Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein

Der Untergrund von Föhr: Geologie, Grundwasser und Erdwärme

Ergebnisse des INTERREG-Projektes CLIWAT Herausgeber: Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) Hamburger Chaussee 25 24220 Flintbek Tel: +49 (43 47) 704 - 0 Fax: +49 (43 47) 704 - 102 www.llur.schleswig-holstein.de

Redaktion: Abteilung Geologie und Boden Ansprechpartner: Dr. Reinhard Kirsch Tel: +49 (43 47) 704 - 534 Fax: +49 (43 47) 704 - 502 E-Mail: [email protected]

Dieses Projekt wurde von der Europäischen Gemeinschaft kofinanziert

Titel: Luftaufnahme Föhr (Gerhard Launer WFL GmbH, Schießhausstr. 14, 97228 Rottendorf, www.deutschlandvonoben.de) kleine Fotos (LLUR) links: SkyTEM-Erfassung mitte: Referenz-Bohrung rechts: 3-D-Modell von Föhr wenn nicht anders angegeben, Grafik und Fotos im Innenteil von LLUR

PDF der Broschüre im Internet www.llur.schleswig-holstein.de

Herstellung: Pirwitz Druck & Design, Kronshagen

Februar 2012

ISBN: 978-3-937937-59-5

Schriftenreihe: LLUR SH – Geologie und Boden; 18

Diese Broschüre wurde auf Recyclingpapier hergestellt

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig- holsteinischen Landesregierung heraus- gegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahl- kampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeit- lichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Partei- nahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.

Die Landesregierung im Internet: www.landesregierung.schleswig-holstein.de Inhalt

Vorworte ...... 5

1 Einleitung ...... 7

2 Geologie und Landschaftsentwicklung von Schleswig-Holstein ...... 11

3 Werkzeuge der Hydrogeologie ...... 21

3.1 Bohrungen ...... 21 3.2 Geophysikalische Bohrlochvermessung ...... 25 3.3 Messstellen, Brunnen ...... 26 3.4 Hydrogeologische Schnitte und Modelle ...... 30 3.5 Ermittlung von Grundwassereinzugsgebieten ...... 31 3.6 Grundwasser-Analysen ...... 34

4 Geophysikalische Untersuchungen auf Föhr ...... 38

4.1 Unser Untergrund – von der Geologie zur Physik ...... 38 4.2 Geoelektrische und Elektromagnetische Messungen auf Föhr, SkyTEM ...... 38 4.3 Seismische Messungen auf Föhr ...... 43 4.4 Seismik und SkyTEM kombiniert ...... 45 4.5 Weitere Untersuchungen ...... 45

5 Ein Blick in den Untergrund der Insel Föhr ...... 49

5.1 Datengrundlage und zusätzliche Untersuchungen im Rahmen des Projektes CLIWAT ...... 49 5.2 Hydrogeologischer Aufbau des Untergrundes, nutzbare Grundwasserleiter ...... 50 5.2.1 Eiszeitliche Ablagerungen ...... 51 5.2.2 Jungtertiäre Ablagerungen ...... 54 5.2.3 Nacheiszeitliche Ablagerungen in der Marsch und Godelniederung ...... 56 5.3 Das digitale dreidimensionale Geologische Modell ...... 56 5.4 Grundwasserströmungsverhältnisse ...... 58 5.5 Grundwasserbeschaffenheit...... 60

6 Wasserversorgung auf Föhr ...... 63

6.1 Vom Hausbrunnen zur zentralen Wasserversorgung ...... 63 6.2 Wassergewinnung und Wasserabgabe ...... 65 6.3 Trinkwasserqualität ...... 66 6.4 Grundwasserschutz und Wasserschutzgebiete ...... 68 6.5 Grundwasserüberwachung (Monitoring) ...... 71

3 7 Grundwasser im Klimawandel – Ergebnisse des Projektes CLIWAT für die Insel Föhr ...... 73

7.1 Klimawandel – womit müssen wir rechnen? ...... 73 7.2 Das hydrogeologische und geophysikalische Untersuchungsprogramm auf Föhr ....74 7.3 Grundwassermodell ...... 76 7.3.1 Der Weg zum Grundwassermodell ...... 76 7.3.2 Datengrundlage ...... 76 7.3.3 Auswahl und Aufstellung des Modells ...... 77 7.4 Ergebnisse der Grundwassermodellierung für Föhr...... 80 7.5 Ausblick und mögliche Anpassungsmaßnahmen...... 85 7.5.1 ...... 85 7.5.2 Marsch ...... 85 7.5.3 Was bleibt zu tun? ...... 86

8 Wärme aus der Tiefe – Geothermische Nutzung des Untergrundes von Föhr...... 87

8.1 Die Heizung aus dem Untergrund ...... 87 8.2 Technik der oberflächennahen Geothermie ...... 87 8.3 Die Effektivität der Erdwärmeheizung ...... 90 8.4 Zur Dimensionierung von Erdwärmesonden ...... 91 8.5 Besonders wichtig: der Schutz des Grundwassers ...... 94

9 Zusammenfassung – Summary ...... 97

10 Danksagung ...... 99

11 Literatur ...... 100

12 Liste der Autoren ...... 102

4 „ Vorworte

Die weltweite Erwärmung des Klimas ist ei- Gleichgewichtsbedingungen sich durch einen nes der zentralen Themen des 21. Jahrhun- Meeresspiegelanstieg verschieben könnten, derts. Sollte der befürchtete Anstieg der glo- mit der Folge eines verringerten Dargebots. balen Durchschnittstemperatur um mehrere Grad nicht abgewendet werden können, dro- Im Rahmen des EU-Interreg IV B Projektes hen in den kommenden Jahrzehnten weit rei- CLIWAT (CLImate change & groundWATer) chende Folgen. So muss beispielsweise ne- wird der Einfluss des Klimawandels auf das ben einer allgemeinen Zu- oder Abnahme der Grundwasser in 7 Pilotregionen an der Nord- Niederschläge je nach Region mit einer Häu- see näher untersucht. Dabei werden die vor- fung extremer Witterungsverhältnisse wie handenen Daten durch geophysikalische und Dürreperioden, Überschwemmungen infolge geologische Untersuchungen gezielt ergänzt, Starkregens oder Wirbelstürmen gerechnet um die Grundwassersysteme besser zu ver- werden. Das Hauptaugenmerk gilt dem An- stehen und zukünftige Entwicklungen anhand stieg des Meeresspiegels, hervorgerufen von Simulationsrechnungen mit digitalen durch die thermische Ausdehnung des Meer- Grundwassermodellen prognostizieren zu kön- wassers und abschmelzende Gletscher der nen. Ich freue mich sehr, dass die Insel Föhr Hochgebirge, vor allem aber des grönländi- zu den CLIWAT-Pilotregionen zählt. Die bislang schen Inlandeises. vorliegenden Ergebnisse aus den ergänzenden geophysikalischen Untersuchungen haben den Die Insel Föhr ist aufgrund ihrer Lage im Kenntnisstand über den geologischen Aufbau Nordfriesischen Wattenmeer durch einen der Insel Föhr bereits erheblich erweitert. nachhaltigen Anstieg des Meeresspiegels na- Ohne Zweifel werden davon auch der Wasser- turgemäß besonders gefährdet. Dies betrifft beschaffungsverband Föhr und mit ihm alle In- zunächst ihren Bestand an sich – die Niede - sulaner im Hinblick auf die langfristige Siche- rungen der Marsch liegen nur etwa 1 m über rung der Trinkwasserversorgung profitieren. NN und müssen durch einen Deich geschützt Ich wünsche dem CLIWAT-Projekt weiterhin werden –, längerfristig jedoch auch das gutes Gelingen und einen erfolgreichen Ab- Grundwasser in den Geestkernen. Dabei gilt schluss und bedanke mich im Namen der In- es, zwei Aspekte zu unterscheiden: Mit dem sel Föhr bei allen, die dazu beigetragen haben. Meeresspiegel steigt der Grundwasserspie- gel – möglicherweise noch verstärkt durch eine Zunahme der Niederschlagsmengen, wie von Klimamodellen für Norddeutschland prognostiziert wird –, so dass tiefer gelegene Bereiche vernässen könnten. Eine Gefahr be- steht ferner für das Grundwasser der Geest Christfried Rolufs selbst, aus dem die Trinkwasserversorgung Verbandsvorsteher des Wasserbeschaffungs- der Insel Föhr bestritten wird und dessen verbandes Föhr

5 Liebe Leserinnen und Leser, Im Rahmen der „Europäischen territorialen Zu- Die Zusammenarbeit mit anderen geowissen- sammenarbeit“ der europäischen Strukturpoli- schaftlichen Institutionen aus dem In- und tik – bekannt als das INTERREG B Programm - Ausland im Rahmen dieses Projektes war für fördert die Europäische Union die Zusammen- alle Mitwirkenden ein Gewinn. Der Einsatz in- arbeit der europäischen Staaten mit dem Ziel novativer Erkundungsmethoden wie zum Bei- einer integrierten räumlichen Entwicklung. spiel die hubschraubergestützte Aerogeophy- Schleswig-Holstein partizipiert aufgrund seiner sik führte zu flächendeckenden Erkenntnissen Lage zwischen den Meeren an zwei staaten- über die Untergrundstruktur. Der Erfahrungs- übergreifenden Kooperationsräumen – den und Wissensaustausch mit den Projektpart- Räumen Nordsee und Ostsee. nern sowie der weitere Ausbau kollegialer Netzwerke werden für die fachliche Arbeit des Das Projekt CLIWAT – CLImate change & geologischen Landesdienstes im LLUR über groundWATer - wurde unter der Programm- den Projektzeitraum hinaus von großem Nut- prioriät „Umwelt und Risikovorsorge“ der För- zen sein. Mit dieser Broschüre über die Er- derperiode 2007 bis 2013 konzipiert und zielt kenntnisse zum hydrogeologischen Aufbau auf die Entwicklung von Methoden und Maß- der Insel und deren Bedeutung für die nach- nahmen im Umgang mit den Auswirkungen haltige Versorgung der Insulaner mit Trinkwas- des Klimawandels auf das Grundwasser ab. ser und Erdwärme wird der Wert der Projekt- Durch Simulationsrechnungen auf der Grund- beteiligung für die Region verständlich und lage bestehender Klimaprojektionen des Welt- greifbar. klimarates IPCC für die Region sollte insbe- sondere die Versalzungsgefährdung von küs- tennahen Süßwasserressourcen im Nordsee- raum untersucht werden. Die Untersuchungen im schleswig-holsteinischen Teil des transna- tionalen Projektes konzentrierten sich auf die Pilotregion Föhr. Aus den Projektergebnissen Sabine Rosenbaum lassen sich jedoch auch Schlussfolgerungen Leiterin der Abteilung Geologie und Boden für andere küstennahe Regionen ableiten. - Geologischer Landesdienst - im Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig- Holstein

6 1 Einleitung

➢ Broder Nommensen ➢ Erk R. Roeloffs

Die Insel Föhr verdankt ihre geographische Ent- Übersetzung ins Friesische (Fering) stehung katastrophalen Naturereignissen – Dat Feer en eilun wurden as, leit uun a während der ersten „Mandränke“ von 1362 iarst „Mandränke“ faan 1362, do as Feer wurde sie dem Festland entrissen, die zweite faan a feesteeg ufliaset wurden. Det naist „Mandränke“ von 1634 gab ihr weitgehend die „Mandränke“ faan 1634 surigt do för det heutige Form. Unbeteiligt an der Entwicklung fuarem, üüs wat wi det daaling keen. Uk war der Mensch schon damals nicht. Bestre- dojütidj hed a mensk mä skilj diartu, dat bungen zur Verbesserung und zum Erhalt der det so kaam. Lun wanen, iindikin, weeder- Lebensgrundlage drückten sich in der Landge- lösingen unlei an törew steegen hee san winnung, ersten Deichbau- und Entwässerungs- dial diartu bidraanjen. Jo wost ei, dat diar- maßnahmen, einer Aufsiedlung der tief gelege- dör at lun ufsake küd, det weeder lachter nen Marschflächen und auch der Salztorfgewin- auer’t lun kaam an det lun do ferleesen nung aus. In Unkenntnis der Folgen kam es zu ging. A fulgen faan hörens dun spelet jo för lokalen Landabsenkungen, zu Meereseinbrü- hör aanj uugen uf an bedraapt jo salew. chen und zum Verlust von Landflächen. Die Auswirkungen des Handelns blieben lokal und Leewen muar lun wurd bewerket, muar di- betrafen die unmittelbar beteiligten Personen. ker baud, maasklun wurd drüglaanjen an nadigt. So stiigd de gefoor, föl lun, tiaren Mit dem zunehmendem Wandel der Natur- in an mensken bi grat sturemfluden tu ferlee- eine Kulturlandschaft, verstärktem Deichbau, sen. höherem Siedlungsdruck, flächenhafter Ent- Uun’t 17. an 18. juarhunert broocht a waal- wässerung der Marschen (Setzung der Weich- fang a feringen en gulen tidj. Man auer schichten) und deren stärkerer Nutzung erhöh- diar bal altuföl waaler fangd an ei muar so te sich das Risiko schwerer und flächenhafter föl troon brükt wurd, wiar det tidj gau we- Verluste an Menschen, Tieren und Sachwerten ler förbi. Sodening skul at lidj muar büüre bei extremen Naturereignissen. Der Walfang an holunsk fachlidj holep, gud diker aptu- brachte zwar den Föhringern (so bezeichnen saaten, skööding tu greewen an uk malnen sich die alteingesessenen Föhrer lieber) im 17. tu baun. Det ütjnölersaaten faan a mens- und 18. Jahrhundert ihr „goldenes Zeitalter“, ken mä hör amwäält an a fulgen faan hö- durch zu hohe Fänge gingen die Walbestände rens dun san santdeem ei muar bluat för a und damit die wirtschaftliche Bedeutung des aanj dör tu sen, jo bedraap uk öler lunen. Walfanges im gesamten Nordmeer jedoch stark zurück. Zwangsläufig musste die Land- At aanj faan’t 19. juarhunert wurd a baase- wirtschaft intensiviert werden; technische Un- lidj leewen wichtiger för Feer. Diarmä wurt terstützung beim Deichbau, bei der Regulie- bit daaling det miast jil fertiinet. Man al rung der Wasserstände oder dem Mühlenbau dön mensken brük uk leewen muar weeder leisteten insbesondere niederländische Fach- - ap tu ian miljuun kubikmeeter at juar. leute. Die Auseinandersetzung der Menschen Nadigt wurt det grünjweeder faan a sunig mit der Umwelt und die Auswirkungen geest. Det wurt faan rinweeder stödig ap- menschlichen Handelns auf sie verlagerten fald an „sweemt“ üüs son swetweederblees sich im beschriebenen Zeitraum von der un- üüb det swaarer saaltweeder. Am det mittelbaren Lebensumgebung auf eine überre- grünjweeder gungt det uun detheer gionale bis länderübergreifende Ebene. skraft.

Ende des 19. Jahrhunderts gewinnt der Frem- Det fering grünjweeder, wat’am üüs lei- denverkehr zunehmende Bedeutung; er ist tungsweeder faan a „Wasserbeschaffungs- heute der wichtigste Wirtschaftszweig auf verband Föhr“ saner beteenken drank kön, Föhr. Mit der Zahl der Menschen stieg der an en gansen dial gefooren ütjsaat. Bluat Wasserverbrauch stark an, bis auf jährlich uun enkelt steeden jaft det gud grünjer, knapp 1 Million Kubikmeter. Genutzt wird das man uun a miast steeden docht de grünj in den Sanden der Geestkerne gespeicherte ei, am det weeder diaroner tu bewaarin. Grundwasser. Es wird aus den im Boden versi- Troch a büürerei, man uk troch öler dun ckernden Niederschlägen ständig neu gebildet komt diar kroom iin uun’t grünjweeder, und „schwimmt“ als Süßwasserkalotte auf wat diar ei henhiart – wan’t uk miasttidjs dem spezifisch schwereren Salzwasser. Das oner a grensen blaft, wat tuleet san.Ham Grundwasser ist Schwerpunktthema dieser mut uk ei tuföl weeder uun ian steed ütj a Broschüre. grünj haale, dat’am nian saaltweeder tu-

7 Die Qualität des Grundwassers auf Föhr, das paak feit. Tu al det kem nü uk noch a als Leitungswasser des Wasserbeschaffungs- ütjwirkingen faan a „Klimawandel“, wat verbandes Föhr unbedenklich getrunken und uuntesken a mensken üüb a hiale wäält verwendet werden kann, ist vielfältigen Ge- bedraapt. fährdungen ausgesetzt. So ist die natürliche Schutzwirkung der grundwasserüberdecken- Hüföl a mensk an hüföl a natüür salew den Schichten nur gering. Aus der seit langem diartu bidraanjen hee, skal heer ei bewäär- andauernden, intensiven landwirtschaftlichen tet wurd, man det schocht so ütj, üüs wan Nutzung, aber auch anderen gewerblichen und föral a küst an diarmä uk Feer bedraapen privaten Aktivitäten wurden und werden as. Jin det uunstiigend weeder skal a küst Fremdstoffe in das Grundwasser eingetragen, beeder seekert wurd an leewen muar rin deren Konzentrationen aber meist noch unter- surigt för huuger grünjweeder. De gefoor, halb der gesetzlichen Grenzwerte liegen. Die dat leewen muar an gauer kroom iin uun’t Entnahmemenge darf punktuell nicht zu hoch grünjweeder raaget, wat diar ei wees mut, sein, da ansonsten Salzwassereinbrüche nicht as ei tu auersen; jüst so üüs det mögelk- ausgeschlossen werden können. Als neue He- haid, dat ham det grens tesken swet- an rausforderung sind die Auswirkungen des Kli- saaltweeder uun’t grünjweeder ferskoft. mawandels ernst zu nehmen, der in diesem Am üüs leewentswichtig drankweeder üüb Jahrhundert nunmehr auch eine Bedrohung a düür tu seekrin, skel wi det nuadig be- auf globaler Ebene darstellt. waare, diarüüb üübpaase an so diarmä amgung, dat wi uk uun kemen tidjen gud Die Anteile natürlicher Entwicklungen und drankweeder haa, wat’am uk betaale kön. menschlicher Beeinflussungen am Klimawan- del sind hier nicht zu bewerten – er wird nach Auer heer soföl ferskeelig an kompleks den vorliegenden Prognosen aber besonders dingen tupkem, as det nuadig, dat dön den Küstenraum und damit auch die Insel lidj, wat diarfaan wat ferstun, auer a gren- Föhr betreffen. Der zu erwartende Meeres- sen henwech tupwerke. En graten straal spiegelanstieg wird große Anstrengungen im üüb dediar wai as det projekt CLIWAT. Küstenschutz erfordern, zusätzliche Verände- rungen der Niederschlagsverteilung lassen hö- CLIWAT (CLImate change and ground- here Grundwasserstände erwarten. Die Ge- WATer, www.cliwat.eu) as en „transnatio- fahr einer noch schnelleren Zusickerung von nal“ forschungsprojekt uun det „INTER- Stoffen aus der landwirtschaftlichen Flächen- REG IV B Nordsee-Programm“. nutzung sowie aus punktuellen Altablagerun- gen und sonstigen Eintragsquellen ist genauso Wedenskapslidj ütj 16 institutjuunen uun wenig zu unterschätzen wie mögliche Ver- Belgien, Deenemark, Holun an Tjisklun schiebungen der Süß-/Salzwassergrenze im werke sant 2008 tup uun det projekt, wat a Grundwasser. Zur langfristigen Sicherung des heleft faan sin medel faan a EU feit. Jo fer- lebenswichtigen Trinkwasservorrates sind der schük ütjtufinjen, hü de „Klimawandel“ Schutz, die Überwachung und eine voraus- mä al sin feranringen wel üüb at grünj- schauende Bewirtschaftung dieser Ressource weeder trochslait. An do gungt det diaram, und – hier ganz bewusst erwähnt – des Wirt- wat’am du kön of skal för en gud fersur- schaftsfaktors Grundwasser zwingend. ging mä drank- an brükweeder an för a na- tüür an a amwäält. Das überaus komplexe Wirkgefüge der ge- nannten Umweltauswirkungen erfordert um- Uun det projekt werke tup (faan a nuurd fangreiches Fach- und Methodenwissen so- tu a süüd): wie eine vernetzte, länderübergreifende Zu- • GEUS Geologischer Dienst von Däne- sammenarbeit der Fachleute. Einen wichtigen mark und Grönland, Kopenhagen (DK) Schritt in diese Richtung stellt das Projekt CLI- • Region Midtjylland, Horsens (DK) WAT dar. • Region Syddanmark, Vejle (DK) • Stadt Horsens (DK) CLIWAT (CLImate change and groundWATer, • Universitet Aarhus, Geologisk Institut www.cliwat.eu) ist als transnationales For- (DK) schungsprojekt im INTERREG IV B Nordsee- • Naturstyrelsen Aarhus (DK) Programm angesiedelt. Wissenschaftler/innen • Naturstyrelsen Ribe (DK) aus 16 Institutionen in Belgien, Dänemark, • Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt Deutschland und den Niederlanden arbeiten und ländliche Räume SH, Flintbek (D) seit 2008 gemeinsam in dem von der EU zu • Leibniz-Institut für Angewandte Geo- 50 % finanziell geförderten Projekt mit dem physik, Hannover (D) Ziel, die Einflüsse des prognostizierten Klima- • Bundesanstalt für Geowissenschaften wandels auf den Wasserkreislauf in den Re- und Rohstoffe, Hannover (D)

8 Abbildung 1: CLIWAT Projektge- biete: A) Belgische Mid- denkust (B), B) Zeeland (B, NL), C) Fryslan und Ter- schelling (NL), D) Borkum (D) (LIAG 2012), E) Schleswig/Søn- derjylland (D, DK), F) Egebjerg und Horsens (DK), G) Aarhus Aa (DK).

gionen zu erkunden (Abbildung 1). Im Mittel- • seeconsult GmbH, Osnabrück (D) punkt der Untersuchungen stehen die Verän- • DELTARES, Delft (NL) derungen, die für das Grundwasser zu erwar- • Provincie Fryslan, Leeuwarden (NL) ten sind - mit den sich daraus ergebenden • Wetterskip Fryslan, Leeuwarden (NL) Konsequenzen für die Trink- und Brauchwas- • VITENS, Leeuwarden (NL) serversorgung, für infrastrukturelle Maßnah- • Vakgroep Geologie en Bodemkunde men sowie für Natur und Umwelt. Universiteit Ghent (B)

Projektpartner sind (von Nord nach Süd): Bi a küsten gungt det - ufsen faan leewen • GEUS Geologischer Dienst von Dänemark muar wederekstreemen - föral am det stii- und Grönland, Kopenhagen (DK) gen weeder an a huuger sturemfluden. Det • Region Midtjylland, Horsens (DK) lun Sleeswig-Holstian hee diarefter al sin • Region Syddanmark, Vejle (DK) „Küstenschutzmaßnahmen“ för a kemen • Stadt Horsens (DK) juaren ütjracht. Ham skal oober uk a rocht • Universitet Aarhus, Geologisk Institut (DK) medel an waier finj, am a weederwerken bi • Naturstyrelsen Aarhus (DK) a küst an üüb a eilunen för det saaltwee- • Naturstyrelsen Ribe (DK) der tu bewaarin an uk för det weeder, wat • Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt ütj a maask ei muar rocht ufluup kön an und ländliche Räume SH, Flintbek (D) det grünjweeder uunstiig leet. Diarbi spe- • Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, let a beweeging faan’t grünjweeder an uk Hannover (D) de apbau faan a onergrünj mä sin „hy-

9 • Bundesanstalt für Geowissenschaften und draulisch“ ferhualen uun a ferskeelig sti- Rohstoffe, Hannover (D) anschichten en grat rol. • seeconsult GmbH, Osnabrück (D) • DELTARES, Delft (NL) Am a koosten för’t onerschüken liich tu • Provincie Fryslan, Leeuwarden (NL) hualen as ei bluat bööret an meeden wur- • Wetterskip Fryslan, Leeuwarden (NL) den, man uk mä ferskeelig „geophysika- • VITENS, Leeuwarden (NL) lisch“ metuuden an 3-D-bereegningen an • Vakgroep Geologie en Bodemkunde Uni- grünjweedermodeln as werket wurden. Jo versiteit Ghent (B) wurd üüb dönheer sidjen uun’t bispal faan Feer beskrewen. An den Küsten wird man neben zunehmenden Wetterextremen dem steigenden Meeresspie- Diarför, dat detheer projekt loket, as det gel Beachtung schenken müssen. So hat das nuadig, a bedraapen lidj an onernemen Land Schleswig-Holstein die erforderlichen iintubinjen an tu wisin, wat’am maat an Maßnahmen zur Anpassung der Küstenhoch- huaram det gungt. Detheer skraft wal diar- wasserschutzanlagen in seinen langfristigen tu bidreeg. Planungen berücksichtigt. Die Entwicklung entsprechender Strategien ist auch voranzu- bringen im Hinblick auf die Gefährdung küs- tennaher oder auf den Inseln gelegener Was- serwerke durch verstärkt eindringendes Salz- wasser oder durch vom steigenden Meeres- spiegel verursachte Rückstaueffekte in der Marsch, die die dortigen Grundwasserspiegel ansteigen lassen und verstärkte Drainagemaß- nahmen erforderlich machen können.

Eine Schlüsselrolle für die Grundwasserbewe- gung spielen der geologische Schichtaufbau und die hydraulischen Eigenschaften der ein- zelnen Gesteinsschichten. Um die Untersu- chungskosten möglichst gering zu halten, kommen neben „klassischen“ Bohr- und Messverfahren auch verschiedene geophysi- kalische Methoden sowie geologische 3-D- Modellierungen und Grundwassermodelle zum Einsatz. Diese werden im Folgenden am Beispiel des Projektgebietes Insel Föhr be- schrieben. Entscheidend für den Erfolg des Projektes sind Transparenz und die Einbindung der betroffenen Bevölkerung, Verbände und Unternehmen. Mit dieser Broschüre soll ein Beitrag dazu geleistet werden.

10 2 Geologie und Landschaftsentwicklung von Schleswig-Holstein

➢ Wolfgang Scheer

Die Insel Föhr liegt, umgeben von Halligen Um die Geologie des Untergrundes von Föhr und weiteren Inseln, im Nordfriesischen Wat- zu beschreiben, ist ein weiter Rückblick in die tenmeer etwa 8 km vor der Westküste des Erdgeschichte nötig, da die Entstehung der Schleswig-Holsteinischen Festlandes (Abbil- Gesteine in der Region seit über 280 Millionen dung 2). Mit einer Fläche von 82 km² ist Föhr Jahren durch das großtektonische Geschehen nach die zweitgrößte deutsche Nordsee- in Nord- und Mitteleuropa beeinflusst wird. Der insel. Das heutige Erscheinungsbild der Land- nord und östlich gelegene Baltisch-Skandinavi- schaft an der Schleswig-Holsteinischen sche Raum ist ein sehr stabiles tektonisches Westküste wurde in der jüngeren Erdge- Element der Erdkruste, das seit dieser Zeit auf- schichte durch die natürlichen Ablagerungs- steigt. Dagegen ist Norddeutschland Teil eines und Erosionsvorgänge während der Eiszeiten permanenten Senkungsgebietes, in welches (Pleistozän) und in der Nacheiszeit (Holozän) das in den umgebenden Hebungsgebieten ero- geprägt. Hinzu kommen die Veränderungen, dierte Material verfrachtet wurde, so dass sich die seit etwa 1.000 Jahren durch die Tätig- in den folgenden Erdzeitaltern bei uns eine keit der Menschen verursacht wurden und mehrere Kilometer mächtige Schichtenfolge werden. von Sedimentgesteinen ablagern konnte.

Abbildung 2: Lageplan Föhr mit Teilgebieten der Nordfriesischen Inseln und des deutsch-dänischen Festlandes. Location map of Föhr and part of the North and the german-danish mainland.

11 Abbildung 3: Aufbau des tieferen Untergrunds im Norden Schleswig-Holsteins, stark überhöhter West-Ost-Schnitt. Highly exaggerated west-east cross-section of Northern Schleswig-Holstein.

In Abbildung 3 ist der Aufbau der voreiszeitli- gen vorherrschten, da Schleswig-Holstein zu chen Sedimente schematisch bis in eine Tie- dieser Zeit in einem Randmeer des Weltmee- fe von mehreren Kilometern dargestellt. Es ist res lag. zu erkennen, dass die Lage der Schichten in und im Bereich der Insel Föhr Im Jungtertiär (Miozän bis Pliozän) endete nicht durch größere tektonische Störungen be- dann die lange Phase mariner Sedimentation. einflusst wird. Es fehlen hier im Untergrund Große Mengen an Sediment wurden durch die in anderen Teilen Schleswig-Holsteins so ein ausgedehntes Flusssystem aus dem balto- markanten Störungszonen und Salzstrukturen, skandinavischen Raum in die Norddeutsche wie sie sich beispielsweise in der Schichtab- Senke verfrachtet und das Meer begann sich folge im Ostteil des Profils in Abbildung 3 ab- aus dem Bereich des heutigen Schleswig-Hol- bilden. steins nach Westen zurückzuziehen (Abbil- dung 4). Gegen Ende des Tertiärs, im Oberen Die älteren Sedimentgesteine wurden teilwei- Pliozän, war schließlich ganz Schleswig-Hol- se unter marinen und teilweise unter terrestri- stein Festland und es kam im Bereich der schen Bedingungen abgelagert, wobei ab dem Westküste zur Ablagerung von flächenhaft Zeitalter der Kreide bis ins jüngere Tertiär verbreiteten gröberen Sanden, den sogenann- durchgehend marine Sedimentationsbedingun- ten Kaolinsanden.

12 Abbildung 4: Land-Meerverteilung im Miozän vor 13 Mio. Jahren (Ablagerung des Oberen Glimmertons), nach GÜRS (2006). Distribution of marine and terrestic areas in the Miocene (13 Mio. years ago) after GÜRS (2006).

Mit der gegen Ende des Pliozäns einsetzen- eiszeitlichen Sedimenten wieder aufgefüllt den Klimaverschlechterung begann dann der wurden. Tiefreichende Stauchungs- und Rin- Übergang zum Pleistozän (Eiszeitalter). Die nenstrukturen zeugen auch im Untergrund der während der Kaltzeiten einsetzenden Erosi- Insel Föhr von der Tätigkeit des Eises. ons- und Sedimentationsvorgänge wurden von den aus Norden und Osten vordringenden Eis- Nachdem die Gletscher der Saale-Kaltzeit massen der Gletscher und deren Schmelzwäs- (330.000 bis 127.000 vor heute) das Land sern bestimmt. Im Pleistozän gab es mehrere überfahren hatten, ließen sie nach ihrem Ab- große Vereisungsphasen, von denen die tauen in Nordfriesland die weiträumigen San- letzten drei, die so genannte Elster-, Saale- derflächen und Moränengebiete der Naturräu- und Weichselkaltzeit in Schleswig-Holstein me der heutigen Geest zurück. Die Geestker- größere Spuren hinterlassen haben. ne der Inseln , Sylt und Föhr sind die bis heute erhaltenen Reste dieser Landschaft. Besonders während der Elster-Kaltzeit (450.000 bis 400.000 Jahre vor heute) wurde Während der Weichsel-Kaltzeit (115.000 bis die voreiszeitliche Landschaft tiefgründig auf- 10.000 vor heute) erreichten die Gletscher nur gearbeitet und überprägt. Es bildete sich in noch die Bereiche des östlichen Hügellandes Norddeutschland ein System von pleistozänen (Abbildung 5) und konnten nicht mehr bis in Rinnen, die sich tief in die unterlagernden ter- den Nordseeraum vordringen. tiären Schichten einschnitten und später mit

13 Abbildung 5: Verbreitung der Gletscher der Saale- und Weichsel-Vereisungen. Distribution of glaciers during the Saale and Elster glaciation.

Am Ende der Weichsel-Kaltzeit setzte das Ab- Mit dem Rückschreiten der Küste setzte, ent- schmelzen der Eismassen ein, in dessen Fol- sprechend der vorherrschenden Strömungen, ge der Meeresspiegel, der während der schon vor etwa 5.000 Jahren der Sediment- Hauptphase der Vereisung mehr als 100 m un- transport aus Richtung Norden und Süden ent- ter dem heutigen Niveau gelegen hatte, anzu- lang der Küste in den inneren Bereich der steigen begann. Das Meer, das sich bis weit Deutschen Bucht ein, der dort das etwa hinter die heutige Doggerbank in der Nordsee 40 km breite Gebiet der Marschen und Wat- zurückgezogen hatte, drang jetzt wieder vor ten entstehen ließ. und überflutete die eiszeitlich geprägte, weit nach Westen reichende Geestlandschaft. Sediment aus der Nordsee wird seit dieser Zeit durch die Gezeitenströmungen auch in Das steigende Meerwasser bewirkte landsei- Richtung Land verfrachtet, wo es sich bei Still- tig in den flachen Küstenlandschaften einen wasser absetzen und anreichern kann. Der Aufstau des Grundwassers, der zu ausge- Mensch nutzt diesen Effekt schon seit langer dehnten Moorbildungen führte. Entlang der Zeit für die Landgewinnung aus. Ab etwa Küste des ansteigenden Meeres lief landseitig 1.000 n. Chr. wurde damit begonnen, Flächen eine Moorzone vorweg, die heute als mehrere einzudeichen, um sie gegen Überflutungen zu Dezimeter mächtige Torfhorizonte unter den schützen. Das ursprünglich im Boden vorherr- darüber abgelagerten Meeressedimenten zu schende Salzwasser wurde durch das Süß- finden ist. wasser aus den Niederschlägen verdrängt, der

14 hohe Grundwasserstand wurde durch Draina- • die drei Geestinseln Sylt, Amrum und Föhr, gen abgesenkt, so dass eine landwirtschaftli- • die durch Deiche geschützten Inseln Pell- che Nutzung ermöglicht wurde. Die Entwässe- worm und Nordstrand als Reste des alten rung der Marschen wie auch der auf großen Marschlandes, Flächen betriebene Abbau von Torf führten je- • und die bei Sturmfluten überschwemmten doch in weiten Gebieten zu Landsenkungen 10 Halligen, die z. T. erst durch Auflandung und begünstigten die späteren Landverluste. auf Sockeln des mittelalterlichen Marsch- Besonders während der Flutkatastrophen der landes hoch wuchsen. Jahre 1362 und 1634 waren erhebliche Land- verluste zu beklagen, die letztendlich zur Ab- In Abbildung 6 ist der geologische Aufbau der trennung der Marschflächen vom Festland oberflächennahen Schichten der Insel Föhr und zur Entstehung der Halligen und Inseln dargestellt. Etwa 2/5 der Fläche nehmen die führten. beiden Geestkerne im Süden der Insel ein, die überwiegend von Sedimenten der Saale-Kalt- Das Watt in Nordfriesland wird heute nach zeit aufgebaut werden. Der größere östliche Westen durch die Geestinseln Sylt und Am- sowie der kleinere westliche Geestkern beste- rum als westliche Barriereinseln begrenzt. Die hen aus eiszeitlichen Sanden mit teilweise Wattflächen zwischen den Inseln, den Halli- eingeschaltetem, lehmigen Moränenmaterial gen und dem Festland werden täglich wäh- der vorletzten Eiszeit, der Saale-Kaltzeit. Lokal rend des Tidehochwassers überflutet. sind zudem noch geringmächtige Schmelz- wassersande der letzten Eiszeit, der Weichsel- Von dem ehemaligen Festland erhalten blie- Kaltzeit zu finden. ben bis heute:

Abbildung 6: Geologische Karte der oberflächennahen Schichten der Insel Föhr (Ausschnitt aus der Geologischen Übersichtskarte 1:200.000), braun, gelb: Geest, blaugrau: Marsch. Geological map of the near surface layers of Föhr (detail of GÜK 200), brown, yellow: Geest, blue-gray: Marsch.

15 Die Geestkerne erreichen Geländehöhen von mehr als 10 m ü. NN auf. In den Kliffs der etwas mehr als 10 m ü. NN und zeigen ein Südküste sind die Sedimente der Geestkerne flachwelliges Relief (Abbildung 7). Dabei ist im Profil angeschnitten (Abbildung 8) und ge- das Gelände im östlichen Geestkern durch- ben so einen Einblick in den Aufbau des Un- schnittlich etwas höher und bildet im Raum tergrundes. Das Kliff bei Goting, in dem ge- südwestlich von - einen stauchte Sande und Geschiebemergel der größeren, plateauförmigen Bereich oberhalb Saale-Kaltzeit sowie Ablagerungen der Hol- der 10 m-Höhenlinie. Der westliche Geestkern stein-Warmzeit gefunden werden, wird offiziell weist nur zwei kleinere Erhebungen südlich als schützenswertes Objekt im Geotopkatas- von Hedehusum - mit Höhen von ter des Landes geführt (GRUBE 2012).

Abbildung 7: Höhenmodell der Insel Föhr mit Gewässernetz © DGM1, LVermA-SH. Terrain model of the Island of Föhr.

16 Abbildung 8: Am Kliff bei Hedehusum angeschnittene lehmige Sedimente des westlichen Geestkerns mit nacheiszeitlicher Bodendecke. Cliff at Hedehusum with exposed loamy sediments of the western Geest core with postglacial soil cover.

Die höchste Erhebung der Insel befindet sich 3 m ü. NN ab. Die beiden Geestkerne sind in mit 12,5 m ü. NN ca. 1 km südlich von Oeve- ihren nördlichen und mittleren Bereichen num im Bereich des östlichen Geestkerns. durch die Einbuchtung der Borgsumer Von den zentralen Bereichen der Geestkerne Marschbucht voneinander getrennt und wer- (Abbildung 9) fällt das Gelände relativ gleich- den nur im Gebiet von Goting bis zur Südküs- mäßig zu den Marschenniederungen bzw. zur te durch einen etwa 1 km breiten Geestrü- Küste hin bis auf ein Höhenniveau von etwa 2- cken miteinander verbunden.

Abbildung 9: Landschaftsbild der Geest mit flachwelligem Relief, Blick auf Witsum. Gently rolling landscape of the Geest, view to Witsum.

17 In der Föhrer Marsch im Norden sowie in der sind die Geländehöhen naturgemäß gering Godelniederung im Südwesten werden die und liegen überwiegend zwischen 0,5 und 1,5 Geestkerne von holozänen, schluffig-tonigen m ü. NN. Die Marsch wird zum Watt hin durch Weichschichten (Klei) und Wattsanden der einen Seedeich vor der Überflutung geschützt Marschen überlagert, die mehr als die Hälfte und über ein ausgedehntes Entwässerungs- der Inselfläche einnehmen. In den Marschen system drainiert (Abbildungen 10, 11 und 12).

Abbildung 10: Flache Landschaft der Marsch mit Entwässerungskanal. Shallow landscape of the Marsch with drainage channel.

Abbildung 11: Deich mit Schöpf- werk in (Foto: Günter Hil- mes). Dyke with coastal pumping station at Dunsum (Foto: Günter Hilmes).

18 Abbildung 12: Blick auf den Landesschutzdeich bei , Blickrichtung NW. View of the Dyke near Utersum, view direction NW.

Die im Südwesten der Insel gelegene Godel- Die Godel ist als einziger Vorfluter auf Föhr ge- niederung befindet sich ohne Schutzdeich im genüber dem Meer offen und unterliegt dem unmittelbaren Küstenbereich und wird bei natürlichen Tideeinfluss (Abbildung 13). Sturmfluten oft von Meerwasser überflutet.

Abbildung 13: Niederung der Godel bei Witsum. Lowland of the Godel near Witsum.

19 Die Gezeiten mit ihrem täglich zweimal wie- gatts, die das Watt durchziehen, strömt das derkehrenden Zyklus von Ebbe und Flut haben Wasser der Nordsee bei Flut wieder zurück. maßgeblichen Einfluss auf die Natur und Um- Der mittlere Tidenhub in Wyk beträgt dabei welt auf der Insel und im Wattenmeer (Abbil- 2,8 m. Das auf- und ablaufende Wasser der dung 14). In dem Luftbild (Abbildung 15) sind Tide führt große Mengen Sediment mit sich die ausgedehnten, bei Ebbe trocken gefalle- und verursacht dadurch eine stetige Verlage- nen Wattflächen zu erkennen, die die Insel rung der Sedimentverteilung im Wattenmeer. umgeben. Durch zahlreiche Priele und See-

Abbildung 14: Küste bei Hedehu- sum bei Ebbe. Coast line near He- dehusum at low tide.

Abbildung 15: Luftbild der Insel mit Wattflächen, Prielen und Seegatts. Airphoto of the island with tidal flat areas and tidal channels. (DOP 40 c © GeoBasis – DE/LVermGeo SH).

20 3 Werkzeuge der Hydrogeologie

➢ Broder Nommensen, Bernd König, Reinhard Kirsch, Frank Steinmann

„Vor der Hacke ist es duster“, lautet ein altes leküle elektrostatisch binden. In den sehr klei- bergmännisches Sprichwort. Übertragen gilt nen Poren bilden sich zudem hohe Kapillar- dies für alle Untersuchungen im Untergrund. kräfte aus. Ton besitzt Porositäten von 30 bis Während beispielsweise biologische Phäno- über 50 % und damit höhere Wassergehalte mene im Gelände studiert werden können, ist als Sand, das Porenwasser ist aber nicht frei eine unmittelbare Beobachtung der geologi- beweglich. Ton ist daher ein Grundwasserge- schen Lagerungsverhältnisse sowie der im ringleiter. Gesteinsgerüst ablaufenden hydraulischen und hydrochemischen Prozesse nicht möglich. Schluff nimmt hinsichtlich seiner Korngröße Hierfür stehen hauptsächlich indirekte Verfah- und Porengrößenverteilung eine Übergangs- ren wie geophysikalische Messungen oder stellung zwischen Sand und Ton ein. Sein Mi- Pumptests zur Verfügung. Direkte, jedoch nur neralbestand setzt sich hauptsächlich aus eng standortbezogene und in der Regel physi- Quarz, Feldspäten und einem charakteristi- kalisch gestörte „Einblicke“ gewähren Boh- schen Glimmeranteil zusammen. In reinen rungen oder Untersuchungen an Brunnen und Schluffen ist das Porenwasser wie beim Ton Grundwassermessstellen. Mit Hilfe von Inter- kaum frei beweglich. Auch Schluffe sind daher polationsverfahren oder mathematisch-numeri- Grundwassergeringleiter. schen Modellen können Zusammenhänge he- rausgearbeitet und verdeutlicht werden. Geschiebemergel zeichnet sich durch ein breites Korngrößenspektrum vom kleinsten Tonpartikel bis zu großen Steinen aus, häufig 3.1 Bohrungen sind Kreidebröckchen zu erkennen. Es handelt Grundvoraussetzung für das Verständnis der sich um die von den eiszeitlichen Gletschern unter der Geländeoberfläche ablaufenden hy- draulischen und hydrochemischen Vorgänge ist eine möglichst detaillierte Kenntnis über die Verbreitung, die Tiefenlage und die Eigen- schaften der im Untergrund anstehenden Ge- steine (auch lockerer Sand und Ton werden in Norddeutschland als Gestein bezeichnet). Im Zusammenhang mit der Wassergewinnung auf Föhr sind quartäre und tertiäre Sedimente im Tiefenbereich bis etwa 150 Meter von Be- deutung. Verbreitet sind dort in unregelmäßi- ger Wechselfolge überwiegend Sande, Tone und Geschiebemergel sowie in der Marsch der sogenannte „Klei“.

Sand ist durch Verwitterung oder Zertrümme- rung von Festgestein entstanden, er besteht zum größten Teil aus Quarzkörnern. Zwischen den Sandkörnern ist reichlich Platz für Luft oder Wasser, der Hohlraumanteil wird als Po- rosität bezeichnet. Je nach Korngröße und Sortierungsgrad des Sandes beträgt die Poro- sität etwa 20 bis 30 % (Abbildung 16). Für die Wasserversorgung ist Sand als Grundwasser- leiter interessant, da das Porenwasser be- weglich ist und abgepumpt werden kann.

Ton ist ebenfalls ein Verwitterungsprodukt und aus Feldspäten entstanden, die mit Quarz und Glimmer den skandinavischen Granit bil- den. Tonminerale sind plattig und viel kleiner als Sandkörner. Die Oberfläche der Tonminera- Abbildung 16: Struktur des Porenraums von Geschiebemergel, Sand und Ton. le ist elektrisch geladen und kann Wassermo- Pore space structure of sand, till, and clay.

21 auf dem Weg von Skandinavien zu uns „abge- und die Drehbewegung des am Bohrgestänge hobelten“ Gesteine, die nach dem Abschmel- hängenden Bohrmeißels das Gestein zunächst zen der Gletscher als sog. Grund- und Endmo- aufgelockert. Anschließend wird das zerkleiner- ränen zurückblieben. Da sich die kleinen Sedi- te Bohrgut durch den Auftrieb einer im ständi- mentpartikel in die Zwickel der gröberen Kör- gen Umlauf gehaltenen, am Bohrmeißel aus- ner eingelagert haben ist die Gesamtporosität tretenden Spülflüssigkeit (sauberes Wasser meist gering und die Wasserwegsamkeit mit Zusatz von Tonmineralien und lebensmittel- schlecht. geeigneten(!) Cellulose-Produkten) an die Erd- oberfläche transportiert. Gleichzeitig wird das Klei besteht aus Feinsand, Schluff und Ton in unverrohrte Bohrloch durch die Spülungsbe- wechselnden Mengenverhältnissen. Er ist als standteile stabilisiert. Das Spülbohrverfahren Hochwassersediment im Bereich der Vorlän- ist bis einige hundert Meter Tiefe einsetzbar dereien entstanden und oft mit feinsandigen und relativ preisgünstig, hat aber den Nachteil, Wattablagerungen sowie mit Torfen verzahnt. dass die Proben – abhängig von der Form und Auch Klei weist überwiegend geringe Wasser- dem spezifischen Gewicht – während des Auf- wegsamkeiten auf. stiegs im Bohrloch teilweise durchmischt wer- den können. Dadurch entsprechen die Bohr- Punktuelle Informationen über den Schicht- proben in ihrer Zusammensetzung nicht immer aufbau liefern Bohrungen, bei denen Proben exakt dem durchbohrten Gestein. Auch ist eine der durchbohrten Gesteine möglichst tiefenge- tiefengerechte Zuordnung der Bohrproben nau entnommen und analysiert werden. Die nicht immer gegeben. In der Regel repräsen- meisten Bohrungen werden heute im so ge- tiert jede ausgelegte Probe eine Bohrstrecke nannten Spülbohrverfahren durchgeführt von 3 Metern (Abbildung 18). (Abbildung 17). Dabei wird durch den Andruck

Abbildung 17: Bohrung (Spülbohr- verfahren), Bohrge- rät. Hydraulic-circula- tion drilling with drill rig.

22 Abbildung 18: Bohrproben aus ei- ner Spülbohrung. Drilling samples from a hydraulic circulation drilling.

Zur Präzisierung der Bohrdaten wird daher mit den geophysikalischen Parametern abge- standardmäßig im offenen Bohrloch eine geo- glichen und entstehungsgeschichtlich (strati- physikalische Bohrlochmessung (Fachbe- grafisch) eingestuft. Dieser detaillierte Bohrbe- griff „Log“) durchgeführt, mit deren Hilfe fund wird horizontweise nach einem festge- exakte Informationen zur Lage der Schicht- legten „Symbolschlüssel Geologie“ grenzen, zur Gesteinszusammensetzung so- (LBEG 2010) digital erfasst, er kann mit Hilfe wie zu einer eventuellen Versalzung des des EDV-Programms GeODin in Datenbanken Grundwassers ermittelt werden können (siehe abgelegt und normgerecht grafisch umgesetzt Abbildung 19, nähere Erläuterung der Mess- werden. Abbildung 19 zeigt ein tabellarisches verfahren im Kapitel 3.2). Die ausgelegten Schichtenverzeichnis, das hieraus entwickelte Bohrproben werden nach Möglichkeit direkt Säulenprofil sowie geophysikalische Logs aus auf der Bohrstelle vom Geologen bestimmt, dieser Bohrung.

23 Abbildung 19: Interpretiertes Schichtenverzeichnis mit Diagrammen der geophysikalischen Bohrlochmessung einer Bohrung zum Bau einer Grundwassermessstelle, von links nach rechts: Bohrergebnis, Gamma-Log, FEL-Log, kleine (rot) und große (blau) Normale (ES). Layer sequence with geophysical logging results of a drilling for a groundwater observation well, from left: gamma log, FEL, ES 16” (red) and ES 64“(blue).

Der Bau von Trinkwasserbrunnen geschieht im technisch aufwändigen Saug- oder Lufthebe- bohrverfahren und Bohrdurchmessern bis 1.000 Millimeter. Da große Sedimentmengen bewegt werden müssen, wird das Probengut über ein großkalibriges Bohrgestänge mit Hilfe von Mammutpumpen oder eingeblasener Druckluft aus der Tiefe nach oben befördert.

Abhängig von der Zielsetzung kamen auf Föhr auch andere Bohrverfahren zum Einsatz: So wurde der oberflächennahe Untergrund bis etwa 20 Meter Tiefe mittels Rammkernson- dierungen (Abbildung 20) untersucht. Dieses Verfahren ist mit tragbarem Gerät einfach durchführbar und ermöglicht eine tiefenge- naue Probenansprache.

Abbildung 20: Rammkernsondierung. Ramming core sounding.

24 3.2 Geophysikalische Bohrlochvermessung Die geophysikalische Bohrlochvermessung ist chen im Grundsatz den in Kapitel 4 vorgestell- ein Werkzeug zur verbesserten Ansprache ten geophysikalischen Messungen. Bei Grund- und Charakterisierung der erbohrten Schich- wasserbohrungen, wie sie auf Föhr zur Sicher- ten. Mit einer Messsonde, die an einem Kabel stellung der Wasserversorgung durchgeführt in die Bohrung eingeführt wird (Abbildung 21), worden sind, werden im Regelfall die natürli- werden die physikalischen Eigenschaften des che Gammastrahlung sowie der elektrische Gesteins oder Sediments im Umfeld der Boh- Widerstand des Sediments mit Bohrlochson- rung gemessen. Die Messverfahren entspre- den gemessen.

Abbildung 21: Prinzip einer geo- physikalischen Bohrlochvermes- sung (nach ZSCHER- PE & STEINBRECHER 1997). Principle of bore- hole logging (after ZSCHERPE & STEIN- BRECHER 1997).

Messung der natürlichen Gammastrahlung, Y-Log Radioaktive Elemente sind in fast jedem Ge- Geschiebemergel - weisen daher eine höhere stein vorhanden. Insbesondere tonhaltige Ma- Gammastrahlung auf als reine Sande. Die terialien enthalten Kalium, Argon und Uran, die Messung der Gammastrahlung erfolgt durch zu einer geringen und gesundheitlich unschäd- einen Szintillationsdetektor in einer Bohrloch- lichen, aber messbaren Gammastrahlung füh- sonde (Abbildung 22). ren. Tonhaltige Sedimente - wie zum Beispiel

Abbildung 22: Schematische Darstellung geophysikalischer Bohrlochsonden, links: Gamma-Sonde (D = Detektor), Mitte: Widerstandssonde (A, B = Elektroden zur Stromeinspeisung, M, N = Elektroden zur Span- nungsmessung), rechts: Induktionslog. Sketch of geophysical borehole equipment, left: gamma probe (D = detector), center: resistivity probe (A, B = electrodes for current injection, M, N = electrodes for voltage measurement), right: induction probe.

25 Messung des spezifischen elektrischen Geophysikalische Bohrlochvermessung in Widerstands der Praxis Der spezifische elektrische Widerstand des Ein Beispiel einer geophysikalischen Bohrloch- Sediments wird bestimmt durch das Porenvo- vermessung ist bereits in Abbildung 19 ge- lumen, den spezifischen elektrischen Wider- zeigt. Die Intensität der natürlichen Gamma- stand der Mineralkörner und den spezifischen strahlung wird in der Einheit API (American elektrischen Widerstand des Porenwassers. Petroleum Institute) angegeben, der spezifi- Süßwassergesättigte Sande haben, je nach sche elektrische Widerstand in Ohmmeter. In Korngrößenzusammensetzung, spezifische der Abbildung sind links die erbohrten Schich- elektrische Widerstände im Bereich von 80 – ten dargestellt, wie sie aus dem Bohrklein ab- 200 Ohmmeter. Die spezifischen elektrischen geleitet wurden. Es ergibt sich eine Wechsel- Widerstände von Ton, Schluff und Geschiebe- lagerung von Sand, Ton und Schluff. Die 3 Wi- mergel sowie von salzwassergesättigten San- derstandslogs (FEL, ES 16“, ES 64“) zeigen den sind erheblich geringer (siehe Kapitel 4). den gleichen Verlauf, dabei ist der mit der gro- ßen Normale ermittelte spezifische elektrische Zur Messung des spezifischen elektrischen Widerstand jeweils höher als beim FEL und Widerstands im Bohrloch wird von der Sonde der kleinen Normalen, weil hier der Einfluss durch 2 Elektroden ein Strom in den Unter- der Bohrspülung am niedrigsten ist. Der Ver- grund eingespeist und die Spannung, die bei lauf des Gamma-Logs ist im Wesentlichen Stromfluss entsteht, mit einem weiteren Elek- entgegengesetzt zum Verlauf des Wider- trodenpaar gemessen (Abbildung 22). Daraus standslogs. Tonhaltige Schichten zeichnen kann der spezifische elektrische Widerstand sich durch hohe Gamma-Aktivität und geringe des Gesteins berechnet werden. Bei der Mes- spezifische elektrische Widerstände aus, bei sung fließt allerdings ein Teil des Stroms durch sandigen Schichten ist es umgekehrt. Inner- die Bohrspülung, die normalerweise einen ge- halb der Schichten ist eine Feingliederung er- ringeren spezifischen elektrischen Widerstand kennbar. Beispielsweise nimmt in der Tonlage als das Gestein hat. Wird der Abstand der im Tiefenbereich von 52 – 64 m die Gamma- Elektroden zur Stromeinspeisung vergrößert, Aktivität mit der Tiefe zu und der spezifische dann erhöht sich der Anteil des Stroms, der elektrische Widerstand nimmt ab. Daraus durch das Gestein fließt. Allerdings wird da- kann geschlossen werden, dass innerhalb die- durch die Erkennbarkeit dünnerer Schichten im ser Schicht der Tongehalt von oben nach un- Untergrund schlechter. Daher wird meistens ten zunimmt. In der unteren Sandlage (96 – mit 2 Elektrodenabständen gearbeitet. Die je- 116 m) ist teilweise niedrige Gamma-Aktivität weiligen Sonden heißen „kleine“ und „große erkennbar, aber der spezifische elektrische Wi- Normale“ (ES16“ und ES64“, die Elektroden- derstand ist ebenfalls gering. Hier macht sich abstände sind in Zoll angegeben). Das Ein- der Einfluss der Grundwasserversalzung mit dringvermögen liegt im Zentimeter- bis Dezi- sehr geringen spezifischen elektrischen Wi- meterbereich. Sollen dünnere Schichten im derständen des salzigen Porenwassers be- Untergrund erkannt werden, arbeitet man mit merkbar. einer Sonde, bei der der Stromfluss radial von der Sonde in das Gestein verläuft. Eine derarti- ge Elektrodenanordnung wird als fokussierte 3.3 Messstellen, Brunnen Anordnung (FEL) bezeichnet. Zur Messung und Überwachung der Grund- wasserbewegung und zur Entnahme von Messungen des spezifischen elektrischen Wi- Wasserproben werden Probebrunnen mit ge- derstands sind auch in einer ausgebauten ringem Durchmesser, so genannte Grundwas- Bohrung möglich. Da das Kunststoffrohr als sermessstellen (Abbildung 23) eingerichtet. Isolierung wirkt, kann hier kein Strom fließen. Auf Föhr werden im Rahmen eines umfassen- Deshalb arbeitet man mit Induktionslogs, bei den Monitorings laufend Daten aus 63 Grund- denen durch ein oszillierendes elektromagneti- wassermessstellen erhoben (Kapitel 6.5). sches Feld Wirbelströme im Gestein induziert werden (siehe Kapitel 4). In einem Metallrohr sind derartige Messungen allerdings nicht möglich.

26 Abbildung 23: Grundwassermess- stelle Beo 57 Föhr- West. Observation well Beo 57 Föhr-West.

Sichtbarer Teil der Grundwassermessstellen Ein sehr wichtiger Bauwerksteil ist die Verfül- ist das Kopfbauwerk, ein in einem Betonfun- lung des so genannten Bohrungs-Ringraumes, dament verankertes Stahlrohr (Abbildungen 23 also des Hohlraumes zwischen der Bohrloch- und 24), das bis zu einem Meter aus dem Bo- wand und dem eingebauten Kunststoffrohr. den herausragt und als oberen Abschluss eine Zunächst wird im Bereich des Filters ein spe- sicher verschließbare Klappe trägt. Das Haupt- zieller Filterkies eingebracht, der einen gleich- bauwerk befindet sich im zuvor erstellten mäßigen Wasserzustrom und die Rückhaltung Bohrloch im Untergrund: Es besteht aus ei- feinkörniger Bestandteile des natürlich anste- nem im Durchmesser zwischen 50 und 115 henden Gesteins gewährleisten soll. Oberhalb Millimeter dicken Kunststoff-Hohlrohrstrang, des Filters muss der Ringraum wieder so ab- der durch Abstandshalter im Bohrloch zentriert gedichtet werden, wie es dem natürlichen und aus mehreren Teilstücken zusammenge- Schichtaufbau entspricht, d.h. durchbohrte to- setzt ist, die durch Doppelmuffen wasserdicht nige Schichten müssen wieder mit gering miteinander verbunden sind. Im Bereich der wasserdurchlässigem Material verfüllt wer- Schicht, aus der Wasserstandsdaten erhoben den. Andernfalls können Wasserwegsamkei- oder Wasserproben entnommen werden sol- ten entstehen, die zu einer raschen Zusicke- len, wird ein mit feinen Schlitzen versehenes rung von eventuell belastetem Oberflächen- Filterrohr eingebaut, in das Grundwasser ein- wasser in das für die Trinkwassergewinnung dringen kann. Es steigt im Rohrstrang entspre- genutzte Grundwasserstockwerk führen. Eine chend dem hydrostatischen Druck auf. Die na- wirksame Ringraumabdichtung wird durch die türlichen und durch Grundwasserentnahmen Einschüttung quellfähiger Tonpellets oder – verursachten Schwankungen des Grundwas- heute meistens praktiziert – durch das Ein- serstandes können durch Handmessungen pressen eines Ton-Zement-Gemisches in den oder automatische Datensammler („Logger“) Ringraum erreicht. gemessen werden (siehe Kapitel 3.5).

27 Abbildung 24: Prinzipskizze Messstellenausbau. Construction of an observation well (schematic).

28 Brunnen zur Trinkwasserförderung sind nach 100 m³/ Stunde betragen kann. Das geförder- dem gleichen Prinzip wie Grundwassermess- te „Rohwasser“ wird über eine Rohrleitung in stellen ausgebaut, allerdings mit deutlich grö- das Wasserwerk transportiert und dort aufbe- ßerem Durchmesser von meist etwa 250 bis reitet (siehe Kapitel 6.3). In dem an der Erd- 600 Millimeter (Abbildung 25). Dadurch wird oberfläche sichtbaren, meist begehbaren eine große Eintrittsfläche für das Grundwasser Brunnenschacht (Abbildung 25) sind die auf- erreicht. Der Filterkies wird oft in abgestuften wändige elektronische Pumpensteuerung so- Lagen eingebracht, um ein gleichmäßiges (la- wie diverse Armaturen und Messeinrichtun- minares) Anströmen des Brunnenfilters und gen untergebracht. Die hügelförmige Anschüt- einen wirksamen Rückhalt des Feinkorns aus tung des Brunnenschachtes dient dem Schutz dem anstehenden Gestein sicherzustellen. des Brunnenschachtes und verhindert ein Zu- laufen von Oberflächenwasser (Abbildung 26). Im wassererfüllten Aufsatzrohr oberhalb des Gegen unbefugtes Betreten sind alle Trink- Filters ist eine elektrische Unterwasserpumpe wasserbrunnen eingezäunt (Schutzzone I, sie- fest installiert, deren Leistung bis über he Kapitel 6.4).

Abbildung 25: Ausbau des Förderbrunnens Br. II A, Wasserwerk Föhr-Ost. Well design of production well Br. II A water works Föhr-Ost

29 Abbildung 26: Brunnen Br. VI, Wasserwerk Föhr- West. Well Br. VI, water works Föhr-West.

3.4 Hydrogeologische Schnitte und Modelle Ziel geologischer Untersuchungen ist es, aus In den letzten Jahren haben Industrie und Uni- Punktinformationen eine räumliche Vorstellung versitäten zukunftsweisende Computerpro- vom Aufbau des Untergrundes zu entwickeln. gramme zur geologischen 3-D-Modellierung Nach klassischer grafischer Methode werden von Rohstoff-Lagerstätten entwickelt. Diese zu diesem Zweck mehrere Säulenprofile von sehr komplexen und teuren Programme erfor- Bohrungen (siehe Kapitel 3.1) in maßstäblich dern ein hohes Expertenwissen sowie beson- korrektem Abstand und in korrekter topografi- ders leistungsstarke Rechner, finden aber, pa- scher Höhe aneinandergereiht. Durch eine Ge- rallel zum Aufbau landesweiter Bohrungs- und neralisierung und Korrelation der in den Profil- Flächendatenbanken, mittlerweile auch im säulen dargestellten Einzelschichten zu Rahmen der Aufgaben der geologischen Lan- Schichtkomplexen mit gleichen Eigenschaften desdienste zunehmend Anwendung. In Pilot- lassen sich geologische Leithorizonte ableiten Projekten, wie dem CLIWAT-Projekt auf der In- und zu linienförmigen Elementen, geologi- sel Föhr, wurde mit Hilfe des Programms schen Profilschnitten, verbinden. Vorausset- Gocad® aus Bohrungs- und Flächendaten ein zung für eine sachgerechte Verknüpfung zu- mathematisch widerspruchsfreies geologi- sammenhängender Leithorizonte – beispiels- sches Raummodell erzeugt (vergleiche Kapitel weise durchhaltende Lagen aus Geschiebe- 5). Es ermöglicht erstmalig eine echte 3-D-Vi- mergel oder in den Urstromtälern der eiszeitli- sualisierung des geologischen Schichtaufbau- chen Gletscher abgelagerte Sandschüttungen es und damit einen wesentlichen Kenntniszu- – sind fundierte Kenntnisse der Bildungsbedin- wachs im Hinblick auf die räumliche Verteilung gungen geologischer Schichtkörper. der Grundwasserleiter und Deckschichten ein- schließlich ihrer gesteinsspezifischen Eigen- Der besseren Veranschaulichung der geologi- schaften. Das Geologische 3-D-Modell ist die schen Zusammenhänge dient schließlich eine geometrische und parameterbezogene Grund- grafische Ausgestaltung des Profilschnittes lage für ein mathematisch-numerisches (Abbildung 27) sowie eine relative Überhö- Grundwassermodell (in das Grundwassermo- hung der horizontalen Schnittachse; häufige dell gehen noch zahlreiche andere Messgrö- Maßstäbe liegen bei 1:1.000 in der Höhe und ßen ein, vergleiche Kapitel 6), in dem die aktu- 1:25.000 in der Länge. Durch die Vernetzung elle Grundwasserbewegung auf der Insel mehrerer linearer Schnitte kann - für das geüb- nachgebildet und Prognoserechnungen zur te Auge - ein annähernd perspektivisches künftigen Entwicklung der Grundwasserstän- Blockbild konstruiert werden. de durchgeführt werden.

30 Abbildung 27: Hydrogeologischer Schnitt durch mehrere Aufschlussbohrungen (nach GLA 1991). Hydrogeological cross section based on several exploration drillings (after GLA 1991).

3.5 Ermittlung von Grundwassereinzugsgebieten Das Grundwasser der Insel Föhr wird haupt- Niveau bezogen wird (i. d. R. Normalnull). Bei sächlich im Bereich der Geestkerne, wo an Grundwasserleitern mit einer unbedeckten der Erdoberfläche und im Untergrund sandige Grundwasseroberfläche entspricht der Grund- Substrate vorherrschen, neu gebildet. Hier wasserspiegel der Höhenlage der Grundwas- versickert ein Teil des Wassers, das als Nie- seroberfläche (freier Grundwasserleiter). Wird derschlagswasser auf die Erdoberfläche ge- der Grundwasserleiter nach oben durch langt, in den Boden und bewegt sich unter schlecht wasserdurchlässige Schichten be- dem Einfluss der Schwerkraft nach unten in grenzt, so kann der Druckspiegel des Grund- tiefere Schichten. Als Sickerwasser erfüllt es wassers durchaus oberhalb der Grenzfläche die Porenräume im Boden und in der wasser- zwischen dem Grundwasserleiter und der ungesättigten Zone oberhalb des Grundwas- Deckschicht liegen (gespannter Grundwasser- serspiegels nur teilweise und unregelmäßig. leiter). Mit dem Auftreffen auf die Grundwasserober- fläche wird das Sickerwasser zu Grundwasser Zur Bestimmung der Grundwasserspiegelhöhe und erfüllt die Porenräume im Untergrund voll- sind Brunnen oder Grundwassermessstellen ständig. erforderlich. Im Standrohr stellt sich der Grundwasserstand entsprechend dem Niveau Auch das Grundwasser unterliegt einer ständi- der freien Grundwasseroberfläche bzw. ent- gen Bewegung, die entsteht, wenn das Ener- sprechend dem Druckspiegel des gespannten giepotenzial des Wassers an verschiedenen Grundwasserleiters ein. Durch die Messung Punkten des Grundwasserleiters unterschied- des Grundwasserspiegels an mehreren Grund- lich ist. So strömt das Grundwasser auf der In- wassermessstellen eines Grundwasserleiters sel Föhr von den Hochlagen der Geestkerne lässt sich ein räumliches Abbild der Grund- generell zu den tiefer gelegenen Randberei- wasserspiegelhöhe erarbeiten. In Abbil- chen oder zu den Förderbrunnen hin ab. Bei dung 28 ist schematisch dargestellt, wie aus einheitlicher Dichte des Wassers unterschei- den Punktmessungen an einzelnen Grundwas- den sich die Energiepotenziale im Grundwas- sermessstellen durch Interpolation Grund- serleiter allein anhand der Druckhöhe des wassergleichenpläne erarbeitet werden kön- Grundwasserspiegels, der auf ein einheitliches nen.

31 Abbildung 28: Aus den punktuellen Messwerten lassen sich malnull (m ü. NN) angegeben. Die die Höhe Vorgehensweise mit Hilfe von Interpolationsverfahren Linien des Grundwasserspiegels fast immer Schwan- bei der Konstrukti- gleicher Grundwasserspiegelhöhe, die Grund- kungen unterliegt, müssen die Messwerte zur on von Grundwas- Voraussetzung für die Erstellung von Grund- Erstellung eines Grundwassergleichenplans in sergleichenplänen: wassergleichenplänen ist ein Netz von Grund- der Regel an allen Grundwassermessstellen a) Förderbrunnen wassermessstellen in genügender Anzahl und gleichzeitig oder in möglichst kurzem zeitli- mit Grundwasser- in guter räumlicher Verteilung, wie es heute in chen Abstand zueinander erhoben werden messnetz und den beiden Geestkernen der Insel Föhr be- (Stichtagsmessung). Grundwasserspie- steht (siehe auch Kapitel 5). Abbildung 28a gelhöhen, b) Kon- zeigt ein solches Messnetz, das sich in einem Aus den punktuellen Messwerten lassen sich struktion eines hy- küstennahen Landschaftsausschnitt um einen mit Hilfe von Interpolationsverfahren Linien drologischen Drei- Förderbrunnen (Br.) erstreckt. An den Grund- gleicher Grundwasserspiegelhöhe, die Grund- ecks aus drei wassermessstellen (A - K) ist jeweils die wassergleichen, konstruieren. Im einfachsten Messstellen, c) Grundwasserspiegelhöhe in Metern über Nor- Fall erfolgt die Konstruktion anhand von drei Grundwasserglei- chenplan für den Zustand ohne Grundwasserent- nahme, d) Grund- wassergleichenplan mit Brunnenein- zugsgebiet bei Grundwasserförde- rung. Construction of groundwater con- tour maps: a) pro- duction wells with groundwater mo- nitoring network and groundwater table elevations, b) construction of a hydrological trian- gle based on three observation wells, c) groundwater contour map wit- hout groundwater pumping, d) groundwater con- tour map with well catchment area during groundwa- ter production.

Voraussetzung für die Erstellung von Grund- Grundwasserspiegelhöhe in Metern über Nor- wassergleichenplänen ist ein Netz von Grund- malnull (m ü. NN) angegeben. Da die Höhe wassermessstellen in genügender Anzahl und des Grundwasserspiegels fast immer Schwan- in guter räumlicher Verteilung, wie es heute in kungen unterliegt, müssen die Messwerte zur den beiden Geestkernen der Insel Föhr be- Erstellung eines Grundwassergleichenplans in steht (siehe auch Kapitel 5). Abbildung 28a der Regel an allen Grundwassermessstellen zeigt ein solches Messnetz, das sich in einem gleichzeitig oder in möglichst kurzem zeitli- küstennahen Landschaftsausschnitt um einen chen Abstand zueinander erhoben werden Förderbrunnen (Br.) erstreckt. An den Grund- (Stichtagsmessung). wassermessstellen (A - K) ist jeweils die

32 Aus den punktuellen Messwerten lassen sich kennbar an der deutlich geringeren Grundwas- mit Hilfe von Interpolationsverfahren Linien serspiegelhöhe (Grundwassergleiche von gleicher Grundwasserspiegelhöhe, die Grund- 0,50 m ü. NN). Im Bereich des Absenkungs- wassergleichen, konstruieren. Im einfachsten trichters sind die Grundwassergleichen ent- Fall erfolgt die Konstruktion anhand von drei sprechend gekrümmt und die Fließpfeile zei- Beobachtungspunkten durch eine einfache, li- gen an, dass ein Teil des Grundwassers dem neare Interpolation (hydrologisches Dreieck). Brunnen zuströmt. Anhand der für diesen Ent- Abbildung 28b verdeutlicht die Vorgehenswei- nahmezustand konstruierten Grundwasserglei- se am Beispiel des Dreiecks aus den Mess- chen lässt sich das Grundwassereinzugsge- stellen C, G und H. Jeweils zwei Messstellen biet des Brunnens abgrenzen, das in Abbil- werden zunächst durch eine Hilfslinie mitein - dung 28d durch die magentafarbene Linie be- ander verbunden und die Strecke zwischen grenzt wird. Innerhalb des Einzugsgebietes den Messstellen wird entsprechend der Diffe- fließt das Grundwasser dem Brunnen vollstän- renz der zugehörigen Messwerte in gleich lan- dig zu und wird von diesem gefördert, außer- ge Abschnitte unterteilt (äquidistante Untertei- halb des Einzugsgebietes haben sich die Strö- lung). Anhand der Unterteilungen werden mungsverhältnisse gegenüber dem vorherigen dann bestimmte Zwischenwerte der Grund- Zustand ohne Grundwasserentnahme nur wasserspiegelhöhe, z. B. die Werte 1,50 und leicht geändert. 1,75 m ü. NN auf der Hilfslinie zwischen den Messstellen C und G, als Punkte markiert In der Praxis ist eine Konstruktion von Grund- werden. Verbindet man die markierten Punkte wassergleichenplänen ausschließlich mit Hilfe mit gleicher Grundwasserspiegelhöhe, die an mathematischer Interpolation zumeist nicht allen Seiten des Dreiecks bestimmt wurden, ausreichend. Die Erarbeitung von Gleichenplä- so ergeben sich nun die Grundwasserglei- nen mit im Detail plausibler Linienführung chen als Linien gleicher Grundwasserspie- setzt neben der Messung der Grundwasser- gelhöhe. In Abbildung 28b sind dies die drei spiegelhöhen Spezialwissen über den Unter- schwarzen Linien mit den Werten für die grundaufbau und die Schichteigenschaften vo- Grundwasserspiegelhöhen von 1,25, 1,50 und raus, das der Hydrogeologe in die Konstrukti- 1,75 m ü. NN. on einfließen lässt. Ein Beispiel für einen Grundwassergleichenplan zur Einzugsgebiets- Abbildung 28c zeigt den Grundwasserglei- bestimmung im östlichen Geestbereich der In- chenplan, der auf der Grundlage der oben er- sel Föhr ist in Kapitel 5.3 enthalten. läuterten Methodik durch die flächenhafte Auswertung des gesamten Messnetzes kon- Die Erneuerung des Grundwassers, das durch struiert wurde. Der Förderbrunnen ist in die- Förderbrunnen gewonnnen wird, geschieht sem Fall nicht in Betrieb. Aus dem Verlauf der ausschließlich innerhalb der unterirdischen Grundwassergleichen kann als wichtigste In- Brunneneinzugsgebiete. Nähr- und Schadstof- formation die Strömungsrichtung des fe, die innerhalb von Brunneneinzugsgebieten Grundwassers abgeleitet werden. Sie ergibt in das Grundwasser gelangen, können daher sich grafisch als Senkrechte zu den Grund- mit dem Grundwasserfluss bis in die Brunnen wassergleichen und ist von Punkten mit höhe- transportiert werden. Die Kenntnis der Lage rer zu Punkten mit niedrigerer Grundwasser- und die genaue Abgrenzung von Grundwas- spiegelhöhe gerichtet. Aus dem Grundwasser- sereinzugsgebieten hat daher für den Grund- gleichenplan leiten sich lokal unterschiedliche wasserschutz eine große praktische Bedeu- Fließrichtungen des Grundwassers ab, die in tung. So werden in Schleswig-Holstein für Abbildung 28c durch die gelben Pfeile angege- größere zur öffentlichen Trinkwasserversor- ben sind. Deutlich ist zu erkennen, dass das gung genutzte Wasserwerke, bei denen eine Grundwasser von der Grundwasserkuppe bei konkrete Gefährdung des Grundwassers im der Messstelle D allseitig abfließt und im Be- Einzugsgebiet der Förderbrunnen besteht, reich des still stehenden Förderbrunnens voll- Wasserschutzgebiete ausgewiesen. ständig zur Küstenlinie hin abströmt. Die Nord- see wirkt hier als Vorfluter, in den der Grund- Auf Föhr wurden bereits im Jahre 1985 die wasserleiter entwässert. ersten Wasserschutzgebiete ausgewiesen. Seit dieser Zeit haben sich die Einzugsgebiete Die Auswirkungen einer Grundwasserent- der Förderbrunnen infolge einer veränderten nahme auf das Strömungsbild sind in Abbil- Bewirtschaftungsweise verkleinert und die dung 28d verdeutlicht. In diesem Fall fördert Wasserschutzgebiete wurden inzwischen den der Brunnen und es hat sich in seinem Nahbe- neuen Bedingungen angepasst (Kapitel 6.4). reich ein Absenkungstrichter ausgebildet, er-

33 3.6 Grundwasser-Analysen

Probennahmetechnik Die Ermittlung des chemischen Zustands des Beschaffenheit dem Zustand im Grundwasser- Grundwassers kann nur über entsprechende leiter entspricht und es nicht durch den Auf- Analysen im Labor erfolgen. Unabdingbare Vo- enthalt in der Messstelle oder durch die Pro- raussetzung hierfür ist die Entnahme von bennahme selbst zu einer Veränderung ge- Grundwasserproben aus entsprechend ausge- kommen ist. bauten Messstellen (Kapitel 3.3). Die Vorge- hensweise während der gesamten Proben- Zur Entnahme einer Grundwasserprobe wird nahme wird entsprechend einer Standardan- eine Unterwasserpumpe an einem aus mehre- weisung, die auf gängigen Regelwerken und ren Rohren bestehenden Gestänge in die DIN-Normen beruht, durchgeführt. Diese Vor- Grundwassermessstelle eingehängt (Abbil- gehensweise gewährleistet, dass das der che- dung 29). mischen Analyse zugeführte Wasser in seiner

Abbildung 29: Idealisierte Stoffverfrachtung im Porengrundwasserleiter durch den primären Einfluss des konvekti- ven Massenflusses unter Vernachlässigung der Vermischung und Verteilung durch hydromechani- sche Dispersion und molekulare Diffusion, verändert nach ROHMANN & SONTHEIMER (1985). Idealized mass transport in the pore aquifer due to primary convective mass flow neglecting mi- xing and distribution by hydromechanical dispersion and molecular diffusion (after ROHMANN & SONTHEIMER 1985).

Über das Rohrgestänge mit aufgesetzten sche Leitfähigkeit und der Sauerstoffgehalt Schläuchen wird das Wasser in einen Mess- werden während der gesamten Zeit kontinu- behälter gepumpt, der dabei ständig durch- ierlich gemessen (Abbildung 30). strömt wird. Temperatur, pH- Wert, die elektri-

34 Abbildung 30: Probennahme mit kontinuierlicher Messung der Temperatur, des pH- Werts, der elektrischen Leitfähigkeit und des Sauer- stoffgehalts in einer Messstelle auf der Insel Föhr. Taking of groundwater samples including continous measurement of temperature, pH-value, electrical conductivity and oxigene content at a monitoring well on the Island of Föhr.

Erst wenn diese Parameter eine annähernde Allgemeinen zwischen 15 und 45 Minuten Konstanz zeigen, werden die speziellen Pro- (Abbildung 31). benflaschen befüllt. Dieser Vorgang dauert im

Abbildung 31: Beispielhafte Verän- derung der elektri- schen Leitfähigkeit und des pH-Wertes im Verlauf der Pro- bennahme an einer flachen Grundwas- sermessstelle. Alteration of elect- rical conductivity and pH-value du- ring groundwater sampling at a shal- low monitoring well.

35 Für die Beurteilung der Grundwasserbeschaf- • Natrium fenheit sind folgende Parameter und Hauptin- Natrium ist ein relativ häufiges Element und haltsstoffe von besonderer Bedeutung: Bestandteil vieler Minerale. Ein Großteil des Natriumvorkommens ist an Salzlagerstätten gebunden oder liegt gelöst im Meerwasser • Elektrische Leitfähigkeit bei 25° C vor. Hohe Natriumgehalte weisen in Küstennä- Die elektrische Leitfähigkeit ist ein Maß für he auf den Einfluss einer Versalzung durch den Gesamtgehalt der gelösten Stoffe im Meerwasser hin. Erhöhte Natriumgehalte tre- Grundwasser. Ihre Größe ergibt sich aus geo- ten daher oft mit erhöhten Chlorid- und/oder genen, aber auch anthropogenen Einflüssen. Kaliumgehalten auf. Maßgeblichen Einfluss auf die elektrische Leit- fähigkeit haben vor allem die Calcium- und Hy- drogencarbonatgehalte sowie Natrium, Chlorid • Kalium und Sulfat. Neben salzhaltigen Grundwässern Kalium gehört wie Natrium zu den Alkalimetal- weisen insbesondere solche Grundwässer len. Auch Kalium kommt in erhöhten Mengen eine hohe elektrische Leitfähigkeit auf, deren im Meerwasser vor, allerdings in deutlich ge- Beschaffenheit sehr stark durch kalkhaltige ringeren Konzentrationen als Natrium. Dane- Sedimente (Geschiebemergel) bestimmt wird. ben gehört Kalium zusammen mit Stickstoff, Phosphor und Magnesium zu den Hauptnähr- elementen der Pflanzen und wird in Form von • pH-Wert mineralischen und organischen Düngern in re- Der pH-Wert wird neben dem Kalk-Kohlensäu- lativ großen Mengen in der Landwirtschaft re-Gleichgewicht maßgeblich durch die Land- eingesetzt. Im Gegensatz zum Nitrat findet im nutzung (Düngungsmaßnahmen) und atmo- Untergrund kein Abbau von Kalium statt, je- sphärische Einträge („saurer Regen“), aber doch wird Kalium an Tonminerale gebunden auch durch natürlicherweise ablaufende Stoff- und bei steigendem Tongehalt des Untergrun- wechselvorgänge zwischen Pflanzen und Bo- des zunehmend adsorbiert und damit aus dem den beeinflusst. Da in unserem humiden Kli- Grundwasser entfernt. ma die Menge an pH-Wert-senkender Säure (H-Ionen) auf Dauer größer ist als das Puffer- vermögen der Sedimente, die bei der Neubil- • Calcium dung des Grundwassers durchsickert werden, Calcium gehört, wie auch Magnesium, zu den kommt es zu einer allmählichen Versauerung. Erdalkalimetallen und ist in zahlreichen ge- Werden dabei die Carbonate als wichtige Puf- steinsbildenden Mineralen enthalten. Calcium ferstoffe verbraucht, kommt es zu einer Ab- wird in relativ großen Mengen in der Landwirt- senkung des pH-Wertes unter den Neutral- schaft als Dünger eingesetzt, wobei jedoch punkt von pH 7. Unter reinen Sandböden, die weniger die Calciumversorgung der Kultur- eine vergleichsweise geringe Pufferkapazität pflanze im Vordergrund steht, als vielmehr aufweisen, kann es zu einer deutlichen Absen- eine Beeinflussung des pH-Wertes der land- kung des pH-Wertes kommen. wirtschaftlichen Böden. Darüber hinaus hat Calcium auch eine strukturverbessernde Wir- kung auf das Bodengefüge. Erhöhte Calcium- • Sauerstoff gehalte im Grundwasser werden vor allem Die Lösungsmöglichkeit des Sauerstoffs im durch den natürlichen Calciumgehalt der Sedi- Wasser wird im Wesentlichen durch die Tem- mente verursacht (z. B. Calciumcarbonat - peratur und den Salzgehalt des Grundwassers haltiger Geschiebemergel). gesteuert. Der sich tatsächlich einstellende Sauerstoffgehalt ist abhängig von den stoffli- chen Umsetzungsprozessen. So ist der mit • Magnesium mikrobieller Aktivität verbundene Abbau von Magnesium zählt neben Stickstoff, Phosphor organischer Substanz ein Sauerstoff zehrender und Kalium zu den Hauptnährelementen der Vorgang. Von reduzierten Grundwässern landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, die zur Er- spricht man, wenn praktisch kein freier Sauer- tragssicherung mit der Düngung zugeführt stoff mehr vorhanden ist. An das Vorkommen werden müssen. Magnesium ist im Sediment von freiem Sauerstoff ist wiederum das Vor- relativ mobil und kann mit dem Sickerwasser kommen anderer Inhaltsstoffe gebunden. Ni- in das Grundwasser ausgewaschen werden. trat ist unter reduzierten Bedingungen nicht Häufig kann man im Grundwasser ein Verhält- beständig. Eisen und Mangan können nur un- nis von Calcium zu Magnesium von etwa ter diesen Bedingungen in vergleichsweise 10 : 1 feststellen. hohen Konzentrationen vorkommen.

36 • Eisen und Mangan • Chlorid Eisen und Mangan gehören zwar zu den häu- Da Chlorid auch Bestandteil von Mineraldün- figsten Elementen der Erdkruste, ihre Löslich- gern ist (z. B. von Kaliumchlorid-Düngern), keit im Wasser ist jedoch gering und hängt können erhöhte Chloridgehalte im Grundwas- von der mikrobiellen Aktivität, dem pH-Wert, ser auch die Folge von Düngungsmaßnahmen dem Sauerstoffgehalt und dem Vorhandensein auf landwirtschaftlichen Flächen sein. Darüber von organischer Substanz ab. Höhere Gehalte hinaus liegt Chlorid mit ca. 2 Gewichtsprozent an Eisen und Mangan sind im Grundwasser gelöst im Meerwasser vor und kann auch auf grundsätzlich an sauerstoffarme und damit re- eine Versalzung küstennaher Grundwässer duzierende Verhältnisse gebunden. In diesem hindeuten. Fall kann beim Abbau von Nitrat zweiwertiges Eisen entstehen und zu erhöhten Eisengehal- ten im Grundwasser führen. • Sulfat Schwefel ist natürlicher Bestandteil verschie- dener Minerale und tritt überwiegend in Form • Nitrat von Sulfid oder Sulfat auf. Schwefel wird auch Nitrat hat bei der Beurteilung des Einflusses als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt, der landwirtschaftlichen Nutzung auf das so dass erhöhte Sulfatgehalte im Grundwas- Grundwasser die größte Bedeutung. Nitrat ser auch anthropogen bedingt sein können. wird unmittelbar mit mineralischem Dünger aufgebracht, oder es entsteht durch den Ab- bau (Mineralisierung) von organischer Sub- • Hydrogencarbonat stanz aus den Wirtschaftsdüngern Gülle, Jau- Die Gehalte an Hydrogencarbonat werden vor che und Festmist. Aber auch durch den Abbau allem von der Zusammensetzung der Sedi- der natürlich vorkommenden organischen Sub- mente bestimmt. Hohe Werte finden sich da- stanz im Boden sowie von Pflanzenrückstän- her in Messstellen, die durch Calciumcarbo- den kann Nitrat freigesetzt werden. Nitrat wird nat-haltigen Geschiebemergel beeinflusst vom Boden kaum gebunden und ist aufgrund sind. Niedrige Gehalte kommen an Messstel- seiner Wasserlöslichkeit leicht verlagerbar. So- len vor, die in Calciumcarbonat-armen Sanden fern keine Aufnahme durch die Pflanzen er- verfiltert sind. Darüber hinaus kann Hydrogen- folgt und keine Denitrifikation stattfindet, kann carbonat auch beim Nitratabbau entstehen. es mit dem Sickerwasser in das Grundwasser verlagert werden.

37 4 Geophysikalische Untersuchungen auf Föhr

➢ Reinhard Kirsch, Helga Wiederhold, Thomas Burschil

Unsere Kenntnisse über den Untergrund der Bei den elektromagnetischen Verfahren wird Insel Föhr und über die Abfolge von grundwas- im Untergrund ein Strom induziert, der im We- serleitenden und –nichtleitenden Schichten ba- sentlichen durch das Porenwasser oder durch sieren auf einer Vielzahl von Bohrungen, aber die Tonminerale fließt. Der dadurch ermittelba- auch auf geophysikalischen Messungen, die re spezifische elektrische Widerstand des im Rahmen des Projektes CLIWAT durchge- Sediments hängt also stark vom spezifischen führt wurden. elektrischen Widerstand des Porenwassers und vom Tongehalt ab. Ton und Geschiebemer- Das Ziel geophysikalischer Messungen ist die gel haben einen geringeren spezifischen elek- Abbildung der Untergrundstrukturen. Dies er- trischen Widerstand als Sand. Salzhaltiges Po- folgt nicht auf direktem Wege wie bei einer renwasser, das insbesondere im Bereich der Bohrung, bei der durch das nach oben geför- Marsch auftreten kann, hat einen besonders derte Untergrundmaterial der Schichtenaufbau geringen spezifischen elektrischen Widerstand. ersichtlich wird. Geophysikalische Erkundungs- Eine Grundwasserversalzung ist daher mit verfahren nutzen die unterschiedlichen physika- elektromagnetischen Verfahren gut erkennbar. lischen Eigenschaften der Sedimentschichten, um die Tiefenlage der Schichtgrenzen zu be- Die Dichte und die seismische Geschwindig- stimmen und um das Material zu charakterisie- keit hängen stark von der Porosität ab, eine ren. Eine derartige Tiefenbestimmung ist hohe Porosität führt zu einer verringerten manchmal mehrdeutig und nicht so exakt wie Dichte und einer verringerten seismischen Ge- bei einer Bohrung, bei der man die Geologie schwindigkeit. Geschiebemergel mit einer ge- mit den Händen greifen kann. Geophysikalische ringen Porosität hat daher eine höhere Dichte Messungen sind aber preiswerter als Bohrun- und eine höhere seismische Geschwindigkeit gen und die gewonnenen Untergrundinforma- als beispielsweise Sand. tionen liegen meistens profil- oder flächenhaft vor, während durch Bohrungen lediglich Punkt- informationen gewonnen werden können. 4.2 Geoelektrische und Elektromagnetische Messungen auf Föhr, SkyTEM Die wichtigsten geophysikalischen Messver- Ziel der geoelektrischen und elektromagneti- fahren, die auf Föhr eingesetzt wurden, sind schen Messungen ist die Bestimmung des Reflexionsseismik und Elektromagnetik. Im spezifischen elektrischen Widerstands des Folgenden werden Ihnen diese Messverfah- Untergrundes, woraus dann Rückschlüsse auf ren kurz vorgestellt. Vorher werfen wir aber das Untergrundmaterial möglich sind. Da der noch einen schnellen Blick auf die physikali- Untergrund nicht homogen, sondern aus den schen Eigenschaften der hier vorkommenden unterschiedlichen Sedimentlagen aufgebaut Sedimentarten. ist, soll durch geoelektrische und elektromag- netische Messungen die Abfolge der spezifi- schen Widerstände mit der Tiefe bestimmt 4.1 Unser Untergrund – von der Geologie werden. zur Physik Damit die Lagerungsverhältnisse von Sand, Geoelektrische Messungen wurden bereits in Ton und Geschiebemergel geophysikalisch er- den 1990er Jahren auf Föhr durchgeführt (KE- kundet werden können, müssen sich diese 3 TELSEN & KIRSCH 2004). Dabei wird mit 2 Metall- Sedimentarten in einigen ihrer physikalischen spießen (Elektroden) ein Strom in den Unter- Eigenschaften unterscheiden. Für eine Erkun- grund eingespeist und die durch den Strom- dung mit geoelektrischen oder elektromagne- fluss erzeugte Potentialdifferenz mit 2 weite- tischen Verfahren ist die entscheidende physi- ren Elektroden gemessen. Durch Messung mit kalische Eigenschaft der spezifische elektri- unterschiedlichen Elektrodenabständen lässt sche Widerstand oder die elektrische Leitfä- sich der Schichtenaufbau des Untergrundes higkeit. Bei einer Erkundung mit seismischen ableiten, wobei die Schichten durch ihre spezi- Verfahren geht es um die Ausbreitungsge- fischen elektrischen Widerstände charakteri- schwindigkeit seismischer Wellen (seismische siert sind. Ein Beispiel geoelektrischer Mes- Geschwindigkeit), die von der Dichte und den sungen nördlich von Dunsum ist in Abbildung elastischen Eigenschaften des Sediments 32 gezeigt. Es handelt sich um 3 geoelektri- (Kompressionsmodul und Schermodul) ab- sche Sondierungen, die mit zunehmendem Ab- hängt. stand vom Deich durchgeführt wurden. In den

38 Sondierungsergebnissen zeichnet sich jeweils terial eingelagert. Interessant ist die extrem die Deckschicht (trockenes Material) mit hohen niederohmige Schicht (3 – 9 Ohmmeter) als spezifischen elektrischen Widerständen ab, die Abschluss der erfassten Schichten. Es handelt vom Grundwasserleiter (wassergesättigter sich hierbei um salzwasserführende Sande. Sand, siehe Kapitel 5) mit Widerständen im Die Tiefenlage der Salz-Süßwassergrenze sinkt Bereich von 130 – 180 Ohmmetern unterlagert mit zunehmendem Abstand vom Deich ab, hier wird. In den Grundwasserleiter ist eine nieder- wurde also der Rand der Süßwasserlinse (Ab- ohmige Zwischenschicht aus tonhaltigem Ma- bildung 57) erfasst.

Abbildung 32: Ergebnis geoelektrischer Sondierungen auf Föhr: Links sind die Sondierungskurven (gemessene elektrische Widerstände in Abhängigkeit vom jeweiligen Elektrodenabstand) dargestellt, rechts die ermittelten Widerstands – Tiefen Diagramme, die Zahlen bedeuten hier die spezifischen Widerstände des Sediments. Die unterste, niederohmige Schicht (dunkel) stellt die zur Landseite hin abtauchende Salzwasserintrusion dar (KETELSEN & KIRSCH 2004). Results of geoelectrical soundings (VES): sounding curves (left) and resistivity depth distributions with dipping saltwater freshwater boundary.

Zur flächenhaften Erfassung der Untergrund- Umgesetzt für die geophysikalische Erkun- verhältnisse, insbesondere der Süßwasserlin- dung heißt das (Abbildung 33): se, wurden im Projekt CLIWAT elektromagne- • mit einer Sendespule auf oder über dem tische Messungen durchgeführt. Physikalische Erdboden wird ein zeitlich veränderliches Grundlage elektromagnetischer Messungen Magnetfeld erzeugt (zum Beispiel durch ei- sind die Maxwellschen Gleichungen (zum Bei- nen Wechselstrom), spiel das Induktionsgesetz), durch die elektri- • dieses dringt in den Untergrund ein und sche und magnetische Felder verknüpft sind. lässt dort Ströme fließen, deren Stärke un- Das bedeutet: ter anderem vom spezifischen elektrischen • wenn ein Magnetfeld sich ändert, wird ein Widerstand des Untergrundes abhängt, elektrisches Feld induziert und in elektrisch • dieses Stromsystem führt zu einem zusätz- leitfähigem Material fließt ein Strom, lichen Magnetfeld (Sekundärfeld), das in ei- • wenn ein Strom fließt, wird um ihn ein nem Empfänger registriert wird, Magnetfeld erzeugt. • aus dem Verhältnis von sekundärem und primärem Magnetfeld lässt sich die Vertei- lung der elektrischen Widerstände im Un- tergrund ableiten.

39 Abbildung 33: Grundprinzip elektromagnetischer Messungen. Basic principle of electromagnetic measurements.

Auf Föhr wurde ein spezielles Verfahren der gulärem Verlauf der Fluglinien (Abbildung 35). Elektromagnetik eingesetzt, die Transienten- Ergänzend wurden Transientelektromagneti- elektromagnetik. Hierbei fließt in der Spule sche Messungen am Boden durchgeführt (LISS ein Gleichstrom, der abgeschaltet wird, wo- 2011). durch das Magnetfeld zusammenbricht. Da- durch ergibt sich eine starke Änderung des Nach Messung und Inversion der SkyTEM Da- Magnetfeldes und ein entsprechend starkes ten erhält man die Widerstands-Tiefenvertei- induziertes Stromfeld im Untergrund, so dass lung unterhalb der Fluglinie des Hubschrau- die Untergrundstruktur bis in mehrere hundert bers, was als Basis für eine weiterführende Meter Tiefe erfasst werden kann. Stark ist al- geologische Interpretation dient (Abbildung lerdings relativ zu sehen, die induzierte Strom- 36). Zur Erstellung von Widerstandskarten dichte im Untergrund ist sehr gering. werden für ein vorgegebenes Tiefenintervall (beispielsweise 10 – 20 m u. NN) die entlang Für schnelle großräumige Messungen wird der Fluglinien bestimmten elektrischen Wider- dieses Messsystem von einem Hubschrauber stände zwischen den Fluglinien interpoliert, so aus betrieben und als SkyTEM bezeichnet dass die flächenhafte Verteilung des spezifi- (Abbildung 34). Die Messantenne wird in ca. schen elektrischen Widerstands abgeleitet 30 m Höhe geschleppt. SkyTEM ist eine Ent- werden kann. Als Beispiel ist in Abbildung 37 wicklung der Universität Aarhus, HydroGeo- die Widerstandsverteilung für den Tiefenbe- physics Group, die von der Fa. SkyTEM ApS reich 20 – 30 m u. NN gezeigt. Der blau ge- kommerziell eingesetzt wird (AARHUS GEOPHY- kennzeichnete hochohmige Bereich im Geest- SICS 2008). kern von Föhr stellt die Süßwasserlinse dar, während der rot gekennzeichnete niederohmi- Föhr wurde flächendeckend beflogen, die ge Bereich in der Marsch im Norden der Insel Fluglinien verlaufen in Ost-West Richtung. Der auf Grundwasserversalzung hinweist. Auffällig Abstand der Fluglinien untereinander beträgt ist ein Nordost – Südwest verlaufendes Strei- im Mittel 250 m. Ortschaften und einzeln ste- fenmuster im Norden. Hier zeichnen sich gla- hende Gebäude wurden, wenn möglich, nicht ziale Stauchstrukturen ab, über die bereits in überflogen, das führt zu einem teilweise irre- Kapitel 2 berichtet wurde.

40 Abbildung 34: SkyTEM im Einsatz. SkyTEM in operation.

Abbildung 35: Fluglinienplan der SkyTEM Befliegung (blaue und rote Linien). SkyTEM flightlines on the Island of Föhr.

41 Abbildung 36: Oben: spezifische elektrische Widerstände des Untergrundes unterhalb einer SkyTEM Fluglinie (Profil 2 in Abbildung 35), da- runter: spezifische elektrische Widerstände von Sand, Geschiebemergel und Ton als Basis einer geologischen Interpretation der Befliegungsergebnisse. Top: specific electrical resistivities in the subsoil beneath a SkyTEM flightline, bottom: specific electrical resistivity ranges of sand, till and clay as a base of geological interpretation.

Abbildung 37: Ergebnis der SkyTEM Befliegung: Karte der spezifischen elektrischen Widerstände für den Tiefenbereich 20 – 30 m u. NN. Results of a SkyTEM survey: lateral distribution of electrical resistivities in the depth range 20 – 30 m below mean sealeval.

42 4.3 Seismische Messungen auf Föhr Die Seismik gehört zu den bekanntesten Er- auf Föhr wurden vom Leibniz-Institut für An- kundungsverfahren der Geophysik. Ihr Einsatz- gewandte Geophysik (Hannover) durchgeführt bereich reicht von der Untersuchung flacher und so angelegt, dass der Tiefenbereich bis Untergrundstrukturen der obersten Meter bis ca. 500 m erfasst werden konnte. Die Mes- hin zur Kartierung von Erdöllagerstätten und sungen erfolgten auf Profilen von 1 – 2 km geothermischen Nutzhorizonten in mehreren Länge im Bereich des Wasserwerks Föhr – Kilometern Tiefe. Die seismischen Messungen Ost (Abbildung 38).

Abbildung 38: Lage der seismischen Profile im Bereich des Wasserwerks Föhr Ost. Location of seismic lines around the water works Föhr-Ost.

Seismische Messungen basieren auf der Aus- die aufgenommenen Daten speichert. Die wertung der Laufzeit von Erschütterungswel- Messung beginnt, sobald die seismische Wel- len im Untergrund, die als seismische Wellen le ausgelöst wird. Ab jetzt wird kontinuierlich bezeichnet werden. Seismische Wellen kön- von den Geophonen die Bewegung der Erd- nen durch eine Sprengung, durch einen Ham- oberfläche aufgezeichnet. Seismische Wellen merschlag auf den Boden oder durch Vibrato- werden registriert, wenn sie entweder an der ren erzeugt werden. Die seismischen Wellen Erdoberfläche entlanglaufen (Oberflächenwel- breiten sich an der Erdoberfläche wie Wasser- len) oder von einer Schichtgrenze im Unter- wellen aus, dringen aber auch in den Unter- grund reflektiert werden. Damit eine seismi- grund ein. Die Ausbreitung im Untergrund er- sche Welle an einer Schichtgrenze reflektiert folgt annähernd auf Kugelschalen (Wellenfron- werden kann, müssen sich die Schichten ten), wenn man aber nur eine Ausbreitungs- oberhalb und unterhalb in ihrer seismischen richtung betrachtet, kann man sich vorstellen, Impedanz, also dem Produkt aus der jeweili- dass die seismische Welle sich entlang eines gen seismischen Geschwindigkeit und Dich- Strahles bewegt. te, unterscheiden. Wie bereits erwähnt, hat Sand eine höhere Porosität und damit eine ge- Zur Durchführung seismischer Messungen be- ringere Dichte und seismische Geschwindig- nötigt man eine seismische Signalquelle so- keit als Geschiebemergel. An einer Schicht- wie eine Anzahl von Erschütterungsaufneh- grenze zwischen Sand und Geschiebemergel mern, die als Geophone bezeichnet werden herrscht also ein ausgeprägter Impedanzkon- (Abbildung 39). Und natürlich eine Aufnahme- trast, diese Schichtgrenze wird sich in der Re- apparatur, welche die Messung steuert und flexionsseismik deutlich abzeichnen.

43 Abbildung 39: a) Grundschema einer reflexionsseismischen Messung, b) seismische Feldarbeiten, Aufbau der Geophonauslage, c) Vibrator HVP-30 zur Erzeugung seismischer Wellen (hydraulischer Antrieb, Erkundungstiefe bis 1.000 m), d) Minivibrator ELVIS zur Erzeugung seismischer Wellen (elektrodynamischer Antrieb, Erkundungstiefe bis 300 m). Die Vibratoren sind Eigenentwick- lungen des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik (LIAG, Hannover). a) base principle of reflection seismic measurements, b) seismic field crew installing the geophone line, c) seismic source vibrator HVP-30 (hydraulic drive, depth penetration down to 1,000 m), d) seismic source ELVIS (electrodynamic drive, depth penetration down to 300 m). Both seismic sources are developed by LIAG Hannover.

Die seismischen Messungen werden mit un- Wellen reflektiert wurden (Abbildung 40). In terschiedlichen Positionen der seismischen der Abbildung 40 sind die seismischen Ge- Quelle (aus Traditionsgründen nennt man die schwindigkeiten farbig hinterlegt. Die seismi- Quellposition „Schusspunkt“, obwohl heute schen Geschwindigkeiten der Sedimente un- Sprengungen zur Erzeugung seismischer Wel- terhalb des Grundwasserspiegels liegen im len die Ausnahme sind) wiederholt und die Er- Bereich von 1.500 – 2.000 m/s. Man erkennt gebnisse in einer seismischen Sektion zu- deutliche Geschwindigkeitsunterschiede, was sammengefasst. In einer solchen seismischen auf einen strukturierten Untergrund mit unter- Sektion zeichnen sich die Schichtgrenzen im schiedlichen Materialien hinweist. Untergrund ab, an denen die seismischen

Abbildung 40: Beispiel einer seismischen Stapelsektion, farbig hinterlegt: seismische Geschwindigkeiten (BURSCHIL 2011). Seismic section with colour coded seismic velocities (BURSCHIL 2011).

44 Die reflexionsseismischen Messungen wurden, aus einer Bohrung bekannt und werden sie bei wenn möglich, durch vertikalseismische Profi- der Auswertung berücksichtigt, dann ergibt le (VSP) ergänzt. Hierbei wird in eine vorhande- sich eine genauere Ableitung der spezifischen ne Bohrung, zum Beispiel in eine Grundwasser- elektrischen Widerstände. Für die SkyTEM Er- messstelle, ein Bohrlochgeophon abgesenkt. gebnisse der Insel Föhr wurde versuchsweise Mit einer seismischen Quelle an der Erdoberflä- der Schichtenverlauf, wie er aus den reflexions- che kann eine direkte Durchschallung des Un- seismischen Messungen bestimmt wurde, als tergrundes erfolgen. Im Verlauf der Messungen Randbedingung für die Auswertung genom- wird das Bohrlochgeophon von seiner tiefsten men. Aufgrund der so abgeleiteten spezifi- Position im Bohrloch für jeden Schuss um ei- schen elektrischen Widerstände konnte dann nen Meter nach oben gezogen. Aus den unter- eine Materialansprache der erfassten Schichten schiedlichen Laufzeiten der seismischen Welle erfolgen (Abbildung 42). vom Schusspunkt zur jeweiligen Geophonposi- tion kann die seismische Geschwindigkeit der durch die Bohrung aufgeschlossenen Schichten 4.5 Weitere Untersuchungen bestimmt werden (Abbildung 41). Man erkennt Neben SkyTEM und den reflexionsseismischen hier deutlich, dass der Geschiebemergel ab ei- Messungen des Leibniz-Instituts für Angewand- ner Tiefe von 60 m eine höhere seismische Ge- te Geophysik, deren Ergebnisse unmittelbar in schwindigkeit aufweist als der darüber liegende das Geologische Modell der Insel Föhr einge- Sand. flossen sind, wurden eine Reihe weiterer geo- physikalischer Projekte durchgeführt, bei denen die Weiterentwicklung geophysikalischer Mess- verfahren im Mittelpunkt stand und die zum größten Teil noch nicht abgeschlossen sind.

Von der Universität Münster, Institut für Geo- physik, wurde ein selbst entwickeltes Bodenra- darsystem eingesetzt. Im Gegensatz zu den standardmäßigen Radargeräten mit einer Sen- de- und einer Empfangsantenne ist hier eine Empfangsantenne mit einer Vielzahl von Sende- antennen gekoppelt (LESSING 2009). Die Mehr- fachantenne wird von einem PKW gezogen, so dass ein schneller Messfortschritt ermöglicht wird (Abbildung 43a-b). Durch diese Antennen- konfiguration können nicht nur Schichtgrenzen im Untergrund bestimmt werden, es wird auch kontinuierlich die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Radarimpulses im Untergrund gemessen. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt ab von der Dielektrizitätskonstanten und damit vom Wassergehalt des Untergrundes (Abbildung 43c-d). Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, die hydraulische Durchlässigkeit des Untergrundes oberhalb des Grundwasserspiegels und damit die Versickerungsfähigkeit für Niederschlags- wasser abzuschätzen.

Mit der gleichen Zielsetzung wurden vom Insti- tut für Angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität Berlin refraktionsseis- Abbildung 41: Vertikalseismisches Profil (BURSCHIL 2011). mische (KORDANSKA 2011) und geoelektrische Vertical seismic profile (BURSCHIL 2011). (SCHNEIDER 2011) Messungen durchgeführt (Ab- bildung 44). Auch hier wurde der Versuch un- ternommen, aus den Ausbreitungsgeschwin- 4.4 Seismik und SkyTEM kombiniert digkeiten seismischer Wellen und den spezifi- Bei der Auswertung geophysikalischer Messun- schen elektrischen Widerständen oberhalb und gen ergibt sich häufig ein gewisser Interpretati- unterhalb des Grundwasserspiegels Aussagen onsspielraum. Elektromagnetische Messungen über die hydraulische Durchlässigkeit abzulei- wie SkyTEM liefern die Tiefenlage von Schicht- ten. Wie bei den Bodenradarmessungen erga- grenzen im Untergrund und die spezifischen ben sich interessante Ansatzpunkte, es ist aber elektrischen Widerstände der jeweiligen noch ein weiter Weg bis zu einem arbeitsfähi- Schichten. Sind die Schichttiefen zum Beispiel gem Verfahren.

45 bidn 2 Kombination von SkyTEM und Reflexionsseismik, die Materialansprache der geologischen Schichten (Sand, Geschiebemer Abbildung 42: (nach B Combination of SkyTEM and reflection seismic, the identification of underground layers (sand, till, etc.) is based on the s URSCHIL et al. 2012a). gel, etc.) erfolgte aufgrund der spezifischen elektrischen Widerstände pecific electrical resistivitiespecific electrical (after B URSCHIL et al. 2012a).

46 Abbildung 43: Bodenradarsystem der Universität Münster, a) Messprinzip, b) GPR Mehrkanalapparatur, c) Ausbreitungsgeschwindigkeit des Radarimpulses, d) daraus abgeleitete Verteilung des Wassergehalts im Untergrund (nach LESSING 2009). GPR system of the University of Münster, a) principle of multi-channel measurements, b) multichannel GPR instrumenta- tion, c) radar pulse velocities obtained from multichannel GPR measurements, d) water content of the subsoil derived from radar pulse velocities (after LESSING 2009).

Ein weiteres Ziel der geophysikalischen Arbei- und Ton deutlich, unabhängig von der Salinität ten auf Föhr lag in der verbesserten Interpre- des Porenwassers. Die Anwendung dieses im tation von Widerstandsmessungen, u.a. auch Labor nachgewiesenen Effektes (ALALI 2011) der SkyTEM Ergebnisse. Bei Messungen im sollte im Gelände erprobt werden. Daher wur- Bereich von Versalzungszonen im Grundwas- den von der Bundesanstalt für Geowissen- ser werden sehr niedrige elektrische Wider- schaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) und stände gemessen, die sowohl auf salzwasser- der TU Berlin auf Föhr NMR Messungen führende Sande als auch auf Tone zurückge- durchgeführt, ergänzt durch Messungen der führt werden können. Eine Möglichkeit zur Spektralen Induzierten Polarisation (RONCZKA Unterscheidung beider Materialien ergibt sich 2010). Die Ergebnisse sind auch hier ermuti- durch NMR- (nuklear magnetische Resonanz) gend, es bleibt aber noch viel Arbeit, um ein Messungen, bei denen die Wassermoleküle einsatzfähiges Verfahren zur Unterscheidung im Untergrund durch ein Magnetfeld polari- von salzwasserführenden Sanden und Tonen siert werden. Hierbei unterscheiden sich Sand zu entwickeln.

Abbildung 44: Geoelektrische Messungen der TU Berlin auf Föhr. Field crew of TU Berlin during geoe- lectrical measure- ments.

47 Die Ableitung hydraulischer und thermischer können aus den SkyTEM Daten auch die ef- Untergrundparameter aus den SkyTEM Daten fektiven Wärmeleitfähigkeiten abgeleitet wer- ist das Ziel einer weiteren Arbeit (GRABOWSKI den. Die Ableitung von hydraulischer Leitfähig- 2012). Dazu wurden Grundwasserbohrungen, keit und Wärmeleitfähigkeit gilt allerdings le- für die eine geophysikalische Bohrlochvermes- diglich für den Geestbereich, da in der Marsch sung vorliegt, statistisch ausgewertet, um zu bei vorherrschender Grundwasserversalzung überprüfen, ob eine Korrelation zwischen der aus den SkyTEM Widerständen nicht zwi- hydraulischen Durchlässigkeit des Untergrun- schen Ton und salzwasserführendem Sand un- des und dem spezifischen elektrischen Wider- terschieden werden kann. stand besteht. Dabei wurde eine überra- schend deutliche Korrelation gefunden, die Ein geologisches Modell von Föhr, basierend auch für andere Gebiete des Norddeutschen auf einer Kombination von SkyTEM Daten und Küstenbereichs bestätigt wurde. Dadurch er- Bohrergebnissen, wurde von WILKE (2011) ent- gibt sich die Möglichkeit, für einen Grundwas- wickelt. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, serleiter die elektrischen Widerstände (zum hydraulisch wichtige Kenngrößen, die aus den Beispiel aus einer SkyTEM Befliegung) in hy- SkyTEM Widerständen abgeleitet werden, flä- draulische Durchlässigkeiten umzurechnen chenhaft darzustellen. Beispielhaft ist in Abbil- und so Änderungen dieser wichtigen hydrauli- dung 45 die Transmissivität (Produkt aus schen Größe innerhalb des Grundwasserkör- Mächtigkeit und hydraulischer Durchlässigkeit) pers zu bestimmen. Da aus den SkyTEM Wi- des Grundwasserleiters dargestellt, wobei die derständen zwischen Sand, Ton und Geschie- von GRABOWSKI (2012) abgeleitete Relation von bemergel unterschieden werden kann und die- spezifischem elektrischen Widerstand und hy- se Materialien deutlich unterschiedliche Wär- draulischer Durchlässigkeit verwendet wurde. meleitfähigkeiten aufweisen (siehe Kapitel 8),

Abbildung 45: Transmissivität des Grundwasserleiters im östlichen Bereich der Insel Föhr (WILKE 2011) unter Verwendung der Relation von hydraulischer Durchlässigkeit und spezifischem elektrischen Widerstand nach GRABOWSKI (2012). Aquifer transmissivity in the Eastern part of the Island of Föhr (WILKE 2011), the relation of hydraulic conductivity and specific electrical resistivity from GRABOWSKI (2012) was used.

48 5 Ein Blick in den Untergrund der Insel Föhr

➢ Wolfgang Scheer, Bernd König, Frank Steinmann

5.1 Datengrundlage und zusätzliche Untersuchungen im Rahmen des Projektes CLIWAT Durch die Erschließungsmaßnahmen des Fragen, besonders zur Entstehung und zur 3- Wasserbeschaffungsverbandes Föhr sowie dimensionalen Verbreitung der Gesteine auf- durch die Arbeiten zur Ausweisung der beiden warf. Wasserschutzgebiete der Insel lagen schon vor Beginn des Projektes viele hydrogeologi- In der Marsch existieren, aufgrund der dünnen sche Informationen vor, die sich allerdings Besiedelung und durch das dort oberflächen- weitgehend auf die Bereiche um die Wasser- nah anstehende Salzwasser, das den Bau von fassungen auf den Geestkernen konzentrier- Trinkwasserbrunnen nicht zulässt, nur wenige ten (u. a. GLA 1991, STUA SCHLESWIG 2006). Informationen aus Bohrungen. Die flächenhaf- Dort wurden zahlreiche Bohrungen zum Bau te Verteilung von Untergrundinformationen auf von Förderbrunnen und Grundwassermess- der Insel ist daher sehr ungleichmäßig. stellen durchgeführt, deren Schichtenverzeich- nisse jeweils, punktuell an ihrem Standort, ei- In der Abbildung 46 wird zur Orientierung eine nen guten Einblick in die Untergrundverhältnis- Übersicht der wichtigsten Bohrungen für se geben. Zudem existieren in den Geestge- Grundwassermessstellen (blaue Punkte) und bieten noch Bohrinformationen von überwie- Förderbrunnen (rote Punkte) gegeben. In der gend flachen Hauswasserbrunnen sowie von Marsch sind die Standorte der acht Sondier- einigen Erdwärme-Bohrungen. Dabei zeigt bohrungen markiert, die dort zur Verdichtung sich gerade in den tieferen Bohrungen ein der Daten für das CLIWAT-Projekt durchge- sehr wechselhafter Schichtaufbau, der etliche führt wurden.

Abbildung 46: Lage der Wasserwerke, Förderbrunnen, Grundwassermessstellen und der im Jahre 2011 durchgeführten Sondierbohrungen auf der Insel Föhr (Hintergrund: Geologische Karte der oberflächennahen Schichten nach Abbildung 6). Location map of water works, production wells, observation wells and the drillings performed 2012 (background: geologi- cal map of near surface layers shown in Fig. 6).

49 Um ein Untergrundmodell der gesamten Insel zu horizontal gelagert und frei von erkennba- erstellen zu können, wurden im Projekt CLI- ren tektonischen Störungszonen. Die Ergeb- WAT unterschiedliche geophysikalische Unter- nisse der im Projekt CLIWAT auf der Insel suchungsverfahren eingesetzt. Sie ermögli- durchgeführten geophysikalischen Untersu- chen sowohl eine bessere Korrelation der chungen bestätigten dieses Bild, lassen aber Bohrdaten als auch in Bereichen, in denen kei- in den jungtertiären Ablagerungen bis in eine ne Bohrinformationen zur Verfügung stehen, Tiefe von etwa 150 m unter Gelände die im wichtige Hinweise auf den Schichtaufbau und Kapitel 4 schon beschriebenen glazialtektoni- die Süß-Salzwasserverbreitung. Eine detaillier- schen Stauchungsstrukturen erkennen. Das te Beschreibung der eingesetzten Verfahren heißt, dass die Schichten bis zu einem be- ist im Kapitel 4 nachzulesen. stimmten Tiefenbereich durch Druck und Schub des Gletschereises deformiert und auf- geschuppt wurden. Das so entstandene 5.2 Hydrogeologischer Aufbau des Stauchungsmuster paust sich im Westen Untergrundes, nutzbare der Insel bis an die Geländeoberfläche durch Grundwasserleiter (Abbildung 47). Der Aufbau des tieferen Untergrundes ist in der Abbildung 3 (Kapitel 2) dargestellt. Die äl- Die Orientierung der Stauchungen in SSW- teren Schichten sind an der Westküste nahe- NNE Richtung lässt auf einen Eisvorstoß aus östlicher Richtung schließen. Die Kenntnis der räumlichen Ausdehnung der Stauchungsstruk- turen ist erforderlich, um die Grundwasser- strömungsverhältnisse auf der Insel zu verste- hen und im Modell abbilden zu können.

Wasserwirtschaftlich relevant sind in Schles- wig-Holstein die Sedimente aus dem Tertiär und Quartär, da nur in diesen Gesteinen nutz- bare Grundwasserleiter zu finden sind. Auf Föhr kommen für eine Nutzung als Trink- und Brauchwasser die eiszeitlichen Sande in den Geestkernen und die unterlagernden Sande des Pliozäns (Kaolinsande) in Frage. Im Be- reich der Marsch überlagert nur eine gering- mächtige Süßwasserschicht das dort flächen- haft bis nahe an die Geest verbreitete Salz- wasser. Nutzbare Grundwasserleiter sind dort daher nicht vorhanden. In der Abbildung 48 stellen die einzelnen Linien jeweils die Fluglini- en der SkyTEM Befliegung dar, die entspre- chend der für eine Tiefe von ca. 10 m unter Gelände ermittelten spezifischen elektrischen Widerstände eingefärbt sind. Die roten Berei- che haben einen niedrigen spezifischen elek- trischen Widerstand und zeigen die Verbrei- tung des Salzwassers in der Marsch und in der Godel-Niederung.

Abbildung 47: Höhenmodell der westlichen Geest, eiszeitliche Stauchungs- strukturen werden an der Geländeoberfläche nachgezeichnet (© DGM1, LVermA-SH). Elevation model of the Western Geest area, glacial thrust structures can be traced at the terrain surface.

50 Abbildung 48: Verbreitung von Süß- (blau) und Salzwasser (rot) in einer Tiefe von etwa 10 m unter Gelände als Ergebnis der SkyTEM Be- fliegung. Distribution of freshwater (blue) and saltwater (red) in a depth of approximately 10 m below surface as result of the Sky- TEM survey.

5.2.1 Eiszeitliche Ablagerungen In den oberflächennahen eiszeitlichen Ablage- Geestkern Föhr-Ost rungen der Geestkerne sind flächenhaft zwei Im gesamten östlichen Geestkörper sind flä- Grundwasserleiter ausgebildet, die über weite chenhaft mehrere zehner Meter mächtige eis- Bereiche, wo geringdurchlässige Trennschich- zeitliche (pleistozäne) Schmelzwassersande ten fehlen, ein hydraulisch zusammenhängen- verbreitet, die etwa in ihrem oberen Drittel des System bilden. durch die Einschaltung eines Horizontes aus schluffig-tonigen, gering wasserdurchlässigen Die gesamte Schichtfolge ist weitgehend Sedimenten in zwei Grundwasser führende durch die Tätigkeit der Gletscher während der Horizonte unterteilt werden: vorletzten Vereisungsphase (Saalevereisung) entstanden. Die Gletscher haben den Bereich Der oberflächennahe Grundwasserleiter be- des Untersuchungsgebietes überfahren und findet sich in dem zumeist 10-15 m mächtigen das von ihnen transportierte Gesteinsmaterial oberen Abschnitt der vorwiegend mittel- bis wurde während des Abtauens der Eismassen grobsandig ausgebildeten pleistozänen in Form von Schmelzwassersanden wechseln- Schmelzwassersande. Er wird im überwiegen- der Korngrößen und als tonig-schluffiges Mo- den Teil des Untersuchungsgebietes durch ei- ränenmaterial, untergeordnet auch als feinkör- nen Horizont aus schluffig-tonigen Geschiebe- nige Beckensedimente, abgelagert. lehm-/Geschiebemergellagen, Beckenablage- rungen und schluffigen Feinsanden hydrau- In ihrem internen hydrogeologischen Aufbau lisch vom unterlagernden pleistozänen Haupt- unterscheiden sich die beiden Geestkerne in grundwasserleiter getrennt. Im höheren Be- einigen Punkten. In den folgenden Abschnitten reich des oberflächennahen Grundwasserlei- sind hierzu die Lagepläne mit Messstellen und ters fehlen schwer wasserdurchlässige Deck- Förderbrunnen der beiden Wasserwerke der schichten vollständig. Insel sowie exemplarisch zwei geologische Profilschnitte dargestellt (Abbildung 49 – 52).

51 Abbildung 49: Lageplan des östli- chen Geestkerns der Insel Föhr mit Förderbrunnen, Grundwassermess- stellen und dem Verlauf des Profil- schnittes in Abbil- dung 50. Location map of the easter Geest core with produc- tion wells, obser- vation wells and course of the cross section shown in Fig. 50.

Abbildung 50: Hydrogeologischer Profilschnitt durch den östlichen Geestkern der Insel Föhr von West nach Ost (der Verlauf des Profil- schnittes ist in Abbildung 49 dargestellt). Hydrogeological cross-section through the eastern Geest core of Föhr from West to East (the course of the cross section is shown in Fig. 49).

52 Der pleistozäne Hauptgrundwasserleiter Geestkern Föhr-West umfasst den unteren Abschnitt der Schmelz- Die Förderbrunnen des Wasserwerkes Föhr- wassersande und stellt den oberen Nutzhori- West sind in den pleistozänen Schmelzwas- zont des Wasserwerkes Föhr-Ost dar, in dem sersanden des westlichen Geestkörpers verfil- mit Ausnahme der tieferen Brunnen Br. II A tert, die zusammen mit stellenweise unterla- und Br. XVI A alle Förderbrunnen stehen. Sei- gernden, jungtertiären Kaolinsanden ein hy- ne Mächtigkeit variiert zumeist zwischen 15 draulisch zusammenhängendes Grundwas- und 25 m, größere Mächtigkeiten von 45- serleitersystem bilden. Dieses ist im gesam- 55 m sind vor allem am westlichen Rand des ten Südteil des westlichen Geestkerns ausge- Untersuchungsgebietes festzustellen. Wie der bildet und stellt den einzigen Nutzhorizont des obere Abschnitt der pleistozänen Schmelz- Wasserwerkes Föhr-West dar. Nur in wenigen wassersande setzt sich auch der Hauptgrund- Teilbereichen des Untersuchungsgebietes sind wasserleiter vorwiegend aus Mittel- bis Grob- über diesem Nutzhorizont geringmächtige, sanden zusammen, wobei allerdings häufiger schluffig-tonige Deckschichten verbreitet. feinsandige Partien auftreten. In einigen Ge- Nach unten wird der Nutzhorizont flächenhaft bieten ist die oben beschriebene hydraulische durch schluffige Feinsande, Schluffe und Tone Trennung zwischen dem oberflächennahen des Jungtertiärs begrenzt, aus denen kein Grundwasserleiter und dem pleistozänen nutzbares Grundwasser gewinnbar ist. Hauptgrundwasserleiter nicht vorhanden. Die pleistozänen Schmelzwassersedimente

Abbildung 51: Lageplan des westlichen Geestkerns der Insel Föhr mit Förderbrunnen, Grundwassermessstellen und dem Verlauf des Pro- filschnittes in Abbildung 52. Location map of the western Geest core of Föhr with production wells, observation wells and the course of the cross secti- on shown in Fig. 52.

53 Abbildung 52: Hydrogeologischer Profilschnitt durch den westlichen Geestkern der Insel Föhr von Nord nach Süd (der Verlauf des Profil- schnittes ist in Abbildung 51 dargestellt). Hydrogeological cross section through the western Geest core of Föhr from North to South (the course of the cross section is shown in Fig. 51).

weisen im westlichen Geestkern meistens eine wiegend aus geringdurchlässigen Geschiebe- Mächtigkeit von etwa 30-40 m auf und setzen mergeln mit nur untergeordnet eingeschalte- sich im oberen Abschnitt vorwiegend aus Fein- ten sandigen Bereichen bestehen. Im Verlauf und Mittelsanden zusammen. Nur in einem der eiszeitlichen Rinnen schneiden sich die- kleineren Bereich im NW existiert eine annä- se Sedimente bis in Tiefen von über 120 m hernd zusammenhängende Überdeckung des unter Gelände in die unteren tertiären Schich- Nutzhorizontes mit gering wasserdurchlässigen ten ein (Abbildung 55). Sedimenten. Hier ist oberflächennah eine weni- ge Meter mächtige Deckschicht aus tonigem Geschiebemergel entwickelt, die nach W und S 5.2.2. Jungtertiäre Ablagerungen hin auskeilt. Im weitaus größeren Teil des Un- Die an der Basis der eiszeitlichen Schichtfolge tersuchungsgebietes, vor allem im Umfeld der zu findenden Sande, Schluffe und Tone aus Förderbrunnen, sind keine Grundwasser schüt- dem Jungtertiär sind, wie schon beschrieben, zenden Deckschichten über dem Nutzhorizont in ihrer Lagerung durch eistektonische Vorgän- entwickelt. ge stark überprägt. Für die Gewinnung von Grundwasser sind nur die in einigen Berei- chen vorhandenen jüngsten tertiären Schich- Tiefere eiszeitliche Ablagerungen ten, die so genannten Kaolinsande relevant. Vor allem im östlichen Geestkern werden die oberflächennahen, überwiegend sandig ausge- Die Kaolinsande des Pliozäns (Jungtertiär) bildeten Ablagerungen häufig von weiteren stellen den unteren Nutzhorizont des Wasser- eiszeitlichen Gesteinen unterlagert, die über- werkes Föhr-Ost dar, aus dem die beiden För-

54 Layout and data base of the 3D geological model. Layout Abbildung 53: Aufbau des digitalen dreidimensionalen Geologischen Modells, Datengrundlage.

55 derbrunnen Br. II A und Br. XVI A Grundwasser wasserschicht bilden, die eine Nutzung der Flä- entnehmen. Nach den Ergebnissen der Boh- chen als Weide und Ackerland ermöglicht. rungen sind sie hier in Form einer horstartigen Untergrundstruktur (Aufwölbung) in einem räumlich eng begrenzten Bereich, der sich zwi- 5.3. Das digitale dreidimensionale schen dem alten Brunnenfeld und dem westli- Geologische Modell chen Stadtrand von Wyk erstreckt, verbreitet. Die Modellierung durch den Geologischen Die Ergebnisse der geophysikalischen Untersu- Dienst Schleswig-Holstein erfolgte mit der chungen lassen den Schluss zu, dass die jung- Software GOCAD® der Firma PARADIGM, die tertiären Sande zudem entlang von mehreren, auch von zahlreichen anderen Geologischen in NNE-SSW-Richtung verlaufenden Stauch- Diensten und Universitäten in Deutschland ein- strukturen sowohl im östlichen wie auch im gesetzt wird. Mit dieser Software lassen sich westlichen Geestkern vor der eiszeitlichen Ero- komplexe Untergrundstrukturen räumlich abbil- sion erhalten geblieben sind. Sie stellen damit den und bearbeiten, wobei eine Vielzahl von wahrscheinlich mehrere, in dieser vorgegebe- Werkzeugen genutzt werden kann, um zum nen Richtung parallel verlaufende lokale Grund- Beispiel Daten miteinander zu verschneiden, wasserleiter dar. Schichtgrenzen und -mächtigkeiten aufeinan- der abzustimmen oder in geophysikalischen Untersuchungen bestimmte Gesteinsparame- 5.2.3. Nacheiszeitliche Ablagerungen in der ter abzubilden. Marsch und Godel-Niederung Die eiszeitlichen Sedimente, die in den Geest- Für das Modell Föhr wurden zunächst die in kernen im Süden der Insel flächenhaft an der Form von Bohrprofilen, hydrogeologischen Pro- Geländeoberfläche zu finden sind, tauchen in filschnitten und Karten vorliegenden analogen der Marsch und in der Godel-Niederung unter Daten zum Aufbau des digitalen dreidimensio- die in der Nacheiszeit (Holozän) im Einflussbe- nalen Geologischen Modells im Rechner zu ei- reich der Tide vom Meer abgelagerten Kleie nem Ausgangsmodell zusammengeführt. In ei- und Wattsande ab. Die Mächtigkeit dieser Se- nem weiteren Schritt konnte das Modell dann dimente variiert von wenigen Dezimetern am anhand der ebenfalls in das Modell importier- Geestrand bis zu über 10 m im Nordosten. Vor ten Daten der geophysikalischen Untersuchun- ihrer Eindeichung gegen Ende des 15. Jahr- gen ergänzt und weiter verfeinert werden (Ab- hunderts drang das Meerwasser bei Tidehoch- bildung 53). Dabei wurden die relevanten geo- wasser täglich über ein weit verzweigtes Sys- logischen Einheiten im Modell herausgearbei- tem von natürlichen Prielen in diese Flächen tet und als flächenhaft übereinander lagernde ein. Bei Sturmfluten wurde die Marsch bis zu Schichten modelliert. dieser Zeit regelmäßig vom Salzwasser der Nordsee überschwemmt. In der Abbildung 54 ist als Beispiel ein Bearbei- tungsschritt der Modellierung dargestellt, in Heute wird die Marsch durch den Landes- dem eine Modellschicht (hier die Unterkante schutzdeich geschützt und über ein regelmä- der tertiären Sande) an die Schichtgrenzen (aus ßig angelegtes System von Entwässerungsgrä- den hydrogeologischen Profilschnitten und den ben drainiert. Über dem im Untergrund vorhan- geophysikalischen Daten der elektromagneti- denen Salzwasser konnte sich in der Marsch schen SkyTEM Erkundung) angepasst wird. eine zwar geringmächtige, aber stabile Süß- Das Ergebnis ist letztendlich ein Modell mit

Abbildung 54: Modellierung einer Modellfläche (Basis tertiäre Sande) mit hydrogeologischen Profilschnitten und elektromagnetischen SkyTEM Daten. Blick auf Föhr aus SSW. Modelling of a mo- del layer (base of Tertiary sands) using hydrogeologi- cal cross sections and electromagnetic SkyTEM data model. View direction SSW.

56 insgesamt 12 Schichten, das die vier eiszeitli- markieren den Verlauf der eiszeitlichen Rin- chen und zwei tertiären Wasserleiter sowie nen, in rot sind die hoch gelegenen Flächen sechs geringdurchlässige Trennschichten der Quartärbasis im Westen von Föhr zu er- räumlich abbildet. In der Abbildung 55 ist als kennen. Die drei Profilschnitte zeigen den Mo- weiteres Beispiel die fertig modellierte Basis- dellaufbau der überlagernden Schichten, wo- fläche der eiszeitlichen Ablagerungen darge- bei die blauen Linien die Basis des Hauptwas- stellt. Die tiefen, in blau eingefärbten Bereiche serleiters nachzeichnen.

Abbildung 55: Modellergebnis: fertig modellierte Basisfläche der eiszeitlichen Ablagerungen mit drei Konstruktionsschnitten. Modelling result: completely modelled base of Quaternary layers in 3 steps of model construction.

Der in Abbildung 56 in einem vereinfachten, sammenfassend die wichtigsten hydrogeologi- im Maßstab stark überhöhten schematischen schen Elemente im Untergrund der Insel. Schnitt zu erkennende Schichtaufbau zeigt zu-

Abbildung 56: Blockbild/Geologischer Schnitt durch die Insel Föhr von West nach Ost (violett: Marsch oder Watt, hellgelb: flache eiszeitliche Sande). Geological cross section of Föhr from West to East (purple: Marsch or tidal flat (Watt), light yellow: shallow glacial sand).

57 5.4 Grundwasserströmungsverhältnisse Im Untergrund von Inseln, die von Meerwas- HERZBERG-Gleichung beschrieben, nach der, ser umgeben sind, bildet sich entsprechend vereinfacht gesagt, pro Meter Süßwasser im den herrschenden hydrogeologischen Verhält- Grundwasserleiter oberhalb des Meeresspie- nissen eine Süßwasserlinse aus, die, bedingt gels die Süßwasserlinse etwa 40 Meter unter durch das geringere spezifische Gewicht des das Meeresniveau reicht. Begrenzt wird die Süßwassers, auf dem Salzwasser schwimmt Süßwasserlinse lateral normalerweise etwa (Abbildung 57). In der Wissenschaft wird die durch den Verlauf der Uferlinie. vertikale Ausdehnung nach der GHIJBEN-

Abbildung 57: Schema des Wasserkreislaufs auf einer Insel mit Ausbildung der Süßwasserlinse. Water cycle on an island (schematic) with freshwater lens.

Die neueren Kenntnisse über die Grundwas- Kalibrierung des Grundwasserströmungsmo- serströmungsverhältnisse auf der Insel Föhr dells herangezogen (Kapitel 7). wurden hauptsächlich im Rahmen der hydro- geologischen Vorarbeiten zur Veränderung der Abbildung 58 zeigt beispielhaft einen Grund- Wasserschutzgebiete (Kapitel 6.4) und zur wassergleichenplan für den pleistozänen Neubeantragung des Wasserrechts gewonnen Hauptgrundwasserleiter im Grundwasserge- (STUA SCHLESWIG 2006, GEOC 2010a). Gemäß winnungsgebiet Föhr-Ost. Der Plan stellt die der Zielsetzung dieser Untersuchungen be- Linien gleicher Grundwasserspiegelhöhe dar, schränken sich die Auswertungen auf den die durch Interpolation der an den Messstellen Süßwasserbereich in den Grundwassergewin- im Hauptgrundwasserleiter zum angegebenen nungsgebieten der beiden Geestkerne. Den- Stichtag erhobenen Messwerte konstruiert noch bilden die aus den vorgenannten Arbei- wurden (Kapitel 3.5). Deutlich ist im Bereich ten vorliegenden Grundwasserstandsmessun- des östlichen Geestkerns eine zweigeteilte gen und Gleichenpläne eine wertvolle Daten- Grundwasserkalotte zu erkennen. Die natürli- grundlage für weitere Untersuchungen und che Grundwasserströmung, die vom Zentrum wurden im Rahmen des CLIWAT-Projektes zur des Geestkerns allseitig zur Küste und in die

58 Marschenniederungen gerichtet war, wird ten Pumpmulde zu und wird von den Förder- durch die Grundwasserentnahme aus den För- brunnen gefasst. Die magentafarbene Linie in derbrunnen stark überprägt. Im gesamten Be- Abbildung 58 stellt das Einzugsgebiet im reich des Brunnenfeldes ist eine größere Hauptgrundwasserleiter dar. Die Grundwas- Pumpmulde entwickelt, die als Eindellung der serströmungsverhältnisse und damit auch die Grundwasserspiegelfläche in Erscheinung tritt Größe und die Form von Brunneneinzugsge- und die natürliche Grundwasserlinse in eine bieten sind neben der Höhe der Grundwasser- östliche und eine westliche Grundwasserkup- entnahme und ihrer Verteilung auf die einzel- pe teilt. Um die Förderbrunnen, die in den Wo- nen Brunnen auch von hydrologischen, jahres- chen vor der Stichtagsmessung im Dauerbe- zeitlich unterschiedlichen Einflussgrößen wie trieb beaufschlagt waren, sind teilweise ein- Niederschlagshöhe und -verteilung abhängig. zelne Absenkungstrichter ausgebildet. Von Auf der Insel Föhr ist zusätzlich der Gezeiten- den flach ausgebildeten Grundwasserkuppen einfluss zu beachten, da in den gespannten strömt Grundwasser nach außen in die Grundwasserleitern tidebedingte Wasser- Marsch und zur Küste hin ab. Ein Teil des standsschwankungen auftreten. Grundwassers fließt aber auch der vorgenann-

Abbildung 58: Grundwassergleichenplan für den oberen Nutzhorizont im östlichen Geestkern der Insel Föhr (Stichtagsmessung vom 27.11.2003, Tidehochwasser). Groundwater table of the upper production horizon in the Eastern Geest core of Föhr (measured 27.11.2003 at high tide).

59 Die generelle Verbreitung des Süßwassers auf derung eingestellt hat. Es besteht also eine der Insel Föhr wird vor allem durch die Ver- ausgeglichene Wasserbilanz zwischen der breitung von Geest und Marschen mit ihrem Grundwasserneubildung auf der einen Seite unterschiedlichen geologischen Aufbau be- sowie der Grundwasserentnahme durch die stimmt. Unter den Geestkernen kann sich Wasserwerksbrunnen, den Drainagen der durch die dort vorherrschenden günstigen Marsch und dem Grundwasserabstrom ins Grundwasserneubildungsbedingungen (Gelän- Watt auf der anderen Seite. In welche Rich- dehöhen bis über 12 m NN und sandige Bö- tung sich dieses Gleichgewicht zukünftig den) bis in Tiefen von über 100 m Süßwasser durch die Auswirkungen des Klimawandels ausbreiten. In der Marsch dagegen findet na- verschieben kann, soll durch die im Rahmen hezu keine Grundwasserneubildung statt, da des CLIWAT-Projektes durchgeführte Modellie- durch die Überdeckung mit geringdurchlässi- rung der Grundwasserströmung abgeschätzt gen Ablagerungen (Klei) kaum Niederschlags- werden (Kapitel 7). wasser versickern kann und Oberflächenwas- ser durch die Drainagen abgeführt wird. Daher sind in der Marsch unter dem Klei keine nen- 5.5 Grundwasserbeschaffenheit nenswerten Mengen an Süßwasser zu finden, Die Beschaffenheit des Grundwassers auf der bis auf die Bereiche am Geestrand, in die Insel Föhr wird als Ergebnis komplexer chemi- Grundwasser aus den Geestkernen zuströmt. scher Reaktionen des Wassers mit den Bo- Hier kommt in den oberflächennahen Grund- den- und Gesteinsmaterialien von der Zusam- wasserleitern noch Süßwasser vor. Derzeit mensetzung des Niederschlagswassers, den herrscht auf der Insel Föhr, wie in Abbildung geochemischen Sedimenteigenschaften, den 57 schematisch dargestellt, ein Gleichge- Stoffeinträgen durch die Landnutzung sowie wicht zwischen Süß- und Salzwasser, das von der Süß-/Salzwasserverteilung im Unter- sich auf die jahrzehntelange Grundwasserför- grund beeinflusst.

Abbildung 59: Vergleich der Hauptinhaltsstoffe im Grundwasser aus verschiedenen Brunnen und Grundwassermessstellen im Bereich des östlichen Geestkerns der Insel Föhr (die Lage der Brunnen und Messstellen ist in Abbildung 49 dargestellt). Comparison of the main contents of the groundwater of different wells in the eastern Geest core of Föhr (well locations shown in Figure 49).

60 Die geförderten Rohwässer sind generell Rohwasseranalysen aller flachen Förderbrun- schwach sauer bis schwach alkalisch und als nen des Wasserwerkes Föhr-Ost dargestellt. sehr weiche Wässer in den Härtebereich 1 Auch der Hauptgrundwasserleiter ist nach wie einzuordnen. Sie enthalten hauptsächlich die vor durch Nitrat belastet, allerdings haben die in Kapitel 3.6 beschriebenen Hauptinhaltsstof- durchschnittlichen Nitratgehalte im Rohwasser fe, die typischerweise in vielen Grundwässern inzwischen den Grenzwert der Trinkwasser- Schleswig-Holsteins auftreten. Problematisch verordnung (TrinkwV) von 50 mg/l unterschrit- sind die zum Teil nach wie vor stark erhöhten ten (Kapitel 6.4). Neben Nitrat zeigt auch die Nitratgehalte. Allerdings ist zur Verwendung Kaliumkonzentration der Brunnenrohwässer, des Grundwassers als Trinkwasser inzwischen die im Mittel bei ca. 9 mg/l liegt, die Belastung keine besondere Aufbereitung zur Nitratredu- des oberen Nutzhorizontes durch Stoffeinträ- zierung mehr erforderlich (Kapitel 6.3). ge aus der Landnutzung an. Das im Vergleich zum Hauptwasserleiter wesentlich größere Die Inhaltsstoffe treten in den einzelnen natürliche Schutzpotenzial des unteren Nutz- Grundwässern in recht unterschiedlichen Kon- horizontes wird anhand der Rohwasseranaly- zentrationen und Mengenanteilen auf. Am Bei- sen aus den tiefen Förderbrunnen Br. XVI A spiel ausgewählter Grundwasseranalysen des und Br. II A deutlich (Abbildung 59). In Folge östlichen Geestkerns soll die verschiedene Mi- seiner Überdeckung mit schlecht wasser- neralisierung der Wässer aus den einzelnen durchlässigen Schichten ist der untere Nutz- Wasserleitern verdeutlicht werden. Anhand horizont noch weitgehend nitratfrei. Am von Analysenergebnissen aus den Jahren Brunnen Br. XVI A zeigen sich allerdings auch 2009 bis 2011 sind in Abbildung 59 für ausge- im tiefen Wasserleiter erste Anzeichen einer wählte Brunnen und Messstellen die Konzen- Beeinflussung. Hierauf weisen die leichte Er- trationen der wichtigsten Grundwasserinhalts- höhung des Kaliumgehaltes, das Vorkommen stoffe dargestellt. von Nitrat und der im Vergleich zum Brunnen Br. II A deutlich höhere Sulfatgehalt hin. Der Die drei Grundwässer aus den Messstellen höhere Sulfatgehalt ist wahrscheinlich auf die Beo 43-F1, Beo 20a und Beo 71-F1 verdeutli- Denitrifikation der in das Grundwasser einge- chen, dass insbesondere im oberflächenna- tragenen Stickstoffverbindungen zurückzufüh- hen Grundwasserleiter eine große hydroche- ren (Kapitel 3.6), die zumindest stellenweise mische Variabilität besteht. Die gering minera- auch den unteren Nutzhorizont beeinflussen. lisierte Probe aus der Messstelle Beo 43-F1 Der hydrochemische Einfluss des Meerwas- ist ein Beispiel für ein anthropogen nur wenig sers wird am Beispiel der küstennahen Mess- beeinflusstes Grundwasser. Der mengenmä- stelle Beo 07-F3 deutlich, die in einer Tiefe ßig bestimmende Chloridgehalt lässt sich von etwa 100 m verfiltert ist. Augenfällig ist hauptsächlich auf die erhöhte Chloridfracht der der hohe meerwasserbürtige Salzgehalt mit Niederschläge zurückführen, die auf Föhr infol- ca. 140 mg/l Natrium und mehr als 200 mg/l ge der Insellage aus der Meeresgischt Chlorid. Dieses Grundwasser entstammt der stammt und naturgemäß größer ist als im Bin- Übergangszone zwischen der Süßwasserlinse nenland. Lediglich die Kaliumkonzentration und dem unterlagernden Salzwasser am Ran- von 8 mg/l ist etwas höher als in vergleichba- de der Insel Föhr. ren, durch die Landnutzung unbeeinflussten Grundwässern und der Nitratgehalt liegt mit Vor dem Hintergrund der im Laufe der 1980er ca. 10 mg/l an der oberen Grenze der natürli- Jahre stark zunehmenden Nitratbelastung im chen Grundwassermineralisierung. Die ande- Rohwasser der flachen Förderbrunnen (Kapitel ren Stoffgehalte dieses Grundwassers sind 6.4) wurden in den beiden Gewinnungsgebie- unauffällig. Bei den beiden Messstellen ten der Insel Föhr verschiedene Programme Beo 20a und Beo 71-F1, die Nitratgehalte von zur flächenhaften Untersuchung der Grund- jeweils ca. 35 mg/l aufweisen, ist ein deutli- wasserbeschaffenheit und zu ihrer zeitlichen cher Einfluss durch Stoffeinträge von der Entwicklung durchgeführt (GLA & LAWAKÜ Erdoberfläche her feststellbar. Neben Nitrat 1989, LAWAKÜ & GLA 1990, LANU 1999, KE- sind auch die Kaliumgehalte und im Falle der TELSEN 2000, STEINMANN & KETELSEN 2004). Ab- Messstelle Beo 71-F1 auch die Konzentratio- bildung 60 zeigt am Beispiel des Messstellen- nen an Natrium, Chlorid und Sulfat anthropo- standortes Beo 20 im östlichen Geestkern die gen stark erhöht. Entwicklung der Nitratgehalte im oberflä- chennahen Grundwasser (Messstelle Beo Für den oberen Nutzhorizont sind in 20a) und im oberen Nutzhorizont (Messstelle Abbildung 59 vergleichend die Mittelwerte der Beo 20b).

61 Im oberflächennahen Grundwasser lag der Ni- auf das heutige Niveau zurück. Anhand der tratgehalt schon zu Beginn der 1980er Jahre Entwicklungskurve der tieferen Messstelle deutlich oberhalb des Grenzwertes der 20b ist zu erkennen, dass die Hauptbelastung TrinkwV und stieg bis zur Mitte des Jahr- im nur unzureichend geschützten, oberen zehnts weiter an. An der Messstelle Beo 20a Nutzhorizont um etwa ein bis zwei Jahrzehnte trat die höchste Belastung mit 160 mg/l im verzögert auftrat. Erst mit Beginn der 2000er Jahre 1985 auf (STEINMANN & KETELSEN 2004). Jahre ging der Nitratgehalt auch im Grundwas- ser der Messstelle Beo 20b deutlich zurück Seit der Ausweisung der ersten Wasser- und liegt heute, wie im Rohwasser der fla- schutzgebiete im Jahre 1985 (Kapitel 6.4) ging chen Förderbrunnen (Kapitel 6.4), unterhalb der Nitratgehalt - zunächst unregelmäßig, ab von 50 mg/l. Anfang der 1990er mehr oder weniger stetig -

Abbildung 60: Entwicklung der Nitratgehalte im oberflächennahen Grundwasser (Grundwassermessstelle Beo 20a) und im oberen Nutzho- rizont (Messstelle Beo 20b) im östlichen Geestkern der Insel Föhr. Trends of nitrate contents of the near surface groundwater (observation well BEO 20a) and in the upper production hori- zon (observation well BEO 20) in the eastern Geest core of Föhr.

62 6 Wasserversorgung auf Föhr

➢ Hark Ketelsen, Bernd König

Für die Trinkwasserversorgung der Insel Föhr rigkeiten mit der Ergiebigkeit von Brunnen ge- ist der Wasserbeschaffungsverband Föhr zu- geben hatte. Dies dürfte einerseits an den ständig. Dazu betreibt und unterhält der Ver- dort oberflächennah anzutreffenden lehmigen band 17 Förderbrunnen, 2 Wasserwerke und Schichten gelegen haben, die nur eine geringe ein rund 270 km langes Rohrnetz (Haupt- und hydraulische Leitfähigkeit besitzen und aus de- Anschlussleitungen). Das Wasser wird aus nen sich in der Regel keine größeren Wasser- den Grundwasserleitern der Föhrer Geest ent- mengen gewinnen lassen. Zum anderen ste- nommen und nach einer einfachen Aufberei- hen tonige Schichten aus dem Tertiär (miozä- tung (Filtration über Calciumcarbonat - CaCO3) ner Glimmerton), die überhaupt kein nutzbares über das Netz an die Kunden verteilt. Die Ta- Wasser enthalten, bereichsweise nur wenige bellen 1 - 3 enthalten eine Auswahl von Kenn- Meter unter Gelände an. Worin auch immer zahlen zur Wasserversorgung der Insel Föhr. die Ursache mangelnder Ergiebigkeit im Ein- zelfall bestanden haben mag, die allgemeine Versorgungslage hatte sich am Ende der 6.1 Vom Hausbrunnen zur zentralen 1950er Jahre verschärft und aus verschiede- Wasserversorgung nen Hausbrunnen ließ sich zeitweilig kaum Die Wasserversorgung der Insulaner erfolgte mehr ausreichend Wasser gewinnen. Nicht bis weit ins 20. Jahrhundert hinein mittels ei- unmöglich, dass dabei auch die verbesserte gener Brunnen. Die Brunnen befanden sich Entwässerung der Föhrer Marsch im Laufe üblicherweise in unmittelbarer Nähe des Hau- der 50er Jahre (Ausbau des Gewässernetzes, ses, zumeist im Garten, und reichten nur we- Bau von zwei Schöpfwerken) eine Rolle ge- nige Meter tief bis ins oberflächennahe Grund- spielt hat, die zu einer Absenkung des Grund- wasser. Zwar hatte es schon in den 1920er wasserspiegels auf der benachbarten Geest Jahren Diskussionen um eine zentrale Trink- geführt haben dürfte. Letztlich gab die Was- wasserversorgung für die Stadt Wyk auf Föhr seranalyse aus einem Hausbrunnen, dessen gegeben, und es existieren zwei unabhängige Wasser nach Aussage des beauftragten La- Entwürfe aus dem Jahre 1925 für den Bau ei- bors für den „Verzehr durch Mensch und Tier nes über 20 m hohen Wasserturms mit einem aus hygienischen Gründen nicht geeignet“ Speichervolumen von 100 m³. Aber das Pro- war, den entscheidenden Ausschlag für eine jekt wurde aus finanziellen Gründen nicht rea- zentrale Wasserversorgung. lisiert, obwohl im Januar 1929 bereits die Rohrleitungen in Dagebüll angeliefert worden Um die Trinkwasserversorgung im Westen der waren. Insel Föhr sicherzustellen, wurde am 12. Juni 1961 der Wasserbeschaffungsverband Föhr - Daraus kann gefolgert werden, dass eine un- zunächst als Wasserbeschaffungsverband mittelbare Notwendigkeit für den Bau einer Föhr-West - von den Gemeinden , Sü- zentralen Wasserversorgung auf Föhr damals derende und Utersum gegründet. Die Ent- nicht gegeben war. Ganz offensichtlich liefer- wicklung des Verbandes schritt schnell voran - ten die vorhandenen Hausbrunnen sauberes, massiv bezuschusst (70 % der Kosten) aus genusstaugliches Wasser in ausreichender dem Programm Nord, das zur Modernisierung Menge, wenngleich die hygienischen Stan- und Stärkung des äußerst strukturschwachen dards der 1920er Jahre nicht mit den heutigen nördlichen Landesteils von Schleswig-Holstein Vorgaben der Trinkwasserverordnung am 24.02.1953 von der Landesregierung auf- (TrinkwV) im Einklang gestanden haben dürf- gelegt worden war. Binnen weniger Jahre ten. wurden die meisten Inselgemeinden Mitglie- der des Wasserbeschaffungsverbandes Föhr. Das Thema „Zentrale Wasserversorgung“ Die Stadt Wyk auf Föhr, deren Haushalte heut- wurde nach Recherchen des amtierenden Bür- zutage mehr als die Hälfte des Föhrer Trink- germeisters der Stadt Wyk auf Föhr, Heinz wassers verbrauchen, trat dem Verband erst Lorenzen, erst Mitte der 1950er Jahre im Zu- 1967 bei. Der Beitritt war seinerzeit heftig um- sammenhang mit der Anerkennung von Wyk stritten. Dabei spielten offenbar nicht allein die als Heilbad wieder diskutiert, jedoch zunächst Anschlusskosten eine Rolle, vielmehr verfüg- nicht weiter verfolgt. Der entscheidende Im- ten die Wyker Bürger durchweg über Brun- puls kam schließlich aus dem Westen der In- nen, aus denen sich Wasser in ausreichenden sel, wo es in den Ortslagen der Gemeinden Mengen und hoher Qualität gewinnen ließ. Oldsum und Süderende schon immer Schwie- Dies erscheint plausibel, liegt doch der weit

63 überwiegende Teil des Wyker Stadtgebiets im Als erstes der beiden Wasserwerke nahm Bereich der Geest, deren sandiger Untergrund Föhr-West in Hedehusum 1964 den Betrieb eine hohe Wasserleitfähigkeit besitzt und da- auf. Das Wasserwerk Föhr-Ost in Wrixum ging mit ergiebige Brunnen ermöglicht. Als letzte 1971 in Betrieb (Abbildung 61). Zeitgleich mit Gemeinde der Insel Föhr wurde Dunsum im dem Ausbau der zentralen Wasserversor- Jahr 1971 Verbandsmitglied. gung erfolgte im Zuge der Flurbereinigung (Programm Nord) die Aussiedlung etlicher Tabelle 1: Allgemeine Informationen zum Wasserbeschaffungsverband Föhr. landwirtschaftlicher Betriebe aus der Enge der Ortslagen in die Föhrer Marsch. Diese Betrie- Gründungsjahr 1961 be wurden allesamt an das Netz des Verban- Versorgungsgebiet die Insel Föhr (82 km²) des angeschlossen und von Föhr-West aus versorgt. Mitglieder die 12 Inselgemeinden Einwohner 8.700 Nebenwohner 2.800 Übernachtungsgäste 190.000 pro Jahr Grundwasserentnahme (2011) 980.000 m³ Trinkwasser ab Werk (2011) 960.000 m³ Bedarf am Spitzentag 5.500 m³ Stundenspitze 450 m³ Verbrauch pro Kopf 170 l/d Wasserpreis inkl. 7 % MwSt. 0,64 EUR/m³ Mitarbeiter in Vollzeit 7

Abbildung 61: Das Gebäude des Wasserbeschaffungsverbandes Föhr am Wasserwerk Föhr-Ost in Wrixum (Foto: Günter Hilmes). The building of the WBV Föhr at the waterworks Föhr-Ost in Wrixum.

64 6.2 Wassergewinnung und Wasserabgabe Der Wasserbeschaffungsverband Föhr ge- Grundwasserreserven nur eine geringe Be- winnt sein Wasser aus dem Untergrund der deutung. Föhrer Geest. Die Geest besteht aus sandigen Sedimenten, die während der vorletzten Eis- Tabelle 2: Kennzahlen der Wasserwerke. zeit durch das Schmelzwasser der Gletscher vor dem Eisrand abgelagert wurden. Diese Föhr-Ost Föhr-West Schmelzwassersande sind etwa 25 bis 50 m Brunnen 10 aktive (3 stillgelegt) 7 mächtig. Das Grundwasser ist in den Poren Maximale Förderkapazität pro Tag 5.400 m³ 2.400 m³ zwischen den Sandkörnern gespeichert. Der vom Grundwasser erfüllte Hohlraumanteil, die Behälterraum (Speicher) 1.500 m³ 320 m³ Porosität, beträgt ca. 25-30 %. Eine detaillierte Netzpumpen 6 4 Darstellung der Grundwasserverhältnisse lie- Grundwasserentnahme (2011) 900.000 m³/a 80.000 m³/a fert Kapitel 5. Trinkwasser ab Werk (2011) 770.000 m³/a 190.000 m³/a Die Erneuerung des Grundwassers erfolgt ausschließlich durch die Versickerung von Nie- derschlagswasser. Von den 850 mm Jahres- Das Grundwasser wird von Brunnen unter- niederschlag auf Föhr versickert im Durch- schiedlicher Leistungsfähigkeit (10 - 50 m³/h) schnitt ein Anteil von 40-45 %, so dass mit ei- aus mittleren Tiefen zwischen 20 und 80 m ner Grundwasserneubildung von 350 - gefördert und in die Wasserwerke gepumpt. 400 mm im Jahr zu rechnen ist. Dies ent- Die jährliche Grundwasserentnahme unter- spricht einer alljährlich neu verfügbaren Was- schreitet seit dem Jahr 2005 die Marke von sermenge von 350.000 - 400.000 m³ pro 100 1 Mio. m³ und lag in 2011 bei rd. 980.000 m³. ha Geestfläche. Für die Erneuerung der Davon entfielen über 90 % (ca. 900.000 m³) Grundwasserreserven sind die Winternieder- auf das Wasserwerk Föhr-Ost. Von der in schläge (im langjährigen Mittel 452 mm von Föhr-Ost gewonnenen Menge wurden ca. Oktober - März) maßgeblich, weil bei geringer 110.000 m³ zum Wasserwerk Föhr-West wei- Verdunstung in der kalten Jahreszeit der Groß- tergeleitet und der dort gewonnenen Menge teil des Niederschlags versickert. Der Nieder- beigemischt. Die Entwicklung der Grundwas- schlag im Sommerhalbjahr hat aufgrund der serentnahme seit 1980 zeigt Abbildung 62. hohen Verdunstung für die Erneuerung der

Abbildung 62: Entwicklung der jährlichen Grundwasserentnahmen der Wasserwerke Föhr-Ost und Föhr–West. Annual groundwater abstraction of the water works Föhr-Ost and Föhr-West.

65 Die geltende Bewilligung zur Grundwasser- auf der Föhrer Geest zur Versickerung gelangt entnahme räumt dem Wasserbeschaffungs- (Grundwasserdargebot > 4 Mio. m³/a), er- verband Föhr das Recht ein, mit den Wasser- scheint die Wasserversorgung der Insel über werken Föhr-Ost und Föhr-West jährlich bis zu einen weiten Bereich möglicher Klimaszena- 1,35 Mio. m³ Grundwasser zu entnehmen. rien gesichert (siehe Kapitel 7). Auch eine län- Diese Menge wird derzeit nur zu etwa 70 % gere Serie niederschlagsarmer Jahre würde zu ausgeschöpft. Allein das Wasserwerk Föhr- keiner Gefährdung der Trinkwasserversorgung Ost verfügt über eine bewilligte Entnahme- führen, weil unter der Geest Grundwasserre- menge von 1,0 Mio. m³/a. Auch langfristig gibt serven von grob geschätzt rund 100 Mio. m³ das Grundwasserdargebot keinen Anlass zur gespeichert sind. Besorgnis. Zwar wird im Zuge des vielfach diskutierten Klimawandels mit größerer som- Der Trinkwasserbedarf auf Föhr unterliegt im merlicher Trockenheit gerechnet, wodurch der Jahresverlauf ganz erheblichen Schwankun- Wasserbedarf gegebenenfalls steigen könnte. gen. In der hochsommerlichen Hauptsaison Gleichzeitig aber werden für Norddeutschland des Tourismus (Juli/August) ist der Bedarf we- tendenziell höhere Winterniederschläge erwar- sentlich höher als im Winterhalbjahr. Abbil- tet, die für die Grundwasserneubildung maß- dung 63 vermittelt am Beispiel der monatli- geblich sind. Da der Wasserbeschaffungsver- chen Grundwasserentnahmen einen Eindruck band Föhr nur einen vergleichsweise kleinen dieser Bedarfsschwankungen. Teil dessen fördert, was im langjährigen Mittel

Abbildung 63: Mittlere monatliche Grundwasserentnahmen 2007 - 2011 der Wasserwerke Föhr-Ost und Föhr-West. Mean monthly groundwater abstraction 2007 – 2011 of the waterworks Föhr-Ost and Föhr-West.

In 2011 wurden insgesamt rund 960.000 m3 6.3 Trinkwasserqualität Wasser ins Netz eingespeist. Der „Löwenan- Die Nutzung von Grundwasser aus Poren- teil“ von 770.000 m³ (80 % der Gesamtmen- grundwasserleitern für die Trinkwassererzeu- ge) entfiel - trotz der Lieferung von gung hat im Vergleich zu anderen Quellen 110.000 m³ zum Wasserwerk Föhr-West - auf (z. B. Talsperrenwasser oder Uferfiltrat) den das Werk Föhr-Ost, das somit die Hauptlast großen Vorteil, dass Grundwasser in der Regel der insularen Wasserversorgung trägt. bakteriologisch einwandfrei (keimfrei) ist. Dies hängt mit der oft jahrzehntelangen Aufent- Tabelle 3: Kennzahlen des Rohrnetzes haltszeit im Untergrund zusammen - potenziel- le Krankheitserreger überleben dort aufgrund Länge Hauptleitungen 115 km ungünstiger Nährstoffverhältnisse zumeist nur Länge Anschlussleitungen 156 km wenige Wochen - und es trifft auch auf das Hausanschlüsse 4.500 Föhrer Grundwasser zu. Das entnommene Grundwasser bedarf in dieser Hinsicht daher Hydranten 536 keiner weiteren Behandlung.

66 Eine einfache Aufbereitung über Filteranla- Bis vor einigen Jahren konnte das seit 1991 gen, die mit feinkörnigem Kalzit (CaCO3) ge- verbotene Herbizid Atrazin in Brunnen VII des füllt sind und zur Entsäuerung, Enteisenung Wasserwerkes Föhr-West in Spuren nachge- und Entmanganung dienen, reicht aus, um aus wiesen werden, und seit dem Frühjahr 2007 dem Grundwasser Trinkwasser herzustellen. wird der Metabolit Desphenylchloridazon in 11 Die Entsäuerung des Rohwassers führt zu ei- der 17 Brunnen des Verbandes in unterschied- ner Aufhärtung des Wassers, sodass das lichen Konzentrationen beobachtet. Desphe- Trinkwasser an beiden Wasserwerken dem nylchloridazon ist ein Abbauprodukt des Herbi- Härtebereich „mittel“ zuzuordnen ist. zids Chloridazon, das in früheren Jahren im Futterrübenanbau verwendet wurde. Die Fut- Das Grundwasser der Föhrer Geest ist aus Er- terrübe wird im Einzugsgebiet des Wasser- mangelung schützender Deckschichten sehr werkes Föhr-Ost seit mindestens 25 Jahren verwundbar gegenüber Stoffeinträgen von der und im Einzugsgebiet Föhr-West seit über 10 Erdoberfläche. Vor etwa 20 Jahren bereitete Jahren nicht mehr angebaut. Hieraus kann ge- die Einhaltung des Nitratgrenzwertes der folgert werden, dass Desphenylchloridazon im Trinkwasserverordnung von 50 mg/l zuneh- Grundwasserbereich offensichtlich kaum wei- mend Probleme. Dies hing mit Intensivierun- ter abgebaut wird und daher langfristig mit gen in der Landwirtschaft (u. a. Anbau von Si- dem Grundwasserabstrom aus dem Wasser- lomais und Umstellung auf Güllewirtschaft) zu- leitersystem ausgetragen werden muss. sammen. Am Wasserwerk Föhr-West wurde dadurch der Bau einer biologischen Denitrifika- Das Umweltbundesamt (UBA) rechnet tionsanlage erforderlich, die 1993 in Betrieb Desphenylchloridazon den so genannten nicht ging und bis zum Jahr 2009 erfolgreich arbei- relevanten Metaboliten (nrM) zu. Nach Auffas- tete. Der Nitratwert am Werksausgang Föhr- sung des UBA ist der Grenzwert der Trinkwas- West lag bei durchschnittlich etwa 10 mg/l. serverordnung von 0,1 µg/l für Pflanzenschutz- mittelwirkstoffe und deren relevante Metaboli- In Föhr-Ost konnte der Nitratwert des Trink- te auf die nrM und damit auf Desphenylchlori- wassers durch den Bau der drei Tiefbrunnen dazon nicht anwendbar. Deshalb haben das II A, XV A und XVI A deutlich abgesenkt wer- UBA und das Bundesinstitut für Risikobewer- den. Der Brunnen II A (Entnahmetiefe 69 - tung (BfR) für Desphenylchloridazon einen ge- 84 m) ist seit Inbetriebnahme im Jahr 1989 ni- sundheitlichen Orientierungswert (GOW) von tratfrei. Der Nitratgehalt der Brunnen XV A 3 µg/l festgelegt, der dauerhaft zu dulden ist und XVI A, die beide seit 1984 in Betrieb ste- und quasi Grenzwertcharakter besitzt. Die hen, liegt seit Jahren relativ konstant bei etwa Desphenylchloridazon-Messwerte lagen in 10-15 mg/l. 2011 am Werksausgang Föhr-Ost zwischen 0,12 und 0,16 µg/l und in Föhr-West zwischen Aufgrund des seit 1992 rückläufigen Trinkwas- 0,31 und 0,38 µg/l. Der GOW von 3 µg/l wur- serbedarfs (Abbildung 62) konnte die kostenin- de somit jeweils weit unterschritten. tensive Denitrifikationsanlage in Föhr-West im August 2009 außer Betrieb genommen wer- Unabhängig hiervon gibt der Wasserbeschaf- den. Seither wird Rohwasser aus Föhr-Ost fungsverband Föhr sein Trinkwasser derzeit über die im Frühjahr 2009 gebaute, 8 km lan- auf Basis einer Ausnahmegenehmigung nach ge Rohwasserleitung herangeführt und der in § 9 (6) der TrinkwV ins Netz ab, da die Trink- Föhr-West gewonnenen Grundwassermenge wasserhygienekommission des Landes beigemischt. Der Nitratgrenzwert von 50 mg/l Schleswig-Holstein die Auffassung vertritt, der wird heute an beiden Werksausgängen sicher Grenzwert der TrinkwV von 0,1 µg/l für Pflan- unterschritten. Im Jahre 2011 lag die mittlere zenschutzmittelwirkstoffe sei auch auf die Nitratkonzentration am Werksausgang Föhr- nrM anzuwenden und diese Vorgehensweise Ost bei 25,6 mg/l, am Ausgang des Wasser- den Gesundheitsämtern empfiehlt. Die Aus- werkes Föhr-West betrug sie 33,3 mg/l. nahmegenehmigung erlaubt die Abgabe von Trinkwasser mit einer Desphenylchloridazon- Abgesehen von Nitrat gab und gibt es Beein- Konzentration von maximal 10 µg/l. trächtigungen des Föhrer Grundwassers durch Pflanzenschutzmittel bzw. deren Metabolite.

67 6.4 Grundwasserschutz und Wasserschutzgebiete Die durch die Wasserwerke Föhr-Ost und Dauergrünland, weitere Düngebeschränkun- Föhr-West genutzten Grundwasservorkom- gen). men haben eine große wasserwirtschaftliche Bedeutung für die öffentliche Trinkwasserver- Seit den 1990er Jahren konnte die Grundwas- sorgung auf der Insel Föhr. In Anbetracht der serqualität in Bezug auf den Nitratgehalt ver- seit Anfang der 1980er Jahre erheblichen Pro- bessert werden. Vor allem in Föhr-Ost waren bleme hinsichtlich der Nitratbelastung im die Nitratwerte in den vergangenen 20 Jahren Grundwasser wurden daher für die beiden deutlich rückläufig. Die mittlere Nitratkonzen- Wasserwerke bereits im Jahre 1985 Wasser- tration der 7 flacheren Förderbrunnen (Entnah- schutzgebiete (WSG) ausgewiesen. Die erste metiefe 12 - 39 m) sank im Zeitraum 1990 - Wasserschutzgebietsverordnung Föhr 2011 von 63 auf 43 mg/l (Abbildung 64). Im (WSG-VO Föhr) wurde im Jahre 1991 durch oberflächennahen, jüngsten Grundwasser fin- die Aufnahme weitergehender Einschränkun- den sich mittlerweile Werte von weniger als gen für die Landbewirtschaftung maßgeblich 20 mg/l. Hier zeigt sich eindeutig die positive geändert (Gebot der ausschließlichen Dauer- Wirkung der Wasserschutzgebiete. grünlandnutzung, Verbot des Umbruchs von

Abbildung 64: Durchschnittliche Entwicklung der Nitratgehalte im Rohwasser der flacheren Förderbrunnen des Wasserwerkes Föhr-Ost (Jahresmittelwerte der Brunnen Br. I und Br. III bis Br. VIII). Averaged nitrate content of the raw water from the shallower production wells of the water works Föhr-Ost (annual mean values of wells I and III – VIII).

Seit 1985 haben sich durch den Rückgang des schutzgebiete neu bemessen. Beide WSG Wasserbedarfs und die Stilllegung von Förder- wurden im Jahr 2005 der Einzugsgebietsgrö- brunnen zahlreiche Änderungen in Bezug auf ße der Wasserwerke angepasst. Mit der neu- die Grundwassergewinnung ergeben, die zu en WSG-VO Föhr vom 02. Februar 2010 (in einer Veränderung der Einzugsgebiete geführt Kraft getreten am 26. Februar 2010) besitzen haben. Aus diesem Grunde wurden die Ein- die Wasserschutzgebiete heute eine Größe zugsgebiete der beiden Wasserwerke im Jah- von ca. 372 ha (WSG Föhr-Ost) und von ca. re 2005 auf der Basis der aktuellen Grundwas- 158 ha (WSG Föhr-West) (Abbildung 65). serbewirtschaftung ermittelt und die Wasser-

68 Abbildung 65: Außengrenzen der im Jahre 2010 neu festgesetzten Wasserschutzgebiete Föhr-Ost und -West (WSG-VO Föhr vom 02. Februar 2010). Outer boundaries of the water protection areas Föhr-Ost and Föhr-West (established 2010).

Die neue WSG-VO lässt Ackerbau in einge- gewiesen wurden, ist laut WSG-VO verboten. schränktem Umfang im Rahmen einer Wech- Die Erfahrungen des Verbandes mit dem Meta- selgrünlandfruchtfolge wieder zu. Silomais, boliten Desphenylchloridazon und dem Wirk- dessen Anbau in Wasserschutzgebieten auf- stoff Atrazin zeigen, dass die Sorge vor Grund- grund der nachweislich erhöhten Nitratverluste wasserbelastungen durch Pflanzenschutzmittel als kritisch zu bewerten ist, darf am gleichen nicht unbegründet ist. Standort nur alle 4 Jahre angebaut werden, so- dass Monokulturen ausgeschlossen sind. Die Ein wichtiger Baustein im flächenhaften neue WSG-VO enthält darüber hinaus weitere Grundwasserschutz ist der Anbau von Zwi- Vorschriften für die Bewirtschaftung der schenfrüchten. Diese werden im Ackerbau landwirtschaftlichen Flächen. So ist Getrei- nach der Ernte der Hauptfrucht angebaut und deanbau nur in Form von Sommergetreide zu- können im Spätsommer und Herbst beachtli- gelassen und zur Vermeidung unnötiger Nitrat- che Stickstoffmengen (Nitrat) aus dem Boden belastungen des Grundwassers ist eine ganz- aufnehmen. Dadurch wird die Auswaschung jährige Bodenbedeckung vorgeschrieben, die von Nitrat ins Grundwasser mit dem winterli- im Ackerbau durch Anbau von Zwischenfrüch- chen Sickerwasser erheblich reduziert, was ten und Grasuntersaaten bei Silomais erreicht sich positiv auf die Grundwasserbeschaffen- werden kann. Des Weiteren wird die Winter- heit und damit auf die Qualität des Föhrer beweidung des Grünlandes durch die Festle- Trinkwassers auswirkt. Ein schönes Beispiel gung maximaler Besatzzahlen stark einge- für einen gelungenen Zwischenfruchtanbau schränkt, und die Stickstoffdüngung unterliegt (Gelbsenf nach Sommergerste) zeigt Abbil- einer Mengenbegrenzung in Abhängigkeit von dung 66. Die Fläche liegt unmittelbar nördlich der Nutzungsart. Auch die Anwendung von des Wasserwerks Föhr-West. Die Zwischen- Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Iso- frucht hat sich infolge eines sehr frühen Saat- proturon, Mecoprop, Terbuthylazin und Benta- termins (vor Mitte August) hervorragend ent- zon, die vergleichsweise mobil sind und ande- wickelt und dürfte die noch im Boden vorhan- renorts verschiedentlich im Grundwasser nach- denen Nitratreste großenteils aufnehmen.

69 Abbildung 66: Gelungener Zwischenfruchtanbau (Gelbsenf (Brassica alba L.) nach Sommergerste) auf Ackerflächen im Wasserschutzge- biet Föhr-West (Foto: H. Ketelsen, 24.09.2011). Effective growing of intertillage (Catch Crop (Brassica alba L.) following spring barley) in the water protection area Föhr- West.

Die Landwirte werden bei der praktischen Die Lage im WSG Föhr-Ost ist diesbezüglich Umsetzung der Auflagen aus der WSG-VO jedoch relativ entspannt, da die landwirtschaft- durch ein Beratungsunternehmen unterstützt, liche Nutzfläche dort mittlerweile einen Anteil das sich auf die Grundwasserschutzbera- von nur noch 44 % ausmacht. Allein 25 % der tung spezialisiert hat. Sie erhalten für die Ein- WSG-Fläche (94 ha) entfallen auf Waldgebiete, schränkungen der landwirtschaftlichen Nut- die in der Regel einen positiven Einfluss auf zungsmöglichkeiten, die ihnen aus der WSG- die Grundwasserqualität haben. Der Wasser- VO erwachsen, eine Ausgleichszahlung, die beschaffungsverband Föhr hat mit der Hilfe vom Wasserbeschaffungsverband abgewickelt von Förderprogrammen des Landes in den wird. Unklar ist bislang, ob die Wiedereinfüh- vergangenen Jahrzehnten 40 ha Neuwald im rung des Ackerbaus in den WSG einen Wie- WSG Föhr-Ost geschaffen und damit nachhal- deranstieg der Nitratwerte bewirken könnte. tig zum Schutz des Grundwassers beigetra- Es muss daher sehr genau auf die Einhaltung gen. der Auflagen aus der WSG-VO in Bezug auf die Fruchtfolgegestaltung und den Anbau von Zwischenfrüchten bzw. Untersaaten geachtet werden.

70 6.5 Grundwasserüberwachung (Monitoring) Größere Grundwasserentnahmen, wie der Be- neben der Messung und Aufzeichnung der an trieb der beiden Wasserwerke auf der Insel den einzelnen Brunnen entnommenen Grund- Föhr, stellen einen Eingriff in den Wasserhaus- wassermengen (Tages-, Monats- und Jahres- halt dar und können infolge der Grundwasser- werte) auch eine jährliche hydrochemische absenkung zu unerwünschten Auswirkungen Vollanalyse (Kapitel 3.6) des Rohwassers aus führen. Sie unterliegen daher nach dem Was- jedem Brunnen. Auf der Insel Föhr muss das serrecht einer behördlichen Regelung und er- Grundwassermonitoring darüber hinaus auf- fordern ein eigens vorgeschriebenes Geneh- grund der konkreten Gefährdung der genutz- migungsverfahren, in dem geprüft wird, ob ten Grundwasservorkommen die Entwicklung Beeinträchtigungen von Mensch, Natur, Um- der Grundwassermenge und der -qualität in welt und sonstigen Sachgütern oder der den gesamten Einzugsgebieten und in allen Grundwasserressource selbst zu erwarten Grundwasserleitern erfassen. Das vom WBV sind. Grundsätzlich ist durch eine standortan- Föhr betriebene Monitoringmessnetz umfasst gepasste Brunnenbewirtschaftung dafür Sorge derzeit insgesamt 63 Grundwassermessstel- zu tragen, dass die Auswirkungen der Grund- len an 39 verschiedenen Standorten (Abbil- wasserentnahme minimiert werden. Da aber dung 67). An allen 63 Messstellen werden da- nicht alle entnahmebedingten Auswirkungen, bei die Grundwasserstände regelmäßig ge- vor allem langfristige Entwicklungen im Grund- messen, an 18 dieser Messstellen, die sich im wassersystem, mit Sicherheit vorhergesagt Nahfeld der Förderbrunnen befinden, erfolgt und beurteilt werden können, verpflichtet die eine kontinuierliche Erfassung der Grundwas- wasserrechtliche Genehmigung den Wasser- serstände mit Hilfe automatischer Messdaten- versorger zur Durchführung eines Grundwas- sammler. Eine jährliche Untersuchung der sermonitorings. Die einzelnen Überwachungs- Grundwasserbeschaffenheit (Vollanalyse) ist und Meldepflichten, die hierzu erforderlich an insgesamt 33 Grundwassermessstellen an sind, werden als Nebenbestimmungen in den 21 Standorten vorgeschrieben (Abbildung 67). wasserrechtlichen Genehmigungsbescheid Die Überwachung sowohl der Grundwasser- der Wasserbehörde aufgenommen. Die menge als auch der Grundwasserqualität Durchführung des Monitorings obliegt dem zielt darauf ab, mögliche nachteilige Umwelt- Wasserversorger. auswirkungen durch die Grundwasserentnah- me erkennen und erforderliche Gegenmaß- Wie bei allen Wasserwerken umfasst das für nahmen rechtzeitig einleiten zu können. die beiden Wasserwerke des WBV Föhr was- Gleichzeitig erfüllt der überdurchschnittliche serrechtlich festgelegte Monitoring zunächst Umfang des vorgeschriebenen Monitoringpro- eine punktuelle Überwachung des Grundwas- gramms auf Föhr auch die Anforderungen an sers am unmittelbaren Ort der Entnahme, also die Eigenüberwachung des Wasserversorgers. an den Förderbrunnen selbst. Hierzu gehören

Abbildung 67: Im Rahmen des Grundwassermonitorings überwachte Grundwassermessstellen in den Einzugsgebieten der Wasserwerke Föhr-West (a) und Föhr-Ost (b). Observation wells in the catchment areas of the water works Föhr-West (a) and Föhr-Ost (b) surveyed in the groundwater monitoring program.

71 Mit Hilfe der Grundwasserstandsmessstel- Grundwassergewinnungsgebiete auf Föhr ge- len wird das kurz- bis langfristige Verhalten nerell eine potenzielle Gefährdung der Süß- des Grundwasserspiegels kontrolliert. Kurzfris- wasservorkommen durch eindringendes tige Messungen dienen beispielsweise zur Meerwasser angenommen werden - auch Kontrolle der Reichweite der Absenkungstrich- wenn bisher keine Anzeichen für eine zuneh- ter in jahreszeitlich bedingten, hydrologischen mende Grundwasserversalzung erkennbar Extremsituationen wie Trockenperioden. sind. Auch für diese Überwachungsaufgabe Messreihen des Grundwasserspiegels über sind im Monitoringprogramm geeignete Mess- viele Jahre erlauben eine Auswertung der stellen berücksichtigt. Ganglinien hinsichtlich ihres langfristigen Trendverhaltens. So kann zum Beispiel erkannt Die vorgenannten Gefährdungspotenziale für werden, ob eine Übernutzung der Grundwas- das Grundwasser werden sich durch die prog- serleiter auf Dauer zu sinkenden Grundwas- nostizierten Auswirkungen des Klimawan- serständen führt oder sich die prognostizierte dels vermutlich verschärfen (Kapitel 7). Dem Erhöhung des Grundwasserspiegels infolge umfassenden und kontinuierlichen Grundwas- des Meeresspiegelanstiegs langfristig bemerk- sermonitoring kommt daher als Grundlage für bar macht (Kapitel 7). Weiterhin kann die Mes- Datenvergleiche und -auswertungen auch wei- sung der Grundwasserstände zur Beweissi- terhin eine große Bedeutung zu. Die Ergebnis- cherung bei Betroffenheiten Dritter dienen, se des Grundwassermonitorings werden in wenn unerwünschte Auswirkungen der jährlichen Überwachungsberichten, die lang- Grundwasserentnahme nicht auszuschließen fristige Grundwasserganglinien und Zeitreihen sind. der gemessenen Grundwasserinhaltsstoffe enthalten, übersichtlich zusammengestellt und Durch die Grundwasserentnahme an den För- der zuständigen Wasserbehörde beim Kreis derbrunnen ändern sich zwangsläufig die Nordfriesland vorlegt. Fließwege und -geschwindigkeiten des Grund- wassers gegenüber dem Naturzustand, was Neben dem oben beschriebenen Grundwas- auch Auswirkungen auf die Grundwasserbe- sermonitoring bestehen bei einer öffentlichen schaffenheit hat. Infolge der Druckentlastung Trinkwasserversorgung selbstverständlich im Nutzhorizont, die mit der Grundwasserent- auch gesundheitsbehördliche Überwa- nahme einhergeht, können Nähr- und Schad- chungsauflagen nach der TrinkwV. Hierbei stoffe dem genutzten Grundwasserleiter von stehen der Schutz der menschlichen Gesund- oben her schneller zusickern, oder versalzenes heit und die Gewährleistung der Genusstaug- Grundwasser kann seitlich oder von unten in lichkeit und Reinheit des abgegebenen Trink- den Nutzhorizont eindringen. Daher ist zum ei- wassers im Vordergrund. Die Überwachungs- nen eine Überwachung der Grundwasserquali- pflichten umfassen daher vor allem Untersu- tät im Einflussbereich der Förderbrunnen er- chungen des vom Wasserwerk abgegebenen forderlich. Zum anderen dienen die Beschaf- Reinwassers, die am Wasserwerksausgang fenheitsmessstellen der Überwachung flä- und an weiteren Zapfstellen im Leitungsnetz chenhafter Gefährdungspotenziale in den durchgeführt werden. In besonderen Fällen, Grundwassergewinnungsgebieten. Gerade bei wie beim Auftreten des Metaboliten Desphe- den Einzugsgebieten der beiden Föhrer Was- nylchloridazon im Föhrer Grundwasser (Kapitel serwerke, die ein nur geringes natürliches 6.3), kann die Gesundheitsbehörde auch Roh- Schutzpotenzial besitzen, ist das Ausmaß des wasseranalysen an den Förderbrunnen veran- Stoffeintrags in das Grundwasser von der Art lassen. der Landbewirtschaftung abhängig und unter- liegt Veränderungen, die zu überwachen sind. Ausschließlich im Rahmen der Eigenüberwa- Weiterhin ist die besonders für den Wasser- chung werden vom WBV Föhr Sonderuntersu- versorger wichtige Funktion von Vorwarn- chungen durchgeführt, z. B. die ständige Leit- messstellen, mit deren Hilfe der direkte An- fähigkeitsmessung in einigen Förderbrunnen strombereich der Förderbrunnen hinsichtlich zur Soforterkennung einer möglichen Grund- akuter Gefährdungen überwacht wird, im Mo- wasserversalzung und die kontinuierliche Ni- nitoringkonzept berücksichtigt. Und letztlich tratbestimmung im Reinwasser an den beiden muss infolge der küstennahen Lage der Wasserwerksausgängen.

72 7 Grundwasser im Klimawandel – Ergebnisse des Projektes CLIWAT für die Insel Föhr

➢ Wolfgang Scheer, Bernd König, Martin Lilienfein

7.1 Klimawandel – womit müssen wir rechnen? In den zahlreichen Studien, die die Auswirkun- • das Wetter wird insgesamt extremer gen des Klimawandels auf Umwelt und Ge- • die Durchschnittstemperaturen steigen sellschaft zum Thema haben, wurden die • die jährliche Menge und zeitliche Vertei- möglichen Veränderungen, die den unterirdi- lung der Niederschläge ändert sich schen Teil des Wasserkreislaufs betreffen, bis- • es fallen geringere Niederschläge im Som- her nur wenig beachtet. Das Projekt CLIWAT mer hat sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenhän- • die Starkregenereignisse im Sommer neh- ge zwischen den aktuellen Projektionen und men jedoch zu den daraus abgeleiteten Auswirkungen auf die • es fallen zunehmende Niederschläge im Grund- und Oberflächenwassersysteme zu er- Winter klären und die daraus resultierenden Folgen • der Meeresspiegel steigt aufzuzeigen. Im folgenden Abschnitt sind die Kernaussagen aus den gemeinsamen Unter- Die im CLIWAT Projekt berücksichtigten Sze- suchungen in den sieben Pilotgebieten stark narien lehnen sich an das sogenannte A2 Sze- vereinfacht zusammengefasst. nario des UN Weltklimarats Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) an, das von Allen bisherigen Untersuchungen ist gemein, einem moderaten Wachstum der Weltwirt- dass sie von bestimmten Eckdaten ausgehen, schaft ausgeht. In der Tabelle 4 ist als Beispiel die in der unten stehenden Aufstellung (Tabel- das aktuelle Szenarium für die deutsche Nord- le 4) kurz dargestellt sind: seeküste aus dem Norddeutschen Klimaatlas zitiert.

Tabelle 4: Mögliche klimatische Änderungen an der deutschen Nordseeküste bis Ende des 21. Jahrhunderts (2071-2100) im Vergleich zu heute (1961-1990) (www.norddeutscher-klimaatlas.de, Stand 11/2011, MEINKE & GERSTNER 2009).

Jahr Frühling Sommer Herbst Winter Durchschnittliche Temperatur (°C) + 2,8 °C + 2,5 °C + 2,8 °C + 3,0 °C + 3,0 °C

Niederschlag (%) + 6 % + 9 % - 19 % + 12 % + 25 %

Mittlere Windgeschwindigkeit (%) + 2 % + 2 % - 2 % + 1 % + 5 %

Sturmintensitäten (%) + 1 % + 1 % - 2 % + 1 % + 5 %

Sonnenscheindauer (%) - 7 % - 11,0 % + 1 % - 4 % - 18 %

Wenn die prognostizierten Veränderungen ein- • Bauwerke zur Entwässerung sind zuneh- treten, können sie regional und lokal schwer- mend unterdimensioniert, wiegende Folgen für Umwelt und Gesellschaft • längere Dürreperioden im Sommer stei- haben: gern die Grundwasserentnahmen für die • der Grundwasserspiegel wird in weiten Be- Feldbewässerung, reichen ansteigen, • die Grundwasserspiegel können im Som- • zeitweilige bis dauerhafte Überflutungen in mer regional stärker absinken, Niederungsgebieten nehmen zu, • an den Küsten und auf den Inseln kommt • durch die zunehmenden Überflutungen es verstärkt zu Salzwasserintrusionen, kommt es zu Problemen in der Infrastruk- • in den flachen Küstenbereichen und auf tur, den Inseln bewirkt der Meeresspiegelan- • die Standsicherheit von Gebäuden, Stra- stieg einen zusätzlichen Anstieg des ßen- und Eisenbahntrassen ist gefährdet, Grundwassers,

73 • in den flachen Küstenbereichen und auf wie zur Ausweisung der Wasserschutzgebiete den Inseln kommt es verstärkt zu einem der Wasserwerke Föhr-West und Föhr-Ost vor. Aufstieg von Salzwasser. Die Bereiche um die beiden auf den Geestker- nen gelegenen Wasserfassungen waren durch Die Veränderungen werden sich nach den der- zahlreiche Brunnen- und Messstellenbohrun- zeitigen Berechnungen über einen langen Zeit- gen recht gut erkundet (Kapitel 5). Ein vom raum vollziehen und zunächst kaum wahr- Wasserbeschaffungsverband Föhr im Jahr nehmbar sein. Daher sind langfristige Planun- 2007 in Auftrag gegebenes numerisches gen erforderlich, um rechtzeitige Anpassungs- Grundwasserströmungsmodell berücksichtigte strategien entwickeln zu können. alle bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden hy- drogeologischen und hydraulischen Daten. Da Die Ergebnisse des Projekts für die 7 Projekt- das Aussagegebiet dieses Modells entspre- gebiete sind in dem gemeinsamen Bericht: chend seiner Zielsetzung aber auf die weitere „Groundwater in a Future Climate - The CLI- Umgebung der Wasserwerke beschränkt war, WAT Handbook“ zusammengefasst (CLIWAT bedurfte es zusätzlicher Erkundungen, um die WORKING GROUP 2011). geplanten Modellierungen der gesamten Insel zu ermöglichen. Aus diesem Grunde wurden In der hier vorgelegten Broschüre geht es spe- die in Kapitel 4 beschriebenen geophysikali- ziell um das Projektgebiet Föhr. Im folgenden schen Untersuchungen durchgeführt. So wur- Abschnitt werden die Ergebnisse der Grund- de es möglich, ein digitales dreidimensionales wassermodellierung mit den zu erwartenden Geologisches Modell der Insel zu entwerfen, Änderungen für den Wasserhaushalt der Insel das die Basis für die Modellierung der Auswir- Föhr vorgestellt. kungen des Klimawandels auf den Wasser- haushalt der Insel bildet.

7.2 Das hydrogeologische und Die Abbildung 68 zeigt die Lokalitäten, an de- geophysikalische nen während der Projektlaufzeit geophysikali- Untersuchungsprogramm auf Föhr sche Untersuchungen durchgeführt wurden. Zu Beginn der Untersuchungen im Projekt Nicht dargestellt sind die Fluglinien der Sky- CLIWAT lagen auf der Insel vor allem Daten TEM Befliegung, die die ganze Insel mit Aus- aus den hydrogeologischen Arbeiten zur Er- nahme der bebauten Gebiete abdeckte. Diese schließung der Grundwasservorkommen so- finden sich in den Abbildungen 35, 37 und 48.

Abbildung 68: Lageplan der geo- physikalischen Un- tersuchungen - ohne Fluglinien der SkyTEM Beflie- gung. Location map sho- wing geophysical investigations - without flightlines of the SkyTEM sur- vey.

74 Vor allem durch die Ergebnisse der seismi- • Nachweis von eiszeitlichen Rinnen, schen und aeroelektromagnetischen Messun- • Bestimmung von Gesteinseigenschaften gen konnte ein erheblicher Wissenszuwachs entlang der seismischen Profile. hinsichtlich des geologischen Untergrundauf- baus sowie der Verbreitung von Süß- und Salz- Aeroelektromagnetik (SkyTEM) wasser auf der Insel gewonnen werden (Ab- • Bestimmung von Richtung und räumlicher bildung 69 für die Tiefe von 10-20 Meter, Ab- Ausdehnung der glaziotektonischen Stau- bildung 37 für 20-30 Meter). chungsstrukturen (Unterscheidung Grund- wasserleiter und –geringleiter), Die wichtigsten Ergebnisse der seismischen • Bestimmung der räumlichen Ausdehnung und der aeroelektromagnetischen Messungen der Süßwasserlinse (Abbildung 69), sind: • Abgrenzung von Süß- und Salzwasser zwi- schen Geest und Marsch, Seismik • Abgrenzung des Abstrombereichs von • Nachweis der im Untergrund vermuteten Süßwasser in die Marsch, glaziotektonischen Stauchungsstrukturen, • Bestimmung von Bereichen mit Grundwas- • Bestimmung der Tiefenlage der Quartärba- serab- oder -zustrom an der Küstenlinie. sis,

Abbildung 69: Karte der elektrischen Gesteinswiderstände in 10 bis 20 m unter Gelände (SkyTEM Befliegung 2008), rot und gelb: Salz- und Brackwasser, blau und grün: Süßwasser. Result of the SkyTEM survey 2008: electrical resistivities in the depth range 10 – 20 m below ground, red and yellow: salt water or brackish water, blue and green: fresh water.

Die Ergebnisse des geologisch-geophysikali- dell bildet die Basis für das Grundwassermo- schen Untersuchungsprogramms sind in das dell, das zur Simulierung der Auswirkungen im Kapitel 5 beschriebene digitale Geologische des Klimawandels dient und im Folgenden be- Modell eingeflossen. Dieses Geologische Mo- schrieben wird.

75 7.3 Grundwassermodell

7.3.1 Der Weg zum Grundwassermodell Vor Aufstellung eines hydrogeologischen 3D- abzüglich Verdunstung) und die Grundwasser- Grundwassermodells steht ein geologisch-hy- neubildung berechnet. drogeologisches Modellkonzept zum Entwi- ckeln des Systemverständnisses. Das Konzept Grundwasserstände wurden vorwiegend umfasst Informationen zum Strömungsge- durch den WBV Föhr und das LLUR zur Verfü- schehen auf der Insel wie gung gestellt: Für das Wassergewinnungsge- • Verbreitung und Verbindungen der Grund- biet Ost liegen 1,5 Millionen Daten seit 1965, wasserleiter, für das Wassergewinnungsgebiet West • Anbindung der Grundwasserleiter an die 270.000 Daten seit 1974 vor. Die ersten um- Vorfluter, fassenden Stichtagmessungen wurden 2003 • Abfluss von Grund- und Oberflächenwas- und 2004 im Rahmen der Schutzgebietsbear- ser durch die Drainagen beitung durch das Land Schleswig-Holstein • sowie die Grundwasserneubildung. durchgeführt, seit 2006 misst der WBV ein kleineres Programm an 2 Stichtagen pro Jahr. Dies erfordert zusätzlich zum Geologischen In insgesamt 22 ausgewählten Messstellen Modell eine umfassende Recherche und In- wird der Wasserstand per Datenlogger seit ventarisierung von hydrologischen Daten und 2006 automatisch aufgezeichnet. Zusammenhängen wie beispielsweise me- teorologische Daten, Wasserstand und Tiden- Tidewasserstände (Tabelle 5) werden seit hub der Nordsee, Sickerwasserrate, die hie- 1994 automatisch erfasst und konnten vom raus abgeleitete Grundwasserneubildung und Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark die Drainagen. Weitere Parameter dienen zur und Meeresschutz (LKN) bereitgestellt Überprüfung und Kalibrierung des Modells, werden. beispielsweise Grundwasserstands-Zeitrei- hen, Stichtagmessungen und Abflussmen- Tabelle 5: Statistische Daten des Pegels Wyk (LKN Husum, gen. 11/1994 - 12/2010).

Die Eichung oder auch Kalibrierung des Grund- mNN Differenz zum MW wassermodells erfolgt über Variation von Ge- NNW (niedrigster -3,18 3,24 m steinskennwerten (beispielsweise die hydrauli- Wasserstand) sche Durchlässigkeit) bis zur Anpassung der berechneten an gemessene Wasserstands- MNW (mittleres -1,63 1,69 m und Abflussdaten zu festgelegten Zeitpunkten Niedrigwasser) (Stichtagmessungen oder Ganglinien). Nach Abschluss der Kalibrierung erfolgt eine Sensiti- MW (Mittelwasser) 0,06 - vitätsanalyse zur Bestimmung der Empfind- lichkeit des Modells auf die Variation von Ein- MHW (mittleres gangs- und Gesteinsparametern. Nach dem 1,44 -1,38 m Hochwasser) Nachweis der Schlüssigkeit kann das geeichte Modell für Prognoserechnungen eingesetzt HHW (höchster werden. 3,80 -3,74 m Wasserstand)

7.3.2 Datengrundlage Umfangreiche meteorologische Tagesdaten Das Entwässerungssystem besteht aus ei- des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wur- nem Hauptsielzug zwischen dem Schöpfwerk den für den Zeitraum 1937 bis 2011 zusam- Mitte im Norden der Insel und dem Laglumsiel mengestellt. Aus den Daten zu Niederschlag, (auch Sommerstau) nördlich von Wyk, in den Sonnenscheindauer, Temperatur und Windge- ein weit verzweigtes Netz von Drainagegräben schwindigkeit konnte die Verdunstungsrate als entwässern. Die Lage der wichtigsten Draina- Grundlage für die Berechnung der Sickerwas- gegräben wurde der topografischen Karte ent- serrate bestimmt werden. nommen, die topografische Höhe stammt aus dem sehr detaillierten digitalen Geländemodell Vom LLUR wurden digitale Bodennutzungs- (DGM1, LVermA-SH). Die über Pumpstunden und Bodenformenkarten zur Verfügung ge- berechneten Pumpmengen von 2 Schöpfwer- stellt; anhand dieser Informationen sowie der ken lieferte der Deich- und Sielverband Föhr. Verdunstungsrate und der Niederschlagsdaten Die Hauptentwässerung der Insel findet über wurden die Sickerwasserrate (Niederschlag einen freien Ablauf am Sommerstau statt; Da-

76 ten liegen hierzu nicht vor, daher können die Schlick und Feinkorn, nicht zu erwarten. Es ist Entwässerungsmengen nur überschlägig mit- daher davon auszugehen, dass in diesem Be- tels Überfallwehr bei ca. 3,5 Stunden Öffnungs- reich eine sehr gute Anbindung des Vorfluters zeit der Fluttore pro Tide mit im Mittel 9,5 Mio Nordsee an den ersten und zweiten Grundwas- m³/a abgeschätzt werden. serleiter besteht, im Wattbereich dagegen ist die Verbindung durch Schlick und toniges Sub- strat eingeschränkt. Im Wattbereich liegt eine 7.3.3 Auswahl und Aufstellung des Modells permanente Wasserbedeckung mit Salzwasser entlang der Niedrigwasserlinie bei Ebbe an, ent- lang dieser Linie verläuft die angenommene Hydrogeologisches Modellkonzept Süß-Salzwassergrenze. Es ist davon auszuge- Die in Kapitel 5 beschriebenen grundwasserlei- hen, dass diese Grenze in Richtung Insel relativ tenden Schichten mit ihren teilweise kompli- steil abtaucht, die SkyTEM-Daten weisen ent- zierten Lagerungsbedingungen werden zur lang der Küste mit Geestkern vorwiegend Süß- Modellierung in 6 Grundwasserleitern zusam- bis Brackwasser bis in eine Tiefe von ca. 30 m mengefasst, die zum Teil in hydraulischer Ver- nach (siehe Kapitel 5). Im Mittel- und Hochwas- bindung miteinander stehen, beispielsweise in serbereich des Watts diffundiert Salzwasser den eiszeitlichen Rinnen. mit höherer Dichte als Brackwasser in den Süß- wasserabstrom der Insel. Im Einzelnen gilt: • im Norden der Insel ist der erste Grundwas- Nach Norden strömt Süßwasser aus der Geest serleiter in der Marsch mit nach Norden in den Marschenbereich ab, hier werden im mächtiger werdenden Kleischichten abge- Schnitt 5,5 Mio m³ Drainagewasser pro Jahr in deckt, die Nordsee gepumpt, dazu fließen geschätzt • auf den Geestkernen fehlt die Abdeckung 9,5 Mio m³ pro Jahr frei über das Laglumsiel weitgehend und das Grundwasser ist unge- ab. spannt, • die über das gesamte Modellgebiet vertre- tenen ersten und zweiten Grundwasserlei- Modellauswahl ter weisen bereichsweise eine zwischenge- Aufgrund der sehr unterschiedlichen Zellgrößen lagerte Trennschicht auf, bzw. Dichte der Knotenabstände wurde aus • bis auf den Nordwesten der Insel sind die Gründen der Recheneffektivität ein Finite–Ele- tiefer liegenden Grundwasserleiter 3 und 4 mente–Modell mit unregelmäßigem Dreiecks- verbreitet, sie werden weitgehend durch gitter gewählt. Deckschichten abgedeckt, • lokal bestehen Kontakte zwischen dem Die Grundwassermodellierung erfolgte mit dem quartären 4. Grundwasserleiter und den dreidimensionalen finite-Elemente Modell Mi- Kaolinsanden (5. Grundwasserleiter), beson- croFEM (HEMKER & DE BOER 1997), das den fol- ders in den Bereichen der eiszeitlichen Rin- genden Anforderungen entspricht: nen, • Abbildung mehrerer grundwasserleitender • die tertiären Kaolin- und Feinsande (Grund- und -geringleitender Schichten, wasserleiter 5 und 6) sind, bedingt durch • Verdichtung der Modellzellen entlang der die glaziotektonischen Stauchungen, in Rinnenflanken im 10er-Meter-Bereich, um mehrere, überwiegend in Nord-Süd-Rich- die Brunnen herum und entlang der Draina- tung gestreckte Grundwasserleiterabschnit- gen im Norden der Insel, te unterteilt, • Berücksichtigung der Grundwasserneubil- • die tertiären Kaolin- und Feinsande sind dung sowie von Brunnen und Drainagen, größtenteils hydraulisch verbunden, lediglich • stationäre (Gleichgewichtszustand) und in- im östlichen Geestkern ist eine zwischenge- stationäre Berechnung (Änderungen der schaltete Trennschicht nachgewiesen, Randbedingungen wie Förderrate, Meeres- • die Basis des Modells bilden jungtertiäre spiegel, Grundwasserneubildung etc.). Tone. Die Modellgrenze umfasst die Insel einschließ- Die grundwasserführenden Schichten enden lich des umgebenden Watts (Abbildung 70). nicht an der Inselgrenze, sondern setzen sich Die Lage der Modellknoten wurde so gewählt, im Wattbereich fort. Die südliche Fahrrinne, das dass alle Messstellen, Brunnen, Rinnenflanken Tief zwischen Amrum, Sylt und Föhr sowie das und ausgewählte Drainagegräben zwanglos ab- Tief östlich von Föhr schneiden in den ersten gebildet werden können. Das Modell besteht und teilweise auch in den zweiten Grundwas- aus 6 Grundwasserleitern, 6 Grundwasserge- serleiter ein. Durch die Tideströmung ist eine ringleitern als Trennschichten sowie einer hy- Kolmatierung, also das Sedimentieren von draulisch dichten Modellbasis (Abbildung 71).

77 Abbildung 70: Horizontale Diskretisierung (Festlegung der Gitterknoten) des Modells, blau: Messstellen, rot: Brunnen, grün: Drainagen. Horizontal model discretisation, blue: observation well, red: production well, green drainage.

Abbildung 71: Vertikale Unterglie- derung der Modell- schichten: Unter- kanten der Grund- wasserleiter, Blick- richtung NW. Vertical model di- scretisation: base of aquifers, viewing direction north- west.

78 Ausgangssituation Für die Berechnung des Ist-Zustandes liegen vor allem im Hauptsielzug nördlich des östli- die Grundwasserneubildung auf Basis der chen Geestkerns der Fall. Im Westen sind die Wetterdaten der hydrologischen Jahre 2001 Abstrommengen deutlich geringer im Ver- bis 2010 (das hydrologische Jahr reicht vom 1. gleich zum östlichen Geestkern, da dort die November bis zum 31. Oktober des Folgejah- Bemessungswasserstände der Drainagen res), der korrespondierende mittlere Nordsee- deutlich höher als am Hauptsielzug sind und wasserstand und die mittleren Förderdaten das Grundwasserneubildungsgebiet im westli- der Brunnen auf Föhr aus 2010 zugrunde. chen Geestkern kleiner und von Drainagen stark eingegrenzt ist. Beide Geestkerne sind Grundwasser-Neubil- dungsgebiete, in denen das Sickerwasser als Die Entnahme aus dem tertiären Grundwas- Grundwasserneubildung dem Grundwasser serleiter (Grundwasserleiter 5) im Einzugsge- aufgeschichtet wird. Die höchsten Wasser- biet Föhr-Ost wird über Verbindungen zu den stände sind nordwestlich des Wassergewin- hangenden Wasserleitern aus dem Grundwas- nungsgebietes Ost mit 2,0 mNN (2003) und serneubildungsbereich bis hin zum Golfplatz östlich des Wassergewinnungsgebietes West ausgeglichen. mit 2,1 mNN (2004) nachgewiesen.

Über die Förderbrunnen des WBV Föhr und Grundlagen für die Prognoserechnungen des Golfclubs Föhr wird Grundwasser ent- Die Prognoserechnungen basieren auf dem nommen, was im Wasserwerksbereich zu ei- Emissionsszenario A2 des IPCC. Dies stellt ner signifikanten Absenkung in den Nutzhori- eine von vielen möglichen Entwicklungen im zonten führt. Dies paust sich deutlich erkenn- Hinblick auf Wirtschafts- und Bevölkerungs- bar in den hangenden Grundwasserleiter entwicklung, Ressourcennutzung und Technik- durch, der mit dem zweiten Grundwasserleiter einsatz dar. Das Szenario bleibt noch erheblich in direkter Verbindung steht. Das Grundwas- hinter den in den letzten Jahren weltweit be- ser strömt von den Geestkernen allseitig in obachteten Ausstößen von Treibhausgasen zu- Richtung der Drainagen im Norden und der rück. Die demnach erwarteten Änderungen Nordsee im Süden ab, wobei die größten der Klimaparameter werden den mittleren hy- Mengen in die Drainagen in den Bereichen drologischen Basisdaten des Zeitraums 2001- ohne bzw. mit geringer Kleimächtigkeit und 2010 aufgeschlagen und hieraus die Sicker- niedrigem Bemessungswasserstand (Soll- wasser- und Grundwasserneubildungsrate be- Wasserstand der Drainage) abfließen. Dies ist rechnet (Tabelle 6).

Tabelle 6: Basisdaten für die Prognoserechnung – aufbauend auf den Projektionen des Norddeutschen Klimaatlas (siehe Tabelle 4)

Datum Addition Zunahme [%] von bis Temp. Temp. Pegel [m] Niederschlag Niederschlag Wind Winter [°C] Sommer [°C] Winter Sommer Okt-2000 Sep-2010 Startdaten Okt-2010 Sep-2015 0,05 0,05 0,01 0,5% 0,0% 0,0% Okt-2015 Sep-2020 0,10 0,10 0,02 1,0% 0,0% 0,0% Okt-2020 Sep-2025 0,15 0,15 0,04 1,5% 0,0% 0,0% Okt-2025 Sep-2030 0,20 0,25 0,06 2,0% -0,5% 0,5% Okt-2030 Sep-2035 0,30 0,35 0,09 3,0% -0,5% 0,5% Okt-2035 Sep-2040 0,40 0,50 0,12 4,0% -0,5% 0,5% Okt-2040 Sep-2045 0,50 0,65 0,16 5,0% -1,0% 1,0% Okt-2045 Sep-2050 0,65 0,80 0,20 6,0% -1,0% 1,0% Okt-2050 Sep-2055 0,80 1,00 0,25 7,5% -1,0% 1,0% Okt-2055 Sep-2060 0,95 1,20 0,30 9,0% -1,5% 1,5% Okt-2060 Sep-2065 1,15 1,45 0,36 10,5% -1,5% 1,5% Okt-2065 Sep-2070 1,35 1,70 0,43 12,0% -2,0% 2,0% Okt-2070 Sep-2075 1,55 1,95 0,50 13,5% -2,0% 2,0% Okt-2075 Sep-2080 1,80 2,25 0,58 15,5% -2,5% 2,5% Okt-2080 Sep-2085 2,05 2,55 0,66 17,5% -3,0% 3,0% Okt-2085 Sep-2090 2,30 2,90 0,75 20,0% -3,5% 3,5% Okt-2090 Sep-2095 2,60 3,25 0,84 22,5% -4,0% 4,0% Okt-2095 Sep-2100 2,90 3,60 0,94 25,0% -5,0% 5,0%

79 Die Temperatur steigt nach diesem Szenario In den Prognoserechnungen wird von einem um durchschnittlich 3 °C bis zum Ende des Halten des Bemessungswasserstandes aller Jahrhunderts, die Windgeschwindigkeit relativ Drainagen ausgegangen, dies schließt die Go- gering um 5 % und der Winterniederschlag um del, das einzige Fließgewässer auf Föhr, mit 25 %. Im Sommer nimmt der Niederschlag da- ein. gegen ab, insgesamt führen diese meteorolo- gischen Veränderungen zu einer Zunahme der Sickerwasserrate von ca. 8 %, da die Neubil- 7.4 Ergebnisse der Grundwassermodellie- dung vorwiegend im Winter stattfindet. rung für Föhr Erwartungsgemäß zeigten sich bei der Model- Der Meeresspiegel wird nach dieser Klimapro- lierung deutliche Reaktionen auf die sich im jektion zunächst gering und dann stetig stär- betrachteten Zeitraum verändernden Eingabe- ker um insgesamt 0,94 m auf 1,0 mNN stei- parameter. Die Modellergebnisse geben dabei gen. Dies liegt in der von den verschiedenen Hinweise, in welcher Größenordnung sich die Modellen ausgespannten Bandbreite (0,6 bis Wasserbilanz auf der Insel zukünftig verschie- 1,4 m) des erwarteten weltweiten Meeres- ben kann. Die Tabelle 7 gibt die wichtigsten spiegelanstiegs. Die festen Druckspiegelhö- Veränderungen wieder, die den Wasserhaus- hen im ersten und zweiten Grundwasserleiter halt auf der Insel betreffen werden. rücken sukzessive entsprechend des Meer- wasseranstieges höher und näher an die Strandlinie heran.

Tabelle 7: Erwartete Änderung der Wasserbilanz der Insel 2010 – 2100 als Ergebnis stationärer Modellrechnungen

Berechnungszeitpunkt 2010 2100 Änderungen Pegelstand Nordsee [mNN] +0,06 +1,00 0,94 m Grundwasserneubildung in der Geest m3/a 8.530.779 9.278.994 9% Grundwasserneubildung auf der Insel (Gesamtmenge)[m³/a] 19.976.781 21.570.632 8% Drainagen aus der Marsch [m³/a] 17.351.364 20.918.113 21% Abstrom aus den Geestkernen in die Marsch [m³/a] 2.790.000 3.450.000 24% lateraler Ab- und Zustrom über die Strandlinie in den Wattbereich: Wyk (O) [m³/a] 192.000 116.000 -40% Wyk (S) [m³/a] 368.200 371.300 1% Flugplatz (S) [m³/a] 596.500 502.000 -16% Godelniederung/Utersum (S) [m³/a] 451.600 233.400 -48% Utersum/Dunsum (W) [m³/a] 150.700 13.000 -91% Nordküste (N) [m³/a] -59.400 -611.700 560% Ostküste/Sommerstau (O) [m³/a] -84.800 -748.000 882%

In der Geest bewirken die steigenden Nieder- ten und 32 cm im zweiten Grundwasserleiter schlagsmengen, besonders durch die Zunah- erwartet. An der Südküste steht dem zuneh- me im Winterhalbjahr, eine um neun Prozent menden Abstrom in Richtung Watt das stei- erhöhte jährliche Grundwasserneubildung und gende Niveau des Meereswassers entgegen. führen so zu steigenden Grundwasserstän- Aus diesem Grunde ist dort mit einem zusätz- den. Gleichzeitig nimmt auch der Abstrom von lich verstärkten Anstieg der Grundwasserstän- Grundwasser in Richtung Marsch zu. de zu rechnen. So wurde für die nahe der Küs- tenlinie gelegene Messstelle Beo 75 für den In Abbildung 72 wird beispielhaft der im Mo- zweiten Grundwasserleiter eine Zunahme des dell errechnete Anstieg des Grundwasserspie- Grundwasserspiegels von 59 cm berechnet. gels in den Messstellen Beo 71 und Beo 75 Der größte flächenhafte Anstieg des Grund- gezeigt. Für die im zentralen Bereich der östli- wassers wird vor allem den östlichen Geest- chen Geestinsel gelegene Messstelle Beo 71 kern und die Küstenstreifen der Insel betref- wird danach bis zum Jahr 2100 ein Anstieg fen (Abbildung 73). des Grundwasserstandes von 38 cm im ers-

80 Abbildung 72: Berechneter Anstieg des Grundwasserstandes in der Messstellen Beo 71 und Beo 75. F1, F2 Filterstellung im ersten bzw. zweiten Grundwasserleiter. Calculated increase of groundwater table at observation wells Beo 71 and Beo 75.

Abbildung 73: Berechneter An- stieg des Grund- wasserspiegels im oberflächennahen Grundwasserleiter bis 2100, Differen- zenplan 2010 - 2100. Calculated increase of groundwater ta- ble of the near sur- face aquifer, diffe- rential map 2010 – 2100.

81 In der Marsch wird der Grundwasserstand Die berechneten Veränderungen der Grund- durch das enge Netz an Entwässerungsgräben wasserströme über die Inselränder sind in der und die Wasserhaltungsmaßnahmen geregelt. Abbildung 76 für die Marsch- und Geestberei- Die zunehmenden Niederschlagsmengen wer- che zur Veranschaulichung quantifiziert. Dabei den dort nicht zu einer signifikant wachsenden ist besonders der stark ansteigende Anteil an Grundwasserneubildung führen, da sie nahezu Meerwasser bemerkenswert, der, wie in Ab- unmittelbar über den Oberflächenabfluss ab- bildung 75 gezeigt, hauptsächlich in den Ost- geführt werden. Die dadurch ansteigenden teil der Marsch eindringt. Wassermengen, die über die Schöpfwerke und Siele abgeführt werden müssen, werden Gleichzeitig wird das in geringer Tiefe im Un- zusätzlich durch den vermehrten Zustrom von tergrund schon heute vorhandene Salzwasser Grundwasser aus den Geestkernen erhöht. weiter aufsteigen, so dass sich die nur gering- Insgesamt wird bis Ende des Jahrhunderts mächtige Süßwasserlinse in der Marsch ver- eine Zunahme der in der Wasserhaltung der ringert. Verstärkt wird dieser Effekt noch Marsch anfallenden Oberflächenwassermenge durch die für die Bewirtschaftung der Flächen um mehr als 20 Prozent prognostiziert (siehe nötige Wasserhaltung, durch die erhebliche Tabelle 7). Anteile des Süßwassers als Oberflächenwas- ser abgeführt werden. In der Abbildung 77 ist Durch den Meeresspiegelanstieg geraten wei- der Prozess des Salzwasseraufstiegs in der te Flächen unter Meeresniveau (Abbildung Marsch schematisch dargestellt. Bis in den 74). Dadurch wird an den Küsten zunehmend Wurzelraum der Nutzpflanzen aufsteigendes ein Druckgefälle in Richtung auf die Marsch Brack- und Salzwasser kann zu schwerwie- entstehen, so dass der seitliche Zustrom von genden Beeinträchtigungen der landwirt- Salzwasser aus dem Watt in Richtung auf die schaftlich genutzten Flächen führen, die durch Marschflächen zunimmt. In Abbildung 75 sind Niederschlagsdefizite und längere Trockenperi- die im Modell errechneten horizontalen Grund- oden im Sommerhalbjahr zusätzlich verschärft wasserströme für den oberflächennahen Was- werden können. serleiter in einer Karte dargestellt. Die Pfeile geben dabei die Richtung und Menge des flie- ßenden Grundwassers an. In Blau ist der heu- Godelniederung tige Strömungszustand abgebildet, in Rot der In der Godelniederung, die nicht durch ein Zustand im Jahre 2100. Die Größe der Pfeile Deichbauwerk geschützt wird, ist bei steigen- ist dabei analog zur fließenden Menge. Zu er- dem Meeresspiegel mit einer Zunahme der kennen ist besonders der erheblich verstärkte Häufigkeit und Dauer von Überflutungen zu Zustrom von Meerwasser in die Marsch im rechnen. Dadurch gelangt zunehmend Salz- Küstenstreifen der östlichen und nördlichen In- wasser in die Niederungsflächen und ver- selgrenze sowie der zunehmende Abstrom mischt sich mit dem aus der Geest zuströ- von der östlichen Geest in Richtung Marsch. menden Süßwasser. Die geophysikalischen In der Karte sind es die Bereiche, in denen die Messungen zeigen, dass hier schon heute roten Strömungspfeile (2100) die blauen Salzwasser landeinwärts in Richtung des (2010) deutlich überlagern. In den zentralen westlichen Geestkerns vorgedrungen ist, ein Gebieten der Marsch sind dagegen nur gerin- Effekt, der sich zukünftig weiter verstärken ge horizontale Grundwasserströme zu erken- kann. nen.

82 Abbildung 74: Höhenmodell der Insel, oben: 2010, unten: 2100; rot: Flächen, die beim Anstieg des mittleren Meeresspiegels bis 2100 um ca. 1 m unter dem Meeresniveau liegen werden. Height model of the island, red: areas below sea level as a consequence of the assumed sea level rise until 2010.

83 Abbildung 75: Grundwasserströmung. Die Pfeile geben die errechnete Richtung und Menge der horizontalen Grundwasserströmungen im oberen Grundwasserleiter an, blau: Grundwasserströmung 2010, rot: Grundwasserströmung 2100. Groundwater flow. Arrows are indication direction and quantity of horizontal groundwater flow in the upper aquifer, blue: groundwater flow 2010, red: groundwater flow 2100.

Abbildung 76: Salzwasserzustrom und Süßwasserab- strom über den In- selrand, rot: Salz- wasserzustrom in die Marsch, blau: Süßwasserabstrom aus der Geest. Saltwater intrusion and freshwater run off at the island boundary, red: salt- water intrusion into the Marsh, blue: freshwater run off out of the Geest.

84 Abbildung 77: Auswirkung von Salzwasseraufstieg und Ausdünnung der Süßwasserlinse in der Marsch (schematisch). Consequences of saltwater rise and thinning of the freshwater lens in the Marsh (schematically).

7.5 Ausblick und mögliche Anpassungsmaßnahmen

7.5.1 Geest Die wichtigsten zu beachtenden Auswirkun- Derzeit wird der größte Anteil der Entwässe- gen, die in der Geest zukünftig zu erwarten rung bei Niedrigwasser über das Laglumsiel sind, betreffen einerseits die in den meisten abgeleitet. Durch den steigenden Meeresspie- Bereichen moderat steigenden durchschnittli- gel nimmt das hierfür erforderliche Potenzial- chen Grundwasserstände, zum anderen wird gefälle zwischen dem Drainagesystem der In- sich die Süß-Salzwassergrenze an der Küsten- selentwässerung und dem Wasserstand der linie verlagern. Nach dem derzeitigen Kennt- Nordsee ab. Zusätzlich wird die zur Entwässe- nisstand sind hier für den überwiegenden Teil rung während des Tideniedrigwassers zur Ver- der Geest bisher keine gravierenden Folgen fügung stehende Zeit deutlich geringer. Eine zu erwarten. Für den westlichen Geestkern, Anpassung der Infrastruktur zur Wasserhal- vor allem an der Grenze zur Godelniederung, tung in der Marsch an die sich ändernden Ge- gilt dieses nur mit Einschränkung, da dort ein gebenheiten wird somit, besonders im Ostteil sehr sensibles Gleichgewicht zwischen Süß- der Marsch, erforderlich sein. wasserabstrom aus der Geest und Salzwas- serzustrom von der Küste besteht. Aus die- Im Projekt CLIWAT wurde auch in den ande- sem Grunde ist es ratsam, im Südwesten der ren an der Nordseeküste und auf den Inseln Insel zur Sicherung der Trinkwassergewin- gelegenen Untersuchungsgebieten das Pro- nung ein entsprechendes Grundwassermoni- blem der zunehmenden Versalzung des ober- toring hinsichtlich einer möglichen landseiti- flächennahen Grundwassers in Niederungsge- gen Verlagerung der Süß-Salzwassergrenze bieten als eine besonders schwerwiegende zu betreiben. Folge von Meeresspiegelanstieg und klimati- schen Veränderungen deutlich.

7.5.2 Marsch Durch ein angepasstes Management der Ent- In der Marsch deuten sich in den Ergebnissen wässerung soll in einigen Gebieten versucht der Modellierung zwei Themen an, die zukünf- werden, zukünftig möglichst viel Süßwasser tig Anpassungen an die sich verändernde im System zu halten, um dem Salzwasseran- Grund- und Oberflächenwassersituation erfor- stieg entgegenzuwirken. Eine Möglichkeit ist derlich scheinen lassen. Es wird zum einen beispielsweise, während der Zeit der größten nötig sein, deutlich höhere Mengen an Ober- Grundwasserneubildung im Winter, den Was- flächenwasser aus den Flächendrainagen von serstand in den Entwässerungsgräben hoch der Insel abzuleiten. Des Weiteren bewirkt der zu halten und dadurch die Süßwasserlinse auf- Meeresspiegelanstieg ein flächenhaftes Auf- zufüllen, um so einen ausreichenden Puffer steigen sowie einen wachsenden seeseitigen für die Vegetationszeit im Sommer vorzuhal- Zustrom von Salzwasser in die oberflächenna- ten. Eine weitere Maßnahme stellt das Abfan- hen Grundwasserleiter. gen des von der Küste seitlich zuströmenden Salzwassers durch geeignete Drainagen dar.

85 7.5.3 Was bleibt zu tun? Durch die Untersuchungen im Rahmen des • Für eine genauere Wasserbilanz der Insel INTERREG Projekts CLIWAT konnten umfang- ist die Erhebung der realen Zahlen der Ent- reiche Daten gesammelt werden, die eine in wässerungsmengen nötig. sich stimmige Prognose der Folgen des Klima- wandels für die Insel Föhr ermöglichen. • Eine dichteabhängige hydraulische Model- Gleichwohl blieben einige Fragen offen, die lierung von Süß- und Salzwasser würde mit den zur Verfügung stehenden personellen verbesserte Prognosen ermöglichen. und finanziellen Mitteln erwartungsgemäß auch nicht beantwortet werden konnten: Die Kombination der eingesetzten hydrogeolo- gischen und geophysikalischen Untersu- • So wären weitere Erkundungen der hydro- chungsverfahren zusammen mit der Nutzung geologischen Verhältnisse sowie der räum- von digitalen dreidimensionalen Geologischen lichen Verbreitung der Süßwasserlinse in Modellen als Basis für Grundwassermodelle der Marsch wünschenswert, um in diesem bietet sich als ein gutes Werkzeug für die Be- sensiblen Bereich sichere Aussagen ma- arbeitung des Themenkomplexes um die Fol- chen zu können. gen des Klimawandels – wie Meeresspiegelan- stieg, Versalzung des küstennahen Grundwas- • Erkundungen der geologischen Verhältnis- sers und Grundwasserbewirtschaftung – an. se im Watt würden zum besseren Ver- ständnis der hydraulischen Verbindungen Es liegt nahe, den hier vorgestellten Verfah- der Grundwasserleiter über den Inselrand rensablauf auch für andere Bereiche Schles- hinaus beitragen. wig-Holsteins, z.B. die übrigen Nordseeinseln oder die großen Niederungsgebiete der Küs- tenregionen, einzusetzen.

86 8 Wärme aus der Tiefe – Geothermische Nutzung des Untergrundes von Föhr

➢ Reinhard Kirsch, Claudia Thomsen, Anja Wolf

8.1 Die Heizung aus dem Untergrund Minusgrade, Schneedecke, dick gefrorener bohren? Es gibt natürlich eine andere Option, Boden – wie kann man damit heizen? Zwar ist wie Abbildung 78 zeigt. Saisonale Temperatur- die Erde ein heißer Planet, die Temperatur schwankungen dringen nicht sehr tief in den nimmt im Bereich der Erdkruste mit etwa 3 °C Untergrund ein, bereits ab etwa 10 m Tiefe pro hundert Meter zu und die für eine moder- herrscht ganzjährig eine konstante Temperatur ne Raumheizung erforderliche Vorlauftempera- von 10 – 12 °C. Das reicht, um mit einer Wär- tur von 30 – 40 °C wäre in 800 – 1.000 m Tie- mepumpe zu heizen und, falls erforderlich, im fe erreicht – aber muss man wirklich so tief Sommer auch zu kühlen.

Abbildung 78: Temperaturverlauf im Untergrund zu unterschiedlichen Jahreszeiten (LLUR 2011). Seasonal variations of underground temperatures (LLUR 2011).

8.2 Technik der oberflächennahen Geothermie Die wichtigsten Komponenten einer Erdwär- bracht wird sowie im Haus ein Heizungssys- meheizung sind in Abbildung 79 dargestellt. tem, das mit einer möglichst geringen Vorlauf- Benötigt werden eine oder mehrere Erdwär- temperatur arbeiten kann. Alternativ zur Erd- mesonden als Wärmetauscher im Untergrund, wärmesonde kann mit flach verlegten Erdwär- eine Wärmepumpe, mit der die aus dem Un- mekollektoren gearbeitet werden, sofern ein tergrund gewonnene Wärmeenergie auf ein genügend großes Gelände zur Verfügung zum Heizen nutzbares Temperaturniveau ge- steht (Abbildung 79b).

87 Abbildung 79: Schematische Darstellung von a) Erdwärmesonden (links) und b) Erdwärmekollektoren (rechts). Schematic view of ground heat exchangers (left) and ground heat collectors (right).

Voraussetzung für den Bau einer Erdwärme- sonde ist eine Bohrung (Abbildung 80). Die Bohrtiefe bzw. Sondenlänge hängt von der ge- forderten Heizleistung und den thermischen Eigenschaften des Untergrundes ab. Typische Bohrtiefen liegen bei etwa 100 m, bei dem heutigen Sondenmaterial sind maximal 200 m Sondenlänge realisierbar. Nach Abschluss der Bohrarbeiten werden die Sonden aus PE-Rohr in die Bohrung eingeführt. Meistens sind dies Doppel-U-Rohre (Abbildung 81), es werden aber auch Koaxialrohre verwendet. Nach Ein- bau der Sondenrohre werden die verbleiben- den Zwischenräume zwischen den Sonden- rohren und der Bohrlochwandung mit einem Spezialzement verfüllt. Diese Zementation dient sowohl zur guten thermischen Anbin- dung der Sondenrohre an das umgebende Erdreich als auch zur Abdichtung des Bohr- lochs, damit beispielsweise verhindert wird, dass potenzielle Kontaminationspfade für die Infiltration von Schadstoffen in den Grundwas- serleiter entstehen. In den Sondenrohren zir- kuliert eine Wärmeträgerflüssigkeit, heute meistens Wasser mit einem Frostschutzmit- tel. Früher wurden auch Salzlösungen verwen- det, daher der gebräuchliche Name „Sole“ für die Wärmeträgerflüssigkeit.

An den Solekreislauf ist über einen Wärmetau- scher die Wärmepumpe angeschlossen (Ab- bildung 82). Der Arbeitskreislauf der Wärme- pumpe enthält eine Flüssigkeit mit geringer Verdampfungstemperatur. Dieses Arbeitsme- dium nimmt am Wärmetauscher von der Erd- wärmesonde Wärme auf und verdampft. Da- bei wird die Sole der Erdwärmesonde um ca. 4 - 5 °C abgekühlt. Das gasförmige Arbeitsme- dium der Wärmepumpe wird komprimiert, er- wärmt sich dabei und gibt die Wärme an das Heizsystem ab. Dabei kühlt sich das Arbeits- medium wieder unter die Verdampfungstem- Abbildung 80: Bohrarbeiten zur Installation von Erdwär- peratur ab, erreicht im flüssigen Zustand den mesonden. Wärmetauscher der Erdwärmesonde, nimmt Drilling for the installation of ground Wärme auf, verdampft und der Kreislauf be- heat exchangers.

88 Abbildung 81: Doppel-U-Rohr als Wärmetauscher. Double-U-tube as heat exchanger.

Abbildung 82: Links: Prinzip einer Wärmepumpe, rechts: Leistungszahl COP in Abhängigkeit von der Vorlauftemperatur der Heizung und der Soletemperatur (nach NTB 2007). Left: schematic view of a heat pump, right: COP in relation to heating flow temperature and brine temperature.

89 ginnt von neuem. Dieser Vorgang ist der glei- temperatur der Heizung gezeigt. Dabei wird che wie in einem Kühlschrank, nur dass dort klar, dass durch eine Heizung mit geringer Vor- die Wärmequelle das Innere des Kühlschranks lauftemperatur (zum Beispiel eine Fußboden- ist und die Wärme am Kondensator an die heizung) ein hoher COP erreichbar ist. Wichtig Raumluft abgegeben wird. Tatsächlich werden ist aber auch eine möglichst hohe Soletempe- in Wärmepumpen auch Komponenten aus ratur, also die Temperatur, die aus dem Unter- Kühlaggregaten verbaut, sie sind besonders grund geliefert wird. robust und haltbar. Wie entwickelt sich die Untergrundtemperatur Bei der Wärmepumpe unterscheidet man zwi- beim Betrieb einer Erdwärmesonde? Die in schen der Wärmeleistung, die zum Heizen zur der Abbildung 78 genannte über die Jahreszei- Verfügung steht, und der Kälteleistung, die am ten konstante Untergrundtemperatur von 10 – Wärmetauscher der Sole und damit dem Un- 12 °C gilt natürlich nur für den ungestörten tergrund entnommen wird. Die Effizienz der Untergrund. Beim Betrieb einer Erdwärmeson- Wärmepumpe wird durch die Leistungszahl de wird dem Untergrund Wärme entzogen, er COP (coefficient of performance) definiert, sie kühlt sich ab. Das führt dazu, dass auch die gibt das Verhältnis der unter kontrollierten Soletemperatur im Verlauf der Heizperiode ab- Prüfbedingungen an die Heizung abgegebe- sinkt. nen Wärmeleistung zu der aus dem Strom- netz entnommenen elektrischen Antriebsleis- Die Entwicklung der Soletemperatur wäh- tung an. Ein COP von 4 bedeutet, dass das rend der Heizperiode kann modelliert werden Vierfache der Antriebsleistung als Wärmeleis- (zum Beispiel mit dem Programm Earth Ener- tung zur Verfügung steht. Da die Antriebsleis- gy Designer EED, HELLSTRÖM UND SANNER tung ebenfalls in Wärme umgewandelt wird 2000). Eingabeparameter für die Modellierung und mit für die Heizung zur Verfügung steht, sind u.a. die geforderte Wärmelast, die Länge ist die Wärmeleistung die Summe aus der der Erdwärmesonde(n) und als wichtiger Para- dem Untergrund entnommenen Kälteleistung meter, mit dem wir uns noch befassen müs- und der Antriebsleistung. sen, die Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes. Das Ergebnis ist in Abbildung 83 gezeigt, die Je höher der COP, umso weniger Strom wird Temperatur nimmt von 9,6 °C zu Beginn der verbraucht (und muss bezahlt werden), und Heizperiode ab bis auf –1,1 °C im Januar. umso besser fällt die Umweltbilanz der Erd- Während der heizfreien Zeit muss die Unter- wärmeheizung aus. Der COP sollte mindes- grundtemperatur regeneriert werden, dies er- tens 4 betragen, um die bei der Stromproduk- folgt überwiegend durch Wärmeleitung von

tion im Mittel anfallenden CO2-Emissionen der Erdoberfläche, die von der Sonne erwärmt auszugleichen. Das sieht der Gesetzgeber ge- wird. Weitere Beiträge zur Wärmeregenerati- nauso: Im Gesetz zur Förderung Erneuerbarer on liefern das Grundwasser sowie der Wär- Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Ener- mefluss aus dem Untergrund. gien-Wärmegesetz – EEWärmeG) ist gefor- dert, dass die Jahresarbeitszahl von erdge- Die Regeneration der Untergrundtemperatur koppelten Wärmepumpen in Neubauten min- im Bereich der Erdoberfläche ist nicht vollstän- destens 4 betragen muss. Die Jahresarbeits- dig. Zu Beginn der nächsten Heizperiode wird zahl erfasst die gesamte jährliche Wärmeabga- daher die Untergrundtemperatur niedriger sein be und setzt sie zu dem jährlichen Stromver- als im Vorjahr. Die Soletemperatur ist daher brauch der Wärmepumpe einschließlich der auch geringer als im Vorjahr und sinkt im Lau- Solepumpe in Beziehung, sie ist also eng mit fe der Heizperiode stärker ab. In Abbildung 83 dem COP verknüpft. Eine gute Jahresarbeits- ist die Entwicklung der Soletemperatur jeweils zahl kann nur erreicht werden, wenn der COP am Anfang und am Ende der Heizperiode für der Wärmepumpe unter allen Betriebsbedin- 25 Jahre Betriebsdauer dargestellt. In den ers- gungen möglichst hoch ist. ten Betriebsjahren sinken die Temperaturen deutlich ab, während für die späteren Jahre der Trend zu einem annähernden Gleichge- 8.3 Die Effektivität der Erdwärmeheizung wichtszustand auf einem niedrigeren Tempe- Die Wärmepumpe muss die Temperaturdiffe- raturniveau zu erkennen ist. renz zwischen der Sole als Wärmeträgerflüs- sigkeit der Erdwärmesonde und der Heizung Das Absinken der Soletemperatur wirkt sich überbrücken. Je höher diese Temperaturdiffe- natürlich ungünstig auf die jeweiligen Leis- renz ist, umso höher ist die Leistungsaufnah- tungszahlen der Wärmepumpe und damit auf me für den Antrieb der Wärmepumpe, umso die Jahresarbeitszahl aus. Daher gilt es, die geringer ist der COP. In Abbildung 82 sind die Erdwärmesonde(n) so zu dimensionieren, COP-Werte von Wärmepumpen in Abhängig- dass auch nach vielen Betriebsjahren mög- keit von der Soletemperatur und der Vorlauf- lichst hohe Leistungszahlen erreicht werden.

90 Abbildung 83: Entwicklung der mittleren Soletemperatur einer Erdwärmesonde im ersten Betriebsjahr (oben) so- wie Maximal- und Minimaltemperaturen in den ersten 25 Betriebsjahren (unten). Die Modellierung erfolgte mit dem Programm EED, Eingabeparameter sind: jährliche Wärmelast 21.000 kWh, Sonden- länge 120 m, Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes: 2,2 W/mK, Wärmeleitfähigkeit des Bohrlochze- ments: 1,0 W/mK, Bohrlochdurchmesser 0,18 m. Variation of flow temperature during the first operation period (top) and max/min brine tempera- tures during the first 25 years of operation. Modelling was carried out by the program EED using the following key input parameter: heat load 21,000 kWh, length of ground heat exchanger 120 m, thermal conductivity of the ground 2.2 W/mK, thermal conductivity of the grout 1.0 W/mK, diame- ter of the borehole 0.18 m.

8.4 Zur Dimensionierung von Erdwärmesonden Die beiden wichtigsten Einflussgrößen auf die Wir haben es im Untergrund von Föhr mit Soletemperatur und damit auf die Wirtschaft- Sand, Schluff, Ton und Geschiebemergel zu lichkeit von Erdwärmeheizungen sind in Abbil- tun. Wie bei den meisten geophysikalischen dung 84 gezeigt. Es sind die Länge der jeweili- Eigenschaften (Kapitel 4) spielt auch bei der gen Erdwärmesonde(n) und die Wärmeleitfä- Wärmeleitfähigkeit die Porosität bzw. der higkeit des Untergrundes. Je tiefer die Erd- Wassergehalt eine wichtige Rolle. Das Poren- wärmesonde in den Untergrund reicht, umso wasser hat eine erheblich geringere Wärme- effektiver kann sie als Wärmetauscher arbei- leitfähigkeit als die Gesteinsbestandteile des ten. Und je höher die Wärmeleitfähigkeit des Sedimentes, daher hat der Ton mit hohem Untergrundes ist, umso besser kann Wärme Wassergehalt (siehe Abbildung 16) eine ver- aus dem Umgebungsmaterial an die Erdwär- gleichsweise niedrige Wärmeleitfähigkeit von mesonde herangeführt werden. Ebenfalls ca. 1,5 W/mK. Die Wärmeleitfähigkeiten von wichtig ist die Wärmeleitfähigkeit des Ze- Sand und Geschiebemergel sind mit ca. ments zur Abdichtung der Bohrung, handels- 2,4 W/mK in etwa gleich. Die angegebenen übliche Materialien weisen starke Unterschie- Werte beziehen sich auf wassergesättigtes de der Wärmeleitfähigkeiten auf. Material, also für Tiefenbereiche unterhalb des Grundwasserspiegels. Sobald sich Luft im Po- Die Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes renraum befindet, verringert sich die Wärme- kann man nicht beeinflussen. Sie muss aber leitfähigkeit erheblich, da Luft ein guter ther- zur Dimensionierung der Erdwärmesonde(n) mischer Isolator mit sehr schlechter Wärme- bekannt sein. Und damit sind wir wieder, wie leitfähigkeit ist. Für ungesättigtes Material bei den anderen Kapiteln auch, bei der Struk- wird daher mit einer Wärmeleitfähigkeit von tur des Untergrundes. 0,8 W/mK gerechnet.

91 Abbildung 84: Soletemperatur am Ende der Heizperiode im 25. Betriebsjahr in Abhängigkeit von der Länge der Erd- wärmesonde und der Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes, Wärmelast wie in Abbildung 83. Brine temperature at the end of the 25th year of operation in relation to the length of ground heat exchanger and to the thermal conductivity of the ground, heat load as in Fig. 83.

Man muss allerdings berücksichtigen, dass es Die Darstellung beschränkt sich auf den Be- sich bei den hier angegebenen Werten der reich der Geestkerne. In der Marsch gibt es kei- Wärmeleitfähigkeiten um Mittelwerte handelt. ne ausreichend tiefen Bohrungen. Und da in Unsere Sedimente können in ihrer Zusam- der Marsch das Grundwasser bereits ab gerin- mensetzung lokal deutliche Unterschiede auf- ger Tiefe versalzen ist, helfen auch die Ergeb- weisen, was sich auch auf die Wärmeleitfähig- nisse der SkyTEM Befliegung nicht weiter. Salz- keiten auswirkt. Daher sollte man bei der Di- wasserführende Sande und Tone haben beide mensionierung von Erdwärmesonden mit Si- einen sehr geringen spezifischen elektrischen cherheitszuschlägen arbeiten. Widerstand und sind daher aus den SkyTEM Ergebnissen nicht zu unterscheiden. Für den Der Untergrund von Föhr ist komplex aufge- Marschbereich sollte man bei der Dimensionie- baut mit einer Wechsellagerung von Sand, Ge- rung der Erdwärmesonde(n) von einer Wärme- schiebemergel und Glimmerton. Ist für einen leitfähigkeit von 1,9 W/mK ausgehen, also ei- Ort (Lokation) der Untergrundaufbau bekannt, nem Mittelwert der Wärmeleitfähigkeit von dann wissen wir, wie mächtig die jeweiligen Sand und Ton. Sollte sich bei den Bohrarbeiten Sand-, Geschiebemergel- und Glimmertonla- herausstellen, dass überwiegend Tone im Un- gen sind und wir können für vorgegebene Tie- tergrund vorkommen, muss die vorgesehene fen die effektiven Wärmeleitfähigkeiten be- Sondenlänge entsprechend erhöht werden. rechnen. Daher kann das im Rahmen des Pro- jektes CLIWAT erstellte Geologische Modell Aus den Karten kann für die Lokation einer ge- der Insel genutzt werden, um eine Karte der planten Erdwärmesonde die effektive Wärme- effektiven Wärmeleitfähigkeiten zu erstellen. leitfähigkeit ermittelt werden. Daraus ergibt Neben dem Schichtenaufbau wird dabei auch sich für einen Fachbetrieb die Möglichkeit, die die Tiefe des Grundwasserspiegels berück- Erdwärmesonde(n) in Abhängigkeit von der ge- sichtigt, da die Schichten oberhalb des Grund- forderten Heizlast so zu dimensionieren, dass wasserleiters eine schlechte Wärmeleitfähig- ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage möglich keit haben. Die Ergebnisse für Bohrtiefen von ist. Die so ermittelte Sondenlänge muss nicht 50 m, 100 m und 120 m sind in den Abbildun- in einer Bohrung realisiert werden, sie kann auf gen 85 - 87 dargestellt. Die effektiven Wärme- mehrere Bohrungen verteilt werden. Dabei soll- leitfähigkeiten liegen in einem Intervall von 1,7 te allerdings berücksichtigt werden, dass dann – 2,3 W/mK. Diese Unterschiede sind begrün- der relativ unproduktive Bereich oberhalb des det durch lokale Variationen des Grundwasser- Grundwasserspiegels mehrmals durchbohrt flurabstands, die durch die unterschiedlichen werden muss und die erforderliche Sondenlän- Geländehöhen bedingt sind (das Niveau des ge sich entsprechend erhöht. Die Sonden müs- Grundwasserspiegels wurde mit 0 m NN an- sen untereinander einen Mindestabstand von genommen), sowie durch unterschiedliche Tie- 5 m aufweisen (6 m bei Bohrtiefen von weni- fen des Glimmertons mit geringerer Wärme- ger als 50 m), um eine gegenseitige Beeinflus- leitfähigkeit. sung auszuschließen.

92 Abbildung 85: Effektive Wärmeleitfähigkeiten des Untergrundes für eine Bohrtiefe von 50 m. Die Wasserschutz- gebiete, in denen Bohrungen für Erdwärmesonden nicht zulässig sind, sind ausgespart (gelb um- randet). Effective thermal conductivities of the ground for drillings down to 50 m. Water protection areas are excluded in the maps (drillings for ground heat exchanger are prohibited in this areas).

Abbildung 86: Effektive Wärmeleitfähigkeiten des Untergrundes für eine Bohrtiefe von 100 m. Die Wasser- schutzgebiete, in denen Bohrungen für Erdwärmesonden nicht zulässig sind, sind ausgespart (gelb umrandet). Effective thermal conductivities of the ground for drillings down to 100 m. Water protection areas are excluded in the maps (drillings for ground heat exchanger are prohibited in this areas).

93 Abbildung 87: Effektive Wärmeleitfähigkeiten des Untergrundes für eine Bohrtiefe von 120 m. Die Wasser- schutzgebiete, in denen Bohrungen für Erdwärmesonden nicht zulässig sind, sind ausgespart (gelb umrandet). Effective thermal conductivities of the ground for drillings down to 120 m. Water protection areas (yellow) are excluded in the maps (drillings for ground heat exchanger are prohibited in this areas).

8.5 Besonders wichtig: der Schutz des Grundwassers Eine Erdwärmeheizung soll die Umwelt entlas- stellen (Wassergefährdungsklasse 1). Schwer- ten und nicht zu einer potenziellen Gefähr- wiegender ist die Grundwassergefährdung dung des Grundwassers werden. Leider kön- durch eine ungenügend abgedichtete (ver- nen Bau und Betrieb von Erdwärmesondenla- presste) Bohrung. Daher dürfen die Bohr- und gen zu Grundwassergefährdungen führen (Ab- Verpressarbeiten nur durch entsprechend zer- bildung 88), zum Beispiel durch: tifizierte Fachbetriebe ausgeführt werden und es muss ein geeignetes Verpressmaterial Ver- • Den Austritt von Sole aus einer schadhaf- wendung finden. ten Sonde (1), Beim Betrieb der Erdwärmesonde können die • den Aufstieg von möglicherweise salzigem Soletemperaturen und damit auch die Tempe- Grundwasser aus einem tieferen Grund- ratur des Verpressmaterials teilweise unter wasserstockwerk in den für die Wasser- den Gefrierpunkt fallen. Bei ungenügender versorgung genutzten Grundwasserleiter Frost-Tau-Wechselbeständigkeit des Verpress- (2), materials können sich Risse bilden, die zu Wegsamkeiten für möglicherweise schadstoff- • sowie durch die Infiltration von kontami- belastetes Oberflächenwasser führen können. niertem Oberflächenwasser entlang einer Um diese Gefahr auszuschalten, müssen die ungenügend abgedichteten Erdwärmeboh- Anlagen so dimensioniert werden, dass unter- rung in den genutzten Grundwasserleiter halb der natürlichen Frostgrenze beim Betrieb (3). der Erdwärmesondenanlage innerhalb des Ver- presskörpers der Bohrung die Temperatur Die Gefährdung durch einen Soleaustritt ist nicht unter 0 °C sinken kann. Bei den Beispie- überschaubar, da als Frostschutz lediglich len der Abbildungen 83 und 84 muss daher Stoffe verwendet werden dürfen, die nur eine die Sondenlänge mindestens 140 m betragen. geringe Gefährdung für das Grundwasser dar-

94 Abbildung 88: Potentielle Gefährdungen des Grundwassers durch Erdwärmesonden (LLUR 2011): 1) Soleaustritt aus einer schadhaften Erdwärmesonde, 2) Aufstieg von Salzwasser in einen genutzten Grundwasserleiter durch eine unzureichende Verpressung des Bohrlochs, 3) Infiltration von möglicherweise kontaminiertem Oberflächenwasser, ebenfalls durch eine unzureichende Verpressung des Bohrlochs. Potential groundwater hazards due to ground heat exchangers (LLUR 2011): 1) brine leakage due to damaged ground heat exchanger, 2) intrusion of rising saltwater into the water production horizon due to grouting failure, 3) infiltration of po- tentially polluted surface water due to grouting failure.

Zusätzlich von besonderer Bedeutung ist ins- werden. In den Karten der effektiven Wärme- besondere in der Marsch die Salzwasserbe- leitfähigkeiten (Abbildungen 85 – 87) sind die ständigkeit des Verpressmaterials, da hier das Wasserschutzgebiete daher ausgespart. Grundwasser schon ab geringer Tiefe versal- zen ist. Aber auch im Bereich der Geestkerne Darüber hinaus sollte nach fachlicher Empfeh- muss ab Tiefen von 40 - 80 m mit Grundwas- lung des LLUR im gesamten Verbreitungsge- serversalzung gerechnet werden (siehe Kapi- biet der tertiären Kaolinsande, den einzigen tel 5). praktisch nitratfreien Wasserleitern auf Föhr, seitens der Unteren Wasserbehörde grund- Zum besonderen Schutz des Grundwassers sätzlich eine Einzelfallabwägung bei der Pla- sind Wasserschutzgebiete (Abbildung 65) im nung von Erdwärmesonden vorgenommen Bereich der Wasserwerke Föhr-Ost und Föhr- werden. West ausgewiesen worden. Hier gilt die Schutzgebietsverordnung, nach der Anlagen Die Besonderheiten der Insellage Föhrs mit ih- zur Gewinnung von Erdwärme (Erdwärmeson- ren eingeschränkten Möglichkeiten der Grund- den und –kollektoren) in unmittelbarer Nähe wasserförderung erfordern in jedem Fall eine der Förderbrunnen verboten sind. besonders sorgfältige Ausführung von Bohrar- beiten. Aus fachlicher Sicht wird empfohlen, Da auf Föhr – mit Ausnahme der in den tertiä- Bohr- und Verfüllarbeiten stets durch ein unab- ren Kaolinsanden verfilterten Brunnen – nur hängiges Geologisches Büro überwachen zu oberflächennahe eiszeitliche Schichten mit lü- lassen. ckenhafter Abdeckung genutzt werden, kann eine Erlaubnis zumindest für Erdwärmeson- den aus wasserrechtlichen Gründen auch im Der Schutz des Grundwassers hat Vorrang! weiteren Wasserschutzgebiet nicht erteilt

95 Interesse?? Weitergehende Informationen zu Erdwärme- www.llur.schleswig-holstein.de als pdf-Datei sonden und –kollektoren finden Sie in unse- heruntergeladen und als Broschüre bestellt rem „Leitfaden zur Geothermischen Nut- werden. Für Auskünfte stehen wir Ihnen auch zung des oberflächennahen Untergrun- gerne telefonisch zu Verfügung. des“. Er ist kostenlos erhältlich beim Landes- amt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Die Ansprechpartner sind: Räume Schleswig-Holstein und kann über

Name Telefon Mail

Dipl. Geol. Claudia Thomsen 0 43 47 / 704-563 [email protected]

Dr. Thomas Liebsch-Dörschner 0 43 47 / 704-559 [email protected]

Dr. Reinhard Kirsch 0 43 47 / 704-534 [email protected]

Dr. Broder Nommensen 0 43 47 / 704-528 [email protected]

96 9 Zusammenfassung

Die hier vorgestellten Arbeiten erfolgten im schlagsverteilung und –menge gewählt. Rahmen des INTERREG-Projektes CLIWAT, in Dadurch können die zukünftigen Grund- dem für die Nordseeregion die Auswirkungen wasserstände und Abflussmengen be- des Klimawandels auf die Grundwassersyste- rechnet werden. me abgeschätzt werden sollten. Klimaprojek- tionen bis zum Jahre 2100 sagen für die Regi- Die gemeinsame Projektbearbeitung erfolgte on verstärkte Niederschläge im Winterhalbjahr durch den Geologischen Dienst des Landes mit der Folge einer verstärkten Grundwasser- Schleswig-Holstein (LLUR), die dänische neubildung sowie einen Anstieg des Meeres- Nachbarbehörde Naturstyrelsen Ribe und das spiegels um etwa einen Meter voraus. Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) Hannover. Zusätzlich erfolgte eine enge Die Auswirkungen dieser Effekte auf den Zusammenarbeit mit dem Wasserbeschaf- Grundwasserhaushalt sollten für 7 Projektge- fungsverband Föhr. biete, darunter die Insel Föhr, quantifiziert wer- den. Weitere Nordseeinseln, die im Projekt- Die Arbeitsschritte 1 – 3 sind unabhängig von rahmen betrachtet wurden, waren Borkum Annahmen über den Klimawandel. Die Ergeb- und Terschelling. nisse stehen daher auch für weitere Anwen- dungen zur Verfügung, z.B. für wasserwirt- Für das Projekt wurde eine Arbeitsmethodik schaftliche Planungen oder die Nutzung ober- entwickelt, die in jeweils angepasster Form flächennaher geothermischer Energie. So wur- für alle Projektgebiete zum Einsatz kam. Der de aus den Ergebnissen des Geologischen generelle Arbeitsablauf war: Modells eine Geothermische Planungskarte (flächenhafte Darstellung der Wärmeleitfähig- 1) es beginnt mit einer intensiven Erhebung keit des Untergrundes) für den Geestbereich geologischer Daten, ergänzt durch geo- abgeleitet, aus der sich insgesamt gute Mög- physikalische Messungen, lichkeiten zur Nutzung oberflächennaher Geothermie ergeben. 2) diese Daten werden in einem digitalen dreidimensionalen Geologischen Modell Die Modellierung künftiger Grundwasserstän- zusammengeführt, de für die Insel Föhr lässt zunächst keine dra- matischen Änderungen zum augenblicklichen 3) daraus wird ein Grundwassermodell ent- Zustand erwarten. Bis zum Jahre 2100 muss wickelt, mit dem sich Grundwasserbewe- jedoch mit einem Anstieg des Grundwasser- gung und Grundwasserstände in Abhängig- spiegels im Dezimeterbereich in den Geest- keit von der jeweiligen Grundwasserneubil- kernen gerechnet werden, für die Marsch er- dung und dem Abfluss bzw. der Wasser- gibt sich die Notwendigkeit verstärkter Ent- förderung berechnen lassen, wässerungsmaßnahmen. Zudem nimmt die Gefahr des Zustroms von Salzwasser in die 4) als Eingabeparameter für dieses Grundwas- Marsch und in das Niederungsgebiet der Go- sermodell wird die prognostizierte Nieder- del zu.

97 Summary The aim of the INTERREG project CLIWAT is 4) the precipitation pattern of the climate an assessment of the impacts of climate models is used as input parameter of the change on the groundwater systems in the groundwater model. By this, groundwater region. Climate projections up to heads and groundwater flow for the predic- 2100 for this region forecast increased preci- tion period were calculated. pitation in the winter season resulting in an enhanced groundwater recharge. Additio - In the project team colleagues from the `Ge- nally, an increase of seawater level in the ologischer Dienst Schleswig-Holstein range of 1 m has to be taken into account. (LLUR)´, `Naturstyrelsen Ribe´ and `Leibniz- Institut für Angewandte Geophysik (LIAG)´ The consequences of these effects on the are in close cooperating with the groundwater regime were quantified for 7 `Wasserbeschaffungsverband Föhr´. project areas including the island of Föhr. Further North Sea islands under investigation The working steps 1 – 3 are independent from were Borkum and Terschelling. any assumptions on climate change effects. The results can be used for further applica- To reach this aim a methodology was de- tions, e.g. for water supply planning or as de- veloped and applied in an adapted manner, sign tool for near surface geothermal energy on all project areas. The general work flow in- installations. The geological model, e.g., was cluded: used to develop a planning map for near sur- face geothermal energy showing the distribu- 1) geological data, e.g. drilling and logging tion of thermal conductivities of the ground. results, are collected and geophysical surveys are performed, The modelling of climatic change effects for the groundwater regime brought no dramatic 2) these data are compiled in a digital 3D results compared to today. A moderate rise of geological model, the groundwater table of the Geest region in the decimetre range can be expected. For the 3) based on the geological model a ground- marshlands increased drainage will be re- water model was developed for the calcula- quired and an intrusion of saltwater can be tion of groundwater heads in relation to expected. groundwater recharge, pumping rate and run off,

98 10 Danksagung

Alleine wäre das alles nicht zu schaffen gewe- co Schneider wurden dann die Felddaten zu sen. Daher geht unser Dank an alle, die im Diplom-, Master- und Bachelorarbeiten. Eben- Projekt mitgearbeitet haben! falls auf Föhr tätig war Stephan Lessing vom Institut für Geophysik der Westfälischen Wil- Beginnen wir mit den Geländearbeiten. Den helms Universität Münster, dessen Arbeit von Überblick über die Geologie Föhrs brachten Norbert Blindow (BGR Hannover) betreut wur- die elektromagnetischen Messungen vom de. Hubschrauber aus, durchgeführt von SkyTEM Aps (Aarhus) und KMN koopmann helicopter Die Ergebnisse der Messungen wurden dann GmbH (Sommerland). von Anja Wolf (LLUR) in Karten, Grafiken und Diagramme umgesetzt. Den weiteren Einblick in den Untergrund erga- ben die seismischen Messungen des Leibniz- Wertvolle Impulse bei der Interpretation der Instituts für Angewandte Geophysik (Hanno- Daten erhielten wir durch die Diskussion mit ver) mit der Geländecrew Siegfried Grüne- unseren Kollegen aus Dänemark, Holland und berg, Eckhardt Grossmann, Stefan Cramm, Belgien bei den Workshops des Projektes CLI- Jens Kuhnisch und Detlef Vogel. WAT, allen voran Flemming Jørgensen vom Dänischen Geologischen Dienst GEUS, der Die Bohrarbeiten in der Marsch führten Wer- uns den Blick auf glaziale Stauchstrukturen ner Mevs und Carsten Peters durch (beide öffnete. LLUR), die Bohraufnahme vor Ort erfolgte durch Ima Grabowski (Institut für Geowissen- Die Durchführung des Projektes CLIWAT wur- schaften der Christian-Albrechts-Universität de durch die Ko-Finanzierung durch das IN- Kiel). Die Wetterbedingungen bei den Bohrar- TERREG IV B Nordseeprogramm ermöglicht. beiten waren so, dass man bei der Bezeich- Unser Dank gilt dabei auch den Kollegen des nung „Friesische Karibik“ eine gewisse Ironie Leadpartners Region Midtjylland in Horsens, vermuten musste. die für einen glatten Ablauf der Formalitäten sorgten. Die Geländearbeiten der Technischen Universi- tät Berlin, Institut für Angewandte Geowissen- Dass die Messungen auf Föhr so reibungslos schaften, aus denen wir wertvolle ergänzende durchgeführt werden konnten, verdanken wir Informationen schöpften, betreuten Annika dem Wasserbeschaffungsverband Föhr und Steuer (BGR Hannover), Stephan Costabel den Landeigentümern, die uns den Zugang zu (jetzt BGR Berlin) und Judith Elger. Auch bei ihren Grundstücken gewährten. diesen Arbeiten waren die Wetterbedingun- gen zum Teil gewöhnungsbedürftig. Unter den Wir haben gerne auf Föhr gearbeitet, und wir Händen von Barbara Liss, Matylda Kordanska, werden die Arbeiten dort gerne fortsetzen! Henriette Wilke, Matthias Ronczka und Mar-

99 11 Literatur

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101 12 Autoren

➢ Dipl.-Phys. Thomas Burschil ➢ Dipl.-Ing. oec. Erk R. Roeloffs Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik Dörpstrat 64, 25938 Oevenum Stilleweg 2, 30655 Hannover [email protected] [email protected]

➢ Dipl.-Geol. Wolfgang Scheer ➢ Dr. Hark Ketelsen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Wasserbeschaffungsverband Föhr ländliche Räume Schleswig-Holstein Am Wasserwerk 1, 25938 Wrixum Geologischer Dienst - Fachgrundlagen [email protected] Hydrogeologie/Grundwasser Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek [email protected] ➢ Dr. Reinhard Kirsch Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein ➢ Dr. Frank Steinmann Geologischer Dienst - Ingenieurgeologie, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Energierohstoffe ländliche Räume Schleswig-Holstein Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek Abteilung Gewässer - Grundwasserhydrologie, [email protected] Grundwasserschutz Hamburger Chaussee 25. 24220 Flintbek [email protected] ➢ Dr. Bernd König Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein ➢ Dipl.-Geol. Claudia Thomsen Geologischer Dienst - Fachgrundlagen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Hydrogeologie/Grundwasser ländliche Räume Schleswig-Holstein Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek Geologischer Dienst - Ingenieurgeologie, [email protected] Energierohstoffe Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek [email protected] ➢ Dr. Martin Lilienfein AGUA GmbH, Niederlassung Kiel Beratende Geologen und Ingenieure ➢ Dr. Helga Wiederhold Fraunhoferstraße 13, 24118 Kiel Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik [email protected] Forschungsschwerpunkt Grundwassersyste- me - Hydrogeophysik Stilleweg 2, 30655 Hannover ➢ Dr. Broder Nommensen [email protected] Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein Geologischer Dienst - Fachgrundlagen ➢ Anja Wolf Hydrogeologie/Grundwasser Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek ländliche Räume Schleswig-Holstein [email protected] Geologischer Dienst - Fachgrundlagen Hydrogeologie/Grundwasser Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek [email protected]

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