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SINGE UN SINGE LOSSE. Liebe Freunde der kölschen Musikkultur, wer hätte noch im vergangenen Jahr gedacht, dass ein Virus uns allen so tief greifend die Fragilität der Welt vor Augen führt und nachdrücklich zeigt, wie wertvoll persönliche Freiheit und zwischen- menschliche Begegnungen für jeden Einzelnen sind…? Nicht wenige entdecken in diesen Zeiten den verbindenden Wert von Familie und Heimat ganz neu. Auch die Entstehung des sechsten Teils unserer Musikfolge „Kölsche Heimat“ geriet unversehens in den Strudel der Pandemie. Wenn die Welt auf diese Weise stillsteht, wie soll man dann noch gemeinsam musizieren? Doch Musik überwindet bekanntlich alle Hindernisse, und so wurden kurzerhand Songs in Wohnzimmern per Webcam eingespielt, Studioaufnahmen nur getrennt absolviert. Und so singen 17 Künstler und Interpreten „Vun Liebe, Leid un ander Hätzenssache“ – mal mit Witz, mal mit Pathos, aber immer „met janz vill Jeföhl“. Genau genommen sind es sogar deutlich mehr Musiker, die diesmal dabei sind. Denn als Dokument der Krise präsentieren wir – gewissermaßen als Bonus-Track – den Bläck Fööss Klassiker „En unserem Veedel“, den über 30 Kölner Künstler als einmalige „VeEDEL-Band“ unter dem Eindruck des Corona-Lockdowns im „Homeoffice“ für ein Video im Internet neu aufgenommen haben. Die Künstler warben für Zusammenhalt und Solidarität. Auch das hat viel mit Liebe zu tun. Eine Botschaft, die wir herzlich gerne unterstützen. Mir wünsche üch vill Freud! Kreissparkasse Köln Der Vorstand Vun Liebe, Leid un ander Hätzenssache Foto: Marek Ratajczak Es ist so eine Sache mit der Liebe. „Op Kölsch sind seit Jahrhunderten Themen vielfältigster jitt et för alles e Woot, nur för die Liebe nit“, Auseinandersetzung. Doch an einem echten sang die junge Band Lupo in der Karnevals- Liebeslied hatten die großen kölschen Textdichter session 2017/2018. Der Hit hat das Zeug offensichtlich nur sehr selten Spaß. Wenn man zum Evergreen. Tatsächlich gibt es sehr wohl von der großen Tradition spricht, an die die ein kölsches Wort für die Liebe, nämlich „de heutige kölsche Musikszene anknüpft, muss Leev“. Aber richtig ist auch, dass es kaum einer man die Auseinandersetzung mit dem großen jemals in einem Lied benutzt hat. Schon 1956 Gefühl ausklammern. bescheinigt Adam Wrede in seinem „Neuen kölschen Sprachschatz“ der „Leev“, dass sie Wir haben uns für diese Folge von „Kölsche Hei- eine nur „selten gebrauchte Nebenform“ sei. mat“ auf die Suche nach der Liebe gemacht. Drei Der bedeutungsvolle Satz „Ich liebe Dich“ ist Schätzchen aus grauer Vorzeit sind erstmals im dem Kölschen sogar völlig unbekannt. Und Studio produziert worden, das älteste ist rund so ließe sich munter darüber philosophieren, 180 Jahre alt. Hinzu kommen neue Liebeslieder warum sich der Menschenschlag, dem man die von Interpreten der aktuellen kölschen Musikkultur. Martin Buß Unverbindlichkeit als Wesensmerkmal nachsagt, Die sechste Folge von „Kölsche Heimat“ entstand Raum un Zick um solch eine klare Aussage herumwindet. Der unter erschwerten Bedingungen. Insofern ist sie Kölsche sagt: „Ich han Dich jän“. Das muss auch ein Zeitdokument, das zeigt, wie sich reichen. Steigern kann man das mit „Ich han eine lebendige Musikkultur trotz Corona, Kon- Wenn das Gefühl für Raum und Zeit verloren von „Mätes un Bätes“ bekannt sein dürfte. Das Dich ärch jän“. Das höchste der Gefühle wäre taktverbot und anderen Zwangsmaßnahmen mit geht, muss das Gefühl füreinander überwälti- Duo pfl egt den Liederschatz großer kölscher Tex- dann: „Ich han Dich ärch fi es jän“. schönen Dingen beschäftigen kann. Das soll gend sein. Physikalische Gesetze gelten nicht ter und Musiker bei Mitsingkonzerten. Mit eige- jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele mehr. Es geht nur noch darum, einfach zusammen nem Stil werden Klassiker und Perlen kölscher Da wundert es nicht, dass das wichtigste Thema Künstler durch den Wegfall ihrer Auftrittsmög- zu sein. Martin Buß eröffnet die sechste Folge Musikkultur gespielt. Doch Buß schreibt auch der internationalen Popmusik in der kölschen lichkeiten in wirtschaftliche Notlagen geraten von „Kölsche Heimat“ mit einem wunderschönen selber Stücke – meist für andere, aber ab und zu Liedkultur überhaupt keine Tradition hat. Es gibt sind. Liebeslied. Abgetaucht in eine „Art Beziehungs- auch mal für sich. Texte über die zwischenmenschlichen Irrungen Parallelwelt“ sei er dabei, sagt der Ehrenfelder und Wirrungen. Auch Knatsch und Ehekrach Helmut Frangenberg Singer-Songwriter, der vielen als die eine Hälfte 01 Foto: Dirk Loerper Foto: Leonie Handrick Foto: Leonie Handrick Peggy Sugarhill & Bläck Fööss Rockemarieche Schön dat mir noch zosamme sin Jan un Griet Den Bläck Fööss ist 2016 ein Liebeslied noch zosamme sin“, singen die Fööss. Zum 50. Kölns bekannteste Liebesgeschichte hat mit „Griet, wer et hätt jedonn!“ Und sie grüßt mit den gelungen, das die besondere Qualität einer lang- Geburtstag der Band waren 2020 zahlreiche Romantik wenig zu tun. Jan un Griet kommen Worten zurück: „Jan, wer et hätt jewoss!“ Das jährigen Partnerschaft beschreibt, aber durch- besondere Veranstaltungen geplant, die fast nicht zusammen. Sie verschmäht den Knecht, Spiel des Reiterkorps Jan von Werth an Weiber- aus auch übertragbar ist auf das Verhältnis der alle wegen der Corona-Krise abgesagt wurden. weil sie etwas Besseres will. Und als dieser fastnacht geht zurück auf die Verse des Dichters Band zu ihren Fans. Es gibt vieles, auf das man So präsentiert „Kölsche Heimat“ hier eine Live- hoch zu Ross aus dem Dreißigjährigen Krieg in und deutschen Revolutionärs Carl Cramer. Peggy zurückblicken kann und das gleichzeitig weiter- Aufnahme des Liedes von einem Konzert in der die Stadt zurückkehrt, will er sie nicht mehr. Der Sugarhill hat aus dem bekannten Dialog an der hin eine Beziehung trägt, und manchmal sind Volksbühne am Rudolfplatz aus dem Jahr 2018. umjubelte Reitergeneral erinnert Severinstorburg einen neuen Refrain für uralte es ganz kleine Dinge: Die „Bilder en mir drin“, die Obstverkäuferin am Stadttor Verse aus dem Jahr 1837 gemacht und Cramers „e klein Leed“ oder der „Augebleck, dä bliev“. 02 an ihre verpasste Chance: Text in einen Rockabilly-Song gepackt. „Su hol ich mir dat Jeföhl zoröck. Schön dat mir 03 Foto: Daniel Rupp Foto: Marek Ratajczak Nadine Weyer Planschemalöör Anjekumme Leevje Geborgenheit, Sicherheit und Vertrautheit – das Unterhaltungskunst ist in verschiedenen Bands Wenn eine Liebe in die Brüche geht und der die junge Band Planschemalöör. Eine Antwort verbindet sich mit einem Zuhause. Erst recht, und Formationen zu hören, unter anderem als Verlassene zusehen muss, wie ein anderer mit gibts nicht. Die Band hat bis 2018 unter dem wenn man weiß, dass dort jemand auf einen eine der drei „BeerBitches“, die seit einiger Zeit der Ex loszieht, kann aus Trauer schon mal Namen „JURI“ deutschsprachigen Neo-Pop wartet. Man muss nichts erklären, nichts mehr die männerdominierte kölsche Szene aufmi- richtige Wut werden. Und weil es einfacher gemacht, bevor sie die kölsche Sprache mühsam aufbauen. „Doheim“ ist der verlässliche schen. Seit 2019 gehört sie zum Ensemble der ist, als sich selbst über den Verlust zu grämen für sich entdeckte und deutlich das Tempo Anker und die wirksame Kraftquelle. Denn: Zu erfolgreichen kölschen Konzertreihe „Kölsche und vielleicht sogar nach eigenen Fehlern erhöhte. Was sie seitdem meist in Strandbeklei- zweit ist man stärker als allein. Davon singt Weihnacht“, die alljährlich im Porzer Elzhof und zu suchen, richtet sich der dung – der Bandname soll einen Badeunfall Nadine Weyer mit ihrer fantastischen Stimme im Tanzbrunnen Tausende Zorn auf den Neuen. „Wie andeuten – zum Besten geben, nennen die vier in einer kraftvollen Ballade. Die in Wermelskir- begeistert. 04 es dat bloß passeet?“, fragt „kölschen Surf Pop“. chen geborene Profi sängerin für alle Formen der 05 Hä un itt Sohßen en dem enge Stüffge Op der weichen Otteman‘, Bei einander – Hä un itt, Hä säht nix – un itt dhät dito, Nirgens wähgte sich e Lüffge, Rähchs et Griet un looz der Jan. Foto: Marek Ratajczak Gar de Katz de schleef e Ritt; Ticktack gingk de Ohr em Höttche, Un jitz dhäten sei sich röhre Un der Holzwurm peck am Hähd, Met dem stelle Seufzer: Oh! -- Selvs der Fex logh en dem Möttche Halt, daach itt, wat wehsch do höhre, En der Hött beim Schöckelpähd. Doch der Munk gingk widder zo. Un sei brannte ganz luffsillig, Heim wohr lang ald uhs dem Münster Dat dat Hätz ‘em Löhchwurm glech, Offermann un Urgeleß, Doröm meint‘ hä och, we billig: Un de Schwalfter an dem Finster Hannes, halt de Muhl! un schweg. Stohch ald lang em wärme Neß. Alles dat kunnt sei nit stöhre, Doch jitz säht hä: Griet, verstand mich! Braht sei gar nit uhs dem Tex, Un itt maht e klog Geseech: En dem deefste Lunketöhre Doch off hä de Muhl verbrannt sich, Sohßen sei gedanken-ex. Schleckten hä dat Woht un schweg. Günter Schwanenberg Un de Hätzer dhäten fl ammen, Hä un itt Endlich woll hä doch get sage, Grad we en Vijülchesduff. Doch der Anfang kunnt hä nit; ‘Su sohß hä un itt zosammen Dat Geföhl dhät üvverdrage Eines Ovends en der Stuff. Über 150 Jahre alt ist dieses besondere Stück- so groß ist, dass ihnen schlicht die Worte für- Grad esu sich och op itt. chen kölscher Poesie, das für „Kölsche Heimat“ einander fehlen. „Hä un itt“ sitzen mit fl ammen- Un se kekkten noh de Stähne, erstmals in einem Studio aufgenommen wurde. den Herzen auf dem Sofa nebeneinander, doch Un de Naach wor schwatz we Stooz. Günter Schwanenberg, ein Experte für alte köl- mehr als ein paar Worte übers Wetter kommen Morgen dheit et secher rähne, Kleine Übersetzungshilfe: e Ritt