Türkennot-Mahnmal in Gablitz Verfasst Von Dr
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1 Dr. Renate Grimmlinger: Zum „Türkenmahnmal 1991“ einige Recherchen aus 1529 und 1683 14. 7/2014, ergänzt 25.7.2014 Zum historischen Hintergrund von 1529 und 1683 Das Türkennot-Mahnmal in Gablitz verfasst von Dr. Renate Grimmlinger, MSc am 14.7.2014, ergänzt am 25.7.2014. Frau J. Kacetl stellte am 14. 7. 2014 die Frage, warum 1991 ein „Türkenmahnmal“ in Gablitz errichtet wurde, und welchen historischen Hintergrund es dazu gibt. Warum das „Türkennot-Mahnmal“ 1991 errichtet wurde, ist mir nicht bekannt, auch nicht, ob es auf öffentlichem oder auf privatem Grund steht. Initiatoren bzw. Ausführende waren Franz Vormaurer, Johann Schmatz und Peter Pilat, die dazu nähere Angaben machen können. Vermutlich ist es wohl das jüngste „Türken - Mahnmal“, das in Österreich errichtet wurde. Inschrift: „ Türkennot. Um den 24. Sept. 1529 und 12. Juli 1683 wurde Gablitz von den Türken niedergebrannt. Alle Bewohner wurden dabei getötet oder verschleppt. Errichtet 1991.“ Historische Recherche - mit dem Fokus auf Gablitz: 1529 Über Gablitz gibt es nur sehr spärliche Angaben: Der Ort selbst war seit 1337 Eigentum der Habsburger, 1529 wurde das Dorf und seine Bewohner von der Kartause Mauerbach verwaltet, während Holzhauer Untertanen des Waldamtes Purkersdorf waren. 1572 sind 11 Urlehen 1 urkundlich erwähnt. Am 10. Mai 1529 war Sultan Suliman mit etwa 300.000 Mann von Konstantinopel aufgebrochen. Am 23. September war die Vorhut vor Wien, das Hauptheer traf am 26. September 1529 ein 2. Ohne dass es den Osmanen gelang, Wien einzunehmen, zog das Heer zwischen dem 15. und 18. Oktober 1529 wieder ab. In diesen Tagen kam es zu dramatischen 1 Klein Kurt: Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Orts- und Siedlungsgeschichte. 4. Band. S. 55 2 Schachinger (1934) S. 235 2 Dr. Renate Grimmlinger: Zum „Türkenmahnmal 1991“ einige Recherchen aus 1529 und 1683 14. 7/2014, ergänzt 25.7.2014 Ereignissen: Penzing wurde von den Truppen des Paschas von Anatolien verwüstet. Schachinger 3 vermutet: „ Wahrscheinlich war der Wald hinter Penzing jener Ort, wo nach Meldemann die Türken „etlich tausent von man, weib und Kindern erbermlich erwürgt, die man an vil orten hin und wider also ligent gefunden hat. 4“ Die Bevölkerung wurde von den Reitern Akindschi Mihaloghus, den „Rennern und Brennern“ in Angst und Schrecken versetzt. Burgen, Kirchen und Klöster wurden zerstört, die vorwiegend aus Holz erbauten Häuser in Brand gesetzt, ganze Ortschaften verwüstet. Dorfbewohner wurden verschleppt, verletzt oder getötet, sofern sie nicht geflüchtet waren. Kaum ein Ort rund um unsere Gegend blieb verschont: Hütteldorf, Hacking, Purkersdorf, Mauerbach wurde gebrandschatzt. Die Gablitzer Kapelle wurde schwer beschädigt, aber offenbar nicht zur Gänze zerstört 5. Fußbodensteine mit Brandspuren sind im Gablitzer Heimatmuseum zu besichtigen. Um 1540 ist die zur Pfarre Purkersdorf gehörige „ Capell Gablitz“ 6 erwähnt. Auch das Franziskaner-Kloster „St. Maria im Paradies“ am Riederberg wurde am 25. September 1529 zerstört und „18 ungenannte Mönche gemartert.“7 Interessant ist, dass zwar die Bibliothek vorsorglich weggebracht wurde, die Mönche sich aber nicht in Sicherheit bringen konnten? - Eine mögliche Antwort darauf findet sich in der Festschrift des Ordens: Es war den Mönchen gestattet, zu fliehen oder ihr Kloster zu verteidigen. Aber es war für Mönche auch eine Option, für Gott bzw. wie Jesus zu sterben und so „das ersehnte Martyrium 8“ zu erlangen - ähnlich wie man heute von muslimischen „Gotteskriegern“ kennt. In der Festschrift „500 Jahre Franziskaner“ ist zu lesen: „Von der Erlaubnis in den Klöstern bleiben zu dürfen, wenn der Türke kommt, hatten einige Gebrauch gemacht und so das ersehnte Martyrium erlangt 9.“ Was Purkersdorf betrifft, so findet sich folgendes Zitat: „ In Purkersdorf wurde die Siedlung samt der Kirche, den Pfarrhof und dem Schlosse zerstört und alle Akten vernichtet. Die Pfarre blieb auf Jahrzehnte hinaus verödet und der Pfarrhof in Schutt; das arme Waldvölkel lebte samt den Holzhackern in großer Anzahl und ohne Gottesfurcht ganz unchristlich.“ 10 Die Folgen von 1529 waren schwerwiegend: Menschenverluste, gebrandschatzte und verwüstete Dörfer, brachliegende Felder. Krankheiten, Seuchen, Hunger…. „Die Gründe waren unfruchtbar und zur Hälfte öd und der Pfarrer Mathias Weinmann [Purkersdorf] musste sich mit ´Holzfueren` [sic!) wie ein Holzknecht ernähren.“ 11 3 Schachinger (1934) S. 239 4 Schachinger (1934, S. 239) zitiert G.d.St.Wien II/338, Anm. 2. Winna (1983 S.16) 5 Schreiben von Hans Wolffstrigl aus 1642, dem damaligen Besitzer des Ortes, im NÖLA 6 Diözesanarchiv Wien, Handschrift PP 245, VUWW, ca. 1540, fol. 13v: „ Pharr Purkhensdorf die Ku[nigliche] M[ayestät] Lehenheer Capell Gablitz incorporiert gen Purkhenstorf. 7 1451 1951: 500 Jahre Franziskaner der österr. Ordensprovinz. Festschrift (1950), S. 114 8 1451 1951: 500 Jahre Franziskaner der österr. Ordensprovinz. Festschrift (1950), S. 89 9 1451 1951: 500 Jahre Franziskaner der österr. Ordensprovinz. Festschrift (1950), S. 89 10 Schachinger (1934): Der Wienerwald, S. 251 - zitiert Wiedemann IV, S. 12ff 11 Schachinger (1934) S. 251, zitiert Wiedemann 3 Dr. Renate Grimmlinger: Zum „Türkenmahnmal 1991“ einige Recherchen aus 1529 und 1683 14. 7/2014, ergänzt 25.7.2014 In Gablitz wurden 1529 wohl nicht ALLE Dorfbewohner getötet , denn 1572 12 (43 Jahre nach 1529) scheinen 15 Familien auf, die die 11 Urlehen bewirtschaften (9 Ganz-, 4 Halblehen, 1 Hofstatt, 1 Kleinhaus). In den Waldamtsbüchern 1572 13 sind fünf Hütten erwähnt, die nacheinander von verschiedenen Holzhauerfamilien bewohnt wurden, die dem Waldamt untertan waren. Nach dem knapp drei Wochen dauernden Osmanensturm wird es wohl auch Hungersnöte, Krankheiten oder Seuchen gegeben haben, an denen Menschen gestorben sind, und andererseits Menschen, die zugewandert sind. 1572, 43 Jahre nach den Wirren von 1529, scheinen insgesamt 20 Familien (15 steuerpflichtige Dorfbewohner und fünf Waldamtsuntertanen) in Gablitz auf. Da es vor 1529 elf Urlehen gegeben hat, kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass 1529 ALLE Bewohner von Gablitz getötet oder verschleppt wurden. 1590 gab es ein schweres Erdbeben der Stärke 6 , Epizentrum war vmtl. in Neulengbach. In Wien stürzten Kirchtürme ein, der Stephansdom wurde beschädigt, auch die Kartause Mauerbach trug Schäden davon. Welche Schäden es in Gablitz gegeben hat, ist nicht bekannt. Das 17. Jahrhundert: Das 17. Jahrhundert war eine sehr unruhige Zeit. Folgen des 30jährigen Krieges (die Schweden waren vor Wien - ein Drittel des Landes war kriegszerstört 14 ) waren entwurzelte, verrohte, herumstreunende Nahrung und Beute suchende ehemalige Söldner, Bauern trauten sich nicht alleine auf die Felder..... Auch der Wienerwald war sehr gefährlich, da er Räuberbanden beherbergte. Dazu kam die weiterhin drohende Türkengefahr, hohe Steuern, Aberglaube, Verfolgung von Hexen, Zauberern, Juden und Protestanten, Reformation und Gegenreformation, Missernten, Hungersnöte Seuchen und Pest ..... Die Pestepidemie von 1679/80 hatte in Wien 12.000 Tote 15 gefordert und hatte diesmal auch Purkersdorf - vielleicht auch Gablitz - erreicht. Pesttote wurden am Rand der Ortschaften begraben, und „Pestkreuze“ bzw. „Fieberkreuze“ errichtet. 1683 Da die osmanische Gefahr trotz hoher Tributzahlungen weiter bestand, wurden Maßnahmen für die Bevölkerung getroffen: Flucht- und Zufluchtsorte waren vorgesehen, wohin die Bevölkerung fliehen oder sich verstecken konnte. Alarmsysteme wurden eingerichtet: Sobald Gefahr drohte, wurden auf Burgen und Berghöhen Kreidefeuer 16 entzündet, vermutlich auch am Gablitzer Rauchbuchberg, dessen Name darauf hinweisen könnte. 12 Hofkammerarchiv „Grillparzerakt“ 1056/2.7. Blatt 67, 68, 69 13 Waldamtsbücher ab 1572, ab Seite 81 14 Gutkas Karl (1974) Geschichte des Landes Niederösterreich, S. 248 15 Winna (1983) S. 18 16 Kreidefeuer:– von cri – lärmen, schreien. Mit Lärm und Rauchsignalen wurden Warnsignale vor den herannahenden Feinden von Bergkuppe zu Bergkuppe weitergegeben. Ab 1621 gab es Pläne von Fluchtorten für die Bevölkerung. 4 Dr. Renate Grimmlinger: Zum „Türkenmahnmal 1991“ einige Recherchen aus 1529 und 1683 14. 7/2014, ergänzt 25.7.2014 Zwischen 1621 und 1648 gehörten die Gablitzer Dorfbewohner nicht zur Kartause Mauerbach, während die Holzhauer nach wie vor Untertanen des kaiserlichen Waldamts Purkersdorf waren. Das Dorf mit den „18 Untertanen 17 “ (1572: 15 Familien) war 1621 vom Kaiser an Sophie Strauss von Hadersdorf verliehen worden. 1640 erwarb es der Steuerhändler und Wiener Ratsbürger Johann Wolff Strigl / Hans Wolffstrigl . Er bemühte sich, der Gablitzer Bevölkerung den „richtigen (=katholischen) Glauben“ zu ermöglichen, was zu dieser Zeit große Bedeutung hatte. Von Wolffstrigl sind Originalschreiben aus 1641 und 1642 18 vorhanden, aus welchen hervorgeht, dass das „ Gemäuer des Khirchleins, der Lorenzi Capellen “ noch vorhanden war, und er es mit Hilfe der Gablitzer renovierte und die Dachschindeln aufbrachte, die aber der Verwalter der Kartause wieder herunter reißen ließ. Darüber beschwerte sich Hans Wolffstrigl 1641 und 1642 bei der NÖ Landesregierung. Der Rechtsstreit ging 1642 zu Gunsten der Kartause Mauerbach aus. Daher auch das Mauerbacher Wappen mit „1642“ auf der Gablitzer Kirche, die 1643 zum Hl. Laurentius und zum Hl. Bruno 19 geweiht wurde. Anders als bei Wolffstrigl ist diese Situation in Unterlagen der Kartause Mauerbach aus dem 18. Jahrhundert erwähnt: „ Im selben Jahr [1643] wurde die Kapelle der heiligen Laurentius und Bruno in Gablitz auf Kosten der Kartause Mauerbach, ohne Beihilfe