Frühe Erstbesteigungen Im Hochgebirge Durch Aarauer
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Frühe Erstbesteigungen im Hochgebirge durch Aarauer Autor(en): Ammann, Gerhard Objekttyp: Article Zeitschrift: Aarauer Neujahrsblätter Band (Jahr): 80 (2006) PDF erstellt am: 09.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-559344 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Vor der Finsteraarhornhütte auf 3050 Metern seinen Führern und Begleitern damals gegan- über Meer trafen sich 1987 bei herrlichem Wetter gen war. Die Aarauer Delegation setzte sich aus rund 200 Personen zu einer Feier. Sie gedachten dem Stadtschreiber Martin Gossweiler, dem Prä- dort der ausserordentlich mutigen und erfolgrei- chen Erstbesteigung des Finsteraarhorns durch die Expedition von Rudolf Meyer, Enkel des be- rühmten Aarauer Unternehmers und Forschers Johann Rudolf Meyer. Rudolf Meyer erklomm am 16. August 1812, das heisst vor 175 Jahren, die damals ungeheuer abweisend anmutende Spitze auf 4275 Metern über Meer im kaum erkundeten, vergletscherten, lebensfeindlichen und äusserst schwer zugänglichen alpinen Kernraum. In den Jahren vor 1800 hatten im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Schaffung des Alpenreliefs Mit- arbeiter seines Grossvaters bereits das Berner Oberland erkundet. Der Kanton Wallis und die beiden Gemeinden Fiesch und Fieschertal hatten zu diesem Anlass geladen. Viele Bergsteiger absolvierten in drei Tagen als Sternmarsch den Weg, den Meyer mit 1 Finsteraarhom, gemalt von Edward Theodore Compton, um 1910. Über den Hängegletscher erstiegen Meyer und seine Begleiter den Grat in FINSTERAmHORN sechs Stunden (Anker, 1997, S.37). 87 2 Aufstieg zum Oberaarjoch, 1987 (Foto: Martin Gossweiler). 3 Finsteraarhornhütte, Messe und Berg- predigt, 1987 (Foto: Franz Blättler). A Bericht von Urs Helbling über den iubiläumsakt im «Aargauer Tagblatt», 19. August 1987. 5 Festakt in Fieschertal, 1987. Stadt- Schreiber Martin Gossweiler überreicht dem Gemeindepräsidenten von Fieschertal die Tischglocke (Foto: Martin Gossweiler). 88 dargau Aarauer bezwang Finsteraarhorn Johann Rudolf Meyer vor 175 Jahren in Embeueigcr-Manmchaft 89 Johann Rudolf Meyer, der Vater Johann Rudolf Meyer (1739-1813), in den nach- folgenden Ausführungen in Abgrenzung zu sei- nen Nachkommen als «Vater» benannt, war - auch auf schweizerischer Ebene - eine bedeuten- de Persönlichkeit. Seine unternehmerischen Fä- higkeiten trugen ihm grossen Reichtum zu. Aber auch im kulturellen und sozialen Bereich er- brachte er grosse Leistungen; so machten ihn die Unterstützung von Armengenössigen und die Hilfe zur Schulung von Waisen bereits zu Lebzei- ten bekannt. Seine Lebensleistungen können mit den folgenden Charakterisierungen zusammen- gefasst werden: Unternehmer, Politiker, sozialer Wohltäter, Philanthrop, Mäzen, Visionär, For- scher und Berggänger. Sein Leben war von gros- ster Vielfalt und Intensität. Meyers wohl wichtigste Grosstat war die Schaf- fung eines «Reliefs des gesamten schweizerischen Alpenraumes». Daraus ist zeitgleich der «Atlas Suisse» entstanden (dazu ausführlich Ammann, sidenten des SAC Aarau, Franz Blättler aus 2003). Seine Begeisterung für die alpine Welt be- Schöftland, und den SAC-Mitgliedern Hans gann schon in seiner Jugend. Damals hatte er auf Maurer aus Buchs und Richard Maurer aus langen Wanderungen die Landschaften der Pässe Schlossrued, Hüttenchef der Aarauer Kehlenalp- Gotthard, Furka und Grimsel und des Berner hütte, zusammen. Den Gottesdienst zelebrierten Oberlands mit seinen gewaltigen Schneegipfeln drei Geistliche. Pickel und Seile der Anwesenden und Gletschern kennen gelernt. Spätere Wände- wurden gesegnet. Eine engagierte Rede hielt der rungen und verschiedenste Ausflüge verstärkten Walliser Staatsrat Hans Wyer. Franz Blättler über- die Anziehung der Bergwelt auf ihn. Sein Lieb- reichte vom SAC Aarau einen Originalstich von lingsgebiet waren die Innerschweizer Alpen. der Stadt Aarau, der für die Finsteraarhornhütte Meyer war, wie wir heute annehmen, kein Klette- bestimmt war. Anlässlich der anschliessenden rer, also kein Bergsteiger, sondern ein begeisterter Feier und des Festes in Fieschertal überreichte Bergwanderer. Wahrscheinlich musste er aber Stadtschreiber Martin Gossweiler dieser Ge- seine Mitarbeiter bei deren Feldarbeit besuchen. meinde eine wohlklingende Tischglocke aus der Da er sich wohl bewusst war, dass man sich vor al- Glockengiesserei Rüetschi. Frieda Steffen aus lern von Gipfeln aus Orientierung über das Ge- Schlossrued berichtete in der Zeitung «Euses Blättli» über den Festakt und Urs Helbling im 6 H.Wyler (1949): Liebliche Darstellung des Hoch- «Aargauer Tagblatt». gebirges (links das Finsteraarhorn). Plakat für die Gurtenbahn, 1949 (Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung). 90 biet der Eismeere und dessen Strukturen ver- haus» später « Leergut », heute katholisches Pfarr- schaffen kann, bestieg er 1787 mit seinem verant- haus). Privat betrieb Meyer eingehende natur- wortlichen Vermessungsingenieur Weiss den Tit- wissenschaftliche Studien und wurde 1802 an der lis. War er auch bei den Vermessungen im Berner Kantonsschule ohne Entschädigung Lehrer für Oberland dabei? Das Probeblatt für den Atlas Physik und Chemie. Wirtschaftlich war der Nach- Suisse von 1796 umfasste immerhin grosse Gebie- folger des frühen Unternehmers sehr schlecht ge- te zwischen Grimsel und Kandertal, Rhônetal stellt. Man weiss nicht, wo und wie er gestorben und Aaretal. Samuel Johann Jakob Scheurmann ist. Auch über seinen jüngeren Bruder Hierony- (1770 -1844) war einer der drei Kupferstecher von mus ist nur wenig bekannt. Meyer und Weiss in Aarau. Dieser war es, der zum Bericht über die «Reise auf die Eisgebirge des Rudolf Meyer, der Enkel (1791-1833) Kantons Bern und Ersteigung deren höchster Rudolf Meyer, der Enkel des frühen Unterneh- Gipfel im Sommer 1812» auf der Basis des Atlas mers und ältester Sohn von dessen Nachfolger, Suisse speziell eine Karte des Gebietes schuf. wurde gemeinsam mit seinem Bruder Gottlieb (1793-1829) in der Anstalt Pestalozzis in Burg- Johann Rudolf Meyer, der Sohn (1768-1825) dorf erzogen. Auf den Besuch der Kantonsschule In diese «alpine Welt» wuchsen die Nachfahren in Aarau folgte ein vierjähriges Studium der Me- des Aarauer Forschers und Mäzens hinein. Der dizin und Naturwissenschaften an der Universi- gleichnamige Sohn von Johann Rudolf Meyer tät Tübingen. Nach der Erstbesteigung des Fins- soll ein Mann von ausserordentlichen Körper- teraarhorns am 16. August 1812 schloss er seine kräften gewesen sein. Von ihm existiert kein Bild. Er übernahm die Seidenbandfabrik seines Vaters, 7 Johann Rudolf Meyer, der Vater (1739-1813) die später aufgrund des Postanbaus abgerissen (Max Senger, Wie die Schweizer Alpen erobert wurde, mit den für die Wasserzufuhr notwendi- wurden, 1945). 8 Rudolf Meyer, der Enkel (1791-1833) gen unterirdischen Stollensystemen (Meyersche (Abraham Emanuel Fröhlich, Erinnerungen Stollen) und erbaute das klassizistische «Land- an Prof. Dr. Rudolf Meyer, 1852). 91 Studien in Tübingen als Doktor der Medizin ab. Thilo, 1804 bis 1818 Lehrer für Mathematik an der Er unternahm Studienreisen durch Mitteleuropa Kantonsschule, danach Lehrer in Frankfurt an und blieb für längere Zeit im Bergbaugebiet von der Oder, wohl ein Freund von Rudolf Meyer, so- Freiberg in Sachsen, wo er an der dortigen Berg- wie die Gämsjäger Alois Volker und Joseph Bortis akademie seine Studien weiterführte. 1821 wurde aus dem Lötschental. Zu nennen sind schliess- Meyer Lehrer für Naturwissenschaften an der lieh Kaspar Huber von Guttannen und Arnold Kantonsschule Aarau. Es folgten - nebst zeitwei- Abbühl, genannt von Melchthal - ein aus dem ser Beschäftigung als Rektor der Schule- Jahre in- Haslital stammender Angestellter im Grimsel- tensiver Forschungs- und Publikationstätigkeit. Hospiz. Die Personen aus dem Kreis der Familie Daneben betätigte er sich jedoch auch als Schrift- Meyer und Ludwig Thilo waren wohl keine Berg- steller und politischer Kommentator. Meyer er- ganger, geschweige denn Alpinisten. Hinter dem lebte ebenfalls wirtschaftliche Not. Er starb früh Gesamtunternehmen stand