Zulassungsantrag der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG für das Fernsehprogramm n-tv

Aktenzeichen: KEK 354

Beschluss

In der Rundfunkangelegenheit

der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG, vertreten durch die n-tv Nachrichten- fernsehen Beteiligungs-GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Johannes Züll, Richard-Byrd-Straße 4 - 6, 50829 Köln,

- Antragstellerin - w e g e n

Verlängerung der Zulassung zur Veranstaltung des bundesweiten Fernsehspartenpro- gramms „n-tv“ hat die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Vorlage der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) vom 28.07.2006 in der Sitzung am 10.10.2006 unter Mitwirkung ihrer Mitglieder Prof. Dr. Dörr (Vorsitzender), Prof. Dr. Huber, Dr. Lübbert, Prof. Dr. Mailänder, Dr. Rath-Glawatz und Prof. Dr. Sjurts entschieden:

Der von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 21.06.2006 bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) beantragten Ver- längerung der Zulassung zur Veranstaltung des bundesweit verbreiteten Fern- sehspartenprogramms n-tv stehen Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen nicht entgegen. 2

Begründung

I Sachverhalt

1 Zulassungsantrag

Die n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH & Co. KG („n-tv KG“) hat mit Schreiben vom 21.06.2006 bei der mabb die Verlängerung ihrer Zulassung für das bundesweite In- formationsspartenprogramm n-tv beantragt. Die Laufzeit der derzeit gültigen Zulas- sung der mabb zur Veranstaltung und Satellitenverbreitung von n-tv mit Bescheid vom 27.10.1992 und Verlängerungsbescheid vom 13.10.1999 endet mit Ablauf des 29.11.2006; die Zulassungsverlängerung wird für weitere sieben Jahre beantragt. Die mabb hat der KEK den Antrag mit Schreiben vom 28.07.2006 zur medienkon- zentrationsrechtlichen Prüfung vorgelegt.

2 Programmstruktur und -verbreitung

Der inhaltliche Schwerpunkt des Informationsspartenprogramms n-tv liegt auf der Berichterstattung über Politik und Wirtschaftsthemen, Infotainment sowie Talk- shows. xxx ... Sie beabsichtigt nicht, den bisherigen Programmschwerpunkt in ab- sehbarer Zeit zu verändern.

n-tv wird seit dem 30.11.1992 veranstaltet. Das Programm wird frei empfangbar analog und teilweise digital terrestrisch sowie über Kabel und Satellit verbreitet. Et- wa 88,8 % der Fernsehhaushalte können es empfangen (Quelle: AGF/GfK-Fern- sehforschung, Stand: 01.10.2005).

3 Antragstellerin und Beteiligte

3.1 n-tv KG

Unternehmensgegenstand der n-tv KG ist u. a. der Erwerb von Erlaubnissen und Nutzungsgenehmigungen für die Tätigkeit als Programmveranstalter für Kabelfern- seh-Systeme, Satellitenfernsehen, terrestrisches Fernsehen und sonstiges nicht drahtgebundenes Fernsehen und die Tätigkeit als Programmveranstalter in diesem Sinne, d. h. insbesondere die Zusammenstellung und Ausstrahlung von Informati- 3

ons-Fernsehprogrammen für allgemeine Nachrichten und Wirtschaftsnachrichten einschließlich der Durchführung des sendetechnischen Ablaufes. Unternehmens- gegenstand ist auch die Beschaffung und Verwertung von Fernsehprogrammrech- ten und -material und die Produktion von Nachrichtensendungen und -sendeteilen im Dienstleistungsverhältnis für andere Fernsehsender. Die Erstellung und Aus- strahlung von nicht informationsbezogenen Sendungen und Sendeteilen (längere Sportübertragungen, Unterhaltungssendungen, Spielfilme, Serien usw.) ist ausge- schlossen xxx ...

Persönlich haftende geschäftsführende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil und grundsätzlich ohne Stimmrecht ist die n-tv Nachrichtenfernsehen Beteiligungs- GmbH („n-tv GmbH“, xxx ...). xxx ... Sämtliche Kapitalanteile hält nach dem Aus- scheiden der Kommanditistin CNN/Time Warner Beteiligungs OHG mit Wirkung zum 21.04.2006 die nunmehr alleinige Kommanditistin RTL Television GmbH („RTL“, vgl. dazu: Beschluss der KEK i. S. n-tv, Az.: KEK 309).

Die Veranstalterin betreibt auch ein Internetportal mit aktuellen Nachrichten, Wirt- schafts- und Börsenmeldungen sowie weiteren Informations- und Serviceangeboten (www.n-tv.de).

3.2 RTL, RTL Group und AG

RTL veranstaltet das gleichnamige bundesweite Vollprogramm, hält 49,9 % der Anteile an der VOX Film- und Fernseh GmbH & Co. KG und ist mittelbar in Höhe von 19,87 % an der Veranstalterin des Programms K1010 beteiligt. RTL hält ferner eine Sendelizenz für die Ausstrahlung eines digitalen Programmbouquets ein- schließlich von vier digitalen Spartenkanälen (vgl. Beschluss i. S. RTL World, Az.: KEK 255). Sie ist auch mittelbar Alleingesellschafterin der Traumpartner TV GmbH, die das gleichnamige Angebot derzeit als Mediendienst verbreitet (vgl. Beschluss i. S. Traumpartner TV, Az.: KEK 228).

Sämtliche Anteile an RTL hält die UFA Film und Fernseh GmbH, die mittelbar zu 99,7 % im Anteilsbesitz der RTL Group S.A. („RTL Group“), Luxemburg, steht, an der die Bertelsmann AG, Gütersloh, als Konzernobergesellschaft mittelbar 89,14 % der Anteile hält (zu den Beteiligungsverhältnissen im Einzelnen vgl. das Schaubild im Beschluss i. S. VOX/DCTP, Az.: KEK 342, I 3.2). Die RTL Group ist auch an den 4

bundesweiten Fernsehveranstaltern RTL DISNEY Fernsehen GmbH & Co. KG („RTL DISNEY“) und RTL 2 Fernsehen GmbH & Co. KG („RTL 2“) beteiligt und hält ihrerseits weitere 49,8 % an der VOX Film- und Fernseh GmbH & Co. KG. Auf frü- here Ausführungen zu diesen Veranstaltern wird Bezug genommen (vgl. Beschlüs- se i. S. VOX/DCTP, Az.: KEK 342 II. 4.1, n-tv, Az.: KEK 309, I 2.1, RTL World, Az.: KEK 255, I 4.1, Super RTL, Az.: KEK 216, I 2 und 3.1 sowie K1010, Az.: KEK 262, I 2.1).

II Verfahren

Die Vollständigkeitserklärung von n-tv liegt vor. Vor ihrer Entscheidung hat die Kommission einem Vertreter der mabb Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

III Medienkonzentrationsrechtliche Beurteilung

1 Bestätigungsvorbehalt der KEK

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Veranstalter einer Zulassung. Fra- gestellungen der Sicherung der Meinungsvielfalt werden von der KEK nach Vorlage durch die zuständige Landesmedienanstalt gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 RStV beur- teilt.

Auch Anträge auf Zulassungsverlängerung unterfallen der Vorlagepflicht: Die Zu- lassungsverlängerung ist materiell eine neue Zulassung. Sie verschafft dem Lizenz- inhaber die gleiche Rechtsposition; auch die materiellen Prüfkriterien sind die glei- chen, da sämtliche Zulassungsvoraussetzungen vorliegen müssen. Dazu gehört die von der KEK zu überprüfende medienkonzentrationsrechtliche Unbedenklichkeit (vgl. KEK-Mitteilung 1/03 und ständige Spruchpraxis, z. B. Beschlüsse i. S. SAT.1, Az.: KEK 002, i. S. RTL II, Az.: KEK 151, i. S. RTL, Az.: KEK 158, i. S. RTL World, Az.: KEK 255 und i. S. VOX/DCTP, Az.: KEK 342).

2 Zurechnung von Programmen

Der Antragstellerin, der RTL Group und der Bertelsmann AG sind die Programme 5

n-tv, RTL, RTL II, Super RTL, VOX und K1010 zuzurechnen, die damit umgekehrt auch sämtlichen Veranstaltern zugerechnet werden (vgl. zuletzt Beschluss i. S. RTL Group, Az.: KEK 341, III 2.1).

3 Vorherrschende Meinungsmacht

3.1 Zuschaueranteile

Das Informationsspartenprogramm n-tv erreichte im Referenzzeitraum von Juni 2005 bis Mai 2006 einen Zuschaueranteil von 0,6 % (Quelle: AGF/GfK-Fernseh- forschung).

Die Zuschaueranteile der Programme der RTL Group betrugen im Referenzzeit- raum insgesamt 24,7 % und aktuell im August 2006 25,1 %.

Zuschaueranteile in % Juni 2005 bis Mai 2006 August 2006 RTL Television 13,1 12,7 RTL II 3,9 4,0 Super RTL 2,7 2,6 VOX 4,4 5,1 n-tv 0,6 0,7 K1010 0,0 0,0 ƒ RTL Group 24,7 25,1

Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer (GfK-„Marktanteile“), Angaben in %, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3:00 bis 3:00 Uhr, repräsentativ für 34,99 Mio. Fernsehhaushalte in Deutschland einschließlich EU-Haushalte, Quelle: AGF/GfK-Fernseh- forschung/RTL Medienforschung

3.2 Vermutungstatbestände des § 26 Abs. 2 RStV

Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV wird vorherrschende Meinungsmacht vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen. Diese Schwelle wird von den Programmen der RTL Group im Referenzzeitraum nicht erreicht.

Vorherrschende Meinungsmacht wird ferner bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 % vermutet, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwand- ten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung sei- 6

ner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 % entspricht (§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV). Auch diese Zu- schaueranteilsgrenze wird von den der Bertelsmann AG zuzurechnenden Pro- grammen mit 24,7 % im Referenzzeitraum knapp unterschritten. Damit erübrigen sich weitere Feststellungen zu den Vermutungstatbeständen des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV.

3.3 Prüfung nach § 26 Abs. 1 RStV

3.3.1 Den Tatbestand des § 26 Abs. 1 RStV überprüft die KEK in ständiger Praxis im Hinblick auf die RTL Group und die Bertelsmann AG aufgrund ihrer starken Stellung im bundesweiten Fernsehen und ihre weitreichenden sonstigen Aktivitäten im Me- dienbereich (zuletzt Beschlüsse i. S. n-tv, Az.: KEK 309, III 3.2.1, sowie i.S. RTL Group, Az.: KEK 289, III 3.2.1, und Az.: KEK 341, III 2; zur Bedeutung des § 26 Abs. 1 RStV als Grundtatbestand und der Leitbildfunktion des § 26 Abs. 2 RStV für seine Auslegung vgl. ausführlich Beschluss i. S. ProSiebenSAT.1, Az.: KEK 293, III 3 bis 5).

3.3.2 Die der RTL Group und der Bertelsmann AG zurechenbaren Zuschaueranteile er- reichen im Referenzzeitraum einen Wert von 24,7 %. Hinzu kommen zurechenbare Aktivitäten auf medienrelevanten verwandten Märkten, die nach dem Leitbild des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung nach § 26 Abs. 1 RStV zu berücksichtigen sind. Mit ihnen ist nach den Feststellungen der KEK in dem Verfahren betreffend die Übernahme sämtlicher Anteile an n-tv durch RTL ein potenzieller Meinungseinfluss der Bertelsmann AG verbunden, der in etwa mit ei- nem Zuschaueranteil von 7 % im bundesweiten Fernsehen vergleichbar ist. Zugleich entsprechen die Regional- und Drittfenster im Hauptprogramm RTL den Vorgaben des RStV und sind daher entsprechend § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV zu Gunsten der RTL Group im Umfang eines Zuschaueranteils von 5 % zu berücksich- tigen (vgl. Beschluss i. S. RTL Group, Az.: KEK 341, III 3.2.2 und I 2, sowie im Ein- zelnen Beschluss i. S. n-tv, Az.: KEK 309, I 3.2, III 3.2.1 und III 3.2.3.3).

Die KEK hat daher zuletzt mit Beschlüssen i. S. RTL Group, Az.: KEK 341, und VOX/DCTP, Az.: KEK 342, festgestellt, dass im Rahmen der Gesamtbetrachtung gemäß § 26 Abs. 1 RStV der Meinungseinfluss der RTL Group und der Bertels- 7

mann AG wie ein Zuschaueranteil im bundesweiten Fernsehen von ca. 26,8 % zu bewerten und damit der materielle Eingriffstatbestand nach § 26 Abs. 1 RStV nicht erfüllt ist (vgl. Beschluss i. S. RTL Group, Az.: KEK 341, III 3.2.2 und bereits Be- schluss i. S. n-tv, Az.: KEK 309, III 3.2.3.4). Der Zuschaueranteil der RTL Group lag in diesen Prüfverfahren bei 24,8 %.

3.3.3 Vorliegend rechtfertigt, bei einem nahezu gleich hohen Gesamtzuschaueranteil in der Referenzperiode, die Zulassungsverlängerung für das Programm n-tv, das seit 1992 Bestandteil des Programmangebots im bundesweiten Fernsehen ist, keine abweichende Beurteilung.

3.4 Somit kann nicht festgestellt werden, dass die beantragte Zulassungsverlängerung, auch angesichts der weiteren der Bertelsmann AG zurechenbaren Fernsehpro- gramme und ihrer sonstigen Medienaktivitäten, die Gefahr der vorherrschenden Meinungsmacht begründen würde.

(gez.) Dörr Huber Lübbert Mailänder Rath-Glawatz Sjurts