60 Gemüse- sorten angebaut. AWA 5 Doppelte Funktion der Binnenkanäle: Entwässerung und Bewässerung Die Absenkung der Seespiegel in den Jurarand- ren nährstoffarm, die Tonböden neigten zu Was- seen und die Entsumpfung und Entwässerung serstau und waren schwer zu bearbeiten, die der ehemaligen Moorlandschaften minderten Torfböden waren für viele Nutzpflanzen zu sauer, einerseits die Hochwasserbedrohung im ge- trockneten ebenfalls leicht aus und senkten sich samten Seeland. Andererseits konnte die land- ab. Noch heute gibt es im Seeland stellenweise wirtschaftliche Nutzung dadurch flächenmässig Bodenabsenkungen von bis zu 2 Zentimetern stark ausgeweitet und schliesslich in hohem pro Jahr. Mass intensiviert werden. Die heute im Seeland vorherrschende Gemü- Doch die Umstellung von der ehemaligen seproduktion ist keine Selbstverständlichkeit. Moosweidewirtschaft hin zu einträglicheren Möglich ist sie nur dank anhaltender Boden- Anbauformen verlangte grosse Anstrengungen verbesserung durch Tiefpflügen oder Übersan- und zahlte sich erst nach langer und systema- den sowie durch die ständige Regulierung des tischer Bodenbearbeitung aus. Denn die Böden Grundwasserstands.