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SWR2 Tandem - Manuskriptdienst

Leben nach dem Ruhm Elli Erls Weg vom „Superstar“ zur Lehrerin

Autor: Oliver Buschek Redaktion: Rudolf Linßen Regie: Oliver Buschek

Sendung: Freitag, 28.04.14 um 10.05 Uhr in SWR2

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Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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MANUSKRIPT:

Elli Erl: Hallo! Chiara! Jetzt fahren wir alle mal ganz kurz einen Gang zurück. Das war gerade ein sehr unruhiger Start hier. Ich habe mir gestern übrigens noch mal ganz kurz Gedanken gemacht welches Orchesterstück wir als nächstes machen, und da haben wir uns ja diese beiden Stücke angehört. Und ich muss euch Recht geben, wir machen als erstes „Mission Impossible“. Ich sage aber gleich dazu „Mission Impossible“ wird sehr, sehr schwer und zwar aus folgendem Grund, das ist ein sogenannter Fünfviertel-Takt. 1, 2, 3, 4, 5. 1, 2, 3, das ist sehr seltsam, das werdet ihr merken. Wir spielen aber jetzt noch mal auf jeden Fall noch mal „My heart will go on“.

Musik

Elli Erl: Mein Name ist Elisabeth, beziehungsweise Elli Erl. Ich habe 2004, um genauer zu sein, im März 2004, die zweite Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ gewonnen. Geboren bin ich bin Bayern, in Straubing, in Niederbayern, habe in Regensburg studiert und bin jetzt in Köln, und Lehrerin an einer Realschule in Düsseldorf für die Fächer Musik, Sport und Englisch.

Musik

Schülerin: Ich habe das auch mal auf YouTube gesucht, Frau Erl 2004, also was sie alles gesungen hat und so was, und noch gesehen, dass sie rote Haare früher hatte. Sie hat uns schon öfter mal erzählt jetzt, wenn wir jetzt hier im Orchester auch immer gut mitgemacht haben, dann hat sie uns auch hin und wieder mal was vorgesungen uns alles, wenn wir gut mitgemacht haben.

Elli Erl: Und jetzt wünsche ich euch ein wunder-, wunderschönes Wochenende. Tschüss.

Den Traum, Musikerin zu werden, ich glaube, das fing wirklich intensiv an so mit 15. Da habe ich für mich entdeckt, dass ich irgendwie wohl ganz gut singen kann, das haben mir dann Leute auch immer so rückgemeldet. Und ich bin damals in der Schule von einem Bassisten angequatscht worden, von dem Flo, ob ich mir nicht vorstellen könnte bei ihm in der Band, die Band hieß damals „Panta Rei“ zu singen. Wir haben uns dann ziemlich gut gemacht, also wir haben wirklich mit Coversongs angefangen, und haben irgendwann aber auch angefangen eigene Sachen zu spielen. Dann haben wir erst nur in Straubing gespielt, plötzlich wurde dann aus Straubing auch mal Regensburg. Und dann wirklich irgendwann auch deutschlandweit und Vorgruppe von „Reamonn“. Ja, und da war dann eigentlich das erste Mal, mit 15/16, wo ich dann so gemerkt habe: ach, das ist schon so ein Traum von mir, Musikerin sein, von der Musik zu leben, in welcher Form auch immer.

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Autor: Wie war dann der Weg von einer hoffnungsvollen Band zur Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar“?

Elli Erl: Das war so, dass die Band „Panta Rei“ eigentlich schon drauf und dran war, sich aufzulösen, das lag daran, dass die Keyboarderin damals, die Nina, nach Heidelberg gegangen ist, zum Studieren, ich war in Regensburg, der Flo und der Philipp, die gingen immer nach München zum Studieren. Und da war der Punkt erreicht, wo wir gemerkt haben: das geht jetzt einfach nicht mehr. Und ich wollte das aber nicht so ganz glauben und habe mich dann einfach mal bei „Deutschland sucht den Superstar“ angemeldet, weil meine Idee eigentlich war, dass ich Thomas Stein eine CD von der Band in die Hand drücke, der uns quasi entdeckt und uns gut findet und wir dann ganz groß rauskommen. So, das war so eigentlich die Grundidee des Ganzen.

Autor: Thomas Stein, der Bertelsmann-Chef.

Elli Erl: Der war damals auch noch Bertelsmann-Chef, richtig, für BMG Deutschland glaube ich war das damals noch. Das habe ich auch gemacht. Er hat sich auch daraufhin gemeldet, dass er das gut findet was wir machen, ich sollte aber doch bitte mal jetzt einfach noch weiter DSDS mitmachen, ich käme ja eh nicht so weit da. Ja, Pustekuchen.

Autor: Du solltest mitmachen, sagt er, aber sagt dir gleich, das wird sowieso nichts.

Elli Erl: Ja, so ungefähr. Also, das war jetzt nicht genau der Wortlaut, aber letztendlich war das die Aussage, die ich zu hören bekommen habe, weil er dachte, mit den roten Haaren, dann Rockmusik und so weiter, das ist ja nicht das, was dieses Format sucht. Ich fand’s auf jeden Fall großartig, und hab dann gesagt: „Ja, großer Meister, ich mache weiter.“ Und habe das dann auch gemacht. Ich hätte das jetzt auch nicht plötzlich aufgehört, weil ich war ja dann doch irgendwie neugierig. Ja, und dann ging das halt immer und immer weiter.

Einspielung: Liebe Zuschauer, jetzt ist es soweit. Sie kennen ihn schon, Dr. Hermanns ist sein Name, sein Beruf ist Notar und heute zum allerletzten Mal in dieser Staffel kommt er. Und natürlich ist der Umschlag da, haben Sie’s gesehen, zur Feier des Tages heute nicht Silbern, sondern wie wir in Hamburg so schön sagen Gülden.

Thomas Diez: Dann ist sie ja mal verunglückt, da hatten sie einen Dreh mit dem Motorrad. Elli hat ja den Motorrad-Führerschein. Und da ist sie mal ausgerutscht auf so einer schiefen Ebene, und da musste sie ins Krankenhaus. War nicht schlimm, aber weh hat’s getan. Aber sie war ja tapfer, sie hat dann weitergemacht. Dann hatten wir irgendwo, das finde ich gleich, hier Elli als Kulturbotschafterin. Papa Ludwig, das ist ihr Papa, Papa Ludwigs Parole: „Elli hau eini“. 3

Ich bin Thomas Diez und ich war damals Chefreporter bei der „Mittelbayerischen Zeitung“ in Regensburg. Und wir haben sehr lange Zeit sehr, sehr gut davon gelebt.

Elli Erl: Nach dieser 10er-Show bin ich noch mal nach Hause gefahren und da wurde ich schon am Bahnhof in Regensburg schon begrüßt mit Plakaten und Bannern und keine Ahnung. Und wollte mich dann eigentlich mit einer Freundin verabreden zum Kaffeetrinken und habe da gemerkt, dass das überhaupt gar nicht mehr geht. Also die Leute sind mir hinterher gerannt, wir konnten überhaupt nicht reden, weil ständig – was ja total schön war, das ist überhaupt kein Vorwurf – weil Leute Autogramme haben wollten oder wissen wollten „Sag mal, wie war das denn das jetzt einfach?“ oder „Herzlichen Glückwunsch“ oder. Da habe ich das erste Mal gemerkt was das für eine extreme Außenwirkung hat, und wie viele Leute das wirklich auch sehen.

Thomas Diez: Ja, und dann haben wir ja noch eine extra Beilage gemacht. „Mittelbayerische fiebert mit Elli“ und da hatten wir so viele Anzeigen, die wollten alle in dieses Blatt mit rein, normalerweise ist es umgekehrt, aber wir mussten zumachen, weil wir keine Anzeigen mehr annehmen konnten, weil der Platz vergeben war. Und da haben wir dann mit ihrer Kindergärtnerin geplaudert. Und dann haben wir hier die Glückwunschanzeigen auf der Doppelseite in der Mitte „Hey Elli, wir drücken dir die Daumen“, „Hallo Elli, alles Gutes fürs Finale“, „Wir lieben dich“, „Wir wünschen dir alles Gute“.

Elli Erl: So, ich habe jetzt hier einen Ordner, den habe ich geschickt bekommen vor kurzem erst, von einer Frau oder ein Mädchen, nee, Frau ist sie ja jetzt, die damals Fan der ersten oder Fanin der ersten Stunde war. Und die ist jetzt umgezogen und musste so ein bisschen ausmisten und hat dann einen Ordner gefunden, indem sie damals sämtliche Artikel, die irgendwo in Zeitungen, ob’s die „Bravo“ war oder Tageszeitungen, hat sie die alle da fein säuberlich gesammelt, in Folien gepackt. Sie hat ja gesagt, wegschmeißen wollte sie es auf gar keinen Fall, weil das ist für sie halt auch eine tolle Erinnerung an die Zeit damals. Und da hat sie sich gedacht, dann fragt sie mich mal, ob ich den nicht brauchen kann. Und ich finde das großartig, weil ich habe damals auch ein bisschen gesammelt, aber nicht so fein säuberlich wie sie das gemacht hat. „Bravo“ weiß ich noch, wie ich das erste Mal drin war. Hier habe ich zum Beispiel, da war ich sogar auf der Titelseite. „Siegerin Elli Superstar! Jubel, Tränen, Riesenzoff – Das Finale, alle Fotos, alle Fakten“. „Ein Aufstand der Zwerge“, ach da hat sie so Aussagen von Thomas Stein zum Beispiel über mich. Was hat er denn so gesagt? Jetzt muss ich mal kurz gucken. „Pink hat 4 Jahre gebraucht, um gut zu werden. Du hast ein halbes Jahr gebraucht um besser als Pink zu werden.“ Das ist ja mal eine Aussage. : „Laut ist nicht immer unbedingt gut. Mich hat es nicht gekickt.“

Autor: Wie war denn euer Verhältnis?

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Elli Erl: Ach, es gab eigentlich nicht wirklich ein Verhältnis. Also er war vorne rum immer sehr freundlich, ich fand ihn halt extrem oberflächlich so. Ich finde, es war von Anfang an irgendwie klar, sowohl von seiner Seite als auch von meiner, dass das sowohl musikalisch als auch menschlich einfach nicht gefunkt hat.

Autor: Was haben wir hier? Auch ein wichtiges Thema.

Elli Erl: Sehr wichtiges Thema. Ich habe hier ein Fotoshooting, mit auch der „Bravo“ gemacht. Da steht als Überschrift, da muss ich fast ein bisschen grinsen heute: „Ich stehe auf Jungs und Mädchen“. Also, ich kann heute felsenfest behaupten, ich bin nicht bisexuell, sondern ich bin homosexuell, also ich habe eine Freundin. Ich bin das glaube ich schon seitdem ich 16 bin. Damals natürlich habe ich das noch ein bisschen anders verkauft, beziehungsweise wusste ich wahrscheinlich wirklich noch nicht so genau selber wie ich damit umgehen soll und habe dann mir immer noch so das Hintertürchen offen gelassen, dass es ja auch sein könnte, dass mal wieder ein Junge kommt, weil ich musste das für mich ja auch erst mal geregelt kriegen. Ja, und das war natürlich, das war so die einzige – ich hab’s damals immer genannt – die einzige Leiche im Keller, die ich hatte. Also das war so die einzige Geschichte, die so über mich spannend zu berichten gab und die wurde natürlich ausgeschlachtet bis zum Gehtnichtmehr.

Autor: Wer hat denn damit angefangen?

Elli Erl: Ich selber. Ich habe damit angefangen, das weiß ich noch ganz genau. Es wäre so und so wahrscheinlich irgendwie rausgekommen, und dann wäre womöglich irgendwas Falsches erzählt worden, was gar nicht gestimmt hätte. Und dann habe ich von Anfang an gesagt: Ich habe da nichts zu verbergen. Es ist jetzt nicht so, dass meine Eltern jetzt aus den Latschen kippen, weil sie davon nichts wussten. Also ich habe wirklich noch nie, was diese Geschichte angeht, irgendeine negative Erfahrung gemacht.

Autor: Ach ja, und dann hier?

Elli Erl: Da war ich echt ein bisschen geschockt, das war eine Schlagzeile mit der Überschrift, das war in der „Bildzeitung“, am Tag nach dem Finaleinzug von Elli und Denise, mit der Überschrift: „Deutschland sucht den Pummelstar!“ Wir waren ja jetzt nun mal beide, wir hatten ja beide jetzt nicht 90-60-90, die Denise noch weniger als ich. Und da war ich schon echt, da war ich geschockt, weil ich dachte: Was sollte das jetzt eigentlich? Was hat denn unsere Optik denn jetzt damit zu tun? Aber das ist halt „Deutschland sucht den Superstar“ und das war so das erste Mal, dass eine Schlagzeile über mich eigentlich nicht so schön war.

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Einspielung: Liebe Zuschauer, es ist soweit, der Superstar 2004 ist: Elli!!! Herzlichen Glückwunsch.

Michelle Hunziker: Elli! Herzlichen Glückwunsch, du bist der neue deutsche Superstar! Du hast es geschafft!

Elli Erl: Wir standen beide da und haben uns aneinandergeklammert und nach einer gefühlten Ewigkeit – und es war eigentlich auch eine Ewigkeit – fiel dann halt mein Name und dann bin ich erst mal so in die Knie zusammengesackt und musste erst mal kurz innehalten. Carsten Spengemann hat dann gedacht ich würde jetzt umfallen, was aber überhaupt nicht der Fall war, ich war einfach so, ha, das war so richtig dieses: Geschafft! Vorbei! Das war einfach dieser Druck, der so abgefallen ist.

Musik

Elli Erl: Meine Traumvorstellung war natürlich: wir gehen jetzt direkt ins Studio, nehmen zackig eine Platte auf und zwar am allerliebsten auch mit Songs von „Panta Rei“, gerne auch noch mal überarbeitet. Das nehmen wir auch relativ zeitnah auf, weil ja jetzt gerade so der Hype auch ganz groß ist, dann wird das rausgebracht und es schlägt ein wie eine Bombe. Und alles ist gut. Ganz so war’s dann aber tatsächlich gar nicht. Da wurde natürlich viel geredet und geredet und geredet, und klar wurde auch viel versprochen: „Und dann machen wir deine Songs da natürlich drauf und dann machen wir da Auftritte für dich und dann buchen wir da und hier.“ Es wurde einfach so viel geredet, geredet, geredet. Und dass das jetzt ganz zackig geht und natürlich habe ich unglaublich viel Mitspracherecht und so weiter und so fort. Wie auch immer, wir waren dann, irgendwann sind wir auch wirklich ins Studio gegangen. Ich durfte auch mir die Band zusammenstellen. Dann hatten wir halt die Songs fertig, haben Demos aufgenommen davon und das wurde dann natürlich verschickt an die Plattenfirma und all diese Menschen, die da auch mit zu tun hatten. Und dann ging‘s halt los: „Nee, das ist zu rockig.“ Dann haben wir es ein bisschen anders gemacht „Nee, jetzt ist es zu poppig.“ „An der Stelle, der Song ist zu lange, da müssen wir einen Teil wegmachen.“ Diese Albumproduktion hat sich Ewigkeiten hingezogen. Im März war das Finale, ich glaube veröffentlicht wurde das Album im November, meine ich, also eigentlich dann, als sich dann nicht mehr so wirklich viele erinnert haben. Also der Hype geht ja dann doch sehr schnell zurück. Da ist also halt das eingetreten, was finde ich nie gut ist: zu viele Köche verderben den Brei. Das waren einfach zu viele Menschen, die damit geredet haben, meiner Meinung nach kann das dann einfach nichts werden. Ich habe ein paar Jahre gebraucht, gewisse Reaktionen für mich zu verkraften. Ich weiß noch, ich hatte einen Auftritt beim Ringfest in Köln, blöderweise als Vorgruppe, das war die RTL-Bühne von „Motorhead“. So, logischerweise gehe ich dann auf die Bühne, war auch noch, der hatte auch einen Auftritt, der wurde, glaube ich, mit Bierdosen und Flaschen beworfen. Und bei mir standen, also bestimmt die Hälfte der Leute, die vor der Bühne standen, meinen ganzen Auftritt über, der dauerte eine Viertelstunde, 20 Minuten, mit erhobenem Mittelfinger vor der Bühne.

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Das war eine Sache. Dann, wenn ich dann abends mal weggegangen bin, ich hatte ein paar Jahre echt Angst vor großen Menschenansammlungen, weil ich immer Angst vor der Reaktion hatte. Weil es gibt nun mal auch die Leute, die DSDS einfach nicht gut finden und auch dementsprechend dann die Leute, die da mitmachen, nicht gut finden. Und da kam dann auch mal „Deutschland sucht das Arschloch“ und da kam so viel. Ich bin nie körperlich angegriffen worden, aber viel mit Worten. Und das muss man, finde ich, erst mal verkraften, weil das Einzige was ich wollte war Musik machen.

Musik

Elli Erl: Wir sitzen hier in der „Speisekammer“ in der schönen Kölner Südstadt. Die „Speisekammer“ ist so ein bisschen mein zweites Wohnzimmer, weil nämlich die Besitzerin hier von der „Speisekammer“ aus Passau kommt, die Ruth. Und immer, wenn ich hier bin und die Ruth auch, dann sprechen wir beide immer sehe Bayerisch und das ist immer sehr schön. Und ich war hier und ich hoffe, dass ich mich jetzt erinnere, ich bin mir nicht so ganz sicher, auch mit Thomas Stein mal hier. Thomas Stein war ja ein paar Jahre lang quasi mein Manager oder Mentor hab’s ich eigentlich immer genannt, oder väterlicher Freund. Der hat mir ganz viel ermöglicht, der hat mich in seiner Plattenfirma aufgenommen, der hat mir Amerika eröffnet.

Thomas Stein: Sie wollte mit mir zusammenarbeiten, ich habe das auch dann später getan. Aber die Bedingung war, dass sie ihr Staatsexamen macht, damit sie im Schuldienst, den sie ja heute betreibt, auch tatsächlich angenommen werden würde. Es war eine mühsame Diskussion, weil ich so quasi in den Fußstapfen ihres Vaters marschiert bin, der das gleiche, vermutlich mal gesagt hat: „Kind, lern was Gescheites.“ Aber in dem Fall, die Volatilität des Geschäftes ist so groß, dass man weiß, dass man immer einen Plan-B haben muss, und das war der Plan-B und der ist theoretisch ja auch aufgegangen.

Musik

Thomas Stein: Wir haben erst mal ein gutes Album gemacht in Amerika, wir waren bei Gary Baker in Alabama im Studio. Er hat, glaube ich, 400 Million Platten verkauft mit seinen Produkten. Also einer der Top-Produzenten dieser Welt. Da haben wir ein Album gemacht, das sehr schön war, tolles Videos gedreht.

Musik

Elli Erl: Die Platte hieß, jetzt muss ich gerade überlegen „Moving on“, und die fand ich großartig. Also das war halt genau die Richtung, in die ich gehen wollte.

Autor: Das hätte ein vielversprechender Anfang von was Neuem sein können.

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Elli Erl: Ja. Also, mir war schon die ganze Zeit, ehrlich gesagt bewusst, dass da irgendwie noch mehr passieren müsste. Und ich habe einfach gemerkt, und auch Thomas Stein hat sich wirklich die Zähne ausgebissen, an diesem DSDS-Image, an diesem Stempel. Das kann man sich kaum vorstellen, wie schwierig das war. Also wie oft, es gab ja Radio-Promoter dann, die versucht haben die Songs an den Mann oder an die Frauen, an den Sender zu bringen, und es kam immer zurück das könnte nicht gespielt werden, mit der Begründung: „Deutschland sucht den Superstar“. Das war so das Problem.

Thomas Stein: Die Produktion in Amerika war hervorragend. Die war ein bisschen amerikanisch, aber das war ja auch das Ziel, sie wegzubekommen von dem sehr, sehr flachen Elli- Produkt, das wir eine Zeitlang gehabt haben. Viel wichtiger wäre gewesen, dass man die eingeschlagene Richtung auch weiter gegangen wäre. Es gibt einen Titel auf dem Album, es ist eine Coverversion, und jeder, der den Titel hört, der bekommt Gänsehaut, weil es einfach so gut gesungen ist und so klar macht, was für ein Stimmenpotenzial diese Frau hat.

Musik

Thomas Stein: Und den wollte sie damals nicht als Single veröffentlichen. Dann hat sie mich drei Jahre später angerufen, ob wir das können. Dann war’s einfach zu spät. Man muss auch das Momentum nutzen, indem alle die Spannung erhalten und der Spannungsgrad für das Produkt da ist.

Elli Erl: Ich habe mich von Thomas Stein dann getrennt, beruflich nenne ich es jetzt mal, im Guten. Ich habe einfach nur gesagt: Das geht mir irgendwie nicht alles schnell genug und ich habe irgendwie so Vorstellungen im Kopf. Und ich habe das Gefühl, ich muss das jetzt mal alleine versuchen. Und bin dann ja nach Amerika gereist und habe dort Songs geschrieben für eine Platte, die ich selbst finanzieren wollte, die ich selbst über mein eigenes Label veröffentlichen wollte. Ich weiß noch, ich saß dann, als sie fertig war, gemischt, saß ich auf der Terrasse in dem Haus von Gary, von dem Studiobesitzer und guckte auf den Tennessee River und habe mir meine CD angehört, die „Human“ heißt. Und dann saß ich da und habe das gehört und habe mir immer und immer wieder gedacht: genau das ist es, was ich machen wollte.

Musik

Elli Erl: Das war das, was ich noch machen wollte, und deswegen saß ich mit 30, an meinem 30. Geburtstag mit Freunden in der Kneipe in der Südstadt, in Backes, und ich habe Gin Tonic, glaube ich, getrunken, und habe dann irgendwann dann so ans Glas geklopft und habe gesagt: „So, Leute ich wollte euch mal was verkünden. Ich werde übrigens jetzt Lehrerin.“

Das Gute ist, Herr Delisen hat’s ja gesagt, bis zum Jahreszeugnis habt ihr noch mal jetzt ein halbes Jahr Zeit. Wenn ihr merkt, oh, das war jetzt irgendwie nichts, reißt

8 euch noch mal im zweiten Halbjahr zusammen, da könnt ihr noch mal ganz viel rausholen.

Also, als ich hier an die Schule gekommen bin, im Februar 2010, hat sich das relativ schnell rumgesprochen, dass ich bei DSDS mitgemacht habe und gewonnen habe. Und dann kamen sehr lustige Fragen, wie, warum mich nicht ein Chauffeur in die Schule bringt, warum ich nicht auf meiner Finka auf Mallorca sitze, warum ich überhaupt Lehrerin bin, ich bin doch bestimmt stinkreich.

Schüler: Ich finde das auch gut, dass die Frau Erl jetzt nicht stinkreich ist, weil da hat man viele Freunde, da hat man auch wahrscheinlich dann ganz viel zu tun. Und dann könnte sie sich nicht so gut wie jetzt auf den Unterricht konzentrieren. Weil so wie sie das jetzt macht, das ist immer noch am Besten.

Schülerin: Ich fand die Entscheidung von der Frau Erl ein bisschen komisch, dass sie aufgehört hat mit Musik, um Lehrerin zu werden, weil irgendwie, ich hätte das nicht gemacht auf jeden Fall, das ist ja viel zu viel Arbeit.

Elli Erl: Lehrerin wollte ich irgendwie immer schon werden. Meine beiden Brüder sind Lehrer, mein Vater ist Lehrer, die Einzige, die nicht Lehrerin ist, ist meine Mutter. Das war immer ein Beruf, den ich mir total gut vorstellen konnte. Und das bewahrheitet sich ja jetzt. Ich gehe auch wirklich jeden Tag gerne in die Schule.

So. Dann „Fluch der Karibik“.

Musik

Elli Erl: Ich habe das Referendariat mit irgendwie lauter Einsen mehr oder weniger abgeschlossen. Ich war noch nie so gut, in der Schule oder im Studium, weil es genau der richtige Zeitpunkt war. Weil es irgendwie nur noch um Geld ging, also zu gucken: wir komme ich überhaupt an Geld? Dann bin ich ständig Gagen hinterher gelaufen. Überhaupt musste ich gucken, dass ich überhaupt mal Auftritte bekomme.

Musik

Elli Erl: Nach meiner durchfeierten Nacht fing gleich am nächsten Tag mein neues Leben als Superstar an. Etwas verkatert wurde ich am Nachmittag für ein großes Gewinnerinterview für DSDS-DVD abgeholt. „Bist du fit“ fragte mich Kerstin, meine neue Managerin, ich schüttelte gähnend den Kopf und grinste. „Du hast die nächste Zeit einen echt vollen Terminkalender“ stimmte mich Kerstin auf die folgenden anstrengenden Tag ein. „Da wirst du deine ganzen Kräfte brauchen. Ständig Party feiern ist da vielleicht etwas ungünstig“ meinte sie. Ich sollte schnellt merken, dass das stimmte.

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Ich habe ein Buch geschrieben, einen autobiografischen Jugendroman „Mein Leben mit der Musik“, es steht auf dem Buch „ab 13 Jahren“ ich finde, man kann’s auch schon ab 11 oder 12 lesen. Das ist für Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, deswegen ist es sehr groß geschrieben. Das Buch ist auch nicht sehr lange, damit Kinder eben nicht das Interesse verlieren und ein Buch mal von Anfang bis Ende durchlesen.

Was heißt „gecastet“, ich habe so ein bisschen einen pädagogisch wertvollen Schluss gewählt, mit erhobenem Zeigefinger sage ich einfach, dass das natürlich was Schönes ist, an so einem Casting teilzunehmen, wenn man das Talent dafür hat, aber dass nicht alles Gold ist was glänzt, und dass man auch seine Ausbildung oder seine Schule deswegen auf gar keinen Fall abbrechen sollte.

Wer hat Lust auf sein Halbjahreszeugnis? Das sind ja doch einige. Keine Lust? Also das ist jetzt hier alphabetisch, deswegen als erstes der Jack bitte.

Autor: Und die Hoffnung, doch noch mal auf großen Bühnen zu stehen, vor vielen Menschen, die ist ganz weg?

Elli Erl: Die Hoffnung ist nie weg. Manchmal hat man auch Glück und man ist einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Vielleicht passiert mir das auch noch. Was ich schon habe, das Gefühl, dass die Leute das Denken über mich zum Teil geändert haben. Seitdem ich Lehrerin, seit 2010, merke ich das total. Ich werde in Fernsehsendungen eingeladen, in die ich immer wollte, aber nie eingeladen wurde, also zum Beispiel hier „Markus Lanz“ oder bei „Plasberg persönlich“.

Autor: Also verschafft dir der Lehrerberuf vielleicht die Credibility, die du durch DSDS verloren hast.

Elli Erl: Ich glaube tatsächlich so ist es ja. Ich glaube, auch ich strahle wieder was anderes aus. Ich habe einen Job, der mich total erfüllt. Und das was ich an Musik noch nebenbei mache, das ist das I-Tüpfelchen, das ist noch so ein Pluspunkt on Top. Aber ich muss nur die Dinge machen, auf die ich wirklich, wirklich Lust habe.

So, jetzt habt ihr die Zeugnisse, ja, dann könnt ihr mal … Hallo! Guckt euch das zuhause noch mal in Ruhe an und dann könnt ihr, das wisst ihr ja glaube ich selber, bei welchen Fächern, wo ihr euch entweder noch mehr melden könnt. Das macht ganz, ganz viel aus, gerade in den Nebenfächern. Und jetzt wünsche ich euch ein wunder-, wunderschönes Wochenende. Tschüss.

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