Im Weißen Rössl
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IM WEIßEN RÖSSL SINGSPIEL VON RALPH BENATZKY Spielzeit 2019/20 DIE HANDLUNG 2. Teil Mit der Bahn kommen neue Gäste an, darunter der selbstgefällige Sigismund Sülz- 1. Teil heimer, Filius des Gieseckeschen Erzrivalen, und der liebenswerte Privatgelehrte In Scharen strömen die Touristen zum „Weißen Rössl“ an den Wolfgangsee, denn Professor Dr. Hinzelmann mit seiner Tochter Klärchen, die Sigismund schon im „im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“. Das würde auch für den Kellner Zug aufgefallen ist. Während Sigismund Klärchen selbstbewusst den Hof macht, Leopold Brandmeyer gelten, wäre er nicht hoffnungslos in seine Chefin, die resolute schmieden Dr. Siedler und Giesecke nach einem deftigen Schlagabtausch einen Plan: „Rössl“-Wirtin Josepha Vogelhuber, verliebt. Doch statt Josepha schöne Augen Um den ewigen Hemdhosen-Streit endlich beizulegen, soll Ottilie mit dem jungen machen zu können, hat er alle Hände voll zu tun, um den Wünschen der stets eiligen Sigismund verheiratet werden, der ist jedoch längst dem lispelnden Charme von Gäste gerecht zu werden. Und es kommt noch schlimmer: So sehr er sich um Josepha Klärchen erlegen. bemüht, sie will einfach nichts von ihm wissen, denn sie schwärmt schon lange für Mitten in diesen turbulenten Liebesreigen platzt die Nachricht, dass Kaiser Franz den Rechtsanwalt Dr. Siedler, der alljährlich im „Rössl“ absteigt und dessen Ankunft Joseph zum Schützenfest St. Wolfgang besuchen will, und Leopold sieht seine große sie sehnsüchtig erwartet. Als sich der Berliner Anwalt verspätet, weist der eifersüch- Stunde gekommen. Geschickt arrangiert er, dass der Kaiser im „Rössl“ logiert, und tige Leopold das ursprünglich für seinen Konkurrenten reservierte beste Balkon- glaubt damit gleich doppelt zu punkten: Nicht nur, weil Dr. Siedler endlich das zimmer trotzig dem Berliner Trikotagefabrikanten Giesecke zu, der mit seiner Tochter Balkonzimmer für den Kaiser räumen muss, sondern auch, weil er genau weiß, dass Ottilie per Touristendampfer angekommen ist. Leopold glaubt, in Giesecke einen Josepha nun auf seine Hilfe angewiesen ist und gezwungen sein wird, ihn zurück zu natürlichen Verbündeten gefunden zu haben, da der unliebsame Dr. Siedler prakti- bitten. Doch als der Kaiser erscheint, muss Leopold feststellen, dass Josepha noch scherweise der Anwalt von Gieseckes Konkurrenten Sülzheimer ist, mit dem er sich immer nur Augen für ihren Dr. Siedler hat. Die Enttäuschung ist so groß, dass er die einen erbitterten Rechtsstreit um die Erfindung der Hemdhose und ob diese nun vorn Fassung verliert und es zum Eklat kommt. oder hinten zu „knöppen“ sei, liefert. Leopold wird von den Dorfbewohnern davongejagt und Josepha wendet sich in ihrer Als Dr. Siedler endlich auftaucht, entflammt zwischen den Herren ein heftiger Streit Liebesnot hilfesuchend an den Kaiser. Durch seinen Rat, auf Siedler zu verzichten um das begehrte Balkonzimmer, den Siedler für sich entscheidet. Da sieht Leopold und zu schätzen, was sie hat, wird sie sich ihrer Gefühle für Leopold bewusst. Als seine Chance gekommen und bittet Ottilie, Siedler in sich verliebt zu machen. Der dieser für ein letztes Lebewohl kommt und um sein Arbeitszeugnis bittet, hat Josepha lässt sich nur zu gern auf den Charme der attraktiven jungen Dame ein, die ihrerseits eine Überraschung für ihn parat: Leopold wird von ihr erneut entlassen, aber nur, dem charmanten Juristen ganz und gar nicht abgeneigt ist. um zum Ehemann auf Lebenszeit befördert zu werden. Josepha, die noch immer glaubt, dass Dr. Siedlers Herz ihr gehört, weist Leopold an, Am Ende der turbulenten Verwicklungen gilt es für drei glückliche Paare ein ihm einen Rosenstrauß auf das Zimmer zu bringen. Als Leopold sich weigert, wird er rauschendes Fest zu feiern, denn auch Sigismund und Klärchen sowie Ottilie und kurzerhand von seiner Chefin auf die Straße gesetzt. Umsonst, denn statt ihr Liebes- Dr. Siedler haben im „Weißen Rössl“ ihr Glück gefunden. glück zu finden, muss sie mit ansehen, wie sich zwischen ihrem Dr. Siedler und Ottilie eine Romanze anbahnt … Während Leopold den Piccolo zum Abschied mit guten Kellner-Weisheiten versorgt, versucht Josepha, Giesecke, dem einfach nichts gefallen will, in Urlaubsstimmung zu TfN · THEATER FÜR NIEDERSACHSEN bringen. Der, preußischer Patriot durch und durch, will aber nur den Wannsee und seine geliebten „jrünen Aale“ so richtig „knorke“ finden, da kann einfach nichts am FÜR SIE UNTERWEGS! Wolfgangsee mithalten. Übrigens: Als Landesbühne spielt das TfN nicht nur an seinem Stammsitz im Stadttheater Hildesheim, sondern auch an rund 60 Orten in Niedersachsen und den angrenzenden Bundesländern. 2 3 DIE JRÜNEN AALE AM WOLFGANGSEE Gasthof als den Originalschauplatz der Komödie aus und erzählte fantasievoll, wie Blumenthal – während er ihren Erlebnissen lauschte – genussvoll Unmengen an Kartoffelsalat verputzt hätte. IM WEIßEN RÖSSL – Vom Lustspiel zur Revue-Operette Bis in die 1920er Jahre blieb das Lustspiel fester Bestandteil des Bühnenrepertoires, Das Lustspiel „Im weißen Rössl“ von Oscar Blumenthal und Ludwig Kadelburg wurde 1926 eroberte es sogar das Wiener Burgtheater, und 1928 trafen sich in Max Rein- am 30. Dezember 1897 im Berliner Lessing-Theater uraufgeführt, und der Erfolg war hardts Deutschem Theater in Berlin u. a. Marianne Hoppe und Gustav Gründgens so groß, dass das Autorengespann in der folgenden Spielzeit zu den meistgespielten im „Rössl“ zum Stelldichein. Ob Ralph Benatzky selbst oder der legendäre Theater- Dramatikern an deutschen Bühnen wurde. Blumenthal war auf der Suche nach einem macher Erik Charell dann die Idee hatte, das Stück zu einer Revue-Operette umzu- neuen Stoff auf Carlo Goldonis Komödie „La locandiera“ gestoßen, in der eine Wirtin arbeiten, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Eine hübsche Legende ihre Verehrer gegeneinander ausspielt, um sich schließlich für ihren Kellner zu erzählt jedoch, wie Charell mit dem Schauspieler Emil Jannings das „Weiße Rössl“ in entscheiden, und reicherte die Geschichte um eigene Ferienerlebnisse im Salz- St. Wolfgang besucht haben soll. Auf der Terrasse hätte Jannings dann begonnen, den kammergut an. Denn wie alle, die etwas auf sich hielten, war auch Blumenthal Giesecke zu mimen, bestellte „jrünen Aal mit Jurkensalat“ und ließ sich, nachdem der Stammgast in Bad Ischl und hatte sich im nah gelegenen Lauffen eine Sommervilla natürlich nicht auf der Karte zu finden war, vor dem überraschten Charell lauthals zugelegt. Dort saß er gern in dem von einer verwitweten Wirtin geführten Gasthof darüber aus, warum er denn bloß in diese „Jejend“ gereist sei, um dann mit dem „Weißes Rössl“ und soll sich über die vergeblichen Anstrengungen amüsiert haben, unvermeidlichen „wär’n ma lieber nach Ahlbeck jejangen“ zu enden. Dieser Scherz mit denen der Kellner versuchte, das Herz seiner Chefin zu erobern. Als Blumenthals aus Blumenthals Lustspiel gehörte im Gasthaus zum „Weißen Rössl“ längst zum Lustspiel zum Erfolg wurde, sah Antonia Drassl, die geschäftstüchtige Wirtin des festen Repertoire, und Charells Begeisterung war entfacht. Als großer Theatervisionär „Weißen Rössl“ in St. Wolfgang ihre Chance gekommen, gab kurzerhand ihren 4 Peter Kubik (Leopold) mit Chor. Lisa Maria Hörl (Jospeha) und Peter Kubik (Leopold) 5 erkannte er sofort die großartigen Ausstattungsmöglichkeiten des Stoffs und forderte haus, wurde mit der musikalischen Oberaufsicht beauftragt und hat zum WEIßEN umgehend vom Berliner Verlag per Express ein Textbuch an. RÖSSL einige seiner schönsten, unvergänglichen Melodien bei gesteuert, während Charell, ehemaliger Tänzer und von Max Reinhardt mit der Leitung des Großen Robert Gilbert (der laut einer Anekdote alle seine RÖSSL-Tantiemen der KPD Schauspielhauses betraut, hatte während eines Gastspiels am New Yorker Broadway vermacht haben soll) nicht nur sämtliche Gesangstexte schrieb, aus seiner Feder erlebt, wie die Amerikaner Revuen produzierten und dieses Prinzip sehr erfolgreich stammt auch der berühmte Schlager „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön für Berlin adaptiert. So brachte er mit den legendären Tiller-Girls die erste Girl-Reihe ist“. Gemäß dem Revue-Charakter fügte Charell – sehr zum Ärger von Benatzky – nach Berlin. Diese traditionellen Ausstattungsrevuen erweiterte Charell ab 1926 um weitere musikalische Nummern hinzu: Robert Stolz komponierte die Titel „Die ganze modernisierte Operettenklassiker wie „Der Mikado“ oder „Die Lustige Witwe“, die Welt ist himmelblau“ und „Mein Liebeslied muss ein Walzer sein“, Bruno Granich- er durch umfassende Eingriffe in die Partitur sowie Anpassungen in der Handlung staedten schrieb Leopolds Lied „Zuschaun kann i net“ und Eduard Künneke (der zu sogenannten Revue-Operetten arrangierte. Mit Benatzkys „Casanova“, „Die Drei nicht einmal als Komponist genannt wurde) übernahm die Musik für die Chöre und Musketiere“ und vor allem IM WEIßEN RÖSSL fand dieses neue Genre in der gigan- die Instrumentation des gesamten Werks. Diese „bunte“ Gemengelage hatte nicht nur tischen Vergnügungsindustrie der Berliner Operette der 1920er und 30er Jahre seinen zur Folge, dass jede Neuproduktion des WEIßEN RÖSSL bezüglich Nummernfolge, Höhepunkt. Typisch für die Entstehung der Werke war eine extreme Arbeitsteiligkeit: Instrumentierung oder Einlagen völlig anders aussah, sondern zog auch zahlreiche Für die Bearbeitung des Textbuchs holte sich Charell mit Hans Müller einen überaus Rechtsstreitigkeiten nach sich. So klagte Robert Stolz, der für seinen Beitrag zum erfahrenen und erfolgreichen Künstler an die Seite, der bereits Opernlibretti für Erich RÖSSL